Language of document : ECLI:EU:T:2016:376





Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 30. Juni 2016 – Al Matri/Rat

(Rechtssache T‑545/13)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Maßnahmen gegen Personen, die für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder verantwortlich sind, sowie gegen mit ihnen verbundene Personen und Organisationen – Einfrieren von Geldern – Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden – Aufnahme des Namens des Klägers – Unzureichende Tatsachengrundlage – Sachverhaltsirrtum – Rechtsfehler – Eigentumsrecht – Unternehmerfreiheit – Verhältnismäßigkeit – Verteidigungsrechte – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz – Begründungspflicht“

1.                     Gerichtliches Verfahren – Beschluss oder Verordnung, der bzw. die den angefochtenen Rechtsakt während des Verfahrens ersetzt – Neue Tatsache – Erweiterung der ursprünglichen Anträge und des ursprünglichen Vorbringens – Voraussetzung – Rechtsschutzinteresse – Änderung einer Verordnung über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Kläger war von der besagten Änderung nicht betroffen – Unzulässigkeit (Verfahrensordnung des Gerichts, Art. 84; Beschlüsse des Rates 2011/72/GASP, 2013/409/GASP, 2014/49/GASP und 2015/157/GASP; Verordnungen des Rates Nr. 101/2011, Nr. 735/2013 und Nr. 81/2014) (vgl. Rn. 37, 43, 44)

2.                     Europäische Union – Gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Rechtakten der Organe – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Einfrieren der Gelder von Personen, die an der Veruntreuung öffentlicher Gelder beteiligt waren, und von mit ihnen verbundenen natürlichen und juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen – Umfang der Kontrolle – Eingeschränkte Kontrolle in Bezug auf allgemeine Regeln – Kontrolle, die sich bei Maßnahmen, die sich an einzelne Einrichtungen richten, auf die Beurteilung der Tatsachen und die Überprüfung der Beweise erstreckt (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47; Beschlüsse des Rates 2011/72/GASP, 2013/409/GASP, 2014/49/GASP und 2015/157/GASP; Verordnungen des Rates Nr. 101/2011, Nr. 735/2013 und Nr. 81/2014) (vgl. Rn. 48-51)

3.                     Europäische Union – Gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Rechtsakten der Organe – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Einfrieren der Gelder von Personen, die an der Veruntreuung öffentlicher Gelder beteiligt waren, und von mit ihnen verbundenen natürlichen und juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen – Umfang der Kontrolle – Beweis für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme – Verpflichtung des Rates, die von den Behörden eines Drittlands vorgelegten Beweise systematisch zu prüfen – Fehlen (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 und 47; Beschlüsse des Rates 2011/72/GASP, 2013/409/GASP, 2014/49/GASP und 2015/157/GASP; Verordnungen des Rates Nr. 101/2011, Nr. 735/2013 und Nr. 81/2014) (vgl. Rn. 57-59, 65-67, 76)

4.                     Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Einfrieren der Gelder von Personen, die an der Veruntreuung öffentlicher Gelder beteiligt waren, und von mit ihnen verbundenen natürlichen und juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen – Natur dieser Maßnahmen – Reine Schutzmaßnahmen – Kein Strafcharakter (Art. 21 und 29 EUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 47; Beschluss 2011/72/GASP des Rates, Art. 1 Abs. 1 und Erwägungsgründe 1 und 2) (vgl. Rn. 62, 64)

5.                     Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien –Einfrieren der Gelder von Personen, die an der Veruntreuung öffentlicher Gelder beteiligt waren, und von mit ihnen verbundenen natürlichen und juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen – Für die rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder verantwortliche Person – Begriff – Weite und autonome Auslegung – Verpflichtung, die praktische Wirksamkeit zu gewährleisten (Beschlüsse des Rates 2011/72/GASP, Art. 1 Abs. 1, 2013/409/GASP, 2014/49/GASP und 2015/157/GASP) (vgl. Rn. 81-86)

6.                     Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Einfrieren der Gelder von Personen, die an der Veruntreuung öffentlicher Gelder beteiligt waren, und von mit ihnen verbundenen natürlichen und juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen – Rechtswidrige Verwendung staatlicher Gelder – Begriff – Autonome und einheitliche Auslegung – Weite Auslegung (Beschlüsse des Rates 2011/72/GASP, Art. 1 Abs. 1, 2013/409/GASP, 2014/49/GASP und 2015/157/GASP) (vgl. Rn. 93-99)

7.                     Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Einfrieren der Gelder von Personen, die an der Veruntreuung öffentlicher Gelder beteiligt waren, und von mit ihnen verbundenen natürlichen und juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen – Verteidigungsrechte – Mitteilung von belastendem Material – Folgebeschluss über den Verbleib des Namens einer Person in der Liste der von diesen Maßnahmen betroffenen Personen – Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör – Fehlen (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41 und 47; Beschlüsse des Rates 2011/72/GASP, 2013/409/GASP, 2014/49/GASP und 2015/157/GASP; Verordnungen des Rates Nr. 101/2011, Nr. 735/2013 und Nr. 81/2014) (vgl. Rn. 127-130, 132, 135)

8.                     Nichtigkeitsklage – Gründe – Fehlende oder unzureichende Begründung – Klagegrund, der sich von dem die materielle Rechtmäßigkeit betreffenden Klagegrund unterscheidet (Art. 263 AEUV und 296 AEUV) (vgl. Rn. 134, 143, 147)

9.                     Rechtsakte der Organe – Begründung – Pflicht – Umfang – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Einfrieren der Gelder von Personen, die an der Veruntreuung öffentlicher Gelder beteiligt waren, und von mit ihnen verbundenen natürlichen und juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen – Beschluss, der in einem Kontext ergeht, der dem Betroffenen bekannt ist und der es ihm ermöglicht, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen – Zulässigkeit einer summarischen Begründung – Grenzen – Begründung, die nicht aus einer allgemeinen und stereotypen Formulierung bestehen darf (Art. 296 AEUV; Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 41; Beschlüsse des Rates 2011/72/GASP, 2013/409/GASP, 2014/49/GASP und 2015/157/GASP; Verordnungen des Rates Nr. 101/2011, Nr. 735/2013 und Nr. 81/2014) (vgl. Rn. 144-146, 148, 149)

10.                     Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien – Einfrieren der Gelder von Personen, die an der Veruntreuung öffentlicher Gelder beteiligt waren, und von mit ihnen verbundenen natürlichen und juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen – Einschränkung des Eigentumsrechts und des Rechts auf freie Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit – Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – Fehlen (Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 16 und 17 Abs. 1; Beschlüsse des Rates 2011/72/GASP, 2013/409/GASP, 2014/49/GASP und 2015/157/GASP; Verordnungen des Rates Nr. 101/2011, Nr. 735/2013 und Nr. 81/2014) (vgl. Rn. 154-156, 160, 161, 163, 167, 168)

Gegenstand

Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2011/72/GASP des Rates vom 31. Januar 2011 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen angesichts der Lage in Tunesien (ABl. L 28, S. 62), durchgeführt mit dem Durchführungsbeschluss 2013/409/GASP des Rates vom 30. Juli 2013 (ABl. L 204, S. 52), mit dem Beschluss 2014/49/GASP des Rates vom 30. Januar 2014 (ABl. L 28, S. 38) und mit dem Beschluss (GASP) 2015/157 des Rates vom 30. Januar 2015 (ABl. L 26, S. 29), sowie auf Nichtigerklärung der Verordnung (EU) Nr. 101/2011 des Rates vom 4. Februar 2011 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in Tunesien (ABl. L 31, S. 1), durchgeführt mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 735/2013 des Rates vom 30. Juli 2013 (ABl. L 204, S. 23), mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 81/2014 des Rates vom 30. Januar 2014 (ABl. L 28, S. 2) und mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 147/2015 des Rates vom 30. Januar 2015 (ABl. L 26, S. 3), soweit diese Rechtsakte den Kläger betreffen

Tenor

1.

Die Klage wird abgewiesen.

2.

Herr Fahed Mohamed Sakher Al Matri trägt seine eigenen und die dem Rat der Europäischen Union entstandenen Kosten.