Language of document : ECLI:EU:T:2023:498

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

6. September 2023(*)

„Unionsmarke – Anmeldung einer Unionsmarke, die in der Anbringung der Farben Rot und Weiß auf einer quaderförmigen Verpackung besteht – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 – Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen – Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001“

In der Rechtssache T‑277/22,

Groz-Beckert KG mit Sitz in Albstadt (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt M. Nielen und Rechtsanwältin U. Kaufmann

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Ringelhann und T. Klee als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann (Berichterstatter) sowie der Richter R. Mastroianni und T. Tóth,

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2023

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage beantragt die Klägerin, die Groz-Beckert KG, die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 2. März 2022 (Sache R 1444/2021-5) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) aufzuheben.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 22. Mai 2020 meldete die Klägerin beim EUIPO das folgende Farb-Positionszeichen als Unionsmarke an:

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3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 7 und 26 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 7: „Teile und Baugruppen für Näh‑, Strick‑, Stick‑, Kettenwirk‑, Schusswirk‑, Nähwirk‑, Bortenhäkel‑, Stepp- und Verkettungsmaschinen für gewerbliche Zwecke, nämlich Nadeln, Nadelplatten, nadelförmige Teile, Nadelmodule, Wirkplatinen, Wirkplatinenmodule, Schieber, Schiebermodule, Lochnadelmodule und Sinkermodule; Teile und Baugruppen für Tuftingmaschinen für gewerbliche Zwecke, nämlich Nadeln, Nadelplatten, nadelförmige Teile, Nadelmodule, Messer, Messermodule, Rietfinger, Rietfingermodule, Greifer und Greifermodule; Teile und Baugruppen für Filzmaschinen für gewerbliche Zwecke, nämlich Filznadeln, Nadelplatten und nadelförmige Teile“;

–        Klasse 26: „Nadeln und nadelförmige Teile für Näh‑, Strick‑, Stick‑, Kettenwirk‑, Schusswirk‑, Nähwirk‑, Bortenhäkel‑, Stepp- und Verkettungsmaschinen für gewerbliche Zwecke; Nadeln und nadelförmige Teile für Tuftingmaschinen für gewerbliche Zwecke; Nadeln und nadelförmige Teile für Filzmaschinen für gewerbliche Zwecke“.

4        Mit Entscheidung vom 30. Juni 2021 wies der Prüfer die Anmeldung der Marke gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) zurück.

5        Am 20. August 2021 legte die Klägerin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung des Prüfers ein.

6        Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 habe. Sie ging davon aus, dass der Aufmerksamkeitsgrad von Fachverbrauchern der Textilbranche, an die sich die betreffenden Waren richteten, „leicht erhöht“ sei. Darüber hinaus sei auf die Wahrnehmung aller maßgeblichen Verkehrskreise innerhalb der Europäischen Union abzustellen. Die Beschwerdekammer räumte ein, dass bei einem Zeichen, das aus einer Farbe oder aus einer Farbkombination bestehe, die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke anders wahrnähmen als eine Wortmarke, und führte aus, dass die Verbraucher üblicherweise nicht allein aus der farblichen Gestaltung der Verpackung auf die Herkunft einer Ware schlössen. Zur originären Unterscheidungskraft der in Rede stehenden Marke stellte die Beschwerdekammer fest, dass die angemeldete rechteckige Fläche in den Farben Weiß und Rot, angebracht auf einer der Stirnseiten einer länglichen Verpackung, nicht ausreichend sei, damit die maßgeblichen Verkehrskreise in dem angemeldeten Zeichen einen Hinweis auf die Herkunft der von der angemeldeten Marke erfassten Produkte, im Wesentlichen industrielle Maschinennadeln, nadelförmige Teile, Module und Platinen für Textilmaschinen, erkennen würden. Das angemeldete Zeichen wirke für die von der Anmeldung erfassten Waren in erster Linie funktional, nämlich als Etikett. Darüber hinaus könne es auch als ornamentales Element der Verpackung wahrgenommen werden. Die Beschwerdekammer kam zu dem Schluss, dass das fragliche Zeichen nicht geeignet sei, für die von der angemeldeten Marke erfassten Waren als Hinweis auf die betriebliche Herkunft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zu dienen.

 Anträge der Parteien

7        Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

8        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Beweise

9        Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung Dokumente vorgelegt, die Beweise enthielten, die der Beschwerdekammer nicht übermittelt worden waren, sondern erstmals vor dem Gericht vorgelegt wurden. Zum einen hat sie insbesondere Fotos von Verpackungen vorgelegt, die in Warenlagern nach ihrer farblichen Gestaltung sortiert und eingeordnet seien, was eine einfachere Identifizierung der betrieblichen Herkunft dieser Waren ermögliche. Zum anderen hat sie Fotos von Lagern in China vorgelegt, in denen sich gefälschte Waren befänden, deren Verpackungen der farblichen Gestaltung des Rechtecks ähnelten oder entsprächen, das auf den Verpackungen der von ihr vertriebenen Waren angebracht sei.

10      Diese Unterlagen, die erstmals vor dem Gericht vorgelegt wurden, können nicht berücksichtigt werden. Die Klage beim Gericht ist nämlich auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 72 der Verordnung 2017/1001 gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen. Somit sind die genannten Dokumente zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, EU:T:2005:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

11      Außerdem sind Beweise und Beweisangebote nach Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts im Rahmen des ersten Schriftsatzwechsels vorzulegen. Gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung können die Hauptparteien, sofern die Verspätung der Vorlage gerechtfertigt ist, ausnahmsweise noch vor Abschluss des mündlichen Verfahrens oder vor einer Entscheidung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden, Beweise oder Beweisangebote vorlegen.

12      Im vorliegenden Fall wurden diese Beweise, die weder Teil der Klageschrift oder ihrer Anlagen noch der Verfahrensakte vor der Beschwerdekammer waren, zum ersten Mal in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht vorgelegt, ohne dass die Klägerin versucht hätte, die verspätete Vorlage zu rechtfertigen. Sie sind daher gemäß Art. 85 Abs. 1 und 3 der Verfahrensordnung und entsprechend der oben in Rn. 11 wiedergegebenen Rechtsprechung für unzulässig zu erklären.

 Zur Begründetheit

13      Die Klägerin stützt sich auf zwei Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 95 Abs. 1 dieser Verordnung geltend macht. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Beschwerdekammer sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass es dem angemeldeten Zeichen an Unterscheidungskraft fehle. Hierzu führt sie im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes aus, dass die Beschwerdekammer nicht von Amts wegen den relevanten Sachverhalt ermittelt habe, auf dessen Grundlage sie die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens hätte beurteilen können. Soweit der zweite Klagegrund ebenso wie der erste Klagegrund auf die Beurteilung der Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens durch die Beschwerdekammer abstellt, sind sie gemeinsam zu prüfen.

14      Zunächst macht die Klägerin geltend, dass den Besonderheiten der angemeldeten Marke als „Farb-Positionszeichen“ von der Beschwerdekammer unzureichend Rechnung getragen worden sei. Sie bringt sodann vor, dass sich die von dieser Marke erfassten Waren an ein spezialisiertes Publikum richteten, das eine Veranlassung dazu habe, die Gestaltung und Positionierung der Farben auf der Verpackung als Herkunftshinweis auf die von ihr vertriebenen Waren zu verstehen. Darüber hinaus habe die Beschwerdekammer die Sachlage in rechtlicher Hinsicht fehlerhaft beurteilt, indem sie den von den Farben des angemeldeten Zeichens hervorgerufenen Eindruck als nicht unüblich qualifiziert habe. Die Beschwerdekammer habe es versäumt, den Eindruck zu berücksichtigen, den die Kombination der Farben bei den maßgeblichen Verkehrskreisen hervorrufe, wobei nicht der Eindruck der jeweiligen Farben für sich entscheidend sei; außerdem sei die angefochtene Entscheidung widersprüchlich, da das angemeldete Zeichen sowohl als dekorativ als auch als funktional betrachtet werde. Schließlich habe die Beschwerdekammer gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, da lediglich Waren von Wettbewerbern begutachtet worden seien, ohne nachzuweisen, dass es ähnliche Waren auf dem Markt gebe, bei denen es sich nicht um Nachahmungen der Waren der Klägerin handele.

15      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

16      Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

17      Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 bedeutet, dass die fragliche Marke geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder Dienstleistung somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteile vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, EU:C:2004:258, Rn. 34, und vom 28. Januar 2015, Enercon/HABM [Abstufung der Farbe Grün in fünf Töne], T‑655/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:49, Rn. 22).

18      Ferner ist zu beachten, dass nach der zu Farbmarken und zu Farbkombinationsmarken ergangenen Rechtsprechung, die auf Farbpositionsmarken übertragen werden kann, Farben oder Farbkombinationen zum Zeitpunkt der Markenanmeldung die folgenden drei Voraussetzungen erfüllen müssen, um eine Marke darstellen zu können: Erstens müssen sie ein Zeichen sein. Zweitens muss sich dieses Zeichen grafisch darstellen lassen. Drittens muss dieses Zeichen geeignet sein, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteil vom 28. Januar 2015, Abstufung der Farbe Grün in fünf Töne, T‑655/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:49, Rn. 23; vgl. auch entsprechend Urteile vom 6. Mai 2003, Libertel, C‑104/01, EU:C:2003:244, Rn. 23, und vom 24. Juni 2004, Heidelberger Bauchemie, C‑49/02, EU:C:2004:384, Rn. 22).

19      Für die Frage, ob Farben oder Farbkombinationen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, ist zu prüfen, ob sie für die Vermittlung eindeutiger Informationen, insbesondere über die Herkunft einer Ware oder einer Dienstleistung, geeignet sind (Urteile vom 28. Januar 2015, Abstufung der Farbe Grün in fünf Töne, T‑655/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:49, Rn. 24, und vom 27. September 2018, Demp/EUIPO [Kombination der Farben Gelb und Grau], T‑595/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:609, Rn. 21; vgl. auch entsprechend Urteil vom 24. Juni 2004, Heidelberger Bauchemie, C‑49/02, EU:C:2004:384, Rn. 37).

20      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Farben zwar bestimmte gedankliche Verbindungen vermitteln und Gefühle hervorrufen können, ihrer Natur nach aber kaum geeignet sind, eindeutige Informationen zu vermitteln. Sie sind dies umso weniger, als sie in der Werbung und bei der Vermarktung von Waren und Dienstleistungen wegen ihrer Anziehungskraft gewöhnlich in großem Umfang ohne eindeutigen Inhalt verwendet werden (Urteil vom 27. September 2018, Kombination der Farben Gelb und Grau, T‑595/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:609, Rn. 22; vgl. auch entsprechend Urteil vom 24. Juni 2004, Heidelberger Bauchemie, C‑49/02, EU:C:2004:384, Rn. 38).

21      Von außergewöhnlichen Umständen abgesehen, kommt Farben nicht von vornherein Unterscheidungskraft zu, sie können diese jedoch eventuell infolge einer Benutzung im Zusammenhang mit den Waren oder Dienstleistungen erlangen, für die sie als Unionsmarke angemeldet werden (vgl. Beschluss vom 21. Januar 2016, Enercon/HABM, C‑170/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:53, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). So kann eine Farbe als solche für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangen. Dass einer Farbe als solcher unabhängig von ihrer Benutzung Unterscheidungskraft zukommt, ist dagegen nur unter außergewöhnlichen Umständen vorstellbar, wenn etwa die Zahl der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet wird, sehr beschränkt und der maßgebliche Markt sehr spezifisch ist (Urteil vom 27. September 2018, Kombination der Farben Gelb und Grau, T‑595/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:609, Rn. 23).

22      Zudem ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer bestimmten Farbe oder Farbkombination als Marke das Allgemeininteresse zu berücksichtigen, das daran besteht, dass die Verfügbarkeit der Farben für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die Waren oder Dienstleistungen der von der Anmeldung erfassten Art anbieten, nicht ungerechtfertigt beschränkt wird (Urteil vom 27. September 2018, Kombination der Farben Gelb und Grau, T‑595/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:609, Rn. 24; vgl. auch entsprechend Urteile vom 6. Mai 2003, Libertel, C‑104/01, EU:C:2003:244, Rn. 60, und vom 24. Juni 2004, Heidelberger Bauchemie, C‑49/02, EU:C:2004:384, Rn. 41).

23      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Unterscheidungskraft eines Zeichens nur im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die es angemeldet worden ist, und in Bezug auf seine Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise beurteilt werden kann (Urteile vom 12. November 2008, GretagMacbeth/HABM [Kombination von 24 Farbkästchen], T‑400/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:492, Rn. 37, und vom 27. September 2018, Kombination der Farben Gelb und Grau, T‑595/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:609, Rn. 25).

24      Das Vorbringen der Klägerin, wonach es der angemeldeten Marke nicht an Unterscheidungskraft fehle, ist im Licht der oben in den Rn. 17 bis 23 dargelegten Erwägungen zu prüfen.

25      Die maßgeblichen Verkehrskreise bestehen, wie von der Beschwerdekammer angenommen, aus gewerblichen Abnehmern der von der angemeldeten Marke erfassten Waren. Da die angemeldete Marke keinerlei Sprachkenntnisse voraussetzt, um gelesen und verstanden zu werden, umfassen die maßgeblichen Verkehrskreise außerdem alle maßgeblichen Verkehrskreise innerhalb der Europäischen Union. Die Klägerin ist diesen Feststellungen nicht entgegengetreten. Im Unterschied zu den Annahmen der Beschwerdekammer hat die Klägerin aber sowohl in ihren Schriftsätzen als auch erneut in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise nicht nur leicht, sondern besonders erhöht sei, da es sich um hochspezialisierte Waren handele.

26      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 zwar nicht nach der Art der Zeichen unterscheidet, ein Zeichen, das aus einer Farbe oder einer Farbkombination als solcher besteht, von den maßgeblichen Verkehrskreisen aber nicht notwendig in der gleichen Weise wahrgenommen wird wie eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht, das vom Erscheinungsbild der mit ihr gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Ist das Publikum es auch gewohnt, Wort- oder Bildmarken unmittelbar als Zeichen aufzufassen, die auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der Ware hinweisen, so gilt das Gleiche nicht zwingend für Zeichen, die mit dem Erscheinungsbild der Ware, für die sie angemeldet wurden, verschmelzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Juli 2017, Basic Net/EUIPO [Darstellung dreier vertikaler Streifen], T‑612/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:537, Rn. 20).

27      Im vorliegenden Fall werden die von der angemeldeten Marke erfassten Waren nur von Fachverbrauchern der Textilbranche gekauft, die darauf achten müssen, dass die Kompatibilität der Waren mit den Textilmaschinen gewährleistet ist. Der Aufmerksamkeitsgrad ist zwar höher als im Durchschnitt, jedoch ist im Einklang mit der oben in Rn. 26 wiedergegebenen Rechtsprechung – nach der die Verkehrskreise es nicht zwangsläufig gewohnt sind, ein Zeichen unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware aufzufassen, wenn es mit dem Erscheinungsbild der Ware, für die es angemeldet wurde, verschmilzt – festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht von einem leicht erhöhten Aufmerksamkeitsgrad ausgegangen ist.

28      Hinsichtlich der Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke ist die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer zu bestätigen, dass die konkrete Verpackung der betroffenen Waren für die maßgeblichen Verkehrskreise nicht ungewöhnlich ist.

29      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die angemeldete Marke aus zwei Farben besteht, nämlich Weiß und „Mittelrot“. Diese Farben sind auf einer quaderförmigen, länglichen Verpackung angebracht, wobei sich auf einer der Stirnseiten ein weißes Rechteck befindet, über dem ein horizontaler, rot gefärbter Streifen angebracht ist, jeweils mit abgerundeten Ecken. Dieses zweifarbige Rechteck ist auf der Stirnseite der Verpackung mehr oder weniger mittig positioniert und nimmt diese Stirnseite fast vollständig ein.

30      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer zu Recht davon ausgegangen ist, dass das zweifarbige, rot-weiße Rechteck, das auf einer der Stirnseiten der quaderförmigen Verpackung angebracht ist, als Etikett wahrgenommen werden kann, auf dem eine individuelle Beschriftung angebracht werden soll, da ein weißer Hintergrund als Kontrast dienen kann, um die Lesbarkeit der Beschriftung zu verbessern.

31      Es ist allgemein bekannt, dass Etiketten, die der Beschriftung von Verpackungen dienen, rechteckig sind, ähnlich wie die Form der angemeldeten Marke. Darüber hinaus werden die Erwägungen der Beschwerdekammer zum nicht ungewöhnlichen Charakter der angemeldeten Marke durch die eingehende Prüfung – anhand der von der Klägerin selbst vorgelegten Beispiele – der Formen und Farben der Verpackungen bestätigt, die in der in Rede stehenden Branche Verwendung finden. Wie aus den Rn. 30 bis 33 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, weisen alle diese Verpackungen auf einer Stirnseite ein vorwiegend weißes, rechteckiges Etikett mit abgerundeten Ecken auf. Drei der Wettbewerber verwenden derartige Etiketten mit einer zweifarbigen Gestaltung, die jener der angemeldeten Marke ähnelt. Im Übrigen ist aus den von der Klägerin übermittelten Beispielen ersichtlich, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass die Etiketten auf den Verpackungen einen farbig gestalteten Streifen aufweisen, der zur Hervorhebung des Herstellernamens dient.

32      Daraus ergibt sich, dass es auf dem betroffenen Markt nicht ungewöhnlich ist, dass sich die maßgeblichen Verkehrskreise mit weißen Etiketten konfrontiert sehen, die oft auch zweifarbig gestaltet und auf der Stirnseite der Verpackungen der in Rede stehenden Waren angebracht sind. Insoweit hat die Klägerin, wie von der Beschwerdekammer zutreffend ausgeführt, selbst bestätigt, dass die Nadeln bei den Kunden im Allgemeinen so gelagert würden, dass die Stirnseite der Verpackung der Identifizierung sowohl der Waren als auch der jeweiligen Hersteller diene. Anders ausgedrückt hat die Klägerin gegenüber den Dienststellen des EUIPO indirekt den funktionalen Charakter der betreffenden Verpackung und insbesondere des auf einer ihrer Stirnseiten angebrachten rechteckigen Etiketts, und damit auch ihre Gebräuchlichkeit, eingeräumt.

33      Im Übrigen ist der Verweis der Klägerin auf das Urteil vom 16. Dezember 2020, Voco/EUIPO (Form einer Verpackung) (T‑118/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:604), nicht einschlägig, da das Gericht dort im Unterschied zur vorliegenden Rechtssache festgestellt hat, dass die vom Prüfer zur Beurteilung der Gebräuchlichkeit der angemeldeten Marke berücksichtigten Beispiele erheblich von der Form der Anmeldemarke abweichen (Urteil vom 16. Dezember 2020, Form einer Verpackung, T‑118/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:604, Rn. 42 und 43).

34      Nach alledem hat die Beschwerdekammer in Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass eine rechteckige Fläche in den Farben Weiß und Rot, die auf einer der Stirnseiten einer länglichen Verpackung angebracht ist, die als Unionsmarke angemeldet wird, nicht dafür ausreicht, dass die maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen als Hinweis auf die Herkunft der von der angemeldeten Marke betroffenen Waren erkennen. Folglich hat die Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin keinen Beurteilungsfehler begangen, als sie festgestellt hat, dass die angemeldete Marke nicht ungebräuchlich sei, und zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es dieser an Unterscheidungskraft fehle.

35      Das übrige Vorbringen der Klägerin in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung ist nicht dazu angetan, diese Schlussfolgerung in Frage zu stellen.

36      Als Erstes ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Beschwerdekammer das angemeldete Zeichen nicht in seiner Gesamtheit geprüft habe. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass entgegen den Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines zusammengesetzten Zeichens dieses zwar in seiner Gesamtheit zu betrachten ist, dies jedoch einer vorherigen Prüfung der einzelnen Bestandteile, aus denen es sich zusammensetzt, nicht entgegensteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. November 2010, Deutsche Bahn/HABM [Senkrechte Kombination der Farben Grau und Rot], T‑405/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:467, Rn. 27).

37      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer, wie aus den Rn. 27 bis 37 der angefochtenen Entscheidung klar hervorgeht, die unterschiedlichen Bestandteile des angemeldeten Zeichens geprüft und ist in Rn. 37 dieser Entscheidung ausdrücklich zu dem Schluss gelangt, dass „dem Gesamtzeichen … das notwendige Mindestmaß an originärer Unterscheidungskraft [nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 fehlt]“.

38      Folglich kann der angefochtenen Entscheidung klar entnommen werden, dass die Beschwerdekammer vor einer Betrachtung des angemeldeten Zeichens in seiner Gesamtheit eine vorherige Prüfung eines jeden seiner Bestandteile vorgenommen hat, um sodann zu dem Ergebnis zu gelangen, dass es ihm an originärer Unterscheidungskraft fehle.

39      Als Zweites hat die Klägerin vorgebracht, dass die angefochtene Entscheidung widersprüchlich sei, da darin gleichzeitig ausgeführt werde, dass das angemeldete Zeichen ein dekoratives Element enthalte und dass es in erster Linie funktional sei.

40      Dieses Vorbringen ist als unbegründet zurückzuweisen. In den Rn. 29 und 37 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer nämlich darauf hingewiesen, dass der weiße Hintergrund der rechteckigen Fläche, die auf einer der Stirnseiten der Verpackungen angebracht sei und deren Etikettierung diene, funktional sei. In Rn. 37 hat die Beschwerdekammer außerdem ausgeführt, dass die rechteckige Fläche in den Farben Weiß und Rot auch als ornamentales Element der Verpackung wahrgenommen werden könne. Diese Erwägungen der Beschwerdekammer sind jedoch nicht widersprüchlich, da nichts dagegenspricht, dass ein Bestandteil eines zusammengesetzten Zeichens, im vorliegenden Fall eine Farbe, sowohl dekorativ als auch funktional sein kann, was die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung grundsätzlich eingeräumt hat. Es ist nämlich festzustellen, dass die rechteckige Fläche in den Farben Weiß und Rot als Etikett dienen und daher hauptsächlich funktionalen Charakter haben kann. Gleichzeitig kann die spezielle Anordnung der Farben auch als dekorativ wahrgenommen werden.

41      Als Drittes macht die Klägerin geltend, dass die Beschwerdekammer die Voreintragungen und ihre Bedeutung für die Beurteilung des angemeldeten Zeichens nicht hinreichend berücksichtigt habe.

42      Es ist darauf hinzuweisen, dass die vom EUIPO gemäß der Verordnung 2017/1001 über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke zu treffenden Entscheidungen gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen sind. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Verwaltungspraxis der Beschwerdekammern zu beurteilen (Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65).

43      Das EUIPO ist verpflichtet, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, einschließlich des Grundsatzes der Gleichbehandlung und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung, auszuüben (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 73). Nach diesen beiden Grundsätzen muss das EUIPO seine zu ähnlichen Anmeldungen bereits ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, wobei die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang zu bringen ist (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 74 und 75).

44      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer zunächst auf die in den Rn. 39 und 40 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Rechtsprechung verwiesen und anschließend die von der Klägerin übermittelten, in Rn. 7 der angefochtenen Entscheidung angeführten Voreintragungen geprüft. Außerdem hat sie die von der Klägerin angeführten Voreintragungen vom angemeldeten Zeichen abgegrenzt und darauf hingewiesen, dass den Voreintragungen im Gegensatz zum angemeldeten Zeichen der utilitäre Charakter fehle. Die Beschwerdekammer hat insbesondere zu Recht festgestellt, dass, während die Farben Rot und Weiß des auf einer der Stirnseiten der Verpackung angebrachten Rechtecks dessen Verwendung als Etikett offensichtlich machten, die Voreintragungen eher willkürlich ausgestaltet zu sein schienen.

45      Folglich hat die Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin die von dieser übermittelten Voreintragungen berücksichtigt und besonderes Augenmerk auf die Frage gerichtet, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht.

46      Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

47      Als Letztes macht die Klägerin geltend, dass die Beschwerdekammer unter Verstoß gegen Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 nur diejenigen Waren von Wettbewerbern geprüft habe, die von der Klägerin übermittelt worden seien, obwohl die Klägerin der Beschwerdekammer mitgeteilt habe, dass es sich dabei teilweise um Nachahmungen ihrer Produkte handele. Die Beschwerdekammer habe dadurch gegen den in Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 vorgesehenen Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen, dass sie lediglich auf die von der Klägerin übermittelten Beispiele Bezug genommen habe, ohne nachzuweisen, dass es auf dem Markt ähnliche Waren gebe, bei denen es sich nicht um Nachahmungen der in Rede stehenden Waren handele.

48      Gemäß Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 haben die Prüfer des EUIPO und, auf Beschwerde, seine Beschwerdekammern von Amts wegen den Sachverhalt zu ermitteln, um festzustellen, ob die angemeldete Marke unter eines der Eintragungshindernisse dieser Verordnung fällt. Infolgedessen können sie sich veranlasst sehen, ihre Entscheidung auf Tatsachen zu stützen, die vom Anmelder nicht angeführt worden sind (Urteil vom 19. April 2007, HABM/Celltech, C‑273/05 P, EU:C:2007:224, Rn. 38).

49      Aus der Rechtsprechung ergibt sich außerdem, dass Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 Ausdruck der Sorgfaltspflicht ist, der zufolge die zuständige Behörde alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Einzelfalls sorgfältig und unparteiisch zu untersuchen hat (vgl. Urteil vom 21. April 2021, Robert Klingel/EUIPO [MEN+], T‑345/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:209, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Gleichwohl lässt sich den von der Klägerin erhobenen Rügen im vorliegenden Fall kein Verstoß der Beschwerdekammer gegen ihre Sorgfaltspflicht entnehmen.

51      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die von der auf dem Gebiet der Marken zuständigen Behörde vorgenommene Prüfung streng und vollständig sein muss, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu vermeiden (vgl. Urteil vom 8. Juni 2005, Wilfer/HABM [ROCKBASS], T‑315/03, EU:T:2005:211, Rn. 20). Im Übrigen ergibt sich aus einer ständigen Rechtsprechung, dass, soweit ein Kläger geltend macht, dass eine angemeldete Marke ungeachtet der vom EUIPO vorgenommenen Beurteilung Unterscheidungskraft habe, es seine Sache ist, durch konkrete und fundierte Angaben darzulegen, dass die angemeldete Marke originäre Unterscheidungskraft besitzt (vgl. Urteil vom 28. September 2010, Rosenruist/HABM [Darstellung zweier Kurven auf einer Hosentasche], T‑388/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:410, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch entsprechend Urteil vom 21. November 2018, Bopp/EUIPO [Darstellung eines gleichwinkeligen Achtecks], T‑460/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:816, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      Im vorliegenden Fall hat sich die Beschwerdekammer auf Tatsachen gestützt, die allgemein auf der praktischen Erfahrung mit der Vermarktung der in Rede stehenden Waren beruhen, und hat auf dieser Grundlage festgestellt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Marke so wahrnähmen, dass sie dekorative und funktionale Bestandteile enthalte, nicht aber einen Hinweis auf die Herkunft der Waren. Ihr kann daher nicht vorgeworfen werden, die angemeldete Marke nicht streng und vollständig geprüft zu haben, da sie den Sachverhalt in Bezug auf die Üblichkeit des rechteckigen Etiketts in den Farben Weiß und Rot, das auf der Verpackung der in Rede stehenden Waren angebracht ist, hinreichend ermittelt hat.

53      Sodann ist – wenn man unterstellt, dass es auf dem Markt Waren gibt, bei denen es sich zum Teil, wie es die Klägerin in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, um Nachahmungen der von der angemeldeten Marke erfassten Waren handelt –, festzustellen, dass die Existenz solcher Nachahmungen auf dem Markt für die Beurteilung der originären Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise ohne Belang ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2019, Gibson Brands/EUIPO – Wilfer [Form eines Gitarrenkorpus], T‑340/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:455, Rn. 40).

54      Soweit die Klägerin hinsichtlich der Ungewöhnlichkeit bzw. der Unüblichkeit des Etiketts und der Verpackung des angemeldeten Zeichens einen Verstoß gegen Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 geltend macht, ist schließlich festzustellen, dass sie es in Wahrheit dabei bewenden lässt, die gleichen Argumente vorzubringen wie bereits im Hinblick auf die Beurteilung der originären Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens durch die Beschwerdekammer. Aus den Rn. 28 bis 45 des vorliegenden Urteils ergibt sich jedoch, dass diese Argumente nicht stichhaltig sind.

55      Demnach ist die Rüge, mit der die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 95 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 geltend macht, zurückzuweisen und folglich die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

56      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

57      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Groz-Beckert KG trägt die Kosten.

Spielmann

Mastroianni

Tóth

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. September 2023.

Der Kanzler

 

Der Präsident

V. Di Bucci

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.