Language of document : ECLI:EU:T:2011:480

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

15. September 2011(*)

„Gemeinschaftsmarke – Verfallsverfahren – Gemeinschaftswortmarke CENTROTHERM – Ernsthafte Benutzung der Marke – Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑427/09

centrotherm Clean Solutions GmbH & Co. KG mit Sitz in Blaubeuren (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt O. Löffel,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider und R. Manea als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Verfahrensbeteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM und Streithelferin vor dem Gericht:

Centrotherm Systemtechnik GmbH mit Sitz in Brilon (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Albrecht und U. Vormbrock,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 25. August 2009 (Sache R 6/2008‑4) zu einem Verfallsverfahren zwischen der centrotherm Clean Solutions GmbH & Co. KG und der Centrotherm Systemtechnik GmbH

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten E. Moavero Milanesi sowie der Richter N. Wahl (Berichterstatter) und S. Soldevila Fragoso,

Kanzlerin: T. Weiler, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 22. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 26. Januar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortungen des HABM und der Streithelferin,

aufgrund der Anträge der Verfahrensbeteiligten auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung,

aufgrund des Beschlusses vom 30. März 2011, die Rechtssachen T‑427/09 und T‑434/09 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren zu verbinden,

auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2011

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 7. September 1999 meldete die Streithelferin, die Centrotherm Systemtechnik GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen CENTROTHERM.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 11, 17, 19 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 11: „Heizungsabgasleitungen, Rauchzüge für Schornsteine, Rohre für Heizungskessel; Ansatzstücke für Gasbrenner; mechanische Teile von Heizungs-, Klima-, Dampferzeugungs-, Trocken- und Lüftungsanlagen; Luftfiltergeräte und deren Teile; mechanische Teile von Gasanlagen; Rohrleitungshähne; Schornsteinschieber“;

–        Klasse 17: „Rohrverbindungsstücke, Rohrmuffen, Leitungsarmierungen, Schläuche, sämtliche zuvor genannten Waren nicht aus Metall; Dichtungen, Dichtungsmittel; Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; teilweise bearbeitete Kunststoffe (Halbfabrikate); Waren aus Kunststoff, soweit in Klasse 17 enthalten“;

–        Klasse 19: „Baumaterialien; Rohre, Rohrleitungen, insbesondere für Bauzwecke; Wasserleitungen, Abzweigrohre; Armierungen für Bauzwecke; Mauer- und Wandverkleidungsteile, Bauplatten, Platten; Verlängerungsstücke für Schornsteine, Schornsteinröhren, Schornsteinaufsätze, Schornsteinhauben, Schornsteinmäntel, sämtliche zuvor genannten Waren nicht aus Metall“;

–        Klasse 42: „Bauberatung, Konstruktionsplanung, Dienstleistungen eines Ingenieurs, technische Projektplanung; Erstellung technischer Gutachten“.

4        Die Marke CENTROTHERM wurde am 19. Januar 2001 für die vorstehend in Randnr. 3 aufgeführten Waren und Dienstleistungen als Gemeinschaftsmarke eingetragen.

5        Am 7. Februar 2007 stellte die Klägerin, die centrotherm Clean Solutions GmbH & Co. KG, beim HABM nach Art. 15 und Art. 50 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 15 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009) einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der Marke CENTROTHERM für alle eingetragenen Waren und Dienstleistungen.

6        Der Antrag auf Erklärung des Verfalls wurde der Streithelferin am 15. Februar 2007 mit dem Hinweis zugestellt, dass sie innerhalb einer Frist von drei Monaten eine Stellungnahme und Nachweise für die ernsthafte Benutzung der streitigen Marke einreichen könne.

7        In ihrer Stellungnahme vom 11. Mai 2007 trat die Streithelferin dem Antrag auf Erklärung des Verfalls entgegen und reichte zum Nachweis der ernsthaften Benutzung ihrer Marke folgende Unterlagen ein:

–        14 Digitalfotos;

–        vier Rechnungen;

–        eine als „Eidesstattliche Versicherung“ bezeichnete Erklärung von Herrn W. in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Streithelferin.

8        Die Streithelferin teilte mit, dass sie im Besitz zahlreicher weiterer Rechnungskopien sei, die sie aus Gründen der Vertraulichkeit vorerst nicht vorlegen wolle. Sie sei in der Lage, weitere Unterlagen einzureichen, und bitte die Nichtigkeitsabteilung des HABM für den Fall, dass weitere Beweismittel und Einzelunterlagen zu den Akten genommen werden sollten, um den Erlass einer entsprechenden verfahrensleitenden Verfügung.

9        Am 30. Oktober 2007 erklärte die Nichtigkeitsabteilung die Marke CENTROTHERM mit der Begründung für verfallen, dass die von der Streithelferin vorgelegten Nachweise nicht ausreichten, um die ernsthafte Benutzung der Marke zu belegen.

10      Am 14. Dezember 2007 legte die Streithelferin gegen diese Entscheidung Beschwerde ein, der die Vierte Beschwerdekammer des HABM mit Entscheidung vom 25. August 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) teilweise stattgab.

11      Die Beschwerdekammer hob die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung auf und wies den Antrag auf Verfallserklärung zurück hinsichtlich der Waren „Heizungsabgasleitungen, Rauchzüge für Schornsteine, Rohre für Heizungskessel; Ansatzstücke für Gasbrenner; mechanische Teile von Heizungsanlagen; mechanische Teile von Gasanlagen; Rohrleitungshähne; Schornsteinschieber“ in Klasse 11, „Rohrverbindungsstücke, Rohrmuffen, Leitungsarmierungen, Schläuche, sämtliche zuvor genannten Waren nicht aus Metall“ in Klasse 17 und „Rohre, Rohrleitungen, insbesondere für Bauzwecke; Abzweigrohre; Schornsteinröhren“ in Klasse 19. Im Übrigen wies die Beschwerdekammer die Beschwerde zurück.

12      Die Beschwerdekammer war insbesondere der Auffassung, dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke CENTROTHERM innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren vor der Stellung des Antrags auf Verfallserklärung am 7. Februar 2007 (im Folgenden: maßgeblicher Zeitraum) für die in der vorstehenden Randnr. 11 aufgeführten Waren erbracht worden sei, da die von der Streithelferin vorgelegten Fotos die Art der Markenbenutzung zeigten und die eingereichten Rechnungen belegten, dass die genannten Waren unter der streitigen Marke vertrieben worden seien.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

13      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit durch diese der Antrag auf Erklärung des Verfalls der Marke CENTROTHERM zurückgewiesen wurde;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

14      Das HABM und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

15      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund eine fehlerhafte Würdigung der Beweise geltend. Die Beschwerdekammer habe mit ihrer Feststellung, dass die von der Streithelferin vorgelegten Beweismittel für den Nachweis der ernsthaften Benutzung der streitigen Marke ausreichten, gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst a der Verordnung Nr. 207/2009 sowie gegen Regel 40 Abs. 5 und Regel 22 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) in geänderter Fassung verstoßen.

16      Nach Ansicht der Klägerin hat die Beschwerdekammer mit ihrer Beurteilung die sich aus den einschlägigen Bestimmungen und der Rechtsprechung ergebenden Anforderungen verkannt, und zwar hinsichtlich des Nachweises der Art, des Ortes, der Zeit und des Umfangs der Benutzung einer Marke. Im Wesentlichen verweist die Klägerin darauf, dass die Fotos undatiert seien, dass auf den Rechnungen nicht die streitige Marke erscheine, sondern das Firmenzeichen der Streithelferin, dass die Eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Streithelferin keinen Beweiswert habe und dass diese verschiedenen Unterlagen insgesamt nicht belegen könnten, dass die auf den Fotos abgebildeten Waren tatsächlich im maßgeblichen Zeitraum vertrieben worden seien.

17      Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und macht geltend, dass die zu den Akten genommenen Unterlagen zwar bei separater Betrachtung keine genügenden Nachweise für eine ernsthafte Benutzung darstellten, aber sich zu einem Bild zusammenfügten, das keinen Zweifel daran lasse, dass die Benutzung der streitigen Marke als eine ernsthafte Benutzung anzusehen sei.

18      Die Streithelferin tritt dem Vorbringen der Klägerin ebenfalls entgegen. Sie räumt ein, dass die zu den Akten genommenen Fotos nach dem maßgeblichen Zeitraum aufgenommen worden seien, aber erachtet es für überzogen, von dem Inhaber einer Marke zu verlangen, dass er Fotos von Waren, die er vor mehreren Monaten oder sogar mehreren Jahren vertrieben habe, vorlege, die überdies ein Aufnahmedatum trügen, das in den maßgeblichen Zeitraum falle. Dies setzte nämlich voraus, dass der Markeninhaber vorsorglich und regelmäßig Fotos von all seinen Waren fertige und archiviere, um sie im Fall eines Verfallsverfahren vorlegen zu können. Ein solches Verlangen sei realitätsfern.

19      Weiter betont die Streithelferin die Merkmale des in Frage stehenden Marktes. Insoweit macht sie geltend, dass durch ihre Marke Waren und Dienstleistungen geschützt seien, die nicht an den Endverbraucher, sondern an Baufirmen geliefert oder erbracht würden. Die Waren würden im Wesentlichen nicht im Einzelhandel oder über das Internet angeboten, sondern gewerblichen Abnehmern direkt angeboten und geliefert. Dies bedeute, dass die von der Marke CENTROTHERM erfassten Waren weniger in Annoncen in Tageszeitungen und Zeitschriften, in Rundfunk und Fernsehen oder auf Internetseiten beworben würden, sondern vielmehr auf Fachmessen und in den Prospekten, Geschäftsbriefen und Rechnungen der Streithelferin. Die Marke werde hauptsächlich in der Weise benutzt, dass sie vor allem auf den Waren und deren Umverpackungen wie Kartons und Paletten angebracht werde.

20      Nach Angaben der Streithelferin ist es auf dem betreffenden Markt nicht üblich, eine Vielzahl von Produktmarken zu benutzen und zu bewerben. Während nämlich ein Abnehmer von Konsumgütern in der Regel zugleich viele gleichartige Produkte von einer Vielzahl unterschiedlicher Anbieter beziehe und sich dabei an den Marken orientieren müsse, kaufe ein Abnehmer der hier relevanten Waren in der Regel ein ganzes Spektrum an Waren, Zubehör und damit verbundenen Dienstleistungen über längere Zeiträume von einem einzigen Anbieter. Deshalb reiche der Firmenname oder das Firmenschlagwort in der Regel aus, um das ganze Warenspektrum markenmäßig zu kennzeichnen.

 Würdigung durch das Gericht

21      Einleitend sind das Verfahren und der Zweck, die der Sanktion des Verfalls zugrunde liegen, sowie die Grundsätze in Erinnerung zu rufen, nach denen sich die Beweiserhebung in einem Verfallsverfahren richtet.

22      Aus Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 ergibt sich, dass eine Gemeinschaftsmarke auf Antrag beim HABM für verfallen erklärt wird, wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Europäischen Union für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für ihre Nichtbenutzung vorliegen.

23      Regel 40 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2868/95 sieht vor, dass das HABM im Fall eines Antrags auf Erklärung des Verfalls dem Inhaber der Gemeinschaftsmarke eine Frist setzt, in der dieser den Nachweis für die Benutzung der Marke erbringt. Wird der Nachweis nicht innerhalb der gesetzten Frist erbracht, wird der Verfall der Gemeinschaftsmarke erklärt. Nach Regel 22 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95, der auf Anträge auf Verfallserklärung nach Regel 40 Abs. 5 dieser Verordnung anwendbar ist, muss sich der Benutzungsnachweis auf den Ort, die Zeit, den Umfang und die Art der Benutzung beziehen.

24      Der Normzweck des Erfordernisses, wonach eine Marke ernsthaft benutzt worden sein muss, um nach dem Unionsrecht geschützt zu sein, liegt darin, dass das Register des HABM nicht als ein strategisches und statisches Depot aufgefasst werden darf, das einem untätigen Rechtsinhaber auf unbestimmte Zeit ein rechtliches Monopol verschafft. Vielmehr soll dieses Register im Einklang mit dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 wahrheitsgetreu die Angaben widerspiegeln, die die Unternehmen tatsächlich auf dem Markt benutzen, um ihre Waren und Dienstleistungen im Wirtschaftsleben von anderen zu unterscheiden (vgl. in diesem Sinne entsprechend Beschluss des Gerichtshofs vom 27. Januar 2004, La Mer Technology, C‑259/02, Slg. 2004, I‑1159, Randnrn. 18 bis 22).

25      Nach der Rechtsprechung wird eine Marke ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der von ihrer Eintragung erfassten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, wobei symbolische Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen, ausgeschlossen sind. Überdies setzt die Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Marke voraus, dass die Marke so, wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (vgl. Urteil des Gerichts vom 27. September 2007, La Mer Technology/HABM – Laboratoires Goëmar [LA MER], T‑418/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Obwohl also der Begriff der ernsthaften Benutzung einen Gegensatz zu einer nur geringfügigen Benutzung darstellt, die nicht für die Annahme genügt, dass eine Marke auf einem bestimmten Markt wirklich und tatsächlich benutzt wurde, zielt das Erfordernis der ernsthaften Benutzung dennoch weder auf eine Bewertung des kommerziellen Erfolgs noch auf eine Überprüfung der Geschäftsstrategie eines Unternehmens oder darauf ab, den Markenschutz nur umfangreichen geschäftlichen Verwertungen von Marken vorzubehalten (Urteil des Gerichts vom 23. Februar 2006, Il Ponte Finanziaria/HABM – Marine Enterprise Projects [BAINBRIDGE], T‑194/03, Slg. 2006, II‑445, Randnr. 32).

27      Des Näheren ist, um in einem gegebenen Fall zu prüfen, ob die fragliche Marke ernsthaft benutzt wurde, eine umfassende Beurteilung der zu den Akten genommenen Unterlagen vorzunehmen, wobei alle relevanten Faktoren des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Eine solche Beurteilung hat anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu erfolgen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen können; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (vgl. Urteil LA MER, Randnrn. 53 bis 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Bezüglich des Umfangs der Benutzung der betreffenden Marke sind insbesondere das Handelsvolumen aller Benutzungshandlungen sowie die Länge des Zeitraums, in dem Benutzungshandlungen erfolgt sind, und die Häufigkeit dieser Handlungen zu berücksichtigen (vgl. Urteil LA MER, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den berücksichtigten Faktoren. So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren oder Dienstleistungen durch eine große Häufigkeit oder gewisse zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl. Urteil LA MER, Randnr. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Je begrenzter jedoch das Handelsvolumen der Markenverwertung ist, desto mehr besteht die Notwendigkeit, dass der Markeninhaber ergänzende Angaben liefert, die etwaige Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Benutzung der betreffenden Marke ausräumen können (Urteil des Gerichts vom 18. Januar 2011, Advance Magazine Publishers/HABM – Capela & Irmãos [VOGUE], T‑382/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 31).

30      Im Übrigen lässt sich die ernsthafte Benutzung einer Marke nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen (vgl. Urteil LA MER, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Anhand dieser Erwägungen ist zu beurteilen, ob die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertrat, dass die von der Streithelferin vorgelegten Nachweise eine ernsthafte Benutzung der Marke CENTROTHERM für die oben in Randnr. 11 aufgeführten Waren belegten. Nach Ansicht der Klägerin entbehrt die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung einer hinreichenden Tatsachengrundlage.

32      Im vorliegenden Fall bestehen die Nachweise, die der Nichtigkeitsabteilung von der Streithelferin unterbreitet wurden, um die ernsthafte Benutzung ihrer Marke zu belegen, in der Eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers, vier Rechnungen und 14 Digitalfotos.

33      Wie zunächst festzustellen ist, geht aus den Erwägungen der Beschwerdekammer nicht hervor, dass ihre Schlussfolgerung, dass für die oben in Randnr. 11 aufgeführten Waren eine ernsthafte Benutzung nachgewiesen worden sei, auf die Eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Streithelferin gestützt worden wäre. Wie nämlich aus den Randnrn. 26 bis 30 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, war es vielmehr die Wechselbeziehung zwischen der Beweiskraft der Fotos und der der vier Rechnungen, die die Beschwerdekammer zu der Feststellung führte, dass die ernsthafte Benutzung der Marke CENTROTHERM nachgewiesen worden sei. Die in den Randnrn. 27 und 31 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Bezugnahmen auf diese Erklärung gehen lediglich dahin, die Mängel der Erklärung und das Fehlen von zusätzlichen, ihren Inhalt stützenden Umständen aufzuzeigen.

34      Folglich ist zu prüfen, ob eine Gesamtbeurteilung der Fotos und der vier Rechnungen den Schluss zulässt, dass die streitige Marke nach Maßgabe der Grundsätze, die in der oben in den Randnrn. 25 bis 29 wiedergegebenen Rechtsprechung entwickelt wurden, ernsthaft benutzt wurde.

35      Insoweit ist hinsichtlich der vier Rechnungen festzustellen, dass drei von ihnen vom Juli 2006 datieren und Dänemark, Ungarn und die Slowakei betreffen, während eine vom Januar 2007 datiert und sich auf Deutschland bezieht. Das Wort „Centrotherm“ erscheint zusammen mit dem Logo der Streithelferin im Kopf dieser Rechnungen und fungiert als Name des Unternehmens sowie zur Angabe ihrer Postanschrift.

36      Diese Rechnungen weisen aus, dass zahlreiche Waren aus dem Sanitärbereich (Rohre, Muffen, Kesselanschlusssets, Revisionsbögen, Abdeckblenden für Abgassysteme) von der Streithelferin an vier Kunden für einen Betrag verkauft wurden, der unter Einbeziehung der Rechnung aus dem Jahr 2007 weniger als 0,03 % des Umsatzes entspricht, den die Streithelferin laut der Erklärung ihres Geschäftsführers im Jahr 2006 mit dem Verkauf von Waren unter der Marke CENTROTHERM erzielte.

37      Folglich hat die Streithelferin vor dem HABM im Verhältnis zu dem in der Erklärung ihres Geschäftsführers angegebenen Betrag relativ schwache Beweise für Verkäufe eingereicht. Somit wäre auch dann, wenn die Beschwerdekammer diese Erklärung berücksichtigt hätte, die Feststellung zu treffen, dass deren Inhalt, was den Verkaufswert betrifft, durch die Unterlagen in den Akten nicht hinreichend gestützt wird. Was die Dauer der Benutzung der Marke anlangt, beziehen sich diese Rechnungen zudem nur auf einen sehr kurzen und sogar punktuellen Zeitraum, nämlich den 12., 18. und 21. Juli 2006 sowie den 9. Januar 2007.

38      Zu den eingereichten Fotos ist festzustellen, dass nur auf sieben der 14 Fotos die Marke CENTROTHERM eindeutig sichtbar ist, nämlich

–        als Aufdruck auf zwei Rohren;

–        als Aufdruck auf zwei Objekten, bei denen es sich offenbar um Teile von Rohren handelt;

–        als Aufkleber, die auf einem Objekt, bei dem es sich offenbar um eine Palette handelt, sowie auf zwei Kartons angebracht sind.

39      Auf vier weiteren Fotos ist die streitige Marke auch nicht ansatzweise auszumachen.

40      Auf den drei letzten Fotos lässt sich die Marke CENTROTHERM ansatzweise erkennen, und zwar

–        die Buchstaben „Centroth“ auf dem Trichterstück eines Rohrs;

–        das Logo der Gesellschaft der Streithelferin sowie neben diesem ein unleserlicher Text, der vermutlich dem Text im Kopf der eingereichten Rechnungen entspricht, auf einem Rohr und einem Gegenstand, bei dem es sich offenbar um ein Trichterstück eines Rohrs handelt.

41      Keines dieser Fotos ist datiert, jedoch hat die Streithelferin, wie oben in Randnr. 18 erwähnt, in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass die Fotos nach dem maßgeblichen Zeitraum aufgenommen worden seien. Weiter lassen sich auf diesen Fotos nicht die Waren erkennen, die auf der Palette und in den beiden Kartons mit den Aufklebern CENTROTHERM verpackt sind. Zwar tragen zwei dieser Aufkleber Bezeichnungen aus dem Sanitärbereich, aber weder die Fotos noch die Rechnungen enthalten Einzelheiten, aus denen sich ableiten ließe, was diese Umverpackungen tatsächlich enthielten.

42      Im Übrigen entspricht keine der Artikelnummern, die auf den Fotos erkennbar sind, den Artikelnummern, die in den von der Streithelferin vorgelegten Rechnungen aufgeführt sind. Folglich kann auf der Grundlage der vorgelegten Fotos und Rechnungen nicht die Feststellung getroffen werden, dass die Waren und Umverpackungen, die auf den eingereichten Fotos wiedergegeben sind, tatsächlich von der Streithelferin während des maßgeblichen Zeitraums ausgeliefert wurden.

43      Damit lässt sich aus einer umfassenden Beurteilung der vorstehend in den Randnrn. 35 bis 42 erörterten Unterlagen nicht, ohne auf Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen zurückzugreifen, der Schluss ziehen, dass die streitige Marke in dem maßgeblichen Zeitraum für die oben in Randnr. 11 genannten Waren ernsthaft benutzt wurde.

44      Folglich ist der Beschwerdekammer ein Fehler unterlaufen, soweit sie angenommen hat, dass der Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke CENTROTHERM für diese Waren von der Streithelferin erbracht worden wäre.

45      Das oben in den Randnrn. 18 bis 20 wiedergegebene Vorbringen der Streithelferin, wonach im Wesentlichen die Eigenheit des Marktes die Beweisführung erschwere, kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen.

46      Die Modalitäten und Mittel des Nachweises der ernsthaften Benutzung einer Marke sind nämlich nicht eingeschränkt. Die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung, dass im vorliegenden Fall der Nachweis einer ernsthaften Benutzung nicht erbracht wurde, beruht nicht auf überhöhten Beweisanforderungen, sondern auf der Tatsache, dass sich die Streithelferin dafür entschieden hat, die Vorlage von Beweismitteln zu beschränken (vgl. oben, Randnr. 8). Die Nichtigkeitsabteilung erhielt Fotos von minderer Qualität, die Gegenstände zeigten, deren Artikelnummern nicht den Artikeln entsprachen, die den wenigen vorgelegten Rechnungen zufolge verkauft wurden. Außerdem umfassen diese Rechnungen nur einen kurzen Zeitraum und weisen Verkäufe aus, deren Wert im Verhältnis zu dem nach den Angaben der Streithelferin erzielten Umsatz geringfügig ist. Es ist ebenfalls festzustellen, dass die Streithelferin in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, dass zwischen den Rechnungen und den Fotos, die sie dem HABM vorgelegt hatte, kein unmittelbarer Zusammenhang bestand.

47      Der Klage ist daher stattzugeben.

 Kosten

48      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das HABM unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin deren Kosten aufzuerlegen. Da die Streithelferin unterlegen ist, trägt sie ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 25. August 2009 (Sache R 6/2008‑4) wird aufgehoben, soweit darin die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 30. Oktober 2007 teilweise aufgehoben wurde.

2.      Das HABM trägt seine eigenen Kosten und die Kosten der centrotherm Clean Solutions GmbH & Co. KG.

3.      Die Centrotherm Systemtechnik GmbH trägt ihre eigenen Kosten.

Moavero Milanesi

Wahl

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. September 2011.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.