Language of document : ECLI:EU:T:2021:628

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

29. September 2021(*)

„Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente betreffend ein Verfahren der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe nach einem Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wurde und ihre Rückforderung angeordnet wurde – Verweigerung des Zugangs – Ausnahme des Schutzes des Zwecks von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten – Überwiegendes öffentliches Interesse – Diskriminierungsverbot – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑569/19,

AlzChem Group AG mit Sitz in Trostberg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Borsos und J. Guerrero Pérez,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch C. Ehrbar und K. Herrmann als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend einen Antrag gemäß Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2019) 5602 final der Kommission vom 22. Juli 2019, mit dem der Klägerin der Zugang zu Dokumenten verweigert wird, die das Verfahren zur Rückforderung einer staatlichen Beihilfe nach einem Beschluss betreffen, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wird,


erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann, der Richterin O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin) und des Richters R. Mastroianni,

Kanzler: I. Pollalis, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2021

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Mit ihrem Beschluss (EU) 2015/1826 vom 15. Oktober 2014 zu der von der Slowakei durchgeführten staatlichen Beihilfe SA.33797 – (2013/C) (ex 2013/NN) (ex 2011/CP) zugunsten von NCHZ (ABl. 2015, L 269, S. 71) stellte die Europäische Kommission u. a. fest, dass Novácke chemické závody, a.s. (im Folgenden: NCHZ), ein slowakisches Chemieunternehmen, im Rahmen seines Insolvenzverfahrens eine rechtswidrige staatliche Beihilfe erhalten habe, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei. Die Kommission entschied, dass die Beihilfe von NCHZ sowie Fortischem, a.s. als ihrem wirtschaftlichen Nachfolger zurückzuzahlen sei.

2        Die Klägerin, die AlzChem Group AG, ist ein deutsches Unternehmen, das im Bereich der Chemie tätig ist und sich in dem Verfahren, das zu dem Beschluss 2015/1826 führte, als Beteiligte geäußert hatte.

3        Gegen den Beschluss 2015/1826 wurden zwei Klagen auf teilweise Nichtigerklärung erhoben. Mit Urteil vom 24. September 2019, Fortischem/Kommission (T‑121/15, EU:T:2019:684), hat das Gericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Mit Urteil vom 13. Dezember 2018, AlzChem/Kommission (T‑284/15, EU:T:2018:950), hat das Gericht Art. 2 des Beschlusses 2015/1826 für nichtig erklärt.

4        Mit Schreiben vom 12. April 2019 stellte die Klägerin bei der Kommission einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. 2001, L 145, S. 43). Der Antrag bezog sich auf relevante Dokumente im Besitz der Kommission, darunter insbesondere Excel-Tabellen, Word-Dokumente und interne Datenbanken mit Informationen zum Stand des Rückforderungsverfahrens und zum Betrag der staatlichen Beihilfe, die von der Slowakischen Republik nach dem Beschluss 2015/1826 zurückgefordert worden war (im Folgenden: beantragte Dokumente).

5        Die Kommission wies den Antrag mit Schreiben vom 24. April 2019 mit der Begründung zurück, dass er in den Anwendungsbereich der Ausnahmen gemäß Art. 4 Abs. 2 erster und dritter Gedankenstrich sowie Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 falle. Darüber hinaus stellte sie fest, dass kein Argument vorgetragen worden sei, mit dem sich ein überwiegendes öffentliches Interesse nachweisen lasse, das die Verbreitung der beantragten Dokumente rechtfertige, und dass ein teilweiser Zugang nicht möglich sei.

6        Mit Schreiben vom 15. Mai 2019 stellte die Klägerin bei der Kommission einen Zweitantrag nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001. Sie wandte sich gegen die Zurückweisung ihres Antrags durch die Kommission und machte insbesondere geltend, dass sich ihr Antrag auf kein Dokument beziehe, das in den Anwendungsbereich der von der Kommission angeführten Ausnahmen falle, und dass ein überwiegendes öffentliches Interesse gegeben sei, das die Verbreitung der beantragten Dokumente rechtfertige. Außerdem beantragte sie einen Teilzugang zu den Dokumenten oder einen Zugang zu ihnen in den Räumlichkeiten der Kommission.

7        Mit Schreiben vom 11. Juni 2019 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass ihr Zweitantrag bearbeitet, jedoch nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist beschieden werde und die Frist für die Beantwortung des Zweitantrags gemäß Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 um 15 Arbeitstage verlängert worden sei. Am 1. Juli 2019 teilte sie der Klägerin mit, dass nicht alle Informationen, die für eine umfassende Würdigung ihres Antrags und den Erlass einer endgültigen Entscheidung erforderlich seien, hätten erhoben werden können und ihr eine endgültige Entscheidung übermittelt werde, sobald dies möglich sei.

II.    Angefochtener Beschluss

8        Mit dem Beschluss C(2019) 5602 final vom 22. Juli 2019 (im Folgenden: angefochtener Beschluss) verweigerte die Kommission der Klägerin den Zugang zu den beantragten Dokumenten, da sie zum einen der Ausnahme gemäß Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 in Bezug auf den Schutz des Zwecks von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten und zum anderen der Ausnahme gemäß Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 in Bezug auf den Schutz der geschäftlichen Interessen unterlägen.

9        Was als Erstes die Ausnahme in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betrifft, war die Kommission der Auffassung, dass die beantragten Dokumente nicht nur Teil der Verwaltungsakte zu einer Untersuchung in Bezug auf eine staatliche Beihilfe seien, sondern auch eine Untersuchung zur Durchführung eines Beschlusses über eine rechtswidrige staatliche Beihilfe beträfen.

10      Die Kommission stellte zum einen fest, dass nach der Rechtsprechung eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit bestehe, wonach die Verbreitung der Dokumente der Verwaltungsakte eines Verfahrens im Bereich staatlicher Beihilfen den Zweck der Untersuchungstätigkeiten in Bezug auf diese Beihilfen beeinträchtige, selbst wenn das Verfahren abgeschlossen sei. Die beantragten Dokumente, die Informationen zum Stand des fraglichen Verfahrens zur Rückforderung der staatlichen Beihilfe enthielten, dessen Durchführung den slowakischen Behörden aufgrund des Beschlusses 2015/1826 oblegen habe, seien Teil der Verwaltungsakte im Rahmen der Untersuchung der Beihilfe, die nicht vollständig zurückgezahlt worden sei.

11      Zum anderen stelle die Kommission im Stadium der Rückforderung einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe unter aktiver Mitwirkung des betreffenden Mitgliedstaats die korrekte Durchführung des Beschlusses in Bezug auf die Beihilfe sicher, und daher seien ihre Handlungen und Maßnahmen von Natur aus mit ihrer Untersuchung der Beihilfe im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verbunden. Zudem sei das Stadium der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe in ein strukturiertes und formalisiertes Verfahren eingebettet, das eine Untersuchung im Sinne der genannten Vorschrift darstelle. Da die Nichteinhaltung eines Beschlusses in Bezug auf eine staatliche Beihilfe zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens führen könne, sei das Stadium der Durchführung des Beschlusses als ein vorprozessuales Verfahren anzusehen, das dem Verfahren gemäß Art. 258 AEUV vergleichbar sei, für das der Gerichtshof eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit anerkannt habe. Folglich könne die Verbreitung der beantragten Dokumente in der Öffentlichkeit dem Dialog mit der Slowakischen Republik schaden, der auf ein Klima der Vertraulichkeit angewiesen sei.

12      Was als Zweites die Ausnahme in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 betrifft, stellte die Kommission fest, die Rechtsprechung habe eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit von Dokumenten, die Bestandteil einer ihrer Akten seien, unabhängig davon anerkannt, ob der Zugangsantrag ein abgeschlossenes oder anhängiges Prüfverfahren betreffe. Im vorliegenden Fall enthielten die beantragten Dokumente detaillierte Informationen zum Stand und zu den verschiedenen Stadien des von den betroffenen Unternehmen eingeleiteten Rückzahlungsverfahrens. Dabei handle es sich um sensible Geschäftsinformationen. Angesichts der bilateralen Natur des Stadiums der Durchführung des Beschlusses über eine rechtswidrige staatliche Beihilfe führe die vorzeitige Verbreitung von Dokumenten zum Stand des Verfahrens zur Rückforderung von den betroffenen Unternehmen vor der tatsächlichen Rückzahlung der Beihilfe zu einer Schädigung dieser Unternehmen und letztlich zu einer Beeinträchtigung des Zwecks des Beihilfeverfahrens und trage nicht zur Transparenz bei.

13      Als Drittes wies die Kommission den Antrag auf Teilzugang mit der Begründung zurück, es bestehe eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit, die für die beantragten Dokumente gelte.

14      Als Viertes stellte die Kommission fest, dass die Überlegungen, auf die sich die Klägerin berufe, um ein überwiegendes öffentliches Interesse nachzuweisen, sehr allgemein gehalten seien. Der Umstand, dass sich die beantragten Dokumente auf eine Verwaltungsuntersuchung bezögen und keine Gesetzgebungsakte beträfen, für die die Rechtsprechung eine größere Transparenz anerkannt habe, und dass die Kommission die Informationen zur Rückforderung der fraglichen staatlichen Beihilfe, darunter die Höhe des zurückgezahlten Betrags, die Höhe des verlorenen Betrags und den Betrag der eingezogenen Zinsen, nach dem endgültigen Abschluss des Rückforderungsverfahrens veröffentlichen werde, beweise erst recht, dass im vorliegenden Fall kein überwiegendes öffentliches Interesse gegeben sei.

III. Verfahren und Anträge der Parteien

15      Mit Klageschrift, die am 15. August 2019 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

16      Auf Vorschlag der Berichterstatterin hat das Gericht (Fünfte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. In der Sitzung vom 23. März 2021 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

17      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

18      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

IV.    Rechtliche Würdigung

19      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe: erstens Rechtsfehler und offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der Anwendung der Ausnahmen in Art. 4 Abs. 2 erster und dritter Gedankenstrich sowie Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 und zweitens Begründungsmangel bei der Versagung des Zugangs zu den Dokumenten in einer nicht vertraulichen Fassung oder in den Räumlichkeiten der Kommission gemäß Art. 4 Abs. 6 bzw. Art. 10 der Verordnung Nr. 1049/2001.

A.      Vorbemerkungen zur Ermittlung der anfechtbaren Handlungen und zur Klagefrist

20      Nach Auffassung der Klägerin scheint die Rechtsprechung des Gerichts zur Verordnung Nr. 1049/2001 mehrere Unstimmigkeiten und Widersprüche in Bezug auf die Ermittlung der anfechtbaren Handlung und den Beginn der Klagefrist aufzuweisen. Die Analyse der Rechtsprechung, insbesondere des Urteils vom 10. Dezember 2010, Ryanair/Kommission (T‑494/08 bis T‑500/08 und T‑509/08, EU:T:2010:511), erlaube den Schluss, dass der Beginn der Frist für die Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung eines Beschlusses über die Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 an den letzten Tag gekoppelt sei, an dem die Kommission eine Entscheidung hätte treffen müssen. Auch wenn der angefochtene Beschluss auf den 22. Juli 2019 datiert sei, beginne die Klagefrist am 5. Juni 2019, da das Fehlen einer Antwort zu diesem Zeitpunkt gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung als abschlägiger Bescheid anzusehen sei.

21      Was hingegen die anfechtbare Handlung betreffe, wenn die Kommission innerhalb der in Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten Frist keine Entscheidung getroffen habe, sei je nach den Umständen entweder die stillschweigende Entscheidung über die Zugangsverweigerung oder sowohl die stillschweigende als auch die ausdrückliche Entscheidung oder die ausdrückliche Entscheidung über die Zugangsverweigerung als anfechtbare Handlung anzusehen. Folglich beantrage die Klägerin, dass, soweit das Gericht zu der Auffassung gelangen sollte, dass der angefochtene Beschluss auch die stillschweigende Entscheidung über die Zugangsverweigerung umfasse, die sich aus dem Schweigen der Kommission bis einschließlich 5. Juni 2019 ergebe, diese Entscheidung als Bestandteil des angefochtenen Beschlusses angesehen werde.

22      Überdies beruft sich die Klägerin auf potenziell negative und unerwartete Auswirkungen der Rechtsprechung zur Frist für die Erhebung einer Klage auf Nichtigerklärung einer ausdrücklichen Entscheidung in Fällen, in denen eine solche Entscheidung nach einer stillschweigenden Entscheidung getroffen werde. Insbesondere aus dem Urteil vom 10. Dezember 2010, Ryanair/Kommission (T‑494/08 bis T‑500/08 und T‑509/08, EU:T:2010:511), und dem Beschluss vom 13. November 2012, ClientEarth u. a./Kommission (T‑278/11, EU:T:2012:593), gehe hervor, dass, wenn die anfechtbare Handlung die ausdrückliche Entscheidung sei, die Klagefrist am Tag der stillschweigenden Entscheidung beginne. Die Klägerin sei daher gezwungen gewesen, ihre gegen die stillschweigende Entscheidung im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 gerichtete Klageschrift neu zu formulieren, um den Argumenten Rechnung zu tragen, die die Kommission im angefochtenen Beschluss genannt habe. Folglich sei die ursprüngliche Klagefrist, die ihr habe zustehen müssen, um ihre Klage vorzubereiten, verkürzt worden. Die von der Rechtsprechung vorgenommene Verkürzung der gesetzlichen Fristen, innerhalb deren Personen ihre Rechte im Einklang mit dem AEU‑Vertrag ausüben könnten, sei jedoch geeignet, diese Rechte auf ungerechtfertigte Weise einzuschränken und gegen die Art. 42 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu verstoßen.

23      Zudem seien die Schreiben der Kommission vom 11. Juni und vom 1. Juli 2019 im Licht der Rechtsprechung völlig irreführend und geeignet, den Zugang der Klägerin zu den Gerichten zu verhindern, weshalb sie zu beanstanden seien.

24      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin zu Unstimmigkeiten und Widersprüchen in der Rechtsprechung des Gerichts sowie zu einem potenziell irreführenden Verhalten ihrerseits entgegen.

25      Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission auf den Zugangsantrag der Klägerin weder innerhalb der ursprünglichen Frist noch innerhalb der Antwortfrist nach der ersten Fristverlängerung am 11. Juni 2019 geantwortet hatte, was dem in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten Fall entspricht, sondern später eine ausdrückliche Entscheidung über die Zugangsverweigerung erließ, welche den angefochtenen Beschluss darstellt.

26      Als Erstes ist in einem Fall wie dem vorliegenden, der oben in Rn. 25 beschrieben ist, die unterbliebene Antwort der Kommission als stillschweigende Entscheidung über die Zugangsverweigerung anzusehen. Die zweite Fristverlängerung am 1. Juli 2019 konnte nämlich die Frist nicht wirksam verlängern, da die Kommission die ursprüngliche Frist nach Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 nur ein einziges Mal verlängern kann und mit Ablauf der verlängerten Frist der Zugang als stillschweigend verweigert gilt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Dezember 2010, Ryanair/Kommission, T‑494/08 bis T‑500/08 und T‑509/08, EU:T:2010:511, Rn. 38 und 40, und Beschluss vom 27. November 2012, Steinberg/Kommission, T‑17/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:625, Rn. 99). Die in Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Frist ist zwingend (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Januar 2010, Co-Frutta/Kommission, T‑355/04 und T‑446/04, EU:T:2010:15, Rn. 60 und 70) und kann abgesehen von den in Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 festgelegten Fällen nicht verlängert werden, ohne dass dieser Vorschrift jede praktische Wirksamkeit genommen wird, da der Antragsteller nicht mehr genau wüsste, von welchem Zeitpunkt an er die Klage oder Beschwerde gemäß Art. 8 Abs. 3 der Verordnung einlegen kann (vgl. entsprechend Urteil vom 21. April 2005, Housieaux, C‑186/04, EU:C:2005:248, Rn. 26). Eine stillschweigende Entscheidung über die Zugangsverweigerung kann Gegenstand einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV sein (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 27. November 2012, Steinberg/Kommission, T‑17/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:625, Rn. 101).

27      Hat die Kommission jedoch anschließend den Zweitantrag ausdrücklich und endgültig beschieden, indem sie den Zugang zu den fraglichen Dokumenten verweigert hat, so hat sie damit die stillschweigende Entscheidung über die Zugangsverweigerung implizit zurückgenommen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Oktober 2014, Strack/Kommission, C‑127/13 P, EU:C:2014:2250, Rn. 88 und 89, Beschluss vom 27. November 2012, Steinberg/Kommission, T‑17/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:625, Rn. 101, und Urteil vom 26. April 2018, Espírito Santo Financial [Portugal]/EZB, T‑251/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:234, Rn. 34). Diese ausdrückliche Entscheidung kann somit Gegenstand einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV sein.

28      War die stillschweigende Entscheidung Gegenstand einer Nichtigkeitsklage, hat der Kläger aufgrund des Erlasses der ausdrücklichen Entscheidung kein Rechtsschutzinteresse mehr, und es wird festgestellt werden, dass über diese Klage nicht mehr zu entscheiden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Oktober 2014, Strack/Kommission, C‑127/13 P, EU:C:2014:2250, Rn. 88 und 89, vom 10. Dezember 2010, Ryanair/Kommission, T‑494/08 bis T‑500/08 und T‑509/08, EU:T:2010:511, Rn. 48, vom 2. Juli 2015, Typke/Kommission, T‑214/13, EU:T:2015:448, Rn. 36, und vom 26. April 2018, Espírito Santo Financial [Portugal]/EZB, T‑251/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:234, Rn. 36). Der Kläger kann außerdem seine Anträge und Klagegründe innerhalb der insoweit von Art. 263 Abs. 6 AEUV vorgesehenen Klagefrist anpassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2011, Enviro Tech Europe und Enviro Tech International/Kommission, T‑291/04, EU:T:2011:760, Rn. 94). Erging die ausdrückliche Entscheidung vor der Erhebung der Klage gegen die stillschweigende Entscheidung, ist diese anschließend eingelegte Klage unzulässig (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Dezember 2010, Ryanair/Kommission, T‑494/08 bis T‑500/08 und T‑509/08, EU:T:2010:511, Rn. 47).

29      Im vorliegenden Fall erließ die Kommission eine ausdrückliche Entscheidung, die zwar leider nach Ablauf der verlängerten Frist, jedoch vor Ablauf der Frist für die Erhebung einer Klage gegen die stillschweigende Entscheidung und vor Erhebung einer Klage gegen diese Entscheidung erging. Folglich nahm die Kommission durch den Erlass der ausdrücklichen Entscheidung die stillschweigende Entscheidung zurück, und somit handelt es sich bei der Entscheidung, die im vorliegenden Fall Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann, um die ausdrückliche Entscheidung über die Verweigerung des Zugangs zu den beantragten Dokumenten vom 22. Juli 2019, d. h. den angefochtenen Beschluss.

30      Als Zweites ist die Frist für die Erhebung der Klage auf Nichtigerklärung der ausdrücklichen Entscheidung entgegen dem Vorbringen der Klägerin gemäß Art. 263 AEUV zu berechnen und kann nicht ab dem Zeitpunkt des Erlasses der stillschweigenden Entscheidung über die Zugangsverweigerung berechnet werden. Außerdem vertritt die Klägerin zu Unrecht die Auffassung, dass der Sachverhalt in der Rechtssache, in der der Beschluss vom 13. November 2012, ClientEarth u. a./Kommission (T‑278/11, EU:T:2012:593), ergangen ist, dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar war. In jener Rechtssache war die Nichtigkeitsklage, die eine stillschweigende Entscheidung über die Zurückweisung vom 4. Februar 2011 zum Gegenstand hatte, erst am 25. Mai 2011 erhoben worden und somit unzulässig, da sie verspätet war. Folglich ist dem Beschluss keineswegs zu entnehmen, dass eine Klage gegen eine ausdrückliche Entscheidung innerhalb der Frist einzulegen ist, die für eine Klage auf Nichtigerklärung der zuvor ergangenen stillschweigenden Entscheidung gilt.

31      Im vorliegenden Fall ist die Frist für die Erhebung der Klage gegen den angefochtenen Beschluss ab dem 22. Juli 2019, 24 Uhr zu berechnen. Zwar lässt sich, wie die Klägerin geltend macht, nur feststellen, dass die Kommission die Antwortfrist nach der ersten Verlängerung nicht erneut verlängern konnte, doch kann dieser Umstand nicht zu einer Rechtsfehlerhaftigkeit des angefochtenen Beschlusses führen, die seine Nichtigkeit rechtfertigt, da die Kommission den Antrag beantwortet hatte, bevor die Klägerin die Konsequenzen aus der fehlenden Beantwortung innerhalb der Frist nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 zog (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding, C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 89, und Beschluss vom 27. November 2012, Steinberg/Kommission, T‑17/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:625, Rn. 102). Zudem kann entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht davon ausgegangen werden, dass ihr die gesetzliche Frist für die Vorbereitung der Klage, die gemäß Art. 263 Abs. 6 AEUV in Verbindung mit den Art. 58 und 60 der Verfahrensordnung des Gerichts bis einschließlich 2. Oktober 2019 erhoben werden konnte, nicht zur Verfügung stand.

B.      Zum ersten Klagegrund: Rechtsfehler und offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der Anwendung der Ausnahmen in Art. 4 Abs. 2 erster und dritter Gedankenstrich sowie Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001

32      Nach Auffassung der Klägerin sind die Rechtsfehler und offensichtlichen Beurteilungsfehler der Kommission im Licht des Grundrechts auf Zugang zu Dokumenten zu prüfen, das dem Ziel Rechnung trägt, die Legitimität der Verwaltungsbehörden im Rahmen ihrer Entscheidungstätigkeit zu stärken, und in Art. 42 der Grundrechtecharta verankert ist. Jede Ausnahme oder Einschränkung dieses Rechts sind eng auszulegen. Die Klägerin macht geltend, die Auffassung der Kommission in Bezug auf die Verbreitung von Informationen zum Stand von Rückforderungen staatlicher Beihilfen sei widersprüchlich.

33      Der erste Klagegrund besteht aus fünf Teilen. Mit dem ersten Teil macht die Klägerin geltend, der Antrag betreffe weder Untersuchungsdokumente noch Verfahrensakten eines Untersuchungsverfahrens und beeinträchtige daher nicht den Zweck von Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 oder den Entscheidungsprozess der Kommission im Sinne von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung. Mit dem zweiten Teil trägt die Klägerin vor, der Antrag dürfe nicht mit Verweis auf den Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 oder den Schutz des Entscheidungsprozesses der Kommission im Sinne von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung abgelehnt werden. Im dritten Teil beanstandet sie, der Antrag betreffe keine Informationen oder Daten, an denen ein schutzwürdiges geschäftliches Interesse im Sinne von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung bestünde. Im vierten Teil macht sie geltend, im angefochtenen Beschluss würden Ausnahmen von der Verbreitung von Informationen zu Rückforderungen auf diskriminierende Weise angewandt. Mit dem fünften Teil beruft sie sich darauf, dass die Anwendung jeglicher Ausnahme von der Verbreitung von einem überwiegenden öffentlichen Interesse an der Verbreitung verdrängt werde.

34      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

35      Vorab ist festzustellen, dass sich – entgegen dem Vorbringen der Klägerin in ihren Schriftsätzen – die Verweigerung des Zugangs im angefochtenen Beschluss auf Art. 4 Abs. 2 erster und dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 und nicht auf Art. 4 Abs. 3 der Verordnung stützt. Die Klägerin hat dies im Übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist. Folglich ist ihr Vorbringen nicht relevant, soweit es sich auf die behauptete Anwendung von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 stützt, und somit zurückzuweisen.

36      Art. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 sieht vor, dass diese Verordnung der Öffentlichkeit das Recht auf größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe der Europäischen Union gewähren soll (vgl. Urteil vom 22. Januar 2020, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA, C‑178/18 P, EU:C:2020:24, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Nach der Rechtsprechung ist bei der Verwaltungstätigkeit der Kommission der Zugang zu Dokumenten nicht im gleichen Umfang erforderlich wie bei der Gesetzgebungstätigkeit eines Unionsorgans (vgl. Urteile vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 7. September 2017, AlzChem/Kommission, T‑451/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:588, Rn. 80).

38      Außerdem ergibt sich aus Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001, der insoweit Ausnahmeregelungen vorsieht, dass das betreffende Zugangsrecht nichtsdestoweniger bestimmten Grenzen aus Gründen des öffentlichen oder privaten Interesses unterliegt. Da diese Ausnahmen vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten abweichen, sind sie eng auszulegen und anzuwenden (vgl. Urteil vom 22. Januar 2020, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA, C‑178/18 P, EU:C:2020:24, Rn. 52 und 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Wenn ein Organ, eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union, bei dem bzw. der der Zugang zu einem Dokument beantragt wurde, beschließt, diesen Antrag auf der Grundlage einer der Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 abzulehnen, muss es bzw. sie grundsätzlich erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch diese Ausnahme geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte, wobei die Gefahr einer solchen Beeinträchtigung bei vernünftiger Betrachtung absehbar sein muss und nicht rein hypothetisch sein darf (vgl. Urteil vom 22. Januar 2020, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA, C‑178/18 P, EU:C:2020:24, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Der Gerichtshof hat in bestimmten Fallkonstellationen anerkannt, dass es dem betreffenden Organ bzw. der betreffenden Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union jedoch freisteht, sich hierbei auf allgemeine Vermutungen zu stützen, die für bestimmte Kategorien von Dokumenten gelten, da für Anträge auf Verbreitung von Dokumenten gleicher Art vergleichbare allgemeine Erwägungen gelten können (vgl. Urteil vom 22. Januar 2020, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA, C‑178/18 P, EU:C:2020:24, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Der Zweck solcher Vermutungen besteht somit darin, dem betreffenden Organ bzw. der betreffenden Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union die Möglichkeit zu geben, sich unter Berufung auf solche allgemeinen Erwägungen auf den Standpunkt zu stellen, dass die Verbreitung bestimmter Kategorien von Dokumenten grundsätzlich das Interesse beeinträchtigt, das durch die von ihm bzw. ihr geltend gemachte Ausnahme geschützt wird, ohne dass es bzw. sie verpflichtet wäre, jedes der angeforderten Dokumente konkret und individuell zu prüfen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2020, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA, C‑178/18 P, EU:C:2020:24, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42      Ebenso wie die Rechtsprechung verlangt, die von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen von der Verbreitung strikt auszulegen und anzuwenden – da sie vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu den Dokumenten eines Organs, einer Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union abweichen (Urteile vom 21. Juli 2011, Schweden/MyTravel und Kommission, C‑506/08 P, EU:C:2011:496, Rn. 75, und vom 3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 48) –, sind die Anerkennung und die Anwendung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit strikt auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 81).

43      Nach der Rechtsprechung schließt das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit nicht die Möglichkeit aus, darzulegen, dass die Vermutung für ein bestimmtes Dokument, um dessen Verbreitung ersucht wird, nicht gilt oder dass gemäß Art. 4 Abs. 2 a. E. der Verordnung Nr. 1049/2001 ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des betreffenden Dokuments besteht (Urteile vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau, C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 62, und vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 66).

44      Im Licht der vorerwähnten Rechtsprechungsgrundsätze ist zu prüfen, ob die Kommission Art. 4 Abs. 2 erster und dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zu Unrecht angewandt hat.

45      Die Kommission hat keine konkrete und individuelle Prüfung jedes der beantragten Dokumente vorgenommen, sondern im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass sie von den zwei allgemeinen Vermutungen der Vertraulichkeit erfasst seien, die für Dokumente gälten, die den Stand des Verfahrens zur Rückforderung einer staatlichen Beihilfe und die nach ihrem Beschluss zur Anordnung der Rückforderung der Beihilfe zurückgezahlten Beträge beträfen. Die von der Kommission zugrunde gelegten Vermutungen stützen sich zum einen auf die Ausnahme in Bezug auf den Schutz von Untersuchungstätigkeiten gemäß Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 und zum anderen auf die Ausnahme in Bezug auf den Schutz der geschäftlichen Interessen Dritter gemäß Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung.

1.      Zum ersten und zweiten Teil: Unzulässigkeit der Ablehnung des Zugangsantrags unter Verweis auf den Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001

46      Mit dem ersten Teil macht die Klägerin geltend, ihr Antrag betreffe keine Untersuchungsdokumente oder Verfahrensakten eines Untersuchungsverfahrens, weder in Bezug auf die im Beschluss 2015/1826 festgestellte staatliche Beihilfe noch in Bezug auf eine künftige Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen. Er betreffe präzise Sachinformationen zum Stand der Durchführung des Beschlusses 2015/1826 und somit Informationen, die nach dem Erlass des Beschlusses erhoben worden seien. Da sich der Antrag nicht auf die von der Slowakischen Republik vorgetragenen Argumente zur Sache beziehe, habe die Stattgabe des Antrags nicht als Beeinträchtigung des Willens der Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit mit der Kommission im Rahmen der von ihr durchgeführten Untersuchungen angesehen werden können. Zudem gebe es in der Rechtsprechung keine Grundlage für die Einstufung ihres Antrags durch die Kommission, der zufolge ihr Antrag Dokumente oder Informationen in den Akten einer Rechtssache oder Untersuchungsdokumente betreffe. Folglich habe ihr Antrag den Zweck der in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten Tätigkeiten nicht beeinträchtigt.

47      Mit dem zweiten Teil macht die Klägerin als Erstes geltend, selbst wenn man annehme, dass ihr Antrag Dokumente oder Informationen betreffe, die formal der maßgeblichen Akte entstammten, auf die sich der angefochtene Beschluss stütze, habe sich die Kommission bei der Ablehnung des Antrags nicht auf die Ausnahmen in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 stützen dürfen. Der Zugang zu den beantragten Dokumenten könne nicht als Beeinträchtigung des Willens der Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit mit der Kommission angesehen werden, da der Antrag der Klägerin keine Analysen oder internen Anmerkungen betreffe, die eine Beurteilung einer bestimmten Rechtssache oder Untersuchung durch die Kommission enthielten.

48      In der Erwiderung macht die Klägerin geltend, die Kommission sei der Auffassung, dass die angeforderten Informationen zum Stand der Rückforderung der staatlichen Beihilfe mit anderen Untersuchungen verbunden seien, u. a. der Untersuchung zum Rückforderungsverfahren nach Art. 16 der Verordnung (EU) 2015/1589 vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. 2015, L 248, S. 9) und der Untersuchung im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV, und verweise analog auf das „EU-Pilotverfahren“. Die Kommission habe jedoch weder im Schreiben vom 24. April 2019 noch im angefochtenen Beschluss auf die genannten Verfahren Bezug genommen und nicht darauf hingewiesen, dass insoweit ein Verfahren gegen die Slowakische Republik anhängig sei. Sie könne sich nun nicht auf neue Tatsachen und Verteidigungsmittel berufen.

49      Als Zweites weist die Klägerin das Argument der Kommission zurück, wonach die beantragten Dokumente den Stand des fraglichen Verfahrens zur Rückforderung der staatlichen Beihilfe beträfen und nicht übermittelt werden könnten, da sie substanzielle Informationen enthielten. Die Klägerin macht geltend, es sei möglich gewesen, quantitative Daten zu übermitteln, ohne substanzielle Daten zu verbreiten, z. B. durch die Übermittlung eines Dokuments, aus dem hervorgehe, dass ein bestimmter Prozentsatz der staatlichen Beihilfe zurückgezahlt worden sei oder kein Betrag zurückgezahlt worden sei. Jedenfalls entspreche es der Praxis der Kommission, bei ihrer Beantwortung von Anträgen auf Zugang zu Dokumenten gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 substanzielle Informationen zu übermitteln.

50      Als Drittes trägt die Klägerin vor, die Kommission könne sich nicht auf eine weite Auslegung der Ausnahmen von dem in der Verordnung Nr. 1049/2001 verankerten allgemeinen Grundsatz der Verbreitung öffentlicher Dokumente stützen, wenn nach ihrer eigenen Praxis die von ihr angeführten Gründe nicht für den Zugangsantrag gälten. Die Klägerin führt beispielhaft sechs Rechtssachen an, in denen die Kommission vor der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren Informationen veröffentlicht habe, die den Informationen vergleichbar seien, auf die sich der Zugangsantrag richte.

51      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

52      Mit dem ersten und zweiten Teil des ersten Klagegrundes bestreitet die Klägerin als Erstes, dass die beantragten Dokumente Teil eines Untersuchungsstadiums sind, u. a. weil die Untersuchung zur staatlichen Beihilfe durch den Beschluss 2015/1826 abgeschlossen worden sei. Als Zweites bestreitet die Klägerin, dass sich die Kommission auf die Ausnahmeregelung in Bezug auf den Schutz des Zwecks von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten gemäß Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 berufen kann.

53      Im angefochtenen Beschluss stützte sich die Kommission bei der Verweigerung des Zugangs zu den beantragten Dokumenten auf zwei verschiedene Begründungen. Zum einen war sie der Auffassung, dass die beantragten Dokumente Teil der Akte zu der im Beschluss 2015/1826 festgestellten staatlichen Beihilfe seien und somit der allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit unterlägen, die für die Untersuchung der fraglichen staatlichen Beihilfe gelte. Sie stellte insoweit fest, dass für die genannten Dokumente die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit in Bezug auf Dokumente der Verwaltungsakte zu einem Verfahren zur Kontrolle staatlicher Beihilfen gelte, wie dies im Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau (C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 61), anerkannt worden sei und u. a. in den Urteilen vom 14. Juli 2016, Sea Handling/Kommission (C‑271/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:557, Rn. 36 bis 38), vom 13. März 2019, AlzChem/Kommission (C‑666/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:196, Rn. 31), und vom 19. September 2018, Chambre de commerce et d’industrie métropolitaine Bretagne-Ouest (port de Brest)/Kommission (T‑39/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:560, Rn. 62), in Erinnerung gerufen worden sei.

54      Zum anderen stellte die Kommission im Wesentlichen fest, dass das Rückforderungsverfahren unmittelbar zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Art. 108 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV führen könne und das Stadium der Durchführung ihres Beschlusses in Bezug auf die Beihilfe als ein vorprozessuales Verfahren angesehen werden müsse, das dem Verfahren gemäß Art. 258 AEUV vergleichbar sei. Nachdem die Kommission daran erinnert hatte, dass der Gerichtshof das Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit für Dokumente anerkannt habe, die im Rahmen einer Untersuchung im Zusammenhang mit einem Vertragsverletzungsverfahren zusammengefügt worden seien, stellte sie fest, dass die Überlegungen, die der Anerkennung einer solchen Vermutung zugrunde lägen, sinngemäß für die Weigerung gälten, die beantragten Dokumente zu verbreiten. Sie war insoweit der Auffassung, dass die Dokumente aufgrund einer entsprechenden Anwendung von der allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit in Bezug auf Dokumente der vorprozessualen Phase eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV erfasst seien, die durch das Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 65), anerkannt worden sei und u. a. in den Urteilen vom 23. Januar 2017, Justice & Environment/Kommission (T‑727/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:18, Rn. 46), und vom 5. Dezember 2018, Campbell/Kommission (T‑312/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:876, Rn. 29), in Erinnerung gerufen worden sei.

55      Somit ist zu entscheiden, ob die Kommission einen Rechtsfehler beging, als sie feststellte, dass die Dokumente eines Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe von einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit gemäß Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 erfasst seien, und ob sie die Vermutung, falls sie besteht oder anerkannt werden muss, im vorliegenden Fall anwandte, ohne in ihrem Beschluss einen Beurteilungsfehler zu begehen.

a)      Zum Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit

56      Nach der Rechtsprechung (siehe oben, Rn. 53) erfasst die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit von Dokumenten der Verwaltungsakte eines Verfahrens zur Kontrolle staatlicher Beihilfen ausdrücklich Dokumente, die Teil der Untersuchung sind, die von der Kommission durchgeführt wird, um in einem Beschluss u. a. das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe festzustellen und ihre Rückforderung anzuordnen. Dagegen musste sich der Unionsrichter bislang noch nicht zur Verweigerung des Zugangs zu Dokumenten äußern, die dem Stadium der Durchführung eines solchen Beschlusses der Kommission durch den betreffenden Mitgliedstaat zuzuordnen sind.

57      Somit betrifft die Anerkennung der allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit in der oben in Rn. 53 genannten Rechtsprechung zwar die Verwaltungsakte im Rahmen eines Kontrollverfahrens, das nach Art. 108 Abs. 2 AEUV eröffnet wurde, doch erfasst sie nur Dokumente des Verwaltungsverfahrens, das zum Erlass eines Beschlusses der Kommission führt, in dem diese u. a. das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe feststellt und ihre Rückforderung anordnet.

58      Was Dokumente im Zusammenhang mit dem Stadium der Durchführung einer Entscheidung der Kommission zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe betrifft, können diese durchaus formal der gleichen Akte entstammen wie die Dokumente der von der Kommission durchgeführten Untersuchung, die sie zum Erlass der Entscheidung bewogen hat, wie die Klägerin im Übrigen einräumt. Alle Dokumente beziehen sich nämlich auf dieselbe(n) nationale(n) Maßnahme(n). Wie jedoch oben in Rn. 42 dargelegt, sind die von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen von der Verbreitung strikt auszulegen und anzuwenden, da sie vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu den Dokumenten der Organe der Union abweichen. Folglich kann, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, nicht davon ausgegangen werden, dass die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit im Bereich der Kontrolle staatlicher Beihilfen, wie sie von der Rechtsprechung anerkannt wird (siehe oben, Rn. 53), zwangsläufig für Dokumente gilt, die das Stadium der Durchführung des Beschlusses der Kommission betreffen, da sie Teil derselben Verwaltungsakte sind.

59      Somit ist zu prüfen, ob die Dokumente des Stadiums der Durchführung des Beschlusses der Kommission durch den betroffenen Mitgliedstaat auch von einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit erfasst sein können, und zwar entweder von der durch die Rechtsprechung anerkannten allgemeinen Vermutung im Bereich der Kontrolle staatlicher Beihilfen, bei der dann davon ausgegangen würde, dass sie sich auch auf diese Dokumente erstreckt, oder von einer anderen allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit.


60      Der Unionsrichter hat mehrere Kriterien für die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit aufgestellt, die sich auf die betreffenden Dokumente und die Beeinträchtigung des von der fraglichen Ausnahme geschützten Interesses beziehen.

1)      Zu den betreffenden Dokumenten

61      Nach der Rechtsprechung müssen die fraglichen Dokumente der gleichen Dokumentenkategorie angehören oder gleichartig sein, damit der Person, die auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 Zugang zu Dokumenten beantragt, eine allgemeine Vermutung wirksam entgegengehalten werden kann (Urteil vom 5. Februar 2018, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA, T‑729/15, EU:T:2018:67, Rn. 25; vgl. auch in diesem Sinne Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 50, und vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 72).

62      In allen Rechtssachen, in denen die Entscheidungen, in denen solche Vermutungen aufgestellt wurden, ergangen sind, betraf die betreffende Verweigerung des Zugangs eine Gesamtheit von Dokumenten, die durch ihre Zugehörigkeit zu einer Akte zu einem noch anhängigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren klar umschrieben waren (Urteil vom 5. Februar 2018, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA, T‑729/15, EU:T:2018:67, Rn. 28; vgl. auch in diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 128, vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 49 und 50, und vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 69 und 70).

63      Insoweit hat der Gerichtshof zwar entschieden, dass sämtliche Dokumente der Verwaltungsakte zu einem Beihilfekontrollverfahren eine einzige Kategorie bilden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 64). Wie jedoch oben in Rn. 56 dargelegt, hatte der Unionsrichter nicht darüber zu entscheiden, ob die Dokumente, die zum Erlass des Beschlusses geführt haben, mit dem die Kommission das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe feststellt und deren Rückforderung anordnet, und die Dokumente des Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung des Beschlusses der gleichen Kategorie von Dokumenten angehören. Es ist davon auszugehen, dass sie, auch wenn sie Teil der gleichen Akte der Kommission sein können, streng genommen dennoch zwei verschiedenen Kategorien von Dokumenten angehören.

64      Dagegen lässt sich nicht bestreiten, dass die Dokumente des Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses der Kommission, mit dem die Rückforderung einer staatlichen Beihilfe angeordnet wird, eine einzige Kategorie bilden, da sie klar umschrieben sind durch ihre Zugehörigkeit zu einer Akte zu einem Verwaltungsverfahren, das nach dem Verfahren stattfindet, das zum Erlass des Beschlusses geführt hat.

2)      Zur Beeinträchtigung des von der fraglichen Ausnahme geschützten Interesses

65      Nach der Rechtsprechung wird die Anwendung allgemeiner Vermutungen der Vertraulichkeit wesentlich durch die zwingende Notwendigkeit bestimmt, das ordnungsgemäße Funktionieren der fraglichen Verfahren sicherzustellen und zu gewährleisten, dass deren Zweck nicht beeinträchtigt wird. Somit kann die Anerkennung einer solchen Vermutung darauf gestützt werden, dass der Zugang zu Dokumenten bestimmter Verfahren mit deren ordnungsgemäßem Ablauf unvereinbar ist und diese Verfahren zu beeinträchtigen droht, denn die allgemeinen Vermutungen der Vertraulichkeit ermöglichen die Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens, indem sie die Einflussnahme Dritter beschränken (Urteile vom 7. September 2017, AlzChem/Kommission, T‑451/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:588, Rn. 21, und vom 5. Februar 2018, MSD Animal Health Innovation und Intervet international/EMA, T‑729/15, EU:T:2018:67, Rn. 26).

66      Die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit zugunsten einer neuen Kategorie von Dokumenten setzt somit voraus, dass zunächst dargetan wird, dass die Verbreitung der Art von Dokumenten, die in diese Kategorie fallen, bei vernünftiger Betrachtung das durch die betreffende Ausnahme geschützte Interesse tatsächlich beeinträchtigen könnte (Urteil vom 28. Mai 2020, Campbell/Kommission, T‑701/18, EU:T:2020:224, Rn. 39).

67      In diesem Zusammenhang ist zunächst zu prüfen, ob die Dokumente des Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses der Kommission, mit dem die Rückforderung einer staatlichen Beihilfe angeordnet wird, Teil des Untersuchungsstadiums sind, was die Klägerin bestreitet. Gegebenenfalls ist anschließend zu prüfen, ob die Merkmale einer solchen Untersuchung die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit rechtfertigen, die die genannten Dokumente abdeckt.

i)      Zum Vorliegen einer Untersuchung

68      Zwar sieht Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vor, dass die Organe den Zugang zu einem Dokument verweigern, durch dessen Verbreitung u. a. der Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten beeinträchtigt würde, doch enthält die Verordnung keine Definition des Begriffs „Untersuchungstätigkeiten“ im Sinne dieser Vorschrift.

69      Nach der Rechtsprechung stellt der Begriff „Untersuchung“ in Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 einen eigenständigen Begriff des Unionsrechts dar, der insbesondere unter Berücksichtigung seines gewöhnlichen Sinnes und des Kontexts, in den er sich einfügt, auszulegen ist (Urteil vom 7. September 2017, Frankreich/Schlyter, C‑331/15 P, EU:C:2017:639, Rn. 45). Da der Begriff „Untersuchungstätigkeiten“ Bestandteil einer Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz ist, wonach alle Dokumente zugänglich zu machen sind, muss er eng ausgelegt und angewandt werden (Schlussanträge von Generalanwalt Wathelet in der Rechtssache Frankreich/Schlyter, C‑331/15 P, EU:C:2017:280, Nr. 101).

70      Ohne dass eine abschließende Definition der „Untersuchungstätigkeiten“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 entwickelt zu werden braucht, ist ein strukturiertes und formalisiertes Verfahren der Kommission, dessen Zweck darin besteht, Informationen zu sammeln und zu analysieren, damit sie im Rahmen der Ausübung ihrer Aufgaben nach dem EU‑ und AEU‑Vertrag einen Standpunkt vertreten kann, als eine solche Tätigkeit anzusehen. Dieses Verfahren muss nicht zwingend auf die Aufdeckung oder Verfolgung einer Zuwiderhandlung oder Unregelmäßigkeit gerichtet sein. Der Begriff „Untersuchung“ kann auch eine Tätigkeit der Kommission erfassen, mit der Tatsachen festgestellt werden sollen, um eine bestimmte Situation zu bewerten (Urteil vom 7. September 2017, Frankreich/Schlyter, C‑331/15 P, EU:C:2017:639, Rn. 46 und 47).

71      Wie die Kommission im angefochtenen Beschluss dargelegt hat, soll der Begriff „Untersuchung“ in Bezug auf Beihilfeverfahren nicht nur den Zweck von Untersuchungstätigkeiten schützen, die sich auf bestimmte Unternehmen richten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. September 2018, Chambre de commerce et d’industrie métropolitaine Bretagne-Ouest [port de Brest]/Kommission, T‑39/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:560, Rn. 70).

72      Wie die Kommission zu Recht geltend macht, erhebt und bewertet sie im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses, mit dem die Rückforderung einer staatlichen Beihilfe angeordnet wird, die vom betreffenden Mitgliedstaat bereitgestellten Informationen, um festzustellen, ob er u. a. alle erforderlichen Maßnahmen für die vollständige Rückzahlung der Beihilfe getroffen hat, und gegebenenfalls zu entscheiden, den Gerichtshof gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV anzurufen.

73      Somit ist eine solche Tätigkeit gemäß der oben in Rn. 70 angeführten Rechtsprechung ein strukturiertes und formalisiertes Verfahren der Kommission, dessen Zweck darin besteht, Informationen zu sammeln und zu analysieren, damit sie im Rahmen der Ausübung ihrer Aufgaben einen Standpunkt vertreten kann.

74      Überdies bestimmt Art. 28 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses, mit dem die Rückforderung einer staatlichen Beihilfe angeordnet wird: „Kommt der betreffende Mitgliedstaat mit Bedingungen und Auflagen verbundenen Beschlüssen oder Negativbeschlüssen, insbesondere in den in Artikel 16 dieser Verordnung genannten Fällen, nicht nach, so kann die Kommission nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV den Gerichtshof … unmittelbar anrufen.“

75      Art. 108 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV sieht im Gegensatz zu Art. 258 AEUV keine vorprozessuale Phase vor. Wie die Kommission dargelegt hat, ist davon auszugehen, dass das Stadium der Kontrolle der Durchführung ihres Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe der vorprozessualen Phase des Verfahrens gemäß Art. 258 AEUV vergleichbar ist, welches Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 entspricht. Wie nämlich Generalanwalt Wathelet in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Frankreich/Schlyter (C‑331/15 P, EU:C:2017:280, Nr. 99) dargelegt hat, erfassen „Untersuchungstätigkeiten“ nach der Verordnung Nr. 1049/2001 das Vertragsverletzungsverfahren, wie aus dem Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 70), hervorgeht, und Nachforschungen, die zur Einleitung dieses Verfahrens führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 62 und 65).

76      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin und wie die Kommission festgestellt hat, das Verfahren zur Kontrolle der Durchführung des Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe Untersuchungstätigkeiten der Kommission im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 entspricht, wie sie in der Rechtsprechung definiert werden.

77      Dieses Ergebnis kann nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt werden, wonach der Grundsatz des Zugangs zu Dokumenten und die Verordnung Nr. 1049/2001 ausgehöhlt würden, wenn die vom Gerichtshof im Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738), dargelegte Begründung auf Dokumente anwendbar wäre, die die Kommission eventuell im Rahmen zukünftiger potenzieller Vertragsverletzungsverfahren verwenden könnte. Der Klägerin zufolge sind fast alle von der Kommission in einem beliebigen Kontext zusammengetragenen Dokumente geeignet, nicht verbreitet zu werden, da jedes Dokument im Rahmen von Verfahren verwendet werden könne, die sich auf potenzielle Untersuchungen der Kommission auswirken könnten, unabhängig von den Umständen, in denen das Dokument erhoben worden sei. Insoweit genügt die Feststellung, dass es hier nicht um potenzielle Untersuchungen geht, sondern um ein konkretes Verwaltungsverfahren, das auf einen Beschluss der Kommission zurückzuführen ist, der die Ziele der Untersuchungstätigkeiten festlegt, die sich an seinen Erlass anschließen, im Hinblick auf eine neue Entscheidung der Kommission, die die Anrufung des Gerichtshofs gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV betrifft.

78      Ferner kann zwar nicht geleugnet werden, dass zwischen dem Stadium, in dem der Beschluss über eine staatliche Beihilfe erlassen wird, und dem Stadium, in dem die Durchführung des Beschlusses kontrolliert wird, insoweit ein Zusammenhang besteht, als das zweite Stadium die Konsequenz des ersten ist, doch kann im Hinblick auf die Anwendung der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen diesen zwei Stadien prozessuale Kontinuität besteht. Die Untersuchungstätigkeiten in jedem der zwei Stadien unterscheiden sich nämlich im Hinblick auf den Grund für die Einleitung der jeweiligen Untersuchung und ihren Zweck. Daher ist das Vorbringen der Kommission in dieser Hinsicht zurückzuweisen.

ii)    Zur Beeinträchtigung des geschützten Zwecks von Untersuchungstätigkeiten

79      Nach der Rechtsprechung genügt es für die Rechtfertigung der Verweigerung des Zugangs zu einem Dokument, dessen Verbreitung beantragt wurde, grundsätzlich nicht, dass dieses Dokument in Zusammenhang mit einer in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 erwähnten Tätigkeit steht. Das betroffene Organ bzw. die betreffende Einrichtung oder sonstige Stelle der Union muss auch erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das Interesse, das durch eine Ausnahme nach dieser Bestimmung geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte (Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393, Rn. 116, vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 44, und vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 68).

80      Insoweit ist daran zu erinnern, dass das Stadium der Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe der vorprozessualen Phase des Verfahrens gemäß Art. 258 AEUV vergleichbar ist (siehe oben, Rn. 75).

81      Nach ständiger Rechtsprechung kann vermutet werden, dass die Verbreitung der Dokumente zu einem Vertragsverletzungsverfahren während seiner vorprozessualen Phase den Charakter dieses Verfahrens verändern und dessen Ablauf beeinträchtigen könnte und dass somit durch diese Verbreitung der Schutz des Zwecks der Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 grundsätzlich beeinträchtigt würde (Urteile vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 65, und vom 11. Mai 2017, Schweden/Kommission, C‑562/14 P, EU:C:2017:356, Rn. 40).

82      Es ist nämlich festgestellt worden, dass die von der Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens auszuübende Kontrolle Teil einer administrativen Aufgabe ist, in deren Rahmen die Kommission über ein weites Ermessen verfügt und in einen zweiseitigen Dialog mit den betreffenden Mitgliedstaaten tritt. Demgegenüber verfügen andere Beteiligte als diese Mitgliedstaaten über keine spezifischen Verfahrensgarantien, deren Einhaltung einer effektiven gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. Urteil vom 13. September 2013, ClientEarth/Kommission, T‑111/11, EU:T:2013:482, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung).

83      Nach der Rechtsprechung ist die Kommission daher berechtigt, die Vertraulichkeit von Dokumenten zu wahren, die sie im Rahmen einer Untersuchung im Hinblick auf ein Vertragsverletzungsverfahren zusammengetragen hat und deren Offenlegung das Klima des Vertrauens beeinträchtigen könnte, das zwischen ihr und dem betreffenden Mitgliedstaat bestehen muss, damit bei etwa festgestellten Verstößen gegen Unionsrecht eine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann (Urteil vom 13. September 2013, ClientEarth/Kommission, T‑111/11, EU:T:2013:482, Rn. 60).

84      Was das Verfahren zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses der Kommission zur Rückforderung einer staatlichen Beihilfe betrifft, ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren zweiseitig ist, da es zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat stattfindet. Im Rahmen dieses Verfahrens steht keinen anderen Beteiligten außer diesem Mitgliedstaat das Recht zu, die Dokumente der Verwaltungsakte der Kommission zu konsultieren, und den anderen Beteiligten ist keine besondere Rolle vorbehalten.

85      Wenn es daher anderen Beteiligten als dem betreffenden Mitgliedstaat möglich wäre, auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 Zugang zu Dokumenten der Verwaltungsakte der Kommission in Bezug auf das Verfahren zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe zu erhalten, wäre diese Verbreitung geeignet, die Art oder den Ablauf eines solchen zweiseitigen Verfahrens zu verändern, da Dritte gegebenenfalls die Möglichkeit hätten, zu den vom betreffenden Mitgliedstaat bereitgestellten Informationen Stellung zu nehmen und somit den Schutz des Zwecks der Untersuchungstätigkeiten zu beeinträchtigen.

86      Im Rahmen des Verfahrens zur Rückforderung einer staatlichen Beihilfe sind nämlich loyale Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen zwischen der Kommission und dem Staat, der für die Gewährung der Beihilfe verantwortlich ist, unerlässlich, damit sie sich frei äußern können. Wenn der betreffende Mitgliedstaat verpflichtet ist, den Beschluss der Kommission durchzuführen, und die Kommission die Durchführung ihres Beschlusses überwachen muss, setzt die Durchführung des Rückforderungsbeschlusses eine Kommunikation zwischen der Kommission und den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats voraus, insbesondere, jedoch nicht nur, wenn die Rückzahlung dem Mitgliedstaat Schwierigkeiten bereitet.

87      Ein zweiseitiger Dialog zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat kann die loyale Zusammenarbeit des Mitgliedstaats gewährleisten, während die Kommission dafür Sorge trägt, dass ihr Beschluss frist- und ordnungsgemäß durchgeführt wird. Wie die Kommission geltend macht, würde sich eine Verbreitung der Dokumente des Verfahrens, das der Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe dient, negativ auf dieses Verfahren und die Bereitschaft der Mitgliedstaaten auswirken, detaillierte Erklärungen insbesondere zum Stand der Rückzahlung und zu Schwierigkeiten bei der Rückzahlung abzugeben. Es könnte sich unter diesen Umständen für die Kommission als noch schwieriger erweisen, solche Informationen zu erhalten sowie gegebenenfalls einen Verhandlungsprozess in Gang zu setzen und zu einem Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat zu kommen, das eine Vertragsverletzung beendet, die dem Mitgliedstaat vorgeworfen werden kann und aus der Nichtdurchführung des Beschlusses der Kommission besteht, um so zu ermöglichen, dass das Unionsrecht beachtet und eine Klage nach Art. 108 Abs. 2 AEUV vermieden wird (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 63).

88      Folglich ist aus den gleichen Gründen wie denjenigen, die im Zusammenhang mit einem Vertragsverletzungsverfahren und insbesondere seiner vorprozessualen Phase angeführt und oben in den Rn. 81 und 83 dargelegt worden sind, und angesichts der besonderen Stellung des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe festzustellen, dass die Verbreitung von Dokumenten dieses Verfahrens grundsätzlich den Dialog und somit die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem genannten Mitgliedstaat beeinträchtigen würde.

89      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass angesichts der Anwendung der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 die Dokumente des Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe dem Teil der Verwaltungsakte der Kommission angehören, der die fragliche(n) nationale(n) Maßnahme(n) betrifft und von dem Teil zu unterscheiden ist, der das Stadium der Einstufung der Maßnahme(n) als staatliche Beihilfe betrifft (siehe oben, Rn. 63). Ebenso ist das Untersuchungsstadium, das dem Erlass eines Beschlusses über eine staatliche Beihilfe vorausgeht, von dem Stadium zu unterscheiden, in dem die Durchführung des Beschlusses kontrolliert wird (siehe oben, Rn. 78). Somit ist entgegen der von der Kommission im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung festzustellen, dass die Dokumente eines Verfahrens, das der Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe dient, nicht von einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit erfasst sind, die für die Dokumente einer Verwaltungsakte zum Verfahren der Kontrolle staatlicher Beihilfen gilt, wie sie von der Rechtsprechung anerkannt wird (siehe oben, Rn. 53).

90      Dagegen rechtfertigen die Gründe für die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 in Bezug auf Dokumente, die im Rahmen einer Untersuchung zu einem potenziellen Vertragsverletzungsverfahren zusammengeführt wurden, die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung auf der Grundlage derselben Bestimmung, die für Dokumente des Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe gilt (siehe oben, Rn. 88).

91      Somit beging die Kommission keinen Rechtsfehler, als sie feststellte, dass die Dokumente eines Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe von einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit gemäß Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 erfasst seien.

92      Folglich ist zu prüfen, ob die Kommission einen Beurteilungsfehler beging, als sie die oben in Rn. 91 genannte allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit im vorliegenden Fall anwandte.

b)      Zur Anwendung der allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit auf die beantragten Dokumente

93      Im angefochtenen Beschluss weist die Kommission, wie die Klägerin anerkennt, u. a. darauf hin, dass die Nichtbefolgung ihres Beschlusses über die Anordnung der Rückforderung der Beihilfe durch den betreffenden Mitgliedstaat zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens führen könne. Die Überlegungen im Zusammenhang mit der Anerkennung des Bestehens einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit für Dokumente, die bei einer Untersuchung im Zusammenhang mit einem Vertragsverletzungsverfahren zusammengefügt worden seien, gälten sinngemäß für die Weigerung, die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Dokumente zu verbreiten.

94      Insoweit ist es zwar, wie die Klägerin geltend macht, zutreffend, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht auf das Verfahren zur Rückforderung einer staatlichen Beihilfe gemäß Art. 16 der Verordnung 2015/1589 bezogen hat, doch wird hinreichend klar auf das Rückforderungsverfahren Bezug genommen, und daher ist es unerheblich, dass sie diese Vorschrift nicht angeführt hat.

95      Wie außerdem oben in Rn. 4 dargelegt, hat die Klägerin Zugang zu den maßgeblichen Dokumenten der Kommission beantragt, die Informationen zum Stand der Rückforderung und zum Betrag der von der Slowakischen Republik nach dem Beschluss 2015/1826 zurückgeforderten staatlichen Beihilfe enthielten.

96      Somit beging die Kommission keinen Beurteilungsfehler, als sie feststellte, dass die beantragten Dokumente von einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit auf der Grundlage der Ausnahme zum Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten gemäß Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 erfasst seien, die für Dokumente eines Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe gelte (siehe oben, Rn. 91).

97      Dieses Ergebnis kann durch die Argumente der Klägerin nicht in Frage gestellt werden.

98      Die Klägerin macht als Erstes geltend, die Stattgabe ihres Antrags auf Zugang zu den beantragten Dokumenten könne den Willen der Slowakischen Republik zur Zusammenarbeit mit der Kommission im Rahmen der von ihr durchgeführten Untersuchung nicht beeinträchtigen. Selbst wenn sich ihr Antrag, wie die Klägerin geltend macht, nicht auf die von der Slowakischen Republik vorgetragenen Argumente zur Sache bezieht, gilt dies nur, soweit diese Argumente die Einstufung der im Beschluss 2015/1826 geprüften nationalen Maßnahmen betreffen. Dagegen kann ihr Antrag die von der Slowakischen Republik vorgetragenen Argumente zur Sache in Bezug auf die Durchführung des Beschlusses betreffen.

99      Als Zweites macht die Klägerin geltend, dass der angefochtene Beschluss zwar auf zahlreiche Präzedenzfälle verweise, diese jedoch im vorliegenden Fall nicht anwendbar seien. Das Urteil vom 11. Dezember 2001, Petrie u. a./Kommission (T‑191/99, EU:T:2001:284), der Beschluss vom 13. November 2012, ClientEarth u. a./Kommission (T‑278/11, EU:T:2012:593), und das Urteil vom 19. September 2018, Chambre de commerce et d’industrie métropolitaine Bretagne-Ouest (port de Brest)/Kommission (T‑39/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:560), beträfen Anträge auf Zugang zu „Hintergrunddokumenten“, die die Kommission in Bezug auf einen potenziellen Verstoß gegen Unionsrecht erstellt habe, und keine speziellen Informationen zum Stand der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe.

100    Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission das dritte oben in Rn. 99 genannte Urteil angeführt hat, um ihre Auffassung zu untermauern, wonach die Maßnahmen, die sie im Stadium der Durchführung eines Beschlusses zur Feststellung der Rechtswidrigkeit einer staatlichen Beihilfe ergreife, Untersuchungstätigkeiten im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 seien. Gleiches gilt für das Urteil vom 7. September 2017, Frankreich/Schlyter (C‑331/15 P, EU:C:2017:639), auf das sich die Klägerin in ihren Schriftsätzen beziehen wollte, wie sie in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, auch wenn sie irrtümlich auf das „Urteil Frankreich/Kommission“ verwiesen hat. Schließlich hat die Kommission die zwei ersten oben in Rn. 99 genannten Urteile angeführt, um ihr Vorbringen zu stützen, wonach die Überlegungen zum Bestehen einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit für Dokumente im Zusammenhang mit Untersuchungen, die eventuell zu einem Vertragsverletzungsverfahren führen könnten, sinngemäß für Dokumente wie die im vorliegenden Fall in Rede stehenden gälten. Es ist jedoch festgestellt worden, dass diese Überlegungen der Kommission nicht rechtsfehlerhaft sind.

101    Als Drittes macht die Klägerin geltend, selbst wenn man davon ausginge, wie vom Gerichtshof im Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738), vorgeschlagen, dass Informationen zu einem Vertragsverletzungsverfahren von der Ausnahme in Bezug auf den Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten erfasst sein können, so sei ihr nicht bekannt, dass nach dem Erlass des Beschlusses 2015/1826 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Slowakische Republik eingeleitet worden sei. Insoweit ist festzustellen, dass, soweit dieser Staat nach dem Beschluss 2015/1826 verpflichtet ist, die staatliche Beihilfe zurückzufordern, und die Kommission bei Nichteinhaltung der Rückforderungsverpflichtung gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV den Gerichtshof unmittelbar anrufen kann, es nicht erforderlich ist, gegen diesen Staat ein neues Verfahren im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV oder ein Verfahren nach Art. 258 AEUV „einzuleiten“. Zudem bezieht sich die Kommission – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – in ihren Schriftsätzen nicht auf ein anhängiges Vertragsverletzungsverfahren gegen die Slowakische Republik in Bezug auf die Durchführung des Beschlusses 2015/1826.

102    Als Viertes trägt die Klägerin vor, die Kommission könne sich nicht auf eine weite Auslegung der Ausnahmen von dem in der Verordnung Nr. 1049/2001 verankerten allgemeinen Grundsatz der Verbreitung öffentlicher Dokumente stützen, wenn nach ihrer eigenen Praxis die von ihr angeführten Gründe nicht für den Zugangsantrag gälten. Die Klägerin führt beispielhaft sechs Rechtssachen an, in denen die Kommission vor der Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren Pressemeldungen mit Informationen veröffentlicht habe, die den Informationen vergleichbar seien, auf die sich ihr Zugangsantrag richte. In diesen Pressemitteilungen sowie in ihrem Schreiben vom Juni 2015, mit dem die AlzChem Trostberg AG über den Stand der Einziehung bestimmter Geldbußen in Kartellsachen durch Dritte informiert worden sei, habe die Kommission bewiesen, dass quantitative Daten übermittelt werden könnten, ohne substanzielle Daten zu verbreiten. Im vorliegenden Fall sei es ihr somit möglich gewesen, sich darauf zu beschränken, nur quantitative Daten zum Stand der Rückforderung der fraglichen Beihilfe offenzulegen.

103    Insoweit ist zum einen festzustellen, dass die Kommission in den sechs von der Klägerin angeführten Rechtssachen entschieden hatte, bestimmte Informationen als Pressemitteilung zu veröffentlichen, wie z. B. ihre Entscheidung, beim Gerichtshof gegen jeden der sechs betroffenen Mitgliedstaaten Klage zu erheben. Wie die Kommission jedoch zu Recht geltend macht, wird die Anwendbarkeit der allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit auf Dokumente, die das Stadium der Durchführung des Beschlusses 2015/1826 betreffen, nicht durch die Veröffentlichung der Pressemitteilungen beeinträchtigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Dezember 2018, Campbell/Kommission, T‑312/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:876, Rn. 38). Dies gilt umso mehr, wie die Kommission zu Recht vorträgt, wenn sie noch nicht entschieden hat, Klage beim Gerichtshof zu erheben.

104    Zum anderen ist das Vorbringen der Klägerin, soweit es als Antrag auf Teilzugang zu den fraglichen Dokumenten in Form eines auf bestimmte Informationen beschränkten Zugangs ausgelegt werden könnte, zurückzuweisen. Der Begriff des Dokuments muss nämlich vom Begriff der Information unterschieden werden. Das Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Organe bezieht sich nur auf Dokumente und nicht auf Informationen im weiteren Sinne und bedeutet nicht, dass die Organe auf jedes Auskunftsersuchen eines Einzelnen antworten müssten (Urteil vom 25. April 2007, WWF European Policy Programme/Rat, T‑264/04, EU:T:2007:114, Rn. 76).

105    Soweit die Klägerin geltend macht, die Kommission hätte ihr ein Dokument übermitteln können, aus dem hervorgehe, dass ein bestimmter Prozentsatz der rechtswidrigen und mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe zurückgezahlt worden sei, ist festzustellen, dass dies entgegen der Auffassung der Klägerin die Übermittlung einer substanziellen Information dargestellt hätte. Was jedenfalls den Zugang zu Dokumenten betrifft, für die eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gilt, wie dies bei den beantragten Dokumenten der Fall ist, hat die Vermutung zur Folge, dass für die von ihr erfassten Dokumente keine Verpflichtung zur vollständigen oder teilweisen Verbreitung ihres Inhalts gilt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 68, und vom 7. September 2017, AlzChem/Kommission, T‑451/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:588, Rn. 93 und 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

106    Nach alledem sind der erste und zweite Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

2.      Zum vierten Teil: diskriminierende Anwendung der Ausnahmen von der Verbreitung von Informationen zu Rückforderungen

107    Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im angefochtenen Beschluss die Ausnahmen von der Verbreitung von Informationen über die Rückforderung der staatlichen Beihilfe unter Verstoß gegen Art. 20 der Grundrechtecharta in diskriminierender Weise angewandt. Sie trägt als Erstes vor, die Kommission habe in sechs Rechtssachen im Bereich staatlicher Beihilfen Informationen zu Beträgen veröffentlicht, die nicht zurückgefordert worden seien, und dies vor der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die betreffenden Mitgliedstaaten und obwohl Gerichtsverfahren in Bezug auf die zugrunde liegende Beihilfeentscheidung anhängig gewesen seien. Das behauptete Interesse am Schutz laufender Untersuchungstätigkeiten oder geschäftlicher Interessen habe die Kommission somit nicht daran gehindert, die Namen der Begünstigten zu verbreiten, die identifiziert oder identifizierbar gewesen seien.

108    Als Zweites beruft sich die Klägerin in der Erwiderung darauf, dass die Kommission quantitative und substanzielle Informationen zum Stand der Einziehung von Geldbußen in Kartellsachen verbreitet habe, obwohl einige der Entscheidungen über die Verhängung der Geldbußen Gegenstand von Verfahren vor dem Unionsrichter gewesen seien.

109    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

110    Art. 20 der Grundrechtecharta bestimmt: „Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich.“ Bevor Art. 6 EUV der Grundrechtecharta verbindliche Rechtswirkung verliehen hat, hatte der Gerichtshof bereits entschieden, dass der Gleichheitsgrundsatz zu den Grundprinzipien des Unionsrechts gehört, die von jedem Gericht gewahrt werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Oktober 1977, Ruckdeschel u. a., 117/76 und 16/77, EU:C:1977:160, Rn. 7). Die Wahrung dieses Grundsatzes setzt voraus, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2006, Franz Egenberger, C‑313/04, EU:C:2006:454, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

111    Als Erstes hat die Kommission, wie die Klägerin vorträgt, mit Schreiben vom 24. April 2019 den Zugang der Klägerin zu den beantragten Dokumenten mit der Begründung verweigert, dass der Beschluss 2015/1826 Gegenstand eines anhängigen Verfahrens sei und folglich Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 gelte. Diese Erwägung wurde jedoch im angefochtenen Beschluss nicht wiederholt, und die Kommission ist in keiner Weise verpflichtet, in dem Beschluss, den sie in Beantwortung des Zweitantrags erlässt, die Rechtsgrundlage beizubehalten, die sie zur Begründung ihrer Antwort auf den ersten Antrag herangezogen hat (Urteil vom 28. März 2017, Deutsche Telekom/Kommission, T‑210/15, EU:T:2017:224, Rn. 83). Folglich ist es nicht relevant, dass in vier der von der Klägerin angeführten sechs Rechtssachen im Bereich staatlicher Beihilfen, für die eine Pressemitteilung veröffentlicht wurde, die Beschlüsse der Kommission, die den betreffenden Mitgliedstaat zur Rückforderung der fraglichen staatlichen Beihilfe verpflichteten, Gegenstand einer anhängigen Klage vor dem Unionsrichter waren, wie dies im vorliegenden Fall auf den Beschluss 2015/1826 zutrifft.

112    Ferner ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, wonach nicht nachvollziehbar sei, dass die Kommission die Auffassung vertreten habe, die Untersuchung zur Rückforderung der Beihilfe sei in den von ihr angeführten sechs Rechtssachen abgeschlossen gewesen, obwohl der Begriff der laufenden Untersuchungen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 die Zeiträume erfasse, in denen die Verfahren vor dem Unionsrichter fortgeführt würden. Es habe sich somit in den sechs Rechtssachen und im vorliegenden Fall um die gleiche Situation gehandelt. Abgesehen von den oben in Rn. 103 dargelegten Erwägungen ist festzustellen, dass, auch wenn der Beschluss, mit dem die Kommission feststellt, dass eine staatliche Beihilfe gewährt wurde, impliziert, dass dieses Organ der Auffassung ist, seine Untersuchung zur Feststellung des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe habe zu einem Ergebnis geführt, der Umstand, dass der genannte Beschluss Gegenstand einer anhängigen Klage vor dem Unionsrichter ist, dazu führt, dass die Dokumente zu dieser Untersuchung weiterhin von einer allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit erfasst sind. Gleiches gilt für Dokumente im Zusammenhang mit dem Stadium der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe, wenn die Kommission beschließt, den Gerichtshof anzurufen, weil sie der Auffassung ist, dass ihr Beschluss zur Anordnung der Rückforderung der fraglichen Beihilfe nicht durchgeführt wurde. Selbst wenn man somit annimmt, dass die Kommission der Auffassung sein konnte, die Untersuchung zur Rückforderung der Beihilfe sei in den sechs von der Klägerin angeführten Rechtssachen abgeschlossen, besteht in Bezug auf die Anwendbarkeit der allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit auf Dokumente eines Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung eines Beschlusses, mit dem die Rückforderung einer staatlichen Beihilfe angeordnet wird, kein Unterschied zwischen jenen Rechtssachen und dem vorliegenden Fall.

113    Jedoch ist zu den sechs von der Klägerin angeführten Rechtssachen festzustellen, dass die Kommission keinen Zugang zu Dokumenten gewährte, sondern die Öffentlichkeit durch Pressemitteilungen über ihre Entscheidung informierte, beim Gerichtshof eine Klage gegen die betreffenden Mitgliedstaaten zu erheben, da sie ihrer Meinung nach Beschlüsse zur Anordnung der Rückforderung einer staatlichen Beihilfe nicht durchgeführt hatten. Wie die Kommission daher zu Recht geltend macht, unterscheidet sich die Situation in den sechs Rechtssachen insoweit von der vorliegenden Situation, als die Klägerin bei der Kommission Zugang zu Dokumenten gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 beantragt hat. Überdies deutet nichts darauf hin, dass die Kommission unter Berufung auf die Nichtdurchführung des Beschlusses 2015/1826 entschieden hat, beim Gerichtshof eine Klage gegen die Slowakische Republik zu erheben (siehe oben, Rn. 101).

114    Was als Zweites die von der Klägerin angeführten Rechtssachen im Bereich der Zahlung von Geldbußen betrifft, ist mit der Kommission festzustellen, dass die vorgebrachten Beweise neu sind, da sie im Stadium der Erwiderung vorgelegt wurden. Die Klägerin hat keinen Nachweis dafür erbracht, dass die vorgelegten Dokumente, d. h. zum einen der Antrag auf Zugang zu Dokumenten, den AlzChem Trostberg nach der Verordnung Nr. 1049/2001 in Bezug auf den Betrag der von den Adressaten mehrerer Beschlüsse der Kommission im Rahmen von Rechtssachen zum Wettbewerbsrecht der Union tatsächlich entrichteten Geldbußen gestellt hatte (Anlage C.1 der Erwiderung), und zum anderen die Antwort der Kommission auf diesen Antrag (Anlage C.2 der Erwiderung), zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht in ihrem Besitz waren, noch hat sie Gesichtspunkte vorgetragen, die erkennen lassen, warum die genannten Beweise nicht zusammen mit der Klageschrift vorgelegt worden sind. Folglich ist ihre Vorlage im Stadium der Erwiderung verspätet, und die Anlagen C.1 und C.2 der Erwiderung sind nach Art. 85 Abs. 1 der Verfahrensordnung unzulässig.

115    Abgesehen davon, dass im Gegensatz zum Rückforderungsverfahren nach dem Beschluss 2015/1826 drei der sieben angeführten Fälle abgeschlossen waren und die Kommission mit dem in der Anlage C.2 enthaltenen Schreiben vom 11. Juni 2005 keinen Zugang zu Dokumenten gewährte, sondern Informationen übermittelte, ist jedenfalls die Rückforderung einer staatlichen Beihilfe, wie die Kommission zu Recht geltend macht, in einen anderen rechtlichen Kontext eingebettet als die Zahlung einer Geldbuße, die durch einen Beschluss der Kommission nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) verhängt wurde. Wie die Kommission zutreffend darlegt, handelt es sich bei der Verpflichtung zur Rückforderung einer staatlichen Beihilfe nicht um eine Sanktion, die gegen den Beihilfebegünstigten oder den betreffenden Mitgliedstaat verhängt wird, und das Rückforderungsverfahren wird ausschließlich mit diesem Mitgliedstaat durchgeführt, der Adressat des Rückforderungsbeschlusses ist, da er der einzige Beteiligte ist, der gegen Unionsrecht (Art. 108 Abs. 3 AEUV) verstoßen hat, während eine gegen ein Unternehmen verhängte Geldbuße dessen Verstoß gegen Wettbewerbsregeln sanktioniert. Alle diese Unterschiede verdeutlichen, dass es sich nicht um vergleichbare Sachverhalte handelt.

116    Aus alledem ergibt sich, dass der Kommission kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vorgeworfen werden kann. Somit ist der vierte Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

3.      Zum fünften Teil: Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses

117    Die Klägerin macht als Erstes geltend, selbst wenn man annehme, dass die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten habe, ihr Antrag betreffe Dokumente, die den Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 unterlägen, sei sie verpflichtet gewesen, die Dokumente aufgrund eines überwiegenden öffentlichen Interesses zu verbreiten, das aus der Gewährleistung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Art. 47 der Grundrechtecharta bestehe.

118    Als Zweites beruft sie sich darauf, dass Transparenz und öffentliche Kontrolle der Handlungen der Kommission wichtig seien. Insoweit müsse die Ausnahmeregelung gemäß Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 im Licht des Ziels ausgelegt werden, den Zweck von Untersuchungstätigkeiten zu schützen, und die Kommission dürfe nicht ermächtigt werden, die Ausnahmeregelung nur mit dem Ziel anzuwenden, sich der öffentlichen Kontrolle zu entziehen. Zwar werfe die Klägerin der Kommission nicht vor, kein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV gegen die Slowakische Republik einzuleiten, da diese Entscheidung ihrem Ermessen unterliege, doch sei die Kommission gegenüber den Unionsbürgern für ihre Untätigkeit verantwortlich.

119    Der Schutz des Haushalts der Mitgliedstaaten vor den verheerenden Auswirkungen des Wettrennens um staatliche Beihilfen und die Durchführung der Beschlüsse der Kommission in diesem Bereich seien jeweils ein überwiegendes öffentliches Interesse und kein privates Interesse der Klägerin. Wie die Kommission in ihrer Studie zur Anwendung der unionsrechtlichen Beihilfevorschriften auf nationaler Ebene festgestellt habe, hätten zwei deutsche Einrichtungen das öffentliche Interesse an der Rückforderung rechtswidriger staatlicher Beihilfen betont.

120    Der Unionsrichter habe die Verordnung Nr. 1049/2001 eng ausgelegt und angewandt, was das Europäische Parlament kritisiert habe, während jede Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Dokumenten oder jede Beschränkung dieses Rechts eng auszulegen sei. Da der Antrag der Klägerin kein Dokument und keine Information betreffe, die der Akte der Kommission zur staatlichen Beihilfe der Slowakischen Republik zugunsten von NCHZ entstammten, dürfe die Kommission nicht befugt sein, das Grundrecht der Unionsbürger auf Zugang zu Dokumenten weiter einzuschränken.

121    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

122    Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 bestimmt: „Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde: … der Schutz des Zwecks von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.“

123    Wie oben in Rn. 43 dargelegt, schließt eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit auf der Grundlage der Ausnahme in Bezug auf den Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten gemäß Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 die Möglichkeit nicht aus, ein überwiegendes öffentliches Interesse nachzuweisen, das die Verbreitung der betreffenden Dokumente rechtfertigt.

124    Nach ständiger Rechtsprechung muss derjenige, der sich auf ein überwiegendes öffentliches Interesse beruft, konkret Umstände anführen, die die Verbreitung der betroffenen Dokumente rechtfertigen (vgl. Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 14. Juli 2016, Sea Handling/Kommission, C‑271/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:557, Rn. 40).

125    Die in Art. 4, insbesondere Abs. 2, der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahmeregelung beruht auf einer Abwägung der in einer bestimmten Situation einander gegenüberstehenden Interessen, nämlich einerseits der Interessen, die durch die Verbreitung der betreffenden Dokumente begünstigt würden, und andererseits der durch die Verbreitung gefährdeten Interessen. Die Entscheidung über einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten hängt davon ab, welchem Interesse im jeweiligen Fall der Vorrang einzuräumen ist (vgl. Urteil vom 7. September 2017, AlzChem/Kommission, T‑451/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:588, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

126    Im Licht dieser Grundsätze sind die von der Klägerin vorgetragenen Argumente zu prüfen.

127    Im vorliegenden Fall beruft sich die Klägerin in der Klageschrift als Erstes auf ein überwiegendes öffentliches Interesse, das aus der Gewährleistung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Art. 47 der Grundrechtecharta bestehe. Diese Rüge ist jedoch nicht zu prüfen, da die Klägerin auf eine entsprechende Frage in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verweigerung des Zugangs zu den beantragten Dokumenten und der in Art. 47 der Grundrechtecharta garantierten Wirksamkeit der gerichtlichen Kontrolle besteht. Sie hat außerdem erklärt, dass das Gericht den Verweis auf das Vorliegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses, das aus der Gewährleistung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf bestehe, wie im Rahmen des fünften Teils des ersten Klagegrundes genannt, nicht berücksichtigen müsse, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist.

128    Als Zweites beruft sich die Klägerin unter Verweis auf den zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 auf die Bedeutung der Transparenz und der öffentlichen Kontrolle der Handlungen der Kommission, die nicht ermächtigt werden dürfe, die Ausnahmeregelung nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung nur mit dem Ziel anzuwenden, ihre Untätigkeit zu rechtfertigen und sich der öffentlichen Kontrolle zu entziehen.

129    Es ist darauf hinzuweisen, dass das Interesse an der Transparenz zwar ein öffentliches Interesse darstellt, da es objektiver und allgemeiner Natur ist (Urteil vom 11. Dezember 2018, Arca Capital Bohemia/Kommission, T‑440/17, EU:T:2018:898, Rn. 76; vgl. auch in diesem Sinne Urteil vom 12. Mai 2015, Technion und Technion Research & Development Foundation/Kommission, T‑480/11, EU:T:2015:272, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie jedoch oben in Rn. 37 dargelegt, haben die Unionsgerichte in Bezug auf die Transparenz und die öffentliche Kontrolle der Handlungen der Kommission entschieden, dass bei der Verwaltungstätigkeit der Kommission der Zugang zu Dokumenten nicht im gleichen Umfang erforderlich ist wie bei der Gesetzgebungstätigkeit eines Unionsorgans. Im vorliegenden Fall sind die beantragten Dokumente offensichtlich Teil eines Verwaltungsverfahrens, nämlich eines Verfahrens zur Rückforderung einer staatlichen Beihilfe nach einem Beschluss der Kommission.

130    Zudem können allgemeine Erwägungen zum Transparenzgebot und zum Recht der Öffentlichkeit, über die Arbeit der Organe informiert zu werden, nicht die Verbreitung von Dokumenten rechtfertigen, die Bestandteil des Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung des Beschlusses der Kommission sind, das zur Anrufung des Gerichtshofs nach Art. 108 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV führen kann und der vorprozessualen Phase eines Vertragsverletzungsverfahrens vergleichbar ist (siehe oben, Rn. 75) (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission, C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 91 und 93).

131    Wenn die Kommission der Ansicht ist, ein Mitgliedstaat sei seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen, ist es nämlich ihre Sache, zu beurteilen, ob ein Einschreiten gegen diesen Staat zweckmäßig ist, die ihrer Ansicht nach von ihm verletzten Bestimmungen zu benennen und den Zeitpunkt für die Einleitung des Verfahrens nach Art. 108 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV gegen ihn zu wählen. Folglich verfügt die Klägerin bzw. ein Bürger nicht über das Recht, von der Kommission eine Stellungnahme in einem bestimmten Sinne zu verlangen oder die Weigerung der Kommission, ein Verfahren gegen die Slowakische Republik einzuleiten, anzufechten (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 60 und 61).

132    Das von der Klägerin zur Rechtfertigung der Verbreitung der angeforderten Dokumente angeführte Ziel, das darin besteht, eine Kontrolle über die Tätigkeit der Kommission im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle der Durchführung des Beschlusses 2015/1826 auszuüben, läuft somit, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, darauf hinaus, das Bestehen des Ermessens, über das die Kommission im Rahmen des Verfahrens nach Art. 108 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV verfügt, in Abrede zu stellen, obwohl die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit, die für alle mit diesem Verfahren zusammenhängenden Dokumente gilt, u. a. gerade die Nützlichkeit der Tätigkeit der Kommission in dessen Rahmen schützen soll (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 61, 63 und 65).

133    Zudem trägt die Kommission, wie sie zu Recht dargelegt hat, dafür Sorge, die Öffentlichkeit durch Pressemitteilungen über den Stand bestimmter Vertragsverletzungsverfahren zu informieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Januar 2017, Justice & Environment/Kommission, T‑727/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:18, Rn. 60).

134    Ferner beruft sich die Klägerin im Wesentlichen auf das öffentliche Interesse an der Durchführung der Beschlüsse der Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen sowie das öffentliche Interesse am Schutz des Haushalts der Mitgliedstaaten vor den verheerenden Auswirkungen des Wettrennens um staatliche Beihilfen und das öffentliche Interesse an der Verpflichtung, rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen wieder dem Haushalt der Mitgliedstaaten zuzuführen, an die sich ein Beschluss im Bereich staatlicher Beihilfen richte. Diesem Vorbringen kann jedoch nicht gefolgt werden. Wie die Kommission zu Recht geltend macht, führt ein Zugang der Klägerin zu den beantragten Dokumenten nicht dazu, dass das öffentliche Interesse am Schutz des Haushalts der Mitgliedstaaten durch die Rückforderung rechtswidriger staatlicher Beihilfen gewährleistet ist.

135    Schließlich trägt die Klägerin vor, der Unionsrichter habe die Verordnung Nr. 1049/2001 restriktiv angewandt, während jede Ausnahme vom Recht auf Zugang zu Dokumenten oder jede Beschränkung dieses Rechts eng ausgelegt werden müsse und ihr Antrag nicht von der Ausnahme erfasst sei, die sich auf den Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten richte. Soweit die Klägerin bestreitet, dass ihr Zugangsantrag von der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 erfasst sein könnte, betrifft ihr Vorbringen eine andere Frage als diejenige, ob im Fall der Anwendung einer Ausnahme ein überwiegendes öffentliches Interesse ermöglicht, die Anwendung der Ausnahme auszuschließen. Somit ist das Vorbringen im Rahmen des vorliegenden Teils nicht relevant. Im Übrigen wurde es im Rahmen des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes geprüft und zurückgewiesen.

136    Folglich sind der fünfte Teil des ersten Klagegrundes sowie der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen, ohne dass der dritte Teil zu prüfen ist, da die Ausnahme, die sich auf den Schutz der von Unionsorganen durchgeführten Untersuchungen richtet, eine eigenständige und ausreichende Grundlage darstellte, um den Erlass des angefochtenen Beschlusses zu rechtfertigen, und ein etwaiger Fehler im Rahmen des zweiten Grundes des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf die Ausnahme zum Schutz geschäftlicher Interessen, der Gegenstand des dritten Teils des ersten Klagegrundes ist, sich jedenfalls nicht auf die Rechtmäßigkeit des Beschlusses auswirken würde.

C.      Zum zweiten Klagegrund: Begründungsmangel bei der Versagung des Zugangs zu den beantragten Dokumenten in einer nicht vertraulichen Fassung oder in den Räumlichkeiten der Kommission

137    Die Klägerin macht geltend, sie habe im Zweitantrag den Zugang zu den Dokumenten in einer nicht vertraulichen Fassung oder in den Räumlichkeiten der Kommission vorgeschlagen. Die Kommission sei jedoch der Auffassung gewesen, dass ein Teilzugang nicht gewährt werden könne, da die allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit für partielle Freigaben gelte. Da die Klägerin alle Gründe, die die Verweigerung der Verbreitung der beantragten Dokumente rechtfertigen könnten, zurückgewiesen habe, darunter die von der Kommission angeführten allgemeinen Vermutungen der Vertraulichkeit, sei im Umkehrschluss aus der Argumentation der Kommission zu folgern, dass sie ihrem Antrag hätte stattgeben müssen, zumindest durch Gewährung eines Teilzugangs oder eines Zugangs in ihren Räumlichkeiten gemäß Art. 4 Abs. 6 bzw. Art. 10 der Verordnung Nr. 1049/2001. Dennoch habe die Kommission die Ablehnung des Antrags insoweit nicht begründet.

138    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

139    Nach ständiger Rechtsprechung muss die durch Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Unionsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 22. April 2008, Kommission/Salzgitter, C‑408/04 P, EU:C:2008:236, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

140    Der Verstoß gegen die Begründungspflicht stellt einen Klagegrund dar, mit dem eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften geltend gemacht wird. Er ist als solcher von dem Klagegrund zu unterscheiden, mit dem die Fehlerhaftigkeit der Gründe der streitigen Entscheidung beanstandet wird und der im Rahmen der Prüfung der Begründetheit dieser Entscheidung zu untersuchen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 67, und vom 19. Juni 2009, Qualcomm/Kommission, T‑48/04, EU:T:2009:212, Rn. 179). Die Begründung einer Entscheidung soll nämlich förmlich die Gründe zum Ausdruck bringen, auf denen sie beruht. Weisen die Gründe Fehler auf, so beeinträchtigen diese die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung, nicht aber ihre Begründung, die, obwohl sie fehlerhafte Gründe enthält, hinreichend sein kann (vgl. Urteil vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, EU:C:2008:392, Rn. 181 und die dort angeführte Rechtsprechung).

141    Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss die Möglichkeit geprüft, der Klägerin gemäß Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 teilweisen Zugang zu den beantragten Dokumenten zu gewähren. Sie stellte fest, dass die beantragten Dokumente der allgemeinen Vermutung der Vertraulichkeit unterlägen, die auf den Ausnahmen gemäß Art. 4 Abs. 2 erster und dritter Gedankenstrich der Verordnung basiere, und diese Vermutung die Möglichkeit eines teilweisen Zugangs zur Akte ausschließe. Sie verwies insoweit auf das Urteil vom 14. Juli 2016, Sea Handling/Kommission (C‑271/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:557, Rn. 61).

142    Folglich hat die Kommission die Gründe dargelegt, aus denen sie den Antrag der Klägerin auf Zugang zu den Dokumenten in einer nicht vertraulichen Fassung oder in den Räumlichkeiten der Kommission abgelehnt hat. Auf diese Weise hat sie die Klägerin in die Lage versetzt, die Gründe für die Ablehnung des Antrags nachzuvollziehen, und dem Gericht ermöglicht, seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen. Somit ist der angefochtene Beschluss in dieser Hinsicht hinreichend begründet.

143    Soweit die Klägerin behauptet, die Kommission habe ihrem Antrag auf Zugang zu den beantragten Dokumenten in einer nicht vertraulichen Fassung oder in ihren Räumlichkeiten stattgeben müssen, da die Klägerin alle Gründe, die die Verweigerung der Verbreitung der beantragten Dokumente rechtfertigen könnten, zurückgewiesen habe, ist festzustellen, dass sie keine fehlende oder unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses beanstandet, sondern die Stichhaltigkeit der Begründung in Frage stellt. Dieses Vorbringen vermag jedenfalls ebenso wenig zu überzeugen. Da die Kommission den Antrag der Klägerin auf Zugang zu den beantragten Dokumenten nämlich unter Berufung auf eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit ablehnen konnte, ohne einen Rechts- oder Beurteilungsfehler zu begehen, liegt dem Vorbringen der Klägerin eine falsche Annahme zugrunde.

144    Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

145    Nach alledem ist die vorliegende Klage abzuweisen.

V.      Kosten

146    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterliegt, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die AlzChem Group AG trägt die Kosten.

Spielmann

Spineanu-Matei

Mastroianni

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. September 2021.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.