Language of document : ECLI:EU:T:2020:322

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte erweiterte Kammer)

8. Juli 2020(*)

„Öffentliche Gesundheit – Besondere Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs – Änderung der Listen der Betriebe aus Drittländern, aus denen bestimmte Erzeugnisse tierischen Ursprungs eingeführt werden dürfen, im Hinblick auf bestimmte Betriebe aus Brasilien – Art. 12 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 854/2004 – Komitologie – Begründungspflicht – Verteidigungsrechte – Befugnisse der Kommission – Gleichbehandlung – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache T‑429/18,

BRF SA mit Sitz in Itajaí (Brasilien),

SHB Comércio e Indústria de Alimentos SA mit Sitz in Itajaí,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Arts und G. van Thuyne,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Lewis, B. Eggers und B. Hofstötter als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) 2018/700 der Kommission vom 8. Mai 2018 zur Änderung der Listen der Betriebe aus Drittländern, aus denen bestimmte Erzeugnisse tierischen Ursprungs eingeführt werden dürfen, im Hinblick auf bestimmte Betriebe aus Brasilien (ABl. 2018, L 118, S. 1)

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias (Berichterstatter), der Richter S. Frimodt Nielsen, J. Schwarcz und V. Valančius sowie der Richterin R. Frendo,

Kanzlerin: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2020

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerinnen, die BRF SA und die SHB Comércio e Indústria de Alimentos SA, gehören zur Gruppe BRF capital, die in mehr als 150 Ländern vertikal integriert und in der Herstellung und im Vertrieb von Fleisch einschließlich Geflügelfleisch tätig ist. Im Jahr 2017 führte diese Gruppe über die Klägerinnen 152 107 t Geflügelfleisch aus Brasilien in den Markt der Europäischen Union aus. Das entspricht etwa 38 % der gesamten 2017 aus diesem Land getätigten Einfuhren.

2        Zehn Betriebe der Klägerin zu 1) und zwei Betriebe der Klägerin zu 2) standen als Unternehmen, die Fleisch und Fleischprodukte einschließlich Geflügelfleisch in den Markt der Union ausführen, auf den nach Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs (ABl. 2004, L 139, S. 206) aufgestellten Listen, in denen diejenigen Betriebe aufgeführt sind, von denen Produkte tierischen Ursprungs in die Union eingeführt werden dürfen.

3        Am 21. Februar 2018 legte die Europäische Kommission dem Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (im Folgenden: Ständiger Ausschuss) gemäß Art. 12 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004 den Entwurf einer Durchführungsverordnung zur Streichung bestimmter Betriebe in Drittländern von den Listen der Betriebe, aus denen Erzeugnisse tierischen Ursprungs in die Union eingeführt werden dürfen, zur Stellungnahme vor. Alle betroffenen Betriebe befanden sich in Brasilien.

4        Die Kommission legte dem Ständigen Ausschuss zu dem oben in Rn. 3 genannten Entwurf am 10. April 2018 eine erste und am 19. April 2018 eine zweite geänderte Fassung vor. Der Ständige Ausschuss erörterte sie in seiner Sitzung vom 19. April 2018 und gab am selben Tag eine befürwortende Stellungnahme ab.

5        Am 8. Mai 2018 erließ die Kommission ihre Durchführungsverordnung (EU) 2018/700 zur Änderung der Listen der Betriebe aus Drittländern, aus denen bestimmte Erzeugnisse tierischen Ursprungs eingeführt werden dürfen, im Hinblick auf bestimmte Betriebe aus Brasilien (ABl. 2018, L 118, S. 1, im Folgenden: streitige Durchführungsverordnung).

6        Gemäß der streitigen Durchführungsverordnung wurde eine Reihe brasilianischer Betriebe, darunter die zwölf in Rn. 2 genannten Betriebe der Klägerinnen, von den fraglichen Listen gestrichen.

7        Den Erwägungsgründen 4 bis 6 der streitigen Durchführungsverordnung zufolge beruhte die Entscheidung, diese Betriebe von den Listen zu streichen, darauf, dass über das Schnellwarnsystem RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed, im Folgenden: RASFF-Warnmeldung) eine „bedeutende Zahl von schweren und wiederholten Fällen“ der Nichteinhaltung der Anforderungen der Union gemeldet worden war, in denen Salmonellen in Geflügelfleisch und Geflügelfleischzubereitungen aus diesen Betrieben festgestellt worden waren. Darüber hinaus hatten es die brasilianischen Behörden versäumt, die zur Behebung der festgestellten Mängel erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, so dass nicht mehr davon ausgegangen werden konnte, dass die brasilianischen Behörden die erforderlichen Garantien dafür boten, dass die Einfuhr der fraglichen Produkte den Vorschriften über die öffentliche Gesundheit entspricht.

8        Außerdem ergab sich aus den von den brasilianischen Behörden übermittelten Informationen, dass es im März 2018 in Brasilien bei den Bescheinigungen, die von Laboratorien für Fleisch und Fleischprodukte, die in die Union ausgeführt wurden, ausgestellt worden waren, zu Betrugsfällen gekommen war und dass die den Klägerinnen gehörenden Betriebe keine hinreichenden Garantien für die Einhaltung der unionsrechtlichen Anforderungen bieten.

 Verfahren und Anträge der Parteien

9        Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 13. Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. Die Klagebeantwortung, die Erwiderung und die Gegenerwiderung sind am 28. September 2018 bzw. 22. November 2018 und 7. Januar 2019 eingereicht worden.

10      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 13. Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen und unter dem Aktenzeichen T‑429/18 R in das Register eingetragen worden ist, haben die Klägerinnen beantragt, die Durchführung der streitigen Durchführungsverordnung auszusetzen.

11      Die Parteien sind mit Schreiben vom 9. Januar 2019 über den Abschluss des schriftlichen Verfahrens und über die Möglichkeit informiert worden, unter den in Art. 106 der Verfahrensordnung des Gerichts vorgesehenen Bedingungen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen. Mit Schreiben vom 30. Januar 2019 haben die Klägerinnen einen solchen Antrag gestellt.

12      Mit Beschluss vom 13. Februar 2019, BRF und SHB Comércio e Indústria de Alimentos/Kommission (T‑429/18 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:98), hat der Präsident des Gerichts den Antrag auf Aussetzung der Durchführung der streitigen Durchführungsverordnung zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten.

13      Da zwei Mitglieder der Fünften Kammer an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert waren, sind zwei weitere Richter zur Ergänzung des Spruchkörpers bestimmt worden.

14      Auf Vorschlag der Fünften Kammer hat das Gericht gemäß Art. 28 seiner Verfahrensordnung die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper verwiesen.

15      Das Gericht hat den Parteien im Rahmen von am 29. Januar, 12. September und 21. November 2019 beschlossenen prozessleitenden Maßnahmen aufgegeben, verschiedene Unterlagen vorzulegen und eine Reihe von Fragen zu beantworten. Die Parteien sind dem fristgerecht nachgekommen.

16      Die mündliche Verhandlung hat am 21. Januar 2020 stattgefunden.

17      Die Klägerinnen beantragen,

–        die streitige Durchführungsverordnung in vollem Umfang oder, hilfsweise, soweit sie die ihnen gehörenden Betriebe betrifft, für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

18      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

19      Zur Begründung ihrer Klage machen die Klägerinnen die folgenden sechs Klagegründe geltend:

–        einen Verstoß gegen die Begründungspflicht;

–        eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte;

–        einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 2 und Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004;

–        einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot;

–        einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit;

–        einen Verstoß gegen Art. 291 Abs. 3 AEUV sowie die Art. 3, 10 und 11 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. 2011, L 55, S. 13).

20      Abgesehen davon, dass die Kommission die Begründetheit all dieser Klagegründe bestreitet, macht sie geltend, dass die Klägerinnen nicht berechtigt seien, die Nichtigerklärung der streitigen Durchführungsverordnung in ihrer Gesamtheit zu beantragen, da mit dieser Verordnung außer den zwölf den Klägerinnen gehörenden Betrieben acht weitere Betriebe, die nicht mit den Klägerinnen verbunden seien, von den gemäß Art. 12 der Verordnung Nr. 854/2004 aufgestellten Listen gestrichen werden sollten.

21      Daher ist zu prüfen, inwieweit die Klägerinnen zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen die streitige Durchführungsverordnung berechtigt sind.

 Zur Klagebefugnis der Klägerinnen

22      Um über die Klagebefugnis der Klägerinnen entscheiden zu können, ist zunächst das Wesen der streitigen Durchführungsverordnung zu beurteilen. Dazu bedarf es einiger Ausführungen zum Kontext, in dem eine solche Durchführungsverordnung erlassen wird.

23      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 854/2004 besondere Vorschriften für die amtliche Überwachung von Erzeugnissen tierischen Ursprungs festgelegt sind. So regelt Kapitel II dieser Verordnung, das die Art. 3 bis 8 enthält, die amtlichen Kontrollen von Betrieben in der Europäischen Union, während Kapitel III der Verordnung, das die Art. 10 bis 15 umfasst, die Verfahren in Bezug auf die Einfuhr behandelt.

24      Hinsichtlich der Einfuhrverfahren sieht Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 854/2004 vor, dass Erzeugnisse tierischen Ursprungs nur aus einem Drittland oder einem Drittlandgebiet eingeführt werden dürfen, das in einer Liste aufgeführt ist, die von der Kommission nach dem in Art. 19 Abs. 2 dieser Verordnung genannten Verfahren erstellt und aktualisiert wurde.

25      Die Voraussetzungen, die ein Drittland erfüllen muss, um in eine solche Liste aufgenommen zu werden, sind in Art. 11 Abs. 2 bis 4 der Verordnung Nr. 854/2004 in der gemäß Art. 60 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel‑ und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. 2004, L 165, S. 1) geänderten Fassung festgelegt, wo auf die Art. 46 und 48 der letzteren Verordnung verwiesen wird.

26      Diese Voraussetzungen beziehen sich im Wesentlichen darauf, dass die zuständigen Behörden des Drittlandes ausreichende Garantien dafür geben, dass ihre nationalen Rechtsvorschriften mit den nach dem Unionsrecht vorgesehenen futtermittel‑ und lebensmittelrechtlichen Vorschriften sowie denen über die Tiergesundheit vereinbar oder ihnen gleichwertig sind. In diesem Zusammenhang sind auch die Rechtsvorschriften des Drittlandes, insbesondere über Erzeugnisse tierischen Ursprungs, die Verwendung von Tierarzneimitteln, die Zubereitung und Verwendung von Lebensmitteln und die Hygienebedingungen zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck kann die Kommission amtliche Kontrollen in Drittländern durchführen. Diese Kontrollen betreffen u. a. die Rechtsvorschriften des Drittlandes, die Organisation, die Befugnisse und den Grad der Unabhängigkeit der zuständigen Behörden, die Ausbildung ihres Personals, ihre Ressourcen, die Wirksamkeit ihrer Tätigkeit und schließlich die Garantien, die das Drittland dafür geben kann, dass seine nationalen Rechtsvorschriften die unionsrechtlichen Vorschriften einhalten oder ihnen gleichwertig sind.

27      In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass Brasilien erstens in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 798/2008 der Kommission vom 8. August 2008 zur Erstellung einer Liste von Drittländern, Gebieten, Zonen und Kompartimenten, aus denen die Einfuhr von Geflügel und Geflügelerzeugnissen in die Gemeinschaft und ihre Durchfuhr durch die Gemeinschaft zugelassen ist, und zur Festlegung der diesbezüglichen Veterinärbescheinigungen (ABl. 2008, L 226, S. 1) und zweitens in Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 206/2010 der Kommission vom 12. März 2010 zur Erstellung von Listen der Drittländer, Gebiete und Teile davon, aus denen das Verbringen bestimmter Tiere und bestimmten frischen Fleisches in die Europäische Union zulässig ist, und zur Festlegung der diesbezüglichen Veterinärbescheinigungen (ABl. 2010, L 73, S. 1) aufgeführt ist. Diese Verordnungen wurden insbesondere auf der Grundlage von Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 854/2004 erlassen.

28      Dass Brasilien in diesen Anhängen aufgeführt ist, reicht jedoch nicht aus, um Erzeugnisse tierischen Ursprungs aus diesem Land in das Unionsgebiet einführen zu können. Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 854/2004 bestimmt nämlich, dass Erzeugnisse tierischen Ursprungs außer in den in dieser Bestimmung vorgesehenen Sonderfällen nur dann in die Union eingeführt werden dürfen, wenn sie aus Betrieben versandt wurden, die in zu diesem Zweck von den Behörden des betreffenden Drittlandes erstellten und aktualisierten Listen aufgeführt sind, und wenn sie in solchen Betrieben gewonnen oder zubereitet wurden.

29      Die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Betriebs in eine der oben in Rn. 28 genannten Listen sind in Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 aufgeführt. Nach dieser Bestimmung darf ein Betrieb nur dann in eine solche Liste aufgenommen werden, wenn die zuständige Behörde des Ursprungsdrittlands garantiert,

–        dass dieser Betrieb sowie jeder Betrieb, der bei der Herstellung der betreffenden Erzeugnisse tierischen Ursprungs verwendete Ausgangsmaterialien tierischen Ursprungs handhabt, die einschlägigen Unionsanforderungen oder die Anforderungen, die bei der Entscheidung, das betreffende Drittland gemäß Art. 11 in die entsprechende Liste aufzunehmen, als gleichwertig befunden wurden, erfüllt;

–        die Betriebe von einem amtlichen Kontrolldienst in diesem Drittland überwacht werden, der der Kommission, falls erforderlich, alle einschlägigen Informationen über die Betriebe, die Ausgangsmaterialien liefern, zur Verfügung stellt;

–        sie tatsächlich befugt ist, den Betrieben Ausfuhren in die Union zu untersagen, wenn diese die nach dem ersten Gedankenstrich genannten Anforderungen nicht erfüllen.

30      Gemäß Art. 12 Abs. 3 der Verordnung Nr. 854/2004 garantieren die zuständigen Behörden von Drittländern, die in den von der Kommission gemäß Art. 11 dieser Verordnung erstellten und aktualisierten Listen aufgeführt sind, ferner, dass die in Art. 12 Abs. 1 der Verordnung genannten Listen der Betriebe erstellt, auf aktuellem Stand gehalten und der Kommission übermittelt werden. Die Kommission trägt gemäß Art. 12 Abs. 5 der Verordnung dafür Sorge, dass der Öffentlichkeit aktuelle Fassungen aller nach diesem Artikel erstellten oder aktualisierten Listen zugänglich sind.

31      Daraus folgt, dass nach der Verordnung Nr. 854/2004 für die Einfuhr von Erzeugnissen tierischen Ursprungs in das Gebiet der Union zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

32      Erstens muss das Drittland, aus dem diese Erzeugnisse stammen, auf einer Liste von Ländern stehen, die nach Auffassung der Kommission in der Lage sind, in Bezug auf ihre Rechtsvorschriften über Erzeugnisse tierischen Ursprungs bestimmte Garantien zu geben. Diese Liste wird mit einem Durchführungsrechtsakt erstellt und aktualisiert, den die Kommission nach dem Verfahren des Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 erlässt.

33      Zweitens müssen die fraglichen Erzeugnisse aus Betrieben stammen, die auf einer von der zuständigen Drittlandsbehörde erstellten Liste stehen und für die diese Behörde die oben in den Rn. 29 und 30 beschriebenen besonderen Garantien bietet.

34      Im Gegensatz zu den Listen der Länder, aus denen die Einfuhr bestimmter Erzeugnisse tierischen Ursprungs zulässig ist, werden die Listen der Ausfuhrbetriebe also von den zuständigen Drittlandsbehörden erstellt und aktualisiert, die sie der Kommission übermitteln, die ihrerseits nur dafür zuständig ist, diese Listen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

35      Diese mit der Verordnung Nr. 854/2004 geschaffene Aufgabenteilung zwischen der Kommission und den zuständigen Drittlandsbehörden machte es erforderlich, zugunsten der öffentlichen Gesundheit in der Union eine Schutzmaßnahme einzuführen. Daher ist in Art. 12 Abs. 4 Buchst. c dieser Verordnung vorgesehen, dass die Kommission, wenn sie aufgrund einschlägiger Informationen wie Inspektionsberichten der Union oder Warnmeldungen im Rahmen des RASFF, das zu diesem Zweck gemäß Art. 50 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. 2002, L 31, S. 1) eingeführt wurde, die Änderung einer von den Behörden eines Drittlandes erstellten Betriebsliste für erforderlich hält, alle Mitgliedstaaten davon unterrichtet und diesen Punkt auf die Tagesordnung für die nächste Sitzung der zuständigen Fachgruppe des Ständigen Ausschusses gegebenenfalls zur Beschlussfassung nach dem in Art. 19 Abs. 2 genannten Verfahren setzt.

36      Art. 12 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004 ermächtigt die Kommission somit, einen Durchführungsrechtsakt zu erlassen, mit dem die von den zuständigen Drittlandsbehörden erstellten Listen geändert werden. Aus Rn. 29 oben ergibt sich, dass die Änderung einer solchen Liste erforderlich werden kann, wenn nicht mehr davon auszugehen ist, dass die zuständige Behörde des Ursprungsdrittlands in Bezug auf bestimmte Betriebe die in Art. 12 Abs. 2 dieser Verordnung beschriebenen Garantien bietet. Insoweit sieht Art. 12 Abs. 4 der Verordnung, wie die Klägerinnen im Übrigen im Rahmen des dritten Klagegrundes geltend machen (siehe unten, Rn. 97), nicht vor, dass die Kommission das individuelle Verhalten der fraglichen Betriebe als solches bewertet, sondern nur, dass sie die Zuverlässigkeit der von den zuständigen Behörden insoweit gegebenen Garantien beurteilt. Zweifel an der Zuverlässigkeit kann es sowohl aufgrund von Mängeln in der Organisation und der Arbeitsweise dieser Behörden, als auch im Hinblick auf Maßnahmen geben, die die Behörden in dem Fall ergriffen haben, dass einzelne Betriebe die in Art. 12 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung festgelegten Anforderungen nicht einhalten. Die Kommission ist nur dann gehalten, Informationen über die aktuelle Situation in einem oder mehreren Betrieben zu berücksichtigen, wenn diese Informationen für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der von den Drittlandsbehörden gewährten Garantien relevant sind.

37      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Betriebe auf der Liste der Drittlandsbetriebe, aus denen Erzeugnisse tierischen Ursprungs in die Union eingeführt werden dürfen, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen (siehe unten, Rn. 92) kein ihnen durch einen Unionsrechtsakt eingeräumtes individuelles Recht zur Ausfuhr ihrer Erzeugnisse in den Unionsmarkt haben. Denn zum einen sieht das Unionsrecht vor, dass die Ausfuhr von Erzeugnissen tierischen Ursprungs in den Unionsmarkt die Aufnahme des betreffenden Drittlandes in eine der in Art. 11 der Verordnung Nr. 854/2004 vorgesehenen Listen voraussetzt. Zum anderen erfolgt die Aufnahme der Betriebe der Klägerinnen in die in Art. 12 dieser Verordnung vorgesehenen Listen nicht durch ein Organ, eine Einrichtung oder eine sonstige Stelle der Union, sondern ausschließlich durch die Behörden des betreffenden Drittlandes, und zwar allein zu dem Zweck, zu gewährleisten, dass das oben in den Rn. 23 bis 34 beschriebene Garantiesystem, insbesondere sein oben in den Rn. 28 bis 30, 33 und 34 beschriebener zweiter Teil, funktioniert.

38      Ein Durchführungsrechtsakt wie die streitige Durchführungsverordnung, nach der die Kommission bestimmte Betriebe von den Listen streicht, die von den zuständigen Drittlandsbehörden aufgestellt wurden, stellt somit kein Bündel von Einzelrechtsakten dar, das den Zweck hat, ein etwaiges diesen Betrieben verliehenes Recht zu widerrufen. Der fragliche Durchführungsrechtsakt ändert nämlich die zweite der beiden Voraussetzungen, die, wie oben in Rn. 33 ausgeführt, jede in den Unionsmarkt ausgeführte Sendung von Erzeugnissen tierischen Ursprungs erfüllen muss, nämlich die Voraussetzung, die sich auf die von den Behörden des Ursprungsdrittlandes gebotenen Garantien für die tatsächliche Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften dieses Landes bezieht. Die streitige Durchführungsverordnung stellt zu diesem Zweck die Regel auf, dass die Einfuhr von Erzeugnissen tierischen Ursprungs in den Unionsmarkt aus Betrieben, die unter diese Verordnung fallen, nicht mehr zulässig ist. Diese Regel gilt für sämtliche betroffenen Wirtschaftsteilnehmer, die ein Interesse haben könnten, solche Erzeugnisse aus diesen Betrieben einzuführen, aber auch für die Zollbehörden der Mitgliedstaaten der Union, so dass die streitige Durchführungsverordnung allgemeine Geltung hat (vgl. entsprechend Urteil vom 30. September 2003, Eurocoton u. a./Rat, C‑76/01 P, EU:C:2003:511, Rn. 73).

39      In diesem Zusammenhang ist nach Art. 263 Abs. 4 AEUV festzustellen, ob und inwieweit die Klägerinnen von der streitigen Durchführungsverordnung unmittelbar und gegebenenfalls individuell betroffen sind.

40      Nach ständiger Rechtsprechung erfordert die in Art. 263 Abs. 4 AEUV genannte Voraussetzung, wonach eine natürliche oder juristische Person von der klagegegenständlichen Entscheidung unmittelbar betroffen sein muss, dass zwei Kriterien kumulativ erfüllt sind, nämlich zum einen, dass sich die beanstandete Maßnahme unmittelbar auf die Rechtsstellung des Einzelnen auswirkt, und zum anderen, dass sie den Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Umsetzung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften ergibt (vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Insoweit ist festzustellen, dass Erzeugnisse, die aus den im Anhang der streitigen Durchführungsverordnung aufgeführten Betrieben stammen, allein aufgrund dieser Verordnung die zweite Voraussetzung, die für ihre Ausfuhr in den Unionsmarkt erfüllt sein muss (siehe oben, Rn. 28 bis 30, 33 und 34), nicht mehr erfüllen. Die Durchführungsverordnung wirkt sich somit unmittelbar auf die Rechtsstellung der Klägerinnen aus, da sie ipso iure jegliche Einfuhr von Erzeugnissen tierischen Ursprungs aus den in ihrem Anhang aufgeführten Betrieben der Klägerinnen ausschließt. Außerdem lässt sie den mit ihrer Durchführung betrauten Zollbehörden der Mitgliedstaaten, an die sie gerichtet ist, keinen Ermessensspielraum, da diese Durchführung rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung weiterer Durchführungsvorschriften ergibt.

42      Es ist jedoch klar, dass die Rechtsstellung der Klägerinnen nur insoweit berührt wird, als die streitige Durchführungsverordnung bezweckt, die ihnen gehörenden Betriebe von den gemäß Art. 12 der Verordnung Nr. 854/2004 aufgestellten Listen zu streichen. Folglich sind die Klägerinnen nur hinsichtlich dieser Betriebe unmittelbar von der Durchführungsverordnung betroffen.

43      Im Übrigen stellt die streitige Durchführungsverordnung als Rechtsakt ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung einen Rechtsakt mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci, C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 23 bis 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Folglich hängt die Frage, ob es für die Befugnis zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen die streitige Durchführungsverordnung erforderlich ist, dass die Klägerinnen von dieser individuell betroffen sind, davon ab, ob diese Verordnung Durchführungsmaßnahmen im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV nach sich zieht.

45      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die streitige Durchführungsverordnung, wie in Rn. 41 ausgeführt, ipso iure jegliche Einfuhr von Erzeugnissen tierischen Ursprungs aus den in ihrem Anhang aufgeführten Betrieben ausschließt, von denen zwölf den Klägerinnen gehören. Daraus folgt, dass die Durchführungsverordnung ihre Wirkungen entfaltet, ohne dass Durchführungsmaßnahmen von Seiten der Behörden der Union oder der Mitgliedstaaten erforderlich wären. Als Durchführungsmaßnahme der Durchführungsverordnung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV ließe sich in diesem Zusammenhang nur eine Handlung der Zollbehörden eines Mitgliedstaats ansehen, mit der die Überführung von Erzeugnissen tierischen Ursprungs aus den im Anhang der Durchführungsverordnung aufgeführten Betrieben der Klägerinnen in den zollrechtlich freien Verkehr im Unionsmarkt verweigert wird.

46      Zu einer solchen Handlung kommt es jedoch nicht, wenn das mit den geltenden Vorschriften eingeführte System ordnungsgemäß funktioniert. Aus Art. 12 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004 ergibt sich nämlich, dass die zuständigen Behörden eines Drittlandes, sobald dieses in eine der nach Art. 11 dieser Verordnung vorgesehenen Listen aufgenommen wurde, bereits an den Zollstellen des Ursprungslandes jede zur Ausfuhr in den Unionsmarkt bestimmte Sendung, die aus einem Betrieb stammt, der nicht in einer Liste der Betriebe aufgeführt ist, die zur Ausfuhr von Erzeugnissen tierischen Ursprungs in den Unionsmarkt zugelassen sind, aufhalten müssen.

47      Folglich würde ein hypothetisches Szenario, bei dem eine Sendung aus einem von den fraglichen Listen gestrichenen Betrieb der Klägerinnen trotz des Erlasses der streitigen Durchführungsverordnung an der Unionsgrenze ankäme, auf der Prämisse beruhen, dass die Klägerinnen mit Unterstützung der brasilianischen Behörden versuchen, durch Umgehungsmaßnahmen gegen die streitige Durchführungsverordnung zu verstoßen. Eine solche Prämisse kann jedoch bei der Beurteilung der Frage, ob Maßnahmen zur Durchführung eines Rechtsakts mit Verordnungscharakter im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV in der durch den Vertrag von Lissabon geänderten Fassung vorliegen, keine Berücksichtigung finden. Diese Vorschrift ist nämlich insbesondere darauf gerichtet, es einer natürlichen oder juristischen Person zu ermöglichen, Klage gegen Rechtsakte zu erheben, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, um zu vermeiden, dass sie das Recht verletzen müsste, um Zugang zu den Gerichten zu erhalten (Urteil vom 6. Juni 2013, T & L Sugars und Sidul Açúcares/Kommission, T‑279/11, EU:T:2013:299, Rn. 58, vgl. in diesem Sinne auch Beschluss vom 4. Juni 2012, Eurofer/Kommission, T‑381/11, EU:T:2012:273, Rn. 60).

48      Sollte trotz dieser Analyse davon auszugehen sein, dass die streitige Durchführungsverordnung Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht, wäre jedenfalls festzustellen, dass sie die Klägerinnen insoweit individuell betrifft, als sie in ihrem Anhang jede von ihnen in ihrer Eigenschaft als Eigentümer einiger der darin aufgeführten Betriebe namentlich nennt. Insofern berührt diese Durchführungsverordnung die Klägerinnen, da sie Eigentümer bestimmter im Anhang dieser Verordnung aufgeführter Betriebe sind, im Sinne des Urteils vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission (25/62, EU:C:1963:17, S. 238) wegen einer persönlichen Eigenschaft, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebt und sie daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten eines solchen Rechtsakts.

49      Daraus folgt, dass die Klage, wie die Kommission geltend macht, nur insoweit zulässig ist, als sie Betriebe der Klägerinnen betrifft. Der zulässige Teil der Klage entspricht daher dem hilfsweise gestellten Antrag auf Nichtigerklärung, so dass dessen Begründetheit zu prüfen ist.

 Zur Begründetheit

50      Zunächst ist der sechste Klagegrund zu prüfen.

 Sechster Klagegrund: Verstoß gegen Art. 291 Abs. 3 AEUV sowie gegen die Art. 3, 10 und 11 der Verordnung Nr. 182/2011

51      Die Klägerinnen tragen vor, der Entwurf, der zum Erlass der streitigen Durchführungsverordnung geführt habe, sei dem Ständigen Ausschuss zur Stellungnahme auf die Tagesordnung vom 19. April 2018 gesetzt worden. Er sei dem Ausschuss jedoch entgegen Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 182/2011, wonach der Entwurf des Durchführungsrechtsakts mindestens 14 Tage vor der Sitzung des Ausschusses vorgelegt werden müsse, erst am Tag der Sitzung vorgelegt worden. Bei dieser 14‑tägigen Frist handele es sich um eine wesentliche Verfahrensvorschrift, deren Verletzung zur Nichtigkeitserklärung der streitigen Durchführungsverordnung führe. Außerdem werde durch diesen Verstoß das Kontrollrecht des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union nach Art. 10 Abs. 4 und Art. 11 dieser Verordnung in Frage gestellt.

52      Nach Art. 12 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004 beschließt der Ständige Ausschuss, wenn er von der Kommission mit einer Änderung der Listen der Betriebe befasst wird, deren Erzeugnisse tierischen Ursprungs in die Union eingeführt werden dürfen, „nach dem in Art. 19 Abs. 2 [dieser Verordnung] genannten Verfahren“.

53      Gemäß Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 gelten, wenn auf diesen Absatz Bezug genommen wird, die Art. 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (ABl. 1999, L 184, S. 23).

54      Der Beschluss 1999/468 wurde auf der Grundlage von Art. 202 EG (nach Änderung jetzt Art. 291 AEUV) erlassen.

55      Art. 291 Abs. 2 und 3 AEUV bestimmt:

„(2)      Bedarf es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union, so werden mit diesen Rechtsakten der Kommission oder, in entsprechend begründeten Sonderfällen und in den in den Artikeln 24 und 26 des Vertrags über die Europäische Union vorgesehenen Fällen, dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen.

(3)      Für die Zwecke des Absatzes 2 legen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen im Voraus allgemeine Regeln und Grundsätze fest, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren.“

56      Auf der Grundlage von Art. 291 Abs. 3 AEUV haben das Europäische Parlament und der Rat die Verordnung Nr. 182/2011 erlassen, durch die der Beschluss 1999/468 aufgehoben wurde.

57      In Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 182/2011 heißt es:

„Wenn vor Inkrafttreten dieser Verordnung erlassene Basisrechtsakte die Wahrnehmung von Durchführungsbefugnissen durch die Kommission gemäß dem Beschluss [1999/468] vorsehen, gelten folgende Regeln:

c)      wird im Basisrechtsakt auf Artikel 5 des Beschlusses [1999/468] Bezug genommen, so findet das in Artikel 5 der vorliegenden Verordnung genannte Prüfverfahren Anwendung …“

58      Ferner bestimmt Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 182/2011, dass „[d]ie Artikel 3 und 9 dieser Verordnung … für die Zwecke von Absatz 1 für alle bestehenden Ausschüsse [gelten]“.

59      Aus Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 182/2011 in Verbindung mit den oben in den Rn. 52 und 53 genannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 854/2004 ergibt sich, dass der Ständige Ausschuss im vorliegenden Fall nach dem in Art. 5 dieser Verordnung vorgesehenen Prüfverfahren tätig wird.

60      In Art. 3 („Gemeinsame Bestimmungen“) der Verordnung Nr. 182/2011 heißt es schließlich:

„(1)      Die in diesem Artikel genannten gemeinsamen Bestimmungen werden auf alle in den Artikeln 4 bis 8 genannten Verfahren angewendet.

(3)      Der Vorsitz unterbreitet dem Ausschuss den Entwurf des von der Kommission zu erlassenden Durchführungsrechtsakts.

Außer in hinreichend begründeten Fällen setzt der Vorsitz eine Sitzung frühestens 14 Tage, nachdem der Entwurf des Durchführungsrechtsakts und der Entwurf der Tagesordnung dem Ausschuss vorgelegt wurden, an. Der Ausschuss gibt seine Stellungnahme zu dem Entwurf des Durchführungsrechtsakts innerhalb einer Frist ab, die der Vorsitz entsprechend der Dringlichkeit der betreffenden Sache festsetzen kann. Die Frist muss angemessen sein und den Ausschussmitgliedern frühzeitig und effektiv die Möglichkeit geben, den Entwurf des Durchführungsrechtsakts zu prüfen und dazu Stellung zu nehmen.

(4)      Bis der Ausschuss eine Stellungnahme abgibt, kann jedes Ausschussmitglied Änderungen vorschlagen, und der Vorsitz kann geänderte Fassungen des Entwurfs des Durchführungsrechtsakts vorlegen.“

61      Die in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 182/2011 aufgestellten Anforderungen stellen nach dem AEU-Vertrag gebotene wesentliche Verfahrensvorschriften dar, die zu den Formvorschriften gehören, die für einen ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens wesentlich sind und deren Verletzung die Nichtigkeit des betreffenden Rechtsakts zur Folge hat (Urteil vom 20. September 2017, Tilly-Sabco/Kommission, C‑183/16 P, EU:C:2017:704, Rn. 114).

62      Da Art. 291 Abs. 3 AEUV ausdrücklich vorsieht, dass die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der der Kommission durch Art. 291 Abs. 2 AEUV eingeräumten Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren, ist davon auszugehen, dass die Frist von 14 Tagen, die in begründeten Fällen verkürzt werden kann, gewährleisten soll, dass die Regierungen der Mitgliedstaaten von ihren Mitgliedern im Ausschuss über die Vorschläge der Kommission unterrichtet werden, damit sie mittels interner und externer Konsultationen einen Standpunkt festlegen können, mit dem sie im Verwaltungsausschuss ihre jeweiligen Interessen wahren können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2017, Tilly-Sabco/Kommission, C‑183/16 P, EU:C:2017:704, Rn. 103).

63      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Rn. 212 bis 214 der Klageschrift, dass die Klägerinnen ihr Vorbringen darauf stützen, dass die Kommission den Entwurf, der zum Erlass der streitigen Durchführungsverordnung führte, dem Ständigen Ausschuss erst am 19. April 2018, d. h. am Tag der Sitzung, in der er vom Ausschuss geprüft werden sollte, vorgelegt hat, also ohne die in Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 182/2011 vorgesehene Frist von 14 Tagen einzuhalten (siehe oben, Rn. 60).

64      In diesem Zusammenhang ergibt sich aus den von der Kommission vorgelegten Auszügen aus dem Register des Ständigen Ausschusses, dass die Kommission dem Ausschuss am 21. Februar 2018 einen Entwurf der streitigen Durchführungsverordnung und am 10. April 2018 eine erste geänderte Fassung dieses Entwurfs vorgelegt hat. Außerdem weist die Kommission darauf hin, dass die dem Ausschuss am 19. April 2018 vorgelegte zweite geänderte Fassung des Entwurfs lediglich eine zusätzliche, rein formale Änderung betroffen habe, mit der das Datum des Inkrafttretens der vorgeschlagenen Maßnahmen vom zuvor vorgesehenen 15. auf den zweiten Tag nach der Veröffentlichung der Durchführungsverordnung im Amtsblatt der Europäischen Union vorgezogen worden sei. Diese Version des Sachverhalts wird durch die Unterlagen bestätigt, die die Kommission am 30. Januar und 13. Dezember 2019 im Rahmen prozessleitender Maßnahmen vorgelegt hat.

65      Es sei jedoch daran erinnert, dass, solange der Ausschuss noch keine Stellungnahme abgegeben hat, der Vorsitz gemäß Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 182/2011 geänderte Fassungen des Entwurfs des Durchführungsrechtsakts vorlegen kann (siehe oben, Rn. 60).

66      Demzufolge ist im vorliegenden Fall entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 182/2011 festzustellen.

67      Schließlich ist, soweit die Klägerinnen einen Verstoß gegen die anderen von ihnen angeführten Vorschriften, nämlich Art. 291 Abs. 3 AEUV sowie Art. 10 und 11 der Verordnung Nr. 182/2011, ausschließlich auf die Nichteinhaltung der in Art. 3 Abs. 3 dieser Verordnung vorgesehenen Frist von 14 Tagen stützen, hier auch kein Verstoß gegen diese anderen Vorschriften festzustellen.

68      Demzufolge ist der sechste Klagegrund zurückzuweisen.

 Erster Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

69      Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission hätte im Rahmen ihrer Pflicht zur Begründung der streitigen Durchführungsverordnung die konkreten Gründe darlegen müssen, aus denen sie der Ansicht gewesen sei, dass die einzelnen betroffenen Betriebe von den in Art. 12 der Verordnung Nr. 854/2004 genannten Listen gestrichen werden müssten. Erstens beruhe diese Durchführungsverordnung gemäß ihrem vierten Erwägungsgrund auf Meldungen über das Vorkommen von Salmonellen in Geflügelfleisch und Geflügelfleischzubereitungen aus mehreren Betrieben in Brasilien, ohne jedoch anzugeben, um welche Betriebe es sich dabei handele. Außerdem ergebe sich aus dem Anhang der Durchführungsverordnung, dass die Kommission bestimmte Betriebe der Klägerin zu 1) von der Liste der Betriebe gestrichen habe, die Fleisch von als Haustiere gehaltenen Huftieren und Fleischprodukte einführen dürften, obwohl der vierte Erwägungsgrund dieser Verordnung diese Art von Erzeugnissen nicht betreffe.

70      Zweitens seien die brasilianischen Behörden gemäß dem fünften Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung nicht in der Lage gewesen, die festgestellten Mängel zu beheben, so dass es keine ausreichenden Garantien dafür gegeben habe, dass die Betriebe, auf die sich der vierte Erwägungsgrund dieser Verordnung beziehe, die Unionsanforderungen erfüllten. Das Fehlen einer Klarstellung hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Grundlage dieser Beurteilung und der Identität der betroffenen Betriebe stelle einen Begründungsmangel dar.

71      Drittens sei der sechste Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung widersprüchlich, da er in Bezug auf denselben Sachverhalt auf Fälle von nachgewiesenem Betrug und auf laufende Ermittlungen verweise. Es sei unverständlich, weshalb diese Ermittlungen einen Vertrauensverlust und nicht vielmehr ein gestärktes Vertrauen zur Folge haben sollten. Darüber hinaus enthalte die streitige Durchführungsverordnung keine Angaben zu den für die einzelnen betroffenen Betriebe relevanten Tatsachen.

72      Es ist daran zu erinnern, dass die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 11. September 2003, Österreich/Rat, C‑445/00, EU:C:2003:445, Rn. 49).

73      Bei Rechtsakten von allgemeiner Geltung wie der streitigen Durchführungsverordnung (siehe oben, Rn. 38) kann sich die Begründung darauf beschränken, die Gesamtlage anzugeben, die zum Erlass der Maßnahme geführt hat, und die allgemeinen Ziele zu bezeichnen, die mit ihr erreicht werden sollen (Urteil vom 9. September 2003, Kik/HABM, C‑361/01 P, EU:C:2003:434, Rn. 102).

74      Es ist auch darauf hinzuweisen, dass das Unionsrecht den Klägerinnen entgegen dem, was sie in ihren Schriftsätzen an mehreren Stellen anführen (siehe unten, Rn. 92), kein individuelles Recht verleiht, ihre Produkte in den Unionsmarkt auszuführen (siehe oben, Rn. 37). Ein Rechtsakt wie die streitige Durchführungsverordnung ist, wie oben in den Rn. 23 bis 34 dargelegt, nicht dazu bestimmt, irgendein nach anderen unionsrechtlichen Vorschriften gewährtes individuelles Recht zu widerrufen, was die Einleitung einer Untersuchung des Verhaltens der betreffenden Person erfordern und zum Erlass eines individuellen Rechtsakts mit einer Begründung, in der das beanstandete Verhalten im Einzelnen dargelegt wird, führen würde.

75      Dass dem so ist, zeigt sich noch deutlicher, wenn man den Rechtsrahmen, in dem in Drittländern ansässige Ausfuhrunternehmen tätig sind (siehe oben, Rn. 23 bis 34), mit dem Rechtsrahmen vergleicht, in dem die Unternehmen der Union operieren.

76      Die Unionsbetriebe unterliegen zum einen gemäß Art. 3 der Verordnung Nr. 854/2004 einer Zulassungspflicht. Das Zulassungsverfahren wird auf Antrag des Lebensmittelunternehmers eingeleitet, wobei die Zulassung selbst von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten unter den in Art. 31 Abs. 2 der Verordnung Nr. 882/2004 genannten Voraussetzungen und nach dem dort beschriebenen Verfahren erteilt wird. Dazu muss der Unternehmer nachweisen, dass er die einschlägigen Anforderungen des Lebensmittelrechts der Union erfüllt. Die Zulassung verleiht Lebensmittelunternehmern der Union ein individuelles Recht, Erzeugnisse tierischen Ursprungs auf dem Unionsmarkt in Verkehr zu bringen. Außerdem sieht Art. 54 Abs. 2 der Verordnung Nr. 882/2004 eine Reihe weiterer Durchsetzungsmaßnahmen vor, die die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten gegenüber Betrieben zu ergreifen haben, die ihren Verpflichtungen nach dem geltenden Recht nicht nachkommen. Daraus folgt, dass das auf dem Unionsrecht beruhende individuelle Recht der Lebensmittelunternehmer der Union nur unter den Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung Nr. 882/2004, der den Entzug der Zulassung vorsieht, wenn ernsthafte Mängel festgestellt wurden oder die Erzeugung in einem Betrieb wiederholt stillgelegt werden musste, und des Art. 54 Abs. 1 bis 3 dieser Verordnung, der für den Fall von Verstößen eine Reihe weiterer Durchsetzungsmaßnahmen vorsieht, berührt sein kann. Nach diesen Bestimmungen ist gegen den betreffenden Lebensmittelunternehmer ein Verfahren einzuleiten, das zum Erlass eines individuellen Rechtsakts zusammen mit einer Begründung führt, in der der Verstoß oder die Verstöße des Unternehmers dargelegt werden.

77      Zum anderen führen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten gemäß den Art. 4 bis 8 der Verordnung Nr. 854/2004 eine Reihe von Maßnahmen der amtlichen Überwachung sämtlicher in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallender Erzeugnisse tierischen Ursprungs durch.

78      Daraus folgt, dass Lebensmittelunternehmer der Union ein Verfahren einleiten können, das, sofern der Antragsteller bestimmte objektive Kriterien erfüllt, zur Erteilung einer Zulassung führt. Betriebe mit einer solchen Zulassung genießen dann ein individuelles Recht, Erzeugnisse tierischen Ursprungs auf dem Unionsmarkt in Verkehr zu bringen. Dieses Recht kann nur unter den oben in Rn. 76 beschriebenen Voraussetzungen entzogen werden. Im Gegenzug übernehmen die Mitgliedstaaten nach dem Unionsrecht die oben in Rn. 76 genannten Verpflichtungen, wobei die Kommission überdies ihnen gegenüber über die im Vertrag vorgesehenen Durchsetzungsbefugnisse verfügt.

79      Im Gegensatz dazu ergibt sich aus den Art. 11 und 12 der Verordnung Nr. 854/2004, dass die Möglichkeit für in einem Drittland ansässige Betriebe, Erzeugnisse tierischen Ursprungs in den Unionsmarkt auszuführen, voraussetzt, dass sowohl das betreffende Land als auch der betreffende Betrieb in den in diesen Vorschriften vorgesehenen Listen aufgeführt ist. Erstens hat der Unionsgesetzgeber den betreffenden, in einem Drittland ansässigen Lebensmittelunternehmern weder irgendeine Rolle bei der Einleitung der entsprechenden Verfahren noch die Möglichkeit eingeräumt, sich an die Kommission zu wenden, falls die zuständige Drittlandsbehörde sich weigert, sie in diese Listen aufzunehmen. Zweitens führen die fraglichen Verfahren nicht zur Verabschiedung eines Unionsrechtsakts, der ein individuelles Recht gewährt, das nur nach Abschluss eines gegen den einzelnen betroffenen Betrieb eingeleiteten Verfahrens entzogen werden könnte. Das mit der Verordnung Nr. 854/2004 geschaffene zweistufige System soll, wie ausgeführt, die Kommission in die Lage versetzen, zu beurteilen, ob die zuständigen Drittlandsbehörden die nach den Art. 11 und 12 der Verordnung erforderlichen Garantien bieten (siehe oben, Rn. 24 bis 38). Zum einen ist nämlich die Streichung eines Betriebs von den streitigen Listen nicht gleichbedeutend mit dem Widerruf eines vom Unionsrecht verliehenen individuellen Rechts (siehe oben, Rn. 38), und zum anderen verfügen weder die Kommission noch die Mitgliedstaaten über Durchsetzungsbefugnisse gegenüber nicht in der Union ansässigen Betrieben oder Drittstaaten, die nicht unmittelbar unionsrechtlichen Verpflichtungen unterliegen.

80      Angesichts dieser Unterschiede steht es der Kommission im Gegenzug frei, die Schwelle für die Zuverlässigkeit der von den zuständigen Drittlandsbehörden gebotenen Garantien auf ein besonders hohes Niveau festzulegen. Das kann mithin so weit gehen, dass sie von diesen Behörden in Bezug auf wesentliche Parameter eine praktisch einwandfreie Leistung verlangt.

81      In diesem Zusammenhang bedeuten die oben in den Rn. 72 und 73 genannten Begründungserfordernisse, dass die Kommission die Gründe darlegen muss, die sie zu der Annahme veranlasst haben, dass die brasilianischen Behörden in Bezug auf die fraglichen Betriebe nicht mehr die in Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 vorgesehenen Garantien bieten.

82      Soweit sich diese Gründe auf Gesichtspunkte beziehen, die bestimmte Betriebe betreffen, sind diese Gesichtspunkte in der Begründung nur insoweit als entsprechende Informationen im Sinne von Art. 12 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004 anzugeben, als dies erforderlich ist, um zu erläutern, warum die Kommission – auch unter Berücksichtigung des Verhaltens oder der Erklärungen der Behörden des betreffenden Drittlandes – der Auffassung ist, dass diese Behörden nicht mehr die nach Art. 12 Abs. 2 dieser Verordnung erforderlichen Garantien bieten.

83      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Anhang der streitigen Durchführungsverordnung, dass die von dieser Verordnung erfassten Betriebe der Klägerinnen in vier verschiedenen Tabellen aufgeführt sind. Die erste Tabelle betrifft Fleisch von als Haustiere gehaltenen Huftieren (Abschnitt I der Nomenklatur der Sektoren) und enthält einen einzigen Betrieb der Klägerin zu 1). Die zweite Tabelle betrifft Fleisch von Geflügel und Hasentieren (Abschnitt II der Nomenklatur der Sektoren) und enthält acht Betriebe der Klägerin zu 1) und zwei Betriebe der Klägerin zu 2). Die dritte Tabelle bezieht sich auf Hackfleisch/Faschiertes, Fleischzubereitungen und Separatorenfleisch (Abschnitt V der Nomenklatur der Sektoren) und enthält u. a. acht Betriebe der Klägerin zu 1) und einen Betrieb der Klägerin zu 2). Die vierte Tabelle betrifft Fleischprodukte (Abschnitt VI der Nomenklatur der Sektoren) und enthält sechs Betriebe der Klägerin zu 1).

84      Die Kommission hat im vierten und im fünften Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung darauf hingewiesen, dass die brasilianischen Behörden aufgefordert worden seien, die Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, die erforderlich seien, um den schweren und wiederholten Fällen von Nichteinhaltung der Unionsanforderungen abzuhelfen, in denen Salmonellen in Geflügelfleisch und Geflügelfleischzubereitungen festgestellt worden seien. Aus den von diesen Behörden übermittelten Informationen und den Ergebnissen der an den Unionsgrenzen durchgeführten amtlichen Kontrollen ergebe sich jedoch, dass die erforderlichen Maßnahmen nicht ergriffen worden seien, so dass das Inverkehrbringen der Produkte aus den betreffenden Betrieben ein Risiko für die öffentliche Gesundheit darstelle. Diese Gründe beziehen sich auf die zehn Betriebe der Klägerinnen, die in der zweiten Tabelle des Anhangs der Durchführungsverordnung aufgeführt sind.

85      Außerdem ist dem sechsten Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung zu entnehmen, dass Ermittlungen im Zusammenhang mit Betrugsfällen, die im März 2018 in Brasilien aufgedeckt wurden, darauf hindeuten, dass die Einhaltung der Unionsanforderungen durch die den Klägerinnen gehörenden und von den fraglichen Listen gestrichenen Betriebe nicht ausreichend garantiert werden konnte. Diese Gründe betreffen alle Betriebe der Klägerinnen, die in den vier Tabellen des Anhangs der streitigen Durchführungsverordnung aufgeführt sind. Dazu ist festzustellen, dass die Art des fraglichen Betrugs im Zusammenhang mit den von Laboratorien ausgestellten Bescheinigungen für Fleisch, einschließlich Geflügelfleisch, und Fleischprodukte, die in die Europäische Union ausgeführt werden, geeignet ist, die Zuverlässigkeit der Garantien in Frage zu stellen, die die brasilianischen Behörden gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 bieten sollen. Dies führt demselben Erwägungsgrund zufolge dazu, dass die Erzeugnisse dieser Betriebe ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen können.

86      Diese Begründung enthält alle Angaben, die erforderlich sind, um in Anbetracht des geltenden rechtlichen Rahmens nachvollziehen zu können, aus welchen Gründen die streitige Durchführungsverordnung im Bereich Fleisch und Fleischprodukte, einschließlich Geflügelfleisch, erlassen wurde.

87      Die in der streitigen Durchführungsverordnung angeführten Gesichtspunkte beziehen sich nämlich auf Versäumnisse der zuständigen brasilianischen Behörden in Bezug auf die Garantien, die sie gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 bieten sollen. Dies steht in einem offensichtlichen Zusammenhang mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit, dem Ziel dieser Verordnung. Den Klägerinnen als Personen, die zur Anfechtung der streitigen Durchführungsverordnung befugt sind, ermöglicht es diese Begründung auch, eine Klage zu erheben, um die Feststellungen, die der Maßnahme der Kommission zugrunde liegen, zu bestreiten.

88      Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen muss die Kommission in der streitigen Durchführungsverordnung nicht darlegen, welche konkreten Warnungen, die die mitgliedstaatlichen Behörden nach den einzelnen Kontrollen an den Unionsgrenzen aussprachen, welchen der im Anhang dieser Verordnung aufgeführten Betriebe betrafen oder welche konkreten Tatsachen bei den einzelnen Betrieben dem Vorwurf des Bescheinigungsbetrugs zugrunde liegen.

89      Erstens können die Klägerinnen, da die Kommission im fünften Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung darauf hingewiesen hat, dass nur die betroffenen Betriebe von der diesbezüglichen Liste gestrichen worden sind, nämlich überprüfen, ob Produkte, die von einem in diesem Anhang aufgeführten Betrieb versandt wurden, Gegenstand von Warnmeldungen waren und ob deren Zahl gegebenenfalls als bedeutend eingestuft werden kann. Darüber hinaus reicht der im sechsten Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung angeführte Grund, wonach das geltende Bescheinigungssystem Mängel aufweise, die in den Unterlagen über die von Polizei und Justiz in Brasilien durchgeführten Untersuchungen in Bezug auf Fleisch und Fleischprodukte aufgezeigt worden seien, im Hinblick auf das geltend gemachte Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit aus, um den verfügenden Teil eines Rechtsakts wie dieser Durchführungsverordnung zu stützen. Dass die brasilianischen Behörden den Betrug selbst aufgedeckt haben und die noch laufenden Untersuchungen durchführen, lässt zudem keinen Widerspruch in der Begründung erkennen. Denn im Hinblick auf das erklärte und im Einklang mit der Verordnung Nr. 854/2004 stehende Ziel, die menschliche Gesundheit zu schützen, darf die Kommission bei konkreten Verdachtsmomenten für einen Betrug im Zusammenhang mit der Zertifizierung von Produkten reagieren, wenn diese Verdachtsmomente ernsthafte Zweifel an der systembedingten Fähigkeit der Drittlandsbehörden aufkommen lassen, die in Art. 12 Abs. 2 dieser Verordnung vorgesehenen Garantien zu bieten, ohne dass sie das endgültige Ergebnis dieser Untersuchungen abwarten müsste.

90      Schließlich werden der Huftierfleischsektor und der Sektor der Fleischprodukte entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen vom sechsten Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung, der sich auf „Fleisch“ im Allgemeinen bezieht, erfasst. Dies erklärt, warum bestimmte Betriebe der Klägerinnen in den Tabellen 1 und 4, die den fraglichen Erzeugnissen gewidmet sind, im Anhang dieser Durchführungsverordnung aufgeführt sind.

91      Demzufolge ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zweiter Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerinnen

92      Die Klägerinnen tragen vor, die Umstände des Erlasses der streitigen Durchführungsverordnung stellten eine Verletzung ihrer nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschützten Verteidigungsrechte dar. Die Kommission habe es versäumt, sie über die gegen sie vorgebrachten Beweise zu informieren und sie aufzufordern, vor dem Erlass dieser Durchführungsverordnung Stellung zu nehmen. Die Kommission habe nicht einmal ihre Anträge auf Anhörung in dieser Angelegenheit beantwortet. Das in Art. 12 der Verordnung Nr. 854/2004 vorgesehene Verfahren habe zu einem Rechtsakt der Kommission geführt, durch den sie aufgrund von Tatsachen, die ihr individuelles Verhalten beträfen, ihr Recht auf Ausfuhr der betreffenden Erzeugnisse in den Unionsmarkt verloren hätten. Die Möglichkeit, die Angelegenheit mit den brasilianischen Behörden zu erörtern, sei kein Ersatz für die Wahrung ihrer Verteidigungsrechte durch die Kommission, die die sie beschwerende Maßnahme ergriffen habe.

93      Das Recht auf eine gute Verwaltung beinhaltet gemäß Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Grundrechtecharta für jede Person ein Recht darauf, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird. Die Wahrung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ist ein elementarer Grundsatz des Unionsrechts, der auch dann zu beachten ist, wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt. Dieser Grundsatz gebietet es, dass die Adressaten von Entscheidungen, die ihre Interessen spürbar beeinträchtigen, in die Lage versetzt werden, ihren Standpunkt zu den Gesichtspunkten in sachdienlicher Weise vorzutragen, die zu ihren Lasten festgestellt worden sind, um den fraglichen Rechtsakt zu stützen (Urteile vom 21. September 2000, Mediocurso/Kommission, C‑462/98 P, EU:C:2000:480, Rn. 36 und 43, sowie vom 1. Oktober 2009, Foshan Shunde Yongjian Housewares & Hardware/Rat, C‑141/08 P, EU:C:2009:598, Rn. 83).

94      Bei allgemein geltenden Rechtsakten hingegen verlangen nach den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, wie dem Anspruch auf Anhörung, Konsultierung und Information weder das Verfahren zu ihrer Ausarbeitung noch diese Rechtsakte selbst eine Beteiligung der Betroffenen (Beschlüsse vom 30. September 1997, Federolio/Kommission, T‑122/96, EU:T:1997:142, Rn. 75, und vom 11. September 2007, Honig-Verband/Kommission, T‑35/06, EU:T:2007:250, Rn. 45, sowie Urteil vom 15. September 2016, TAO-AFI und SFIE‑PE/Parlament und Rat, T‑456/14, EU:T:2016:493, Rn. 69).

95      Im vorliegenden Fall stellt die streitige Durchführungsverordnung, wie sich aus den Rn. 23 bis 38 oben ergibt, eine Maßnahme allgemeiner Geltung dar, die auf der Grundlage von Beurteilungen erlassen wurde, die sich auf die Unzuverlässigkeit der Garantien bezogen, die die brasilianischen Behörden im Hinblick auf die tatsächliche Anwendung ihrer nationalen Rechtsvorschriften durch bestimmte Betriebe in diesem Drittland gegeben haben.

96      Daraus folgt, dass das Verfahren, das zum Erlass der streitigen Durchführungsverordnung geführt hat, nicht gegen die Klägerinnen eingeleitet wurde und nicht zum Erlass einer an sie gerichteten individuellen Maßnahme geführt hat. Die Verordnung Nr. 854/2004 enthält im Übrigen keine Bestimmung, die das Recht von Personen wie den Klägerinnen auf Anhörung begründen würde. Folglich brauchte die Kommission die Klägerinnen nicht aufzufordern, sich ihr gegenüber zu den beim Erlass der streitigen Durchführungsverordnung berücksichtigten Gesichtspunkten zu äußern, so dass der zweite Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Dritter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 12 Abs. 2 und 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004

97      Die Klägerinnen tragen vor, die Streichung nur bestimmter Betriebe von den fraglichen Listen zeige, dass die Kommission das individuelle Verhalten jedes einzelnen von ihnen beurteilt habe, obwohl die Rechtsgrundlage der streitigen Durchführungsverordnung, nämlich Art. 12 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004, nur eine Beurteilung der Effizienz der zuständigen brasilianischen Behörden zulasse.

98      Selbst wenn sich die der streitigen Durchführungsverordnung zugrunde liegende Begründung auf die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Effizienz dieser Behörden bezöge, sei diese Beurteilung offensichtlich fehlerhaft. Erstens beziehe sich die Aufforderung an die brasilianischen Behörden, nach der Feststellung von Salmonellen in Geflügelfleisch und Geflügelfleischzubereitungen die erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, auf die Empfehlungen, die in dem Bericht über eine im Mai 2017 durchgeführte Überprüfung ausgesprochen worden seien. Aus dem Bericht über eine zweite Überprüfung, die zwischen Ende Januar und Anfang Februar 2018 durchgeführt worden sei, gehe jedoch hervor, dass die brasilianischen Behörden die in diesen Empfehlungen geforderten Maßnahmen ergriffen hätten.

99      Zweitens seien in der Zeit vom 1. März 2017 bis zum 19. April 2018 bei den zwölf von den fraglichen Listen gestrichenen Betrieben der Klägerinnen nur 41 Fälle Gegenstand einer RASFF-Warnmeldung gewesen. Im selben Zeitraum seien von den betreffenden Betrieben aber 6 766 Container in die Union exportiert worden, und dabei seien die beim Einfuhrzollamt eintreffenden Sendungen im Rahmen einer verschärften Kontrollregelung systematisch kontrolliert worden. Zwischen dem 19. Juni 2017 (als die brasilianischen Behörden begonnen hätten, sämtliche für den Export bestimmten Sendungen zu kontrollieren) und dem 19. April 2018 habe es für neun Betriebe der Klägerinnen null bis zwei RASFF-Warnmeldungen und für zwei weitere Betriebe vier bis sechs RASFF-Warnmeldungen gegeben. Außerdem sei die Aussetzung der Zulassung von zwei Betrieben der Klägerinnen durch die brasilianischen Behörden im März 2018 erst ab April 2018 wirksam geworden, so dass die sehr geringe Zahl von RASFF-Warnmeldungen in den ersten drei Monaten des Jahres 2018 nicht auf diese Aussetzung zurückgeführt werden könne. Die Kommission scheine jedoch keine Schlussfolgerungen aus den 140 RASFF-Warnmeldungen gezogen zu haben, die zwischen dem 1. März 2017 und dem 19. April 2018 ergangen seien. Diese hätten Betriebe betroffen, die nicht den Klägerinnen gehört hätten und nicht von den fraglichen Listen gestrichen worden seien.

100    Drittens gehe aus den einschlägigen Statistiken hervor, dass der Prozentsatz der Container, die von den von den fraglichen Listen gestrichenen Betrieben der Klägerinnen stammten, bei denen im Rahmen verschärfter Kontrollen Salmonellen festgestellt worden seien, bei etwa einem Drittel des entsprechenden Prozentsatzes liege, der bei Erzeugnissen aus europäischen Betrieben festgestellt worden sei, obwohl bei diesen davon ausgegangen werde, dass sie die Unionsvorschriften einhielten. Bei sieben Betrieben der Klägerinnen liege der fragliche Prozentsatz zwischen 0 % und 3,1 %. Außerdem sei zwischen dem 1. Januar und dem 19. April 2018 nur eine RASFF-Warnmeldung in Bezug auf die Betriebe der Klägerinnen ergangen. Demzufolge sei die Zahl der RASFF-Warnmeldungen, die sich auf die Betriebe der Klägerinnen bezögen, keinesfalls bedeutend, und die Fälle, in denen festgestellt worden sei, dass die Vorschriften nicht eingehalten worden seien, könnten nicht als Hinweis auf eine allgemeine Unternehmenskultur angesehen werden. Dies spiegele sich im ersten Entwurf der Durchführungsverordnung wider, der dem Ständigen Ausschuss am 21. Februar 2018 zur Stellungnahme vorgelegt worden sei (siehe oben, Rn. 3) und in dem fast keiner der Betriebe der Klägerinnen erwähnt werde.

101    Viertens sei bei anderen Fleischprodukten als Geflügelfleisch aus den Betrieben der Klägerinnen, die von den fraglichen Listen gestrichen worden seien, kein Fall von Salmonellen festgestellt worden, so dass die Erwägungsgründe 4 und 5 der streitigen Durchführungsverordnung insoweit mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet seien.

102    Fünftens bestätigten die Schlussfolgerungen des von der Kommission im Jahr 2018 nach ihrer zweiten Überprüfung erstellten Berichts (siehe oben, Rn. 98), dass die brasilianischen Behörden alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hätten, um nicht nur den Sachverhalt im Zusammenhang mit dem im sechsten Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung genannten Betrugsfall zu ermitteln, sondern auch, um für die Zukunft zu gewährleisten, dass die in den Unionsmarkt ausgeführten Erzeugnisse den Vorschriften entsprächen. Zu diesen Maßnahmen gehöre die Entscheidung von März 2018, Ausfuhren aus bestimmten Betrieben der Klägerinnen vorsorglich auszusetzen. Darüber hinaus hätten die von der Kommission in drei Betrieben der Klägerinnen durchgeführten Kontrollen keine offensichtlichen Mängel ergeben. Angesichts der Tatsache, dass in diesen Ermittlungen nur ein einziger Betrieb der Klägerin zu 1), der eine Zulassung für die Ausfuhr von Geflügelfleisch in die Union gehabt habe, in Frage gestellt worden sei und dass die gerichtlichen Untersuchungen, auf die sich die Kommission in demselben Erwägungsgrund beziehe, den Zeitraum von 2012 bis spätestens Anfang 2017 beträfen, seien die von der Kommission angeführten Umstände nicht geeignet, die Zuverlässigkeit der Garantien in Zweifel zu ziehen, die die brasilianischen Behörden in Bezug auf die von den Listen gestrichenen Betriebe der Klägerinnen gegeben hätten.

103    Aus den Rn. 96 bis 102 oben geht hervor, dass das Vorbringen der Klägerinnen in zwei Teile gegliedert ist. Erstens wird ein Rechtsfehler in Form eines Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004 geltend gemacht (siehe oben, Rn. 97). Zweitens wird gerügt, die Kommission habe die Zuverlässigkeit der von den brasilianischen Behörden für die Betriebe der Klägerinnen gegebenen Garantien offensichtlich fehlerhaft beurteilt (siehe oben, Rn. 98 bis 102).

104    Der erste Teil des vorliegenden Klagegrundes, mit dem gerügt wird, die Kommission habe unter Verstoß gegen Art. 12 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004 in Wirklichkeit das individuelle Verhalten jedes von der streitigen Durchführungsverordnung erfassten Betriebs beurteilt (siehe oben, Rn. 97), ist von vornherein zurückzuweisen. Wie sich nämlich aus den Rn. 82 bis 87 oben ergibt, ist in den Erwägungsgründen dieser Durchführungsverordnung nur insoweit auf Umstände Bezug genommen worden, die die von den streitigen Listen gestrichenen Betriebe der Klägerinnen betreffen, als es erforderlich ist, um die Gründe zu erläutern, aus denen – in Kombination mit dem Verhalten oder den Erklärungen der Behörden des betreffenden Drittlands – die Kommission der Auffassung ist, dass diese Behörden nicht mehr die nach Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 notwendigen Garantien böten. Diese Bezugnahme lässt sich außerdem damit erklären, dass die Kommission sorgfältig und unvoreingenommen vorgehen und dazu die Sache umfassend und eingehend untersuchen muss. Dass die Kommission nicht alle brasilianischen Betriebe von den fraglichen Listen gestrichen hat, bedeutet daher entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht, dass sie ihre Entscheidung in Wirklichkeit allein auf das Verhalten oder die Leistung der in Rede stehenden Betriebe gestützt hat, ohne die Leistung der brasilianischen Behörden, die sich auf die Zuverlässigkeit der von diesen zu bietenden Garantien auswirkt, zu berücksichtigen.

105    Mit dem zweiten Teil wird sowohl die Begründung, die die Zahl der RASFF-Warnmeldungen zum Vorkommen von Salmonellen in Geflügelfleisch betrifft (Erwägungsgründe 4 und 5 der streitigen Durchführungsverordnung), als auch die Begründung gerügt, nach der es einen Betrugsfall im Zusammenhang mit der Fälschung von brasilianischen Laborbescheinigungen über die Qualität von Fleisch im Allgemeinen, einschließlich Geflügelfleisch, gegeben haben soll (sechster Erwägungsgrund der Durchführungsverordnung).

106    Aus den Durchführungsbestimmungen zu Art. 12 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 854/2004 ergibt sich, wie aus der Online-Veröffentlichung der fraglichen Listen hervorgeht, dass die darin aufgeführten Betriebe nach Ländern und nach Tätigkeitsbereichen aufgeschlüsselt sind. Die Betriebe der Klägerinnen wurden, wie oben in Rn. 83 ausgeführt, von vier verschiedenen Listen gestrichen, die Folgendes betreffen: Fleisch von als Haustiere gehaltenen Huftieren (Abschnitt I der Nomenklatur der Sektoren, Tabelle 1 des Anhangs der streitigen Durchführungsverordnung), Fleisch von Geflügel und Hasentieren (Abschnitt II der Nomenklatur der Sektoren, Tabelle 2 des genannten Anhangs), Hackfleisch/Faschiertes, Fleischzubereitungen und Separatorenfleisch (Abschnitt V der Nomenklatur der Sektoren, Tabelle 3 des genannten Anhangs) sowie Fleischprodukte (Abschnitt VI der Nomenklatur der Sektoren, Tabelle 4 des genannten Anhangs). Jeder in den fraglichen Listen aufgeführte Betrieb trägt eine von der zuständigen brasilianischen Behörde erteilte Zulassungsnummer.

107    Es ist daran zu erinnern, dass die in den Erwägungsgründen 4 bis 6 der streitigen Durchführungsverordnung (siehe oben, Rn. 105) genannten Gründe kumulativ die Streichung der in Tabelle 2 des Anhangs dieser Durchführungsverordnung aufgeführten zehn Betriebe als Betriebe, aus denen Fleisch von Geflügel und Hasentieren in die Union eingeführt werden darf (Abschnitt II der Nomenklatur der Sektoren), von den fraglichen Listen untermauern. Die in den Tabellen 1, 3 und 4 des Anhangs der streitigen Durchführungsverordnung (Abschnitte I, V und VI der Nomenklatur der Sektoren) aufgeführten Betriebe als Betriebe, aus denen Fleisch von als Haustiere gehaltenen Huftieren, Hackfleisch/Faschiertes, Fleischzubereitungen, Fleischprodukte und Separatorenfleisch in die Union eingeführt werden darf, wurden jedoch allein aufgrund des oben genannten Betrugsfalls von den fraglichen Listen gestrichen.

108    Demzufolge bilden die Beurteilungen der Kommission in Bezug auf den Betrugsfall im Zusammenhang mit der Fälschung von brasilianischen Laborbescheinigungen über die Qualität von Fleisch im Allgemeinen, einschließlich Geflügelfleisch, solange sie nicht rechtswidrig sind, eine ausreichende und rechtlich hinreichende Grundlage für die streitige Durchführungsverordnung. Deshalb sind zunächst die von den Klägerinnen gegen diese Beurteilungen erhobenen Rügen zu prüfen.

109    Legt die Kommission die Gründe dar, die einer Maßnahme wie der streitigen Durchführungsverordnung zugrunde liegen, richtet sich die vom Unionsgericht durchgeführte Rechtmäßigkeitskontrolle in diesem Zusammenhang auf die Frage, ob der in der streitigen Durchführungsverordnung dargestellte Sachverhalt zutrifft und ob er seiner Art nach das Vertrauen der Kommission in die Zuverlässigkeit der von den zuständigen Drittlandsbehörden gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 zu bietenden Garantien (siehe oben, Rn. 29) erschüttern kann. Angesichts des weiten Ermessens, über den die Kommission bei der Festlegung des Schwellenwerts verfügt, unterhalb dessen sie die fraglichen Garantien nicht mehr für zuverlässig hält (siehe oben, Rn. 80), ist es nicht Sache des Unionsrichters, im Rahmen der ihm nach Art. 263 Abs. 1 AEUV übertragenen Rechtmäßigkeitskontrolle die Beurteilung der Kommission in Bezug auf die Höhe dieses Schwellenwerts durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen. Er muss jedoch in der Lage sein, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu beanstanden, wenn die Kommission den fraglichen Schwellenwert in einem bestimmten Fall in einer Höhe festgesetzt hat, die die Plausibilität ihrer Schlussfolgerungen zur Zuverlässigkeit dieser Garantien eklatant beeinträchtigt.

110    Im vorliegenden Fall heißt es im sechsten Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung, dass gemäß den der Kommission von den zuständigen brasilianischen Behörden zur Verfügung gestellten Informationen im März 2018 in Brasilien Betrugsfälle im Zusammenhang mit Laborbescheinigungen für in die Union ausgeführtes Fleisch, einschließlich Geflügelfleisch, und Fleischprodukte aufgedeckt worden seien. Laufende Ermittlungen und jüngste Maßnahmen der Justiz in Brasilien wiesen darauf hin, dass die Einhaltung der Unionsanforderungen durch die Betriebe der Klägerinnen nicht ausreichend garantiert werden könne, so dass die Produkte aus diesen Betrieben ein Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen könnten.

111    Die Klägerinnen tragen zunächst vor, diese Beurteilungen seien durch die Berichte hinfällig geworden, die im Anschluss an zwei von der Kommission in Brasilien durchgeführte Überprüfungen erstellt worden seien.

112    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Mai 2017 in Brasilien eine erste Überprüfung gemäß Art. 46 der Verordnung Nr. 882/2004 durchgeführt hat. Diese Überprüfung hat eine Reihe von Mängeln aufgezeigt, und zwar in Bezug auf folgende Aspekte:

–        Kontrollen und Überwachung durch die zuständigen Behörden,

–        Interessenkonflikte,

–        Eignung von Ausgangsmaterialien,

–        Anwesenheit von Amtstierärzten,

–        Wiederausfuhr von aufgrund von RASFF-Warnmeldungen zurückgewiesenen Waren,

–        Aktualisierung der Listen der für die Ausfuhr in den Unionsmarkt zertifizierten Betriebe,

–        Salmonellenkontrollen.

113    Die Kommission führte sodann zwischen dem 22. Januar und dem 5. Februar 2018 in Brasilien eine zweite Überprüfung durch.

114    In dem Bericht über diese zweite Überprüfung wird zwar darauf hingewiesen, dass es bei der Leistung der zuständigen Behörden in den oben in Rn. 112 genannten Bereichen eine Reihe von Verbesserungen gegeben habe. Seine Schlussfolgerungen stellen die im sechsten Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung enthaltene Beurteilung jedoch nicht in Frage.

115    Der Bericht über die zweite Überprüfung beschreibt in seinen Feststellungen und Schlussfolgerungen die Maßnahmen, die von den nationalen Behörden ergriffen wurden, um Systemmängel in Bezug auf Folgendes zu beheben: die Häufigkeit der Kontrollen; Interessenkonflikte der Kontrolleure; die Qualität der Ausgangsmaterialien; die Einstellung von Amtstierärzten in ausreichender Zahl, um zu gewährleisten, dass sie durch ihre effektive Anwesenheit ihre Aufgaben erfüllen; Maßnahmen, die erforderlich sind, um zu verhindern, dass Sendungen, die Gegenstand einer RASFF-Warnmeldung waren, wieder in den Unionsmarkt ausgeführt werden; rechtzeitige Aktualisierung der Listen der Betriebe, die für die Ausfuhr in diesen Markt zertifiziert sind, und schließlich die Entnahme von Proben zum Zweck der Salmonellenkontrolle.

116    Auch wenn sich die den Schlussfolgerungen des Berichts über die zweite Überprüfung zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen auf die Maßnahmen beziehen, die die zuständigen Behörden in Bezug auf die Betriebe ergriffen haben, die als Stichproben für die Überprüfung herangezogen wurden, beziehen sich die Schlussfolgerungen, die auf die von diesen Behörden erzielten Verbesserungen hinweisen, auf deren Leistung im Allgemeinen. So wird in den Schlussfolgerungen dieses Berichts auf systematische Mängel bei den Arbeitsmethoden und der personellen Ausstattung der betreffenden Behörden hingewiesen, die Verbesserungen erforderten, wie z. B. eine Beschleunigung des Verfahrens zur Aktualisierung der Listen der Betriebe. Denn der Zweck dieser Kontrollen besteht, wie die Kommission geltend macht, gemäß Art. 46 der Verordnung Nr. 882/2004, der die Rechtsgrundlage für die Durchführung dieser Kontrollen darstellt, darin, die Übereinstimmung bzw. Gleichwertigkeit der Rechtsvorschriften und Systeme der Drittländer mit den Unionsvorschriften im Bereich des Futtermittel‑ und Lebensmittelrechts sowie der Tiergesundheit zu überprüfen. Ihrer Art nach sind diese Kontrollen also nicht darauf gerichtet, individuelles Verhalten aufzudecken, wie z. B. umfangreiche Fälschungen von Bescheinigungen durch Mitarbeiter und Führungskräfte eines bestimmten Unternehmens. Hinzu kommt jedenfalls, dass die im sechsten Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung genannten Umstände der Kommission im März 2018 zur Kenntnis gebracht wurden, während die fragliche Überprüfung bereits am 5. Februar 2018 abgeschlossen worden war.

117    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die in den Rn. 97 bis 104 der Klagebeantwortung angeführten Umstände die im sechsten Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung angeführten Gründe rechtlich hinreichend untermauern.

118    Aus diesen Umständen und vor allem aus der am 4. März 2018 ergangenen Entscheidung des zuständigen Gerichts, gegen eine Reihe von natürlichen Personen Ermittlungen vor Ort zu erlauben, ergibt sich insbesondere, dass sich die Ermittlungen der brasilianischen Bundespolizei und der Justizbehörden auf umfangreiche Betrugsfälle in Form von Fälschungen im Zusammenhang mit der Erstellung von Bescheinigungen für Erzeugnisse tierischen Ursprungs unter Beteiligung von leitenden Mitarbeitern und in Kenntnis von Mitgliedern des Verwaltungsrats der Klägerinnen beziehen. Diese Entscheidung weist auf Praktiken innerhalb der Gruppe, zu der die Klägerinnen gehören, hin, die darauf abzielen, das öffentliche System von Gesundheitskontrollen mit Hilfe gefälschter Bescheinigungen zu umgehen. In diesem Zusammenhang ändert der Umstand – als erwiesen unterstellt –, dass zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Dokuments nur einer der bis dahin in den fraglichen Listen aufgeführten Betriebe unmittelbar betroffen war, nämlich der Betrieb mit der Zulassungsnummer 1001, nichts an der von der Kommission vorgenommenen Beurteilung des Ausmaßes der von einem solchen Verhalten ausgehenden Bedrohung und damit der Zuverlässigkeit der von den brasilianischen Behörden gerade im Hinblick auf diese Art von Bedrohungen gebotenen Garantien. Überdies ist, wie die Kommission vorträgt, die genannte Gruppe vollständig integriert, so dass ihre Erzeugnisse von einem Betrieb zum anderen verbracht werden müssen, um den erforderlichen Verarbeitungsprozessen unterzogen zu werden. Da möglicherweise Mitglieder des Verwaltungsrats und leitende Mitarbeiter der Klägerinnen in die Sache verwickelt sind, lässt sich außerdem, solange die Ermittlungen noch laufen, nicht mit Sicherheit sagen, dass sich das beanstandete Verhalten auf einen einzigen Betrieb beschränkt.

119    Die Kommission hat sich mit Schreiben vom 5. März 2018 im Rahmen ihrer Kontakte wegen des Betrugs bei der Zertifizierung von Fleisch im Hinblick auf Salmonellenbakterien an die brasilianischen Behörden gewandt. Dabei hat sie zunächst daran erinnert, dass sie diese Behörden wiederholt darum gebeten habe, ihre Ermittlungen auf alle Betriebe in allen brasilianischen Bundesstaaten auszudehnen, die Fleischprodukte in die Union ausführten. Sodann hat sie diese Behörden erstens um detaillierte Informationen über die Klägerin zu 1) sowie fünf Analyselaboratorien, die den jüngsten Presseberichten zufolge offenbar mit den betrügerischen Aktivitäten in Zusammenhang stünden, und zweitens um die sofortige Aussetzung aller Sendungen ersucht, die von der Klägerin zu 1) stammten oder von den fraglichen Laboratorien zertifiziert worden seien.

120    Aufgrund dieses Ersuchens hat das brasilianische Landwirtschaftsministerium der Kommission mit Schreiben vom 15. März 2018 mitgeteilt, dass es die Zertifizierung von sieben Betrieben der Klägerinnen gerade ausgesetzt habe und die für drei weitere Betriebe der Klägerinnen bereits angeordnete Aussetzung der Zertifizierung aufrechterhalte.

121    Die brasilianischen Behörden haben diese Aussetzung jedoch mit zwei Beschlüssen vom 17. April 2018 für sämtliche Betriebe mit Ausnahme desjenigen mit der Zulassungsnummer 466 aufgehoben, ohne konkrete Gesichtspunkte anzuführen, die diese die Klägerinnen begünstigende Maßnahme rechtfertigen könnten, und obwohl sich die Ermittlungen noch in einem frühen Stadium befanden.

122    Diese Umstände sind, wie die Kommission geltend macht, objektiv geeignet, ihr Vertrauen in die von den brasilianischen Behörden für die Betriebe der Klägerinnen gegebenen Garantien zu erschüttern, und lassen in Anbetracht des weiten Ermessens, das die Kommission bei der Festlegung des Schwellenwerts besitzt, unterhalb dessen diese Garantien nicht mehr als zuverlässig anzusehen sind (siehe oben, Rn. 79, 80 und 109), keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler erkennen.

123    In diesem Zusammenhang ist unerheblich, dass die Ermittlungen zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Durchführungsverordnung noch nicht abgeschlossen waren, so dass die Erklärungen der Polizei und der Justiz zu den im Zuge dieser Ermittlungen getroffenen Feststellungen unter dem Vorbehalt der endgültigen Schlussfolgerungen stehen. Diese Durchführungsverordnung zielt nämlich, wie oben in den Rn. 74 bis 82 ausgeführt, nicht darauf ab, den Klägerinnen ein individuelles Recht zu entziehen, was voraussetzen würde, dass zuvor eine Untersuchung eingeleitet wird, die zu einem abschließenden Ergebnis führt. Ihr einziger Zweck besteht darin, festzustellen, inwieweit die Kommission weiterhin Vertrauen in die von den brasilianischen Behörden gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 gegebenen Garantien hat. Die im vorliegenden Fall festgestellten Risiken, die sich aus der mangelhaften Leistung der brasilianischen Behörden ergeben (siehe oben, Rn. 117 bis 122), stehen jedoch in direktem Zusammenhang mit den durch die Art. 11 und 12 der Verordnung Nr. 854/2004 geschützten Zielvorgaben der Gesundheit von Mensch und Tier. Daraus folgt, dass diese Durchführungsverordnung, wie im vorliegenden Fall erfolgt, auf Gesichtspunkte gestützt werden darf, die objektiv geeignet sind, dieses Vertrauen zu erschüttern.

124    Demzufolge reichen die Beurteilungen der Kommission in Bezug auf den Betrugsfall im Zusammenhang mit der Fälschung brasilianischer Laborbescheinigungen über die Qualität von Fleisch im Allgemeinen, einschließlich Geflügelfleisch, aus, um die streitige Durchführungsverordnung zu stützen, so dass der zweite Teil des dritten Klagegrundes zurückzuweisen ist, ohne dass das Vorbringen der Klägerinnen zur Zahl der RASFF-Warnmeldungen, die in Bezug auf das Vorkommen von Salmonellen in Geflügelfleisch ergangen sind (siehe oben, Rn. 107 und 108), geprüft zu werden braucht.

125    Da auch der erste Teil des dritten Klagegrundes zurückgewiesen worden ist (siehe oben, Rn. 104), ist dieser Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Vierter Klagegrund: Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot

126    Die Klägerinnen machen geltend, eine Analyse der relevanten statistischen Daten zeige, dass es andere Betriebe gebe, die proportional mehr RASFF-Warnmeldungen erhalten hätten als ihre eigenen Betriebe, die aber nicht von den fraglichen Listen gestrichen worden seien. Deshalb befänden sich ihre Betriebe in Anbetracht der in den Erwägungsgründen 4 und 5 der streitigen Durchführungsverordnung genannten Kriterien in einer vergleichbaren Situation wie diese anderen Betriebe. Daraus folge, dass die Bewertungen der von diesen beiden Kategorien von Betrieben ausgehenden Gefahren für die öffentliche Gesundheit nicht divergieren dürften, da sich die Verweise der Kommission auf den im sechsten Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung erwähnten Betrugsfall lediglich auf Behauptungen bezögen, die eine begrenzte Anzahl von Betrieben beträfen.

127    Es ist daran zu erinnern, dass die Klägerinnen beim Gericht beantragt haben, die streitige Durchführungsverordnung, mit der zwölf ihrer Betriebe von den fraglichen Listen gestrichen wurden, für nichtig zu erklären. Aus der Prüfung des dritten Klagegrundes ergibt sich aber, dass diese Durchführungsverordnung aufgrund des in ihrem sechsten Erwägungsgrund genannten Betrugsfalls im Zusammenhang mit der Fälschung von brasilianischen Laborbescheinigungen (siehe oben, Rn. 107, 108 und 124) wirksam erlassen werden konnte. Mit ihrem vierten Klagegrund machen die Klägerinnen geltend, dass die Kommission gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen habe, indem sie sich auf den anderen für den Erlass der streitigen Durchführungsverordnung angeführten Grund berufen habe, nämlich die Zahl der RASFF-Warnmeldungen zum Vorkommen von Salmonellen in Geflügelfleisch (Erwägungsgründe 4 und 5 dieser Durchführungsverordnung). Es würde daher nichts an der Rechtmäßigkeit dieser Durchführungsverordnung in Bezug auf die Betriebe der Klägerinnen ändern, wenn die Kommission davon hätte ausgehen müssen, dass die von den brasilianischen Behörden für andere Betriebe in diesem Drittland angebotenen Garantien ebenfalls unzuverlässig waren.

128    Daraus folgt, dass der Erlass der streitigen Durchführungsverordnung nicht als Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot angesehen werden kann, so dass der vierte Klagegrund zurückzuweisen ist.

 Fünfter Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

129    Die Klägerinnen tragen erstens vor, die Streichung ihrer Betriebe von den fraglichen Listen sei eindeutig unnötig gewesen, da andere, weniger einschneidende Maßnahmen wie verstärkte Kontrollen bei der Ausfuhr und an der Unionsgrenze ausgereicht hätten, um das mit der streitigen Durchführungsverordnung verfolgte Ziel zu erreichen. Zweitens beträfen die Ermittlungen in dem im sechsten Erwägungsgrund der streitigen Durchführungsverordnung genannten Betrugsfall nur einen ihrer Betriebe, während die Ermittlungen in einem anderen von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung erwähnten Fall nur vier ihrer Betriebe beträfen, von denen nur einer Geflügelfleisch und Geflügelfleischzubereitungen in die Union ausgeführt habe, und dies auch nur in geringen Mengen.

130    Es ist daran zu erinnern, dass die streitige Durchführungsverordnung auf der Feststellung der Kommission beruht, dass die von den brasilianischen Behörden gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 für die Betriebe der Klägerinnen gegebenen Garantien nicht mehr zuverlässig seien. Da, wie sich aus der Prüfung des dritten Klagegrundes ergibt, die Beurteilungen der Kommission in Bezug auf die Unzuverlässigkeit der fraglichen Garantien infolge des Betrugsfalls im Zusammenhang mit der Fälschung von brasilianischen Laborbescheinigungen über die Qualität von Fleisch nicht rechtswidrig sind, ist die Kommission gemäß Art. 12 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004 gehalten, die Betriebe der Klägerinnen von den streitigen Listen zu streichen. Denn nach der letztgenannten Bestimmung kann ein Betrieb nur dann in eine solche Liste aufgenommen werden, wenn die zuständige Behörde des Drittlands für diesen Betrieb die in dieser Bestimmung beschriebenen Garantien bietet.

131    Da die Kommission in Ausübung ihres diesbezüglichen Ermessens (siehe oben, Rn. 80 und 109) festgestellt hat, dass die von den brasilianischen Behörden gemäß Art. 12 Abs. 2 der Verordnung Nr. 854/2004 gebotenen Garantien in Bezug auf die Klägerinnen nicht mehr zuverlässig und deshalb nicht mehr gegeben sind, ist die Streichung der Betriebe der Klägerinnen von den fraglichen Listen, wie sich aus Art. 12 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 854/2004 ergibt, die Maßnahme, die geeignet und erforderlich ist, um dieser Situation abzuhelfen.

132    Folglich kann die Kommission nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – selbst wenn man davon absieht, dass die Erzeugnisse mehrerer Betriebe der Klägerinnen, die von den fraglichen Listen gestrichen wurden, bereits vor dem Erlass der streitigen Durchführungsverordnung verstärkt kontrolliert wurden (siehe oben, Rn. 99 und 100) – nicht gezwungen sein, für diese Erzeugnisse Maßnahmen wie verstärkte Kontrollen an den Unionsgrenzen vorzusehen, wenn sie die von den brasilianischen Behörden zugunsten der fraglichen Betriebe gegebenen Garantien nicht mehr für zuverlässig hält.

133    Demzufolge ist der fünfte Klagegrund zurückzuweisen und die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

134    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die BRF SA und die SHB Comércio e Indústria de Alimentos SA tragen die Kosten der Kommission einschließlich der durch das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entstandenen Kosten.

Gratsias

Frimodt Nielsen

Schwarcz

Valančius

 

      Frendo

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. Juli 2020.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.