URTEIL DES GERICHTSHOFES
2. April 1998 (1)
„Rechtsmittel Staatliche Beihilfen Beschwerde eines Wettbewerbers
Pflichten der Kommission bei der Prüfung einer Beschwerde und hinsichtlich der
Begründung bei deren Zurückweisung“
In der Rechtssache C-367/95 P
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Jean-Louis Dewost,
Generaldirektor des Juristischen Dienstes, Jean-Paul Keppenne und Michel Nolin,
Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez
de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
unterstützt durch
Französische Republik, vertreten durch Catherine de Salins, Abteilungsleiterin in
der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten,
und Jean-Marc Belorgey, Chargé de mission in derselben Abteilung, als
Bevollmächtigte,
Streithelferin in der ersten Instanz,
sowie
Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Ministerialrat Ernst Röder und
Oberregierungsrat Bernd Kloke, beide Bundesministerium für Wirtschaft, als
Bevollmächtigte, und
Königreich Spanien, vertreten durch Abogado del Estado Gloria Calvo Díaz,
Juristischer Dienst des Staates, als Bevollmächtigte, und
Königreich der Niederlande, vertreten durch M. Marc Fierstra, beigeordneter
Rechtsberater im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, als
Bevollmächtigter,
betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der
Europäischen Gemeinschaften (Vierte erweiterte Kammer) vom 28. September
1995 in der Rechtssache T-95/94 (Sytraval und Brink's France/Kommission, Slg.
1995, II-2651) wegen Aufhebung dieses Urteils,
andere Verfahrensbeteiligte:
Chambre syndicale nationale des entreprises de transport de fonds et valeurs
(Sytraval) und Brink's France SARL,
erläßt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der
Kammerpräsidenten C. Gulmann (Berichterstatter), H. Ragnemalm und
M. Wathelet sowie der Richter G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida,
P. J. G. Kapteyn, J. L. Murray, D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet, G. Hirsch,
P. Jann und L. Sevón,
Generalanwalt: C. O. Lenz
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. Mai
1997,
folgendes
Urteil
- 1.
- Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Rechtsmittelschrift, die
am 28. November 1995 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß
Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des
Gerichts erster Instanz vom 28. September 1995 in der Rechtssache T-95/94
(Sytraval und Brink's France/Kommission, Slg. 1995, II-2651; nachstehend:
angefochtenes Urteil) eingelegt, durch das die Entscheidung der Kommission vom
31. Dezember 1993 (nachstehend: streitige Entscheidung) für nichtig erklärt wurde,
mit der der Antrag der Chambre syndicale nationale des entreprises de transport
de fonds et valeurs (Sytraval) und der Brink's France SARL auf Feststellung, daß
die Französische Republik durch die Gewährung von Beihilfen an die Sécuripost
SA (nachstehend: Securipost) gegen die Artikel 92 und 93 EG-Vertrag verstoßen
hat, abgelehnt worden war.
- 2.
- Die Französische Republik, Streithelferin in der ersten Instanz zur Unterstützung
der Anträge der Kommission, hat eine Rechtsmittelbeantwortung eingereicht. Die
Chambre syndicale nationale des entreprises de transport de fonds et valeurs
(Sytraval) und die Brink's France SARL (nachstehend: Beschwerdeführerinnen)
haben vor dem Gerichtshof keine Erklärungen abgegeben.
- 3.
- Mit drei Schriftsätzen, die am 24. Januar, am 22. und am 26. Februar 1996 bei der
Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, haben die Bundesrepublik
Deutschland, das Königreich Spanien und das Königreich der Niederlande ihre
Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission
beantragt. Mit drei Beschlüssen vom 5. März 1996 hat der Gerichtshof diesen
Anträgen stattgegeben.
Sachverhalt und Verfahren vor dem Gericht
- 4.
- Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, daß die französische Post (im
folgenden: Post) den Transport ihrer Gelder und Wertsachen bis 1987 mittels ihrer
eigenen Dienststellen durchführte. Im Jahr 1986 beschloß sie, eine Reihe ihrer
Tätigkeiten durch Einschaltung kommerzieller Gesellschaften auszuüben.
Demgemäß wurde am 16. Dezember 1986 die Société holding des filiales de la
Poste (im folgenden: Sofipost) gegründet, die zu 99 % vom französischen Staat
kontrolliert wird. Am 16. April 1987 gründete Sofipost die Sécuripost, die sie zu
99,92 % kontrolliert. Der Zweck dieser Gesellschaft ist die Übernahme von
Sicherheitswerttransporten und von Aufgaben der Bewachung, des Schutzes und
der Überwachung. Die Post ordnete mehr als 220 Beamten an Sécuripost ab.
- 5.
- Mit privatrechtlicher Vereinbarung vom 28. September 1987 übertrug die Post die
zuvor von ihr selbst erledigten Aufgaben in den genannten Bereichen an
Sécuripost. Das Unternehmen sollte seinen Kunden- und Tätigkeitskreis sodann
ausweiten. Am 30. September 1987 wurde zwischen dem Minister für Post und
Telekommunikation und der Sécuripost ein Rahmenvertrag geschlossen. In den
Jahren 1987 bis 1989 gewährte Sofipost der Securipost zwei Vorschußdarlehen in
Höhe von 5 000 000 FF und von 15 000 000 FF und nahm eine Erhöhung des
Kapitals von Securipost vor.
- 6.
- Am 4. September 1989 stellten mehrere französische Unternehmen und
Unternehmensvereinigungen, darunter die Beschwerdeführerinnen, bei der
Kommission zwei Anträge auf Einleitung eines Verfahrens, und zwar zum einen
nach den Artikeln 85, 86 und 90 EG-Vertrag und zum anderen nach den Artikeln
92 und 93 EG-Vertrag. Die vorliegende Rechtssache betrifft nur den letztgenannten
Antrag.
- 7.
- Auf diese Beschwerde hin forderte die Kommission die französische Regierung mit
Schreiben vom 14. März 1990 zur Stellungnahme auf; die französische Regierung
antwortete mit Schreiben vom 3. Mai 1990.
- 8.
- Am 28. Juni 1991 teilte die Kommission den Beschwerdeführerinnen mit, daß ihre
Beschwerde „eine Reihe wichtiger Grundsatzfragen aufwirft, die im vorliegenden
Fall eine eingehende Prüfung durch die zuständigen Dienststellen der Kommission
erforderlich machen“. Am 9. Oktober 1991 führte sie gegenüber den
Beschwerdeführerinnen weiter aus, daß ihre Angelegenheit „besonders komplex
erscheint und im Hinblick auf die umfangreichen Unterlagen, die sowohl von den
Beschwerdeführerinnen als auch von den französischen Behörden vorgelegt wurden,
zahlreiche Untersuchungen technischer Art erforderlich macht ...“
- 9.
- Am 5. Februar 1992 erließ die Kommission eine Entscheidung, in der sie ausführte,
daß nicht auf das Vorliegen staatlicher Beihilfen im Sinne des Artikels 92 des
Vertrages habe geschlossen werden können. Sie stellte insbesondere fest, daß auf
der Grundlage der ihr vorliegenden Erkenntnisse der der Errichtung von Sécuripost
zugrunde liegende Vorgang vergleichbar sei mit der Reorganisation, die ein
Unternehmen vornehme, das sich zwecks gesonderter Führung eines
Geschäftsbereichs zur Schaffung einer Tochtergesellschaft entschließe.
- 10.
- Am 13. April 1992 erhoben die Beschwerdeführerinnen gegen diese Entscheidung
gemäß Artikel 173 EG-Vertrag eine Nichtigkeitsklage. Diese Klage wurde jedoch
gegenstandslos, nachdem die Kommission am 22. Juni 1992 ihre Entscheidung vom
5. Februar 1992 widerrufen hatte.
- 11.
- Am 24. Juli 1992 ergänzten die Beschwerdeführerinnen ihre bei der Kommission
eingereichte Beschwerde. Am 21. Januar 1993 teilte die Kommission ihnen mit, daß
sie die Maßnahmen der französischen Regierung gegenüber Sécuripost in das
Verzeichnis der nicht angemeldeten Beihilfen aufgenommen habe.
- 12.
- Am 26. März 1993 ermächtigte die französische Regierung Sofipost, das Eigentum
von Sécuripost zu privatisieren. Am 22. April 1993 reichten die
Beschwerdeführerinnen eine weitere Ergänzung der Beschwerde ein. Am 5. Mai
1993 unterrichtete die Kommission sie davon, daß sie die Untersuchung der
Angelegenheit in zwei Teile, den vor der Privatisierung und den danach liegenden,
aufgeteilt habe.
- 13.
- Am 11. Oktober 1993 forderten die Beschwerdeführerinnen die Kommission gemäß
Artikel 175 EG-Vertrag auf, auf ihre am 4. September 1989 eingereichte
Beschwerde hin eine Entscheidung zu erlassen.
- 14.
- Am 31. Dezember 1993 richtete die Kommission vertreten durch ihr für
Wettbewerbsfragen zuständiges Mitglied an die französische Regierung ein
Schreiben, in dem sie ihr ohne besondere Begründung mitteilte, sie habe
beschlossen, das Verfahren auf der Grundlage der ihr vorliegenden Erkenntnisse
mit der Feststellung einzustellen, daß keine staatlichen Beihilfen im Sinne des
Artikels 92 Absatz 1 des Vertrages vorlägen. Sie wies jedoch darauf hin, daß sich
ihre Entscheidung nicht auf die seit 1992 im Rahmen der Privatisierung von
Securipost getroffenen Maßnahmen erstrecke.
- 15.
- Am selben Tag sandte die Kommission wiederum vertreten durch ihr für
Wettbewerbsfragen zuständiges Mitglied ein Schreiben an die
Beschwerdeführerinnen, in dem sie zu den von diesen vorgetragenen Argumenten
Stellung nahm und ihnen mitteilte, sie habe festgestellt, daß die von ihr
durchgeführte Untersuchung nicht die Schlußfolgerung erlaube, es handele sich im
vorliegenden Fall um staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 92 des Vertrages,
und sie habe daher beschlossen, das Verfahren einzustellen.
- 16.
- Mit Klageschrift vom 2. März 1994 erhoben die Beschwerdeführerinnen beim
Gericht Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung.
- 17.
- Sie machten zur Begründung ihrer Klage vier Klagegründe geltend. Mit dem ersten
Klagegrund rügten sie, die Kommission habe gegen Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag verstoßen, indem sie in Anbetracht der Umstände des vorliegenden
Falles zu Unrecht von der Einleitung des in dieser Bestimmung geregelten
Verfahrens abgesehen habe. Mit dem zweiten Klagegrund machten die
Beschwerdeführerinnen eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör
geltend, da die Kommission in ihrer sie beschwerenden Entscheidung
Unterlagen, wie etwa die Stellungnahme der französischen Regierung, verwertet
habe, die ihnen nicht übermittelt worden seien. Mit dem dritten Klagegrund wurde
geltend gemacht, die Kommission habe gegen Artikel 190 EG-Vertrag verstoßen,
indem sie in der streitigen Entscheidung eine Erörterung der Rügen versäumt habe,
die die Beschwerdeführerinnen in ihrer Beschwerde zu jenen Beihilfen vorgetragen
hätten, die 1. in der Abordnung von Verwaltungspersonal der Post an Sécuripost,
2. in der Überlassung von Räumen der Post an Sécuripost, 3. in der
Kraftstoffversorgung und in der Wartung von Fahrzeugen zu unverhältnismäßig
günstigen Bedingungen und 4. in dem Darlehen in Höhe von 15 000 000 FF, das
Sofipost Sécuripost zu einem Vorzugszins gewährt habe, bestünden. Mit dem
vierten Klagegrund wurde gerügt, die streitige Entscheidung enthalte offensichtliche
Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit der Erhöhung des Kapitals von
Sécuripost um 9 775 000 FF, mit den Vorschüssen für Aufträge, die die Post
Sécuripost erteilt habe, und mit den ungewöhnlichen Tarifen und Garantien, die
von der Post gewährt worden seien.
Das angefochtene Urteil
- 18.
- Gemäß dem angefochtenen Urteil war Gegenstand der Klage der
Beschwerdeführerinnen die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung, „mit der
der Antrag der Klägerinnen auf Feststellung, daß die Französische Republik durch
die Gewährung von Beihilfen an die Sécuripost SA gegen die Artikel 92 und 93 des
Vertrages verstoßen hat, abgelehnt wurde“.
- 19.
- Das Gericht hat in Randnummer 32 des angefochtenen Urteils zunächst ausgeführt,
daß es angesichts der Aktenlage die Prüfung auf den dritten und den vierten
Klagegrund, die einen Verstoß gegen Artikel 190 EG-Vertrag und einen
offensichtlichen Beurteilungsfehler zum Gegenstand hätten und gemeinsam zu
behandeln seien, konzentrieren werde.
- 20.
- Sodann hat es in Randnummer 51 festgestellt, es handele sich bei der streitigen
Entscheidung um eine Entscheidung der Kommission, durch die das Vorbringen
der Beschwerdeführerinnen mit der Begründung zurückgewiesen worden sei, daß
die beanstandeten Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels
92 des Vertrages darstellten; die streitige Entscheidung sei unstreitig eine
Entscheidung im Sinne von Artikel 189 Absatz 4 EG-Vertrag und sei daher gemäß
Artikel 190 des Vertrages mit Gründen zu versehen gewesen. Das Gericht hat es
daher in Randnummer 53 für angebracht gehalten, zu prüfen, ob die Überlegungen,
aufgrund deren die Kommission die von den Beschwerdeführerinnen beanstandetenMaßnahmen nicht als staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 92 des Vertrages
eingestuft habe, in der streitigen Entscheidung so klar und unzweideutig
wiedergegeben seien, daß die Beschwerdeführerinnen die tragenden Gründe für die
Zurückweisung ihrer Beschwerde zwecks Wahrnehmung ihrer Rechte hätten
erkennen können und daß dem Gericht die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe
möglich sei.
- 21.
- Insoweit hat das Gericht in Randnummer 54 darauf hingewiesen, daß es sich bei
der gerichtlichen Überprüfung, die die Begründung ermöglichen müsse, im
vorliegenden Fall nicht um eine Überprüfung auf offensichtliche Beurteilungsfehler
handele, wie sie hinsichtlich der in der ausschließlichen Zuständigkeit der
Kommission liegenden Einschätzung erfolge, ob bereits als staatliche Beihilfen
qualifizierte nationale Maßnahmen mit dem Vertrag vereinbar seien; vielmehr gehe
es um eine Überprüfung der Auslegung und Anwendung des in Artikel 92 des
Vertrages enthaltenen Begriffes der staatlichen Beihilfe, die die Kommission
vorgenommen hat, um festzustellen, ob die von den Beschwerdeführerinnen
beanstandeten nationalen Maßnahmen als staatliche Beihilfen einzustufen seien
oder nicht.
- 22.
- In Randnummer 55 hat das Gericht ausgeführt, bei dieser Prüfung sei der Kontext,
in den sich die angefochtene Entscheidung einfüge, einzubeziehen, da die
Beurteilung, ob eine Begründung ausreichend sei, nicht nur von ihrem Wortlaut,
sondern auch von ihrem Zusammenhang abhänge. Das Gericht hat insoweit auf
vier Punkte hingewiesen: Erstens sei bis zum Erlaß der angefochtenen
Entscheidung besonders viel Zeit vergangen (Randnr. 56); zweitens habe die
Kommission im Schriftwechsel mit den Beschwerdeführerinnen ausgeführt, daß ihre
Beschwerde eine Reihe wichtiger Grundsatzfragen aufwerfe, die eine eingehende
Prüfung und zahlreiche Untersuchungen technischer Art erforderlich machten
(Randnr. 57); drittens habe die Kommission ihre erste Entscheidung vom 5.
Februar 1992 nach Einreichung der Nichtigkeitsklage durch die
Beschwerdeführerinnen widerrufen, obwohl in dieser Klage lediglich die
verschiedenen Beschwerdepunkte aufgegriffen worden seien, die sie bereits in ihrer
ursprünglichen Beschwerde vorgebracht hätten; neue Rügen seien mit der Klage
nicht erhoben worden (Randnr. 58); viertens habe die Kommission die streitigen
Maßnahmen in das Verzeichnis der nicht angemeldeten Beihilfen eingetragen und
in einem Schreiben an die französische Regierung ihr Bedauern darüber zum
Ausdruck gebracht, daß für keine der fraglichen Maßnahmen eine vorherige
Anmeldung nach Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages erfolgt sei (Randnr. 59).
- 23.
- Im Licht dieser Feststellungen hat es das Gericht in Randnummer 60 für
angebracht gehalten, zu prüfen, ob die Begründung der streitigen Entscheidung den
Schluß trage, daß die von den Beschwerdeführerinnen beanstandeten Maßnahmen
keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 92 des Vertrages darstellten.
- 24.
- Es ist insoweit zu dem Ergebnis gelangt, daß der Entscheidung, was die Rüge der
Beschwerdeführerinnen bezüglich des abgeordneten Verwaltungspersonals angehe,
die Begründung fehle (Randnrn. 62 und 63) und daß, was die Rügen bezüglich der
Überlassung von Räumen (Randnrn. 65 bis 66), die Wartung der Fahrzeuge
(Randnr. 69), die Gewährung des Vorschusses von 15 000 000 FF (Randnr. 72) und
die von Sécuripost der Post in Rechnung gestellten Preise (Randnrn. 74 bis 76)
angehe, die Begründung dieser Entscheidung unzureichend sei.
- 25.
- In diesem Zusammenhang hat das Gericht in den Randnummern 66 und 72
ausgeführt, daß die Kommission, wenn sie beschließe, eine Beschwerde gegen eine
Maßnahme, die der Beschwerdeführer als nicht angemeldete staatliche Beihilfe
einstufe, zurückzuweisen, ohne dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, sich
vor Erlaß der endgültigen Entscheidung zu den Ermittlungsergebnissen ihrer
Untersuchung zu äußern, von Amts wegen die Rügen zu prüfen habe, die der
Beschwerdeführer mit Sicherheit erhoben hätte, wenn ihm diese Ergebnisse
bekannt geworden wären.
- 26.
- In Randnummer 78 hat das Gericht außerdem festgestellt, daß die Verpflichtung
der Kommission zur Begründung ihrer Entscheidungen unter bestimmten
Umständen eine Anhörung des Beschwerdeführers erforderlich machen könne,
wenn sie dessen Stellungnahme zu den Tatsachen, die sie in ihrer Untersuchung
ermittelt habe, kennen müsse, um ihre Beurteilung einer vom Beschwerdeführer
als staatliche Beihilfe bewerteten Maßnahme rechtlich hinreichend zu begründen.
Diese Verpflichtung stelle unter solchen Umständen eine notwendige Erweiterung
der Verpflichtung der Kommission dar, die Angelegenheit unter Einholung aller
erforderlichen Stellungnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen.
- 27.
- In Randnummer 80 hat das Gericht schließlich festgestellt, daß die streitige
Entscheidung für nichtig zu erklären sei, da ihre Begründung nicht die
Schlußfolgerung trage, daß die von den Beschwerdeführerinnen gerügten
Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 92 EG-Vertrag
darstellten.
Das Rechtsmittel
- 28.
- Die Kommission beantragt mit ihrem Rechtsmittel,
das angefochtene Urteil aufzuheben und aus dieser Aufhebung sämtliche
rechtlichen Konsequenzen zu ziehen, insbesondere die Rechtssache zur
Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen, und
den Klägerinnen in dem Verfahren vor dem Gericht die Kosten
aufzuerlegen.
- 29.
- Die Französische Republik beantragt,
dem Rechtsmittel der Kommission stattzugeben und das angefochtene
Urteil aufzuheben und
den von der Kommission in der ersten Instanz gestellten Anträgen
stattzugeben.
- 30.
- Die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Spanien und das Königreich der
Niederlande beantragen ebenfalls, dem Rechtsmittel der Kommission stattzugeben.
- 31.
- Zur Begründung des Rechtsmittels trägt die Kommission drei Rechtsmittelgründe
vor. Sie macht geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen
hinsichtlich des Adressaten einer Entscheidung auf dem Gebiet der
staatlichen Beihilfen,
hinsichtlich des Umfangs der Begründungspflicht und
hinsichtlich der im Rahmen der Bearbeitung der Vorgänge im Bereich der
staatlichen Beihilfen zu befolgenden Verfahrensvorschriften.
- 32.
- Die Kommission ist der Auffassung, das Gericht habe den durch den Vertrag auf
dem Gebiet der staatlichen Beihilfen geschaffenen rechtlichen Rahmen sowie die
Rechtsprechung dazu verkannt. In einer Situation wie der vorliegenden, in der sich
die Kommission zum Vorliegen einer in einer Beschwerde gerügten staatlichen
Beihilfe äußere, habe der Beschwerdeführer keine besonderen Rechte und könne
diese Entscheidung nur mit dem gleichen Recht wie jeder andere unmittelbar und
individuell betroffene Kläger anfechten.
Würdigung durch den Gerichtshof
Zu dem durch den Vertrag geschaffenen System der Überwachung staatlicher Beihilfen
- 33.
- Bevor die im Rahmen des Rechtsmittels vorgetragenen Rügen geprüft werden, sind
die maßgeblichen Vorschriften des durch den Vertrag geschaffenen Systems der
Überwachung staatlicher Beihilfen darzustellen.
- 34.
- Artikel 92 Absatz 1 des Vertrages sieht vor: „Soweit in diesem Vertrag nicht etwas
anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen
gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder
Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit
dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen
Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“
- 35.
- Artikel 93 des Vertrages schreibt ein besonderes Verfahren für die fortlaufende
Überprüfung und die Überwachung der staatlichen Beihilfen durch die Kommission
vor. Der Einführung neuer Beihilfen durch die Mitgliedstaaten muß ein
Vorverfahren vorausgehen; andernfalls kann eine Beihilfe nicht als ordnungsgemäß
eingeführt angesehen werden. Gemäß Artikel 93 Absatz 3 Satz 1 des Vertrages in
der Auslegung durch den Gerichtshof ist die Kommission von jeder beabsichtigten
Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen vor deren Durchführung zu
unterrichten.
- 36.
- Die Kommission nimmt dann eine erste Prüfung der beabsichtigten Beihilfen vor.
Ist sie nach Abschluß dieser Prüfung der Auffassung, daß ein Vorhaben mit dem
Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Artikel 93
Absatz 2 Unterabsatz 1 vorgesehene Prüfungsverfahren ein; dieser Unterabsatz
lautet: „Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur
Äußerung gesetzt hat, daß eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln
gewährte Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 92 unvereinbar ist
oder daß sie mißbräuchlich angewandt wird, so entscheidet sie, daß der betreffende
Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten
hat.“
- 37.
- Aus Artikel 93 Absatz 3 Satz 3 des Vertrages geht hervor, daß der betreffende
Mitgliedstaat in der Vorprüfungsphase die beabsichtigte Beihilfemaßnahme nicht
durchführen darf. Bei Einleitung des Prüfungsverfahrens nach Artikel 93 Absatz 2
besteht dieses Verbot bis zum Erlaß der Entscheidung der Kommission über die
Vereinbarkeit der beabsichtigten Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt fort. Hat
die Kommission dagegen binnen zwei Monaten nach Unterrichtung nicht reagiert,
so kann der betreffende Mitgliedstaat die beabsichtigte Beihilfemaßnahme
durchführen, nachdem er dies der Kommission angezeigt hat (Urteil vom 11. Juli
1996 in der Rechtssache C-39/94, SFEI u. a., Slg. 1996, I-3547, Randnr. 38).
- 38.
- Im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 93 ist also zu unterscheiden zwischen der
Vorprüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag, die nur dazu dient, der
Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige
Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe zu ermöglichen, und der in Artikel 93 Absatz
2 EG-Vertrag geregelten Prüfungsphase, die es der Kommission ermöglichen soll,
sich umfassende Kenntnis von allen Gesichtspunkten eines Falles zu verschaffen
(vgl. Urteile vom 19. Mai 1993 in der Rechtssache C-198/91, Cook/Kommission, Slg.
1993, I-2487, Randnr. 22, und vom 15. Juni 1993 in der Rechtssache C-225/91,
Matra/Kommission, Slg. 1993, I-3203, Randnr. 16).
- 39.
- Das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 ist unerläßlich, sobald die Kommission bei
der Prüfung, ob ein Beihilfevorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist,
auf ernste Schwierigkeiten stößt. Die Kommission darf sich also für den Erlaß einer
positiven Entscheidung über ein Beihilfevorhaben nur dann auf die
Vorprüfungsphase des Artikels 93 Absatz 3 beschränken, wenn sie nach einer
ersten Prüfung die Überzeugung gewinnt, daß dieses Vorhaben vertragskonform
ist. Ist die Kommission aufgrund dieser ersten Prüfung jedoch zu der gegenteiligen
Überzeugung gelangt oder hat sie nicht alle Schwierigkeiten hinsichtlich der
Beurteilung der Vereinbarkeit dieses Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt
ausräumen können, so ist sie verpflichtet, alle erforderlichen Stellungnahmen
einzuholen und zu diesem Zweck das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2
einzuleiten (vgl. insbesondere Urteil vom 20. März 1984 in der Rechtssache 84/82,
Deutschland/Kommission, Slg. 1984, 1451, Randnr. 13, und Urteile
Cook/Kommission, Randnr. 29, und Matra/Kommission, Randnr. 33).
- 40.
- Stellt die Kommission, ohne das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 einzuleiten,
aufgrund von Artikel 93 Absatz 3 fest, daß eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen
Markt vereinbar ist, so können die Personen, denen die in Absatz 2 dieses Artikels
vorgesehenen Verfahrensgarantien zugute kommen, deren Beachtung nur
durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung der Kommission
vor dem Gerichtshof anzufechten (vgl. insbesondere Urteile Cook/Kommission,
Randnr. 23, und Matra/Kommission, Randnr. 17).
- 41.
- Beteiligte im Sinne des Artikels 93 Absatz 2 des Vertrages, die nach Artikel 173
Absatz 4 des Vertrages als unmittelbar und individuell Betroffene
Nichtigkeitsklagen erheben können, sind die durch die Gewährung der Beihilfe
eventuell in ihren Interessen verletzten Personen, Unternehmen oder
Vereinigungen, d. h. insbesondere die konkurrierenden Unternehmen und die
Berufsverbände (Urteil vom 14. November 1984 in der Rechtssache 323/82,
Intermills/Kommission, Slg. 1984, 3809, Randnr. 16).
- 42.
- Die drei von der Kommission geltend gemachten Rechtsmittelgründe sind unter
diesen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen.
Zum ersten Rechtsmittelgrund
- 43.
- Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, das Gericht
habe die Natur der streitigen Entscheidung verkannt, indem es sie als eine
Entscheidung angesehen habe, mit der eine Beschwerde zurückgewiesen werde. Die
Kommission und die vier dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetretenen
Mitgliedstaaten weisen darauf hin, daß die Kommission im Rahmen der Artikel 92
und 93 des Vertrages nur Entscheidungen erlassen könne, die an einen
Mitgliedstaat gerichtet seien und das Vorliegen oder die Vereinbarkeit einer
Beihilfe beträfen. Wenn die Kommission gemäß ihrer Pflicht zur ordnungsgemäßenVerwaltung ihre Entscheidung einem etwaigen Beschwerdeführer mitteile, könne
diese Mitteilung als solche keine an den Beschwerdeführer gerichtete Entscheidung
darstellen. Beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts gebe es im Bereich
der staatlichen Beihilfen keine eine Beschwerde zurückweisende Entscheidung.
- 44.
- Wie das Gericht in Randnummer 50 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt
hat, ist für Beschwerden, mit denen das Vorliegen staatlicher Beihilfen gerügt wird,
weder im Vertrag noch vom Gemeinschaftsgesetzgeber eine Verfahrensregelung
getroffen worden.
- 45.
- Daher ist festzustellen, daß Adressaten der Entscheidungen, die die Kommission
im Bereich der staatlichen Beihilfen erläßt, die betroffenen Mitgliedstaaten sind.
Dies gilt auch, wenn eine solche Entscheidung staatliche Maßnahmen betrifft, die
in Beschwerden als vertragswidrige staatliche Beihilfen beanstandet werden, und
sich aus ihr ergibt, daß die Kommission es ablehnt, das in Artikel 93 Absatz 2
vorgesehene Verfahren einzuleiten, weil die beanstandeten Maßnahmen nach ihrer
Auffassung keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 92 des Vertrages oder
mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. Wenn die Kommission solche
Entscheidungen erläßt und entsprechend ihrer Pflicht zur ordnungsgemäßen
Verwaltung die Beschwerdeführer davon unterrichtet, muß der Beschwerdeführer
gegebenenfalls die an den Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung und nicht das an
ihn gerichtete Schreiben, durch das er von der Entscheidung unterrichtet wird,
anfechten.
- 46.
- Daher hat das Gericht, auch wenn man es für bedauerlich halten mag, daß die
Kommission den Beschwerdeführerinnen ihren Standpunkt nicht durch
Übersendung einer Kopie der ordnungsgemäß an den betreffenden Mitgliedstaat
gerichteten Entscheidung mitgeteilt hat, einen Rechtsfehler begangen, indem es zu
der Auffassung gelangt ist, daß Adressat der streitigen Entscheidung nicht dieser
Staat gewesen sei, sondern daß es sich um eine Entscheidung handele, die an die
Beschwerdeführerinnen gerichtet gewesen sei und mit der deren Antrag auf
Feststellung, daß die Französische Republik durch die Gewährung von Beihilfen an
Sécuripost gegen die Artikel 92 und 93 des Vertrages verstoßen habe, abgelehnt
worden sei.
- 47.
- Der Rechtsfehler, den das Gericht damit begangen hat, kann jedoch nicht zur
Aufhebung seines Urteils führen, da die Beschwerdeführerinnen, wie die
Kommission übrigens eingeräumt hat, durch die streitige Entscheidung unmittelbar
und individuell betroffen waren. Indem die Kommission in ihrer Entscheidung
festgestellt hat, daß die von ihr durchgeführte Untersuchung nicht die
Schlußfolgerung erlaube, es handele sich um staatliche Beihilfen im Sinne von
Artikel 92 des Vertrages, hat sie es nämlich implizit abgelehnt, das in Artikel 93
Absatz 2 des Vertrages vorgesehene Verfahren einzuleiten. Wie aus der in den
Randnummern 40 und 41 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung
hervorgeht, können jedoch in einer solchen Situation die Personen, denen die in
dieser Vorschrift vorgesehenen Verfahrensgarantien zugute kommen, deren
Beachtung nur durchsetzen, wenn sie die Möglichkeit haben, diese Entscheidung
der Kommission gemäß Artikel 173 Absatz 4 des Vertrages vor dem
Gemeinschaftsrichter anzufechten. Dieser Grundsatz gilt dann, wenn die
Entscheidung deshalb getroffen wurde, weil die Kommission die Beihilfe für mit
dem Gemeinsamen Markt vereinbar hält, wie auch dann, wenn nach ihrer
Auffassung überhaupt keine Beihilfe vorliegt.
- 48.
- Da die Beschwerdeführerinnen unbestreitbar zu den Personen gehören, denen die
fraglichen Verfahrensgarantien zugute kommen, sind sie in dieser Eigenschaft als
durch die streitige Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen anzusehen.
Sie haben folglich das Recht, deren Nichtigerklärung zu beantragen (vgl. Urteil
Cook/Kommission, Randnrn. 25 und 26).
- 49.
- Aufgrund dieser Überlegungen ist festzustellen, daß das Gericht keinen
Rechtsfehler begangen hat, der zur Aufhebung seines Urteils führen könnte, indem
es entschieden hat, daß die streitige Entscheidung unter den Umständen der
vorliegenden Rechtssache eine an die Beschwerdeführerinnen gerichtete
Entscheidung gewesen sei, mit der deren Antrag auf Feststellung eines Verstoßes
der Kommission gegen die Artikel 92 und 93 des Vertrages abgelehnt worden sei.
Zum zweiten und zum dritten Rechtsmittelgrund
- 50.
- Als zweiten und dritten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, daß der
Fehler des Gerichts hinsichtlich des Adressaten der Entscheidung der Kommission
zu einer fehlerhaften Beurteilung der Begründungspflicht und der Pflicht zur
Prüfung der Beschwerde geführt habe.
- 51.
- Die Kommission müsse zwar unabhängig von der Stellung des Adressaten ihrer
Entscheidung eine Begründung geben, die die Möglichkeit einer
Rechtmäßigkeitskontrolle der Handlung gewährleiste, und sie sei gegenüber den
Beschwerdeführerinnen verpflichtet, sämtliche ihr von diesen zur Kenntnis
gebrachten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte zu prüfen, doch habe das
Gericht den Umfang der Begründungspflicht zu Unrecht so beurteilt, als wären die
Beschwerdeführerinnen die Adressaten ihrer Entscheidung.
- 52.
- Nach Auffassung der Kommission hat das Gericht daher einen Rechtsfehler
begangen, indem es in Randnummer 53 des angefochtenen Urteils festgestellt habe,
daß die streitige Entscheidung so begründet sein müsse, daß die
Beschwerdeführerinnen die tragenden Gründe für die Zurückweisung ihrer
Beschwerde zwecks Wahrnehmung ihrer Rechte hätten erkennen können. Ein
Beschwerdeführer könne nur wie jeder andere unmittelbar und individuell
betroffene Kläger später im Rahmen einer Nichtigkeitsklage geltend machen, daß
die Begründung einer Entscheidung unzureichend sei.
- 53.
- Zwar sei die Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren gegen eine
Person, das zu einer sie beschwerenden Handlung führen könne, ein tragender
Grundsatz des Gemeinschaftsrechts; auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen
könne sich jedoch nur der betroffene Mitgliedstaat in einer solchen Situation
befinden, so daß nur er aufzufordern sei, zu den von beteiligten Dritten
abgegebenen Erklärungen Stellung zu nehmen.
- 54.
- Infolge dieser fehlerhaften Auslegung der Tragweite der streitigen Entscheidung
habe das Gericht mit seiner Auffassung, daß die Kommission von Amts wegen die
Rügen zu prüfen habe, die der Beschwerdeführer mit Sicherheit erhoben hätte,
wenn ihm diese Ergebnisse bekannt geworden wären, und daß die
Begründungspflicht unter Umständen eine Anhörung des Beschwerdeführers
erforderlich machen könne, dem Beschwerdeführer ohne Rechtsgrundlage neue
Verfahrensrechte gewährt. Angesichts des Umfangs der Untersuchung, wie sie das
Gericht in bezug auf sämtliche hypothetischen Rügen verlangt habe, die ein
„idealer Beschwerdeführer“ mit Sicherheit erhoben hätte, wäre die Kommission
systematisch zu einer solchen Anhörung verpflichtet.
- 55.
- Schließlich trägt die Kommission vor, das Gericht habe im vorliegenden Fall unter
dem Anschein der Kontrolle der Begründung eine Kontrolle auf Beurteilungsfehler
durchgeführt und damit das rein verfahrenstechnische Erfordernis der Begründung
mit der materiellen Rechtmäßigkeit der Entscheidung vermengt. Das Gericht habe
der Kommission nämlich einen offensichtlichen Beurteilungsfehler vorgeworfen, den
es darin gesehen habe, daß die von der Kommission vorgenommene Untersuchung
unzureichend gewesen sei.
- 56.
- Die vier dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetretenen Staaten tragen im
wesentlichen dieselben Argumente vor wie die Kommission. Die Bundesrepublik
Deutschland weist jedoch darauf hin, daß der Kommission, wenn sie beschließe, das
Vorprüfungsverfahren gemäß Artikel 93 Absatz 3 abzuschließen, und dabei die
Form der Entscheidung im Sinne des Artikels 189 des Vertrages wähle, keine
Begründungspflicht obliege, da es sich beim Vorprüfungsverfahren um ein
nichtkontradiktorisches Verfahren handele, bei dem der Beschwerdeführer keine
Rechtsschutzmöglichkeiten habe.
- 57.
- Angesichts dieses Vorbringens ist zu prüfen, welche Verpflichtungen die
Kommission hat, wenn sie eine Beschwerde erhält, in der nationale Maßnahmen
als staatliche Beihilfen beanstandet werden.
- 58.
- Zunächst gibt es für eine Verpflichtung der Kommission, unter bestimmten
Umständen den Beschwerdeführer anzuhören, die sich nach dem angefochtenen
Urteil aus der Pflicht der Kommission zur Begründung ihrer Entscheidungen
ergeben soll, keine Rechtsgrundlage.
- 59.
- Wie nämlich der Generalanwalt in Nummer 83 seiner Schlußanträge vorgetragen
hat, kann eine solche Verpflichtung nicht allein auf Artikel 190 des Vertrages als
Rechtsgrundlage gestützt werden. Im übrigen ergibt sich, wie die Kommission und
die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetretenen Staaten ausgeführt haben, aus
der in den Randnummern 38 und 39 des vorliegenden Urteils angeführten
Rechtsprechung, daß die Kommission nicht verpflichtet ist, die Beschwerdeführer
in der Vorprüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages anzuhören.
Außerdem braucht die Kommission nach dieser Rechtsprechung in der
Prüfungsphase nach Artikel 93 Absatz 2 die Beteiligten lediglich zur Äußerung
aufzufordern. Wie die als Streithelfer beigetretenen Regierungen im Verfahren vor
dem Gerichtshof sowie der Generalanwalt in Nummer 91 seiner Schlußanträge
ausgeführt haben, könnte somit der Umstand, daß von der Kommission im Rahmen
des Vorprüfungsverfahrens nach Artikel 93 Absatz 3 eine Anhörung des
Beschwerdeführers verlangt wird, zu Unstimmigkeiten zwischen der
Verfahrensregelung nach dieser Vorschrift und der des Artikels 93 Absatz 2 führen.
- 60.
- Sodann ist in bezug auf die angebliche Verpflichtung der Kommission zur Prüfung
bestimmter Rügen von Amts wegen festzustellen, daß die Kommission entgegen der
Entscheidung des Gerichts nicht verpflichtet ist, von Amts wegen die Rügen zu
prüfen, die der Beschwerdeführer mit Sicherheit erhoben hätte, wenn ihm die
Ermittlungsergebnisse ihrer Untersuchung bekannt geworden wären.
- 61.
- Dieses Kriterium, nach dem sich die Kommission in die Lage des
Beschwerdeführers zu versetzen hat, ist zur Abgrenzung der Prüfungspflicht der
Kommission nicht geeignet.
- 62.
- Diese Feststellung bedeutet jedoch nicht, daß die Kommission nicht verpflichtet ist,
bei der Prüfung einer Beschwerde gegebenenfalls über eine bloße Prüfung der ihr
vom Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten rechtlichen und tatsächlichen
Gesichtspunkte hinauszugehen. Die Kommission hat nämlich im Interesse einer
ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrages auf
dem Gebiet der staatlichen Beihilfen die Beschwerde sorgfältig und
unvoreingenommen zu prüfen, was eine Prüfung von Gesichtspunkten erforderlich
machen kann, die der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich erwähnt hat.
- 63.
- Zur Begründungspflicht der Kommission ist daran zu erinnern, daß nach ständiger
Rechtsprechung die nach Artikel 190 EG-Vertrag vorgeschriebene Begründung der
Natur des betreffenden Rechtsakts angepaßt sein und die Überlegungen des
Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum
Ausdruck bringen muß, daß die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene
Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe
wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des
Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten
Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere
durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an
Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich
oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob
die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 190 EG-Vertrag
genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand
ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet
(vgl. insbesondere Urteile vom 13. März 1985 in der Rechtssache 296/82 und
318/82, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, Slg. 1985,
809, Randnr. 19, vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre
u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnrn. 15 und 16, und vom 29. Februar 1996
in der Rechtssache C-56/93, Belgien/Kommission, Slg. 1996, I-723, Randnr. 86).
- 64.
- Was insbesondere eine Entscheidung der Kommission anbelangt, mit der verneint
wird, daß es sich bei einer von einem Beschwerdeführer gerügten Maßnahme um
eine staatliche Beihilfe handelt, ist entgegen den Ausführungen der deutschen
Regierung festzustellen, daß die Kommission dem Beschwerdeführer jedenfalls in
hinreichender Weise die Gründe darzulegen hat, aus denen die in der Beschwerde
angeführten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte nicht zum Nachweis des
Vorliegens einer staatlichen Beihilfe genügt haben. Die Kommission braucht jedoch
nicht zu den Gesichtspunkten Stellung zu nehmen, die offensichtlich neben der
Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben.
- 65.
- Anhand dieser Feststellungen zum Umfang der Verpflichtungen der Kommission
bei der Untersuchung des Vorgangs und der Begründung der streitigen
Entscheidung ist das Vorbringen der Kommission und der dem Rechtsstreit alsStreithelfer beigetretenen Staaten zu beurteilen, das Gericht habe das rein
verfahrenstechnische Erfordernis der Begründung mit der materiellen
Rechtmäßigkeit der Entscheidung vermengt und der Kommission unter dem
Anschein einer unzureichenden Begründung einen offensichtlichen
Beurteilungsfehler vorgeworfen, den es darin gesehen habe, daß die von der
Kommission vorgenommene Untersuchung unzureichend gewesen sei.
- 66.
- Das Gericht hat, wie in Randnummer 19 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die
Klagegründe eines Verstoßes gegen Artikel 190 EG-Vertrag und eines
offensichtlichen Beurteilungsfehlers gemeinsam geprüft.
- 67.
- Dabei handelt es sich jedoch um zwei verschiedene Klagegründe, die im Rahmen
der Klage nach Artikel 173 des Vertrages geltend gemacht werden können. Der
erste, mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, enthält
den Vorwurf einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne dieses
Artikels, und stellt einen Gesichtspunkt dar, den der Gemeinschaftsrichter von
Amts wegen prüfen muß (vgl. insbesondere Urteil vom 20. Februar 1997 in der
Rechtssache C-166/95 P, Kommission/Daffix, Slg. 1997, I-983, Randnr. 24). Mit dem
zweiten, der die materielle Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung betrifft, wird
dagegen eine Verletzung einer bei der Durchführung des Vertrages
anzuwendenden Rechtsnorm im Sinne des Artikels 173 gerügt; er darf vom
Gemeinschaftsrichter nur geprüft werden, wenn sich der Kläger darauf beruft.
- 68.
- Das Gericht hat im übrigen, wie der Generalanwalt in Nummer 52 der
Schlußanträge vorgetragen hat, die beiden genannten Klagegründe zwar gemeinsam
geprüft, die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission aber letztlich allein
auf den Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages gestützt. Mit einigen der gegen
die Entscheidung erhobenen Rügen, die in dem angefochtenen Urteil als begründet
angesehen wurden, kann aber kein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend
gemacht werden.
- 69.
- So hat das Gericht in bezug auf die Überlassung von Räumen der Post an
Sécuripost in Randnummer 65 des angefochtenen Urteils ausgeführt, daß die
Kommission die von Sécuripost tatsächlich geforderten Mieten mit den von
Wettbewerbern von Sécuripost für die Nutzung vergleichbarer Räume zu zahlenden
Mieten hätte vergleichen müssen. Was die Wartung der Fahrzeuge von Sécuripost
durch den „Service national des Ateliers et Garages des PTT“ (staatlicher
Werkstatt- und Garagendienst der Post) angeht, hat das Gericht in Randnummer
69 des angefochtenen Urteils die Kommission für verpflichtet gehalten, die von
diesem Werkstattdienst verlangten Preise mit den von privaten Werkstätten zu
vergleichen.
- 70.
- Ebenso hat das Gericht in Randnummer 72 des angefochtenen Urteils festgestellt,
der Umstand, daß die Gewährung eines Vorschusses in Höhe von 15 000 000 FF
von Sofipost an Sécuripost ein entgeltliches Geschäft sei, könne für den Nachweis,
daß es sich nicht um eine staatliche Beihilfe handele, nicht genügen, weil für ein
solches Geschäft ein Zinssatz eingeräumt werden könne, der einen besonderen
Vorteil darstelle. Die Kommission hätte daher prüfen müssen, ob der verlangte
Zinssatz den marktüblichen Zinsen entsprochen habe.
- 71.
- Zur Rüge der Beschwerdeführerinnen, die der Post von Securipost berechneten
Preise seien eindeutig höher als branchenüblich, hat das Gericht in den
Randnummern 74 und 75 des angefochtenen Urteils überdies darauf hingewiesen,
daß die Kommission die der Post berechneten Preise nur auf der Grundlage der
Daten für 1993 mit den den Casino-Warenhäusern berechneten Preisen verglichen
habe. Sie habe dabei die Unterschiede bei den berechneten Preisen in den Jahren
1987 bis 1992 nicht berücksichtigt, obwohl die der Post von Sécuripost berechneten
Preise von 1987 bis 1993, insbesondere gemäß dem am 30. September 1987
zwischen Post und Sécuripost geschlossenen Rahmenvertrag, fortlaufend gesenkt
worden seien, wodurch sich die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten
Preisunterschiede noch vergrößert hätten. Nach Auffassung des Gerichts hätte
daher die Kommission die der Post und anderen Kunden von Securipost in den
Jahren vor 1993 berechneten Preise prüfen müssen.
- 72.
- In den in den Randnummern 69 bis 71 des vorliegenden Urteils genannten Fällen
hat das Gericht also offensichtlich nicht die erforderliche Unterscheidung zwischen
dem Begründungserfordernis und der materiellen Rechtmäßigkeit der Entscheidung
vorgenommen. Es hat nämlich der Kommission unter dem Anschein einer
unzureichenden Begründung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler vorgeworfen,
den es darin gesehen hat, daß die von der Kommission vorgenommene
Untersuchung unzureichend gewesen sei.
- 73.
- Gleichwohl hat das Gericht jedoch in bezug auf die anderen Rügen bei der
Feststellung, daß die Begründung der streitigen Entscheidung unzureichend sei,
keinen Rechtsfehler begangen.
- 74.
- In Randnummer 62 des angefochtenen Urteils hat das Gericht zunächst ausgeführt,
der Entscheidung fehle die Begründung in bezug auf die Rüge der
Beschwerdeführerinnen, die Kommission habe nicht den in der Beschwerde geltend
gemachten besonderen Vorteil geprüft, der darin bestehe, daß die von der Post an
Sécuripost abgeordneten Beamten jederzeit, ohne daß vom
Empfängerunternehmen irgendeine Abfindung wegen Kündigung oder Entlassung
zu zahlen sei, wieder ihrer Stammverwaltung zugewiesen werden könnten, wenn bei
dem Unternehmen ein Personalabbau erforderlich werde. Die Kommission hat dem
vor Gericht nur entgegengehalten, bei der Nichtzahlung von Abfindungen wegen
Kündigung oder Entlassung handele es sich lediglich um einen nachrangigen
Gesichtspunkt im Rahmen eines in mehreren Beschwerden vorgebrachten
Beschwerdepunkts, der die vollständige oder partielle Übernahme der
Personalkosten von Sécuripost durch den Staat zum Gegenstand habe.
- 75.
- Das Gericht hat zu Recht festgestellt, daß der streitigen Entscheidung insoweit die
Begründung fehle, da die Kommission auf diesen Beschwerdepunkt nicht
geantwortet habe. Dieser in der Beschwerde ausdrücklich genannte Punkt durfte
nämlich nicht als nachrangiger Gesichtspunkt der Rüge der vollständigen oder
partiellen Übernahme der Personalkosten von Sécuripost durch den Staat
betrachtet werden. Selbst wenn die Kosten des gesamten von der Post
abgeordneten Personals von Securipost übernommen worden wären, wäre dadurch
nicht ausgeschlossen gewesen, daß Securipost den Vorteil gehabt hätte,
gegebenenfalls keine Abfindungen wegen Kündigung oder Entlassung zahlen zu
müssen.
- 76.
- Weiter hat das Gericht in Randnummer 63 seines Urteils ausgeführt, der streitigen
Entscheidung fehle die Begründung in bezug auf die Rüge der
Beschwerdeführerinnen, daß Sécuripost für die abgeordneten Beamten keine
Beiträge an die Arbeitslosenversicherung zahle. Die Kommission habe darauf
entgegnet, daß „für die Beschäftigung abgeordneter Beamter hingegen keine
Beiträge zur Arbeitslosenversicherung anfallen, da diese nach ihrer
dienstrechtlichen Stellung eine Beschäftigungsgarantie besitzen“.
- 77.
- Auch insoweit hat das Gericht zu Recht festgestellt, daß der streitigen Entscheidung
die Begründung fehle. Wie das Gericht hervorgehoben hat, hat die Kommission
nämlich in der streitigen Entscheidung ausdrücklich anerkannt, daß keine
Versicherungsbeiträge gezahlt worden waren; ihre Erklärung zu den Gründen, die
sie zu der Auffassung gebracht hätten, daß dieser Umstand keine staatliche Beihilfe
im Sinne des Artikels 92 des Vertrages darstelle, ist derart mangelhaft, daß der
streitigen Entscheidung damit die Begründung fehlt.
- 78.
- Nach alledem ergibt sich, daß die Rechtsmittelgründe der Kommission teilweise
begründet sind. Der Gerichtshof hat jedoch ebenso wie das Gericht festgestellt, daß
die streitige Entscheidung auch Begründungsmängel aufweist. Diese reichen für sich
allein aus, die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung zu begründen. Folglich
ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.
Kosten
- 79.
- Gemäß Artikel 122 Absatz 1 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof
über die Kosten, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird. Nach Artikel 69 § 2
der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen; gemäß Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der
Gerichtshof die Kosten teilen oder beschließen, daß jede Partei ihre eigenen
Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt oder wenn ein
außergewöhnlicher Grund gegeben ist.
- 80.
- In der vorliegenden Rechtssache ist die Kommission unterlegen; die
Beschwerdeführerinnen und Klägerinnen im erstinstanzlichen Verfahren haben sich
jedoch nicht am Rechtsmittelverfahren beteiligt und folglich keinen Kostenantrag
gestellt. Unter diesen Umständen ist gemäß Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung
zu entscheiden, daß die Kommission und die Französische Republik ihre eigenen
Kosten tragen. Die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Spanien und das
Königreich der Niederlande tragen gemäß Artikel 69 § 4 der Verfahrensordnung
ebenfalls ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Bundesrepublik
Deutschland, das Königreich Spanien, die Französische Republik und das
Königreich der Niederlande tragen ihre eigenen Kosten.
Rodríguez IglesiasGulmann
Ragnemalm
Wathelet Mancini Moitinho de Almeida
Kapteyn Murray Edward Puissochet
Hirsch Jann Sevón
|
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 2. April 1998.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
G. C. Rodríguez Iglesias