Language of document : ECLI:EU:C:2009:669

Rechtssache C‑174/08

NCC Construction Danmark A/S

gegen

Skatteministeriet

(Vorabentscheidungsersuchen des Østre Landsret)

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Art. 19 Abs. 2 – Vorsteuerabzug – Gemischt Steuerpflichtiger – Gegenstände und Dienstleistungen, die zugleich für besteuerte und für steuerfreie Tätigkeiten verwendet werden – Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs – Begriff der Hilfsumsätze im Bereich der Grundstücksgeschäfte – Lieferungen an sich selbst – Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer“

Leitsätze des Urteils

1.        Steuerliche Vorschriften – Harmonisierung der Rechtsvorschriften – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Vorsteuerabzug – Gegenstände und Leistungen, die sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht zum Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht

(Richtlinie 77/388 des Rates, Art. 19 Abs. 2)

2.        Steuerliche Vorschriften – Harmonisierung der Rechtsvorschriften – Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Vorsteuerabzug

(Richtlinie 77/388 des Rates)

1.        Art. 19 Abs. 2 Satz 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ist dahin auszulegen, dass im Fall eines Bauunternehmens der von diesem für eigene Rechnung durchgeführte Verkauf von Immobilien nicht als „Hilfsumsätze im Bereich der Grundstücksgeschäfte“ eingestuft werden kann, da diese Tätigkeit die unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung der steuerbaren Tätigkeit dieses Unternehmens darstellt. Daher braucht nicht konkret beurteilt zu werden, in welchem Umfang diese Verkaufstätigkeit für sich betrachtet eine Verwendung von Gegenständen und Dienstleistungen erfordert, für die die Mehrwertsteuer zu entrichten ist.

(vgl. Randnrn. 34-35, Tenor 1)

2.        Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität steht dem nicht entgegen, dass ein Bauunternehmen, das Mehrwertsteuer auf die Bauleistungen entrichtet, die es für eigene Rechnung durchführt (Lieferungen an sich selbst), die Vorsteuer für die durch die Erbringung dieser Dienstleistungen entstandenen Gemeinkosten nicht abziehen kann, wenn der Umsatz aus dem Verkauf der auf diese Weise erstellten Bauwerke von der Mehrwertsteuer befreit ist.

Zwar hat nämlich in diesem Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Gemeinschaftsgesetzgeber den Grundsatz der Gleichbehandlung im Mehrwertsteuerbereich zum Ausdruck gebracht; während jedoch der letztgenannte Grundsatz wie andere allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts Verfassungsrang hat, bedarf der Grundsatz der steuerlichen Neutralität einer gesetzgeberischen Ausarbeitung, die nur durch einen Rechtsakt des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts erfolgen kann. Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität kann daher in einem solchen Rechtsetzungsakt Gegenstand von Klarstellungen sein, wie sie sich aus der Anwendung von Art. 19 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 28 Abs. 3 Buchst. b sowie Anhang F Nr. 16 der Sechsten Richtlinie 77/888 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ergeben, wonach ein Steuerpflichtiger, der zugleich besteuerte Tätigkeiten und von der Steuer befreite Tätigkeiten des Verkaufs von Immobilien ausführt, die Vorsteuer auf seine Gemeinkosten nicht vollständig abziehen kann.

Außerdem kann der Grundsatz der steuerlichen Neutralität der Anwendung der vom nationalen Gesetzgeber umgesetzten Bestimmungen der Sechsten Richtlinie nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, wenn der nationale Gesetzgeber mit den gerügten Bestimmungen zur Umsetzung der Sechsten Richtlinie unter Berücksichtigung des allgemeinen Grundsatzes der Gleichbehandlung die Bauunternehmen, die neben ihrer Bautätigkeit eine steuerbefreite Tätigkeit des Verkaufs von Immobilien ausüben, in die gleiche Lage wie die Bauträger versetzen, die in Anbetracht der Steuerbefreiung für die letztgenannte Tätigkeit die Mehrwertsteuer auf die von Drittunternehmen, deren sie sich bedienen, erbrachten Bauleistungen nicht abziehen können, und zwar, um Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt zu vermeiden.

(vgl. Randnrn. 41-43, 46-47, Tenor 2)