Language of document : ECLI:EU:T:2012:176

BESCHLUSS DES GERICHTS (Achte Kammer)

29. März 2012(*)

„Nichtigkeitsklage – Staatliche Beihilfen – Beihilferegelung, die eine steuerliche Abschreibung des finanziellen Geschäfts‑ oder Firmenwerts bei Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen ermöglicht – Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und nicht die Rückforderung der Beihilfen angeordnet wird – Verband – Keine individuelle Betroffenheit – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑236/10

Asociación Española de Banca mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Buendía Sierra, E. Abad Valdenebro, M. Muñoz de Juan und R. Calvo Salinero,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch R. Lyal und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Klage auf Nichtigerklärung des Art. 1 Abs. 1 und, hilfsweise, des Art. 4 der Entscheidung 2011/5/EG der Kommission vom 28. Oktober 2009 über die steuerliche Abschreibung des finanziellen Geschäfts‑ oder Firmenwerts bei Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen C 45/07 (ex NN 51/07, ex CP 9/07) in Spanien (ABl. 2011, L 7, S. 48)

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten L. Truchot (Berichterstatter) sowie der Richterin M. E. Martins Ribeiro und des Richters A. Popescu,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        In den Jahren 2005 und 2006 richteten Mitglieder des Europäischen Parlaments an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften mehrere schriftliche Anfragen (E‑4431/05, E‑4772/05, E‑5800/06 und P‑5509/06), ob die Regelung des Art. 12 Abs. 5 der Ley del Impuesto sobre Sociedades (spanisches Körperschaftsteuergesetz), der durch die Ley 24/2001 de Medidas Fiscales, Administrativas y de Orden Social (Gesetz Nr. 24/2001 über Steuer‑, Verwaltungs‑ und soziale Maßnahmen) vom 27. Dezember 2001 (BOE Nr. 313 vom 31. Dezember 2001, S. 50493) in das Körperschaftsteuergesetz eingefügt und in das Real Decreto Legislativo 4/2004, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley del Impuesto sobre Sociedades (Königliches gesetzesvertretendes Dekret Nr. 4/2004 zum Erlass der Neufassung des Körperschaftsteuergesetzes) vom 5. März 2004 (BOE Nr. 61 vom 11. März 2004, S. 10951) übernommen wurde (im Folgenden: streitige Regelung), als staatliche Beihilfe zu qualifizieren sei. Die Kommission antwortete im Wesentlichen, dass die streitige Regelung nach den ihr vorliegenden Informationen wohl nicht in den Geltungsbereich der Vorschriften über staatliche Beihilfen falle.

2        Mit Schreiben vom 15. Januar und vom 26. März 2007 ersuchte die Kommission die spanischen Behörden um Übermittlung von Informationen, um den Geltungsbereich und die Auswirkungen der streitigen Regelung prüfen zu können. Mit Schreiben vom 16. Februar und vom 4. Juni 2007 übermittelte das Königreich Spanien ihr die angeforderten Informationen.

3        Mit Telefax vom 28. August 2007 ging bei der Kommission die Beschwerde eines privaten Marktteilnehmers ein, der die streitige Regelung als eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe qualifizierte.

4        Mit Entscheidung vom 10. Oktober 2007 (Zusammenfassung in ABl. C 311, S. 21) eröffnete die Kommission hinsichtlich der streitigen Regelung ein förmliches Prüfverfahren.

5        Mit Schreiben vom 5. Dezember 2007 ging die Stellungnahme des Königreichs Spanien zu dieser Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens bei der Kommission ein. Zwischen dem 18. Januar und dem 16. Juni 2008 erhielt die Kommission Stellungnahmen von 32 Beteiligten, darunter die Klägerin Asociación Española de Banca. Mit Schreiben vom 30. Juni 2008 und vom 22. April 2009 übermittelte das Königreich Spanien seine Anmerkungen zu den Stellungnahmen der Beteiligten.

6        Am 18. Februar 2008 sowie am 12. Mai und am 8. Juni 2009 fanden Fachsitzungen mit den spanischen Behörden statt. Weitere Fachsitzungen wurden mit einigen der 32 Beteiligten abgehalten.

7        Mit Schreiben vom 14. Juli 2008 und E-Mail vom 16. Juni 2009 erteilte das Königreich Spanien der Kommission ergänzende Auskünfte.

8        Die Kommission schloss das Verfahren hinsichtlich der innerhalb der Europäischen Union erworbenen Beteiligungen mit ihrer Entscheidung 2011/5/EG vom 28. Oktober 2009 über die steuerliche Abschreibung des finanziellen Geschäfts- oder Firmenwerts bei Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen C 45/07 (ex NN 51/07, ex CP 9/07) in Spanien (ABl. 2011, L 7, S. 48, im Folgenden: angefochtene Entscheidung) ab.

9        Die angefochtene Entscheidung erklärt die streitige Regelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, da mit ihr ein steuerlicher Vorteil in der Form gewährt werde, dass die spanischen Gesellschaften den Geschäfts‑ oder Firmenwert abschreiben könnten, der sich aus dem Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen ergebe, wenn diese Regelung auf den Erwerb von Beteiligungen an in der Union ansässigen Gesellschaften angewandt werde.

10      Art. 1 Abs. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung lässt es jedoch zu, dass die streitige Regelung nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes weiterhin auf Beteiligungen angewandt wird, die vor der am 21. Dezember 2007 erfolgten Veröffentlichung der Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens im Amtsblatt der Europäischen Union erworben wurden, sowie auf Beteiligungen, zu deren Erwerb vor dem 21. Dezember 2007 die unwiderrufliche Verpflichtung eingegangen worden ist, sofern dieser Erwerb von der Genehmigung einer Aufsichtsbehörde abhängig gemacht worden ist, der die Transaktion vor diesem Zeitpunkt gemeldet worden ist.

 Verfahren und Anträge der Parteien

11      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 21. Mai 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

12      Mit Schriftsatz, der am 30. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben.

13      Mit Schriftsatz vom 16. November 2010 hat die Klägerin zur Unzulässigkeitseinrede der Kommission Stellung genommen.

14      Die Klägerin beantragt im Wesentlichen,

–        die Klage für zulässig zu erklären;

–        Art. 1 Abs. 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, Art. 4 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit dieser eine Rückforderungspflicht für die Erwerbe vorsieht, die vor der Veröffentlichung der angefochtenen Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union durchgeführt wurden;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

15      Die Kommission beantragt,

–        die Klage für unzulässig zu erklären;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

16      Nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht auf Antrag einer Partei vorab über die Unzulässigkeit entscheiden. Nach Art. 114 § 3 der Verfahrensordnung wird über den Antrag mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Im vorliegenden Fall hält das Gericht die in den Akten enthaltenen Angaben für ausreichend und beschließt, ohne Eröffnung der mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

17      Die Kommission trägt vor, die vorliegende Klage sei unzulässig, da die Klägerin ihre Klagebefugnis für ein Verfahren gegen die angefochtene Entscheidung nicht nachgewiesen habe.

18      Nach Art. 263 Abs. 4 AEUV „[kann j]ede natürliche oder juristische Person … unter den Bedingungen nach den Absätzen 1 und 2 gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben“.

19      Ein Berufsverband, der mit der Wahrnehmung der Kollektivinteressen seiner Mitglieder betraut ist, wie die Klägerin, ist zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen eine abschließende Entscheidung der Kommission über staatliche Beihilfen grundsätzlich nur in zwei Fällen befugt, nämlich, erstens, wenn die von ihm vertretenen Unternehmen oder einige von ihnen auch einzeln klagebefugt sind und wenn, zweitens, der Verband ein eigenes Interesse dartun kann, insbesondere weil seine Position als Verhandlungspartner durch die angefochtene Handlung beeinträchtigt worden ist (Urteil des Gerichtshofs vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 und C‑217/03, Slg. 2006, I‑5479, Randnr. 56; Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 1996, AIUFFASS und AKT/Kommission, T‑380/94, Slg. 1996, II‑2169, Randnr. 50, und vom 9. September 2009, Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, T‑227/01 bis T‑229/01, T‑265/01, T‑266/01 und T‑270/01, Slg. 2009, II‑3029, Randnr. 108).

20      Die Klägerin stützt ihre Klagebefugnis hauptsächlich auf die ihrer Mitglieder.

21      Obwohl die Klägerin in ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit behauptet, „die Interessen aller ihrer unmittelbar und individuell durch die angefochtene Entscheidung betroffenen Mitglieder zu vertreten“, trägt sie nur für drei ihrer Mitglieder Tatsachen zum Beweis für deren Klagebefugnis vor, nämlich für die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, SA (im Folgenden: BBVA), und die Banco Santander, SA, die jeweils eine Klage gegen die angefochtene Entscheidung erhoben haben (Rechtssachen T‑225/10 und T‑227/10), sowie für die Banco Popular Español, SA, die nicht gegen die angefochtene Entscheidung geklagt hat.

22      Zu BBVA und Banco Santander stellt die Kommission fest, dass die Klägerin deren Interessen nicht vertreten könne, da diese ihre eigenen Interessen im Rahmen der Klagen, die sie gegen die angefochtene Entscheidung erhoben hätten, verteidigen würden.

23      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der erste Fall der Zulässigkeit einer Klage eines Verbands aufgrund der Vertretung seiner Mitglieder (vgl. oben, Randnr. 19) nach der Rechtsprechung der ist, dass der Verband bei der Erhebung seiner Klage an die Stelle von einem oder mehreren seiner von ihm vertretenen Mitglieder getreten ist und seine Mitglieder selbst eine zulässige Klage hätten erheben können (Urteil AIUFFASS und AKT/Kommission, Randnr. 50, und Beschluss des Gerichts vom 18. September 2006, Wirtschaftskammer Kärnten und best connect Ampere Strompool/Kommission, T‑350/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 25).

24      Wie das Gericht in seinem Urteil vom 6. Juli 1995, AITEC u. a./Kommission (T‑447/93 bis T‑449/93, Slg. 1995, II‑1971, Randnr. 60), festgestellt hat, bietet die Erhebung einer Klage durch den Verband verfahrensmäßige Vorteile, da durch sie die Erhebung einer größeren Zahl verschiedener Klagen gegen dieselben Entscheidungen verhindert werden kann. Der erste Fall der Zulässigkeit einer Verbandsklage setzt also voraus, dass der Verband anstelle seiner Mitglieder handelt. Daraus folgt, dass ein Verband, der als Vertreter seiner Mitglieder handelt, befugt ist, eine Nichtigkeitsklage zu erheben, wenn diese Mitglieder selbst keine Klage erhoben haben, obwohl sie klagebefugt gewesen wären.

25      So hat das Gericht in seinem Urteil vom 11. Juni 2009, Confservizi/Kommission (T‑292/02, Slg. 2009, II‑1659, Randnr. 55), entschieden, dass die klagende Vereinigung nicht die Interessen ihrer Mitglieder wahrgenommen habe, die in den Rechtssachen T‑297/02, T‑300/02, T‑301/02, T‑309/02 und T‑189/03 durch die Erhebung dieser Klagen ihre Interessen selbst vertreten hätten. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin führt die Tatsache, dass dies nicht die einzige Erwägung gewesen sei, die dazu geführt habe, die Klage für unzulässig zu erklären, nicht dazu, diese Erwägung für fehlerhaft und der Rechtsprechung widersprechend zu halten.

26      Hierzu ist festzustellen, dass die von der Klägerin angeführten Urteile nicht im Widerspruch zu dieser Lösung der Rechtsprechung stehen. Denn diese betreffen Verbandsklagen von einem oder mehreren Verbänden und einem oder mehreren der Mitglieder. Nach ständiger Rechtsprechung braucht bei einer Verbandsklage, wenn einer der Kläger klagebefugt ist, die Klagebefugnis der anderen nicht geprüft zu werden (Urteil des Gerichtshofs vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, Slg. 1993, I‑1125, Randnr. 31). So beschränken sich – entgegen dem Vorbringen der Klägerin – die meisten der von ihr genannten Urteile in Wirklichkeit darauf, die Klage für zulässig zu erklären, indem sie sich auf die Klagebefugnis eines oder mehrerer Mitglieder des Verbands stützen, ohne sich zur Klagebefugnis des Verbands zu äußern (Urteile des Gerichts vom 27. April 1995, AAC u. a./Kommission, T‑442/93, Slg. 1995, II‑1329, Randnr. 55, AITEC u. a./Kommission, Randnr. 82, vom 22. Oktober 1996, Skibsværftsforeningen u. a./Kommission, T‑266/94, Slg. 1996, II‑1399, Randnr. 51, und vom 17. Juni 1999, ARAP u. a./Kommission, T‑82/96, Slg. 1999, II‑1889, Randnrn. 39 bis 41).

27      Nur ein einziges Urteil, das Urteil des Gerichts vom 4. März 2009, Associazione italiana del risparmio gestito und Fineco Asset Management/Kommission (T‑445/05, Slg. 2009, II‑289), nimmt ausdrücklich zur Zulässigkeit einer Klage einer Vereinigung Stellung und leitet aus der Zulässigkeit einer Klage eines ihrer Mitglieder die Zulässigkeit der Klage der Vereinigung ab (Randnr. 56 des Urteils). Daraus kann jedoch keine allgemeine Regel über die Zulässigkeit von ausschließlich von Verbänden erhobenen Klagen abgeleitet werden, nach der Letztere klagebefugt wären, wenn ihre Mitglieder es wären, und dies unabhängig davon, ob die Mitglieder selbst eine Klage erhoben hätten oder nicht. Denn in der Rechtssache, die zu diesem Urteil geführt hat, hatte das klagende Mitglied der Vereinigung keine gesonderte Klage, sondern mit der Vereinigung ein und dieselbe Klage erhoben, so dass der oben in Randnr. 24 genannte verfahrensmäßige Vorteil nicht beeinträchtigt wurde.

28      Aus dem Urteil des Gerichts vom 21. Mai 2010, Frankreich u. a./Kommission (T‑425/04, T‑444/04, T‑450/04 und T‑456/04, Slg. 2010, II‑2099), das ebenfalls von der Klägerin genannt wurde, kann auch keine solche Regel abgeleitet werden, da es sich zur Zulässigkeit der Klage des klagenden Verbands in der Rechtssache T‑456/04 nicht äußert. Im Übrigen kann die Klage eines Verbands trotz der Erhebung von Klagen durch seine Mitglieder aufgrund der Beeinträchtigung seiner eigenen Interessen für zulässig erklärt werden (vgl. oben, Randnr. 19). Das Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2006, UFEX u. a./Kommission (T‑613/97, Slg. 2006, II‑1531), das ebenfalls von der Klägerin genannt wurde und in dem über eine Klage einer Vereinigung sowie drei ihrer Mitglieder entschieden wird, enthält auch keine Erwägung zur Zulässigkeit der Klage.

29      Im Übrigen büßt Art. 263 AEUV – entgegen der Meinung der Klägerin – durch eine solche Lösung nicht seine praktische Wirksamkeit ein, und sie beeinträchtigt auch weder den Grundsatz der Rechtssicherheit noch die Verteidigungsrechte der Klägerin. Durch sie ist zwar die Zulässigkeit von Klagen von Verbänden davon abhängig, dass keine Klagen von anderen Beteiligten – hier von ihren Mitgliedern – erhoben werden. Eine solche Situation kann jedoch nicht als eine Quelle der Ungewissheit und Unsicherheit angesehen werden, da man berechtigterweise erwarten kann, dass ein Verband, der mit der Verteidigung der Interessen seiner Mitglieder beauftragt ist, Kenntnis von Klagen, die diese erhoben haben, hat und umgekehrt. Ferner beeinträchtigt die Unzulässigkeit der Klage des Verbands aufgrund der Klagen seiner Mitglieder nicht die praktische Wirksamkeit des Art. 263 AEUV und seine Verteidigungsrechte, d. h. im Wesentlichen sein Recht auf effektiven Rechtsschutz. Denn entweder erhebt der Verband eine Klage zur Verteidigung der Interessen seiner klagebefugten Mitglieder, und die Klage des Mitglieds des Verbands oder die des Verbands wird für zulässig erklärt, je nachdem ob eines seiner Mitglieder eine Klage erhoben hat oder nicht, oder der Verband erhebt eine Klage, um seine eigenen Rechte zu verteidigen, und die Klage kann trotz der Erhebung von Klagen durch seine Mitglieder für zulässig erklärt werden, wenn das Bestehen eines solchen Interesses bewiesen wird (vgl. unten, Randnrn. 42 bis 46).

30      Daraus folgt, dass die vorliegende Klage nicht, weil die Klägerin BBVA und Banco Santander vertritt, für zulässig erklärt werden kann, da diese eigene Klagen erhoben haben, wobei es nicht erforderlich ist, über die Zulässigkeit der von diesen beiden Gesellschaften erhobenen Klagen zu entscheiden.

31      Die Banco Popular Español, auf die die Klägerin hilfsweise verweist, hat ihrer Stellungnahme zur Unzulässigkeitseinrede ein Schriftstück beigefügt, das belegt, dass sie die streitige Regelung 2007 und 2008 insbesondere für den Erwerb einer Beteiligung an einer portugiesischen Gesellschaft im Juni 2003 in Anspruch genommen hatte. Jedoch stellt die Klägerin fest, dass die Banco Popular Español nicht von einer Rückforderungsanordnung betroffen sei.

32      Dazu führt die Klägerin unter Berufung auf die Rechtsprechung erstens aus, die Anerkennung der individuellen Betroffenheit eines Empfängers einer Beihilfe, die aufgrund einer Beihilferegelung gewährt worden sei, die für rechtswidrig und unzulässig erklärt werde, könne nicht auf die Fälle beschränkt werden, in denen die Rückzahlung dieser Beihilfe gegenüber ihm angeordnet worden sei. Denn die Rückforderungsverpflichtung werde von der Rechtsprechung nur ergänzend geprüft.

33      Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Denn nach ständiger Rechtsprechung kann ein Unternehmen eine Entscheidung der Kommission, mit der eine sektorielle Beihilferegelung verboten wird, grundsätzlich nicht mit einer Nichtigkeitsklage anfechten, wenn es von ihr nur wegen seiner Zugehörigkeit zum fraglichen Sektor und seiner Eigenschaft als durch diese Regelung potenziell Begünstigter betroffen ist. Eine solche Entscheidung ist nämlich für dieses Unternehmen eine generelle Rechtsnorm, die für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber einer allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppe erzeugt (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Italien/Kommission, C‑298/00 P, Slg. 2004, I‑4087, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Urteil des Gerichts vom 11. Juni 2009, Acegas/Kommission, T‑309/02, Slg. 2009, II‑1809, Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Wenn jedoch das klagende Unternehmen nicht nur als Unternehmen des fraglichen Sektors und damit als durch die Beihilferegelung potenziell Begünstigter, sondern auch in seiner Eigenschaft als tatsächlich Begünstigter einer nach dieser Regelung gewährten individuellen Beihilfe, deren Rückforderung die Kommission angeordnet hat, betroffen ist, ist es von dieser Entscheidung individuell betroffen und seine gegen diese gerichtete Klage zulässig (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 19. Oktober 2000, Italien und Sardegna Lines/Kommission, C‑15/98 und C‑105/99, Slg. 2000, I‑8855, Randnrn. 34 f., und Urteil des Gerichts vom 10. September 2009, Banco Comercial dos Açores/Kommission, T‑75/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 44).

35      Die oben in Randnr. 33 angeführten sowie die von der Klägerin genannten Entscheidungen setzen für eine individuelle Betroffenheit eines Klägers durch eine Entscheidung, die eine Beihilferegelung für unvereinbar erklärt, wortgleich voraus, dass dieser seine Eigenschaft als tatsächlich Begünstigter einer nach dieser Regelung gewährten individuellen Beihilfe, deren Rückforderung die Kommission angeordnet hat, nachweist (Urteile des Gerichts vom 20. September 2007, Salvat père & fils u. a./Kommission, T‑136/05, Slg. 2007, II‑4063, Randnr. 70, vom 11. Juni 2009, ACEA/Kommission, T‑297/02, Slg. 2009, II‑1683, Randnr. 45, und AEM/Kommission, T‑301/02, Slg. 2009, II‑1757, Randnr. 45). Aus dieser Formulierung, die die Rückforderungsverpflichtung auf die gleiche Ebene wie die Eigenschaft des Klägers als tatsächlich Begünstigter stellt, kann nicht abgeleitet werden, dass das Erfordernis einer solchen Verpflichtung von untergeordneter Bedeutung oder sogar überflüssig wäre.

36      Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das auch von der Klägerin angeführte Urteil des Gerichts vom 28. November 2008, Hôtel Cipriani u. a./Kommission (T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00, Slg. 2008, II‑3269, Randnr. 84), lediglich die beiden oben genannten Voraussetzungen wiederholt und der Rückforderungsanordnung sogar eine besondere Bedeutung beimaß, indem festgestellt wurde, dass sich die Individualisierung hier aus dem mit der Rückforderungsanordnung vorgenommenen besonderen Eingriff in die Interessen der genau bestimmbaren Mitglieder dieses geschlossenen Kreises ergebe. Bei der Entscheidung über das gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsmittel entschied der Gerichtshof, dass das Gericht zu Recht die Klagebefugnis der klagenden Unternehmen mit der Begründung bejaht habe, dass sie wegen des besonderen Eingriffs in ihre Rechtsstellung durch die Anordnung der Rückforderung der betreffenden Beihilfen individuell betroffen seien (Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, Slg. 2011, I‑4727, Randnr. 51). Wenn eine angefochtene Handlung die Rückforderung kraft einer Beihilferegelung gewährter Beihilfen erforderlich macht, sind deshalb nur die von der Rückforderungsverpflichtung betroffenen Kläger von dieser Handlung individuell betroffen (Beschluss des Gerichts vom 21. März 2012, Ebro Foods/Kommission, T‑234/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 28).

37      Die Klägerin macht zweitens geltend, dass der Ausschluss der vor dem 21. Dezember 2007 getätigten Transaktionen vom Geltungsbereich der Rückforderungsverpflichtung nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes wegen der gegen diesen Teil des verfügenden Teils der angefochtenen Entscheidung erhobenen Klage der Deutsche Telekom AG in der Rechtssache T‑207/10 nicht endgültig sei.

38      Die Klägerin verwechselt bei diesem Vorbringen die Zulässigkeitsvoraussetzung der individuellen Betroffenheit mit derjenigen des Rechtsschutzinteresses. Während nämlich das Rechtsschutzinteresse insbesondere aufgrund von Klagen, die nach der Erhebung der Klage beim Unionsrichter bei den nationalen Gerichten erhoben wurden, bejaht werden kann (Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 2008, TV 2/Danmark u. a./Kommission, T‑309/04, T‑317/04, T‑329/04 und T‑336/04, Slg. 2008, II‑2935, Randnrn. 78 bis 82), ist die individuelle Betroffenheit einer natürlichen oder juristischen Person zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage zu beurteilen und richtet sich nur nach der angefochtenen Entscheidung. Eine Person, die von einer Entscheidung individuell betroffen ist, mit der eine Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und mit der deren Rückforderung angeordnet wurde, bleibt somit von dieser individuell betroffen, auch wenn sich in der Folge zeigt, dass von ihr keine Rückzahlung verlangt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, Randnr. 56, und Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in dieser Rechtssache, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Nrn. 81 f.).

39      Außerdem ist zu beachten, dass der Kläger zur Feststellung seiner individuellen Betroffenheit durch die angefochtene Maßnahme seine Zugehörigkeit zu einem geschlossenen Kreis nachweisen muss, d. h. zu einer Gruppe, die nach Erlass der angefochtenen Maßnahme nicht mehr erweitert werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 26. Juni 1990, Sofrimport/Kommission, C‑152/88, Slg. 1990, I‑2477, Randnr. 11, und Belgien und Forum 187/Kommission, Randnr. 63).

40      Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall eine etwaige Nichtigerklärung des Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung durch das Gericht und die anschließende Rückforderung der streitigen Beihilfen von der Banco Popular Español nicht die Annahme zulassen, dass die Klägerin individuell betroffen sei.

41      Deshalb kann die vorliegende Klage auch nicht aufgrund der Vertretung der Banco Popular Español durch die Klägerin für zulässig erklärt werden.

42      Die Klägerin beruft sich hilfsweise zur Stützung der Zulässigkeit ihrer Klage auf ihr eigenes Interesse, das sich aus der Beteiligung am förmlichen Prüfverfahren ergebe.

43      Nach ständiger Rechtsprechung, die im Rahmen von Verbandsklagen insbesondere nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 2. Februar 1988, Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission (67/85, 68/85 und 70/85, Slg. 1988, 219), und dem Urteil CIRFS u. a./Kommission erging und von der Klägerin geltend gemacht wurde, kann ein Kläger zwar aufgrund seiner aktiven Beteiligung am Verfahren, das zum Erlass des angefochtenen Rechtsakts geführt hat, individuell betroffen sein. Jedoch ging es dort um besondere Konstellationen, in denen der Kläger eine klar umschriebene und mit dem Gegenstand der Entscheidung eng zusammenhängende Stellung als Verhandlungspartner einnahm, die für ihn tatsächliche Umstände begründete, die ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushoben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission, C‑319/07 P, Slg. 2009, I‑5963, Randnrn. 85 bis 95 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Insbesondere aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 13. Dezember 2005, Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum (C‑78/03 P, Slg. 2005, I‑10737, Randnr. 58), geht hervor, dass die Rolle eines Verbands, die nicht über die Ausübung der Verfahrensrechte hinausgeht, die den Betroffenen nach Art. 108 Abs. 2 AEUV sowie nach Art. 1 Buchst. h und Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. L 83, S. 1) zustehen, nicht mit der Rolle der Kläger der Rechtssachen, die zu den Urteilen Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission und CIRFS u. a./Kommission geführt haben, gleichgesetzt werden kann.

45      Die von der Klägerin genannten Urteile führen nicht dazu, diese Auslegung des Urteils Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission in Frage zu stellen. Denn Randnr. 35 des Urteils AAC u. a./Kommission findet sich im Abschnitt „Vorbringen der Parteien“ dieses Urteils, und in ihr wird das Argument der Kommission dargelegt, mit dem diese die Zulässigkeit der Klage der Association des amidonneries de céréales de la CEE (AAC) beanstandet, indem sie ihre Auslegung des Urteils Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission vorträgt. Im Übrigen räumte das Gericht in Randnr. 89 des Urteils Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, das auch von der Klägerin angeführt wurde, ein, dass die Streithelferin aufgrund ihrer Teilnahme an dem Verwaltungsverfahren ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft gemacht habe. Das Gericht hat sich damit zu einer anderen Voraussetzung als der im vorliegenden Fall betroffenen geäußert, nämlich zu dem nach Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union erforderlichen berechtigten Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, um diesem beitreten zu können.

46      Da sich die Klägerin im vorliegenden Fall darauf beschränkte, während des förmlichen Prüfverfahrens wie andere Beteiligte ihre Stellungnahme abzugeben, kann ihre Klage nicht mit der Begründung für zulässig erklärt werden, dass sie im Rahmen des Verfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Entscheidung geführt habe, ihre eigenen Interessen verteidigt habe.

47      Nach alledem ist die vorliegende Klage als unzulässig abzuweisen.

 Kosten

48      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission gemäß deren Antrag aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Asociación Española de Banca trägt die Kosten.

Luxemburg, den 29. März 2012

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       L. Truchot


* Verfahrenssprache: Spanisch.