Language of document : ECLI:EU:T:2012:5

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

12. Januar 2012(*)

„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke Ragolizia – Ältere Gemeinschaftswortmarke FAVOLIZIA – Relatives Eintragungshindernis – Verwechslungsgefahr – Ähnlichkeit der Zeichen – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑462/09

August Storck KG mit Sitz in Berlin (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen I. Rohr und P. Goldenbaum sowie Rechtsanwalt T. Melchert,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Radiotelevisione italiana SpA (RAI) mit Sitz in Rom (Italien),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 8. September 2009 (Sache R 1779/2008‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Radiotelevisione italiana SpA (RAI) und der August Storck KG

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten L. Truchot (Berichterstatter), der Richterin M. E. Martins Ribeiro und des Richters H. Kanninen,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 17. November 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 24. Februar 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 17. Juli 2006 meldete die Klägerin, die August Storck KG, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelte es sich um das Wortzeichen Ragolizia.

3        Die Marke wurde für die Waren „Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren“ in Klasse 30 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4        Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 50/2006 vom 11. Dezember 2006 veröffentlicht.

5        Am 12. März 2007 erhob die Radiotelevisione italiana SpA (RAI) nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Randnr. 3 genannten Waren.

6        Der Widerspruch war auf die am 8. November 2006 unter der Nr. 4 771 762 eingetragene Gemeinschaftswortmarke FAVOLIZIA gestützt, deren Warenverzeichnis u. a. folgende Waren der Klasse 30 umfasst: „Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis“.

7        Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

8        Am 6. November 2008 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch mit der Begründung statt, dass zwischen der angemeldeten Marke und der älteren Marke Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 bestehe.

9        Am 15. Dezember 2008 legte die Klägerin beim HABM nach den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

10      Mit Entscheidung vom 8. September 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Die Beschwerdekammer stellte zunächst fest, dass als maßgebliche Verkehrskreise auf die Durchschnittsverbraucher in der Europäischen Union abzustellen sei und dass die von den einander gegenüberstehenden Zeichen erfassten Waren der Klasse 30 identisch seien, und nahm sodann einen Vergleich der Zeichen vor. Sie war der Meinung, dass zwischen den Marken in bildlicher Hinsicht ein mittlerer Ähnlichkeitsgrad vorliege und in klanglicher Hinsicht gewisse Unterschiede bestünden, die jedoch nicht ausreichten, um die zwischen den Marken bestehende Ähnlichkeit auszuräumen. Ferner sei ein begrifflicher Vergleich unmöglich, weil die Zeichen in den in der Union gesprochenen Sprachen keine Bedeutung hätten. Die Beschwerdekammer schloss daraus auf die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und gelangte zu dem Ergebnis, dass in Anbetracht der Identität der betroffenen Waren zwischen der angemeldeten Marke und der älteren Marke Verwechslungsgefahr bestehe.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

12      Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.

14      Nach dieser Vorschrift ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. i der Verordnung Nr. 207/2009 gehören zu den „älteren Marken“ u. a. Gemeinschaftsmarken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.

15      Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr vor, wenn das Publikum annehmen könnte, dass die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist die Verwechslungsgefahr umfassend, gemäß der Wahrnehmung der Zeichen und der betroffenen Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Zeichenähnlichkeit und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen und zum Vergleich der Waren

16      Aus der angefochtenen Entscheidung, die insoweit nicht beanstandet wird und der insoweit zuzustimmen ist, geht hervor, dass unter Berücksichtigung des Umstands, dass die ältere Marke eine Gemeinschaftsmarke ist und die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren gängige Verbrauchsartikel sind, das für die Untersuchung der Verwechslungsgefahr maßgebliche Gebiet das Unionsgebiet ist und es sich bei den maßgeblichen Verkehrskreisen um das allgemeine Publikum handelt, d. h. um den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Procter & Gamble/HABM, C‑473/01 P und C‑474/01 P, Slg. 2004, I‑5173, Randnr. 33, und vom 22. Juni 2006, Storck/HABM, C‑25/05 P, Slg. 2006, I‑5719, Randnr. 25).

17      Auch der von den Parteien gleichfalls nicht beanstandeten Feststellung der Beschwerdekammer, dass die von den einander gegenüberstehenden Marken bezeichneten Waren identisch seien, ist zuzustimmen.

18      Beanstandet wird allein die Beurteilung der Beschwerdekammer hinsichtlich der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken und des Bestehens einer Verwechslungsgefahr.

 Zum Vergleich der Zeichen

19      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke vom Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen wird. Dabei nimmt der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Nach der Rechtsprechung sind zwei Marken ähnlich, wenn sie aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter Aspekte mindestens teilweise übereinstimmen (Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, Slg. 2002, II‑4335).

21      Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer die Ähnlichkeiten der Zeichen FAVOLIZIA und Ragolizia fehlerfrei beurteilt hat.

22      Die Klägerin macht geltend, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher Hinsicht Unterschiede und in klanglicher Hinsicht einen geringen Ähnlichkeitsgrad aufwiesen, was sich daraus ergebe, dass die ersten und dritten Buchstaben voneinander abwichen. Die Buchstaben „R“ und „g“ des Zeichens Ragolizia wiesen nämlich zum einen im Gegensatz zu den aus geraden Linien gebildeten Buchstaben „F“ und „V“ des Zeichens FAVOLIZIA runde Linien auf und unterschieden sich von Letzteren zum anderen in der Aussprache.

23      Diese bildlichen und klanglichen Unterschiede würden außerdem dadurch verstärkt, dass sie sich am Wortanfang der einander gegenüberstehenden Zeichen befänden und ihnen daher von den maßgeblichen Verkehrskreisen mehr Aufmerksamkeit geschenkt würde. Die ersten vier Buchstaben der Zeichen, aus denen deren erste beiden Silben bestünden, also „Rago“ für das Zeichen Ragolizia und „Favo“ für das Zeichen FAVOLIZIA, dominierten den Eindruck, den die einander gegenüberstehenden Marken bei den maßgeblichen Verkehrskreisen hinterließen.

24      Dazu ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass beide Zeichen aus neun Buchstaben bestehen, von denen sieben identisch sind und sich auf denselben Positionen befinden. Die Zeichen unterscheiden sich lediglich durch ihre jeweils ersten und dritten Buchstaben, nämlich „R“ und „g“ im Zeichen Ragolizia sowie „F“ und „V“ im Zeichen FAVOLIZIA.

25      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Anfang von Wortmarken in höherem Maße geeignet ist, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers auf sich zu ziehen, als die folgenden Bestandteile (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 17. März 2004, El Corte Inglés/HABM – González Cabello und Iberia Líneas Aéreas de España [MUNDICOR], T‑183/02 und T‑184/02, Slg. 2004, II‑965, Randnr. 81, vom 16. März 2005, L’Oréal/HABM – Revlon [FLEXI AIR], T‑112/03, Slg. 2005, II‑949, Randnrn. 64 und 65, und vom 10. Oktober 2006, Armacell/HABM – nmc [ARMAFOAM], T‑172/05, Slg. 2006, II‑4061, Randnr. 65). Jedoch gilt dies nicht in allen Fällen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 14. Oktober 2003, Phillips-Van Heusen/HABM – Pash Textilvertrieb und Einzelhandel [BASS], T‑292/01, Slg. 2003, II‑4335, Randnr. 50, vom 6. Juli 2004, Grupo El Prado Cervera/HABM – Héritiers Debuschewitz [CHUFAFIT], T‑117/02, Slg. 2004, II‑2073, Randnr. 48, und ARMAFOAM, Randnr. 65). Dieser Gesichtspunkt kann jedenfalls nicht den sich aus der oben in den Randnrn. 15, 19 und 20 angeführten Rechtsprechung ergebenden Grundsatz in Frage stellen, dass die Prüfung der Ähnlichkeit der Marken den von ihnen hervorgerufenen Gesamteindruck berücksichtigen muss, da der Verbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten achtet (Urteil ARMAFOAM, Randnr. 65).

26      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der Unterschied zwischen den Buchstaben „R“ und „g“ im Zeichen Ragolizia und den Buchstaben „F“ und „V“ im Zeichen FAVOLIZIA trotz ihrer Position am jeweiligen Zeichenanfang nicht geeignet ist, den durch die einander gegenüberstehenden Marken erzeugten Eindruck der visuellen und klanglichen Ähnlichkeit zu beseitigen. Diese ist durch zwei Merkmale gekennzeichnet. Erstens sind die beiden einander gegenüberstehenden Zeichen gleich lang. Beide setzen sich nämlich aus neun Buchstaben zusammen und werden, je nach der verwendeten Sprache, in vier oder in fünf Silben ausgesprochen. Zweitens sind diese Zeichen, vom oben genannten Unterschied zwischen ihren Buchstaben abgesehen, einander bildlich ähnlich, da sieben von neun Buchstaben übereinstimmen, dieselbe Position belegen und in derselben Reihenfolge angeordnet sind („a“, „o“, „l“, „i“, „z“, „i“ und „a“). Auch in klanglicher Hinsicht sind sie ähnlich, da ihre erste und zweite Silbe jeweils die Laute [a] und [o] enthalten und die übrigen Silben identisch sind.

27      Daher hat die Beschwerdekammer fehlerfrei festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher und klanglicher Hinsicht eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen.

28      Die Klägerin rügt, dass die Beschwerdekammer die einander gegenüberstehenden Zeichen nicht ihrem Bedeutungsgehalt nach verglichen habe. Sie trägt vor, dass das Zeichen Ragolizia keinen bestimmten Sinngehalt habe, während das Zeichen FAVOLIZIA mit seinen ersten beiden Silben „fa-vo“ an das in der Europäischen Union bekannte englische Wort „favour“ erinnere, das fast identisch in zahlreichen Sprachen der Union vorkomme, so im Deutschen, Spanischen, Englischen, Französischen, Italienischen und Niederländischen. Außerdem würden das Wort „favour“ und das Zeichen FAVOLIZIA im Zusammenhang mit den Waren der Klasse 30, für die diese Marke eingetragen sei, von den angesprochenen Verkehrskreisen als Anspielung auf die Worte „favorisiert“ und „Favorit“ verstanden werden. Die einander gegenüberstehenden Zeichen seien sich daher in begrifflicher Hinsicht nicht ähnlich.

29      Die Beschwerdekammer vertrat im vorliegenden Fall die Ansicht, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in den Sprachen der Union keine begriffliche Bedeutung hätten, so dass ein Vergleich in dieser Hinsicht unmöglich sei.

30      Es ist festzustellen, dass die Klägerin zur Stützung ihrer Behauptungen nichts vorgebracht hat, was belegen könnte, dass die Verbraucher, die die von ihr angeführten Sprachen sprechen, das Zeichen FAVOLIZIA gedanklich mit der Bedeutung der Wörter in Verbindung bringen, die nach ihren Ausführungen ausgehend vom englischen Wort „favour“ gebildet sind, oder dass die Verbraucher in der Union, die diese Sprachen nicht sprechen, diese gedankliche Verbindung herstellten. Insoweit spielt nämlich der Umstand – sein Vorliegen unterstellt –, dass der Anfang des Zeichens FAVOLIZIA an in bestimmten Sprachen der Union existierende Wörter erinnert, für einen begrifflichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen keine Rolle, da das maßgebliche Gebiet nicht das bestimmter Mitgliedstaaten ist, sondern das der Union (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 13. Juli 2011, Inter IKEA Systems/HABM – Meteor Controls [GLÄNSA], T‑88/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 44).

31      Somit hat die Beschwerdekammer fehlerfrei festgestellt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen in den Sprachen der Union keinen Bedeutungsgehalt haben, so dass ein begrifflicher Vergleich dieser Zeichen unmöglich ist.

32      Selbst wenn man unterstellte, dass das Zeichen FAVOLIZIA die maßgeblichen Verkehrskreise an das englische Wort „favour“ erinnert, ist im Übrigen festzustellen, dass ein sich daraus möglicherweise ergebender begrifflicher Unterschied zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen aufgrund des oben in Randnr. 26 zwischen diesen Zeichen festgestellten Grads der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit Gefahr liefe, der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise zu entgehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. November 2009, REWE-Zentral/HABM – Aldi Einkauf [Clina], T‑150/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 53).

33      Nach alledem hat die Beschwerdekammer fehlerfrei festgestellt, dass die streitigen Zeichen einander ähnlich sind.

 Zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr

34      Es ist darauf hinzuweisen, dass eine Verwechslungsgefahr dann besteht, wenn in kumulativer Weise die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und die Ähnlichkeit der mit den einander gegenüberstehenden Zeichen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen hinreichend hoch sind (Urteil MATRATZEN, oben in Randnr. 20 angeführt, Randnr. 45).

35      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist zudem auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren abzustellen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat. Zu bedenken ist auch, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (Urteile des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Oberhauser/HABM – Petit Liberto [Fifties], T‑104/01, Slg. 2002, II‑4359, Randnr. 28, und vom 30. Juni 2004, BMI Bertollo/HABM – Diesel [DIESELIT], T‑186/02, Slg. 2004, II‑1887, Randnr. 38).

36      Im vorliegenden Fall sind, wie aus den vorstehenden Randnrn. 17 und 33 hervorgeht, die von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren identisch und die einander gegenüberstehenden Zeichen ähnlich. Die Beschwerdekammer hat daher fehlerfrei festgestellt, dass für die maßgeblichen Verkehrskreise Verwechslungsgefahr besteht.

37      Diese Beurteilung wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.

38      So führt die Klägerin aus, dass die maßgeblichen Verkehrskreise beim Kauf der durch die Marken gekennzeichneten Waren ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit aufbrächten, so dass eine Verwechslung der Marken ausgeschlossen sei.

39      Hierzu ist festzustellen, dass es sich bei den fraglichen Waren um gängige Verbrauchsartikel handelt, die im Allgemeinen einen vergleichsweise geringen Wert haben. Somit kann entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise für diese Waren nicht als höher angesehen werden als diejenige, die diese Verkehrskreise bei anderen gängigen Verbrauchsartikel walten lassen (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. Juli 2011, Ergo Versicherungsgruppe/HABM – Société de développement et de recherche industrielle [ERGO], T‑220/09, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Die Klägerin macht außerdem geltend, dass die ältere Marke FAVOLIZIA nur eine geringe Kennzeichnungskraft aufweise, da eine große Zahl von Marken für Waren der Klasse 30 mit „Favo“ begännen und auf „lizia“ oder „izia“ endeten. Dagegen sei die Marke Ragolizia durch ihre ersten beiden Silben „Rago“ kennzeichnungskräftiger als die ältere Marke FAVOLIZIA.

41      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kennzeichnungskraft der älteren Marke zwar bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist, sie aber nur einen der bei dieser Beurteilung zu berücksichtigenden Faktoren darstellt. Selbst wenn es also um eine ältere Marke mit schwacher Kennzeichnungskraft geht, kann eine Gefahr von Verwechslungen, insbesondere wegen einer Ähnlichkeit der Zeichen sowie der betroffenen Waren, gegeben sein (vgl. Urteil GLÄNSA, oben in Randnr. 30 angeführt, Randnr. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      So verhält es sich im vorliegenden Fall. Wie sich nämlich aus den vorstehenden Randnrn. 17 und 33 ergibt, sind die von den Marken erfassten Waren identisch und die einander gegenüberstehenden Zeichen ähnlich.

43      Daher ist der einzige Klagegrund der Klägerin zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

44      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die August Storck KG trägt die Kosten.

Truchot

Martins Ribeiro

Kanninen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. Januar 2012.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.