Language of document : ECLI:EU:T:2016:113





Urteil des Gerichts (Neunte Kammer) vom 29. Februar 2016 – Kühne + Nagel International u. a./Kommission

(Rechtssache T‑254/12)

„Wettbewerb – Kartelle – Speditionsdienste im internationalen Luftverkehr – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird – Aufschläge und Rechnungsstellungsmechanismen, die sich auf den Endpreis auswirken – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Beurteilungsfehler – Dauer der Zuwiderhandlung – Höhe der Geldbuße – Ziff. 13 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 – Umsatz – Mildernde Umstände – Verhältnismäßigkeit – Verteidigungsrechte“

1.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Ermessen der Kommission – Gerichtliche Nachprüfung – Befugnis des Unionsrichters zu unbeschränkter Nachprüfung – Umfang (Art. 261 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 31) (vgl. Rn. 30-33)

2.                     Kartelle – Abgrenzung des Marktes – Bestimmung des relevanten Marktes – Beurteilungskriterien – Substituierbarkeit der Erzeugnisse oder Dienstleistungen auf der Angebots- und der Nachfrageseite – Bedeutung – Nachfrage nach Speditionsdiensten im internationalen Luftverkehr als Dienstleistungspaket (Art. 101 Abs. 1 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1; Mitteilungen der Kommission 97/C 372/03 und 2004/C 101/07, Nr. 55) (vgl. Rn. 41-43, 45, 46, 48, 50-52)

3.                     Kartelle – Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten – Spürbare Auswirkung – Beurteilungskriterien – Potenzielle erhebliche Beeinträchtigung (Art. 101 Abs. 1 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1; Mitteilung 2004/C 101/07 der Kommission, Nr. 53) (vgl. Rn. 56-58, 67)

4.                     Wettbewerb – Verkehr – Wettbewerbsregeln – Luftverkehr – Verordnung Nr. 17 – Geltungsbereich – Tätigkeiten, die unmittelbar die Luftbeförderungsleistungen betreffen – Ausschluss – Tätigkeiten, die sich nicht auf den Luftverkehr selbst, sondern auf einen vor- oder nachgelagerten Markt beziehen – Einschluss (Art. 101 AEUV; Verordnungen der Kommission Nr. 17, Nr. 141, dritter Erwägungsgrund und Art. 1) (vgl. Rn. 113, 115-117, 121)

5.                     Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Begriff – Willensübereinstimmung bezüglich des künftigen Marktverhaltens – Einbeziehung – Fortführung der Verhandlungen über bestimmte Teile der Wettbewerbsbeschränkung – Keine Auswirkung (Art. 101 Abs. 1 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) (vgl. Rn. 138-140)

6.                     Kartelle – Abgestimmte Verhaltensweise – Begriff – Mit der Pflicht jedes Unternehmens, sein Marktverhalten selbständig zu bestimmen, unvereinbare Koordinierung und Zusammenarbeit – Austausch von Informationen unter Wettbewerbern (Art. 101 Abs. 1 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) (vgl. Rn. 141-143)

7.                     Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung und ihre Dauer – Umfang der Beweislast – Grad an Genauigkeit, den die von der Kommission herangezogenen Beweise aufweisen müssen – Bündel von Indizien – Gerichtliche Nachprüfung – Umfang (Art. 101 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2) (vgl. Rn. 144-149, 152, 154, 191)

8.                     Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Heranziehung von Erklärungen anderer an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen als Beweise – Zulässigkeit – Erklärungen, die den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen – Hoher Beweiswert (Art. 101 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 2) (vgl. Rn. 150, 151)

9.                     Kartelle – Teilnahme an Zusammenkünften mit wettbewerbswidrigem Zweck – Umstand, der bei fehlender Distanzierung von den getroffenen Beschlüssen auf die Beteiligung an der daraus resultierenden Absprache schließen lässt (Art. 101 Abs. 1 AEUV; EWR-Abkommen, Art. 53 Abs. 1) (vgl. Rn. 165-167)

10.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Festlegung des Grundbetrags – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Festsetzung der Geldbuße in angemessenem Verhältnis zu den Gesichtspunkten für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung – Zu berücksichtigende Kriterien (Art. 101 AEUV; Charta der Grundrechte, Art. 49 Abs. 3; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 3; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Nrn. 6, 13 und 23) (vgl. Rn. 208-210, 259-261)

11.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Festlegung des Grundbetrags – Kriterien – Gesamtumsatz des betroffenen Unternehmens – Mit den Waren, auf die sich die Zuwiderhandlung erstreckte, erzielter Umsatz – Jeweilige Berücksichtigung (Art. 101 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Nr. 6) (vgl. Rn. 211-214)

12.                     Wettbewerb – Geldbußen – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Rechtsnatur – Verhaltensnorm mit Hinweischarakter, die eine Selbstbeschränkung des Ermessens der Kommission impliziert – Möglichkeit für die Kommission, davon abzuweichen – Voraussetzungen (Art. 101 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Nrn. 13 und 37) (vgl. Rn. 215)

13.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Festlegung des Grundbetrags – Ermittlung des Umsatzes – Umsätze, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen – Beschränkung auf die tatsächlich vom Kartell betroffenen Umsätze – Fehlen – Einschluss der in den Preisen der verkauften Waren und Dienstleistungen enthaltenen Kosten (Art. 101 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Nr. 13) (vgl. Rn. 228, 247, 257, 258)

14.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Festlegung des Grundbetrags – Ermittlung des Umsatzes – Umsätze, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen – Kartell im Sektor der Speditionsdienste im internationalen Luftverkehr – Kartell, das sich auf die Speditionsdienste als Dienstleistungspaket bezieht – Berücksichtigung der mit den Speditionsdiensten als Dienstleistungspaket erzielten Umsätze – Zulässigkeit (Art. 101 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Nr. 13) (vgl. Rn. 262, 263)

15.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Anpassung des Grundbetrags – Mildernde Umstände – Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens außerhalb des Anwendungsbereichs der Kronzeugenregelung – Beurteilungskriterien (Art. 101 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Nr. 29, vierter Gedankenstrich) (vgl. Rn. 282, 283, 287, 299)

16.                     Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Anpassung des Grundbetrags – Mildernde Umstände – Existenz eines Kartells, das sich auf einen vorgelagerten Markt bezieht – Fehlen – Angeblich erzwungene Teilnahme an Unternehmenstreffen mit wettbewerbswidrigem Zweck – Fehlen (Art. 101 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2; Mitteilung 2006/C 210/02 der Kommission, Nr. 29) (vgl. Rn. 292-294, 296)

17.                     Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Wahrung der Verteidigungsrechte – Akteneinsicht – Umfang – Weigerung, ein Dokument zu übermitteln – Folgen – Notwendigkeit, bei der dem betroffenen Unternehmen obliegenden Beweislast zwischen belastenden und entlastenden Schriftstücken zu unterscheiden (Art. 101 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 27 Abs. 2; Verordnung Nr. 773/2004 der Kommission, Art. 15) (vgl. Rn. 308-311)

Gegenstand

Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2012) 1959 final der Kommission vom 28. März 2012 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39462 – Speditionsdienste), soweit er die Klägerinnen betrifft, und, hilfsweise, Abänderung der darin gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen

Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Die Kühne + Nagel International AG, die Kühne + Nagel Management AG, die Kühne + Nagel Ltd mit Sitz in Uxbridge, die Kühne + Nagel Ltd mit Sitz in Shanghai und die Kühne + Nagel Ltd mit Sitz in Hong Kong tragen die Kosten.