Language of document : ECLI:EU:C:2016:380

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

ELEANOR SHARPSTON

vom 31. Mai 2016(1)

Rechtssache C‑573/14

Commissaire général aux réfugiés et aux apatrides

gegen

Mostafa Lounani

(Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État [Staatsrat, Belgien])

„Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Asyl – Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge – Richtlinie 2004/83/EG – Art. 12 Abs. 2 Buchst. c – Voraussetzungen für den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling – Begriff ‚Handlungen im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen‘ – Bedeutung von ‚Anstiftung‘ oder ‚Beteiligung‘ im Sinne von Art. 12 Abs. 3 – Rahmenbeschluss 2002/475/JI – Art. 1 und 2 – Frage, ob eine Verurteilung wegen terroristischer Straftaten eine Voraussetzung für den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling ist – Prüfung der Ausschlussgründe“





1.        In dieser Rechtssache ersucht der Conseil d’État (Staatsrat, Belgien) um Hinweise zur Auslegung der Klauseln, nach denen ein Mitgliedstaat Personen gemäß der Anerkennungsrichtlinie(2) von der Anerkennung als Flüchtling ausschließen kann. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob und gegebenenfalls inwieweit der Anwendungsbereich der Bestimmungen dieser Richtlinie über den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling durch den Rahmenbeschluss 2002/475/JI zur Terrorismusbekämpfung bestimmt wird(3). Setzt in Fällen, in denen der Antragsteller auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus ein führendes Mitglied einer terroristischen Vereinigung ist, die Anwendung der Gründe für den Ausschluss der Anerkennung als Flüchtling nach der Anerkennungsrichtlinie voraus, dass er wegen einer der in Art. 1 des Rahmenbeschlusses genannten Straftaten verurteilt worden ist? Bedeutet eine Verurteilung wegen Beteiligung an einer terroristischen Organisation, dass die Prüfung seiner Flüchtlingseigenschaft automatisch ausgeschlossen ist? Falls nicht – welche Kriterien müssen die zuständigen nationalen Behörden ihrer Prüfung, ob er von der Anerkennung automatisch auszuschließen ist, zugrunde legen? Bei der Beantwortung dieser Fragen ist zu ermitteln, wo das Gleichgewicht liegt zwischen der Reaktion der Mitgliedstaaten auf terroristische Handlungen und ihrer Verpflichtung, die unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die die Regeln des internationalen Rechts zum Schutz des Status von Flüchtlingen widerspiegeln.

 Völkerrecht

 Charta der Vereinten Nationen

2.        Die Präambel der Charta der Vereinten Nationen(4) legt bestimmte Ziele der Unterzeichnerstaaten fest. Kapitel I führt die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen auf. Zu diesen Grundsätzen gehört es, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren und zu diesem Zweck wirksame Maßnahmen zu treffen, um Bedrohungen des Friedens zu verhüten und zu beseitigen, Angriffshandlungen und andere Friedensbrüche zu unterdrücken und geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen (Art. 1). Darüber hinaus leisten die Mitglieder den Vereinten Nationen jeglichen Beistand bei jeder Maßnahme, welche die Organisation im Einklang mit ihrer Charta ergreift (Art. 2).

 Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen

3.        Nach den terroristischen Anschlägen am 11. September 2001 in New York, Washington und Pennsylvania verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 28. September 2001 auf der Grundlage von Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen die Resolution 1373 (2001). In den Erwägungsgründen dieser Resolution bekräftigt der Sicherheitsrat die „Notwendigkeit, durch terroristische Handlungen verursachte Bedrohungen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit mit allen Mitteln im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen zu bekämpfen“. In Ziff. 5 dieser Resolution heißt es, „dass die Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen und dass die wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu ebenfalls im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen“.

4.        Am 12. November 2001 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 1377 (2001), in der er „betont, dass Akte des internationalen Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen stehen und dass die Finanzierung, Planung und Vorbereitung sowie jegliche andere Form der Unterstützung von Akten des internationalen Terrorismus ebenfalls im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen [dieser] Charta stehen“.

5.        Am 14. September 2005 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 1624 (2005), in der er bekräftigt, dass es dringend geboten ist, den Terrorismus in allen seinen Arten zu bekämpfen, und außerdem betont, dass die Staaten sicherstellen müssen, dass alle Maßnahmen, die sie zur Bekämpfung des Terrorismus ergreifen, mit allen ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen im Einklang stehen, und dass diese Maßnahmen im Einklang mit u. a. dem Flüchtlingsvölkerrecht und dem humanitären Völkerrecht getroffen werden sollen.

6.        Am 24. September 2014 verabschiedete der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 2178 (2014). Hierin fordert er die Staaten auf, im Einklang mit dem Völkerrecht und dem Flüchtlingsvölkerrecht, u. a. sicherzustellen, dass der Flüchtlingsstatus nicht von Personen, die terroristische Handlungen begehen, organisieren oder erleichtern, missbraucht wird. Zudem sieht die Resolution (in Ziff. 5) vor, dass „die Mitgliedstaaten … die Anwerbung, Organisation, Beförderung oder Ausrüstung von Personen, die in einen Staat reisen, der nicht der Staat ihrer Ansässigkeit oder Staatsangehörigkeit ist, um terroristische Handlungen zu begehen, zu planen, vorzubereiten oder sich daran zu beteiligen oder Terroristen auszubilden oder sich zu Terroristen ausbilden zu lassen, sowie die Finanzierung ihrer Reisen und Aktivitäten verhüten und bekämpfen“.

7.        Die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen führen zwar eine Reihe von Aktivitäten auf, die als den Zielen und dem Zweck der Vereinten Nationen zuwiderlaufend gelten sollen, jedoch findet sich im Völkerrecht keine allgemeine Definition der Begriffe „Terrorismus“ oder „Terrorist“(5).

 Das Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge

8.        Gemäß Art. 1 Abschnitt A Abs. 2 dieses Abkommens, auf das die Anerkennungsrichtlinie Bezug nimmt, findet der Ausdruck „Flüchtling“ auf jede Person Anwendung, die sich „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will“(6).

9.        Nach Art. 1 Abschnitt F Buchst. c finden die Bestimmungen dieses Abkommens keine Anwendung auf Personen, in Bezug auf die aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sie sich Handlungen haben zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen(7).

 Unionsrecht

 Vertrag über die Europäische Union

10.      Art. 2 EUV enthält eine Aufzählung von Werten, auf die sich die Union gründet. Hierzu gehören die Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte. Art. 3 Abs. 5 EUV sieht vor, dass die Union in ihren Beziehungen zur übrigen Welt diese Werte schützt und fördert und dabei ihren Beitrag zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, leistet.

 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

11.      Art. 78 Abs. 1 AEUV sieht Folgendes vor: „Die Union entwickelt eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz, mit der jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, ein angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden soll. Diese Politik muss mit [der Genfer Flüchtlingskonvention] … sowie den anderen einschlägigen Verträgen im Einklang stehen.“

 Charta der Grundrechte der Europäischen Union

12.      Nach Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union(8) wird das Recht auf Asyl nach Maßgabe der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Verträge gewährleistet.

13.      Nach Art. 19 Abs. 2 darf niemand in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.

 Der Rahmenbeschluss

14.      Mit dem Rahmenbeschluss wurde eine allgemeine Definition terroristischer Straftaten eingeführt. Nach Art. 1 trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in dieser Vorschrift aufgeführten, nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften als Straftaten definierten vorsätzlichen Handlungen als terroristische Straftaten eingestuft werden, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind(9). Diese Voraussetzungen sind, dass die Handlungen vorsätzlich verübt werden und durch die Art ihrer Begehung oder den jeweiligen Kontext ein Land oder eine internationale Organisation ernsthaft schädigen können und mit dem Ziel begangen werden, i) die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern oder ii) öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation rechtswidrig zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen oder iii) die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören.

15.      Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a stellen das Anführen einer terroristischen Vereinigung und nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b die Beteiligung an den Handlungen einer terroristischen Vereinigung ebenfalls Straftaten dar.

 Die Anerkennungsrichtlinie

16.      In den Erwägungsgründen der Anerkennungsrichtlinie heißt es, dass die Genfer Flüchtlingskonvention einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen darstellt(10). Ein wesentliches Ziel dieser Richtlinie ist es, ein Mindestmaß an Schutz in allen Mitgliedstaaten für Personen zu gewährleisten, die tatsächlich Schutz benötigen(11). Es ist klar, dass die Achtung der Grundrechte und insbesondere die Befolgung der in der Charta anerkannten Grundsätze, wie die uneingeschränkte Wahrung der Menschenwürde und das Recht auf Asyl, zu den von der Richtlinie verfolgten Zielen gehören(12). Es wird anerkannt, dass Konsultationen mit dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (im Folgenden: UNHCR) den Mitgliedstaaten wertvolle Hilfe bei der Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 1 der Genfer Konvention bieten können(13).

17.      Der 22. Erwägungsgrund lautet: „Handlungen im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen sind in der Präambel und in den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen dargelegt; sie sind u. a. in den Resolutionen der Vereinten Nationen zu Antiterrormaßnahmen verankert, in denen erklärt wird, dass die ‚Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen‘ und dass die ‚wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu ebenfalls im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen‘“.

18.      Nach Art. 2 Buchst. c bezeichnet „,Flüchtling‘ einen Drittstaatsangehörigen, der sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder einen Staatenlosen, der sich aus denselben vorgenannten Gründen außerhalb des Landes seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts befindet und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht dorthin zurückkehren will und auf den Artikel 12 keine Anwendung findet“.

19.      Gemäß Art. 4 Abs. 3 sind die Anträge auf internationalen Schutz individuell zu prüfen(14).

20.      Art. 12 ist mit „Ausschluss“ überschrieben und steht in Kapitel III („Anerkennung als Flüchtling“). Die Gründe für den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling sind in Art. 12 Abs. 2 und 3 aufgeführt, die Folgendes vorsehen:

„(2)      Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser ist von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen, dass er

c)      sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und in den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen.

(3)      Absatz 2 findet auf Personen Anwendung, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.“(15)

21.      Nach Art. 21 sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Grundsatz der Nichtzurückweisung zu achten. Für diese Verpflichtung gelten sehr begrenzte Ausnahmen, namentlich wenn es hinreichende Gründe für die Annahme gibt, dass die Person eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem sie sich aufhält, oder dass sie eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil sie wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde(16).

 Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

22.      Herr Mostafa Lounani (im Folgenden: Herr Lounani) ist marokkanischer Staatsangehöriger. Offenbar ist er 1997 nach Belgien gekommen, wo er sich seitdem illegal aufhält.

23.      Am 16. Februar 2006 wurde Herr Lounani vom Tribunal correctionnel de Bruxelles (Strafgericht, Brüssel) (im Folgenden: Tribunal correctionnel) wegen Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung, der belgischen Zelle „groupe islamique des combattants marocains“ (islamische Gruppe marokkanischer Kämpfer, im Folgenden: GICM), als einer ihrer Anführer für schuldig befunden. Er wurde wegen folgender Straftaten verurteilt: i) „logistische Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“, ii) „Fälschung von Pässen“ und „betrügerisches Überlassen von Pässen“ und iii) „aktive Beteiligung an der Ausschleusung Freiwilliger in den Irak“. Das Tribunal correctionnel war der Auffassung, dass diese Handlungen schwere Straftaten begründeten, und verurteilte ihn entsprechend zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Er wurde außerdem zur Zahlung eines Bußgelds in Höhe von 2 000 Euro und zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von zwei Monaten für den Fall verurteilt, dass er das Bußgeld nicht zahlte.

24.      Am 16. März 2010 beantragte Herr Lounani bei den belgischen Behörden seine Anerkennung als Flüchtling. Er berief sich auf die Furcht vor Verfolgung für den Fall, dass er nach Marokko zurückkehren müsste, da die Gefahr bestünde, von den marokkanischen Behörden nach seiner Verurteilung als radikaler Islamist und Dschihadist eingestuft zu werden.

25.      Am 8. Dezember 2010 lehnte der Commissaire général aux réfugiés et aux apatrides (Generalkommissar für Flüchtlinge und Staatenlose, im Folgenden: CGRA) seinen Antrag ab. Mit Urteil vom 12. Februar 2013 hob der Conseil du contentieux des étrangers (Rat für Ausländerstreitsachen, im Folgenden: CCE) diese mit einer Klage angefochtene Entscheidung auf und erkannte Herrn Lounani den Flüchtlingsstatus zu.

26.      Der CGRA hat beim Conseil d’État (Staatsrat) Kassationsbeschwerde eingelegt. In dem Verfahren trägt der CGRA u. a. vor, die GICM sei am 10. Oktober 2002 in die Sanktionsliste der Vereinten Nationen aufgenommen worden(17). Sie sei eine terroristische Organisation, die mit Al-Qaida in Verbindung stehe, die nach Ansicht der internationalen Gremien terroristische Handlungen begangen habe. Das Tribunal correctionnel habe Herrn Lounani verurteilt wegen Beteiligung an der Aktivität einer terroristischen Vereinigung, Bildung einer kriminellen Vereinigung, die darauf gerichtet sei, Anschläge auf Personen und Eigentum zu verüben, seiner Eigenschaft als Anführer einer Zelle zur logistischen Unterstützung des Terrorismus, Verschaffung von gefälschten Dokumenten für islamistische Aktivisten, Urkundenfälschung und Verwendung gefälschter Urkunden, und illegalen Aufenthalts. Der CGRA macht geltend, eine vollständige Prüfung der Akte von Herrn Lounani führe unvermeidlich zu dem Schluss, dass die GICM konkrete terroristische Straftaten begangen habe, und Herr Lounani sei nach den vom Tribunal correctionnel im Urteil vom 16. Februar 2006 getroffenen Feststellungen an diesen Handlungen beteiligt gewesen.

27.      Herr Lounani führt aus, es gebe einen Unterschied zwischen einer terroristischen Straftat, wie sie im belgischem Recht definiert und unter Strafe gestellt sei, und einer terroristischen Handlung, die als Zuwiderhandlung gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstanden werden könne und es erlaube, ein Individuum vom internationalen Schutz auszuschließen, den ihm die Genfer Flüchtlingskonvention gewähre. Im Urteil des Tribunal correctionnel sei keine konkrete terroristische Handlung festgestellt worden, die in die zweite Kategorie fallen würde. Er sei für die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden, die ein Attentat weder begangen, versucht noch angedroht habe. Schon gar nicht sei er wegen der Begehung einer terroristischen Straftat von einer Schwere verurteilt worden, die die Grundlage für Zusammenleben der internationalen Gemeinschaft unter dem Schutz der Vereinten Nation gefährde.

28.      Das vorlegende Gericht führt aus, der CCE habe in seinem Urteil (in Nr. 5.9.2) zutreffend festgestellt, dass Herr Lounani wegen Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. b des Rahmenbeschlusses verurteilt worden sei(18), nicht aber wegen in Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses aufgeführter terroristischer Handlungen(19). Der CCE habe in Nr. 5.9.7 seines Urteils ausgeführt: „Es ist auch nicht das geringste Ansetzen zu einer diese Art von Straftatbestand erfüllenden konkreten Handlung seitens der GICM noch ein eigenes Verhalten des Klägers nachgewiesen worden, das seine individuelle Verantwortung für die Begehung einer solchen Handlung begründen könnte.“

29.      Das vorlegende Gericht möchte wissen, was genau die zuständigen Behörden feststellen müssen, damit die in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c und Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie vorgesehenen Ausschlussgründe Anwendung finden. Daher hat es folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie dahin auszulegen, dass eine Anwendung der dort vorgesehenen Ausschlussklausel notwendigerweise voraussetzt, dass der Asylbewerber wegen einer der in Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses, der in Belgien mit dem Gesetz vom 19. Dezember 2003 über terroristische Straftaten umgesetzt wurde, vorgesehenen terroristischen Straftaten verurteilt worden ist?

2.      Falls nicht, sind Sachverhalte wie die in Nr. 5.9.2 des am 12. Februar 2013 verkündeten angefochtenen Urteils Nr. 96.933 des CCE genannten, die der Gegenpartei im Urteil des Tribunal correctionnel de Bruxelles vom 16. Februar 2006 zur Last gelegt wurden und aufgrund deren sie wegen Beteiligung an einer terroristischen Organisation verurteilt worden ist, als Handlungen anzusehen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie zuwiderlaufen?

3.      Ist im Rahmen der Prüfung, ob einer Person, die internationalen Schutz beantragt, dieser Schutz wegen der Beteiligung an einer terroristischen Organisation zu versagen ist, die Verurteilung als führendes Mitglied einer terroristischen Organisation, mit der festgestellt wird, dass der Antragsteller eine terroristische Handlung weder begangen, versucht noch angedroht hat, ausreichend, um das Vorliegen einer ihm zuzurechnenden Beteiligungs- oder Anstiftungshandlung im Sinne von Art. 12 Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie festzustellen, oder ist es erforderlich, die fraglichen Sachverhalte einzeln zu prüfen und die Beteiligung an der Begehung einer in Art. 1 des Rahmenbeschlusses definierten terroristischen Straftat oder die Anstiftung hierzu nachzuweisen?

4.      Muss sich im Rahmen der Prüfung, ob einer Person, die internationalen Schutz beantragt, dieser Schutz wegen der Beteiligung an einer terroristischen Organisation, gegebenenfalls als Anführer, zu versagen ist, die in Art. 12 Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie genannte Anstiftungs- oder Beteiligungshandlung auf die Begehung einer terroristischen Straftat, wie sie in Art. 1 des Rahmenbeschlusses zur Terrorismusbekämpfung definiert ist, beziehen, oder kann sie sich auf die in Art. 2 dieses Beschlusses genannte Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung beziehen?

5.      Ist es im Bereich des Terrorismus möglich, den internationalen Schutz nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie zu versagen, wenn keine Begehung, Anstiftung zu oder Beteiligung an einer Gewalttat besonders grausamer Art im Sinne von Art. 1 des Rahmenbeschlusses vorliegt?

30.      Schriftliche Erklärungen haben der CGRA, Herr Lounani, die belgische, die französische, die griechische, die ungarische, die italienische, die polnische und die spanische Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Kommission eingereicht. In der Sitzung vom 16. Februar 2016 haben diese Beteiligten mit Ausnahme der ungarischen, der italienischen und der polnischen Regierung mündliche Erklärungen abgegeben.

 Würdigung

 Vorbemerkungen

31.      Die Genfer Flüchtlingskonvention ist ein dynamisches Instrument, das im Licht der aktuellen Verhältnisse und in Einklang mit den völkerrechtlichen Entwicklungen auszulegen ist(20). Der UNHCR spielt danach eine besondere Rolle, indem er den Staaten bei der Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft Hilfe leistet(21). Die Anerkennungsrichtlinie ist im Licht der allgemeinen Systematik und des Zwecks dieser Konvention auszulegen(22).

32.      Das Flüchtlingsrecht ist selbstverständlich mit dem humanitären Völkerrecht und den internationalen Menschenrechtsnormen eng verknüpft. Dies ergibt sich aus Art. 18 der Charta, der das Recht auf Asyl nach Maßgabe der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Verträge gewährleistet. Nicht überraschend hat der Gerichtshof festgestellt, dass bei der Auslegung der Anerkennungsrichtlinie die Achtung der Grundrechte und die Befolgung der in der Charta anerkannten Grundsätze gewährleistet werden müssen(23).

33.      Die Anwendung der in Art. 12 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie enthaltenen Ausschlussgründe bewirkt, dass einem Antragsteller der Schutz durch den Flüchtlingsstatus versagt wird; daher stellt die Vorschrift eine Ausnahme vom Recht auf Asyl für Personen dar, die sonst in den Schutzbereich fallen würden(24). Diese Klauseln sind daher mit Zurückhaltung und restriktiv auszulegen(25).

34.      Ist Art. 12 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie aber anwendbar, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass die betreffende Person in ihr Herkunftsland (oder an einen anderen Ort) abgeschoben werden kann, sofern etwa die Gefahr besteht, dass gegen das Verbot der Folter verstoßen wird oder ihr Recht, keiner unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden, verletzt wird(26). Die Mitgliedstaaten unterliegen weiterhin der Verpflichtung, den Grundsatz der Nichtzurückweisung in Übereinstimmung mit ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen zu achten(27).

35.      Es ist wichtig, klar im Blick zu behalten, welche Fragen dem Gerichtshof mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen gestellt werden und welche nicht.

36.      Die (schwierige) Frage, was eine terroristische Organisation im internationalen Recht ausmacht, wird vom vorlegenden Gericht nicht aufgeworfen(28). Auch wird die Aufnahme der GICM in die Sanktionsliste der Vereinten Nationen gemäß UNSCR 1390 (2002) in der dem Gerichtshof vorliegenden Akte nicht in Frage gestellt. Nach meinem Verständnis ist daher im vorliegenden Verfahren zwingend davon auszugehen, dass die GICM als solche von den Vereinten Nationen rechtswirksam als „terroristische“ Organisation eingestuft wird.

37.      Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass Herr Lounani wegen Straftaten verurteilt wurde, die nicht mit seiner unmittelbaren Beteiligung an Straftaten einhergingen, die gemäß Art. 1 des Rahmenbeschlusses als „terroristische Straftaten eingestuft werden“. Aufgrund der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ist die GICM jedoch richtigerweise als „terroristische Vereinigung“ im Sinne des Art. 2 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses einzustufen, und es ist durchaus möglich, dass die Handlungen von Herrn Lounani unter Art. 2 Abs. 2 (oder möglicherweise Art. 3 Buchst. c) des Rahmenbeschlusses fallen.

38.      Doch werden damit überhaupt die richtigen Fragen gestellt? In welchem Verhältnis stehen der Rahmenbeschluss und die Anerkennungsrichtlinie zueinander? Und gibt es Hinweise – die die zuständigen nationalen Behörden, stets unter der Kontrolle durch die nationalen Gerichte als letztentscheidende Tatrichter, zu prüfen haben werden – darauf, dass die konkreten Handlungen, die Gegenstand der Verurteilung von Herrn Lounani waren, „im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen“, weil der erklärende Satz in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie („wie sie in der Präambel und in den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind“) so zu verstehen ist, dass andere völkerrechtliche Dokumente erfasst sind, in denen „Handlungen, die mit Terrorismus in Verbindung stehen“, ausdrücklich als „im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen“ stehend eingestuft sind?

 Rechtssachen B und D

39.      In den Rechtssachen B und D(29) hat der Gerichtshof Fragen des Bundesverwaltungsgerichts (Deutschland) beantwortet, die sich im Rahmen von Klagen ergaben, die von zwei Personen erhoben worden waren, die – vor ihrer Einreise in das Gebiet der Europäischen Union – eindeutig aktiv an Handlungen in Verbindung mit Vereinigungen beteiligt gewesen waren, die im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus(30) aufgeführt waren. Herr B trug vor, er habe mit der Dev Sol (inzwischen: DHKP/C) sympathisiert und den bewaffneten Guerillakampf in den Bergen der Türkei unterstützt; er sei körperlich schwer misshandelt und unter Folter zu einer Aussage gezwungen worden. Zweimal sei er zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er sei wegen seines gesundheitlichen Zustands für sechs Monate bedingt aus der Haft entlassen worden und habe dies genutzt, um die Türkei zu verlassen und nach Deutschland zu reisen, wo er Asyl beantragte. Herr D gab zur Begründung seines Asylantrags an, er sei in die Berge der Türkei geflohen, wo er sich der PKK angeschlossen habe; er sei Guerillakämpfer und hoher Funktionär dieser Organisation gewesen. Die PKK habe ihn in den Nordirak geschickt, jedoch habe er anschließend Differenzen mit der Führung der PKK gehabt; dann sei er nach Deutschland eingereist, wo ihm zunächst Asyl gewährt worden war; nach einer Gesetzesänderung im deutschen Recht wurde diese Entscheidung jedoch widerrufen(31). Das Recht der Antragsteller, den Flüchtlingsstatus zuerkannt zu bekommen (Herr B) oder beizubehalten (Herr D), hing von der Auslegung der Ausschlussklauseln in Art. 12 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie ab.

40.      Die Große Kammer des Gerichtshofs entschied, dass „terroristische Handlungen [, die sie nicht definierte], die durch ihre Gewalt gegenüber Zivilbevölkerungen gekennzeichnet sind, auch wenn mit ihnen vorgeblich politische Ziele verfolgt werden, als schwere nichtpolitische Straftaten im Sinne des genannten Buchst. b [des Art. 12 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie] angesehen werden müssen“.

41.      Was die in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie genannten „Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen“, anbelangt, wies der Gerichtshof auf den 22. Erwägungsgrund der Richtlinie hin, wonach diese in der Präambel und in den Art. 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen dargelegt und u. a. in den Resolutionen der Vereinten Nationen zu „Antiterrormaßnahmen“ verankert seien. Zu diesen Maßnahmen gehörten die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 1373 (2001) und 1377 (2001). Diesen sei „zu entnehmen, dass dieser von dem Grundsatz ausgeht, dass Handlungen des internationalen Terrorismus in einer allgemeinen Weise und unabhängig von der Beteiligung eines Staates den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen“(32).

42.      Ich werde in diesen Schlussanträgen später auf weitere Aspekte des Urteils B und D eingehen, die für die Analyse des vorliegenden Ersuchens relevant sind. Schon hier ist jedoch der Hinweis wichtig, dass sich das vorliegende Ersuchen erheblich von den Rechtssachen B und D unterscheidet.

43.      Einerseits ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss, unabhängig davon, was genau in Bezug auf die GICM festgestellt bzw. nicht festgestellt wurde und zu ihrer Aufnahme in die Sanktionsliste der Vereinten Nationen am 10. Oktober 2002 geführt hat, dass Herr Lounani wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung verurteilt wurde, jedoch nicht wegen einer konkreten terroristischen Handlung. Auch wurden die Straftaten, derentwegen er verurteilt wurde (logistische Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, Fälschung und Verschaffung von Pässen, Beteiligung an der Ausschleusung Freiwilliger in den Irak), nicht mit der Begehung einer konkreten terroristischen Handlung durch die GICM in Verbindung gebracht.

44.      Andererseits lagen die Handlungen, die von den zuständigen Behörden in Bezug auf Herrn B und Herrn D berücksichtigt worden waren, in der Vergangenheit und waren in einem Drittstaat begangen worden. Dagegen hatte Herr Lounani die Handlungen, die zu seiner Verurteilung führten, im Gebiet der Europäischen Union während des ausgedehnten Zeitraums, in dem er sich illegal in Belgien aufhielt, begangen, und er stellte seinen Antrag auf Asyl, während er die mit dieser Verurteilung verhängte sechsjährige Freiheitsstrafe verbüßte.

 Zur Frage 1

45.      Nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie ist eine Person, die den Flüchtlingsstatus beantragt, von der Gewährung von Schutz ausgeschlossen, wenn sie „sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und in den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen“. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine Anwendung dieses Ausschlussgrundes notwendigerweise voraussetzt, dass der Asylbewerber wegen einer der in Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses aufgeführten terroristischen Straftaten verurteilt worden ist.

46.      Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie übernimmt den Wortlaut des Art. 1 Abschnitt F Buchst. c der Genfer Flüchtlingskonvention und erweitert ihn geringfügig. Die Wendung „Handlungen …, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen“ in Art. 1 Abschnitt F Buchst. c gilt als vage und unklar(33). Für sich betrachtet bieten die weit gefassten Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen keine Hilfestellung bei der Frage, welche Art von Handlungen dazu führt, dass einer Person der Flüchtlingsstatus versagt wird. Diese Formulierung definiert den Anwendungsbereich von Art. 1 Abschnitt F Buchst. c nicht präzise. Auch definiert sie weder die Art von Handlung, die in diese Kategorie fallen kann, noch die Personen, die solche Handlungen begehen können.

47.      Das Völkerrecht hat sich natürlich seit der Entstehung der Charta der Vereinten Nationen weiterentwickelt. So entschied der Sicherheitsrat in seiner Resolution 1373 (2001), dass Staaten Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus ergreifen müssen, und erklärte, dass die Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus, einschließlich der Planung solcher Handlungen und die Anstiftung dazu, im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen. Ähnliche Erklärungen finden sich in nachfolgenden Resolutionen, insbesondere in der Resolution 1377 (2001). Die Formulierung in diesen Instrumenten zeigt deutlich, dass die internationale Gemeinschaft die von ihr beschriebenen Handlungen ebenfalls als „im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen“ stehend ansieht. Mehrere internationale Übereinkommen befassen sich mit spezifischen Aspekten der Bekämpfung des Terrorismus; sie verpflichten die Unterzeichnerstaaten, in ihr innerstaatliches Recht die notwendigen Straftatbestände aufzunehmen, um die in den Übereinkommen genannten begleitenden Handlungen zu erfassen, zu verfolgen und zu bestrafen(34). Zugleich betonte der Sicherheitsrat (in den Resolutionen des Sicherheitsrats 1624 [2005] und 2178 [2014]) auch, dass die Maßnahmen der Staaten zur Bekämpfung des Terrorismus mit dem Völkerrecht, insbesondere mit den internationalen Menschenrechtsnormen, dem Flüchtlingsvölkerrecht sowie dem humanitären Völkerrecht, im Einklang stehen müssen.

48.      Der Wortlaut von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie unterscheidet sich leicht von dem des Art. 1 Abschnitt F Buchst. c der Genfer Flüchtlingskonvention, und zwar insoweit, als er sich auf eine Person bezieht, die sich Handlungen hat zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und in den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen(35). Auch diese Vorschrift spezifiziert jedoch die Handlungen oder Art von Aktivitäten, die zur Anwendbarkeit der Ausschlussgründe führen können, nicht.

49.      Im Urteil B und D sowie im danach ergangenen Urteil H. T. hat der Gerichtshof den derzeitigen Ansatz des Sicherheitsrats dahin ausgelegt, dass Handlungen des internationalen Terrorismus den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen(36). Diese Auslegung entspricht der gegenwärtigen Lage. Die Gefahr, die von Handlungen des internationalen Terrorismus ausgeht, steht seit den Ereignissen des 11. September 2001 im Zentrum des Bewusstseins und wurde durch die jüngsten Anschläge in Paris und Brüssel nur noch weiter verdeutlicht.

50.      Im Urteil B und D führte der Gerichtshof weiter aus: „Daraus folgt, dass … die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten die Bestimmung des Art. 12 Abs. 2 Buchst. c … auch auf eine Person anwenden können, die im Rahmen ihrer Zugehörigkeit zu einer in der Liste im Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 aufgeführten Organisation an terroristischen Handlungen beteiligt war, die eine internationale Dimension aufweisen.“(37) Der Gerichtshof äußerte sich nicht direkt zu dem Gedankengang, der diese beiden Aussagen miteinander verknüpft, oder dazu, was mit (an terroristischen Handlungen) „beteiligt war“ gemeint ist, doch helfen andere Passagen des Urteils B und D, auf die ich in diesen Schlussanträgen noch eingehen werde, beim Verständnis der Begründung und der Tragweite der Entscheidung der Großen Kammer(38). Anzumerken ist, dass diese Auffassung im Einklang steht mit den beiden wesentlichen Zielen der Ausschlussklauseln in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie und in Art. 1 Abschnitt F Buchst. c des Genfer Abkommens, nämlich Personen den Flüchtlingsstatus zu versagen, die durch ihr Verhalten des internationalen Schutzes nicht würdig sind, und zu verhindern, dass solche Personen den durch den Flüchtlingsstatus gewährten Schutz benutzen können, um ihrer gerichtlichen Verantwortung zu entgehen(39).

51.      Setzt die Anwendung von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie auf einen Antragsteller auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus voraus, dass dieser wegen einer terroristischen Straftat im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses verurteilt worden ist?

52.      Diese Frage ist meines Erachtens zu verneinen.

53.      Erstens legt der Wortlaut von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie nicht nahe, dass „Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen“, durch Bezugnahme auf andere Rechtsakte der Union – wie den Rahmenbeschluss – zu beschränken oder zu definieren sind. Anwendungsbereich und Zweck von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie und von Art. 1 des Rahmenbeschlusses sind nicht identisch. Zwar ist eine Verurteilung wegen einer im Rahmenbeschluss definierten terroristischen Handlung eindeutig für das Verfahren zur Prüfung der Flüchtlingseigenschaft relevant, sie kann jedoch nicht den Anwendungsbereich der Ausschlussklausel bestimmen. Die Anerkennungsrichtlinie wurde fast zwei Jahre nach dem Rahmenbeschluss verabschiedet. Der Gesetzgeber hätte einen ausdrücklichen Verweis auf den Rahmenbeschluss einfügen können. Dies hat er jedoch nicht getan – vielleicht weil eine Einschränkung dieser Art möglicherweise nicht mit der Genfer Flüchtlingskonvention im Einklang gestanden hätte.

54.      Zweitens würde eine derartige Beschränkung des Anwendungsbereichs der Ausschlussgründe nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Feststellung widersprechen, dass die Genfer Flüchtlingskonvention ein wesentlicher Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen ist(40). Die Genfer Flüchtlingskonvention als solche macht die Anwendung von Art. 1 Abschnitt F Buchst. c nicht von irgendwelchen zusätzlichen Voraussetzungen abhängig, wie etwa einer strafrechtlichen Verurteilung wegen terroristischer Handlungen (oder sonstiger Straftaten) auf nationaler oder internationaler Ebene. Der Tatsache, dass Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie auf die Präambel und die Art. 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verweist, kann entnommen werden, dass ihr Anwendungsbereich weiter ist als die Liste der in Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses vorgesehenen terroristischen Straftaten.

55.      Drittens ergeben sich der Kontext und der Ausgangspunkt für die Auslegung der Bestimmungen der Anerkennungsrichtlinie aus dem System der Regelungen zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und nicht aus Regelungskonzepten, die aus anderen Gebieten des Unionsrechts stammen, wie etwa dem der Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus. Die Anerkennungsrichtlinie ist im Wesentlichen eine humanitäre Maßnahme(41). Sie hat ihre Rechtsgrundlage im früheren Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft über Visa, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr, der Teil des nach Art. 61 EG geschaffenen Raums der Freiheit, der Sicherheit, und des Rechts ist(42). Der Rahmenbeschluss hat einen ganz anderen Ursprung. Dieser Beschluss stellt bestimmte terroristische Handlungen unter Strafe und verpflichtet die Mitgliedstaaten, schwere Verstöße und Angriffe auf bestimmte gemeinsame Werte der Europäischen Union unter Strafe zu stellen(43). Er hat eine andere Rechtsgrundlage, nämlich Titel VI des Vertrags über die Europäische Union – Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Art. 29, 31 Abs. 1 Buchst. e und 34 Abs. 2 Buchst. b EUV)(44). Somit sind der Anwendungsbereich und der Zweck dieser beiden Maßnahmen nicht identisch(45).

56.      Viertens hätte es eine doppelte Einschränkung zur Folge, würde in den Text die Voraussetzung hineingelesen, dass ein Ausschluss nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie von einer früheren Verurteilung wegen einer terroristischen Straftat im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses abhängt. Zum einen würde dies bedeuten, dass für eine Person, die sich einer sonstigen Handlung in Verbindung mit Terrorismus, die nicht in Art. 1 Abs. 1 aufgeführt ist, schuldig gemacht hat, wie etwa Anführen einer terroristischen Vereinigung oder Beteiligung an den Handlungen einer terroristischen Vereinigung (Art. 2 Abs. 2), die Ausschlussgründe nicht gelten würden. Zum anderen würde es den Begriff „Handlungen im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen“ auf eine Unterkategorie solcher Handlungen beschränken. Beide Beschränkungen stehen mit den Zielen der Ausschlussklauseln nicht im Einklang und wären völlig künstlich.

57.      Fünftens weise ich darauf hin, dass der Rahmenbeschluss eine Maßnahme ist, für die das Prinzip der sogenannten „variablen Geometrie“ gilt. Er ist ein Rechtsakt, der für das Vereinigte Königreich, das nach seinem Willen von dessen Regelungen ausgenommen ist, nicht verbindlich ist(46). Im Gegensatz dazu ist das wesentliche Ziel der Anerkennungsrichtlinie, die für alle 28 Mitgliedstaaten gilt, gemeinsame unionsweit geltende Kriterien für den Schutz von Personen festzulegen, die tatsächlich internationalen Schutz benötigen(47). Unter diesen Umständen würde es meines Erachtens den Harmonisierungszielen der Anerkennungsrichtlinie zuwiderlaufen, in sie eine Beschränkung der Auslegung einer ihrer Bestimmungen einzuführen, die von einer anderen unionsrechtlichen Maßnahme abgeleitet ist, die nicht für alle Mitgliedstaaten verbindlich ist.

58.      Daher bin ich der Auffassung, dass der Ausschluss eines Asylbewerbers von der Anerkennung als Flüchtling wegen eines in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie aufgeführten Grundes nicht die Feststellung voraussetzt, dass dieser wegen einer terroristischen Straftat im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses verurteilt worden ist.

 Zu den Fragen 2 und 3

59.      Das vorlegende Gericht beschreibt den Hintergrund der Fragen 2 und 3 wie folgt. In seinem Urteil vom 12. Februar 2013 habe der CCE festgestellt, dass Herr Lounani wegen Straftaten verurteilt worden sei, die Handlungen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses beinhalteten – Beteiligung an den Handlungen einer terroristischen Vereinigung – und nicht Handlungen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses. Das Tribunal correctionnel sei der Auffassung gewesen, dass die Straftaten, die er als führendes Mitglied der GICM begangen hatte, eine schwere Strafe erforderten(48). Dem CCE zufolge werde in dem Urteil, das zu der strafrechtlichen Verurteilung von Herrn Lounani geführt habe, jedoch nur seine Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung als „terroristische Aktivität“ eingestuft. Das Urteil des Tribunal correctionnel habe der GICM keine Verantwortung für konkrete terroristische Straftaten zugeschrieben, und Herr Lounani sei nicht wegen persönlicher Beteiligung an solchen Handlungen für schuldig befunden worden.

60.      Vor diesem Hintergrund möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Handlungen, derentwegen Herr Lounani verurteilt wurde, als Handlungen angesehen werden können, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie zuwiderlaufen (Frage 2). Es fragt außerdem, ob die Verurteilung von Herrn Lounani als führendes Mitglied einer terroristischen Vereinigung für die Feststellung ausreicht, dass er zu einer der in Art. 12 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie aufgeführten Handlungen im Sinne von Art. 12 Abs. 3 dieser Richtlinie „an[ge]stifte[t] oder sich in sonstiger Weise daran beteilig[t]“ hat(49) (Frage 3).

 Zulässigkeit

61.      Sowohl der CGRA als auch die belgische Regierung tragen vor, Frage 3 sei unzulässig. Sie sind der Auffassung, dass das vorlegende Gericht nicht dargelegt habe, warum eine Antwort auf diese Frage für die Entscheidung im Ausgangsverfahren erforderlich sei.

62.      Dem kann ich mich nicht anschließen.

63.      Nach ständiger Rechtsprechung spricht eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Die Entscheidung über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts kann nur dann abgelehnt werden, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind(50).

64.      Hier möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Tatsache, dass Herr Lounani der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung für schuldig befunden wurde, ausreicht, um die Anwendung der Ausschlussgründe nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. c und Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie auszulösen. Die Auslegung dieser Bestimmungen ist für das Ausgangsverfahren eindeutig relevant. Frage 3 ist somit zu beantworten.

 Relevanz der strafrechtlichen Verurteilung von Herrn Lounani

65.      Herr Lounani trägt vor, der Entscheidung des Tribunal correctionnel sei nur geringes oder gar kein Gewicht beizumessen. Es bestünden ernste Zweifel, ob dieses Verfahren fair verlaufen sei. Er stützt sein Vorbringen auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) in der Rechtssache El Haski(51). Der EGMR habe auf eine Verletzung von Art. 6 EMRK („Recht auf ein faires Verfahren“) erkannt, weil unter Verstoß gegen Art. 3 EMRK („Verbot der Folter“) erlangte Aussagen als Beweis in demselben Strafverfahren vor dem Tribunal correctionnel in Bezug auf einen der Mitangeklagten von Herrn Lounani zugelassen worden seien.

66.      Ich weise darauf hin, dass Herr Lounani in seinem Fall kein Rechtsmittel eingelegt hat, dass er selbst keinen Antrag beim EGMR gestellt hat und dass er nichts Substantiiertes dafür vorgetragen hat, dass das Strafverfahren gegen ihn auf irgendeine Weise nicht ordnungsgemäß abgelaufen oder dass Art. 47 der Charta (oder Art. 6 EMRK) im Laufe seines Verfahrens verletzt worden wäre.

67.      Mangels Informationen, die den Schluss nahelegen, dass das Strafverfahren im Fall von Herrn Lounani fehlerhaft war oder dass die Sachverhaltsfeststellungen im Urteil des Tribunal correctionnel nicht zuverlässig sind, stellt seine Verurteilung eine feststehende Tatsache dar. Die eigentliche Frage ist, welches Gewicht dieser Verurteilung im Rahmen der Prüfung beizumessen ist, ob die in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie vorgesehene Ausschlussklausel Anwendung findet.

68.      Im Urteil B und D wies der Gerichtshof den Vortrag zurück, dass eine Verurteilung wegen Beteiligung an den Handlungen einer terroristischen Vereinigung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b des Rahmenbeschlusses die automatische Anwendung der Ausschlussklauseln in Art. 12 Abs. 2 Buchst. b und c der Anerkennungsrichtlinie auslösen könne. Er legte dar, dass ein Ausschluss eine vollständige Prüfung sämtlicher Umstände jedes Einzelfalls voraussetze(52). Aus diesem Grund weise ich das Vorbringen des CGRA zurück, dass eine Person, die wegen der Begehung terroristischer Handlungen, wie etwa der in den Art. 1 bis 4 des Rahmenbeschlusses genannten Straftaten, verurteilt worden sei, automatisch nach Art. 12 Abs. 2 und/oder Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie ohne weitere individuelle Prüfung ihrer Bewerbung von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden könne.

69.      Im Urteil B und D führte der Gerichtshof aus, dass, obwohl „kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Gemeinsamen Standpunkt 2001/931 und der Anerkennungsrichtlinie hinsichtlich der verfolgten Ziele [besteht] und es … nicht gerechtfertigt [ist], dass die zuständige Stelle, wenn sie den Ausschluss einer Person von der Anerkennung als Flüchtling nach Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie in Betracht zieht, sich nur auf deren Zugehörigkeit zu einer Organisation stützt, die in einer Liste aufgeführt ist, die außerhalb des Rahmens erlassen wurde, den die Anerkennungsrichtlinie in Übereinstimmung mit der Genfer Konvention geschaffen hat“(53), „die Aufnahme einer Organisation in eine Liste wie die im Anhang des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931 enthaltene die Feststellung [erlaubt], dass die Vereinigung, der die betreffende Person angehört hat, terroristischer Art ist“(54). Daher ist hier davon auszugehen, dass die GICM als solche tatsächlich als terroristische Organisation anzusehen ist(55).

70.      Aus dem Urteil B und D sowie der späteren Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache H. T.(56) folgt jedoch, dass die bloße Zugehörigkeit zu einer terroristischen Organisation nicht ausreicht, um die Anwendung der in Art. 12 Abs. 2 und 3 der Anerkennungsrichtlinie vorgesehenen Ausschlussklauseln auszulösen, da die Aufnahme einer Organisation in eine Liste nicht der (zwingend vorgeschriebenen) individuellen Prüfung der Frage gleichgestellt werden kann, ob ein bestimmter Antragsteller die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft erfüllt(57). Eine solche Zugehörigkeit deutet lediglich darauf hin, dass die Ausschlussklauseln anwendbar sein können. Die individuellen Umstände eines Antrags auf Asyl sind ihrem Wesen nach komplexer und nuancierter als die begrenzte Menge an Tatsachen, auf denen eine strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung beruht. Daher bin ich der Ansicht, dass – trotz des Vorliegens einer offenbar relevanten strafrechtlichen Verurteilung – das Erfordernis einer Einzelfallprüfung fortbesteht.

 Art. 12 Abs. 2 Buchst. c und Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie

71.      In Art. 1 Abschnitt F Buchst. c der Genfer Flüchtlingskonvention wird „Anstiftung“ zu oder „Beteiligung“ an Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, nicht erwähnt. Dennoch ist diese Bestimmung dahin auszulegen, dass sie auch Personen erfasst, die Handlungen, die diesen Zielen und Grundsätzen zuwiderlaufen, tatsächlich nicht selbst begangen haben(58). Art. 12 Abs. 2 Buchst. c in Verbindung mit Abs. 3 ist zu entnehmen, dass Personen, die sich Handlungen haben zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, zu diesen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben, sämtlich in den persönlichen Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln fallen. Diese Lesart steht sowohl mit der in den Richtlinien zugrunde gelegten Auslegung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch mit den Zielen der Anerkennungsrichtlinie im Einklang(59).

72.      Daraus folgt, dass der in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie vorgesehene Ausschluss nicht auf Täter beschränkt ist, die selbst terroristische Handlungen begangen haben. In Verbindung mit Art. 12 Abs. 3 gelesen, erfasst die Vorschrift auch Personen, die die Begehung terroristischer Handlungen fördern.

73.      Wie weit geht aber diese Erweiterung gemäß Art. 12 Abs. 3? Wo ist in dem Spektrum, das von einer Person, die lediglich auf der Straße eine Spendenbüchse hinhält(60), bis hin zu einer Person reicht, die direkt an einem Terroranschlag als Fahrer des „Fluchtautos“ beteiligt ist, die Grenze zu ziehen?

74.      Als Beweismaßstab gilt, dass „schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen“(61), dass der Antragsteller als Angehöriger der Vereinigung während des maßgeblichen Zeitraums individuell verantwortlich ist und sich Handlungen hat zuschulden kommen lassen, die in den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln fallen(62). Im Urteil B und D führte der Gerichtshof aus: „Hierfür hat die zuständige Stelle insbesondere die Rolle zu prüfen, die die betreffende Person bei der Verwirklichung der fraglichen Handlungen tatsächlich gespielt hat, ihre Position innerhalb dieser Organisation, den Grad der Kenntnis, die sie von deren Handlungen hatte oder haben musste, die etwaigen Pressionen, denen sie ausgesetzt gewesen wäre, oder andere Faktoren, die geeignet waren, ihr Verhalten zu beeinflussen.“(63)

75.      In Bezug auf die Beteiligung des Antragstellers an Handlungen, die in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c genannt sind, weisen die einleitenden Worte „schwerwiegende Gründe zu der Annahme berechtigen“ darauf hin, dass die Schwelle für die Anwendbarkeit von Art. 12 Abs. 2 hoch ist. Die Bezugnahme auf die „Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen“ zeigt, dass die Handlung des Antragstellers Auswirkungen auf internationaler Ebene haben und von einer Schwere sein muss, die Folgen für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit hat, da die Präambel und die Art. 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen im Wesentlichen die Prinzipien niederlegen, die die Grundlagen des Zusammenlebens der internationalen Staatengemeinschaft bilden(64).

 Prüfung der Voraussetzungen für einen Ausschluss nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie

76.      Aus meiner Antwort auf Frage 1 ergibt sich, dass Art. 12 Abs. 2 im Rahmen der Prüfung meines Erachtens unabhängig von der Anwendung von Art. 1 des Rahmenbeschlusses auszulegen ist. Der gleichen Ansicht bin ich im Hinblick auf Art. 2 des Beschlusses (Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung) und meine, dass es auch hier nicht der Feststellung bedarf, dass ein Antragsteller nach dieser Bestimmung strafrechtlich verurteilt worden ist.

77.      Alle Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die in Art. 2 EUV verankerten gemeinsamen Werte zu schützen und zu fördern, einschließlich der Rechtsstaatlichkeit (Art. 3 Abs. 5 EUV). Ist ein Asylbewerber in einem Gerichtsverfahren verurteilt worden, das den gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensanforderungen genügt und mit Art. 47 der Charta im Einklang steht, und ist diese Verurteilung rechtskräftig geworden, würde dem erhebliches Gewicht bei der individuellen Prüfung nach Art. 4 der Anerkennungsrichtlinie zukommen. Gleichzeitig kann Art. 12 Abs. 2 Buchst. c nicht einfach als eine zusätzliche Bestimmung zur Terrorismusbekämpfung angesehen werden, die automatisch herangezogen werden kann, um bereits verhängte Sanktionen zu ergänzen(65). Um den Anforderungen der Anerkennungsrichtlinie zu genügen, bedarf es noch einer Einzelfallprüfung aller relevanten Tatsachen und Umstände.

78.      Die französische Regierung trägt vor, dass in Fällen, in denen der Antragsteller wegen einer Straftat verurteilt worden sei, wie etwa der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, eine widerlegbare Vermutung dahin bestehe, dass er wegen der in Art. 12 Abs. 2 aufgeführten Gründe auszuschließen sei.

79.      Ich teile diese Ansicht nicht.

80.      Wenn die Umstände darauf hindeuten, dass Ausschlussgründe in Betracht kommen, muss deren Vorliegen zum Zeitpunkt des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geprüft werden(66). Art. 4 der Anerkennungsrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten im Hinblick auf das Prüfverfahren ein weites Ermessen ein(67). Nach meiner Ansicht ist eine Verurteilung wegen einer terroristischen Straftat einfach als klarer und glaubhafter Hinweis darauf anzusehen, dass schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass die Schwelle des Art. 12 Abs. 2 erreicht wurde. Dies hätte den Vorteil, dass sichergestellt wäre, dass die gemeinsamen Kriterien für die Anerkennung von Flüchtlingen nicht dadurch untergraben werden, dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Regeln zur Wirkung von Vermutungen anwenden.

81.      Das Vereinigte Königreich trägt vor, dass der Gerichtshof dem Urteil Shepherd(68), in dem er Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Anerkennungsrichtlinie(69) auslegte, möglicherweise hilfreiche Hinweise bezüglich der Frage entnehmen könne, wann die Schwelle für die Anwendung des Art. 12 Abs. 2 Buchst. c erreicht sei, und meint, dass die anzuwendenden Kriterien mit dem Urteil Shepherd im Einklang stehen müssen. Nach meinem Verständnis schlägt das Vereinigte Königreich folgendes Kriterium vor: Dass die betreffende Person ihre Aufgaben in einer terroristischen Vereinigung ausführe, mache es hinreichend wahrscheinlich, dass sie unentbehrliche Unterstützung für die Vorbereitung und Ausführung von Verbrechen leiste, die den in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c aufgeführten Ausschlussgrund auslösten: Das sollte auch ausreichen, um die Anwendung von Art. 12 Abs. 3 auszulösen.

82.      Ich bin nicht der Ansicht, dass das Urteil Shepherd dem Gerichtshof hier Hinweise bietet. Erstens betraf dieses Urteil nur den in Art. 12 Abs. 2 Buchst. a genannten Ausschlussgrund. Zweitens unterschied der Gerichtshof im Urteil Shepherd klar zwischen Art. 9 Abs. 2 Buchst. e und den in Art. 12 Abs. 2 aufgeführten Ausschlussgründen. Er befand nämlich, dass sich die Prüfung, ob die Gefahr einer zukünftigen Begehung einer Straftat im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Anerkennungsrichtlinie besteht, grundlegend von der Prüfung nach Art. 12 Abs. 2 unterscheidet. Letztere erfordert eine Ex-post-Untersuchung, um festzustellen, ob ein Antragsteller aufgrund seiner früheren Handlungen vom Schutz durch die Anerkennungsrichtlinie auszuschließen ist(70). Schließlich sagt das Urteil Shepherd nichts darüber, was eine terroristische Handlung im Sinne der Anerkennungsrichtlinie darstellt.

83.      Ich schlage vor, dass die von den zuständigen nationalen Behörden für die Zwecke von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c durchzuführende Prüfung in zwei Schritten zu erfolgen hat.

84.      Im ersten Schritt ist zu ermitteln, ob die Organisation, die der Asylbewerber unterstützt hat oder an deren Aktivitäten er beteiligt war, tatsächlich eine terroristische Organisation ist(71).

85.      In einem zweiten Schritt ist festzustellen, ob die konkreten Tatsachen, die der betreffenden Person zugeschrieben werden, zeigen, dass sie an terroristischen Handlungen teilgenommen hat, die die Anwendung von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c und Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie auslösen. Dies erfordert eine Prüfung der Organisationsstruktur, der Stellung der Person innerhalb der Organisation und ihrer Fähigkeit, Einfluss auf die Aktivitäten der Gruppe zu nehmen(72), sowie eine Untersuchung, ob und in welchem Maße sie an der Planung, den Entscheidungen oder an der Anleitung anderer Personen zum Zweck der Begehung solcher Handlungen beteiligt war und ob und in welchem Umfang sie solche Handlungen finanziert oder anderen Personen die Mittel zu ihrer Begehung verschafft hat. Die zuständigen Behörden müssen sich außerdem vergewissern, dass die Person eine terroristische Handlung begangen oder einen bedeutenden Beitrag dazu geleistet hat und eine Mitverantwortung dafür trägt, weil sie in dem Wissen gehandelt hat, dass sie die Begehung solcher Straftaten fördert(73).

86.      Laut Vorlageentscheidung wurde festgestellt, dass Herr Lounani ein führendes Mitglied der GICM ist. Daraus folgt logisch, dass er wahrscheinlich Einfluss auf die Aktivitäten der Gruppe nehmen konnte. Er stellte logistische Unterstützung bereit. Dies bedeutet, dass er es anderen sehr wohl erleichtert und ermöglicht haben kann, sich an terroristischen Handlungen zu beteiligen oder solche zu begehen. Die Aktivitäten der GICM haben eine internationale Dimension, da die Organisation in der Sanktionsliste der Vereinten Nationen aufgeführt ist(74). Die Aktivitäten von Herrn Lounani haben einen internationalen Aspekt auch insofern, als er an der Fälschung von Pässen beteiligt war und Freiwillige unterstützt hat, die in den Irak gehen wollten. Seine Motive und Absichten in Bezug auf die terroristischen Vereinigung, an der er beteiligt war, sind auch für die Feststellung seiner persönlichen Verantwortung relevant.

87.      Zwar ist der Vorlageentscheidung klar zu entnehmen, dass Herr Lounani nicht wegen von ihm selbst begangener Terroranschläge verurteilt wurde, jedoch ist das hohe Strafmaß ein starkes Indiz für die Schwere der ihm zugeschriebenen Straftaten.

88.      Ich betone jedoch, dass der Gerichtshof lediglich Hinweise geben kann und dass die Prüfung des Antrags von Herrn Lounani letztlich Sache der zuständigen nationalen Behörden ist und der Kontrolle durch die nationalen Gerichte als alleinige Tatrichter unterliegt.

89.      Daher bin ich der Auffassung, dass in Fällen, in denen ein Antragsteller auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus von den Gerichten eines Mitgliedstaats wegen der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden und diese Verurteilung rechtskräftig geworden ist, dieser Umstand für die individuelle Prüfung der Frage, ob die Ausschlussgründe nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie anwendbar sind, relevant ist und erhebliches Gewicht haben sollte. Im Rahmen der Prüfung der Tatsachen und Umstände des Falls eines Antragstellers für die Zwecke von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c in Verbindung mit Abs. 3 müssen die zuständigen nationalen Behörden außerdem anhand seiner Motive und Absichten in Bezug auf die Aktivitäten der terroristischen Vereinigung, an der er beteiligt ist, untersuchen, ob er persönliche Verantwortung trägt. Die Aktivitäten der terroristischen Vereinigung müssen eine internationale Dimension haben und von einer Schwere sein, dass sie Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit haben. Die Feststellung, dass der Antragsteller ein führendes Mitglied einer solchen Vereinigung war, ist ein relevanter Faktor. Die Anwendung der in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c und Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie definierten Ausschlussgründe setzt nicht die Feststellung voraus, dass er selbst zu den in Art. 1 des Rahmenbeschlusses definierten terroristischen Handlungen angestiftet hat oder an ihnen beteiligt war.

 Zur Frage 4

90.      In Frage 4 geht es darum, ob sich die in Art. 12 Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie genannten Anstiftungs- und Beteiligungshandlungen auf die Begehung einer Straftat nach Art. 1 des Rahmenbeschlusses beziehen müssen oder ob sie sich auf eine Straftat nach Art. 2 des Rahmenbeschlusses beziehen können.

91.      Aus den in Beantwortung der Fragen 1, 2 und 3 dargelegten Gründen bin ich nicht der Auffassung, dass die Anwendung von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie davon abhängt, ob der Rahmenbeschluss anwendbar ist. Daher setzt die Anwendung von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c und Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie nicht die Feststellung voraus, dass eine Straftat im Sinne von Art. 1 oder 2 dieses Beschlusses begangen worden ist.

 Zur Frage 5

92.      Kann ein Antragsteller von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden, wenn weder er noch die terroristische Vereinigung, deren Mitglied er ist, Gewalttaten besonders grausamer Art im Sinne von Art. 1 des Rahmenbeschlusses verübt haben?

93.      Nach meiner Auffassung setzt die Anwendung der in Art. 12 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie aufgeführten Ausschlussgründe nicht die Feststellung voraus, dass sich ein Antragsteller solche Handlungen hat zuschulden kommen lassen.

94.      Erstens sind die Worte „Gewalttat besonders grausamer Art“ nicht im Rahmenbeschluss enthalten. Zweitens ist – wie ich bereits dargelegt habe – die Begehung von Handlungen, die in diesem Beschluss als terroristische Handlungen definiert werden, nicht der einzige Grund, der die Anwendung von Art. 12 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie auslöst, sie ist dafür nicht einmal Voraussetzung(75).

95.      Der Ordnung halber füge ich hinzu, dass der Ausdruck „Gewalttat besonders grausamer Art“ auch nach dem Wortlaut der Anerkennungsrichtlinie keine Voraussetzung für den Ausschluss ist. Darüber hinaus bieten die Ziele dieser Richtlinie keine Grundlage dafür, Art. 12 Abs. 2 im Sinne der Geltung einer solchen Voraussetzung auszulegen.

 Ergebnis

96.      Nach alledem bin ich der Ansicht, dass der Gerichtshof die Fragen des Conseil d’État (Staatsrat, Belgien) wie folgt beantworten sollte:

–        Der Ausschluss eines Asylbewerbers von der Anerkennung als Flüchtling auf der Grundlage, dass er sich im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes Handlungen hat zuschulden kommen lassen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, setzt nicht die Feststellung voraus, dass der Antragsteller wegen einer terroristischen Straftat im Sinne von Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung verurteilt worden ist.

–        Ist ein Antragsteller auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus von den Gerichten eines Mitgliedstaats wegen der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden und ist diese Verurteilung rechtskräftig geworden, so ist dieser Umstand für die individuelle Prüfung der Frage, ob die Ausschlussgründe nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/83 anwendbar sind, relevant und sollte erhebliches Gewicht haben. Bei der Prüfung der Tatsachen und Umstände des Falls eines Antragstellers für die Zwecke von Art. 12 Abs. 2 Buchst. c in Verbindung mit Abs. 3 müssen die zuständigen nationalen Behörden außerdem anhand seiner Motive und Absichten in Bezug auf die Aktivitäten der terroristischen Vereinigung, an der er beteiligt ist, untersuchen, ob er persönliche Verantwortung trägt. Die Aktivitäten der Vereinigung müssen eine internationale Dimension haben und von solcher Schwere sein, dass sie Auswirkungen auf den Weltfrieden und die internationale Sicherheit haben. Die Feststellung, dass der Antragsteller ein führendes Mitglied einer solchen Vereinigung war, ist ein relevanter Faktor. Die Anwendung der in Art. 12 Abs. 2 Buchst. c und Abs. 3 der Richtlinie 2004/83 definierten Ausschlussgründe setzt nicht die Feststellung voraus, dass er selbst zu den in Art. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/475 definierten terroristischen Handlungen angestiftet hat oder an ihnen beteiligt war.

–        Die Feststellung, dass ein Antragsteller auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus zu Straftaten oder Handlungen im Sinne von Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83 angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt hat, setzt nicht voraus, dass die terroristische Vereinigung, an der er beteiligt war, eine in Art. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/475 aufgeführte Handlung begangen hat oder der Antragsteller einer Handlung für schuldig befunden worden ist, die in Art. 2 dieses Beschlusses genannt sind.

–        Ein Antragsteller auf Zuerkennung des Flüchtlingsstatus kann von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden, selbst wenn weder er noch die terroristische Vereinigung, deren Mitglied er ist, eine der in Art. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/475 aufgeführten Gewalttaten besonders grausamer Art begangen haben.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. 2004, L 304, S. 12) (im Folgenden: Anerkennungsrichtlinie). Diese Richtlinie wurde durch die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 (ABl. 2011, L 337, S. 9) aufgehoben und neu gefasst. Der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften hat sich nicht wesentlich geändert.


3 – Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (ABl. 2002, L 164, S. 3) (im Folgenden: Rahmenbeschluss). Dieser Beschluss wurde durch den Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates vom 28. November 2008 (ABl. 2008, L 330, S. 21) geändert. Der Rahmenbeschluss gilt für alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs, das von seinem Recht. nach Art. 10 Abs. 4 des Protokolls Nr. 36 zu den Verträgen Gebrauch gemacht hat, dem Rat mitzuteilen, dass es sich bei diesem Beschluss um einen Rechtsakt handelt, hinsichtlich dessen es die Befugnisse der Organe nicht anerkennt.


4 – Charta der Vereinten Nationen und Statut des Internationalen Gerichtshofs, unterzeichnet in San Francisco am 26. Juni 1945 (im Folgenden: Charta der Vereinten Nationen).


5 – Vgl. z. B. Guy S. Goodwin-Gill und Jane McAdam, The Refugee in International Law, Oxford University Press, 3. Aufl., S. 192 und 193. Vgl. ebenso Singer, Sarah, Terrorism and Exclusion from Refugee Status in the United Kingdom, Brill Nijhoff, 2015, S. 15 und 16.


6 – Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, in Kraft getreten am 22. April 1954 (United Nations Treaty Series, Vol. 189, S. 150, Nr. 2545 [1954]), ergänzt durch das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967, in Kraft getreten am 4. Oktober 1967 (im Folgenden zusammen: Genfer Flüchtlingskonvention). Das Protokoll ist für die Beantwortung des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens nicht relevant.


7 – Die Ausschlussgründe gelten auch für Personen, die ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen haben (Art. 1 Abschnitt F Buchst. a), und solche, die ein schweres nicht politisches Verbrechen außerhalb des Aufnahmelands begangen haben, bevor sie dort als Flüchtling aufgenommen wurden (Art. 1 Abschnitt F Buchst. b).


8 – ABl. 2010, C 83, S. 389 (im Folgenden: Charta).


9 – Die aufgeführten Straftaten sind: a) Angriffe auf das Leben einer Person; b) Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit einer Person; c) Entführung oder Geiselnahme; d) schwerwiegende Zerstörungen an einer Regierungseinrichtung oder einer öffentlichen Einrichtung; e) Kapern von Luft- und Wasserfahrzeugen oder von anderen öffentlichen Verkehrsmitteln oder Gütertransportmitteln; f) Herstellung, Besitz, Erwerb, Beförderung oder Bereitstellung oder Verwendung von Schusswaffen; g) Freisetzung gefährlicher Stoffe oder Herbeiführen von Bränden, Überschwemmungen oder Explosionen, wenn dadurch das Leben von Menschen gefährdet wird; h) Störung oder Unterbrechung der Versorgung mit Wasser oder anderen lebenswichtigen natürlichen Ressourcen, wenn dadurch das Leben von Menschen gefährdet wird; i) Drohung, eine der in Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses genannten Straftaten zu begehen.


10 – Dritter Erwägungsgrund. Vgl. auch Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 77).


11 – Sechster Erwägungsgrund. Vgl. auch Erwägungsgründe 16 und 17.


12 – Zehnter Erwägungsgrund.


13 – 15. Erwägungsgrund.


14 – Vgl. auch Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. 2005, L 326, S. 13) (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie). Diese Richtlinie ist durch die Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. 2013, L 180, S. 60) aufgehoben und neu gefasst worden.


15 –      Art. 12 Abs. 2 schließt Personen von der Anerkennung als Flüchtling aus, die eine der folgenden Straftaten begangen haben: a) ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, oder b) eine schwere nicht politische Straftat außerhalb des Aufnahmelands, bevor sie als Flüchtling aufgenommen wurden; insbesondere grausame Handlungen können als schwere nicht politische Straftaten eingestuft werden, auch wenn mit ihnen vorgeblich politische Ziele verfolgt werden.


16 – Art. 21 Abs. 2.


17 – Diese Liste enthält bestimmte Personen und Vereinigungen, gegen die Sanktionen verhängt wurden (Einfrieren von Vermögenswerten, Einreiseverbote oder Waffenembargos). Die GICM wurde gemäß der Resolution 1390 (2002) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen in die Sanktionsliste der Vereinten Nationen aufgenommen. Diese Liste ist seither aktualisiert worden, und die GICM ist in der aktuellen Version weiterhin aufgeführt.


18–      Die belgische Regierung hat in der Sitzung ausgeführt, Art. 140 des Code pénal (Strafgesetzbuch) setze Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses um.


19–      Die belgische Regierung hat in der Sitzung ausgeführt, Art. 137 des Code pénal (Strafgesetzbuch) setze Art. 1 des Rahmenbeschlusses um.


20–      Vgl. die einleitenden Bemerkungen des Büros des UNHCR vom Dezember 2010 zur Genfer Flüchtlingskonvention.


21–      Vgl. die Erwägungsgründe 15 und 22 der Anerkennungsrichtlinie. Diese Hilfestellung hat allerdings mein Kollege Generalanwalt Mengozzi als eine „Vielzahl von Dokumenten“, die nicht immer frei von Widersprüchen seien, bezeichnet: vgl. seine Schlussanträge in den verbundenen Rechtssachen B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:302, Nr. 43).


22–      Vgl. des Weiteren Art. 78 Abs. 1 AEUV, der ausdrücklich vorsieht, dass die Politik der Europäischen Union mit der Genfer Flüchtlingskonvention sowie den anderen einschlägigen Verträgen im Einklang stehen muss.


23–      Vgl. Urteil vom 2. März 2010, Salahadin Abdulla u. a. (C‑175/08, C‑176/08, C‑178/08 und C‑179/08, EU:C:2010:105, Rn. 54). Vgl. allgemeiner zur Auslegung von Unionsrechtsakten im Licht der Hinweise, die die völkerrechtlichen Verträge zum Schutz der Menschenrechte geben, an deren Abschluss die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind, Urteil vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 283); vgl. des Weiteren den zehnten Erwägungsgrund der Anerkennungsrichtlinie.


24–      Nach Art. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie bezeichnet der Begriff „Flüchtling“ eine Person, die unter die in dieser Richtlinie enthaltenen Definition fällt, es sei denn, die in Art. 12 enthaltenen Ausschlussgründe sind einschlägig.


25–      Vgl. Schlussanträge von Generalanwalt Mengozzi in den verbundenen Rechtssachen B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:302, Nr. 46).


26–      Diese Rechte werden von Art. 4 der Charta gewährleistet. Die entsprechenden Rechte in der Europäischen Menschenrechtskonvention (im Folgenden: EMRK) finden sich in Art. 3. Vgl. z. B. Urteil des Straßburger Gerichtshofs vom 15. November 1996 in der Rechtssache Chahal/Vereinigtes Königreich, ECLI:CE:ECHR:1996:1115JUD002241493.


27–      Vgl. Art. 21 der Anerkennungsrichtlinie und Art. 19 Abs. 2 der Charta.


28–      Mit einem Aspekt dieser Frage wird sich die Große Kammer in einer derzeit anhängigen Rechtssache (A u. a., C‑158/14) zu befassen haben.


29–      Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661).


30–      Gemeinsamer Standpunkt 2001/931/GASP des Rates vom 27. Dezember 2001 (ABl. 2001, L 344, S. 93), der u. a. darauf abzielt, die in der Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 1373 (2001) vorgesehenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus umzusetzen.


31–      Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 57 bis 60).


32–      Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 81 bis 83).


33–      Vgl. Rn. 46 des Hintergrundpapiers des UNHCR zur Anwendung der Ausschlussklauseln: Artikel 1 F des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (im Folgenden: Hintergrundpapier).


34–      Vgl. z. B. Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus, verabschiedet von der Generalversammlung der Vereinten Nationen mit der Resolution 54/109 am 9. Dezember 1999.


35–      Offenbar war man nach einer Auslegung der Auffassung, dass nur Personen, die einflussreiche Positionen in Ländern oder staatsähnlichen Gebilden innehatten, in den Anwendungsbereich von Art. 1 Abschnitt F Buchst. c der Genfer Flüchtlingskonvention fallen konnten. Vgl. beispielsweise die Materialien zu der Konvention, insbesondere die Auffassung des französischen Delegierten: „Die Bestimmung war nicht an den einfachen Mann auf der Straße gerichtet, sondern an Personen, die Regierungsposten bekleideten, wie etwa Regierungschefs, Minister und hochrangige Beamte“ (E/AC.7/SR.160, 18. August 1950, S. 18), angeführt in UNHCR Statement on Article 1F of the 1951 Convention (Juli 2009), Abs. 2.3.3, Fn. 62.


36–      Urteile vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 83), und vom 24. Juni 2015, H. T. (C‑373/13, EU:C:2015:413, Rn. 85).


37–      Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 84).


38–      Siehe unten, Nrn. 68 bis 70 und 74.


39–      Vgl. Nr. 2 der Richtlinien zum internationalen Schutz: Anwendung der Ausschlussklauseln: Artikel 1 F des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 4. September 2003 (im Folgenden: Richtlinien).


40–      Vgl. den dritten Erwägungsgrund der Anerkennungsrichtlinie.


41–      Vgl. Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 93).


42–      Jetzt Titel V AEUV: vgl. insbesondere die Art. 67 und 78 AEUV.


43–      Vgl. Art. 2 EUV, in dem diese Werte festgelegt sind.


44–      Jeweils ersetzt durch die Art. 67 und 82 AEUV (Art. 34 Abs. 2 Buchst. b EUV wurde aufgehoben).


45–      Vgl. Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 89).


46–      Siehe oben, Fn. 3.


47–      Vgl. Erwägungsgründe 16 und 17 der Anerkennungsrichtlinie.


48–      Siehe oben, Nr. 23.


49–      Die englische Sprachfassung des Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95 verwendet den Begriff „incite“ statt „instigate“, ist im Übrigen jedoch mit Art. 12 Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie identisch.


50–      Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 6. Juni 2013, MA u. a. (C‑648/11, EU:C:2013:367, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).


51–      Urteil des EGMR vom 25. September 2012 in der Rechtssache El Haski/Belgien, ECLI:CE:ECHR:2012:0925JUD000064908.


52–      Vgl. Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 93).


53–      Vgl. Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 89, Hervorhebung nur hier).


54–      Vgl. Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 90, Hervorhebung nur hier).


55–      Sie hat nicht geltend gemacht, dass ihre Aufnahme in die Liste unwirksam sei.


56 _ Vgl. Urteil vom 24. Juni 2015, H.T. (C‑373/13, EU:C:2015:413, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).


57–      Vgl. Art. 4 Abs. 3 der Anerkennungsrichtlinie.


58–      Vgl. Nrn. 17 und 18 der Richtlinien.


59–      Vgl. den 22. Erwägungsgrund. Eine Art. 12 Abs. 3 entsprechende Bestimmung war im ursprünglichen Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen (KOM[2001] 510 endgültig, ABl. 2002, C 51 E, S. 325) nicht enthalten. Der Text wurde von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Verhandlungen im Rat eingefügt.


60–      In der Rechtssache H. T. beispielsweise wurde festgestellt, dass Herr H. T. Spenden für die PKK gesammelt und gelegentlich eine Zeitschrift dieser Organisation vertrieben hatte. Der Gerichtshof entschied, dass aus derartigen Handlungen nicht notwendig zu schließen ist, dass Herr H. T. die Auffassung vertreten hätte, terroristische Handlungen seien legitim, und dass derartige Handlungen als solche keine terroristischen Handlungen sind. Urteil vom 24. Juni 2015, H. T. (C‑373/13, EU:C:2015:413, Rn. 91).


61–      Vgl. den ausdrücklichen Wortlaut der Einleitung von Art. 12 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie.


62–      Vgl. Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 94).


63–      Vgl. Urteil vom 9. November 2010, B und D (C‑57/09 und C‑101/09, EU:C:2010:661, Rn. 97).


64–      Alle Arten von strafrechtlichen Handlungen, die zum Ausschluss nach Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention führen, müssen einen hohen Grad an Schwere aufweisen (Erklärung des UNHCR zu Art. 1 Abschnitt F der Konvention von 1951 [Juli 2009]). In Nr. 17 der Richtlinien führt der UNHCR aus, dass Art. 1 Abschnitt F Buchst. c der Genfer Flüchtlingskonvention wahrscheinlich weniger häufig Anwendung findet als die in Art. 1 Abschnitt F Buchst. a oder b aufgeführten Ausschlussgründe.


65–      Vgl. auch Nr. 25 der Richtlinien zu Art. 1 Abschnitt F Buchst. c der Genfer Flüchtlingskonvention und die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 1624 (2005) und 2178 (2014), die betonen, dass Staaten sicherstellen müssen, dass alle Maßnahmen, die sie zur Bekämpfung des Terrorismus ergreifen, mit ihren Verpflichtungen nach dem Völkerrecht im Einklang stehen, und dass sie diese Maßnahmen im Einklang mit dem Völkerrecht treffen, insbesondere dem Flüchtlingsvölkerrecht und dem humanitären Völkerrecht.


66–      Art. 2 Buchst. c der Anerkennungsrichtlinie.


67–      Vgl. des Weiteren die in der Verfahrensrichtlinie niedergelegten Mindestnormen.


68–      Urteil vom 26. Februar 2015, Shepherd (C‑472/13, EU:C:2015:117).


69–      Die Rechtssache Shepherd betraf den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e der Anerkennungsrichtlinie, insbesondere die Bedeutung der Worte „wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen“ (Hervorhebung nur hier).


70–      Vgl. Urteil vom 26. Februar 2015, Shepherd (C‑472/13, EU:C:2015:117, Rn. 38).


71–      Siehe oben, Nr. 69. Dies ist hier unzweifelhaft der Fall.


72–      Vgl. Nr. 19 der Richtlinien. Vgl. auch entsprechend das Urteil vom 24. Juni 2015, H. T. (C‑373/13, EU:C:2015:413, Rn. 90 bis 93), wonach zu prüfen ist, ob in Anbetracht der von einem Flüchtling einer terroristischen Vereinigung geleistete Unterstützung zwingende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit im Sinne von Art. 24 Abs. 1 der Anerkennungsrichtlinie vorliegen, die die Aufhebung seines Aufenthaltstitels rechtfertigten.


73–      Vgl. Nr. 51 des Hintergrundpapiers.


74–      Siehe oben, Nr. 26.


75–      Siehe oben, Nrn. 58 und 91.