Language of document : ECLI:EU:T:2024:332

URTEIL DES GERICHTS (Achte erweiterte Kammer)

29. Mai 2024(*)

„Wirtschafts- und Währungsunion – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) – Einheitlicher Abwicklungsfonds (SRF) – Beschluss des SRB über die Berechnung der für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge – Einrede der Rechtswidrigkeit – Rechtsgrundlage der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 – Art. 114 AEUV – Gleichbehandlung – Ermessen der Kommission – Ermessen des SRB – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑360/21,

Portigon AG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt D. Bliesener sowie Rechtsanwältinnen V. Jungkind und C. van Kampen,

Klägerin,

gegen

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB), vertreten durch J. Kerlin und D. Ceran als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte B. Meyring und T. Klupsch sowie Rechtsanwältin S. Ianc,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäisches Parlament, vertreten durch U. Rösslein, M. Menegatti und G. Bartram als Bevollmächtigte,

durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J. Bauerschmidt, J. Haunold und A. Westerhof Löfflerová als Bevollmächtigte,

und durch

Europäische Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und A. Steiblytė als Bevollmächtigte,

Streithelferinnen,

erlässt

DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. Kornezov, der Richter G. De Baere, D. Petrlík (Berichterstatter) und K. Kecsmár sowie der Richterin S. Kingston,

Kanzler: L. Ramette, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2023

folgendes

Urteil(1)

[nicht wiedergegeben]

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Bei der Klägerin handelt es sich um ein in Deutschland niedergelassenes Kreditinstitut, das sich im Rückbau befindet. Sie verfügt nach wie vor über bestimmte Erlaubnisse zur Durchführung von Bankgeschäften und zur Erbringung von Finanzdienstleistungen, wie etwa das Einlagen- und Kreditgeschäft sowie Zahlungsdienstleistungen. Diese Erlaubnisse dienen jedoch nur der geordneten Durchführung des Rückbaus.

3        Von den in diesem Zusammenhang durchgeführten Geschäften sind für den vorliegenden Fall insbesondere jene maßgeblich, die die Erste Abwicklungsanstalt (im Folgenden: EAA) betreffen.

4        Die EAA wurde zum Zweck der Abwicklung und Abschirmung eines Teils des Bankgeschäfts der Klägerin durch das Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz vom 17. Oktober 2008 (BGBl. 2008 I S. 1982) errichtet.

5        Die Klägerin hat zum Zweck ihrer Abwicklung einen großen Teil ihrer Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf die EAA übertragen. Der Übertrag auf die EAA erfolgte teilweise dinglich im Wege einer Abspaltung. Dieser Teil des Vermögens und der Verbindlichkeiten wird in der Bilanz der Klägerin nicht mehr ausgewiesen.

6        Ein anderer Teil des Vermögens und der Verbindlichkeiten der Klägerin war nicht von dieser Abspaltung umfasst, sondern wurde lediglich „wirtschaftlich“ auf die EAA übertragen oder von dieser garantiert. Die Klägerin hat dazu mit der EAA Verträge zur Übertragung des Risikos an die EAA geschlossen, während die dingliche Rechtsinhaberschaft an diesem Teil des Vermögens und der Verbindlichkeiten bei der Klägerin verbleibt.

7        Zum Vermögen und zu den Verbindlichkeiten der Klägerin, die nur wirtschaftlich auf die EAA übertragen wurden, gehört insbesondere auch das OTC‑Derivateportfolio (im Folgenden: EAA-OTC‑Derivateportfolio). Dieses besteht im Wesentlichen aus Rechten und Pflichten der Klägerin aus oder im Zusammenhang mit bestimmten Derivaten bzw. aus Sicherheiten, die der Besicherung von Forderungen aus diesen Derivaten dienen.

8        Die Klägerin trägt die rechtliche und regulatorische Verantwortung für die Bewirtschaftung der nicht im Wege der Abspaltung dinglich an die EAA übertragenen Vermögenswerte des EAA-Portfolios. Da die EAA diese Vermögenswerte nicht selbst verwalten kann, übernimmt die Klägerin dies gemäß den mit der EAA abgeschlossenen Verträgen treuhänderisch. Sie handelt dabei im eigenen Namen, jedoch nach Weisung und für Rechnung der EAA.

9        Bis zur Erfüllung oder Übertragung an die EAA sind die Positionen des EAA-OTC‑Derivateportfolios in der Bilanz der Klägerin als Treuhandvermögen oder Treuhandverbindlichkeit ausgewiesen.

10      Mit dem angefochtenen Beschluss legte der SRB gemäß Art. 70 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) die im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) (im Folgenden: im Voraus erhobene Beiträge) für das Jahr 2021 (im Folgenden: Beitragszeitraum 2021) der Institute fest, die unter Art. 2 in Verbindung mit Art. 67 Abs. 4 dieser Verordnung fallen (im Folgenden: Institute); die Klägerin zählt zu diesen Instituten.

11      Mit Beitragsbescheid vom 21. April 2021 gab die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin, Deutschland) in ihrer Eigenschaft als nationale Abwicklungsbehörde (im Folgenden: NRA) im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 der Klägerin auf, ihren vom SRB festgesetzten im Voraus erhobenen Beitrag für den Beitragszeitraum 2021 zu entrichten.

12      Die Klägerin auf der einen und der SRB und die BaFin auf der anderen Seite sind sich nicht einig, welche Positionen bei der Berechnung des im Voraus erhobenen Beitrags der Klägerin zu berücksichtigen sind. Die Klägerin ist insbesondere der Ansicht, dass die Verbindlichkeiten des EAA-OTC‑Derivateportfolios bei dieser Berechnung nicht zu berücksichtigen seien und dass sie keiner Gruppe angehöre, die nach Erhalt staatlicher oder vergleichbarer Gelder im Sinne von Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung (EU) 2015/63 der Kommission vom 21. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zu Abwicklungsfinanzierungsmechanismen (ABl. 2015, L 11, S. 44) einer Reorganisation unterzogen worden sei. Der SRB und die BaFin vertreten hingegen die Auffassung, dass der im Voraus erhobene Beitrag der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer gesamten Bilanzsumme zu berechnen sei und dass es sich bei ihr um ein Institut in Reorganisation handele.

[nicht wiedergegeben]

IV.    Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

A.      Zu den Einreden der Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 806/2014, der Richtlinie 2014/59 und der Delegierten Verordnung 2015/63

1.      Zum ersten Klagegrund: Einreden der Rechtswidrigkeit

34      Im Rahmen ihres ersten Klagegrundes erhebt die Klägerin erstens Einreden der Rechtswidrigkeit gegen die Verordnung Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59, bestreitet zweitens die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses und erhebt drittens drei Einreden der Rechtswidrigkeit gegen die Delegierte Verordnung 2015/63.

35      Zunächst sind die Einreden der Rechtswidrigkeit zu prüfen. Soweit die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses bestritten wird, wird hierauf in den Rn. 337 bis 351 dieses Urteils eingegangen.

a)      Zum ersten Klagegrund: Einreden der Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 806/2014 und der Richtlinie 2014/59

36      Die Klägerin erhebt Einreden der Rechtswidrigkeit gegen die Verordnung Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59, die sie damit begründet, dass sich der Unionsgesetzgeber für deren Erlass zu Unrecht auf die Rechtsgrundlage des Art. 114 Abs. 1 AEUV gestützt habe.

37      Zum einen hätten diese Rechtsakte keinen Binnenmarktbezug, da die im Voraus erhobenen Beiträge zwar auf der Ebene der Mitgliedstaaten vorgesehen seien, aber keine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs darstellten und auch keine spürbaren Wettbewerbsverzerrungen hervorriefen.

38      Zum anderen sei der Unionsgesetzgeber nicht berechtigt, das System der im Voraus erhobenen Beiträge auf Art. 114 Abs. 1 AEUV zu stützen, da diese Beiträge unter die „Bestimmungen über die Steuern“ im Sinne von Art. 114 Abs. 2 AEUV fielen. Insbesondere aus der englischen und der französischen Sprachfassung von Art. 114 Abs. 2 AEUV ergebe sich, dass der Anwendungsbereich dieser Bestimmung über den Begriff „Steuern“ hinausgehe. Folglich hätte der Unionsgesetzgeber die Verpflichtung zur Entrichtung im Voraus erhobener Beiträge auf Art. 113 oder Art. 115 AEUV stützen müssen.

39      Der SRB, das Parlament, der Rat und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

40      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich die Wahl der Rechtsgrundlage eines Unionsrechtsakts auf objektive und gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen muss, zu denen das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören (vgl. Gutachten 1/15 [PNR-Abkommen EU-Kanada] vom 26. Juli 2017, EU:C:2017:592, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 4. September 2018, Kommission/Rat [Abkommen mit Kasachstan], C‑244/17, EU:C:2018:662, Rn. 36).

41      Die auf der Grundlage von Art. 114 Abs. 1 AEUV erlassenen Gesetzgebungsakte müssen zum einen Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten umfassen und zum anderen die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben (Urteil vom 22. Januar 2014, Vereinigtes Königreich/Rat und Parlament, C‑270/12, EU:C:2014:18, Rn. 100).

42      Erstens ist darauf hinzuweisen, dass Art. 114 AEUV nur dann als Rechtsgrundlage herangezogen werden kann, wenn aus dem Rechtsakt objektiv und tatsächlich hervorgeht, dass er den Zweck hat, die Voraussetzungen für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern (vgl. Urteil vom 22. Januar 2014, Vereinigtes Königreich/Parlament und Rat, C‑270/12, EU:C:2014:18, Rn. 113 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Im vorliegenden Fall ergibt sich insbesondere aus den Erwägungsgründen 1 und 3 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie aus dem ersten Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/59, dass diese Rechtsakte vor dem Hintergrund einer Wirtschafts- und Finanzkrise erlassen wurden, in der sich zeigte, dass es in der Union an Instrumenten für den wirksamen Umgang mit dem von Instituten in finanziellen Schwierigkeiten ausgehenden Risiko fehlte, weshalb die Mitgliedstaaten öffentliche Finanzmittel zur Unterstützung solcher Institute einsetzen mussten.

44      Aus dem ersten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 und aus dem dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/59 geht auch hervor, dass diese Krise die Bedrohungen für die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts für Bankdienstleistungen und das wachsende Risiko einer finanziellen Fragmentierung zeigte. Dies gab im Binnenmarkt, in dem die Banken die Möglichkeit hätten haben sollen, nennenswerte grenzüberschreitende Tätigkeiten auszuüben, Anlass zu erheblicher Sorge, und die Tätigkeiten wurden aus Furcht vor Ansteckung zurückgefahren.

45      Im Übrigen hat der Unionsgesetzgeber in den Erwägungsgründen 2 bis 4 und 12 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie in den Erwägungsgründen 4 und 5 der Richtlinie 2014/59 hervorgehoben, dass die zwischen den nationalen Abwicklungsvorschriften sowie den entsprechenden Verwaltungsverfahren bestehenden Unterschiede und die Tatsache, dass es kein einheitliches Beschlussfassungsverfahren für die Abwicklung in der Bankenunion gab, zu einem mangelnden Vertrauen der nationalen Bankensysteme gegenüber denen der anderen – einschließlich der nicht am SRM beteiligten – Mitgliedstaaten und zur Instabilität des Marktes beitrugen, da hinsichtlich der möglichen Folgen des Ausfalls einer Bank keine Vorhersagbarkeit gewährleistet war. Diese Unterschiede konnten auch dazu führen, dass bestimmten Banken und ihren Kunden, unabhängig von ihrer tatsächlichen Kreditwürdigkeit, allein aufgrund des Ortes ihrer Niederlassung höhere Kreditkosten entstehen konnten.

46      Außerdem hat der Unionsgesetzgeber in den Erwägungsgründen 9 und 19 der Verordnung Nr. 806/2014 den Umstand hervorgehoben, dass, solange Abwicklungsvorschriften, praktische Vorgehensweisen und Ausgestaltung der Lastenteilung in nationaler Hand bleiben und die zur Finanzierung einer Abwicklung erforderlichen Mittel auf nationaler Ebene erhoben und verausgabt werden, die Verbindung zwischen den Mitgliedstaaten und dem Bankensektor nicht völlig gekappt und die Fragmentierung des Binnenmarkts fortbestehen wird. Dies würde die grenzüberschreitenden Tätigkeiten der Banken einschränken, die Wahrnehmung der Grundfreiheiten behindern und den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerren.

47      Schließlich ergibt sich aus den Erwägungsgründen 9 und 10 der Richtlinie 2014/59, dass diese verhindern soll, dass die nationalen Behörden nicht über dieselbe Kontrolle oder über die gleichen Abwicklungsmöglichkeiten für Institute verfügen, was die Finanzierungskosten von Instituten in den Mitgliedstaaten unterschiedlich beeinflussen und so die ihnen im Rahmen des Binnenmarkts zustehende Niederlassungsfreiheit beschränken kann.

48      In Anbetracht dieser Erwägungen soll mit der Verordnung Nr. 806/2014 die Verknüpfung zwischen der wahrgenommenen Haushaltslage einzelner Mitgliedstaaten und den Finanzierungskosten der dort tätigen Banken und Unternehmen abgeschwächt sowie die Verantwortung für die Finanzierung der Stabilisierung des Finanzsystems der gesamten Finanzbranche zugewiesen werden.

49      Daher legt die Verordnung Nr. 806/2014, wie sich aus ihrem Art. 1 ergibt, insbesondere einheitliche Vorschriften und ein einheitliches Verfahren für die Abwicklung von Instituten fest, die vom SRB angewandt werden sollten, um den oben in den Rn. 43 bis 46 genannten Bedrohungen zu begegnen.

50      Ebenso harmonisiert die Richtlinie 2014/59 insbesondere die Vorschriften und das Verfahren für die Abwicklung von Instituten, um den oben in den Rn. 43 bis 45 und 47 ausgeführten Bedenken des Unionsgesetzgebers zu begegnen.

51      Der SRF und die nationalen Finanzierungsmechanismen bilden wesentliche Elemente dieser Vorschriften und dieses Verfahrens, die es – wie aus den Art. 67 und 76 sowie dem 107. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 und den Art. 100 und 101 sowie den Erwägungsgründen 103, 104 und 108 der Richtlinie 2014/59 hervorgeht – ermöglichen, die effiziente Ausübung der Abwicklungsbefugnisse sicherzustellen und durch Gewährleistung der effizienten Anwendung der Abwicklungsinstrumente zu deren Finanzierung beizutragen.

52      Um ausreichende Finanzmittel im SRF und in den nationalen Finanzierungsmechanismen zu gewährleisten, werden diese in Anbetracht der oben in den Rn. 43 bis 46 und 48 dargelegten Erwägungen insbesondere durch die von den Instituten entrichteten im Voraus erhobenen Beiträge finanziert.

53      Folglich stellt die Entrichtung dieser Beiträge die effiziente Anwendung der einheitlichen oder harmonisierten Vorschriften und des einheitlichen oder harmonisierten Verfahrens für die Abwicklung von Instituten sicher. Durch die Vorschriften zur Festlegung der Beiträge ihrerseits kann verhindert werden, wie aus den Erwägungsgründen 12 und 19 der Verordnung Nr. 806/2014 und den Erwägungsgründen 9 und 10 der Richtlinie 2014/59 hervorgeht, dass divergierende nationale Vorgehensweisen die Wahrnehmung der Grundfreiheiten beeinträchtigen oder den Wettbewerb im Binnenmarkt verzerren.

54      Nach alledem ist festzustellen, dass die Verordnung Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59 den Zweck haben, die Voraussetzungen für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern.

55      Was im Übrigen die Voraussetzung nach Art. 114 Abs. 1 AEUV betrifft, wonach der betreffende Unionsrechtsakt Maßnahmen zur Angleichung der Vorschriften der Mitgliedstaaten enthalten muss, ergibt sich insbesondere aus dem zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 und aus dem vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/59, dass es zum einen für die Abwicklung von Instituten in der Union kein einheitliches Beschlussfassungsverfahren gab und dass zum anderen zwischen den Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die die Insolvenz von Instituten in den Mitgliedstaaten regeln, erhebliche inhaltliche und verfahrensmäßige Unterschiede bestanden.

56      Vor diesem Hintergrund hat der Unionsgesetzgeber auf der Ebene der Bankenunion einheitliche Vorschriften und ein einheitliches Verfahren geschaffen und auf der Ebene der Mitgliedstaaten die Vorschriften und das Verfahren für die Abwicklung von Instituten harmonisiert. Er hat außerdem ein einheitliches Verfahren für die Einziehung der im Voraus erhobenen Beiträge geschaffen, um die effiziente Anwendung dieser Regeln und Verfahren zu gewährleisten, wie oben in den Rn. 49 bis 53 ausgeführt.

57      Nach alledem erfüllen die Verordnung Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59 die in Art. 114 Abs. 1 AEUV genannten Voraussetzungen.

58      Zweitens ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, wonach die Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 und der Richtlinie 2014/59, die die Institute zur Entrichtung der im Voraus erhobenen Beiträge verpflichten, als „Bestimmungen über die Steuern“ anzusehen und daher nicht von der Harmonisierungskompetenz des Unionsgesetzgebers nach Art. 114 Abs. 2 AEUV gedeckt seien.

59      Nach Art. 114 Abs. 2 AEUV findet Abs. 1 u. a. auf „Bestimmungen über die Steuern“ keine Anwendung.

60      In Bezug auf die Auslegung des Ausdrucks „Bestimmungen über die Steuern“ ist festzustellen, dass der AEU‑Vertrag keine Definition davon enthält (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. April 2004, Kommission/Rat, C‑338/01, EU:C:2004:253, Rn. 63).

61      Allerdings ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass eine von den Wirtschaftsteilnehmern eines bestimmten Sektors entrichtete Abgabe insbesondere dann nicht steuerlicher Natur ist, wenn sie unmittelbar nur zur Finanzierung der Ausgaben in diesem Sektor verwendet wird und diese Ausgaben für dessen Funktionieren erforderlich sind, insbesondere um ihn zu stabilisieren (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 11. Juli 1989, Schräder HS Kraftfutter, 265/87, EU:C:1989:303, Rn. 9 und 10).

62      Diese Erwägung gilt auch für im Voraus erhobene Beiträge, die einer auf dem Versicherungsgedanken basierenden Logik folgen und von den Wirtschaftsteilnehmern eines bestimmten Sektors zur ausschließlichen Finanzierung der Ausgaben dieses Sektors entrichtet werden.

63      Was die Natur der im Voraus erhobenen Beiträge betrifft, so wurde bereits oben in Rn. 43 festgestellt, dass die Verordnung Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59 vor dem Hintergrund einer Wirtschafts- und Finanzkrise erlassen wurden, in der sich zeigte, dass es in der Union an Instrumenten für den wirksamen Umgang mit dem von Instituten in finanziellen Schwierigkeiten ausgehenden Risiko fehlte, weshalb die Mitgliedstaaten öffentliche Finanzmittel zur Unterstützung solcher Institute einsetzen mussten. Der SRM dient der Verhütung von Schäden, die durch Ausfälle von Instituten in solchen Krisen verursacht wurden, da der Ausfall von Instituten in nur einem Mitgliedstaat die Stabilität der Finanzmärkte insgesamt beeinträchtigen kann, wie sich aus den Erwägungsgründen 8 und 12 der Verordnung Nr. 806/2014 ergibt. Das Gleiche ist den Erwägungsgründen 3 und 5 der Richtlinie 2014/59 zu entnehmen.

64      In diesem Zusammenhang war der Unionsgesetzgeber der Ansicht, dass die gesamte Finanzbranche die Stabilisierung des Finanzsystems finanzieren sollte, wie sich insbesondere aus dem 100. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 und aus dem 103. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/59 ergibt.

65      Vor diesem Hintergrund besteht die besondere Natur der im Voraus erhobenen Beiträge, wie die Erwägungsgründe 105 bis 107 der Richtlinie 2014/59 und der 41. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 bestätigen, darin, in einer auf dem Versicherungsgedanken basierenden Logik sicherzustellen, dass die Finanzbranche dem SRM ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stellt, damit er seine Aufgaben erfüllen kann (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 113).

66      Folglich werden gemäß Art. 67 Abs. 2 und 4 und dem 61. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 sowie gemäß Art. 101 und 103 und dem 49. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/59 die im Voraus erhobenen Beiträge von den Wirtschaftsteilnehmern der Finanzbranche erhoben, um den SRF zu finanzieren, auf den nur zurückgegriffen werden darf, um die effiziente Anwendung der Abwicklungsinstrumente und die effiziente Ausübung der Abwicklungsbefugnisse sicherzustellen, wenn sich solche Maßnahmen als erforderlich erweisen, um das Ziel der Finanzstabilität dieser Branche zu erreichen.

67      Hierzu ist festzustellen, dass die oben in Rn. 66 genannten Maßnahmen, wie sich aus Art. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 1 der Richtlinie 2014/59 ergibt, nur zugunsten derjenigen Institute ergriffen werden, die zur Zahlung der im Voraus erhobenen Beiträge verpflichtet sind.

68      Zwar stellen die Verordnung Nr. 806/2014 und die Richtlinie 2014/59 keinen automatischen Zusammenhang zwischen der Zahlung des im Voraus erhobenen Beitrags und der Abwicklung des betreffenden Instituts her. Aus diesem Grund können die im Voraus erhobenen Beiträge nicht als Versicherungsprämien angesehen werden, deren monatliche Zahlung und Rückerstattung möglich wären (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Januar 2021, ABLV Bank/SRB, T‑758/18, EU:T:2021:28, Rn. 70 und 73).

69      Gleichwohl profitieren die Institute in zweifacher Hinsicht vom SRF und den nationalen Finanzierungsmechanismen, die gerade durch ihre im Voraus erhobenen Beiträge finanziert werden.

70      Zum einen kann die finanzielle Lage von Instituten, wenn sie ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen, im Rahmen eines Abwicklungsverfahrens geordnet werden, das zu ihren Gunsten eingeleitet werden kann, wenn auch die übrigen Voraussetzungen von Art. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 oder von Art. 32 der Richtlinie 2014/59 erfüllt sind. Ein solches Verfahren ermöglicht es somit, Finanzmittel des SRF oder der nationalen Finanzierungsmechanismen zugunsten solcher Institute einzusetzen, wobei diese Mittel durch die Beiträge dieser Institute finanziert wurden.

71      Zum anderen profitieren alle Institute von ihren im Voraus erhobenen Beiträgen über die Stabilität des Finanzsystems, die durch den SRF und die nationalen Finanzierungsmechanismen gesichert wird.

72      Das vom SRF und den nationalen Finanzierungsmechanismen abgedeckte Risiko ist nämlich dasjenige, das die gesamte Finanzbranche für die Stabilität des Finanzsystems bewirkt (vgl. Urteil vom 20. Januar 2021, ABLV Bank/SRB, T‑758/18, EU:T:2021:28, Rn. 72).

73      Daraus folgt, dass der SRF und die nationalen Finanzierungsmechanismen – unter einem nicht steuerbezogenen, sondern auf dem Versicherungsgedanken basierenden Gesichtspunkt – die Stabilität der gesamten Finanzbranche sicherstellen sollen, indem sie dem Zweck dienen, zum Nutzen aller Institute einen Schutz gegen eine Krise ebendieser Branche zu gewährleisten.

74      Dieser auf dem Versicherungsgedanken basierende Zweck spiegelt sich im Übrigen auch in der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge wider, da sich diese nicht aus der Anwendung eines bestimmten Satzes auf eine Bemessungsgrundlage ergeben, sondern gemäß den Art. 102 und 103 der Richtlinie 2014/59 sowie den Art. 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014 aus der Festlegung einer endgültigen Zielausstattung und dann einer jährlichen Zielausstattung, die sodann auf die Institute verteilt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 113). Diese Aufteilung der jährlichen Zielausstattung beruht, wie sich auch aus dem 107. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/59 und aus dem 109. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 ergibt, insbesondere auf dem Risiko, das jedes Institut für die Stabilität des Finanzsystems darstellt, was für die Institute einen Anreiz schafft, weniger riskant zu operieren.

75      Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Institute die im Voraus erhobenen Beiträge in einer auf dem Versicherungsgedanken basierenden Logik entrichten, wobei diese Beiträge unmittelbar nur zur Finanzierung der Ausgaben in der Finanzbranche, zu der diese Institute gehören, verwendet werden und sich diese Ausgaben als für das Funktionieren der Branche erforderlich erweisen, um sie insbesondere beim Ausfall einiger Institute zu stabilisieren und Ansteckungseffekte zu begrenzen.

76      Folglich stellen die Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 und der Richtlinie 2014/59, die die Institute zur Entrichtung von im Voraus erhobenen Beiträgen verpflichten und die Modalitäten ihrer Berechnung regeln, keine „Bestimmungen über die Steuern“ im Sinne von Art. 114 Abs. 2 AEUV dar.

77      Das Argument der Klägerin, dass die Bedeutung des Begriffs „Bestimmungen über die Steuern“ gemäß bestimmten Sprachfassungen von Art. 114 Abs. 2 AEUV weiter zu fassen sei, kann diese Schlussfolgerung nicht in Frage stellen.

78      Grundsätzlich ist nämlich allen Sprachfassungen einer Unionshandlung der gleiche Wert beizumessen. Um die einheitliche Auslegung des Unionsrechts zu wahren, muss daher, wenn die Sprachfassungen voneinander abweichen, die betreffende Vorschrift anhand von Sinn und Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (vgl. Urteil vom 20. Februar 2018, Belgien/Kommission, C‑16/16 P, EU:C:2018:79, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79      Die in bestimmten Sprachfassungen einer Handlung verwendete Formulierung kann daher nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Handlung herangezogen werden oder insoweit Vorrang vor den anderen Sprachfassungen beanspruchen. Ein solcher Ansatz wäre nämlich mit dem Erfordernis einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts unvereinbar (vgl. Urteil vom 20. Februar 2018, Belgien/Kommission, C‑16/16 P, EU:C:2018:79, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80      Nach alledem ist der erste Klagegrund, was die Einreden der Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 806/2014 und der Richtlinie 2014/59 betrifft, zurückzuweisen.

b)      Zum ersten Klagegrund: Einreden der Rechtswidrigkeit der Delegierten Verordnung 2015/63

81      Die Klägerin erhebt drei Einreden der Rechtswidrigkeit betreffend die Delegierte Verordnung 2015/63.

82      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Art. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 vorsieht, dass der SRB den von den einzelnen Instituten zu zahlenden im Voraus erhobenen Beitrag entsprechend deren Risikoprofil festsetzt; dies geschieht auf der Grundlage der vom jeweiligen Institut beigebrachten Informationen und unter Anwendung der in den Art. 4 bis 13 dieser Delegierten Verordnung dargelegten Methodik.

83      Art. 5 („Risikoanpassung des jährlichen Grundbeitrags“) der Delegierten Verordnung 2015/63 nennt u. a. die Verbindlichkeiten, die bei der Berechnung dieser Beiträge ausgeschlossen werden. Art. 6 dieser Delegierten Verordnung zählt die Risikofelder und Risikoindikatoren auf, die der SRB bei der Bewertung des Risikoprofils der Institute berücksichtigen muss, während Art. 7 dieser Delegierten Verordnung das relative Gewicht der einzelnen Risikofelder und Risikoindikatoren festlegt, die der SRB bei der Bewertung des Risikoprofils der einzelnen Institute anzuwenden hat.

84      Art. 8 der Delegierten Verordnung 2015/63 betrifft die Anwendung der Risikoindikatoren in besonderen Fällen.

85      Im Übrigen sieht Art. 9 („Risikoanpassung des jährlichen Grundbeitrags“) der Delegierten Verordnung 2015/63 vor, dass der SRB den Anpassungsmultiplikator auf der Grundlage der in Art. 6 dieser Delegierten Verordnung genannten Risikoindikatoren entsprechend der in Anhang I der Delegierten Verordnung enthaltenen Formel und den dort beschriebenen Verfahren bestimmt und den jährlichen Beitrag der einzelnen Institute für jeden Beitragszeitraum entsprechend der in Anhang I der Delegierten Verordnung enthaltenen Formel und den dort beschriebenen Verfahren durch Multiplikation des jährlichen Grundbeitrags mit diesem Anpassungsmultiplikator ermittelt.

86      Schließlich legt Anhang I der Delegierten Verordnung 2015/63 das Verfahren zur Berechnung der jährlichen Beiträge von Instituten in mehreren Schritten fest.

1)      Zur ersten Einrede der Rechtswidrigkeit: Die Delegierte Verordnung 2015/63 überschreite die der Kommission durch die Richtlinie 2014/59 eingeräumten Zuständigkeiten

87      Die Klägerin führt aus, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 über die in der Richtlinie 2014/59 – dem delegierenden Rechtsakt – festgelegten Grenzen hinausgehe. Da der Rahmen dieser Richtlinie von Art. 114 Abs. 1 AEUV gesetzt sei, dürfe ein delegierter Rechtsakt den durch diesen Artikel gesetzten Rahmen nicht verlassen und sich auf Institute beziehen, denen ein Binnenmarktbezug fehle. Dies treffe auf die Klägerin zu, die gerade dabei sei, ihre Geschäftstätigkeit einzustellen.

88      Der SRB und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

89      Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Einrede der Rechtswidrigkeit auf der falschen Prämisse beruht, dass die Klägerin „keinen Binnenmarktbezug“ habe.

90      Auch wenn die Klägerin dabei ist, ihre Geschäftstätigkeit zu beenden, führt sie nach eigenen Angaben weiterhin Bankgeschäfte durch und erbringt Finanzdienstleistungen. Sie nimmt auf diese Weise also am Handel im Binnenmarkt teil.

91      Unter der Annahme, dass die Rüge der Klägerin dahin zu verstehen ist, dass die Kommission verpflichtet gewesen sei, Institute, die nur eingeschränkt im Binnenmarkt tätig seien, vom Anwendungsbereich der Delegierten Verordnung 2015/63 auszunehmen, ist schließlich Folgendes zu beachten.

92      Die auf der nationalen Grundlage berechneten im Voraus erhobenen Beiträge werden gemäß Art. 103 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 vorgeschrieben.

93      Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass die „Institute“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Nr. 23 der Richtlinie 2014/59 diese Beiträge entrichten müssen.

94      Gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 23 der Richtlinie 2014/59 in Verbindung mit ihrem Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 gehören zu diesen Instituten u. a. Kreditinstitute im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. 2013, L 176, S. 1, berichtigt in ABl. 2013, L 321, S. 6, und ABl. 2021, L 261, S. 60), mit Ausnahme der Unternehmen im Sinne von Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. 2013, L 176, S. 338).

95      Nach Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung Nr. 575/2013 ist ein „Kreditinstitut“ ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren, und zwar unabhängig vom Umfang dieser Tätigkeiten.

96      Ebenso schließt Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2013/36 zwar bestimmte Unternehmen vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie aus; dies gilt jedoch nicht für Institute, die nur eingeschränkt im Binnenmarkt tätig sind, wie etwa Institute, die sich im Rückbau befinden.

97      Nach alledem verpflichtet Art. 103 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 alle von ihm umfassten Institute zur Entrichtung der im Voraus erhobenen Beiträge, unabhängig vom Grad der Intensität ihrer Tätigkeit im Binnenmarkt.

98      Auch Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59, der die Rechtsgrundlage der Delegierten Verordnung 2015/63 bildet, verpflichtet die Kommission nicht, bestimmte Institute von der Verpflichtung zur Entrichtung der im Voraus erhobenen Beiträge auszunehmen, weil sie aufgrund des Umstands, dass sie sich im Rückbau befinden, nur eingeschränkt im Binnenmarkt tätig sind.

99      Vor diesem Hintergrund ist das Argument der Klägerin, wonach die Verordnung 2015/63 gegen die Richtlinie 2014/59 verstoße, da sie solche Institute nicht von ihrem Anwendungsbereich ausgenommen habe, zurückzuweisen.

100    Dieses Ergebnis wird nicht durch das Argument der Klägerin entkräftet, wonach sich aus der Systematik und der Zielsetzung der Richtlinie 2014/59 und der Delegierten Verordnung 2015/63 sowie aus deren Auslegung im Licht von Art. 114 AEUV ergebe, dass diese Rechtsakte Institute, die sich im Rückbau befänden und nicht mit anderen im Binnenmarkt tätigen Instituten im Wettbewerb stünden, nicht zur Entrichtung der im Voraus erhobenen Beiträge verpflichteten.

101    Hierzu ist zum einen festzustellen, dass der Wortlaut der oben in den Rn. 93, 94 und 98 genannten Bestimmungen hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs dieser Verpflichtung und der fehlenden Verpflichtung der Kommission, bestimmte Arten von Instituten von diesem Anwendungsbereich auszunehmen, klar und präzise ist. Zum anderen ergibt sich aus Rn. 90 dieses Urteils, dass die Klägerin nach wie vor im Binnenmarkt tätig ist.

102    Nach alledem ist diese Einrede der Rechtswidrigkeit zurückzuweisen.

2)      Zur zweiten Einrede der Rechtswidrigkeit: Die Delegierte Verordnung 2015/63 verletze wesentliche Aspekte der Richtlinie 2014/59

103    Die Klägerin bringt im Wesentlichen vor, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 das Risikoprofil der betroffenen Institute bei der Entwicklung der Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge nicht ausreichend berücksichtigt habe. Art. 6 der Delegierten Verordnung 2015/63 verstoße somit gegen eine wesentliche Bestimmung der Richtlinie 2014/59, und zwar gegen ihren Art. 103 Abs. 7.

104    Dieser Verstoß ergebe sich insbesondere daraus, dass Art. 6 der Delegierten Verordnung 2015/63 für Institute wie die Klägerin, deren Risikoexponiertheit, Abwicklungswahrscheinlichkeit oder Bedeutung für die Stabilität der Finanzmärkte stark gemindert seien oder gar nicht vorlägen, weder eine Verminderung der im Voraus erhobenen Beiträge noch eine Befreiung davon vorsehe.

105    Der SRB und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

106    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Kontext einer übertragenen Befugnis im Sinne von Art. 290 AEUV im Rahmen der Ausübung der ihr übertragenen Befugnisse über ein weites Ermessen verfügt, insbesondere dann, wenn sie komplexe Beurteilungen und Prüfungen vornehmen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Mai 2017, Dyson/Kommission, C‑44/16 P, EU:C:2017:357, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107    Dies ist bei der Festlegung der Kriterien für die Anpassung der im Voraus erhobenen Beiträge an das Risikoprofil nach Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 der Fall.

108    Insoweit ist daran zu erinnern, dass die besondere Natur dieser Beiträge – wie sich aus den Erwägungsgründen 105 bis 107 der Richtlinie 2014/59 und dem 41. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 ergibt – darin besteht, in einer auf dem Versicherungsgedanken basierenden Logik sicherzustellen, dass der Finanzsektor dem SRM ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stellt, damit er seine Aufgaben erfüllen kann, und dabei für die betroffenen Institute Anreize zu schaffen, weniger riskant zu operieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 113).

109    In diesem Zusammenhang hat der Unionsgesetzgeber, wie sich aus dem 114. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/59 ergibt, die Kommission beauftragt, in einem delegierten Rechtsakt zu bestimmen, in welcher Weise die Beiträge von Instituten zu Abwicklungsfinanzierungsregelungen im Verhältnis zu ihrem Risikoprofil angepasst werden sollten.

110    Desgleichen stellt der 107. Erwägungsgrund dieser Richtlinie klar, dass die im Voraus erhobenen Beiträge zu den nationalen Finanzierungsmechanismen, um ihre faire Berechnung sicherzustellen und Anreize zu schaffen, weniger riskant zu operieren, dem Ausmaß des Kredit‑, Liquiditäts- und Marktrisikos Rechnung tragen sollten, das die Institute eingehen.

111    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission Regeln für die Anpassung der im Voraus erhobenen Beiträge an das Risikoprofil der Institute aufstellen musste, indem sie zwei miteinander verbundene Ziele verfolgte, nämlich zum einen sicherzustellen, dass die verschiedenen Risiken, die die Bank- und – allgemeiner – Finanztätigkeiten der Institute mit sich bringen, berücksichtigt werden, und zum anderen, Anreize zu schaffen, damit diese Institute weniger riskant operieren.

112    Wie aus den Dokumenten im Zusammenhang mit dem Erlass der Delegierten Verordnung 2015/63 hervorgeht, insbesondere aus den Dokumenten „JRC technical work supporting Commission second level legislation on risk based contributions to the (single) resolution fund“ (Technische Studie des JRC [Joint Research Centre; Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission] zur Unterstützung abgeleiteter Rechtsakte der Kommission über risikobasierte Beiträge zum [einheitlichen] Abwicklungsfonds, im Folgenden: technische Studie des JRC) und „Commission Staff Working Document: estimates of the application of the proposed methodology for the calculation of contributions to resolution financing arrangements“ (Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen: Schätzungen der Anwendung der vorgeschlagenen Methodik für die Berechnung der Beiträge zu den Abwicklungsfinanzierungsmechanismen), implizierte die Ausarbeitung solcher Regeln komplexe Beurteilungen und Bewertungen seitens der Kommission, da sie die verschiedenen Gesichtspunkte prüfen musste, anhand deren die verschiedenen Arten von Risiken im Banken- und Finanzsektor erfasst werden.

113    Angesichts dessen verfügte die Kommission über ein weites Ermessen beim Aufstellen von Regeln gemäß Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59, in denen das Konzept der „Anpassung der im Voraus erhobenen Beiträge entsprechend dem Risikoprofil der Institute“ festgelegt wird.

114    Unter diesen Umständen muss sich die Kontrolle durch das Unionsgericht hinsichtlich der Methode zur Anpassung der jährlichen Grundbeiträge nach Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 auf die Prüfung beschränken, ob die Ausübung des der Kommission eingeräumten Ermessens offensichtlich fehlerhaft ist, einen Ermessensmissbrauch darstellt oder die Kommission die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juli 2011, Etimine, C‑15/10, EU:C:2011:504, Rn. 60).

115    Folglich ist es Sache der Klägerin, nachzuweisen, dass Art. 6 der Verordnung 2015/63 mit diesen Mängeln behaftet ist.

116    Hierzu geht zunächst aus den Rn. 92 bis 97 dieses Urteils hervor, dass die Richtlinie 2014/59 in Bezug auf die Verpflichtung, im Voraus erhobene Beiträge zu entrichten, keine Befreiung für Institute vorsieht, deren Risikoexponiertheit, Abwicklungswahrscheinlichkeit oder Bedeutung für die Stabilität der Finanzmärkte eingeschränkt ist. Auch die Verordnung Nr. 806/2014 kennt keine derartige Befreiung.

117    Abgesehen von Eigenmitteln und gedeckten Einlagen ist hinsichtlich der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge auch weder in der Richtlinie 2014/59 noch in der Verordnung Nr. 806/2014 eine Befreiung in Bezug auf bestimmte Verbindlichkeiten von Instituten, wie etwa treuhänderisch gehaltene Verbindlichkeiten, vorgesehen.

118    Nach Art. 103 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 und Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 sind also grundsätzlich alle Institute verpflichtet, im Voraus erhobene Beiträge zu entrichten, und mit Ausnahme von Eigenmitteln und gedeckten Einlagen sind bei der Berechnung dieser Beiträge grundsätzlich alle Verbindlichkeiten dieser Institute zu berücksichtigen.

119    Dieser Ansatz entspricht der auf dem Versicherungsgedanken basierenden Logik des Systems der im Voraus erhobenen Beiträge, wonach der gesamte Finanzsektor dem SRM ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stellt, damit er seine Aufgaben erfüllen kann (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 113). Dieser Logik folgend profitieren nämlich alle Institute, einschließlich jener, deren Abwicklungswahrscheinlichkeit aufgrund ihrer Verbindlichkeiten angeblich geringer ausfällt, im Wege der durch den SRF gewährleisteten Stabilität des Finanzsystems von ihren im Voraus erhobenen Beiträgen.

120    Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin nicht geltend machen, dass die Kommission Institute mit treuhänderisch gehaltenen Verbindlichkeiten vom System der im Voraus erhobenen Beiträge hätte ausnehmen müssen oder dass sie solche Verbindlichkeiten für diese Beiträge nicht hätte berücksichtigen dürfen, und zwar nur deshalb, weil diese mit einem niedrigeren Risiko behaftet seien oder weil ein Institut mit solchen Verbindlichkeiten einer geringeren Abwicklungswahrscheinlichkeit ausgesetzt oder für die Stabilität der Finanzmärkte weniger bedeutend sei.

121    Sodann wird der im Voraus erhobene Beitrag gemäß Art. 103 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 sowie gemäß Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 entsprechend dem Risikoprofil der Institute angepasst. Gemäß Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 wird der Kommission die Befugnis übertragen, durch einen delegierten Rechtsakt die Modalitäten dieser Anpassung der im Voraus erhobenen Beiträge entsprechend dem Risikoprofil von Instituten festzulegen.

122    Zu diesem Zweck sieht Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 acht Punkte vor, die die Kommission für diese Anpassung zu berücksichtigen hat. Die „Risikoexponiertheit des Instituts“, die „Wahrscheinlichkeit einer Abwicklung des Instituts“ und die „Bedeutung des Instituts für die Stabilität des Finanzsystems oder der Wirtschaft eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder der Union“ zählen zwar zu diesen Punkten, so dass die Kommission ihnen beim Erlass eines delegierten Rechtsakts wie der Delegierten Verordnung 2015/63 Rechnung zu tragen hat; es handelt sich dabei jedoch nur um drei von acht Punkten, die von der Kommission bei der Erarbeitung eines solchen Rechtsakts zu berücksichtigen sind.

123    In Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 deutet auch nichts darauf hin, dass die Kommission einem oder mehreren der genannten Punkte besondere Beachtung schenken muss.

124    Schließlich wurden die drei von der Klägerin genannten Punkte betreffend Institute, die sich in einer vergleichbaren Situation befinden wie sie, nämlich die Risikoexponiertheit dieser Institute, ihre Abwicklungswahrscheinlichkeit oder ihre Bedeutung für die Stabilität der Finanzmärkte, im Zusammenhang mit den verschiedenen, in Art. 6 der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehenen Risikofeldern und Risikoindikatoren sehr wohl berücksichtigt, so dass die besondere Situation dieser Institute in der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge widergespiegelt wird.

125    Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin weder dargetan, dass Art. 6 der Delegierten Verordnung 2015/63 offensichtlich fehlerhaft ist oder einen Ermessensmissbrauch darstellt, noch, dass die Kommission durch seinen Erlass die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat, nur weil diese Bestimmung für Institute wie die Klägerin, deren Risikoexponiertheit, Abwicklungswahrscheinlichkeit oder Bedeutung für die Stabilität der Finanzmärkte stark gemindert seien oder gar nicht vorlägen, weder eine Verminderung der im Voraus erhobenen Beiträge noch eine Befreiung davon vorsehe.

126    Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, wonach die Delegierte Verordnung 2015/63 keinen Mechanismus vorsehe, der einem besonders risikoarmen Geschäftsmodell Rechnung trage, was sich daraus ergebe, dass gemäß Art. 6 Abs. 6 Buchst. a dieser Delegierten Verordnung das „Geschäftsmodell insgesamt“ eines Instituts vom SRB nur für die Erhöhung des im Voraus erhobenen Beitrags des betroffenen Instituts berücksichtigt werden könne.

127    Gemäß Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 hat die Kommission beim Erlass von delegierten Rechtsakten zur Umsetzung dieser Bestimmung nämlich die in ihren Buchst. a) bis h) genannten Aspekte zu berücksichtigen, um das Konzept der „Anpassung der im Voraus erhobenen Beiträge entsprechend dem Risikoprofil von Instituten“ festzulegen. Art. 103 Abs. 7 dieser Richtlinie enthält jedoch keine Verpflichtung der Kommission, ein Risikofeld oder einen Risikoindikator vorzusehen, in dessen Rahmen das Geschäftsmodell eines Instituts als solches zu einer Verminderung des im Voraus erhobenen Beitrags dieses Instituts führen könnte.

128    Außerdem ermöglichen die verschiedenen in Art. 6 der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehenen Risikofelder und Risikoindikatoren die gezielte Berücksichtigung diverser Merkmale eines risikoarmen Geschäftsmodells, so dass einem Institut mit einem solchen Modell ein niedrigerer im Voraus erhobener Beitrag vorgeschrieben wird.

129    Nach alledem ist diese Einrede der Rechtswidrigkeit zurückzuweisen.

3)      Zur dritten Einrede der Rechtswidrigkeit: Weiterübertragung von Befugnissen an den SRB

130    Die Klägerin bringt vor, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 gegen Art. 290 Abs. 1 AEUV verstoße, weil ihr Art. 6 Abs. 1 Buchst. d dem SRB die Befugnis einräume, zusätzliche Risikoindikatoren zu bestimmen. Nach Art. 290 Abs. 1 AEUV und Art. 103 Abs. 7 Buchst. d der Richtlinie 2014/59 müsse jedoch die Kommission festlegen, wie die von Instituten geschuldeten im Voraus erhobenen Beiträge im Hinblick auf deren Abwicklungswahrscheinlichkeit anzupassen seien, und könne sie diese Befugnis nicht weiterübertragen.

131    Die Rechtswidrigkeit der Delegierten Verordnung 2015/63 könne weder durch ihren Art. 6 Abs. 5 bis 8, der die Details zur Bestimmung verschiedener Risikosubindikatoren festlege, noch durch ihren Art. 7 Abs. 4, der eine Gewichtung der Risikosubindikatoren vorsehe, ausgeglichen werden.

132    Der SRB und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

133    Zunächst ist das Argument der Kommission zurückzuweisen, wonach diese Rüge fehlgehe, weil die Delegierte Verordnung 2015/63 isoliert betrachtet nicht an den SRB gerichtet sei, sondern lediglich an die nationalen Abwicklungsbehörden, und der SRB nur aufgrund von Art. 70 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 an die Bestimmungen der Delegierten Verordnung 2015/63 gebunden sei.

134    Es trifft zu, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 auf der Grundlage von Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 erlassen wurde und dass sich Art. 6 Abs. 1 Buchst. d dieser Delegierten Verordnung somit zunächst nur an die NRA richtet. Diese Bestimmung wurde erst mittels Art. 70 Abs. 6 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 auf den SRB ausgeweitet; diese sehen nämlich vor, dass die auf der Grundlage von Art. 103 Abs. 7 erlassenen delegierten Rechtsakte auch für die Bestimmung der im Voraus erhobenen Beiträge gemäß der Verordnung Nr. 806/2014 gelten und dass der SRB für die Anwendung der Verordnung Nr. 806/2014 und der Richtlinie 2014/59 als NRA betrachtet wird, wenn er Aufgaben wahrnimmt oder Befugnisse ausübt, die gemäß dieser Richtlinie den NRA anvertraut sind.

135    Vor diesem Hintergrund kann das Argument der Kommission dahin verstanden werden, dass die Befugnisse gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. d der Delegierten Verordnung 2015/63 nicht im Wege einer in der Delegierten Verordnung 2015/63 zum Ausdruck gebrachten Entscheidung der Kommission, sondern im Wege einer in der Verordnung Nr. 806/2014 zum Ausdruck gebrachten Entscheidung des Unionsgesetzgebers auf den SRB übertragen worden seien. Somit habe die Kommission keine ihrer Befugnisse an den SRB weiterübertragen, sondern der Unionsgesetzgeber habe diese mittels eines Rechtsakts direkt dem SRB eingeräumt.

136    Eine solche Schlussfolgerung scheitert aber an der Chronologie des Erlasses der in Rede stehenden Rechtsakte, insbesondere in Anbetracht des Umstands, dass die Verordnung Nr. 806/2014 vor der Delegierten Verordnung 2015/63 erlassen wurde. Die Verordnung Nr. 806/2014 wurde nämlich am 15. Juli 2014 erlassen, also zwei Monate nach Erlass der Richtlinie 2014/59, während die Delegierte Verordnung 2015/63 erst am 21. Oktober 2014, also über drei Monate später, erlassen wurde.

137    Daraus folgt zum einen, dass der Unionsgesetzgeber durch den Erlass der Verordnung Nr. 806/2014 nicht zustimmen konnte, dass ein Teil der durch Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 an die Kommission übertragenen Befugnisse potenziell durch die Delegierte Verordnung 2015/63 an den SRB weiterübertragen wird. Zum anderen musste der Kommission beim Erlass der Delegierten Verordnung 2015/63 bewusst gewesen sein, dass eine Übertragung bestimmter Befugnisse auf die „Abwicklungsbehörden“ durch Art. 6 Abs. 1 Buchst. d dieser Verordnung bedeuten würde, dass diese Befugnisse in Bezug auf die Mitgliedstaaten, an die sich die Verordnung Nr. 806/2014 richtet, an den SRB übertragen würden.

138    Dass sich die Kommission dieses Umstands bewusst war, lässt sich im Übrigen dem Wortlaut des siebten Erwägungsgrundes der Delegierten Verordnung 2015/63 entnehmen, nach dem „der Begriff der Abwicklungsbehörde im Sinne dieser [Delegierten] Verordnung auch den Ausschuss [für die einheitliche Abwicklung, kurz: SRB] umfassen [sollte]“.

139    Die Entscheidung, dem SRB im Zusammenhang mit dem Risikofeld „von der Abwicklungsbehörde zu bestimmende zusätzliche Risikoindikatoren“ (im Folgenden: Risikofeld IV) bestimmte Befugnisse zu übertragen – und zwar unabhängig von ihrer Art –, wurde somit von der Kommission getroffen, und zwar anlässlich des Erlasses der Delegierten Verordnung 2015/63.

140    In weiterer Folge ist die Art der Befugnisse zu prüfen, die dem SRB eingeräumt wurden, um zu bestimmen, ob die Kommission ihm nach Art. 290 Abs. 1 AEUV Befugnisse übertragen hat.

141    Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. d der Delegierten Verordnung 2015/63 besteht das Risikofeld IV aus zusätzlichen Risikoindikatoren, die von der NRA zu bestimmen sind.

142    Nach Art. 6 Abs. 5 Unterabs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 setzt sich das Risikofeld IV aus drei Risikoindikatoren zusammen, und zwar erstens „Handelstätigkeiten, außerbilanzielle Risiken, Derivate, Komplexität und Abwicklungsfähigkeit“, zweitens der „Mitgliedschaft in einem institutsbezogenen Sicherungssystem“ und drittens dem „Umfang einer vorausgegangenen außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln“.

143    Nach Art. 6 Abs. 5 Unterabs. 2 der Delegierten Verordnung 2015/63 hat der SRB bei der Bestimmung dieser Risikoindikatoren „der Wahrscheinlichkeit einer Abwicklung des betreffenden Instituts und damit der Inanspruchnahme des Abwicklungsfinanzierungsmechanismus“ Rechnung zu tragen.

144    Aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 5 Unterabs. 2 der Delegierten Verordnung 2015/63 ergibt sich, dass diese Bestimmung dem SRB einen Ermessensspielraum in Bezug auf die Art und Weise einräumt, in der er bei der Bestimmung dieser Risikoindikatoren „der Wahrscheinlichkeit einer Abwicklung des betreffenden Instituts und damit der Inanspruchnahme des Abwicklungsfinanzierungsmechanismus“ „Rechnung [zu tragen hat]“, denn die in dieser Bestimmung angegebenen Kriterien müssen durch den SRB präzisiert werden, um auf den Einzelfall angewandt werden zu können.

145    Hinsichtlich des ersten zum Risikofeld IV gehörenden Risikoindikators, der die Handelstätigkeiten, die außerbilanziellen Risiken, die Derivate, die Komplexität und die Abwicklungsfähigkeit des Instituts betrifft, sieht Art. 6 Abs. 6 der Delegierten Verordnung 2015/63 mehrere Faktoren vor, denen der SRB bei der Bestimmung dieses Indikators Rechnung zu tragen hat; einige von diesen können zu einer Erhöhung des Risikoprofils des betreffenden Instituts, andere zu dessen Verringerung führen.

146    So können vier Faktoren zu einer Erhöhung dieses Risikoprofils führen: erstens „[die] Bedeutung von Handelstätigkeiten mit Blick auf Bilanzhöhe, Eigenmittelanteil, Risikograd der Exponierungen und das Geschäftsmodell insgesamt“, zweitens „[die] Bedeutung außerbilanzieller Risiken mit Blick auf Bilanzhöhe, Eigenmittelanteil und Risikograd der Exponierungen“, drittens „[die] Bedeutung des Betrags von Derivaten mit Blick auf Bilanzhöhe, Eigenmittelanteil, Risikograd der Exponierungen und das Geschäftsmodell insgesamt“ und viertens „[der Umfang], in dem Geschäftsmodell und Organisationsstruktur eines Instituts … als komplex anzusehen sind“.

147    Zwei Faktoren können zu einer Verringerung dieses Risikoprofils führen: der „[relative Betrag] von Derivaten, die über eine zentrale Gegenpartei … abgerechnet werden“, und der „[Umfang], in dem ein Institut … sofort und ohne rechtliche Hindernisse abgewickelt werden kann“.

148    Aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 6 der Delegierten Verordnung 2015/63 ergibt sich, dass diese Bestimmung dem SRB ein Ermessen hinsichtlich der „Bedeutung“ einräumt, die der SRB den „Handelstätigkeiten“, den „außerbilanzielle[n] Risiken“ und dem „[Betrag] von Derivaten“ sowie dem Verhältnis zwischen den verschiedenen in dieser Bestimmung genannten Faktoren beizumessen hat.

149    Mithin ergibt sich zwar aus Art. 6 Abs. 6 der Delegierten Verordnung 2015/63, dass nach dem ersten in dieser Bestimmung genannten Risikosubindikator die Bedeutung der „Handelstätigkeiten“ mit Blick auf Bilanzhöhe, Eigenmittelanteil, Risikograd der Exponierungen und das Geschäftsmodell insgesamt zu vergleichen ist. Allerdings enthält diese Bestimmung keine näheren Angaben zur konkreten Durchführung dieses Vergleichs.

150    Gleiches gilt für den zweiten und den dritten Risikosubindikator, die in Art. 6 Abs. 6 Buchst. a Ziff. ii und iii der Delegierten Verordnung 2015/63 genannt sind.

151    Darüber hinaus ergibt sich hinsichtlich der Bestimmung des Risikoindikators der „Mitgliedschaft in einem institutsbezogenen Sicherungssystem“ aus Art. 6 Abs. 7 der Delegierten Verordnung 2015/63, dass der SRB zu berücksichtigen hat, ob die unmittelbar zur Verfügung stehenden Mittel hoch genug im Vergleich zu denjenigen sind, derer es bedarf, „um eine glaubwürdige und wirksame Unterstützung des [betreffenden] Instituts zu ermöglichen“, und inwieweit dahin gehend Rechts- und Vertragssicherheit besteht, dass diese Mittel „in vollem Umfang eingesetzt werden, bevor eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mittel[n] beantragt werden kann“.

152    Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung geht hervor, dass der SRB hinsichtlich der Erfüllung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen – die sich darauf beziehen, dass die verfügbaren Mittel des betreffenden institutsbezogenen Sicherungssystems hoch genug sind im Verhältnis zu denjenigen, derer es zur Finanzierung des in Rede stehenden Instituts bedarf, und das Maß an Rechts‑ oder Vertragssicherheit in Bezug auf diese Mittel betreffen – über einen Ermessensspielraum verfügt.

153    Gleiches gilt für die in Art. 7 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehene Gewichtung der verschiedenen Risikoindikatoren im Rahmen des Risikofelds IV.

154    Auch wenn nämlich Art. 7 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 das relative Gewicht der drei Risikoindikatoren, aus denen sich das Risikofeld IV zusammensetzt und die oben in Rn. 142 genannt sind, klar angibt, geht aus dieser Bestimmung nicht hervor, wie die Gewichtung der verschiedenen Risikosubindikatoren innerhalb der ersten beiden Risikoindikatoren vorzunehmen ist. Insbesondere stellt diese Bestimmung nicht klar, ob diese Gewichtung auf diese Risikosubindikatoren proportional zu verteilen ist. Somit räumt Art. 7 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 dem SRB ein Ermessen bei der Festlegung der Gewichtung der verschiedenen Risikosubindikatoren ein, aus denen diese Risikoindikatoren bestehen, die gemäß Art. 6 Abs. 5 bis 7 der Delegierten Verordnung 2015/63 zu berücksichtigen sind.

155    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Bestimmungen von Art. 6 Abs. 5 bis 7 und Art. 7 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 zum Risikofeld IV dem SRB ein Ermessen einräumen.

156    Die Gewährung eines solchen Ermessens ist aber nicht mit einer Übertragung von Befugnissen durch die Kommission an den SRB im Sinne von Art. 290 Abs. 1 AEUV gleichzusetzen.

157    Hierzu ist festzustellen, dass zwischen der Befugnis nach Art. 290 Abs. 1 AEUV – also der Befugnis, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzgebungsakts zu erlassen – und der Befugnis, Rechtsakte mit allgemeiner Geltung – mit oder ohne Gesetzescharakter – auf Personen oder Situationen anzuwenden, die in den Anwendungsbereich dieser Rechtsakte fallen, zu unterscheiden ist.

158    Die Delegierte Verordnung 2015/63 enthält zum einen keine Bestimmung, mit der die Kommission den SRB beauftragt hätte, Rechtsakte mit allgemeiner Geltung zur Ergänzung oder Änderung bestimmter Vorschriften der Richtlinie 2014/59, der Verordnung Nr. 806/2014 oder dieser Delegierten Verordnung zu erlassen. Mehrere Vorschriften dieser Delegierten Verordnung, etwa die Art. 4 und 6 bis 9 bestätigen hingegen die dem SRB durch die Richtlinie 2014/59 und die Verordnung Nr. 806/2014 übertragene Befugnis, diese Rechtsakte mit allgemeiner Geltung anzuwenden, indem er die im Voraus erhobenen Beiträge der in den Anwendungsbereich dieser Rechtsakte fallenden Institute berechnet.

159    Zum anderen hat die Kommission trotz der in Art. 6 Abs. 1 Buchst. d der Delegierten Verordnung 2015/63 für das Risikofeld IV gewählten Bezeichnung – „von der Abwicklungsbehörde zu bestimmende zusätzliche Risikoindikatoren“ – die wesentlichen Grundsätze für die Anwendung dieses Risikofelds in Art. 6 Abs. 5 bis 8 dieser Delegierten Verordnung selbst vorgegeben. In Art. 7 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 hat die Kommission auch das relative Gewicht der Risikoindikatoren dieses Risikofelds geregelt.

160    Daraus folgt, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 dem SRB nicht die Befugnis übertragen hat, Rechtsakte allgemeiner Geltung im Sinne von Art. 290 Abs. 1 AEUV zu erlassen.

161    Nach alledem ist diese Einrede der Rechtswidrigkeit und in weiterer Folge, was diese Einreden der Rechtswidrigkeit betrifft, der erste Klagegrund zurückzuweisen.

2.      Zum zweiten Klagegrund: Einrede der Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 806/2014, der Richtlinie 2014/59 und der Delegierten Verordnung 2015/63 wegen Verstoßes gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. c und Art. 47 der Charta

162    Mit dem zweiten Klagegrund macht die Klägerin geltend, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 es dem SRB nicht ermögliche, seine Beschlüsse ausreichend zu begründen, und erhebt daher die Einrede der Rechtswidrigkeit der Verordnung Nr. 806/2014, der Richtlinie 2014/59 und der Delegierten Verordnung 2015/63 aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta sowie gegen das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gemäß Art. 47 der Charta.

[nicht wiedergegeben]

b)      Zur Begründetheit

170    Der zweite Klagegrund besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen.

1)      Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta

171    Die Klägerin macht geltend, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 dem SRB nicht ermögliche, seine Beschlüsse ausreichend zu begründen, und erhebt deshalb eine Einrede der Rechtswidrigkeit dieser Delegierten Verordnung aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta. Insbesondere erfordere die durch die Delegierte Verordnung 2015/63 eingeführte Berechnungsmethode der im Voraus erhobenen Beiträge einen Vergleich der verschiedenen Institute, die diese Beiträge entrichten müssten, so dass die Klägerin die Richtigkeit der Berechnung ihres im Voraus erhobenen Beitrags ohne Zugang zu den Daten der anderen Institute nicht überprüfen könne. Über diesen Zugang verfüge sie jedoch nicht.

172    Das Recht auf eine begründete Entscheidung werde zudem durch die Berufung auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen der anderen Institute ausgehöhlt. Das Bereitstellen aggregierter Daten durch den SRB schaffe keinen angemessenen Ausgleich zwischen den Grundrechten der Klägerin und dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen der übrigen Institute.

173    Sofern das Gericht schließlich davon ausgehe, dass die Richtlinie 2014/59 und die Verordnung Nr. 806/2014 die in der Delegierten Verordnung 2015/63 festgelegte Berechnungsmethode zwingend vorgäben, würden diese Richtlinie und diese Verordnung insoweit ebenfalls gegen Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta verstoßen.

174    Der SRB und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

175    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Art. 4 bis 9 der Delegierten Verordnung 2015/63, wie sich aus den Rn. 82 bis 86 dieses Urteils ergibt, die Regeln enthalten, die der SRB anzuwenden hat, um den jährlichen Grundbeitrag zu bestimmen und ihn entsprechend dem Risikoprofil der Institute anzupassen. Diese Regeln werden sodann konkreter in Anhang I dieser Delegierten Verordnung umgesetzt.

176    Nach Anhang I Schritt 2 der Delegierten Verordnung 2015/63 hat der SRB als Erstes eine Anzahl von Klassen zu berechnen, um die Institute unter Berücksichtigung der verschiedenen Risikoindikatoren und ‑subindikatoren zu vergleichen. Als Zweites muss er grundsätzlich jeder Klasse dieselbe Anzahl von Instituten zuordnen, wobei zunächst die Institute mit den niedrigsten Rohindikatorwerten der ersten Klasse zugeordnet werden. Als Drittes hat der SRB allen in einer bestimmten Klasse enthaltenen Instituten den gleichen, als „diskretisierten Indikator“ bezeichneten Positionswert zuzuweisen, den er für die übrige Berechnung ihres Anpassungsmultiplikators zu berücksichtigen hat.

177    Nach Art. 296 Abs. 2 AEUV sind Rechtsakte mit einer Begründung zu versehen. Ebenso sieht das in Art. 41 der Charta verankerte Recht auf eine gute Verwaltung die Verpflichtung der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union vor, ihre Entscheidungen zu begründen.

178    Der Begründung einer Entscheidung eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union kommt eine ganz besondere Bedeutung zu, da sie es dem Betroffenen ermöglicht, in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob er einen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen möchte, und dem zuständigen Gericht, seine Kontrolle auszuüben, so dass sie eine der Voraussetzungen für die Wirksamkeit der durch Art. 47 der Charta gewährleisteten gerichtlichen Kontrolle darstellt (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).

179    Die Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen wurde, angepasst sein. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet und insbesondere anhand des Interesses, das die vom Rechtsakt betroffenen Personen an Erläuterungen haben können. Ein beschwerender Rechtsakt ist folglich hinreichend begründet, wenn er in einem Kontext ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

180    Für die Prüfung, ob die Begründung bei einem Beschluss zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge ausreichend ist, ist erstens darauf hinzuweisen, dass aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht abgeleitet werden kann, dass die Begründung jeder Entscheidung eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union, mit der einem privaten Wirtschaftsteilnehmer die Zahlung eines Geldbetrags auferlegt wird, zwingend sämtliche Elemente enthalten muss, die es ihrem Adressaten ermöglichen, die Richtigkeit der Berechnung der Höhe dieses Geldbetrags zu überprüfen (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung).

181    Zweitens sind die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union nach dem Grundsatz des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen, einem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, der u. a. in Art. 339 AEUV konkretisiert wird, grundsätzlich verpflichtet, den Wettbewerbern eines privaten Wirtschaftsteilnehmers von diesem erteilte vertrauliche Informationen nicht preiszugeben (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).

182    Drittens würde die Annahme, dass die Begründung des Beschlusses des SRB zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge es den Instituten zwingend ermöglichen muss, die Richtigkeit der Berechnung ihres jeweiligen im Voraus erhobenen Beitrags zu überprüfen, zwangsläufig bedeuten, es dem Unionsgesetzgeber zu verwehren, einen Modus für die Berechnung dieses Beitrags einzuführen, der Daten einbezieht, deren Vertraulichkeit durch das Unionsrecht geschützt ist, und damit das weite Ermessen, über das der Gesetzgeber zu diesem Zweck verfügen muss, übermäßig einzuschränken, indem er u. a. daran gehindert würde, sich für eine Methode zu entscheiden, die geeignet ist, eine dynamische Anpassung der Finanzierung des SRF an die Entwicklungen des Finanzsektors zu gewährleisten, indem sie vergleichend insbesondere die finanzielle Situation aller im Gebiet eines am SRF teilnehmenden Mitgliedstaats zugelassenen Institute berücksichtigt (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 118).

183    Viertens ergibt sich aus dem Vorstehenden zwar, dass die Begründungspflicht des SRB aufgrund der Logik des Systems der Finanzierung des SRF und des vom Unionsgesetzgeber festgelegten Berechnungsmodus gegen die Pflicht des SRB zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses der betreffenden Institute abgewogen werden muss, doch darf die letztgenannte Pflicht nicht so extensiv ausgelegt werden, dass dadurch die Begründungspflicht ihres Inhalts beraubt wird (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 120).

184    Allerdings kann im Rahmen der Abwägung zwischen der Begründungspflicht und dem Grundsatz des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen nicht davon ausgegangen werden, dass die Begründung einer Entscheidung, mit der einem privaten Wirtschaftsteilnehmer die Zahlung eines Geldbetrags auferlegt wird, ohne dass ihm sämtliche Informationen gegeben werden, anhand deren die Richtigkeit der Berechnung der Höhe dieses Geldbetrags überprüft werden kann, zwangsläufig in allen Fällen den Inhalt der Begründungspflicht beeinträchtigt (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 121).

185    In Bezug auf den Beschluss des SRB zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge ist die Begründungspflicht als erfüllt anzusehen, wenn den von diesem Beschluss betroffenen Personen zwar keine unter das Geschäftsgeheimnis fallenden Daten übermittelt werden, sie aber über die vom SRB angewandte Berechnungsmethode und über ausreichende Informationen verfügen, um im Wesentlichen nachzuvollziehen, auf welche Weise ihre individuelle Situation bei der Berechnung ihres im Voraus erhobenen Beitrags in Anbetracht der Situation aller anderen betroffenen Institute berücksichtigt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 122).

186    In diesem Fall sind diese Personen nämlich in der Lage, zu überprüfen, ob ihr im Voraus erhobener Beitrag willkürlich unter Verkennung der Realität ihrer wirtschaftlichen Situation oder unter Verwendung nicht plausibler Daten betreffend den restlichen Finanzsektor festgesetzt worden ist. Somit können diese Personen die Gründe für den Beschluss zur Festsetzung ihres im Voraus erhobenen Beitrags nachvollziehen und beurteilen, ob es zweckmäßig erscheint, gegen diesen Beschluss Klage zu erheben, so dass es übertrieben wäre, vom SRB zu verlangen, jede Zahl, auf die sich die Berechnung des Beitrags jedes betroffenen Instituts stützt, mitzuteilen (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 123).

187    Folglich ist der SRB insbesondere nicht verpflichtet, einem Institut die Daten zur Verfügung zu stellen, die es diesem ermöglichen würden, die Richtigkeit des Wertes des Anpassungsmultiplikators vollständig zu überprüfen, da eine solche Überprüfung unter das Geschäftsgeheimnis fallende Daten betreffend die wirtschaftliche Situation jedes der anderen betroffenen Institute erfordern würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 135).

188    Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuweisen, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 in keiner Weise der Möglichkeit für den SRB entgegensteht, in allgemeiner und anonymisierter Form ausreichende Informationen offenzulegen, um es einem Institut zu ermöglichen, nachzuvollziehen, auf welche Weise seine individuelle Situation bei der Berechnung seines im Voraus erhobenen Beitrags in Anbetracht der Situation aller anderen betroffenen Institute berücksichtigt wurde (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 139).

189    Die Delegierte Verordnung 2015/63 ermöglicht es dem SRB insbesondere, ohne gegen seine Pflicht zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses zu verstoßen, die Grenzwerte jeder Klasse und die sich darauf beziehenden Risikoindikatoren weiterzugeben, damit sich das betreffende Institut u. a. vergewissert, dass die Klassierung, die ihm bei der Diskretisierung der Risikoindikatoren, wie sie in Anhang I der Delegierten Verordnung festgelegt wurde, zugewiesen worden ist, tatsächlich seiner wirtschaftlichen Situation entspricht, dass diese Diskretisierung gemäß der in dieser Delegierten Verordnung festgelegten Methode auf der Grundlage plausibler Daten vorgenommen worden ist und dass alle Risikofaktoren, die gemäß der Verordnung Nr. 806/2014 und der Delegierten Verordnung 2015/63 zu berücksichtigen sind, tatsächlich berücksichtigt worden sind (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 137).

190    Daraus ergibt sich, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 den SRB nicht daran hindert, seiner Begründungspflicht nachzukommen, indem sie es ihm ermöglicht, den betroffenen Instituten ausreichende Informationen zu geben, um die Gründe, die die Beschlüsse zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF rechtfertigen, nachzuvollziehen (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 141).

191    Das Gleiche gilt für die Richtlinie 2014/59 und die Verordnung Nr. 806/2014, die die Grundsätze für die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge festlegen. Die Delegierte Verordnung 2015/63, die auf der Grundlage von Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 erlassen wurde, sorgte in weiterer Folge für die Umsetzung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Grundsätze. Durch Art. 70 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 wurden die Regelungen der Delegierten Verordnung 2015/63 schließlich auf die Berechnung der nach der Verordnung Nr. 806/2014 zu entrichtenden im Voraus erhobenen Beiträge anwendbar.

192    Diese Schlussfolgerungen werden durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt.

193    Erstens ist zum Argument der Klägerin, wonach die Kommission eine Berechnungsmethode hätte festlegen können, die die im Voraus erhobenen Beiträge der einzelnen Institute nicht von den von allen anderen Instituten geschuldeten Beiträgen abhängig macht, festzustellen, dass diese gegenseitige Abhängigkeit der im Voraus erhobenen Beiträge auf eine gesetzgeberische Entscheidung zurückzuführen ist, die in den Art. 102 und 103 der Richtlinie 2014/59 sowie in den Art. 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014 zum Ausdruck kommt.

194    Da der Unionsgesetzgeber diese Methode rechtsgültig gewählt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 116), durfte die Kommission sie nicht im Wege eines delegierten Rechtsakts ändern.

195    Zweitens kann die Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Delegierten Verordnung 2015/63 nicht die Praxis anderer Finanzbehörden anführen, insbesondere der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA), die zeige, dass Beschlüsse zur Festsetzung im Voraus erhobener Beiträge anders begründet werden könnten.

196    Wie oben in den Rn. 107 bis 113 dargelegt wurde, verfügt die Kommission über ein großes Ermessen, um mittels der Delegierten Verordnung 2015/63 die Regeln für die Anpassung der im Voraus erhobenen Beiträge entsprechend dem Risikoprofil der Institute festzulegen, so dass das Gericht nicht entscheiden kann, ob der von der Kommission gewählte Ansatz der einzig mögliche oder der bestmögliche Ansatz war, sondern ob er offensichtlich ungeeignet war (vgl. entsprechend Urteil vom 12. Juli 2001, Jippes u. a., C‑189/01, EU:C:2001:420, Rn. 83). Die bloße Existenz anderer Ansätze bedeutet folglich nicht, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 rechtswidrig ist.

197    Drittens ist das Argument der Klägerin, wonach das Geschäftsgeheimnis der Institute aufgrund der bereits vergangenen Zeit weniger stark geschützt sein sollte, zurückzuweisen.

198    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind zwar Informationen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt möglicherweise Geschäftsgeheimnisse waren, wenn sie mindestens fünf Jahre alt sind, aufgrund des Zeitablaufs grundsätzlich als nicht mehr aktuell und deshalb als nicht mehr vertraulich anzusehen, es sei denn, die Partei, die sich auf die Vertraulichkeit beruft, weist ausnahmsweise nach, dass die Informationen trotz ihres Alters immer noch wesentliche Bestandteile ihrer eigenen wirtschaftlichen Stellung oder der von betroffenen Dritten sind (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 19. Juni 2018, Baumeister, C‑15/16, EU:C:2018:464, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

199    Die für die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge für einen bestimmten Beitragszeitraum herangezogenen Daten sind jedoch weniger als fünf Jahre alt. Gemäß Art. 4 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 bis 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 hat der SRB die Daten der Institute zu berücksichtigen, die bis spätestens 31. Dezember des dem Beitragszeitraum vorangehenden Jahres verfügbar waren.

200    Demnach ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes zurückzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

3.      Zum sechsten Klagegrund: Einrede der Rechtswidrigkeit der Delegierten Verordnung 2015/63

219    Der sechste Klagegrund besteht im Wesentlichen aus vier Rügen. Mit den ersten beiden Rügen erhebt die Klägerin eine Einrede der Rechtswidrigkeit gegen die Delegierte Verordnung 2015/63. Mit den anderen beiden Rügen bestreitet sie die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses selbst.

220    Zunächst sind die Einreden der Rechtswidrigkeit zu prüfen. Auf die Rügen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses wird in den Rn. 403 bis 420 dieses Urteils eingegangen.

a)      Zur Rüge der Unvereinbarkeit der Delegierten Verordnung 2015/63 mit Art. 103 Abs. 2 und 7 der Richtlinie 2014/59

221    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 die Kommission verpflichte, beim Erlass von delegierten Rechtsakten zur Umsetzung dieser Bestimmung risikolose Verbindlichkeiten wie ihre Treuhandverbindlichkeiten von der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge auszuschließen. Da die Delegierte Verordnung 2015/63 keinen solchen Ausschluss vorsehe, verstoße sie gegen Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59.

222    Der SRB und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

223    Wie oben in den Rn. 116 bis 118 ausgeführt, sind für die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge gemäß Art. 103 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 und Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 mit Ausnahme von Eigenmitteln und gedeckten Einlagen grundsätzlich alle Verbindlichkeiten eines Instituts zu berücksichtigen.

224    Außerdem wird die Kommission durch Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 nicht verpflichtet, bestimmte – angeblich risikolose – Verbindlichkeiten von der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge auszuschließen. Zum einen ist, wie oben in den Rn. 122 und 123 dargelegt, die „Risikoexponiertheit des Instituts“ gemäß Buchst. a dieser Bestimmung nur einer von mehreren Punkten, die von der Kommission beim Erlass delegierter Rechtsakte zur Umsetzung dieser Bestimmung zu berücksichtigen sind. Zum anderen ist dieser Bestimmung nicht zu entnehmen, dass die Kommission einem oder mehreren dieser Punkte eine besondere Bedeutung beizumessen hätte.

225    Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin nicht dargetan, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 nicht mit Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 vereinbar ist.

226    Diese Rüge ist daher zurückzuweisen.

b)      Zur Rüge der Unvereinbarkeit der Delegierten Verordnung 2015/63 mit Art. 114 AEUV: Die Kommission hätte die unterschiedliche nationale Umsetzung der Richtlinie 86/635 berücksichtigen müssen

227    Die Klägerin macht geltend, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 gegen Art. 114 AEUV verstoße, soweit das von einem Institut im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung gehaltene Vermögen nicht von den Verbindlichkeiten ausgeschlossen werde, die zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge herangezogen würden, da sie nicht berücksichtige, dass Art. 10 Abs. 1 Satz 3 der Richtlinie 86/635/EWG des Rates vom 8. Dezember 1986 über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (ABl. 1986, L 372, S. 1) auf nationaler Ebene unterschiedlich umgesetzt worden sei.

228    Der SRB und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

229    Gemäß Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 und Art. 103 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 errechnet der SRB für jedes Institut einen jährlichen Grundbeitrag. Dieser Beitrag ergibt sich anteilig aus dem Betrag der Nettoverbindlichkeiten des betreffenden Instituts im Verhältnis zu den aggregierten Nettoverbindlichkeiten aller im Hoheitsgebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute (für den auf der Grundlage der Bankenunion berechneten Teil dieses Beitrags) bzw. aller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem das in Rede stehende Institut seinen Sitz hat, zugelassenen Institute (für den auf der nationalen Grundlage berechneten Teil dieses Beitrags).

230    Zur Bestimmung der Verbindlichkeiten, die bei dieser Berechnung zu berücksichtigen sind, ist auf Art. 3 Nr. 11 der Delegierten Verordnung 2015/63 zu verweisen, der die „Summe der Verbindlichkeiten“ als „die Summe der Passiva im Sinne von Abschnitt 3 der Richtlinie 86/635… oder im Sinne der [i]nternationalen Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (ABl. 2002, L 243, S. 1)]“ definiert.

231    Im Übrigen muss nach Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 86/635, der zu Abschnitt 3 dieser Richtlinie gehört, Treuhandvermögen, das ein Institut im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung hält, in der Regel bilanziert werden, wenn das Institut Rechtsinhaber des Vermögens wird.

232    Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 3 der Richtlinie 86/635 können Mitgliedstaaten jedoch zulassen, dass das Treuhandvermögen von den betreffenden Instituten unter dem Strich ausgewiesen wird, sofern eine besondere Regelung es ermöglicht, sie im Fall einer gerichtlich angeordneten Liquidation des Kreditinstituts aus der Masse auszusondern.

233    Hierzu haben die Parteien bestätigt, dass gemäß den Bestimmungen, die von der Bundesrepublik Deutschland zur Umsetzung von Art. 10 der Richtlinie 86/635 erlassen wurden, Verbindlichkeiten aus der Treuhandtätigkeit der Klägerin in deren Bilanz auszuweisen seien.

234    Sie haben als Beispiel außerdem angeführt, dass die Republik Österreich von der Möglichkeit nach Art. 10 Abs. 1 Satz 3 der Richtlinie 86/635 Gebrauch gemacht habe, Instituten zu erlauben, in ihrem Namen, aber für fremde Rechnung gehaltenes Vermögen unter dem Strich auszuweisen.

235    Aus Sicht der Klägerin folgt daraus, dass ein Institut, das seinen Sitz statt in der Bundesrepublik Deutschland in einem Mitgliedstaat wie der Republik Österreich hat, mit Treuhandtätigkeiten zusammenhängende Verbindlichkeiten unter dem Strich ausweisen könne, so dass diese Verbindlichkeiten bei der Berechnung seines jährlichen Grundbeitrags nicht berücksichtigt würden.

236    In diesem Zusammenhang macht die Klägerin geltend, dass die Kommission gegen Art. 114 AEUV verstoßende Wettbewerbsverzerrungen verursacht habe, da sie diesen in Bezug auf Treuhandtätigkeiten bestehenden Unterschied zwischen den Rechnungslegungsvorschriften der unterschiedlichen Mitgliedstaaten in der Delegierten Verordnung 2015/63 nicht berücksichtigt habe.

237    Soweit die Einrede der Rechtswidrigkeit der Klägerin auf Art. 114 AEUV gestützt ist, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung für das Parlament und den Rat eine Rechtsgrundlage zum Erlass von Gesetzgebungsakten schafft, die die Beseitigung der Handelsschranken bezwecken, die sich aus den Unterschieden zwischen den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten ergeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2021, Brunswick Bowling Products/Kommission, T‑152/19, EU:T:2021:539, Rn. 37 [nicht veröffentlicht]).

238    Art. 114 AEUV ermächtigt die Kommission jedoch nicht, beim Erlass von delegierten Rechtsakten gemäß Art. 290 AEUV die ihr mittels dieser Bestimmung vom Unionsgesetzgeber übertragene Befugnis zu überschreiten. Es ist also nicht Sache der Kommission, die unterschiedliche nationale Umsetzung des Unionsrechts zu beheben, außer sie wird durch einen entsprechenden Rechtsakt dazu ermächtigt.

239    Im vorliegenden Fall wurde die Kommission weder durch die Richtlinie 2014/59 noch durch die Verordnung Nr. 806/2014 ermächtigt, die nationalen Rechnungslegungsvorschriften im Hinblick auf von einem Institut im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung gehaltenes Vermögen zu harmonisieren.

240    Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin der Kommission nicht vorwerfen, Art. 114 AEUV verletzt zu haben, indem sie durch den Erlass der Delegierten Verordnung 2015/63 Wettbewerbsverzerrungen verursacht habe, die gegen diese Bestimmung verstießen.

241    Diese Rüge ist daher zurückzuweisen.

B.      Zu den die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses betreffenden Klagegründen

1.      Zur Begründung der jährlichen Zielausstattung

242    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass eine fehlende oder unzureichende Begründung ein Gesichtspunkt zwingenden Rechts ist, den die Unionsgerichte von Amts wegen prüfen können und müssen (vgl. Urteil vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

243    Das Gericht hat die Parteien im Wege einer prozessleitenden Maßnahme und in der mündlichen Verhandlung von Amts wegen zu etwaigen Begründungsmängeln des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung befragt.

244    Für die Prüfung, ob der angefochtene Beschluss mit einem solchen Mangel behaftet ist, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 69 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 bis zum Ende der Aufbauphase von acht Jahren ab dem 1. Januar 2016 (im Folgenden: Aufbauphase) die im SRF verfügbaren Mittel die endgültige Zielausstattung erreichen müssen, die mindestens 1 % der gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute entspricht.

245    Nach Art. 69 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 müssen die im Voraus erhobenen Beiträge während der Aufbauphase zeitlich so gleichmäßig wie möglich gestaffelt werden, bis die oben in Rn. 244 erwähnte endgültige Zielausstattung erreicht ist, wobei jedoch die Konjunkturphase und die etwaigen Auswirkungen prozyklischer Beiträge auf die Finanzlage der Institute zu berücksichtigen sind.

246    Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 bestimmt, dass die Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten sind, jährlich 12,5 % der endgültigen Zielausstattung nicht übersteigen dürfen.

247    Was die Vorgehensweise zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge betrifft, sieht Art. 4 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2015/63 vor, dass der SRB deren Höhe auf der Grundlage der jährlichen Zielausstattung und unter Berücksichtigung der endgültigen Zielausstattung sowie auf der Grundlage des auf Quartalsbasis berechneten durchschnittlichen Betrags der im vorangegangenen Jahr gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute festlegt.

248    Desgleichen bestimmt Art. 4 der Durchführungsverordnung 2015/81, dass der SRB den im Voraus erhobenen Beitrag für jedes Institut auf der Grundlage der jährlichen Zielausstattung berechnet, die unter Bezugnahme auf die endgültige Zielausstattung und in Einklang mit der in der Delegierten Verordnung 2015/63 dargelegten Methodik festzulegen ist.

249    Im vorliegenden Fall hat der SRB, wie aus Rn. 48 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, die Höhe der jährlichen Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 auf 11 287 677 212,56 Euro festgesetzt.

250    In den Rn. 36 und 37 des angefochtenen Beschlusses hat der SRB im Wesentlichen erläutert, dass die jährliche Zielausstattung auf der Grundlage einer Analyse der Entwicklung der gedeckten Einlagen in den Vorjahren und aller relevanten Entwicklungen der wirtschaftlichen Lage sowie einer Analyse der Indikatoren für die Phase des Konjunkturzyklus und der Auswirkungen prozyklischer Beiträge auf die Finanzlage der Institute zu bestimmen sei. Infolgedessen hielt es der SRB für angemessen, einen Koeffizienten festzusetzen, der auf dieser Analyse und den im SRF verfügbaren Finanzmitteln beruhte (im Folgenden: Koeffizient). Der SRB wandte diesen Koeffizienten auf ein Achtel des Durchschnittsbetrags der gedeckten Einlagen im Jahr 2020 an, um die jährliche Zielausstattung zu erhalten.

251    Der SRB hat die Vorgehensweise bei der Festsetzung des Koeffizienten in den Rn. 38 bis 47 des angefochtenen Beschlusses dargelegt.

252    In Rn. 38 des angefochtenen Beschlusses hat der SRB einen konstanten Wachstumstrend der gedeckten Einlagen aller Institute in den teilnehmenden Mitgliedstaaten festgestellt. Insbesondere habe sich der vierteljährlich berechnete durchschnittliche Betrag dieser Einlagen für das Jahr 2020 auf 6,689 Billionen Euro belaufen.

253    In den Rn. 40 und 41 des angefochtenen Beschlusses hat der SRB die prognostizierte Entwicklung der gedeckten Einlagen für die verbleibenden drei Jahre der Aufbauphase, d. h. 2021 bis 2023, dargelegt. Er hat geschätzt, dass die jährlichen Wachstumsraten der gedeckten Einlagen bis zum Ende der Aufbauphase zwischen 4 % und 7 % liegen würden.

254    In den Rn. 42 bis 45 des angefochtenen Beschlusses hat der SRB eine Beurteilung der Konjunkturphase und der möglichen prozyklischen Auswirkungen der im Voraus erhobenen Beiträge auf die Finanzlage der Institute dargelegt. Er hat angegeben, er habe hierfür mehrere Indikatoren berücksichtigt, wie etwa die Prognose der Kommission in Bezug auf das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts und die diesbezüglichen Projektionen der EZB oder die Kreditvergabe an den Privatsektor, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt.

255    In Rn. 46 des angefochtenen Beschlusses ist der SRB zu dem Schluss gelangt, dass zwar mit einem weiteren Anstieg der gedeckten Einlagen in der Bankenunion zu rechnen sei, aber ein langsameres Wachstum als im Jahr 2020 zu erwarten sei. Insoweit hat der SRB in Rn. 47 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass er hinsichtlich der Wachstumsraten der gedeckten Einlagen in den kommenden Jahren bis 2023 einen „konservativen Ansatz“ gewählt habe.

256    In Anbetracht dieser Erwägungen hat der SRB in Rn. 48 des angefochtenen Beschlusses den Wert des Koeffizienten auf 1,35 % festgesetzt. Anschließend hat er den Betrag der jährlichen Zielausstattung berechnet, indem er den Durchschnittsbetrag der gedeckten Einlagen im Jahr 2020 mit diesem Koeffizienten multipliziert und das Ergebnis dieser Berechnung gemäß der folgenden, in Rn. 48 dieses Beschlusses angegebenen mathematischen Formel durch acht dividiert hat:

„Target0 [Betrag der jährlichen Zielausstattung] = Summe gedeckte Einlagen2020 * 0,0135 * ⅛ = EUR 11 287 677 212,56“.

257    Aus den Erläuterungen des SRB in der mündlichen Verhandlung geht im Wesentlichen hervor, dass er die jährliche Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 wie folgt bestimmt hat.

258    Als Erstes hat der SRB auf der Grundlage einer prospektiven Analyse die für das Ende der Aufbauphase prognostizierte Höhe der gedeckten Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute auf rund 7,5 Billionen Euro festgesetzt. Zur Ermittlung dieses Betrags hat der SRB den durchschnittlichen Betrag der gedeckten Einlagen im Jahr 2020, d. h. 6,689 Billionen Euro, eine jährliche Wachstumsrate der gedeckten Einlagen von 4 % sowie die Zahl der verbleibenden Beitragszeiträume bis zum Ende der Aufbauphase, d. h. drei, berücksichtigt.

259    Als Zweites hat der SRB gemäß Art. 69 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 1 % dieser 7,5 Billionen Euro berechnet, um den geschätzten Betrag der endgültigen Zielausstattung zu erhalten, der am 31. Dezember 2023 erreicht werden sollte, d. h. ca. 75 Mrd. Euro.

260    Als Drittes hat der SRB von diesem Betrag die Finanzmittel abgezogen, die dem SRF im Jahr 2021 bereits zur Verfügung standen, d. h. rund 42 Mrd. Euro, um den Betrag zu erhalten, den er in den verbleibenden Beitragszeiträumen bis zum Ende der Aufbauphase, d. h. 2021 bis 2023, noch zu erheben hatte. Dieser Betrag belief sich auf etwa 33 Mrd. Euro.

261    Als Viertes hat der SRB den letztgenannten Betrag durch drei dividiert, um ihn gleichmäßig auf die drei verbleibenden Beitragszeiträume aufzuteilen. Die jährliche Zielausstattung für den Beitragszeitraum 2021 wurde auf diese Weise auf den oben in Rn. 249 genannten Betrag, d. h. etwa 11,287 Mrd. Euro, festgesetzt.

262    Der SRB hat in der mündlichen Verhandlung außerdem vorgetragen, er habe Informationen veröffentlicht, auf die sich die oben in den Rn. 258 bis 261 beschriebene Methode gestützt habe und die es der Klägerin ermöglicht hätten, die Methode zu verstehen, mit der die jährliche Zielausstattung bestimmt worden sei. Insbesondere habe er im Mai 2021, d. h. nach Erlass des angefochtenen Beschlusses, aber vor Erhebung der vorliegenden Klage, auf seiner Website ein Informationsblatt mit der Bezeichnung „Fact Sheet 2021“ (im Folgenden: Informationsblatt) veröffentlicht, in dem der geschätzte Betrag der endgültigen Zielausstattung angegeben worden sei. Desgleichen sei auch der Betrag der im SRF verfügbaren Finanzmittel auf seiner Website sowie über andere öffentliche Quellen verfügbar gewesen, und zwar lange vor Erlass des angefochtenen Beschlusses.

263    Zum Zweck der Prüfung, ob der SRB seiner Begründungspflicht in Bezug auf die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung nachgekommen ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine fehlende oder unzureichende Begründung ein Gesichtspunkt zwingenden Rechts ist, den die Unionsgerichte von Amts wegen prüfen können und müssen (vgl. Urteil vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung). Folglich kann und muss das Gericht auch andere Begründungsmängel als die von der Klägerin geltend gemachten berücksichtigen, insbesondere wenn sie während des Verfahrens zutage treten.

264    Die Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen wurde, angepasst sein. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet und insbesondere anhand des Interesses, das die vom Rechtsakt betroffenen Personen an Erläuterungen haben können. Ein beschwerender Rechtsakt ist folglich hinreichend begründet, wenn er in einem Kontext ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

265    Im Übrigen muss diese Begründung u. a. widerspruchsfrei sein, damit die Betroffenen, um ihre Rechte vor dem zuständigen Gericht zu verteidigen, die wahren Gründe dieser Entscheidung erkennen können und dieses Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 169 und die dort angeführte Rechtsprechung, vom 22. September 2005, Suproco/Kommission, T‑101/03, EU:T:2005:336, Rn. 20 und 45 bis 47, sowie vom 16. Dezember 2015, Griechenland/Kommission, T‑241/13, EU:T:2015:982, Rn. 56).

266    Ebenso müssen, wenn der Urheber der angefochtenen Entscheidung im Verfahren vor dem Unionsgericht bestimmte Erläuterungen zu deren Gründen liefert, diese Erläuterungen mit den in der Entscheidung dargelegten Erwägungen in Einklang stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. September 2005, Suproco/Kommission, T‑101/03, EU:T:2005:336, Rn. 45 bis 47, und vom 13. Dezember 2016, Printeos u. a./Kommission, T‑95/15, EU:T:2016:722, Rn. 54 und 55).

267    Wenn die in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Erwägungen nicht im Einklang mit solchen im gerichtlichen Verfahren angeführten Erläuterungen stehen, erfüllt die Begründung der betreffenden Entscheidung nämlich nicht die oben in den Rn. 178 und 179 genannten Funktionen. Insbesondere hindert eine solche Inkohärenz zum einen die Betroffenen daran, die wahren Gründe der angefochtenen Entscheidung vor der Klageerhebung zu erfahren und ihre Verteidigung in Bezug auf diese Gründe vorzubereiten, und zum anderen hindert sie das Unionsgericht daran, die Gründe zu identifizieren, die tatsächlich als rechtliche Grundlage für diese Entscheidung gedient haben, und ihre Vereinbarkeit mit den anwendbaren Vorschriften zu prüfen.

268    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der SRB, wenn er einen Beschluss zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge erlässt, den betroffenen Instituten die Methode zur Berechnung dieser Beiträge mitteilen muss (vgl. Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 122).

269    Das Gleiche muss für die Methode zur Bestimmung der jährlichen Zielausstattung gelten, da diesem Betrag in der Systematik eines solchen Beschlusses eine wesentliche Bedeutung zukommt. Wie sich nämlich aus Art. 4 der Durchführungsverordnung 2015/81 ergibt, besteht die Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge in der Aufteilung dieses Betrags auf alle betroffenen Institute, so dass eine Erhöhung oder Verringerung dieses Betrags zu einer entsprechenden Erhöhung oder Verringerung des im Voraus erhobenen Beitrags jedes dieser Institute führt.

270    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der SRB zwar verpflichtet ist, den Instituten bereits im angefochtenen Beschluss Erläuterungen bezüglich der Methode zur Bestimmung der jährlichen Zielausstattung zu geben, diese Erläuterungen aber mit denjenigen im Einklang stehen müssen, die der SRB im gerichtlichen Verfahren anführt und die die tatsächlich angewandte Methode betreffen.

271    Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

272    So ist zunächst festzustellen, dass in Rn. 48 des angefochtenen Beschlusses eine mathematische Formel angegeben wird, die als Grundlage für die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung gedient haben soll. Es zeigt sich jedoch, dass diese Formel nicht die Elemente der vom SRB tatsächlich angewandten Methode enthält, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist. Wie sich nämlich aus den vorstehenden Rn. 258 bis 261 ergibt, hat der SRB nach dieser Methode den Betrag der jährlichen Zielausstattung ermittelt, indem er von der endgültigen Zielausstattung die im SRF verfügbaren Finanzmittel abgezogen hat, um den Betrag zu berechnen, den er bis zum Ende der Aufbauphase noch zu erheben hatte, und indem er diesen Betrag durch drei geteilt hat. Diese beiden Rechenschritte finden sich jedoch in der fraglichen mathematischen Formel in keiner Weise wieder.

273    Diese Feststellung kann auch nicht durch das Vorbringen des SRB in Frage gestellt werden, er habe im Mai 2021 das Informationsblatt mit einer Spanne, in der die möglichen Beträge der endgültigen Zielausstattung angegeben worden seien, und auf seiner Website den Betrag der im SRF verfügbaren Finanzmittel veröffentlicht. Unabhängig von der Frage, ob die Klägerin tatsächlich Kenntnis von diesen Beträgen hatte, konnte sie nämlich allein aufgrund der Beträge nicht erkennen, dass die beiden oben in Rn. 272 genannten Rechenschritte vom SRB tatsächlich angewandt wurden, zumal diese in der in Rn. 48 des angefochtenen Beschlusses angegebenen mathematischen Formel nicht einmal erwähnt wurden.

274    Ähnliche Unstimmigkeiten betreffen auch die Art und Weise, in der der Koeffizient von 1,35 % festgesetzt wurde, obwohl diesem in der oben in Rn. 256 erwähnten mathematischen Formel eine zentrale Rolle zukommt. Dieser Koeffizient könnte nämlich in dem Sinne verstanden werden, dass er neben anderen Parametern auf dem prognostizierten Wachstum der gedeckten Einlagen in den verbleibenden Jahren der Aufbauphase beruht. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Erläuterungen des SRB in der mündlichen Verhandlung, aus denen hervorgeht, dass der Koeffizient so festgesetzt wurde, dass er das Ergebnis der Berechnung des Betrags der jährlichen Zielausstattung rechtfertigen konnte, d. h., nachdem der SRB diesen Betrag in Anwendung der oben in den Rn. 258 bis 261 dargelegten vier Schritte berechnet hatte, insbesondere durch Teilung des Betrags, der sich aus dem Abzug der im SRF verfügbaren Finanzmittel von der endgültigen Zielausstattung ergab, durch drei. Diese Vorgehensweise geht aber aus dem angefochtenen Beschluss in keiner Weise hervor.

275    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass sich der geschätzte Betrag der endgültigen Zielausstattung gemäß dem Informationsblatt innerhalb einer Spanne von 70 bis 75 Mrd. Euro bewegte. Diese Spanne erweist sich jedoch als unvereinbar mit der in Rn. 41 des angefochtenen Beschlusses genannten Spanne der Wachstumsrate der gedeckten Einlagen, d. h. 4 % bis 7 %. Der SRB hat nämlich in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er habe zur Bestimmung der jährlichen Zielausstattung die Wachstumsrate der gedeckten Einlagen von 4 % (d. h. die niedrigste Rate der zweitgenannten Spanne) berücksichtigt und auf diese Weise die geschätzte endgültige Zielausstattung von 75 Mrd. Euro errechnet (d. h. den höchsten Wert der erstgenannten Spanne). Es zeigt sich somit, dass es eine Diskrepanz zwischen diesen beiden Spannen gibt. Zum einen umfasst nämlich die Spanne betreffend die Wachstumsrate der gedeckten Einlagen auch Werte über 4 %, deren Anwendung allerdings zu einem geschätzten Betrag der endgültigen Zielausstattung geführt hätte, der höher gewesen wäre als die in der Spanne betreffend diese Zielausstattung liegenden Werte. Zum anderen ist es für die Klägerin unmöglich, nachzuvollziehen, warum der SRB in die Spanne betreffend die Zielausstattung Beträge von weniger als 75 Mrd. Euro einbezogen hat. Um diese zu erreichen, hätte nämlich eine Rate von weniger als 4 % angewandt werden müssen, die aber in der Spanne betreffend die Wachstumsrate der gedeckten Einlagen nicht enthalten ist. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin nicht erkennen, auf welche Weise der SRB die Spanne betreffend die Wachstumsrate der Einlagen herangezogen hatte, um die geschätzte endgültige Zielausstattung zu berechnen.

276    Daraus folgt, dass in Bezug auf die Bestimmung der jährlichen Zielausstattung die vom SRB tatsächlich angewandte Methode, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert worden ist, nicht der im angefochtenen Beschluss beschriebenen Methode entspricht, so dass die wahren Gründe für die Festlegung dieser Zielausstattung auf der Grundlage des angefochtenen Beschlusses weder von den Instituten noch vom Gericht erkannt werden konnten.

277    Nach alledem ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Bestimmung der jährlichen Zielausstattung mangelhaft begründet ist.

278    Angesichts der rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der vorliegenden Rechtssache liegt es jedoch im Interesse einer geordneten Rechtspflege, auch die von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe zu prüfen.

2.      Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften sowie gegen Art. 5 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81

279    Der vierte Klagegrund gliedert sich in vier Teile, die wiederum mehrere Rügen umfassen.

a)      Zum ersten Teil: Fehlende Feststellung des angefochtenen Beschlusses

1)      Zur ersten Rüge: Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81

280    Die Klägerin führt aus, dass der SRB gegen Art. 5 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 verstoßen habe, der verlange, dass der SRB den NRA „seine Entscheidungen über die Berechnung der jährlichen Beiträge“ mitteile. Der SRB sei dem nicht nachgekommen, da er sich darauf beschränkt habe, der BaFin einen Entscheidungsentwurf zu übermitteln, nicht aber die endgültige Entscheidung. Dies ergebe sich daraus, dass der angefochtene Beschluss, der ihr von der BaFin zugestellt worden sei, nicht unterzeichnet gewesen sei, also weder eine handschriftliche Unterschrift noch einen Hinweis auf eine elektronische Signatur enthalten und auch keine Nummer aus dem Dokumentensystem „Advanced Records System“ (im Folgenden: ARES) aufgewiesen habe.

281    Der SRB tritt diesem Vorbringen entgegen.

282    Vorab ist festzustellen, dass sich die Klägerin im Rahmen dieser Rüge darauf beschränkt, einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 geltend zu machen.

283    Diese Bestimmung sieht lediglich die Verpflichtung des SRB vor, den NRA der teilnehmenden Mitgliedstaaten seine Entscheidungen über die Berechnung der jährlichen Beiträge mitzuteilen. Sie verlangt nicht, dass der SRB den NRA eine unterzeichnete Fassung dieser Entscheidung inklusive einer Nummer aus einem Dokumentensystem (wie einer ARES-Nummer) zukommen lässt. Ebenso wenig verpflichtet sie den SRB, sicherzustellen, dass die NRA den Instituten eine solche Fassung zukommen lassen.

284    Die Klägerin kann dem SRB demnach nicht vorwerfen, gegen Art. 5 Abs. 1 der Durchführungsverordnung 2015/81 verstoßen zu haben, weil die der BaFin übermittelte Fassung des angefochtenen Beschlusses nicht unterzeichnet war und keine ARES-Nummer enthielt.

285    Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die dem Gericht vorliegende Akte zwei Fassungen des angefochtenen Beschlusses enthält. Bei der ersten handelt es sich um die nicht unterzeichnete Fassung dieses Beschlusses, die den Angaben der Klägerin zufolge vom SRB an die BaFin und dann an sie übermittelt wurde. Die zweite Fassung dieses Beschlusses, die die Klägerin über einen Antrag auf Akteneinsicht direkt vom SRB erhalten hat, ist mit der elektronischen Signatur der Präsidentin des SRB versehen und weist auf der ersten Seite eine ARES-Nummer sowie eine präzise Datums‑ und Uhrzeitangabe auf.

286    Die Klägerin konnte in Bezug auf ihren wesentlichen Inhalt aber keinen Unterschied zwischen diesen beiden Fassungen angeben, so dass sie nicht geltend machen kann, dass es sich bei der an die BaFin übermittelten Fassung nicht um die endgültige Fassung des angefochtenen Beschlusses gehandelt habe.

287    Folglich ist die erste Rüge des ersten Teils des vierten Klagegrundes zurückzuweisen.

2)      Zur zweiten Rüge: Keine korrekte Feststellung des angefochtenen Beschlusses

288    Die Klägerin macht geltend, dass der angefochtene Beschluss nicht korrekt festgestellt worden sei; der SRB tritt dem entgegen.

289    Die Klägerin stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente.

290    Erstens wiesen die Dokumente, die sie auf ihren Antrag auf Akteneinsicht hin erhalten habe, zwar eine elektronische Signatur und eine ARES-Nummer auf, jedoch begründeten diese Elemente keine Feststellung des angefochtenen Beschlusses.

291    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellung eines Rechtsakts, die eine wesentliche Formvorschrift darstellt, die Rechtssicherheit gewährleisten soll, indem sie den vom Verfasser angenommenen Text feststellt, was es ermöglicht, im Streitfall die vollkommene Übereinstimmung der zugestellten Texte mit dem angenommenen Text zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 152 und die dort angeführte Rechtsprechung).

292    In seiner Klagebeantwortung hat der SRB ausgeführt, dass der angefochtene Beschluss mit Hilfe des IT‑Tools „EU-Sign“ als authentisch festgestellt worden sei. Mit diesem Tool habe die Präsidentin des SRB eine elektronische Signatur, das genaue Datum und die genaue Uhrzeit sowie eine ARES-Nummer auf dem Dokument angebracht, das diesen Beschluss enthalten habe.

293    Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine Feststellung, die in der Verwendung eines derartigen Systems besteht, geeignet ist, den oben in Rn. 291 dargelegten Feststellungsanforderungen zu genügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 157 bis 161).

294    Das erste Argument der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

295    Zweitens macht die Klägerin geltend, dass aus den ihr vorliegenden Unterlagen hervorgehe, dass sich die Signatur der Präsidentin des SRB nur auf den Hauptteil des angefochtenen Beschlusses beziehe. Folglich liege ihr von Anhang I des angefochtenen Beschlusses weiterhin keine signierte Fassung vor.

296    Art. 1 des Tenors des angefochtenen Beschlusses auf S. 51 des Hauptteils dieses Beschlusses in der deutschen Sprachfassung lautet: „Die in Anhang I beschriebene Berechnung der im Voraus erhobenen jährlichen Beiträge zum [SRF] für den Beitragszeitraum 2021 wird genehmigt.“ Daraus ergibt sich, dass Anhang I integraler Bestandteil dieses Beschlusses ist. Vor diesem Hintergrund ist der SRB nicht verpflichtet, einen solchen Anhang getrennt vom Hauptteil des Beschlusses festzustellen.

297    Daher sind das zweite Argument der Klägerin und somit die zweite Rüge insgesamt zurückzuweisen.

3)      Zur dritten Rüge: Beschlussfassungsprozess des SRB

298    Die Klägerin bringt vor, dass „unklar“ sei, ob der SRB über die Ergebnisse der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge Beschluss gefasst habe. Gemäß Art. 1 des angefochtenen Beschlusses bestätige der SRB die in Anhang I dieses Beschlusses enthaltenen Berechnungen. Eine Beschlussfassung mit Verweis auf einen Anhang sei nicht ausreichend, weil dies keine Beschlussfassung über die tatsächliche Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge sei. Anhang I des angefochtenen Beschlusses enthalte lediglich gerundete Zwischenergebnisse, nicht aber die vollständigen Werte, und sei lediglich ein Instrument zur Schaffung von Publizität in Bezug auf die Beitragsberechnung gegenüber den Instituten. Die Beschlussfassung innerhalb des SRB müsse sich jedoch auf die „materielle Entscheidung beziehen, die in den Publizitätsinstrumenten wiedergegeben“ werde. Eine Beschlussfassung nur über die Art und Weise der Mitteilung einer Entscheidung sei unzureichend, wenn über die Entscheidung selbst kein Beschluss gefasst worden sei.

299    Der SRB tritt diesem Vorbringen entgegen.

300    Hierzu ergibt sich aus Art. 1 des Tenors des angefochtenen Beschlusses, dass die Mitglieder der Präsidiumssitzung des SRB – bei denen es sich in Bezug auf die Bestimmung der im Voraus erhobenen Beiträge um das Entscheidungsgremium des SRB handelt – über alle in Anhang I dieses Beschlusses angeführten im Voraus erhobenen Beiträge jedes Instituts für den Beitragszeitraum 2021 entschieden haben.

301    Aus der Anlage A.20 zur Klageschrift ergibt sich im Übrigen, dass der die Klägerin betreffende Teil des Anhangs I des angefochtenen Beschlusses in der Fassung, die der Klägerin von der BaFin übermittelt wurde, Details zur Berechnung ihres im Voraus erhobenen Beitrags sowie zu den dieser Berechnung zugrunde liegende Daten enthält.

302    Was die Frage betrifft, ob diese Daten für die Information der Mitglieder der Präsidiumssitzung des SRB, die den angefochtenen Beschluss erlassen haben, ausreichend waren, beschränkt sich die Klägerin darauf, dem SRB vorzuwerfen, dass die in Anhang I dieses Beschlusses enthaltenen Zahlen gerundet seien.

303    Alle in diesem Anhang enthaltenen Zahlen mit Kommastellen sind auf vier Dezimalstellen gerundet, mit Ausnahme der Zahlen, die sich auf den Anpassungsmultiplikator beziehen – diese sind auf zwölf Dezimalstellen gerundet.

304    Diese Angaben waren detailliert genug, um den Mitgliedern der Präsidiumssitzung des SRB den Erlass des angefochtenen Beschlusses in voller Kenntnis der Sachlage zu ermöglichen.

305    Vor diesem Hintergrund ist die dritte Rüge des ersten Teils des vierten Klagegrundes und somit der erste Teil insgesamt zurückzuweisen.

b)      Zum zweiten Teil: Unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses

306    Die Klägerin macht geltend, dass der angefochtene Beschluss den Begründungserfordernissen nicht genüge, weil es nicht möglich sei, die von ihr zu entrichtenden im Voraus erhobenen Beiträge vollständig nachzurechnen.

307    Der SRB tritt diesem Vorbringen entgegen.

308    Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Annahme, dass die Begründung des Beschlusses des SRB zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge es den Instituten zwingend ermöglichen muss, die Richtigkeit der Berechnung ihres jeweiligen im Voraus erhobenen Beitrags zu überprüfen, zwangsläufig bedeuten würde, es dem Unionsgesetzgeber zu verwehren, einen Modus für die Berechnung dieses Beitrags einzuführen, der Daten einbezieht, deren Vertraulichkeit durch das Unionsrecht geschützt ist, und damit das weite Ermessen, über das der Gesetzgeber zu diesem Zweck verfügen muss, übermäßig einzuschränken, indem er u. a. daran gehindert würde, sich für eine Methode zu entscheiden, die geeignet ist, eine dynamische Anpassung der Finanzierung des SRF an die Entwicklungen des Finanzsektors zu gewährleisten, indem sie vergleichend insbesondere die finanzielle Situation aller im Gebiet eines am SRF teilnehmenden Mitgliedstaats zugelassenen Institute berücksichtigt (Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 118).

309    Daraus folgt, dass die Klägerin nicht geltend machen kann, dass der SRB seine Begründungspflicht verletzt habe, weil es nicht möglich sei, die von ihr zu entrichtenden im Voraus erhobenen Beiträge vollständig nachzurechnen.

310    Das Argument der Klägerin, wonach im angefochtenen Beschluss nicht erläutert werde, warum ihre Anpassungsmultiplikatoren erhöht worden seien, obwohl ihre Bilanzsumme und ihre Derivatepositionen zu dem für die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge für 2021 maßgeblichen Stichtag im Vergleich zum für den vorangehenden Beitragszeitraum maßgeblichen Stichtag deutlich zurückgegangen seien, vermag dieses Ergebnis nicht in Frage zu stellen.

311    Ob der angefochtene Beschluss ausreichend begründet ist, kann sich nämlich nicht danach richten, ob ein Beschluss des SRB über einen anderen Beitragszeitraum ausreichend begründet ist.

312    Jedenfalls folgt aus der Systematik der Berechnungsmethode der im Voraus erhobenen Beiträge, entsprechend dem Vorbringen des SRB und gemäß der oben in Rn. 308 wiedergegebenen Rechtsprechung, dass das Ergebnis der jährlichen Bewertung der Risiken eines Instituts vom Ausmaß der von diesem übernommenen Risiken im Verhältnis zu den von anderen Instituten übernommenen Risiken abhängt. Das Risikoniveau dieser Institute kann aber von einem Jahr zum anderen sinken. Folglich führt ein Rückgang der Bilanzsumme und der Derivatepositionen nicht automatisch zu einer Verbesserung des Anpassungsmultiplikators eines Instituts.

313    Der zweite Teil des vierten Klagegrundes ist folglich zurückzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

3.      Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014, Art. 8 Abs. 1 Buchst. f der Durchführungsverordnung 2015/81 und Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59

337    Die Klägerin macht geltend, der SRB verstoße gegen Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. f der Durchführungsverordnung 2015/81 und Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59, indem er sie der Beitragspflicht zum SRF unterwerfe.

338    Zwar müssten nach dem Wortlaut der Verordnung Nr. 806/2014 alle Institute, die über eine Bankerlaubnis verfügten – einschließlich der Klägerin –, grundsätzlich Beiträge zum SRF entrichten. Alleine mit dem Wortlaut lasse sich der wahre Bedeutungsgehalt einer Rechtsnorm jedoch nicht ermitteln. Zum einen seien bei der Auslegung von Sekundärrecht primärrechtliche Wertungen zwingend zu berücksichtigen. Zum anderen könne der wahre Bedeutungsgehalt einer Rechtsnorm nur unter Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks und des systematischen Zusammenhangs mit anderen Rechtsnormen ermittelt werden.

339    Der SRB und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

340    Hierzu ergibt sich aus den oben in den Rn. 93 bis 97 dargelegten Erwägungen, dass alle Institute im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Nr. 23 der Richtlinie 2014/59 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 dieser Richtlinie und Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung Nr. 575/2013 gemäß Art. 103 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 auf nationaler Grundlage berechnete im Voraus erhobene Beiträge entrichten müssen.

341    Das Gleiche gilt für die auf der Grundlage der Bankenunion berechneten im Voraus erhobenen Beiträge. Aus einer Zusammenschau von Art. 3 Abs. 1 Nr. 13 der Verordnung Nr. 806/2014, Art. 3 Abs. 2 dieser Verordnung und Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2014/59 ergibt sich nämlich, dass alle Institute im Sinne dieser Bestimmungen gemäß Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 solche Beiträge zu entrichten haben.

342    Die Klägerin bestreitet nicht, ein Institut im Sinne dieser Bestimmungen zu sein.

343    Folglich fällt die Klägerin als Institut, das zur Entrichtung im Voraus erhobener Beiträge verpflichtet ist, in den persönlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/59 und der Verordnung Nr. 806/2014.

344    Diese Schlussfolgerung wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht entkräftet.

345    Als Erstes kann die Klägerin angesichts der oben in Rn. 101 dargelegten Erwägungen nicht geltend machen, dass sich aus Art. 114 AEUV – der die rechtliche Grundlage sowohl der Verordnung Nr. 806/2014 als auch der Richtlinie 2014/59 bildet – ergebe, dass im Rückbau befindlichen Instituten grundsätzlich keine im Voraus erhobenen Beiträge auferlegt werden könnten.

346    Als Zweites macht die Klägerin geltend, dass Art. 67 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung die Definition des Begriffs „Institut, das zur Zahlung der im Voraus erhobenen Beiträge verpflichtet ist“, einschränke, da keines der in Art. 14 genannten Abwicklungsziele mehr erreicht werden könne, wenn sich ein Institut im Rückbau befinde, wie dies bei der Klägerin der Fall sei. Das gelte insbesondere für das in Art. 14 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung genannte Ziel der Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen und für das in Art. 14 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung genannte Ziel der Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung einer Ansteckung.

347    Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin angeführten Bestimmungen nicht die Ziele der Verordnung Nr. 806/2014 als solche konkretisieren, sondern jene der Abwicklung. Gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 kann der SRB aber nur dann eine Abwicklungsmaßnahme ergreifen, wenn die drei in Art. 18 dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Potenzielle Institute in Abwicklung können somit eine enger gefasste Kategorie bilden als jene der Institute, die zur Zahlung der im Voraus erhobenen Beiträge verpflichtet sind. Was die Verpflichtung zur Entrichtung der im Voraus erhobenen Beiträge betrifft, sind die Abwicklungsziele also für den Umfang des persönlichen Anwendungsbereichs der Verordnung Nr. 806/2014 nicht maßgeblich.

348    Als Drittes kann entgegen dem Vorbringen der Klägerin ihr Ausschluss vom persönlichen Anwendungsbereich der Beitragspflicht zum SRF auch nicht aus Art. 103 Abs. 7 Buchst. a, d oder g der Richtlinie 2014/59 abgeleitet werden.

349    Aus dem Wortlaut von Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 sowie von Art. 103 Abs. 2 dieser Richtlinie ergibt sich nämlich, dass ihr Art. 103 Abs. 7 nicht der Definition des persönlichen Anwendungsbereichs der Verpflichtung zur Entrichtung der im Voraus erhobenen Beiträge dient. Diese Bestimmung zählt lediglich die Gesichtspunkte auf, die von der Kommission zu berücksichtigen sind, wenn sie delegierte Rechtsakte erlässt, um das Konzept der „Beitragsanpassung entsprechend dem Risikoprofil der Institute“ in Art. 103 Abs. 2 der Richtlinie 2014/59 zu präzisieren.

350    Schließlich entwickelt die Klägerin in Bezug auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. f der Durchführungsverordnung 2015/81 keine eigenständige und gezielte Argumentation, die über das oben geprüfte Vorbringen hinausginge. Der Klagegrund der Verletzung dieser Vorschrift ist somit zurückzuweisen.

351    Nach alledem ist der Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014, Art. 8 Abs. 1 Buchst. f der Durchführungsverordnung 2015/81 und Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 und in weiterer Folge der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

4.      Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 20 und Art. 16 der Charta

352    Der dritte Klagegrund besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen.

a)      Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 20 der Charta

353    Die Klägerin macht geltend, dass der angefochtene Beschluss gegen die in Art. 20 der Charta verankerten Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung verstoße, da sie genauso behandelt werde wie Institute, die sich nicht im Rückbau befänden. Sie betont zum einen, dass sie ihre Bankerlaubnis nur zum Zweck des Rückbaus verwende, und zum anderen, dass ihre Risikoexponiertheit, ihre Abwicklungswahrscheinlichkeit und ihre Bedeutung für die Stabilität der Finanzmärkte stark gemindert seien oder diese Faktoren gar nicht vorlägen.

354    Eine Ungleichbehandlung sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Berechnungsmethode der im Voraus erhobenen Beiträge dazu führe, dass sich für unterschiedliche Institute unterschiedliche im Voraus erhobene Beiträge ergäben. Eine angemessene Berücksichtigung der besonderen Situation der Klägerin müsste nämlich zu einer Reduzierung ihres Beitrags auf null führen, was aber aufgrund von Art. 9 Abs. 3 der Delegierten Verordnung 2015/63, der für den Anpassungsmultiplikator einen Wert zwischen 0,8 und 1,5 vorsehe, nicht möglich sei.

355    Der SRB und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

356    Art. 20 der Charta gewährleistet den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung, der verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (Urteil vom 3. Februar 2021, Fussl Modestraße Mayr, C‑555/19, EU:C:2021:89, Rn. 95).

357    Insoweit ist zunächst zu prüfen, ob ein Institut, das sich wie die Klägerin im Rückbau befindet, mit den anderen Instituten, die zur Zahlung der im Voraus erhobenen Beiträge verpflichtet sind, vergleichbar ist.

358    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Vergleichbarkeit solcher Sachverhalte anhand aller Merkmale zu beurteilen, die sie kennzeichnen. Diese Merkmale sind u. a. im Licht des Gegenstands und des Ziels der Handlung, mit der die fragliche Unterscheidung eingeführt wird, zu bestimmen und zu beurteilen. Außerdem sind die Grundsätze und Ziele des Regelungsbereichs zu berücksichtigen, in den die Handlung fällt (vgl. Urteil vom 3. Februar 2021, Fussl Modestraße Mayr, C‑555/19, EU:C:2021:89, Rn. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung).

359    Zum Ziel, das mit der Regelung verfolgt wird, der der angefochtene Beschluss zuzurechnen ist, ist darauf hinzuweisen, dass diese Regelung in den Bereich des SRM fällt, dessen Einrichtung nach dem zwölften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 einen neutralen Ansatz beim Umgang mit ausfallenden Instituten sicherstellen, die Stabilität der Institute in den teilnehmenden Mitgliedstaaten stärken und das Übergreifen möglicher Krisen auf Mitgliedstaaten, die an diesem Mechanismus nicht teilnehmen, verhindern soll, um das Funktionieren des Binnenmarkts insgesamt zu fördern.

360    Um eine Finanzierung der Aufgaben des SRM sicherzustellen, wurden mit der Richtlinie 2014/59, der Verordnung Nr. 806/2014 und der Delegierten Verordnung 2015/63 die im Voraus erhobenen Beiträge eingeführt, deren besondere Natur, wie sich aus den Erwägungsgründen 105 bis 107 dieser Richtlinie und dem 41. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 ergibt, darin besteht, in einer auf dem Versicherungsgedanken basierenden Logik sicherzustellen, dass der Finanzsektor dem SRM ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stellt, damit dieser seine Aufgaben erfüllen kann, und für die Institute Anreize zu schaffen, weniger riskant zu operieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 113).

361    In Anbetracht dieser Grundsätze und Ziele macht die Klägerin zu Unrecht geltend, dass im Rückbau befindliche Institute sich aufgrund dieses Rückbaus in einer anderen Situation befänden als die anderen Institute, die zur Zahlung im Voraus erhobener Beiträge verpflichtet seien.

362    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass – wie sich aus dem 102. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 ergibt – die im Voraus erhobenen Beiträge von den Instituten kommen, und zwar vor der Einleitung einer Abwicklungsmaßnahme und unabhängig davon.

363    Zweitens trifft die Verpflichtung zur Entrichtung im Voraus erhobener Beiträge gemäß Art. 67 Abs. 4 und Art. 70 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie Art. 103 der Richtlinie 2014/59 alle Institute, die als Institute im Sinne von Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 Nr. 13 der Verordnung Nr. 806/2014 sowie Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2014/59 über eine Bankzulassung verfügen.

364    Im vorliegenden Fall bestreitet die Klägerin nicht, dass sie während des betroffenen Beitragszeitraums unabhängig von ihrem Rückbau ein im Sinne der oben in Rn. 363 genannten Bestimmungen tätiges Institut mit Bankerlaubnis war.

365    Daraus folgt, dass die Klägerin Bankgeschäfte vornehmen konnte, über die sie das Finanzsystem potenziell einem gewissen Risiko aussetzte.

366    Drittens ist die Berechnungsmethode der im Voraus erhobenen Beiträge, die mit der Delegierten Verordnung 2015/63 eingeführt wurde, in der Lage, die Besonderheiten des Risikoprofils von im Rückbau befindlichen Instituten auf eine mit den anderen Instituten vergleichbare Weise widerzuspiegeln.

367    Die Berechnungsmethode der im Voraus erhobenen Beiträge berücksichtigt nämlich die Größe der Institute im Wege der Berechnung des jährlichen Grundbeitrags, der wiederum auf einem anteiligen Betrag der Nettoverbindlichkeiten des betroffenen Instituts im Verhältnis zu den Nettoverbindlichkeiten aller Institute beruht, die im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassen sind. Der jährliche Grundbeitrag eines Instituts verringert sich somit im Vergleich zu jenem der anderen Institute und spiegelt dessen besondere Situation wider, wenn dieses Institut im Rahmen eines Rückbaus seine Nettoverbindlichkeiten verringert. Außerdem ermöglichen es die unterschiedlichen in Art. 6 der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehenen Risikofelder und Risikoindikatoren, verschiedene Merkmale der Institute, darunter auch im Rückbau befindliche Institute, gezielt zu berücksichtigen, so dass einem solchen Institut ein niedrigerer im Voraus erhobener Beitrag auferlegt wird, wenn sich sein Risikoprofil aufgrund des Rückbaus verbessert.

368    Viertens ist es entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht so, dass im Rückbau befindliche Institute von keinem der Vorteile profitieren, die mit der Existenz des SRF einhergehen.

369    Wie oben in Rn. 71 ausgeführt, trägt nämlich die bloße Existenz dieses Fonds zur Stabilität des Finanzsektors bei, von der alle betroffenen Institute, darunter auch im Rückbau befindliche Institute, profitieren.

370    Hierzu ist hervorzuheben, dass die Möglichkeit, eine Abwicklung eines Instituts, das von einem Ausfall betroffen oder bedroht ist, nicht nur auszulösen, sondern diese auch zu erleichtern, dem mit der Schaffung des SRF verfolgten Ziels entspricht. Die Stabilität des Finanzsektors trägt wiederum zur Vereinfachung einer solchen Abwicklung bei, da sie deren Vorhersehbarkeit und Effizienz verbessert.

371    Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin nicht dargetan, dass ihre Situation unter Berücksichtigung der oben in den Rn. 359 und 360 genannten Grundsätze und Ziele anders sei als jene der Institute, die sich nicht im Rückbau befänden.

372    Das Argument der Klägerin, wonach die im Voraus erhobenen Beiträge eine „Bankenabgabe“ darstellten, die gegen das „aus Art. 20 [der Charta] folgende Gebot gleichheitsgerechter Abgabenbelastung“ verstoße, vermag dieses Ergebnis nicht in Frage zu stellen.

373    Hierzu ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Klägerin weder auf den Inhalt noch auf die Tragweite des „aus Art. 20 [der Charta] folgende[n] Gebot[s] gleichheitsgerechter Abgabenbelastung“ näher eingeht. Zum anderen ist die Prämisse, auf die sie sich stützt – nämlich, dass die im Voraus erhobenen Beiträge „Abgaben“ oder Bestimmungen über die Steuern darstellten – aus den oben in den Rn. 59 bis 76 genannten Gründen fehlerhaft.

374    Nach alledem ist der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen.

b)      Zum zweiten Teil: Verstoß gegen Art. 16 der Charta

375    Die Klägerin macht geltend, dass sie durch den angefochtenen Beschluss in ihrer in Art. 16 der Charta verankerten unternehmerischen Freiheit verletzt werde, da mit diesem Beschluss für sie Nachteile einhergingen, die außer Verhältnis zu den damit angestrebten Zielen stünden. Es sei insbesondere ausgeschlossen, dass die im Voraus erhobenen Beiträge jemals für sie oder Institute in vergleichbarer Position eingesetzt werden könnten, weil die Voraussetzungen für die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten in ihrem Fall nicht erfüllt seien.

376    Der SRB und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

377    Der durch Art. 16 der Charta gewährte Schutz umfasst die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, die Vertragsfreiheit und den freien Wettbewerb (vgl. Urteil vom 21. Dezember 2021, Bank Melli Iran, C‑124/20, EU:C:2021:1035, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

378    Die unternehmerische Freiheit gilt jedoch nicht schrankenlos. Sie kann einer Vielzahl von Eingriffen der öffentlichen Gewalt unterworfen werden, die im allgemeinen Interesse die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit beschränken können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Januar 2013, Sky Österreich, C‑283/11, EU:C:2013:28, Rn. 45 und 46 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 21. Dezember 2021, Bank Melli Iran, C‑124/20, EU:C:2021:1035, Rn. 80 und 81 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

379    Dieser Umstand spiegelt sich vor allem darin wider, auf welche Weise die Unionsrechtsakte im Hinblick auf Art. 52 Abs. 1 der Charta zu beurteilen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Januar 2013, Sky Österreich, C‑283/11, EU:C:2013:28, Rn. 47, und vom 21. Dezember 2021, Bank Melli Iran, C‑124/20, EU:C:2021:1035, Rn. 82).

380    Gemäß Art. 52 Abs. 1 der Charta muss jede Einschränkung der Ausübung der in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein, den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich sein und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und der Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen (Urteile vom 22. Januar 2013, Sky Österreich, C‑283/11, EU:C:2013:28, Rn. 48, und vom 21. Dezember 2021, Bank Melli Iran, C‑124/20, EU:C:2021:1035, Rn. 83).

381    Unter der Annahme, dass die Verpflichtung der Klägerin, im Voraus erhobene Beiträge zu entrichten, einen Eingriff in ihre unternehmerische Freiheit darstellt, ist im vorliegenden Fall zunächst darauf hinzuweisen, dass sich diese Verpflichtung insbesondere aus den Art. 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014 und den Art. 102 und 103 der Richtlinie 2014/59 ergibt und somit gesetzlich vorgesehen ist.

382    Mit der Verpflichtung, im Voraus erhobene Beiträge zu entrichten, wird sodann eine dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung verfolgt. Wie dem ersten Erwägungsgrund der Delegierten Verordnung 2015/63 zu entnehmen ist, sollten diese Abwicklungsfinanzierungsmechanismen nämlich über eine angemessene Mittelausstattung verfügen, damit der Abwicklungsmechanismus effektiv funktionieren kann. Folglich steht es dem SRB frei, von den betroffenen Instituten im Voraus erhobene Beiträge zu beziehen, um die Umsetzung dieses Mechanismus zu finanzieren, der die Stabilität der Institute in den teilnehmenden Mitgliedstaaten stärken und das Übergreifen möglicher Krisen auf Mitgliedstaaten, die an diesem Mechanismus nicht teilnehmen, – wie oben in den Rn. 43 bis 53 ausgeführt – verhindern soll.

383    Die Klägerin hat dem Gericht zudem nichts vorgelegt, was die Feststellung zulassen würde, dass die verpflichtenden Beiträge zum SRF im Hinblick auf dieses Ziel einen unverhältnismäßigen oder untragbaren Eingriff darstellen, der den Wesensgehalt ihrer unternehmerischen Freiheit antasten würde.

384    Was schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betrifft, gelingt es der Klägerin insbesondere nicht, nachzuweisen, dass es mildere Mittel gäbe als die Entrichtung im Voraus erhobener Beiträge, mit denen die mit der Verordnung Nr. 806/2014 und der Richtlinie 2014/59 verfolgten Ziele – wie insbesondere sicherzustellen, dass der Finanzsektor dem SRM ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stellt, damit er seine Aufgaben erfüllen kann, und dabei für die betroffenen Institute Anreize zu schaffen, weniger riskant zu operieren – ebenso wirksam erreicht werden könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB, C‑584/20 P und C‑621/20 P, EU:C:2021:601, Rn. 113).

385    Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin dem angefochtenen Beschluss nicht anlasten, gegen Art. 16 der Charta zu verstoßen.

386    Der zweite Teil des dritten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

387    Ebenfalls zurückzuweisen ist die im Rahmen des dritten Klagegrundes erhobene Rüge, dass der Umstand, dass der SRB seinen Beschluss auf die Delegierte Verordnung 2015/63 stütze und diese keine Befreiung von den im Voraus erhobenen Beiträgen für Institute wie das der Klägerin anordne, den Verstoß des angefochtenen Beschlusses gegen die Art. 20 und 16 der Charta nicht heilen könne, da die Delegierte Verordnung ebenfalls gegen diese Bestimmungen verstoße, soweit sie dazu führe, dass die Klägerin verpflichtet sei, im Voraus erhobene Beiträge zu entrichten.

388    Sofern ein solcher Verweis auf die Delegierte Verordnung 2015/63 dahin zu verstehen ist, dass die Klägerin aufgrund eines Verstoßes gegen die Art. 20 und 16 der Charta eine Einrede der Rechtswidrigkeit dieser Delegierten Verordnung erhebt, ist diese Einrede der Rechtswidrigkeit nämlich aus den oben in den Rn. 357 bis 363 und 378 bis 384 dargelegten Gründen zurückzuweisen.

389    Folglich ist der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

6.      Zum sechsten Klagegrund: Unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 103 Abs. 7 Buchst. a der Richtlinie 2014/59 sowie analoge Anwendung von Art. 5 Abs. 1 Buchst. f der Delegierten Verordnung 2015/63

403    Der sechste Klagegrund besteht aus zwei Rügen, mit denen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses in Abrede gestellt wird.

a)      Zur Rüge betreffend die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 103 Abs. 7 Buchst. a der Richtlinie 2014/59

404    Die Klägerin macht geltend, dass der SRB durch die Weigerung, das EAA-OTC‑Derivateportfolio von der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge auszuschließen, gegen Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 verstoßen habe, der die Kriterien für die Anpassung der jährlichen Grundbeiträge entsprechend dem Risikoprofil der Institute festlege. Treuhandgeschäfte wie die Verwaltung dieses Portfolios, das die Klägerin treuhänderisch für Rechnung der EAA halte, führten für sie nicht zu einer Risikoexponiertheit. Diese fehlende Risikoexponiertheit sei bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge nach Art. 103 Abs. 7 Buchst. a der Richtlinie 2014/59 bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen. Diese Bestimmung sei gemäß Art. 70 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 806/2014 auf die Berechnung dieser Beiträge anwendbar.

405    Der SRB tritt diesem Vorbringen entgegen.

406    Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 sieht tatsächlich vor, dass die Berechnung des im Voraus erhobenen Beitrags jedes Instituts auf einem Beitrag beruht, der dem Risikoprofil des betreffenden Instituts angepasst ist und auf den in Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 festgelegten Kriterien basiert.

407    Aus dieser Bestimmung ergibt sich jedoch nicht, dass der SRB den im Voraus erhobenen Beitrag unmittelbar anhand dieser Kriterien anzupassen hat.

408    Dem Wortlaut von Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59, auf den Art. 70 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 verweist und der den Erlass eines delegierten Rechtsakts zur Umsetzung der in genannten Art. 103 Abs. 7 vorgesehenen Kriterien vorsieht, ist hingegen zu entnehmen, dass der Unionsgesetzgeber keine unmittelbare Anwendbarkeit dieser Kriterien auf NRA wie den SRB vorgesehen hat.

409    Dies gilt umso mehr, als Art. 70 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 vorsieht, dass die von der Kommission gemäß Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 erlassenen delegierten Rechtsakte, in denen das Konzept der „Beitragsanpassung entsprechend dem Risikoprofil der Institute“ präzisiert wird, für die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge auf der Grundlage dieser Verordnung gelten.

410    Nach alledem obliegt es dem SRB nicht, den im Voraus erhobenen Beitrag der Klägerin unmittelbar anhand der in Art. 103 Abs. 7 der Richtlinie 2014/59 vorgesehenen Kriterien anzupassen; er hat dies aber auf der Grundlage der in der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehenen, präziseren Kriterien zu tun, die der Umsetzung der erstgenannten Kriterien dienen.

411    Art. 5 der Delegierten Verordnung 2015/63 enthält eine abschließende Aufzählung der Verbindlichkeiten, die der SRB von der Berechnung des jährlichen Grundbeitrags der Institute auszuschließen hat, wobei treuhänderisch gehaltene Verbindlichkeiten in dieser Bestimmung nicht genannt werden.

412    Die Klägerin kann also nicht geltend machen, dass der SRB auf der Grundlage von Art. 103 Abs. 7 Buchst. a der Richtlinie 2014/59 und unabhängig von den in Art. 5 der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehenen Fällen die mit den Treuhandtätigkeiten der Klägerin zusammenhängenden Verbindlichkeiten von der Berechnung ihres jährlichen Grundbeitrags ausschließen müsse, weil diese Verbindlichkeiten risikolos seien.

413    Diese Rüge des sechsten Klagegrundes ist folglich zurückzuweisen.

b)      Zur hilfsweise erhobenen Rüge betreffend die Analogie zu Förderdarlehen

414    Hilfsweise macht die Klägerin geltend, dass der SRB Art. 5 Abs. 1 Buchst. f der Delegierten Verordnung 2015/63 analog auf das von ihr treuhänderisch gehaltene EAA-OTC‑Derivateportfolio hätte anwenden müssen. Der Treuhänder fungiere nämlich bei der Abwicklung von Treuhandverbindlichkeiten – ebenso wie das vermittelnde Institut bei Förderdarlehen – nur als Station zwischen dem ursprünglichen Vertragspartner und dem Treugeber.

415    Der SRB und die Kommission treten diesem Vorbringen entgegen.

416    Art. 5 Abs. 1 Buchst. f der Delegierten Verordnung 2015/63 schließt im Fall von Instituten, die Förderdarlehen vergeben, bestimmte Verbindlichkeiten von der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge aus.

417    Gemäß Art. 3 Nr. 28 der Delegierten Verordnung 2015/63 ist ein „Förderdarlehen“ ein von einer Förderbank oder über ein vermittelndes Institut auf nicht wettbewerblicher, nicht gewinnorientierter Basis gewährtes Darlehen zur Unterstützung der Gemeinwohlziele einer Zentralregierung oder Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaats.

418    Zum einen ergibt sich aus den Schriftsätzen der Klägerin, dass sie keine Förderdarlehen vergibt, so dass sie nicht zu den von Art. 5 Abs. 1 Buchst. f der Delegierten Verordnung 2015/63 umfassten Instituten zählt.

419    Zum anderen kann der SRB Art. 5 Abs. 1 Buchst. f der Delegierten Verordnung 2015/63 nicht analog auf mit Treuhandtätigkeiten zusammenhängende Verbindlichkeiten anwenden. Diese Bestimmung räumt dem SRB nämlich kein Ermessen hinsichtlich des Ausschlusses bestimmter Verbindlichkeiten im Wege der Anpassung der jährlichen Grundbeiträge entsprechend dem Risikoprofil der Institute ein, sondern führt klar und abschließend auf, unter welchen Voraussetzungen Verbindlichkeiten ausgeschlossen werden (vgl. Urteil vom 3. Dezember 2019, Iccrea Banca, C‑414/18, EU:C:2019:1036, Rn. 93).

420    Daher ist die zweite Rüge des sechsten Klagegrundes und somit der sechste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

7.      Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 und 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 in Verbindung mit Art. 70 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014, da keine Nettobetrachtung der mit den Derivatkontrakten zusammenhängenden Verbindlichkeiten durchgeführt worden sei

421    Vor der Prüfung des siebten Klagegrundes ist an den Inhalt der maßgeblichen Bestimmungen der Delegierten Verordnung 2015/63 zu erinnern.

422    Art. 5 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63, der zu Abschnitt 2 dieser Delegierten Verordnung gehört, enthält sechs Fälle, in denen Verbindlichkeiten von der Berechnung im Voraus erhobener Beiträge ausgeschlossen werden.

423    Nach Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 wird für die Zwecke dieses Abschnitts der auf Quartalsbasis berechnete durchschnittliche jährliche Betrag der in Art. 5 Abs. 1 dieser Delegierten Verordnung genannten Verbindlichkeiten aus Derivatkontrakten im Einklang mit Art. 429, Art. 429a und Art. 429b der Verordnung Nr. 575/2013 bewertet.

424    Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 2 der Delegierten Verordnung 2015/63 bestimmt, dass der den Verbindlichkeiten aus Derivatkontrakten zugewiesene Wert jedoch nicht unter 75 % des Wertes derselben Verbindlichkeiten liegen darf, der sich aus der Anwendung der für das betreffende Institut geltenden Rechnungslegungsvorschriften ergibt (im Folgenden: Buchwert).

425    Schließlich sieht Art. 5 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 vor, dass für die Zwecke von Abschnitt 2 dieser Delegierten Verordnung bei der Summe der Verbindlichkeiten gemäß ihrem Art. 5 Abs. 1 nicht der Buchwert der Verbindlichkeiten aus Derivatkontrakten, sondern der gemäß Art. 5 Abs. 3 dieser Delegierten Verordnung bestimmte Wert erfasst wird.

426    Die Klägerin macht geltend, dass der angefochtene Beschluss gegen Art. 5 Abs. 3 und 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 in Verbindung mit Art. 70 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 verstoße, da der SRB ihren im Voraus erhobenen Beitrag auf der Grundlage einer – von der Klägerin so bezeichneten – „Bruttobetrachtung“ der Derivatkontrakte berechnet habe, statt auf der Grundlage einer – ebenfalls von der Klägerin so bezeichneten – „Nettobetrachtung“.

427    Aus den Schriftsätzen der Klägerin ergibt sich, dass sie mit „Nettobetrachtung“ den Wert ihrer Verbindlichkeiten abzüglich der risikolosen Verbindlichkeiten meint, während die „Bruttobetrachtung“ diese Verbindlichkeiten mit umfasst. Zu den risikolosen Verbindlichkeiten gehören der Klägerin zufolge insbesondere Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem EAA-OTC‑Derivateportfolio, da sie vollständig und effektiv von den von diesen Verbindlichkeiten ausgehenden Risiken abgeschirmt sei.

428    Dieser Schutz beruhe auf einer Aufrechnungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der EAA, mit der die Risiken im Zusammenhang mit dem EAA-OTC‑Derivateportfolio von der EAA übernommen würden.

429    In diesem Zusammenhang sei es unerheblich, wie die Bestimmungen der Verordnung Nr. 575/2013 die einzelnen Verbindlichkeiten aus dem EAA-OTC‑Derivateportfolio behandelten. Diese Verordnung verfolge einen anderen Zweck als die Richtlinie 2014/59 und die Verordnung Nr. 806/2014. Zwar bestimme Art. 5 Abs. 3 der Delegierten Verordnung 2015/63, dass hinsichtlich der von den Verbindlichkeiten eines Instituts nach Art. 5 Abs. 1 dieser Delegierten Verordnung abzusetzenden Arten von Verbindlichkeiten der Betrag von Verbindlichkeiten aus Derivatkontrakten im Einklang mit Art. 429, Art. 429a und Art. 429b der Verordnung Nr. 575/2013 zu bewerten sei. Diese Bestimmungen regelten aber die Berechnung der sogenannten Verschuldungsquote (Leverage Ratio), bei der es sich gemäß den Erwägungsgründen 91 bis 94 der Verordnung Nr. 575/2013 um eine risikounabhängige Kennzahl des Aufsichtsrechts handele.

430    Die Berechnung der risikobadjustierten im Voraus erhobenen Beiträge der Institute müsse hingegen unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes insbesondere die Risikogeneigtheit von Geschäften berücksichtigen. Für die Einbeziehung der Verbindlichkeiten in die Berechnungsgrundlagen für die im Voraus erhobenen Beiträge ergebe sich daraus, dass die von der Aufrechnungsvereinbarung zwischen der Klägerin und der EAA umfassten Verbindlichkeiten nicht zu berücksichtigen seien. Daher könne der in Art. 5 Abs. 3 der Delegierten Verordnung 2015/63 enthaltene Verweis auf die Bestimmungen der Verordnung Nr. 575/2013 nicht sämtliche Derivateverbindlichkeiten erfassen, sondern nur diejenigen Verbindlichkeiten, die überhaupt ein Risiko begründeten.

431    Der SRB tritt diesem Vorbringen entgegen.

432    Nach Art. 5 Abs. 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 wird für die Zwecke von Abschnitt 2 dieser Delegierten Verordnung, der Art. 5 umfasst, bei der Summe der „Verbindlichkeiten gemäß Absatz 1“ dieses Art. 5 nicht der Buchwert der Verbindlichkeiten aus Derivatkontrakten erfasst, sondern der gemäß Abs. 3 dieses Artikels bestimmte Wert.

433    Nach Art. 5 Abs. 3 Unterabs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 wird der auf Quartalsbasis berechnete durchschnittliche jährliche Betrag der in Art. 5 „Absatz 1 genannten Verbindlichkeiten“ aus Derivatkontrakten im Einklang mit Art. 429, Art. 429a und Art. 429b der Verordnung Nr. 575/2013 bewertet.

434    Es ergibt sich also bereits aus dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 3 und 4 der Delegierten Verordnung 2015/63, dass diese Bestimmungen nur für die in Art. 5 Abs. 1 genannten Verbindlichkeiten gelten.

435    Der Rn. 419 dieses Urteils ist jedoch zu entnehmen, dass die Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem EAA-OTC‑Derivateportfolio nicht in den Anwendungsbereich von Art. 5 Abs. 1 Buchst. f der Delegierten Verordnung 2015/63 fallen.

436    Die Klägerin erläutert zudem nicht, welcher andere in Art. 5 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehene Fall auf Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem EAA-OTC‑Derivateportfolio anwendbar sein soll.

437    Daraus folgt, dass die Argumentation der Klägerin im Rahmen des siebten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 3 und 4 der Delegierten Verordnung 2015/63 geltend gemacht wird, ins Leere geht und der siebte Klagegrund zurückzuweisen ist.

8.      Zum achten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 in Verbindung mit Art. 70 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 wegen der Einstufung der Klägerin als Institut im Sinne der letztgenannten Bestimmung

438    Die Klägerin bringt vor, dass der angefochtene Beschluss gegen Art. 70 Abs. 6 der Verordnung Nr. 806/2014 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 verstoße, soweit sie darin als Institut in Reorganisation im Sinne der letztgenannten Bestimmung eingestuft werde, was zu einer Erhöhung ihres Anpassungsmultiplikators führe.

439    Da die Delegierte Verordnung 2015/63 auf der Grundlage von Art. 103 Abs. 7 und 8 der Richtlinie 2014/59 erlassen worden sei und mit dieser Richtlinie erstmals ein unionsweit einheitliches Sanierungs- und Abwicklungsregime für Banken geschaffen worden sei, bezögen sich die in Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 genannten staatlichen oder vergleichbaren Unterstützungen nur auf Unterstützungsleistungen im Rahmen bzw. ab Inkrafttreten der Richtlinie 2014/59. Diese Auslegung werde durch den Wortlaut der Erwägungsgründe 41 und 55, des Art. 2 Abs. 1 Nr. 28 und des Art. 31 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2014/59 gestützt.

440    Die der Klägerin zugutegekommenen Leistungen der EAA seien seinerzeit auf der Grundlage nationaler Regelungen aus staatlichen Mitteln und vor Inkrafttreten der Richtlinie 2014/59 gewährt worden und nicht auf der Grundlage dieser Richtlinie oder der Verordnung Nr. 806/2014 aus Mitteln des SRF. Folglich hätte der SRB für den Risikoindikator „Umfang einer vorausgegangenen außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln“ in ihrem Fall nicht den maximalen Wert ansetzen dürfen.

441    Der SRB tritt diesem Vorbringen entgegen.

442    Art. 6 Abs. 5 Buchst. c der Delegierten Verordnung 2015/63 bestimmt, dass das Risikofeld IV unter anderem den Risikoindikator „Umfang einer vorausgegangenen außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln“ umfasst.

443    Gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 28 der Richtlinie 2014/59 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 gilt als „außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln“ eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV – oder eine sonstige öffentliche finanzielle Unterstützung auf supranationaler Ebene, die, wenn sie auf nationaler Ebene geleistet würde, als staatliche Beihilfe gälte –, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Existenzfähigkeit, Liquidität oder Solvenz eines Instituts gewährt wird.

444    Im vorliegenden Fall steht zum einen fest, dass die Klägerin nach Erhalt einer solchen staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV einer Reorganisation unterzogen wurde.

445    Zum anderen hat der Umstand, dass diese Beihilfe vor Inkrafttreten der Richtlinie 2014/59 gewährt wurde, entgegen dem Vorbringen der Klägerin keine Auswirkungen darauf, dass diese Beihilfe unter Art. 6 Abs. 5 Buchst. c der Delegierten Verordnung 2015/63 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 28 der Richtlinie 2014/59 zu subsumieren ist.

446    Weder der Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 Nr. 28 der Richtlinie 2014/59 noch jener von Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 lassen nämlich den Schluss zu, dass die Anwendung von Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 einer zeitlichen Beschränkung im Sinne des Vorbringens der Klägerin unterliegt.

447    Der mit Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 verfolgte Zweck bestätigt diese Schlussfolgerung. Das Risiko, dass ein Institut, das nach Erhalt einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln einer Reorganisation unterzogen wurde, erneut in finanzielle Schwierigkeiten gerät, wird nämlich – wie im Wesentlichen vom SRB ausgeführt – durch den bloßen Umstand, dass diese Unterstützung vor Inkrafttreten der Richtlinie 2014/59 gewährt wurde, nicht vermindert.

448    Vor diesem Hintergrund hat der SRB zu Recht angenommen, dass die Klägerin in den Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 fällt, und gemäß dieser Bestimmung in ihrem Fall den maximalen Wert für den Risikoindikator „Umfang einer vorausgegangenen außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln“ angesetzt.

449    Die Auffassung der Klägerin, wonach Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 im Licht des 55. Erwägungsgrundes sowie von Art. 31 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2014/59 auszulegen sei, so dass Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 nur die Zeit nach dem Inkrafttreten der Richtlinie 2014/59 betreffe, vermag diese Schlussfolgerung nicht zu entkräften.

450    Gemäß dem 55. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/59 „sollten die Abwicklungsinstrumente vor einer Kapitalspritze des öffentlichen Sektors oder einer gleichwertigen außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln für ein Institut angewandt werden“. Nach Art. 31 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2014/59 besteht eines der Abwicklungsziele im „Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln“.

451    Es genügt der Hinweis, dass der 55. Erwägungsgrund und Art. 31 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2014/59 die Modalitäten einer möglichen Anwendung der in der Richtlinie 2014/59 festgelegten Abwicklungsinstrumente betreffen und nicht die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge. Für die Auslegung von Art. 6 Abs. 5 Buchst. c der Delegierten Verordnung 2015/63 ergibt sich daraus also nichts.

452    Das Gleiche gilt für die Argumente der Klägerin, die sie auf einen Auszug des 41. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2014/59 stützt, wonach „[e]in Institut … nicht nur auf der Grundlage, dass eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln vor Inkrafttreten dieser Richtlinie gewährt wurde, als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend betrachtet werden [sollte]“.

453    Die Klägerin stützt sich in diesem Fall auf eine unvollständige Lesart dieses Erwägungsgrundes. Aus seinem ersten Satz („Der Abwicklungsrahmen sollte ein rechtzeitiges Eintreten in die Abwicklung vorsehen, d. h. bevor ein Finanzinstitut bilanzmäßig insolvent wird und das gesamte Eigenkapital aufgezehrt ist.“) ergibt sich nämlich, dass er sich mit den Modalitäten der Auslösung einer Abwicklung befasst. Folglich lässt sich daraus kein Schluss für die Auslegung von Art. 6 Abs. 5 Buchst. c der Delegierten Verordnung 2015/63 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Nr. 28 der Richtlinie 2014/59 ziehen, der die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge betrifft.

454    Ebenso wenig kann sich die Klägerin darauf stützen, dass ein Teil des Wortlauts von Art. 2 Abs. 1 Nr. 28 der Richtlinie 2014/59 (nämlich der Satzteil „die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Existenzfähigkeit, Liquidität oder Solvenz eines Instituts … gewährt wird“) im Indikativ Präsens formuliert ist.

455    Die Unionsgerichte haben nämlich bereits entschieden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. März 2020, X [Europäischer Haftbefehl – Beiderseitige Strafbarkeit], C‑717/18, EU:C:2020:142, Rn. 20), dass das Indikativ Präsens in den Rechtsvorschriften der Union gemeinhin verwendet wird, um die Verbindlichkeit einer Vorschrift zum Ausdruck zu bringen. Folglich kann daraus nicht auf ihre zeitlichen Wirkungen geschlossen werden.

456    Schließlich ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, wonach die Anwendung von Art. 6 Abs. 8 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2015/63 auf vor Inkrafttreten der Richtlinie 2014/59 gewährte Unterstützungsleistungen das Reorganisationsverfahren beeinträchtigen würde, was dieser Richtlinie ihre praktische Wirksamkeit nähme.

457    Hierzu ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2014/59 in ihrem Art. 103 Abs. 7 Buchst. e selbst vorsieht, dass im Rahmen der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge der Umfang der vom betreffenden Institut in der Vergangenheit empfangenen außerordentlichen öffentlichen finanziellen Unterstützung zu berücksichtigen ist, ohne festzulegen, dass die Gewährung dieser Unterstützung vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung erfolgt sein muss.

458    Zum anderen besteht eines der Ziele der Richtlinie 2014/59 wie oben in den Rn. 71 und 370 ausgeführt darin, die Stabilität der Finanzmärkte zu stärken, was Institute wie die Klägerin bei der Vollendung ihres Rückbaus unterstützt, und zwar unabhängig davon, ob dieser vor oder nach Inkrafttreten dieser Richtlinie begonnen hat.

459    Nach alledem ist der achte Klagegrund zurückzuweisen.

C.      Ergebnis

460    Aufgrund der von Amts wegen durchgeführten Prüfung des Gerichts ist festzustellen, dass der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Bestimmung der jährlichen Zielausstattung mangelhaft begründet ist. Da diese Mängel für sich genommen die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses rechtfertigen, ist dieser für nichtig zu erklären, soweit er die Klägerin betrifft.

[nicht wiedergegeben]

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss SRB/ES/2021/22 des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) vom 14. April 2021 über die Berechnung der für 2021 im Voraus erhobenen Beiträge zum einheitlichen Abwicklungsfonds wird für nichtig erklärt, soweit er die Portigon AG betrifft.

2.      Die Wirkungen des Beschlusses SRB/ES/2021/22, soweit er die Portigon AG betrifft, werden aufrechterhalten, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die sechs Monate ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils nicht überschreiten darf, ein neuer Beschluss des SRB in Kraft tritt, mit dem der im Voraus erhobene Beitrag dieses Instituts zum einheitlichen Abwicklungsfonds für den Beitragszeitraum 2021 festgesetzt wird.

3.      Der SRB trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Portigon AG.

4.      Das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

Kornezov

De Baere

Petrlík

Kecsmár

 

      Kingston

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. Mai 2024.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Deutsch.


1      Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.