Language of document : ECLI:EU:C:2001:694

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

FRANCIS G. JACOBS

vom 13. Dezember 2001 (1)

Rechtssache C-174/00

Kennemer Golf & Country Club

gegen

Inspecteur Belastingdienst Particulieren/Ondernemingen Haarlem

(Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden)

1.
    Nach der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie(2) sind bestimmte in engem Zusammenhang mit dem Sport stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport treiben, von der Mehrwertsteuer zu befreien. Die Mitgliedstaaten können diese Befreiung von der Bedingung abhängig machen, dass die betreffende Einrichtung keine systematische Gewinnerzielung anstreben darf, und etwaige anfallende Gewinne nicht verteilt werden dürfen, sondern zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden müssen.

2.
    Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen legt der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) eine Reihe von Auslegungsfragen in dieser Hinsicht vor. Er möchte im Wesentlichen wissen, welche Aspekte der Tätigkeit einer Einrichtung bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen sind, ob es sich um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben handelt, ob für die Zwecke der Mehrwertsteuer ein Zusammenhang zwischen den von einem Golfklub erhobenen jährlichen Mitgliedsbeiträgen und den den Mitgliedern erbrachten Dienstleistungen besteht und ob das Ziel, systematisch Überschüsse zu erwirtschaften, die für die Erbringung von Dienstleistungen im Sportbereich verwendet werden sollen, mit dem Status „ohne Gewinnstreben“ vereinbar ist.

Die Sechste Richtlinie

3.
    Nach Artikel 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer. Nach Artikel 4 Absatz 1 gilt als Steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, gleichgültig, zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis. Der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeiten umfasst gemäß Artikel 4 Absatz 2 „alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden“ sowie die „Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen“. Bestimmte Umsätze sind jedoch nach der Richtlinie von der Mehrwertsteuer befreit oder können davon befreit werden.

4.
    Artikel 13 Teil A trägt die Überschrift „Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten“ und Absatz 1 nennt eine Reihe von Tätigkeiten, die die Mitgliedstaaten „unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer“ befreien.

5.
    Zu diesen Tätigkeiten zählen gemäß Buchstabe m „bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben“. Insbesondere diese Befreiung ist für das vorliegende Verfahren relevant. Es ist darauf hinzuweisen, dass sich der Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben in den meisten Sprachfassungen ausdrücklich auf eine Einrichtung bezieht, die keine Gewinnerzielung anstrebt.

6.
    Insgesamt gibt es sechzehn solcher Befreiungen, es ist jedoch nicht erforderlich, sie alle aufzuzählen; es genügt, ergänzend darauf hinzuweisen, dass Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe n „bestimmte kulturelle Dienstleistungen und eng damit verbundene Lieferungen von Gegenständen [befreit], die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannten Einrichtungen erbracht werden“.

7.
    Artikel 13 Teil A Absatz 2 sieht eine Reihe von - teilweise fakultativen, teilweise obligatorischen - Einschränkungen bestimmter Steuerbefreiungen einschließlich der in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m (und Buchstabe n) geregelten vor. Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a nennt vier fakultative Bedingungen, von denen die Mitgliedstaaten die Gewährung solcher Befreiungen für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall abhängig machen können.

8.
    Nach der im ersten Gedankenstrich genannten Bedingung, der hier besondere Bedeutung zukommt, dürfen die betreffenden Einrichtungen „keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden“.

9.
    Wiederum ist es nicht erforderlich, alle anderen Bedingungen aufzuzählen; doch ist darauf hinzuweisen, dass nach der im vierten Gedankenstrich genannten Bedingung die Befreiungen „nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen führen“ dürfen.

Niederländisches Recht

10.
    Nach dem Vorlagebeschluss wurde Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie durch bestimmte Vorschriften der Wet op de omzetbelasting (Umsatzsteuergesetz) 1968 in Verbindung mit dem Uitvoeringsbesluit omzetbelasting (Umsatzsteuerdurchführungsverordnung) 1968 und dessen Anhang B in das niederländische Recht umgesetzt.

11.
    Artikel 11 Absatz 1 des Gesetzes von 1968 bestimmt:

„Unter durch Verordnung festzulegenden Voraussetzungen sind von der Steuer befreit:

...

f)    die durch Verordnung festzulegenden Lieferungen von Waren und Dienstleistungen sozialer oder kultureller Art, sofern der Unternehmer keinen Gewinn anstrebt und keine schwerwiegende Störung des Wettbewerbs im Verhältnis zu Unternehmern auftritt, die Gewinn anstreben.“

12.
    „Lieferungen von Waren und Dienstleistungen sozialer oder kultureller Art“ sind in Artikel 7 Absatz 1 der Durchführungsverordnung in Verbindung mit deren Anhang B definiert. Anhang B Buchstabe b Nr. 21 betrifft die Lieferung von Waren und Dienstleistungen durch Einrichtungen, die Gelegenheit zur Sportausübung verschaffen, vorausgesetzt, sie streben keinen Gewinn an, wobei diese Befreiung nur für solche Lieferungen und Dienstleistungen gilt.

13.
    Ferner sind nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe e des Gesetzes von 1968, bei dem es sich offenbar um einen anderen Befreiungstatbestand handelt, Dienstleistungen von der Umsatzsteuer zu befreien, die Einrichtungen, deren Zweck es ist, Sport zu treiben oder zu fördern, ihren Mitgliedern erbringen. Diese Befreiung gilt nach Artikel 11 Absatz 2 nur dann, wenn mit den betreffenden Dienstleistungen keine Gewinnerzielung angestrebt wird. Auch Betriebsüberschüsse werden insoweit als Gewinn angesehen, es sei denn, sie werden nicht ausgezahlt, sondern für die erwähnten Leistungen verwendet.

14.
    Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe f des Gesetzes von 1968 setzt somit offenbar die „kulturelle“ Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe n der Sechsten Richtlinie um, allerdings mit den in Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster und vierter Gedankenstrich genannten Bedingungen, dass kein Gewinn angestrebt wird und dass der Wettbewerb nicht verzerrt wird; die Durchführungsverordnung erstreckt diese Befreiung auf Einrichtungen, die Gelegenheit zur Sportausübung verschaffen, die andernfalls möglicherweise unter die „Sport“-Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Richtlinie gefallen wären. Diese „Sport“-Befreiung scheint dagegen durch Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe e in Verbindung mit Absatz 2 des Gesetzes von 1968 umgesetzt worden zu sein, wiederum mit der Bedingung, dass kein Gewinn angestrebt wird, wobei auch Betriebsüberschüsse als Gewinn angesehen werden, sofern sie nicht für die angebotenen Sportdienstleistungen verwendet werden, und mit der weiteren Einschränkung, dass nur den Mitgliedern der betroffenen Einrichtung erbrachte Dienstleistungen befreit werden.

Verfahren

15.
    Nach dem Vorlagebeschluss handelt es sich bei dem Kennemer Golf & Country Club (im Folgenden: Kennemer) um einen Verein, dessen Zweck in der Ausübung und Förderung von Sport und Spiel, insbesondere des Golfsports, besteht. Er ist Eigentümer eines Golfkomplexes und eines Klubhauses in Zandvoort bei Amsterdam. Die Mitglieder haben jährliche Mitgliedsbeiträge sowie Eintrittsgebühren für die Benutzung des Golfplatzes zu entrichten; ferner sind sie verpflichtet, sich an einer zinslosen Obligationsanleihe zu beteiligen. Kennemer erzielt weitere Einkünfte aus damit zusammenhängenden Quellen wie der Vermietung von Liegenschaften, Zuwendungen von Sponsoren, Zinserträgen, dem Verkauf von Bällen, bestimmten Vermietungsdienstleistungen und den von Nichtmitgliedern, die die Golfplatzeinrichtungen nutzen, gezahlten Tagesplatzgebühren.

16.
    Von 1990 bis 1995 erzielte Kennemer jährlich einen Betriebsüberschuss, der in seine Rücklagen eingestellt wurde. Insbesondere eine dieser Rücklage war für andere als jährlich wiederkehrende Ausgaben bestimmt.

17.
    Kennemer ging davon aus, dass seine Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer befreit seien, und entrichtete für sie keine Steuer. Die Finanzbehörden vertraten dagegen die Ansicht, dass die nach niederländischem Recht vorgesehenen Befreiungen nicht anwendbar seien, weil Kennemer die Erzielung von Gewinn anstrebe, und erließen einen Nacherhebungsbescheid für das Steuerjahr 1994. Kennemer focht diesen Bescheid an, der jedoch vom Gerechtshof Amsterdam bestätigt wurde. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass vermutet werden könne, dass Kennemer systematisch Betriebsüberschüsse anstrebe. Der Umstand, dass Kennemer diese Überschüsse für seine Leistungen verwende, die darin bestünden, Gelegenheit zur Ausübung des Golfsports zu verschaffen, rechtfertige nicht die Schlussfolgerung, dass er keinen Gewinn anstrebe; dies wäre nur dann möglich gewesen, wenn zufällige, nicht systematisch angestrebte Betriebsüberschüsse entstanden wären, die auf diese Weise verwendet würden.

18.
    Kennemer legte Kassationsbeschwerde beim Hoge Raad ein, der das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hat:

1. a)    Ist, wenn festgestellt werden muss, ob eine Einrichtung im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie eine Gewinnerzielung anstrebt, ausschließlich auf die Ergebnisse der Dienstleistungen im Sinne dieser Bestimmung abzustellen, oder sind die Ergebnisse anderer Dienstleistungen, die die Einrichtung außerdem erbringt, ebenfalls zu berücksichtigen?

b)    Sind, wenn in Bezug auf das Gewinnstreben ausschließlich auf die von der Einrichtung im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie erbrachten Dienstleistungen und nicht auf das gesamteErgebnis der Einrichtung abzustellen ist, ausschließlich die unmittelbar durch diese Dienstleistungen verursachten Kosten zu berücksichtigen oder auch ein Teil der übrigen Kosten der Einrichtung?

        2. a)    Besteht ein unmittelbarer Zusammenhang - u. a. im Sinne des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 8. März 1988 in der Rechtssache 102//85 (Apple and Pear Development Council, Slg. 1988, 1443) - in Bezug auf Beiträge eines Vereins, der seinen Mitgliedern kraft seines satzungsmäßigen Zweckes die Gelegenheit verschafft, im Vereinsrahmen Sport zu treiben, und, falls diese Frage verneint wird, ist der Verein dann nur insoweit im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie steuerpflichtig, als er auch Dienstleistungen erbringt, für die er unmittelbare Gegenleistungen erhält?

b)    Sind, auch wenn zwischen den verschiedenen Dienstleistungen, die der Verein seinen Mitgliedern erbringt, und den von diesen Mitgliedern entrichteten Beiträgen kein unmittelbarer Zusammenhang besteht, zu den für die Feststellung des Gewinnstrebens im Sinne der ersten Frage zu berücksichtigenden Einkünften einer Einrichtung in Form eines Vereins auch die gesamten jährlichen Beiträge der Mitglieder hinzuzurechnen, denen der Verein kraft seiner Satzung Gelegenheit gibt, Sport zu treiben?

3.    Rechtfertigt der Umstand, dass eine Einrichtung von ihr systematisch angestrebte Überschüsse für ihre Dienstleistungen verwendet, die darin bestehen, dass sie im Sinne von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie Gelegenheit gibt, eine Sportart zu betreiben, die Schlussfolgerung, dass sie keinen Gewinn im Sinne dieser Bestimmung anstrebt? Oder ist diese Schlussfolgerung nur dann angebracht, wenn zufällige, nicht systematisch angestrebte Betriebsüberschüsse entstehen, die in dem erwähnten Sinne verwendet werden? Ist bei der Beantwortung dieser Fragen auch Artikel 13 Teil A Absatz 2 erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie zu berücksichtigen, und falls ja, in welchem Sinne ist diese Bestimmung dann auszulegen? Ist insbesondere im zweiten Teil dieser Bestimmung zwischen „trotzdem“ und „anfallen“ das Wort „systematisch“ zu lesen oder „jedoch nur zufällig“?

19.
    Die finnische und die niederländische Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission haben beim Gerichtshof schriftliche Erklärungen eingereicht. Die Erklärungen der finnischen Regierung beschränken sich jedoch auf die dritte Frage, und nur die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission haben in der mündlichen Verhandlung Ausführungen gemacht.

Analyse

Zur ersten Frage

20.
    Die erste Frage geht im Wesentlichen dahin, ob für die Zwecke des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Status „ohne Gewinnstreben“ unter Berücksichtigung aller Tätigkeiten der Einrichtung oder lediglich unter Berücksichtigung solcher Tätigkeiten zu bestimmen ist, die möglicherweise unter die Befreiung fallen.

21.
    Die niederländische Regierung macht - im Einklang mit der Ansicht, die Generalanwalt Van den Berge im vorliegenden Fall vor dem Hoge Raad vertreten hat, die dem bisherigen Standpunkt der niederländischen Gerichte zu entsprechen scheint - geltend, die Frage müsse allein unter Berücksichtigung der zu befreienden Dienstleistungen beantwortet werden, da sich die Vorschrift auf diese Dienstleistungen beziehe.

22.
    Ich bin anderer Meinung. Wie die Kommission ausgeführt hat, bezieht sich das Merkmal „ohne Gewinnstreben“ in allen Sprachfassungen eindeutig auf „Einrichtung“, und der Gesetzgeber hätte zweifellos einen anderen Wortlaut gewählt, wenn er etwas anderes beabsichtigt hätte.

23.
    Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs bemerkt hat, enthält die Vorschrift außerdem drei unterschiedliche, kumulative Bedingungen, die sich auf die Art der Einrichtung (ohne Gewinnstreben), die Art der Dienstleistungen (in engem Zusammenhang mit Sport) und den Empfängerkreis (Personen, die Sport ausüben) beziehen. Würde die Befreiung bloß für nicht auf Gewinnerzielung gerichtete Dienstleistungen gelten, so hätten gewerbliche Sportunternehmen Anspruch auf Befreiung bestimmter von ihnen erbrachter Dienstleistungen, was mit dem klaren Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar wäre und - angesichts der sich dann bietenden Gelegenheiten zu geschickten Quersubventionen - unvermeidbar zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

24.
    Zwar können - wie die niederländische Regierung vorträgt - bestimmte Dienstleistungen, die von Einrichtungen ohne Gewinnstreben erbracht werden und Gewinn abwerfen, im Wettbewerb mit Dienstleistungen stehen, die von gewerblich betriebenen Einrichtungen erbracht werden, und dass eine Diskrepanz entstehen kann, wenn die gleichen Dienstleistungen somit in einigen Fällen steuerpflichtig wären, in anderen dagegen nicht. Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen gewerblichen Einrichtungen und Einrichtungen ohne Gewinnstreben können jedoch verhindert werden gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a vierter Gedankenstrich (oben zitiert) oder gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe b zweiter Gedankenstrich (wonach die Befreiung für Dienstleistungen oder die Lieferung von Gegenständen ausgeschlossen ist, wenn sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen stehen).

25.
    Meiner Ansicht nach ist auf den ersten Teil der ersten Frage des Hoge Raad daher zu antworten, dass bei der Beurteilung der Frage, ob es sich bei einer Einrichtung um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie handelt, sämtliche Tätigkeiten dieser Einrichtung zu berücksichtigen sind. Der zweite Teil dieser Frage bedarf keiner Antwort.

26.
    Das lässt natürlich die Frage offen, was mit der Wendung „ohne Gewinnstreben“ genau gemeint ist. Auch wenn das Vereinigte Königreich eine Antwort im Rahmen der ersten Frage vorgeschlagen hat, ziehe ich es vor, diesen Punkt bei der Prüfung der dritten Frage zu erörtern.

Zur zweiten Frage

27.
    Diese Frage geht im Wesentlichen dahin, ob an einen Golfklub gezahlte jährliche Mitgliedsbeiträge im Sinne des Artikels 2 der Sechsten Richtlinie ein „Entgelt“ für Dienstleistungen darstellen, die der Klub seinen Mitgliedern erbringt, oder ob solche Beiträge, wenn sie kein Entgelt darstellen, bei der Beurteilung der Frage zu berücksichtigen sind, ob der Klub Gewinne anstrebt.

28.
    Diese Frage wird vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Gerichtshofes aufgeworfen, wie sie u. a. im Urteil Apple and Pear Development Council(3) wiedergegeben wird, in dem der Gerichtshof die Ansicht vertreten hat, dass die Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt (also steuerpflichtige Dienstleistungen) das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Entgelt voraussetzt. Im Fall einer durch Verordnung geschaffenen Körperschaft, die die Interessen eines ganzen Wirtschaftszweigs fördert und durch Pflichtabgaben finanziert wird, bestand kein solcher Zusammenhang.

29.
    Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass die Antwort auf diese Frage für die Entscheidung des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreits möglicherweise nur von beschränkter Bedeutung ist, es sei denn, der Gerichtshof entscheidet - entgegen meiner Ansicht -, dass das Kriterium „ohne Gewinnstreben“ in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie für jede Tätigkeit der Einrichtung getrennt zu prüfen ist.

30.
    Wie dem auch sei, meiner Meinung nach besteht in der Regel ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem jährlichen Mitgliedsbeitrag und den Dienstleistungen, die den Mitgliedern erbracht werden.

31.
    Nach Ansicht der niederländischen Regierung besteht kein Zusammenhang zwischen dem Beitrag und der Benutzung der Einrichtungen durch die Mitglieder,da die Verpflichtung, den Beitrag zu zahlen, unabhängig davon bestehe, ob das Mitglied den Klub täglich oder kein einziges Mal im Jahr benutze; es liege somit keine steuerpflichtige Dienstleistung vor. Diese Analyse halte ich nicht für richtig. Wie sowohl das Vereinigte Königreich als auch die Kommission ausgeführt haben, besteht die als Gegenleistung für den Beitrag erbrachte Dienstleistung nicht in der Benutzung der Einrichtungen, sondern in der Möglichkeit, sie zu benutzen.

32.
    Die Tatsache, dass der Zusammenhang bei Tagesplatzgebühren unmittelbarer ist, lässt ihn im Fall jährlicher Mitgliedsbeiträge nicht weniger unmittelbar werden. Der Klub wurde geschaffen, um bestimmte Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, und dies tut er entweder gegen eine Tagesplatzgebühr (die von Nichtmitgliedern gezahlt wird) oder gegen einen jährlichen Mitgliedsbeitrag in Verbindung mit Eintrittsgebühren (die von Mitgliedern gezahlt werden). Die erbrachten Dienstleistungen können in den beiden Fällen unterschiedlich sein, in beiden Fällen stehen sie aber in unmittelbarem Zusammenhang mit den Zahlungen. Die Tatsache, dass die Zahlung in dem einen Fall für die tatsächliche Benutzung und in dem anderen für die Nutzungsberechtigung erfolgt, ändert nichts daran.

33.
    Dem oben dargelegten Standpunkt liegt die Annahme zugrunde, dass der jährliche Mitgliedsbeitrag zumindest teilweise als Gegenleistung für die Möglichkeit gezahlt wird, die Sporteinrichtungen zu nutzen. Es ist denkbar, dass es bei einem Golfklub eine Mitgliedskategorie gibt, die nur zum Zugang zu seinen nicht sportlichen Einrichtungen berechtigt. In einem solchen Fall bestände ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Zurverfügungstellung dieser Einrichtungen. Wie ich bereits bemerkt habe, ist eine solche Unterscheidung im vorliegenden Zusammenhang jedoch möglicherweise von beschränkter Bedeutung, wenn die Frage, ob eine Einrichtung den Status „ohne Gewinnstreben“ hat, unter Berücksichtigung ihrer sämtlichen Tätigkeiten zu beurteilen ist.

34.
    Die Ansicht der niederländischen Regierung scheint es dagegen praktisch jedem Dienstleistenden zu ermöglichen, die Mehrwertsteuer durch umsichtige Verwendung von Beiträgen, bei denen alles inbegriffen ist, zu umgehen, und zwar mit möglicherweise weitreichenden Folgen für das Mehrwertsteuersystem.

35.
    Meines Erachtens ist daher auf die zweite Frage des Hoge Raad zu antworten, dass an einen Golfklub gezahlte jährliche Mitgliedsbeiträge im Sinne des Artikels 2 der Sechsten Richtlinie ein „Entgelt“ für Dienstleistungen darstellen, die der Klub seinen Mitgliedern erbringt. Der Rest der Frage bedarf keiner Antwort.

Zur dritten Frage

36.
    Dies scheint die zentrale Frage in dieser Rechtssache zu sein: In welchem Umfang darf eine Einrichtung, wenn sie für die Zwecke des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie als Einrichtung ohne Gewinnstrebenzu betrachten ist, dennoch einen Überschuss erwirtschaften, und welche Bedeutung hat in dieser Hinsicht Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich (siehe oben Nrn. 5 und 8)? Es ist zweckmäßig, zunächst das Verhältnis der beiden Vorschriften zueinander zu prüfen.

- Das Verhältnis zwischen Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m und Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich

37.
    Meiner Ansicht nach sind die beiden Vorschriften grundsätzlich getrennt voneinander auszulegen und anzuwenden, auch wenn unbestreitbar ist, das sie sich inhaltlich in gewissem Maße überschneiden.

38.
    Erstens ist die Systematik des Artikels 13 Teil A der Sechsten Richtlinie, auch wenn dieser nicht unbedingt ein Beispiel für gesetzgeberische Perfektion ist, doch eindeutig. Artikel 13 Teil A Absatz 1 zählt in den Buchstaben a bis q sechzehn Arten von Dienstleistungen oder Lieferungen von Gegenständen auf, die zu befreien sind. Aus dieser Liste werden die Buchstaben b, g, h, i, l, m und n für die Anwendung zusätzlicher Bedingungen, die in Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstaben a und b enthalten sind, zu einer Gruppe zusammengefasst. Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a enthält vier fakultative Bedingungen, von denen die Mitgliedstaaten die Gewährung einer Steuerbefreiung für eine in diese Gruppe fallende Tätigkeit abhängig machen können, und Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe b stellt eine zwingende Einschränkung solcher Befreiungen auf (Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe o sieht eine weitere, hiermit im Zusammenhang stehende Befreiung vor, die wiederum an bestimmte Bedingungen geknüpft ist).

39.
    Diese Systematik spricht dagegen, dass der Wortlaut einer fakultativen Bedingung des Artikels 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a herangezogen wird, um Begriffe auszulegen, die bei einer zwingenden Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstaben b, g, h, i, l, m oder n verwendet werden. Andernfalls würde der Bedingung ihr fakultativer Charakter genommen.

40.
    Zweitens darf meiner Meinung nach bei der Auslegung von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m nicht der ursprüngliche Vorschlag der Kommission für eine Sechste Richtlinie(4) berücksichtigt werden, in dem der Begriff „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ mit ähnlichen Worten wie in Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a definiert wurde; diese Definition ist nämlich in die Fassung der verabschiedeten Richtlinie nicht aufgenommen worden.

41.
    Das soll jedoch nicht heißen, dass die eine Vorschrift bei der Auslegung der anderen völlig außer Acht zu lassen ist.

42.
    Zum einen darf es zwischen den Bestimmungen des Artikels, wenn sie kohärent auszulegen sind, keinen Widerspruch und keine Ungereimtheit geben. Zumindest auf den ersten Blick ließe sich daher annehmen, dass der Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m so verstanden werden muss, dass es möglich ist, daran die in Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich enthaltenen Bedingungen zu knüpfen, dass keine systematische Gewinnerzielung angestrebt wird und dass etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, nicht verteilt werden dürfen, sondern zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden müssen; wenigstens kumulativ sollten diese Bedingungen grundsätzlich eine gewisse Einschränkung dieses Begriffes mit sich bringen.

43.
    Zum anderen ist nicht anzunehmen, dass jeder Teil des Artikels 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich zu einer bedeutenden Einschränkung für jede Art von Einrichtung führen muss, die unter jede der verschiedenen in Rede stehenden Befreiungen fallen kann. Der Gemeinschaftsgesetzgeber scheint aus praktischen Gründen eine Reihe von Bedingungen zu einer Gruppe zusammengefasst zu haben, die auf eine Gruppe von Befreiungen angewandt werden können, statt für jede Befreiung einzeln und repetitiv spezifische Bedingungen aufzustellen. Es ist daher davon auszugehen, dass einigen Gedankenstrichen oder Teilen davon im Kontext bestimmter Befreiungen eine größere Bedeutung zukommt als in dem anderer Befreiungen; es ist somit auch möglich, dass es eine gewisse Überschneidung zwischen einer der in Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a aufgeführten Bedingungen und einer Befreiung, für die sie gilt, oder eine Wiederholung gibt.

- Der Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m

44.
    Die Kommission weist darauf hin, dass es den Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben in der Rechtsordnung verschiedener Mitgliedstaaten bereits gebe. Für die Zwecke der Sechsten Richtlinie sei jedoch eine autonome und einheitliche Gemeinschaftsdefinition erforderlich(5), die diesen Begriffen nicht unbedingt in allen Einzelheiten entspreche.

45.
    Erstens teile ich die offenbar einhellige Ansicht der finnischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission, dass sich der Gedanke des Gewinnstrebens in diesem Zusammenhang auf die Bereicherung natürlicher oder juristischer Personen bezieht - insbesondere solcher, die an der fraglichen Einrichtung finanziell beteiligt sind -, und nicht darauf, ob die Einkünfte der Einrichtung ihre Ausgaben in einem bestimmten Zeitraum übersteigen. Der Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben unterscheidet sich wesentlich von demdes gewerblichen Unternehmens, das zugunsten derjenigen betrieben wird, die es kontrollieren und/oder finanziell daran beteiligt sind.

46.
    Zweitens ist nach den meisten Sprachfassungen auf die Ziele der betroffenen Einrichtung abzustellen, statt auf deren Ergebnisse, denn die bloße Tatsache, dass eine Einrichtung über einen bestimmten Zeitraum hinweg keinen Gewinn erwirtschaftet, reicht nicht aus, um ihr den Status „ohne Gewinnstreben“ zuzuerkennen. Außerdem lässt sich aus der Tatsache, dass der Begriff „ohne Gewinnstreben“ zur Beschreibung der „Einrichtung“ verwendet wird, schließen, dass es sich bei den betreffenden Zielen um solche handelt, die der Einrichtung immanent sind, und nicht um solche, die sie zu einem bestimmten Zeitpunkt möglicherweise verfolgt.

47.
    Für die Feststellung dieser Ziele ist es daher erforderlich, aber nicht ausreichend, die satzungsmäßigen Zwecke der Einrichtung zu betrachten. Es ist jedoch auch zu prüfen, ob das Ziel, Gewinn zu erwirtschaften und zu verteilen, aus der Art und Weise hervorgehen kann, in der die Einrichtung in der Praxis tätig ist. In diesem Kontext reicht es nicht aus, bloß nach einer offenen Gewinnausschüttung z. B. in Form unmittelbarer Erträge aus einer Beteiligung durch Einlagen in das Vermögen der Einrichtung zu suchen. Solche Ausschüttungen können auch, zumindest unter bestimmten Umständen, in Form ungewöhnlich hoher Entgelte für Angestellte, eintauschbarer Rechte an wertsteigernden Vermögensgegenständen, der Erteilung von Lieferaufträgen an Mitglieder, unabhängig davon, ob zu über dem Marktpreis liegenden Preisen oder nicht, oder in Form einer Veranstaltung „sportlicher Wettkämpfe“ erfolgen, bei denen alle Mitglieder Preise gewonnen haben. Es ist zweifellos möglich, sich weitere Methoden der verdeckten Gewinnausschüttung auszudenken.

48.
    Auf der anderen Seite erscheint es, wie die finnische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs ausgeführt haben, nicht sinnvoll, eine Einrichtung nur deswegen als nach Gewinn strebend zu qualifizieren, weil sie bemüht war, einen Überschuss der gewöhnlichen Einnahmen über die gewöhnlichen Ausgaben zu erreichen, um Rückstellungen für zwar ungewöhnliche, aber vorhersehbare Ausgaben bilden zu können. Ein Golfklub muss z. B. möglicherweise nach mehreren Jahren das Dach seines Klubhauses neu eindecken lassen oder den Golfplatz erweitern. Würde man ihm den Status „ohne Gewinnstreben“ absprechen, nur weil er zu diesem Zweck einen Überschuss angesammelt hat, so würde man ihn davon abhalten, seine Geschäfte wirtschaftlich, überlegt und vorausschauend abzuwickeln, und es würde außer Acht gelassen, dass niemandem aufgrund dieses Überschusses ein wesentlicher Vorteil erwächst. Außerdem würden Einrichtungen einen Anspruch auf Befreiung erwerben oder aber verlieren, je nachdem, wo sie in ihrem Haushaltsprogramm stehen, obwohl ihre grundlegende Natur und ihre grundlegenden Ziele unverändert blieben. Das kann meines Erachtens nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, als er die Kategorie der „Einrichtungen ohne Gewinnstreben“ einführte.

49.
    Die Prüfung ist in jedem Einzelfall selbstverständlich Sache des nationalen Gerichts, das in der Lage ist, die Umstände der Einrichtung zu untersuchen. Im vorliegenden Fall ist es dem Gerichtshof meiner Ansicht nach nicht möglich, mehr als allgemeine Hinweise zu geben, da aus den Verfahrensunterlagen nicht klar hervorgeht, wie genau die von Kennemer in seine Rücklagen eingestellten überschüssigen Einnahmen tatsächlich verwendet wurden oder verwendet werden sollten.

50.
    Der relevante Teil der Frage des Hoge Raad kann gleichwohl dahin beantwortet werden, dass eine Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie dann vorliegt, wenn sie nicht die Bereicherung natürlicher oder juristischer Personen bezweckt und auch tatsächlich nicht in einer Art und Weise geführt wird, dass eine solche Bereicherung verschafft wird oder versucht wird, sie zu verschaffen; die Tatsache, dass eine Einrichtung systematisch anstrebt, einen Überschuss zu erwirtschaften, den sie für ihre Dienstleistungen verwendet, die darin bestehen, dass sie Gelegenheit verschafft, Sport zu treiben, schließt jedoch nicht aus, sie als eine solche Einrichtung zu betrachten.

51.
    Wie ich bereits ausgeführt habe, ist es nicht angezeigt, bei der Beantwortung dieser speziellen Frage den Wortlaut von Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich zu berücksichtigen. Der niederländische Gesetzgeber scheint jedoch beabsichtigt zu haben, auch die in diesem Gedankenstrich aufgestellten Bedingungen auf die Befreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m anzuwenden. Soweit er dies getan hat, müssen diese Bedingungen geprüft werden, um dem vorlegenden Gericht eine vollständigere Antwort geben zu können.

- Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich

52.
    Diese Bestimmung stellt drei Bedingungen auf: i) Es darf keine systematische Gewinnerzielung angestrebt werden; ii) etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt werden; iii) solche Gewinne müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden. Meines Erachtens geht aus dem Wortlaut klar hervor, dass diese Bedingungen kumulativ und nicht alternativ zu verstehen sind.

53.
    Darüber hinaus müssen sie so ausgelegt werden, dass sie untereinander und mit dem Wortlaut der Befreiungen, auf die sie angewandt werden können, kohärent sind. Zusammen sollten sie es somit bestimmten Einrichtungen ohne Gewinnstreben im Sinne des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m ermöglichen, von der Befreiung zu profitieren, während sie andere ausschließen; mit anderenWorten, es sollte einigen, aber nicht allen Einrichtungen möglich sein, die Bedingungen zu erfüllen(6).

54.
    Dem Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben, wie ich ihn umschrieben habe ist, ist immanent, dass die zweite Bedingung des ersten Gedankenstrichs - Verbot der Gewinnausschüttung - erfüllt ist. Ferner ist hier unter dem Wort „Gewinn“ ein „Einnahmenüberschuss gegenüber den Ausgaben“ und nicht eine „Bereicherung natürlicher oder juristischer Personen“ (d. h. Gewinn, der aufgrund seiner Natur ausgeschüttet wird) zu verstehen; andernfalls wäre die Bedingung zirkulär und ohne Bedeutung(7).

55.
    Der Begriff muss folglich dieselbe Bedeutung bei der dritten Bedingung - Verwendung für die Förderung der erbrachten Dienstleistungen - haben, die häufig, aber nicht zwingend erfüllt sein wird. Denn eine Einrichtung ohne Gewinnstreben mag zwar einen Überschuss erwirtschaften, den sie anderweitig als zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet; gleichzeitig stellt sie aber sicher, dass Dritte nicht bereichert werden.

56.
    An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass ich mich nicht dem in der Frage des Hoge Raad enthaltenen Vorschlag anschließe, dass die zweite und die dritte Bedingung so zu verstehen sind, dass sie sich auf alle Gewinne beziehen, die trotzdem „systematisch“ anfallen. Das Wort „systematisch“ setzt in diesem Zusammenhang das Bestehen eines Systems und somit, soweit Tätigkeiten von Menschen betroffen sind, eines organisierten Planes oder Vorhabens voraus. Meiner Meinung nach können Gewinne ohne systematische Absicht, sie zu erzielen, nicht systematisch anfallen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Worte „jedoch nur zufällig“ zwingend in die Vorschrift hineingelesen werden müssen. Es wird lediglich von einem Überschuss gesprochen, gleichgültig, welcher Art oder welchen Ursprungs, der in bestimmter Weise zu verwenden ist.

57.
    Weiter ist zu prüfen, ob die erste der drei Bedingungen des Gedankenstrichs - dass keine systematische Gewinnerzielung angestrebt werden darf - den in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m enthaltenen Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben einschränkt oder lediglich wiederholt, und, wenn sie diesen Begriff einschränkt, in welcher Weise.

58.
    Aus der Tatsache, dass die beiden Bestimmungen in allen Sprachfassungen unterschiedlich formuliert sind, ließe sich schließen, dass sie unterschiedliche Bedeutung haben sollten. Diese Betrachtungsweise wird dadurch gestützt, dass die Alternative den Mitgliedstaaten weniger Raum lassen würde, die Bestimmung dafür zu verwenden, Einrichtungen ohne Gewinnstreben eine weitere Bedingung aufzuerlegen; ihnen würde lediglich die Befugnis eingeräumt, darauf zu bestehen, dass solche Einrichtungen alle Überschüsse zur Förderung der von ihnen erbrachten Dienstleistungen verwenden.

59.
    Andererseits gelten die Erwägungen, die ich in Nummer 48 dargelegt habe, im Kontext des Artikels 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich ebenso wie im Kontext des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m. Es erschiene absolut willkürlich, einer Einrichtung einen Anspruch auf Befreiung von der Mehrwertsteuer einzuräumen, wenn sie regelmäßig Mittel für ihre gewöhnlichen Ausgaben einplant, nicht aber dann, wenn sie einen vorübergehenden Überschuss ansammelt, um Mittel für außergewöhnliche, aber vorhersehbare Ausgaben bereitzuhalten.

60.
    Aufgrund dieser Erwägungen bin ich der Meinung, dass sich der erste Teil der fakultativen Bedingung in Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie, wonach die fraglichen Einrichtungen „keine systematische Gewinnerzielung anstreben“ dürfen, auf das Streben nach Gewinn bezieht, der verteilt werden soll, und somit im Wesentlichen das Kriterium „ohne Gewinnstreben“ in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m wiederholt, während der zweite und der dritte Teil dieser Bedingung die verbotene oder die zwingend vorgeschriebene Verwendung von Einnahmenüberschüssen gegenüber den Ausgaben betreffen.

61.
    Diese Auslegung nimmt der Bedingung nicht ihre Bedeutung. Eine Überschneidung mit dem Kriterium „ohne Gewinnstreben“ in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m(8) liegt nicht zwangsläufig bei den Einrichtungen vor, die in den anderen Buchstaben genannt werden, wie Krankenanstalten oder anerkannten gleichartigen Einrichtungen oder von den Mitgliedstaaten anerkannten sozialen, kulturellen oder Bildungseinrichtungen. Insbesondere medizinische und Bildungseinrichtungen könnten u. a. das Ziel verfolgen, Gewinne zu erwirtschaften und zu verteilen, und gleichwohl alle anderen Kriterien der fraglichen Buchstaben erfüllen. Ferner umschreibt ein Erfordernis, dass Überschüsse zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden, in bezeichnender Weise die Verwendungen, denen solche Mittel zugeführt werden dürfen; z. B. kann ein Golfklub verpflichtet sein, seine gesamten Einnahmen für seine eigenenDienstleistungen zu verwenden, statt sie etwa einem externen Fonds zur Förderung der erstklassigen Berichterstattung über den Golfsport zuzuwenden.

Weitere Bemerkungen

62.
    Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass der Rechtssache ein Streit darüber zugrunde liegt, ob Kennemer Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen entrichten muss, die er an Nichtmitglieder erbringt, und dass dieser Frage im Wesentlichen im Hinblick darauf nachgegangen wurde, ob es sich um einen Klub mit oder ohne Gewinnstreben handelt. Auf dieser Grundlage hat der Hoge Raad drei Fragen vorgelegt, auf dieser Grundlage habe ich die Fragen geprüft, und auf dieser Grundlage müsste der Gerichtshof antworten.

63.
    Wie ich in den Nummern 13 und 14 dargelegt habe, scheint Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe e des niederländischen Mehrwertsteuergesetzes von 1968, in dem man wohl die wesentliche Umsetzung von Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie sehen muss, die Befreiung jedoch auf Dienstleistungen zu beschränken, die Einrichtungen, deren Ziel es ist, Sport zu treiben oder zu fördern, ihren Mitgliedern erbringen. Ist diese Einschränkung mit der Sechsten Richtlinie vereinbar, so ist es unter den besonderen Umständen des Ausgangsverfahrens möglicherweise nicht erforderlich, darüber hinaus zu schauen.

64.
    Man könnte denken, dass diese Einschränkung mit Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m vereinbar ist, der es bekanntlich den Mitgliedstaaten erlaubt, „bestimmte“, in engem Zusammenhang mit Sport stehende Dienstleistungen zu befreien. Dies scheint es dem Wortlaut nach zu gestatten, die Befreiung auf Dienstleistungen zu beschränken, die Sportvereine ihren Mitgliedern erbringen. In ihrem ersten Bericht zur Sechsten Richtlinie führte die Kommission aus: „Es besteht ... kein Zweifel, dass ... der Rat der Auffassung war, dass die Mitgliedstaaten nur in beschränktem Maß Befreiungen gewähren sollten ..., andernfalls hätte es keinen Grund gegeben, das Adjektiv .bestimmte' zu verwenden.“ Generalanwalt La Pergola hat in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Kommission/Spanien(9) jedoch die Ansicht vertreten, dass das Wort „bestimmte“ „unglücklich“ gewählt sei und dass es nur dazu dienen solle, die Befreiung auf Dienstleistungen zu beschränken, die von Einrichtungen ohne Gewinnstreben erbracht würden. Da diese Frage im vorliegenden Fall vor dem Gerichtshof weder erörtert noch überhaupt aufgeworfen worden ist, halte ich es nicht für angezeigt, hier dazu einen endgültigen Standpunkt einzunehmen.

65.
    Ein weiterer Punkt, der von den Fragen des Hoge Raad nicht erfasst wird und zu dem vor dem Gerichtshof nichts vorgetragen worden ist, ist die Frage, ob es mit der Sechsten Richtlinie vereinbar ist, dass das niederländischeMehrwertsteuergesetz die Erbringung von Dienstleistungen oder die Lieferung von Waren durch Einrichtungen, die Gelegenheit verschaffen, Sport zu treiben, sowohl der Befreiung von Dienstleistungen oder der Lieferung von Waren „sozialer oder kultureller Art“ (siehe oben, Nrn. 11, 12 und 14) als auch der speziellen „Sport“-Befreiung unterstellt. Zwei unterschiedliche Befreiungen scheinen hier miteinander vermengt zu werden. Der Gerichtshof verfügt jedoch nicht über ausreichende Informationen über die Systematik des niederländischen Rechts, um sich zu diesem Punkt abschließend äußern zu können.

Ergebnis

66.
    Ich bin daher der Ansicht, dass der Gerichtshof die Fragen des Hoge Raad wie folgt beantworten sollte:

1.    Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich bei einer Einrichtung um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie handelt, sind sämtliche Tätigkeiten dieser Einrichtung zu berücksichtigen.

2.    An einen Golfklub gezahlte jährliche Mitgliedsbeiträge stellen im Sinne des Artikels 2 der Sechsten Richtlinie ein „Entgelt“ für Dienstleistungen dar, die der Klub seinen Mitgliedern erbringt.

3.    Eine Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe m der Sechsten Richtlinie liegt dann vor, wenn sie nicht die Bereicherung natürlicher oder juristischer Personen bezweckt und auch tatsächlich nicht in einer Art und Weise geführt wird, dass eine solche Bereicherung verschafft wird oder versucht wird, sie zu verschaffen; die Tatsache, dass eine Einrichtung systematisch anstrebt, einen Überschuss zu erwirtschaften, den sie für ihre Dienstleistungen verwendet, die darin bestehen, dass sie Gelegenheit verschafft, Sport zu treiben, schließt jedoch nicht aus, sie als eine solche Einrichtung zu betrachten. Der erste Teil der fakultativen Bedingung in Artikel 13 Teil A Absatz 2 Buchstabe a erster Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie, wonach die fraglichen Einrichtungen „keine systematische Gewinnerzielung anstreben“ dürfen, ist in der gleichen Weise auszulegen.


1: Originalsprache: Englisch.


2: -     Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, nachstehend : Sechste Richtlinie).


3: -     Urteil vom 8. März 1988 in der Rechtssache 102/86 (Slg. 1988, 1443).


4: -     ABl. 1973, C 80, S. 1; siehe Artikel 14 Teil A Absatz 2 Buchstabe a dieses Vorschlags.


5: -     Vgl. z. B. Urteil in der Rechtssache C-359/97 (Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 2000, I-6355, Randnr. 63 und die dort zitierte Rechtsprechung).


6: -     Vgl. oben, Nrn. 37 bis 43. Dasselbe gilt entsprechend hinsichtlich der in den anderen Buchstaben des Artikels 13 A Absatz 1 genannten Einrichtungen, auf die die Bedingungen angewandt werden können; auch wenn sich die Definition der fraglichen Einrichtung und die Bedingungen, die auferlegt werden können, möglicherweise in gewissem Maße überschneiden, kann man doch davon ausgehen, dass die gemeinsame Anwendung der Bedingungen die Definition in bestimmter Weise einschränkt.


7: -     Dies scheint speziell durch die Verwendung des Wortes „overskud“ in der dänischen Fassung untermauert zu werden.


8: -     Sowie in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe l, wonach bestimmte Dienstleistungen und die Lieferung bestimmter Gegenstände durch Einrichtungen ohne Gewinnstreben, die politische, gewerkschaftliche, religiöse, patriotische, weltanschauliche, philanthropische oder staatsbürgerliche Ziele verfolgen, befreit sind.


9: -     Zum Urteil vom 7. Mai 1998 in der Rechtssache C-124/96 (Slg. 1998, I-2501, Fußnote 5, I-2507).