Language of document : ECLI:EU:T:2023:5

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

18. Januar 2023(*)

„EGFL und ELER – Von der Finanzierung ausgeschlossene Ausgaben – Von Rumänien getätigte Ausgaben – Nationales Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums 2007–2013 – Methoden zur Berechnung der Fördersätze bei der Teilmaßnahme ‚1a‘ der Maßnahme 215 – Zahlungen zur Förderung des Tierschutzes bei ‚Mastschweinen‘ und ‚Jungsauen‘ – Vergrößerung der jedem Tier zugestandenen Bewegungsfreiheit um mindestens 10 % – Begründungspflicht – Vertrauensschutz – Rechtssicherheit – Rechtliche Qualifizierung der Tatsachen – Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 907/2014 – Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens und des Rechnungsabschlussverfahrens“

In der Rechtssache T‑33/21,

Rumänien, vertreten durch E. Gane und L.‑E. Baţagoi als Bevollmächtigte,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch J. Aquilina, A. Biolan und M. Kaduczak als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni sowie der Richter L. Madise (Berichterstatter) und J. Martín y Pérez de Nanclares,

Kanzler: I. Kurme, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2022

folgendes

Urteil

1        Mit seiner Klage nach Art. 263 AEUV beantragt Rumänien die Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2020/1734 der Kommission vom 18. November 2020 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union (ABl. 2020, L 390, S. 10), soweit damit bestimmte von Rumänien für die Haushaltsjahre 2017 bis 2019 getätigte Ausgaben in Höhe von 18 717 475,08 Euro ausgeschlossen wurden (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Mit ihrem Beschluss C(2008) 3831 vom 16. Juli 2008 genehmigte die Europäische Kommission das rumänische nationale Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2007–2013 (im Folgenden: Entwicklungsprogramm 2007–2013).

3        Am 14. September 2011 übermittelte das rumänische Ministerium für Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raums der Kommission gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1974/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. 2006, L 368, S. 15) einen Antrag auf Revision des Entwicklungsprogramms 2007–2013. Eine der vorgeschlagenen Änderungen war die Einführung der Maßnahme 215 – Zahlungen für Tierschutzmaßnahmen (im Folgenden: Maßnahme 215). Im Rahmen dieser Maßnahme waren Ausgleichszahlungen für Einkommensverluste und zusätzliche Kosten von Geflügel- und Schweinezüchtern vorgesehen, die gemäß dem Entwicklungsprogramm 2007–2013 freiwillig bestimmte Tierschutzstandards umsetzten. Die Beihilfe wurde im Rahmen mehrjähriger Verpflichtungen gewährt, die die Landwirte für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren eingegangen waren.

4        Mit Schreiben ARES(2011) 1344895 vom 13. Dezember 2011 teilte die Kommission Rumänien mit, dass sie den Vorschlag für eine Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 erhalten und analysiert habe. Sie führte aus, dass der Änderungsvorschlag in dieser Form nicht akzeptabel sei und ersuchte um Klarstellungen. In Bezug auf die Maßnahme 215 verwies sie u. a. auf die Methoden zur Berechnung der Fördersätze für diese Maßnahme und verlangte Korrekturen.

5        Am 22. März 2012 stellten die rumänischen Behörden die überarbeiteten Berechnungsmethoden in das System für die Fondsverwaltung in der Europäischen Union SFC2007 ein.

6        Mit Schreiben ARES(2012) 411175 vom 4. April 2012 erteilte die Kommission ihre Zustimmung zur siebten Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 einschließlich der Maßnahme 215. Laut diesem Schreiben hatten „[d]ie Dienststellen der Kommission … die vorgeschlagenen Änderungen geprüft“ und waren zu dem Ergebnis gekommen, dass diese „Änderungen … den einschlägigen Bestimmungen der Verordnung [(EG)] Nr. 1698/2005 [des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. 2005, L 277, S. 1)] und der Verordnung Nr. 1974/2006 [entsprechen]“ und dass „[d]ie Vorschläge … daher akzeptiert [werden]“.

7        Mit Durchführungsbeschluss C(2012) 3529 final der Kommission vom 25. Mai 2012 wurden das Entwicklungsprogramm 2007–2013 geändert und die Maßnahme 215 eingeführt.

8        Vom 18. bis 29. Mai 2015 führte der Europäische Rechnungshof eine Prüfung in Rumänien durch und stellte Fehler in Bezug auf die im Rahmen der Maßnahme 215 getätigten Zahlungen fest. Nach seinen vorläufigen Feststellungen, die den rumänischen Behörden am 18. September 2015 mitgeteilt wurden, waren Fehler bei der Methode zur Berechnung der Ausgleichszahlungen im Rahmen der verschiedenen Teilmaßnahmen der Maßnahme 215 aufgedeckt worden. Diese Fehler hätten dazu geführt, dass den Landwirten eine Überkompensation gewährt und somit gegen Art. 40 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. 2005, L 277, S. 1) verstoßen worden sei. Zu den von den Feststellungen des Rechnungshofs betroffenen Teilmaßnahmen der Maßnahme 215 gehörte die Teilmaßnahme „1a“: „Mastschweine“, „Jungsauen“ und „Sauen“ – Vergrößerung der jedem Tier zugestandenen Bewegungsfreiheit um mindestens 10 % (nur für „Mastschweine“ und „Jungsauen“) (im Folgenden: streitige Teilmaßnahme).

9        Mit Schreiben Nr. 493 vom 7. Januar 2016 und Schreiben E7324 vom 24. März 2016 ersuchten die rumänischen Behörden die Kommission um Unterstützung bei der Suche nach einer Lösung und wiesen darauf hin, dass das Entwicklungsprogramm 2007–2013 zum Zeitpunkt der Feststellungen des Rechnungshofs, d. h. am 18. September 2015, nicht mehr habe geändert werden können.

10      Mit Schreiben vom 25. Januar 2016 stellte der Rechnungshof u. a. fest, dass die Ausgaben für die streitige Teilmaßnahme nicht förderfähig seien, da die Methode zur Berechnung der angewandten Fördersätze fehlerhaft sei.

11      Nach Prüfung der Feststellungen des Rechnungshofs und der Antworten der rumänischen Behörden beschloss die Kommission, unter dem Aktenzeichen RD 2/2016/031/RO eine erste Verwaltungsprüfung betreffend die Maßnahme 215 zum Tierschutz in Rumänien für die Haushaltsjahre 2014 bis 2016 einzuleiten (im Folgenden: erste Prüfung).

12      Mit Schreiben ARES(2016) 1403661 vom 21. März 2016 vertrat die Kommission die Auffassung, dass die u. a. im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme erfolgten Zahlungen systembedingte Fehler enthielten und nicht mit Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 vereinbar seien. Sie forderte die rumänischen Behörden auf, weitere Informationen u. a. zu dieser Teilmaßnahme vorzulegen. Auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen scheine nämlich eine Schlüsselkontrolle gefehlt zu haben und die im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme getätigten Zahlungen hätten offenbar weit verbreitete Unregelmäßigkeiten aufgewiesen, die dazu führen könnten, dass die entsprechenden Ausgaben nicht für eine Finanzierung durch die Union in Betracht kämen.

13      Mit Schreiben ARES(2017) 1331659 vom 14. März 2017 forderte die Kommission die rumänischen Behörden auf, die Zahlungsraten neu zu berechnen, und schlug vor, für die Haushaltsjahre 2014 bis 2016 eine Finanzkorrektur vorzunehmen. Im Einzelnen schlug sie u. a. eine pauschale Finanzkorrektur in Höhe von 25 % der Ausgaben vor, die sich aus den von der zugelassenen Stelle Rumäniens im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme getätigten Ausgleichszahlungen ergaben, sowie punktuell berechnete Korrekturen für Ausgaben, die im Rahmen anderer als der fraglichen Teilmaßnahmen getätigt wurden.

14      Die rumänischen Behörden leiteten unter dem Aktenzeichen 17/RO/796 (im Folgenden: Verfahren 17/RO/796) ein Schlichtungsverfahren über einen Betrag von 28 087 745,37 Euro im Hinblick auf die im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme in den Haushaltsjahren 2014 bis 2016 getätigten Zahlungen ein.

15      Die Schlichtungsstelle stellte in ihrem im Verfahren 17/RO/796 vorgelegten, in ihrem Schreiben ARES(2017) 4685136 vom 26. September 2017 enthaltenen Bericht fest, dass eine pauschale Korrektur in Höhe von 25 % u. a. deshalb nicht gerechtfertigt sei, weil die Umstände des Falles nicht den Schluss zuließen, dass eine Schlüsselkontrolle gefehlt habe (siehe oben, Rn. 12), und äußerte Zweifel hinsichtlich der Vornahme einer Korrektur für den Zeitraum vor dem Datum der Mitteilung der vorläufigen Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofs.

16      Die Kommission hielt in ihrem endgültigen Standpunkt, der in ihrem Schreiben ARES(2018) 1348956 vom 12. März 2018 sowie in ihrem Zusammenfassenden Bericht ARES(2018) 2487854 vom 16. Mai 2018 enthalten ist, u. a. an ihrer Schlussfolgerung fest, dass die im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme getätigten Zahlungen gegen Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 verstießen.

17      Am 13. Juni 2018 erließ die Kommission den Durchführungsbeschluss (EU) 2018/873 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union (ABl. 2018, L 152, S. 29). Mit diesem Beschluss nahm die Kommission u. a. eine pauschale Finanzkorrektur in Höhe von 25 %, die einem Betrag von 13 184 846,61 Euro für die Haushaltsjahre 2015 und 2016 entsprach, gegenüber Rumänien vor, weil die Zahlungen, die von der zugelassenen Stelle Rumäniens für die unter das Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem (IVKS) im Rahmen des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum (ELER) fallende streitige Teilmaßnahme getätigt worden seien, zu hoch angesetzt worden seien.

18      Rumänien erhob Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses 2018/873. Diese Klage wurde mit Beschluss vom 30. April 2019, Rumänien/Kommission (T‑530/18, EU:T:2019:269), wegen Verspätung als unzulässig abgewiesen. Das von Rumänien gegen diesen Beschluss eingelegte Rechtsmittel wurde mit Urteil vom 10. September 2020, Rumänien/Kommission (C‑498/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:686), zurückgewiesen.

19      Nach Abschluss des Haushaltsjahrs 2016 führte die Kommission unter dem Aktenzeichen RD 2/2018/031/RO eine weitere Prüfung durch, die sich auf die Haushaltsjahre 2017 bis 2019 bezog (im Folgenden: zweite Prüfung). Da die rumänischen Behörden nach Ansicht der Kommission gegen Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 verstoßen hatten, schlug sie u. a. vor, den Betrag von 18 717 475,08 Euro, der einer pauschalen Finanzkorrektur in Höhe von 25 % der im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme des Entwicklungsprogramms 2007–2013 getätigten Ausgaben entspricht, von der Finanzierung durch den ELER auszuschließen. In Bezug auf diese Teilmaßnahme, die Ausgleichszahlungen für die Züchter von „Mastschweinen“ mit einem Fördersatz von 41,40 Euro je Großvieheinheit (GVE), für die Züchter von „Jungsauen“ mit einem Fördersatz von 165 Euro je GVE und für die Züchter von „Sauen“ mit einem Fördersatz von 23,30 Euro je GVE vorsah, stellte die Kommission dieselben Fehler fest wie bei der ersten Prüfung. Genauer gesagt waren nach Ansicht der Kommission die Zahlungsraten für die Kategorien „Mastschweine“ und „Jungsauen“ zu hoch angesetzt, da bei den Einsparungen bei den Futtermitteln nicht die tatsächliche Gewichtszunahme der Tiere berücksichtigt und der ursprüngliche Einfuhrpreis für nicht gezüchtete Tiere nicht abgezogen worden sei. Gemäß Art. 41 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. 2013, L 347 S. 549) setzte die Kommission daher systematisch 25 % aller von den rumänischen Behörden für die streitige Teilmaßnahme geforderten Beträge aus.

20      Mit Schreiben Nr. 545 vom 9. Juli 2018 übermittelten die rumänischen Behörden zusätzliche Informationen u. a. zu den Modalitäten, nach denen die Ausgleichszahlungen im Rahmen der Maßnahme 215 getätigt wurden, und teilten der Kommission erneut mit, dass es objektiv unmöglich sei, das Entwicklungsprogramm 2007–2013 zu ändern. Ferner wiesen sie darauf hin, dass die Begünstigten, die niedrigere Ausgleichszahlungen erhalten hätten als diejenigen, die in den gemäß der Maßnahme 215 des Entwicklungsprogramms 2007–2013 eingegangenen Verpflichtungen vorgesehen gewesen seien, vor den nationalen Gerichten Klagen erhoben hätten.

21      Mit Schreiben ARES(2018) 638947 vom 12. Dezember 2018 ersuchte die Kommission die rumänischen Behörden um Präzisierungen und übermittelte ihnen das Protokoll eines bilateralen Treffens vom 20. November 2018. Die rumänischen Behörden antworteten mit Schreiben Nr. 241040 vom 8. Januar 2019 und mit Schreiben Nr. 133 vom 12. Februar 2019, in dem sie u. a. um Klarstellungen zur Art und Weise der Revision des Entwicklungsprogramms 2007–2013 baten, da zur Änderung der Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme eine Änderung dieses Programms erforderlich sei und die Frist dafür zum Zeitpunkt der Mitteilung der Feststellungen des Rechnungshofs bereits abgelaufen gewesen sei.

22      Mit Schreiben ARES(2019) 1368242 vom 28. Februar 2019 erklärte die Kommission, dass das Entwicklungsprogramm 2007–2013 nicht mehr überarbeitet werden könne, dass sie aber grundsätzlich akzeptieren könne, dass die Höhe der Zahlungen im Rahmen der Maßnahme 215 im Wege einer Änderung des nationalen Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2014–2020 angepasst werde.

23      Nach Gesprächen und dem Austausch von Informationen zwischen den rumänischen Behörden und der Kommission teilte diese Rumänien mit Schreiben ARES(2019) 5096803 vom 5. August 2019 ihren Vorschlag mit, den Betrag von 18 717 475,08 Euro, der einer pauschalen Korrektur in Höhe von 25 % der im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme getätigten Ausgaben für die Haushaltsjahre 2017 bis 2019 entspricht, von der Finanzierung durch die Union auszuschließen. In diesem Schreiben führte die Kommission aus, dass gemäß Art. 12 Abs. 7 Buchst. c der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 907/2014 vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung Nr. 1306/2013 in Bezug auf die Zahlstellen und anderen Einrichtungen, die Finanzverwaltung, den Rechnungsabschluss, die Sicherheiten und die Verwendung des Euro (ABl. 2014, L 255, S. 18) ein größeres Verlustrisiko für den Unionshaushalt bestehe, da vernünftigerweise davon ausgegangen werden könne, dass dem Unionshaushalt ein außergewöhnlich hoher Schaden entstehen werde, wenn regelwidrige Anträge ungestraft eingereicht werden könnten. Nach Ansicht der Kommission waren Rumänien „weit verbreitete Unregelmäßigkeiten“ im Sinne von Ziff. 3.2.5 der in der Mitteilung der Kommission C(2015) 3675 final vom 8. Juni 2015 enthaltenen Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens und des Rechnungsabschlussverfahrens (im Folgenden: Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen) anzulasten, die die Anwendung eines Korrektursatzes von 25 % rechtfertigten.

24      Mit Schreiben Nr. 662 vom 11. September 2019 teilten die rumänischen Behörden mit, dass die von der Kommission vorgeschlagene Lösung (siehe oben, Rn. 22) nicht tragfähig sei. Sie leiteten daher unter dem Aktenzeichen 19/RO/856 erneut ein Schlichtungsverfahren ein, und zwar in Bezug auf den Betrag von 18 717 475,08 Euro (im Folgenden: Verfahren 19/RO/856).

25      In ihrem im Verfahren 19/RO/856 vorgelegten, in ihrem Schreiben ARES(2019) 7587324 vom 10. Dezember 2019 enthaltenen Bericht stellte die Schlichtungsstelle fest, dass keine Schlichtung möglich sei, und wies u. a. darauf hin, dass sie nicht davon überzeugt sei, dass die im vorliegenden Fall berücksichtigten Gesichtspunkte unter den Begriff „Unregelmäßigkeit“ im Sinne der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen fielen (siehe oben, Rn. 23).

26      Mit ihrem Schreiben ARES(2020) 2031991 vom 14. April 2020, das ihren endgültigen Standpunkt enthielt, und ihrem zusammenfassenden Bericht ARES(2020) 5780976 vom 22. Oktober 2020 gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme getätigten Zahlungen gegen Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 verstießen. Der Betrag von 18 717 475,08 Euro, der 25 % der Ausgaben für diese Teilmaßnahme entspreche, müsse daher von der Finanzierung durch die Union ausgeschlossen werden.

27      Am 18. November 2020 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss und nahm u. a. eine pauschale Finanzkorrektur gegenüber Rumänien vor, nach der 25 % der von der zugelassenen Zahlstelle Rumäniens getätigten und im Rahmen des ELER gemeldeten Ausgaben in Höhe von 18 717 475,08 Euro von der Finanzierung ausgeschlossen wurden, weil die im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme in den Haushaltsjahren 2017 bis 2019 vorgenommenen Ausgleichszahlungen zu hoch angesetzt worden seien.

 Anträge der Parteien

28      Rumänien beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit damit die von der zugelassenen Zahlstelle Rumäniens im Rahmen des ELER in Anwendung der streitigen Teilmaßnahme für die Haushaltsjahre 2017 bis 2019 getätigten Ausgaben in Höhe von 18 717 475,08 Euro von der Finanzierung ausgeschlossen wurden;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

29      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        Rumänien die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

30      Zur Stützung seiner Klage macht Rumänien im Wesentlichen zwei Klagegründe geltend. Der erste Klagegrund bezieht sich auf die rechtswidrige Ausübung der sich aus Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 ergebenden Befugnis der Kommission zum Ausschluss bestimmter Beträge von der Finanzierung durch die Union und umfasst sechs Rügen. Der zweite Klagegrund betrifft einen Verstoß gegen die Begründungspflicht.

31      Zunächst ist der zweite Klagegrund zu prüfen.

32      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Rumänien im Rahmen des zweiten Klagegrundes auch geltend macht, dass die Kommission einen Rechtsfehler begangen habe. Da dasselbe Argument auch im Rahmen der dritten Rüge des ersten Klagegrundes vorgebracht wird, ist darauf bei der Prüfung dieses Klagegrundes und der entsprechenden Rüge einzugehen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

33      Rumänien macht geltend, die Kommission erläutere nicht, aus welchen Gründen sie einen Betrag von insgesamt 18 717 475,08 Euro von der Finanzierung bestimmter im Rahmen des ELER getätigter Ausgaben für die Haushaltsjahre 2017 bis 2019 ausgeschlossen habe.

34      Die Kommission habe nicht hinreichend erläutert, warum eine angeblich fehlerhafte Berechnungsmethode einen Fall darstelle, der den in Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 vorgesehenen Fällen entspreche, nämlich eine Unregelmäßigkeit im Sinne der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen. Außerdem habe sich die Kommission nicht auf den Fall der Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken berufen, um die Anwendung einer pauschalen Korrektur in Höhe von 25 % der Ausgaben zu rechtfertigen, und auch keine Begründung für ihre wechselnde Position zur rechtlichen Qualifizierung als angeblich fehlerhafte Berechnungsmethode gegeben (siehe Rn. 12, 15, 23 und 25). Die Änderung der Terminologie, die die Kommission verwendet habe, um die Anwendung einer pauschalen Korrektur zu rechtfertigen, behindere die Bemühungen der rumänischen Behörden, die Gründe, auf denen der angefochtene Beschluss beruhe, nachzuvollziehen.

35      Die Kommission tritt dem Vorbringen Rumäniens entgegen.

36      Bei der in Art. 296 AEUV vorgesehenen Begründungspflicht handelt es sich um ein wesentliches Formerfordernis, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Unter diesem Blickwinkel muss die Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil vom 16. Februar 2017, Rumänien/Kommission, T‑145/15, EU:T:2017:86, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Insbesondere dient die Pflicht zur Begründung eines beschwerenden Rechtsakts, die aus dem Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte folgt, dem Zweck, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts zu ermöglichen (vgl. Urteil vom 16. Februar 2017, Rumänien/Kommission, T‑145/15, EU:T:2017:86, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38      In der Begründung brauchen jedoch nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden. Die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung den oben in Rn. 36 und 37 genannten Erfordernissen genügt, ist nämlich nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln (vgl. Urteil vom 16. Februar 2017, Rumänien/Kommission, T‑145/15, EU:T:2017:86, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Eine Entscheidung, die in einem Kontext erlassen wurde, der dem Beteiligten wohl bekannt ist, kann summarisch begründet werden (Urteil vom 12. Mai 2011, Région Nord-Pas-de-Calais und Communauté d’agglomération du Douaisis/Kommission, T‑267/08 und T‑279/08, EU:T:2011:209, Rn. 44; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 30. September 2003, Deutschland/Kommission, C‑301/96, EU:C:2003:509, Rn. 89 und 92).

40      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass im besonderen Kontext der Ausarbeitung der Entscheidungen über den Rechnungsabschluss die Begründung einer Entscheidung dann als ausreichend anzusehen ist, wenn der Mitgliedstaat, der Adressat der Entscheidung ist, eng am Verfahren ihrer Ausarbeitung beteiligt war und die Gründe kannte, aus denen die Kommission der Ansicht war, den streitigen Betrag nicht zulasten der Agrarfonds übernehmen zu müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2004, Griechenland/Kommission, C‑332/01, EU:C:2004:496, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      In Anbetracht der oben in den Rn. 36 bis 40 angeführten Rechtsprechung ist zu prüfen, ob die Kommission hinreichend erläutert hat, aus welchen Gründen sie davon ausgegangen ist, dass die in Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 und in Ziff. 3.2.5 der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen genannten Umstände vorliegen, bei denen die festgestellten Mängel gravierender sind und somit ein größeres Verlustrisiko für den Unionshaushalt besteht, so dass nach diesen Bestimmungen ein pauschaler Korrektursatz in Höhe von 25 % angewandt wird.

42      Hierzu ist erstens festzustellen, dass der Durchführungsbeschluss 2018/873 und der vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses geführte Austausch mit der Verwaltung zu dem Kontext, in den sich dieser Beschluss einfügt, gehören und daher gemäß der oben in Rn. 40 angeführten Rechtsprechung bei der Beurteilung der Frage, ob dieser Beschluss hinreichend begründet ist, berücksichtigt werden können. Im Übrigen hat die Kommission selbst im Zusammenhang mit der zweiten Prüfung mehrfach auf die erste Prüfung Bezug genommen und darauf hingewiesen, dass die wesentlichen Fragen bereits erörtert und entschieden worden seien und dass sie sich auf die erste Prüfung stütze, um ihre Antworten auf die Fragen der rumänischen Behörden zu ergänzen.

43      Zweitens ist gemäß der oben in Rn. 40 angeführten Rechtsprechung der offizielle Schriftwechsel, der zwischen der Kommission und den rumänischen Behörden im Hinblick auf den Erlass des angefochtenen Beschlusses geführt wurde, zu berücksichtigen, da er eine Zusammenfassung der wichtigsten im Lauf des Verfahrens erörterten Punkte enthält und ebenfalls zum Kontext dieses Beschlusses gehört. Dieser Schriftwechsel umfasst das Schreiben zu den Feststellungen vom 8. Mai 2018, das Rumänien mit Schreiben vom 9. Juli 2018 beantwortet hat, die bilaterale Besprechung vom 20. November 2018, deren Protokoll Rumänien mit Schreiben vom 12. Dezember 2018 übermittelt wurde, das Rumänien am 8. Januar 2019 ebenfalls beantwortet hat, das Schlichtungsschreiben vom 5. August 2019, den im Schreiben vom 14. April 2020 enthaltenen endgültigen Standpunkt und den Zusammenfassenden Bericht über den angefochtenen Beschluss.

44      Aus den oben in den Rn. 42 und 43 genannten Dokumenten geht hervor, dass die Kommission den rumänischen Behörden mitgeteilt hat, dass die für die streitige Teilmaßnahme angewandten Zahlungsraten zu hoch seien. Im Einzelnen hat die Kommission in diesen Dokumenten dargelegt, dass die von Rumänien zur Festsetzung der Zahlungsraten verwendete Berechnungsmethode bei der Berechnung der Einsparungen bei den Futtermitteln nicht die tatsächliche Gewichtszunahme der Tiere berücksichtige, d. h. die Tatsache, dass sich das Gewicht der Tiere vor ihrer Lieferung von 30 auf 103 Kilogramm (kg) erhöht habe. Sie hat die rumänischen Behörden auch darauf hingewiesen, dass bei Anwendung dieser Methode zur Berechnung des Ausgleichfördersatzes der ursprüngliche Einfuhrpreis für die nicht angekauften Tiere nicht in Abzug gebracht werde. Nach Ansicht der Kommission war bei der Berechnung des Ausgleichssatzes, der die zusätzlichen Kosten und Einkommensverluste im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme abdecken soll, der Preis für die Tiere abzuziehen, die aufgrund der freiwilligen Verpflichtungen der Schweinezüchter, die jedem Tier zugestandene Bewegungsfreiheit um mindestens 10 % zu vergrößern, nicht mehr angekauft worden waren.

45      Die fehlende Berücksichtigung der tatsächlichen Gewichtszunahme der Tiere bei der Berechnung der Einsparungen bei den Futtermitteln und der fehlende Abzug des ursprünglichen Einfuhrpreises der Tiere bei der Festsetzung der Fördersätze wurden von der Kommission als Verstoß gegen die Bestimmungen von Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 angesehen, wonach die Zahlungen für Tierschutzmaßnahmen zur Deckung der zusätzlichen Kosten und der Einkommensverluste infolge der eingegangenen Verpflichtungen dienen. Die Kommission hat argumentiert, dass ein bestimmter Teil aller Ausgleichszahlungen, die im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme vorgenommen worden seien, nicht aus dem Unionshaushalt finanziert werden könne, weil bei der Berechnung dieser Zahlungen systematisch zu hoch angesetzte Zahlungsraten verwendet worden seien. Um die Agrarfonds zu schützen, hat die Kommission daher systematisch 25 % aller von den rumänischen Behörden für die streitige Teilmaßnahme beantragten Beträge ausgesetzt und anschließend eine pauschale Korrektur in Höhe von 25 % der Ausgaben für diese Teilmaßnahme vorgenommen.

46      Rumänien bestreitet, dass die Erläuterungen der Kommission zur Rechtfertigung der Anwendung einer pauschalen Korrektur in Höhe von 25 % ausreichten, und führt aus, dass die Änderung der Terminologie, die zur Qualifizierung des angeblichen Fehlers bei der Methode zur Berechnung der Fördersätze für die streitige Teilmaßnahme verwendet worden sei, dem Verständnis dieser Korrektur entgegenstehe.

47      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kriterien und die Methode für die Anwendung von Korrekturen im Rahmen von Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 in Art. 12 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 geregelt sind. Nach Art. 12 Abs. 6 dieser Delegierten Verordnung wendet die Kommission, wenn die von der Unionsfinanzierung auszuschließenden Beträge nicht durch Berechnung oder Extrapolation gemäß Art. 12 Abs. 2 und 3 der Delegierten Verordnung bestimmt werden können, pauschale Korrekturen an, wobei sie der Art und der Schwere des Verstoßes und dem von ihr eingeschätzten Risiko eines der Union entstandenen finanziellen Schadens Rechnung trägt. Nach Art. 12 Abs. 7 der Delegierten Verordnung berücksichtigt die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der pauschalen Finanzkorrekturen insbesondere Umstände, bei denen die Mängel gravierender sind und somit ein größeres Verlustrisiko für den Unionshaushalt besteht. Zu diesen Umständen gehört nach Art. 12 Abs. 7 Buchst. c der Delegierten Verordnung, dass festgestellt wird, dass ein Mitgliedstaat ein Kontrollsystem überhaupt nicht oder nur in äußerst mangelhafter Weise anwendet, und es Beweise gibt, die auf „weit verbreitete Unregelmäßigkeiten sowie auf Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken“ schließen lassen.

48      In den Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen hat die Kommission die allgemeinen Grundsätze und die Höhe der pauschalen Korrektur dargelegt, die sie gemäß Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 und Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 vorschlagen konnte. In Ziff. 3.2.5 dieser Leitlinien heißt es, dass, „[wenn] festgestellt [wird], dass ein Mitgliedstaat ein Kontrollsystem überhaupt nicht oder nur in äußerst mangelhafter Weise anwendet, und es … Beweise [gibt], die auf weit verbreitete Unregelmäßigkeiten sowie auf Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken schließen lassen[,] eine Korrektur in Höhe von 25 % gerechtfertigt [ist], da in solchen Fällen berechtigterweise angenommen werden kann, dass dem Unionshaushalt ein außergewöhnlich hoher Schaden entstehen wird, wenn regelwidrige Anträge ungestraft eingereicht werden können“.

49      In ihrem endgültigen Standpunkt und in ihrem Zusammenfassenden Bericht, die im Rahmen der zweiten Prüfung erstellt wurden und von denen Rumänien Kenntnis erlangt hatte, hat die Kommission klargestellt, dass sich die Unregelmäßigkeiten im vorliegenden Fall daraus ergäben, dass die rumänischen Behörden bei der Festsetzung der Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme systematisch eine fehlerhafte Berechnungsmethode angewandt hätten, und nicht aus der Umsetzung dieser Maßnahme gegenüber dem einzelnen Begünstigten als Gegenleistung für die von ihm eingegangenen Verpflichtungen. Aus den verfügbaren Informationen ergebe sich, dass das Verwaltungs- und Kontrollsystem für die streitige Teilmaßnahme in Rumänien offenbar äußerst mangelhaft sei und dass es Hinweise auf weit verbreitete Unregelmäßigkeiten gebe, die zu einer systematischen Überkompensation der Landwirte führten. Da die rumänischen Behörden keine Berechnung des Risikos für die Agrarfonds vorgelegt, jedoch die risikobehaftete Grundgesamtheit angegeben hätten, sei die Anwendung einer Korrektur von mindestens 25 % mit Art. 12 Abs. 7 Buchst. c der Delegierten Verordnung Nr. 907/2004 sowie mit den Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen vereinbar und decke die Ausgaben für die Haushaltsjahre 2017 bis 2019 (vom 16. Oktober 2016 bis zum 31. Dezember 2018).

50      In den oben in Rn. 49 angeführten Dokumenten hat die Kommission darauf hingewiesen, dass der Rechnungshof eine Überkompensation von 38,41 % berechnet habe, sie hingegen einen niedrigeren Korrektursatz vorgeschlagen habe, um bestimmten von den rumänischen Behörden vorgebrachten Argumenten Rechnung zu tragen, die tatsächlich zu einer geringeren Gefahr einer Überkompensation hätten führen können, aber nicht durch rein mathematische Mittel hätten quantifiziert werden können. Die rumänischen Behörden hatten nämlich gefordert, die Technik der Ad-libitum-Fütterung (Fütterung nach Belieben), den Anstieg des durchschnittlichen Schlachtgewichts in den letzten Jahren und die gestiegenen Fixkosten für die verbleibenden Tiere zu berücksichtigen. Da die rumänischen Behörden keine neue Berechnung der Zahlungsraten vorgelegt hatten, war die Kommission der Ansicht, dass die pauschale Rate von 25 % die beste Schätzung des Risikos für die Agrarfonds gewesen sei, die ohne einen unverhältnismäßig hohen Aufwand habe vorgenommen werden können.

51      Der Verweis in den oben in Rn. 49 genannten, den angefochtenen Beschluss vorbereitenden Handlungen auf das Vorliegen von „weit verbreiteten Unregelmäßigkeiten“ und „Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken“, um die Anwendung einer pauschalen Korrektur in Höhe von 25 % zu rechtfertigen, stellt eine hinreichende Begründung dar, anhand deren die rumänischen Behörden die Anwendung dieser Finanzkorrektur nachvollziehen können. Die Schlussfolgerung, dass es sich um eine systematische Überkompensation handele, die alle Ausgleichszahlungen im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme betreffe, ließen die Kommission zu der Ansicht gelangen, dass es sich um weit verbreitete Unregelmäßigkeiten handele und dass in Ermangelung einer von den rumänischen Behörden vorgelegten punktuellen Berechnung dieser Überkompensation gemäß Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013, Art. 12 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 und den Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen 25 % der im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme gezahlten Beträge von der Finanzierung durch die Union ausgeschlossen werden müssten.

52      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die rumänischen Behörden von ihrer Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, zu den festgestellten Mängeln Stellung zu nehmen. Ein Teil ihres Vorbringens hat die Kommission im Übrigen zu der Annahme veranlasst, dass es sich nicht um das Fehlen einer Schlüsselkontrolle, sondern vielmehr um weit verbreitete Unregelmäßigkeiten handele (siehe oben, Rn. 12, 15, 23 und 25). Aus diesem oben in Rn. 43 erwähnten Schriftwechsel geht auch hervor, dass die in der vorliegenden Rechtssache streitigen Fragen vor der Schlichtungsstelle, die im Übrigen den Standpunkt Rumäniens unterstützt hat, dargelegt und erörtert wurden. Daher ist das Vorbringen, die Kommission habe nicht erläutert, aus welchen Gründen sie den Betrag von insgesamt 18 717 475,08 Euro von der Finanzierung bestimmter im Rahmen des ELER getätigter Ausgaben für die Haushaltsjahre 2017 bis 2019 ausgeschlossen habe, zurückzuweisen. Die Kommission hat nämlich für jedes der Dokumente, die Gegenstand dieses Briefwechsels sind, detailliert dargelegt, dass sie integrierender Bestandteil des Zusammenfassenden Berichts sind, und hinreichend erläutert, aus welchen Gründen dieser Betrag von der Finanzierung durch die Union auszuschließen ist.

53      Darüber hinaus stellt Rumänien im Rahmen der dritten Rüge des ersten Klagegrundes die Stichhaltigkeit der Gründe, mit denen die Anwendung einer pauschalen Korrektur gerechtfertigt wurde, in Frage. Insoweit trägt sie vor, dass die rechtliche Qualifizierung der Methode zur Berechnung der Ausgleichszahlungen für die streitige Teilmaßnahme als „weit verbreitete Unregelmäßigkeiten“, mit der die Kommission die Anwendung einer pauschalen Korrektur gerechtfertigt habe, fehlerhaft sei. Dies zeigt, dass Rumänien in der Lage war, die Begründung für den Beschluss der Kommission, eine pauschale Korrektur von 25 % anzuwenden, nachzuvollziehen.

54      Somit ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission eine hinreichende Begründung geliefert hat, anhand deren Rumänien die Gründe für die Anwendung einer pauschalen Finanzkorrektur nachvollziehen und deren Berechtigung in Frage stellen und das Gericht seine Rechtmäßigkeitsprüfung durchführen kann.

55      Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen in Frage gestellt, dass die Kommission die Bemühungen der rumänischen Behörden, die Gründe, auf denen der angefochtene Beschluss beruhe, nachzuvollziehen, dadurch behindere, dass sie den im Rahmen des Verwaltungsdialogs im Zusammenhang mit dem Erlass des Durchführungsbeschlusses 2018/873 verfolgten falschen Ansatz, wonach die angeblich fehlerhafte Berechnungsmethode als „Fehlen einer Schlüsselkontrolle“ einzustufen sei, fortführe.

56      Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission zwar im Zusammenfassenden Bericht vom 22. Oktober 2020 ausführt, dass das Verwaltungs- und Kontrollsystem für die Tierschutzmaßnahme äußerst mangelhaft sei, aber nicht mehr, wie im Zusammenfassenden Bericht vom 16. Mai 2018, auf das Fehlen einer „Schlüsselkontrolle“ oder auf einen Mangel bei einer „Schlüsselkontrolle“, sondern nur auf „weit verbreitete Unregelmäßigkeiten“, die zu einer systematischen Überkompensation der Landwirte führten, Bezug nimmt. Im Zusammenfassenden Bericht vom 22. Oktober 2020 hat die Kommission klargestellt, dass sich die Unregelmäßigkeit im vorliegenden Fall aus der systematischen Anwendung zu hoher Zahlungsraten und daraus ergebe, dass ungestraft regelwidrige Anträge eingereicht werden könnten, was einen außergewöhnlich hohen Schaden für den Unionshaushalt zur Folge habe. Zudem hat die Kommission auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Fahrlässigkeit der rumänischen Behörden bei der Bekämpfung unregelmäßiger Praktiken ihres Erachtens „grob“ sei, da diese Behörden die Methode zur Berechnung der Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme auch dann noch angewandt hätten, als der Rechnungshof bereits festgestellt hatte, dass diese Methode zu einer Überkompensation der Beihilfeempfänger führe.

57      Somit trifft es zu, dass die Kommission im Vergleich zum Durchführungsbeschluss 2018/873 die Terminologie, die zur Qualifizierung der Anwendung einer ihres Erachtens fehlerhaften Methode zur Berechnung der Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme verwendet wurde, geändert hat und dass sie, statt auf das „Fehlen einer Schlüsselkontrolle“ Bezug zu nehmen, auf das Vorliegen von „weit verbreiteten Unregelmäßigkeiten und Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger Praktiken“ abgestellt hat, um die Anwendung einer pauschalen Finanzkorrektur in Höhe von 25 % zu rechtfertigen. Rumänien kann jedoch nicht geltend machen, dass die Änderung der von der Kommission verwendeten Terminologie die Bemühungen der rumänischen Behörden behindert habe, die Gründe, auf denen der angefochtene Beschluss beruht, nachzuvollziehen.

58      Wie oben in Rn. 53 ausgeführt, konnte Rumänien nämlich im Rahmen der dritten Rüge des ersten Klagegrundes die Stichhaltigkeit des Ansatzes der Kommission in Frage stellen, aufgrund dessen diese zu der Auffassung gelangt war, dass die Anwendung einer angeblich fehlerhaften Methode zur Berechnung der Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme als „weit verbreitete Unregelmäßigkeiten und Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken“ zu qualifizieren sei und die Anwendung einer pauschalen Korrektur gemäß Art. 12 Abs. 7 Buchst. c der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 in Verbindung mit den Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen rechtfertige.

59      Bei der Frage, ob die rechtliche Qualifizierung als „weit verbreitete Unregelmäßigkeiten“ zutreffend ist und nach den Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen die Anwendung einer pauschalen Korrektur in Höhe von 25 % rechtfertigt, geht es jedoch nicht darum, ob die Begründung hinreichend ist, sondern darum, ob die Begründung stichhaltig ist, so dass diese Frage im Rahmen der Prüfung der dritten Rüge des ersten Klagegrundes zu behandeln ist, mit der gerade geltend gemacht wird, dass diese Qualifizierung rechtsfehlerhaft ist.

60      Die oben in Rn. 54 dargelegte Schlussfolgerung kann auch nicht durch das Vorbringen Rumäniens in Frage gestellt werden, wonach das Vorbringen der Kommission inkohärent sei, da sie in der Klagebeantwortung einerseits ausführe, dass im angefochtenen Beschluss und in den vorbereitenden Handlungen für die zweite Prüfung von „weit verbreiteten Unregelmäßigkeiten“ und von „Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken“ die Rede sei, und andererseits, dass sie im Rahmen der zweiten Prüfung und in ihrem endgültigen Standpunkt keine Unregelmäßigkeiten im Sinne der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen mehr erwähnt habe.

61      Diese angebliche Inkohärenz in der Klagebeantwortung steht nämlich nicht der Möglichkeit entgegen, die Begründung der pauschalen Korrektur auf der Grundlage der oben in Rn. 49 angeführten Dokumente nachzuvollziehen. Diese Korrektur wurde angewandt, da nach Auffassung der Kommission das Verwaltungs- und Kontrollsystem für die streitige Teilmaßnahme in Rumänien offenbar insoweit äußerst mangelhaft war, als es Hinweise auf weit verbreitete Unregelmäßigkeiten gebe, die zu einer systematischen Überkompensation der Landwirte führten. Wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde, war nach Ansicht der Kommission zum einen das Risiko für die Agrarfonds hoch, und zum anderen ließen die von den rumänischen Behörden vorgelegten Informationen keine punktuelle Berechnung dieses Risikos zu. Demzufolge wandte die Kommission gemäß Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 in Verbindung mit den Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen, die alle auf den Begriff „Unregelmäßigkeit“ Bezug nehmen, eine pauschale Korrektur in Höhe von 25 % an.

62      Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen, soweit mit ihm gerügt wird, dass die im angefochtenen Beschluss vorgenommene pauschale Korrektur in Höhe von 25 % der von Rumänien im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme getätigten Ausgaben unzureichend begründet sei.

 Zum ersten Klagegrund: Die Kommission habe ihre sich aus Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 ergebende Befugnis zum Ausschluss bestimmter Beträge von der Finanzierung durch die Union rechtswidrig ausgeübt

63      Der erste Klagegrund, mit dem eine rechtswidrige Ausübung der Befugnisse der Kommission unter Verstoß gegen Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 geltend gemacht wird, umfasst sechs Rügen.

64      Erstens macht Rumänien geltend, dass die Kommission die Verantwortung übernehmen müsse, wenn sich die in dem von ihr genehmigten Entwicklungsprogramm 2007–2013 enthaltene streitige Teilmaßnahme als mit Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 unvereinbar erweise. Alles andere verstieße gegen die Art. 76 bis 78 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2002, L 248, S. 1). Zweitens habe die Kommission zu Unrecht angenommen, dass Rumänien unter Verstoß gegen Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 eine Überkompensation der Beihilfeempfänger vorgenommen habe. Drittens habe sie Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 sowie die Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen fehlerhaft angewandt. Viertens habe sie gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen. Fünftens habe sie den Grundsatz der Rechtssicherheit missachtet. Sechstens habe sie gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen.

65      Zunächst sind die vierte und die fünfte Rüge des ersten Klagegrundes, die eng miteinander zusammenhängen und auf denselben Sachverhalt gestützt sind, zusammen zu prüfen.

 Zur vierten und zur fünften Rüge des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und den Grundsatz der Rechtssicherheit

66      Rumänien macht geltend, die Kommission habe beim Erlass des angefochtenen Beschlusses gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit verstoßen. Zum einen hätten das Schreiben der Kommission vom 4. April 2012 (siehe oben, Rn. 6) und die Genehmigung der siebten Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 durch die Kommission mit Beschluss C(2012) 3529 final vom 25. Mai 2012 (siehe oben, Rn. 7) bei den rumänischen Behörden und den betroffenen Begünstigten berechtigte Erwartungen geweckt, dass die zur Finanzierung der streitigen Teilmaßnahme eingegangenen Verpflichtungen eingehalten würden. Diese Erwartungen seien beim Erlass des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Zum anderen hätten die unterschiedlichen Standpunkte und die verspätete Reaktion der Kommission im Rahmen einer Situation, die sie selbst geschaffen habe, gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen und es den rumänischen Behörden unmöglich gemacht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

67      Die Kommission tritt dem Vorbringen Rumäniens entgegen. Sie macht zunächst geltend, dass ihre Genehmigung der siebten Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 auf der Grundlage unzutreffender Informationen erfolgt sei. So enthalte ihr Schreiben vom 4. April 2012 (siehe oben, Rn. 6) keine klaren, nicht an Bedingungen geknüpften und übereinstimmenden Zusicherungen, die ein berechtigtes Vertrauen darauf hätten begründen können, dass die in der streitigen Teilmaßnahme vorgesehenen Zahlungsraten weiterhin angewandt würden. Rumänien habe sich dadurch, dass es keine Überprüfungsklausel in seine Verträge mit den betreffenden Begünstigten aufgenommen habe, für deren Erwartungen verantwortlich gemacht. Sodann habe sie nicht gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen; auch habe sie den rumänischen Behörden nicht zu spät eine mögliche Lösung zur Vermeidung einer Überkompensation der betreffenden Begünstigten mitgeteilt. Schließlich sei die Annahme Rumäniens, dass das Entwicklungsprogramm 2007–2013 und die auf der Grundlage der genehmigten Methode festgelegten Zahlungsraten bis zu einer Änderung strikt einzuhalten seien, unzutreffend. Art. 19 der Verordnung Nr. 1698/2005 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1974/2006 betreffe nur die Revision und die Änderung der nationalen Programme für die Entwicklung des ländlichen Raums und lasse die Vorschriften über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und die Verpflichtungen der Kommission hinsichtlich der unter Verstoß gegen diese Vorschriften getätigten Zahlungen unberührt.

68      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsvorschriften nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar sein müssen, damit sich die Betroffenen bei unter das Unionsrecht fallenden Tatbeständen und Rechtsbeziehungen orientieren können (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2011, France Télécom/Kommission, C‑81/10 P, EU:C:2011:811, Rn. 100 und die dort angeführte Rechtsprechung).

69      Aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit folgt der Grundsatz des Vertrauensschutzes, wonach sich jeder auf diesen Schutz berufen kann, bei dem ein Unionsorgan durch klare Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. Klare, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem keine solchen Zusicherungen gegeben wurden (vgl. Urteil vom 13. September 2017, Pappalardo u. a./Kommission, C‑350/16 P, EU:C:2017:672, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung). Auch ein Mitgliedstaat kann sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen (vgl. Urteil vom 5. Juli 2018, Spanien/Kommission, T‑88/17, EU:T:2018:406, Rn. 107 und die dort angeführte Rechtsprechung).

70      Zur Prüfung, ob der Grundsatz des Vertrauensschutzes beachtet wurde, muss zunächst festgestellt werden, ob die Handlungen der Verwaltungsbehörden in der Vorstellung eines umsichtigen und besonnenen Wirtschaftsteilnehmers vernünftige Erwartungen begründet haben. Fällt die Antwort auf diese Frage positiv aus, so muss anschließend festgestellt werden, ob diese Erwartungen berechtigt sind (vgl. Urteil vom 14. September 2006, Elmeka, C‑181/04 bis C‑183/04, EU:C:2006:563, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71      Ist ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer in der Lage, den Erlass einer Unionsmaßnahme, die seine Interessen berühren kann, vorherzusehen, kann er sich im Fall ihres Erlasses nicht auf den genannten Grundsatz berufen (vgl. Urteil vom 16. Oktober 1996, Efisol/Kommission, T‑336/94, EU:T:1996:148, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Es ist zu prüfen, ob die Kommission angesichts der Umstände des vorliegenden Falles den Grundsatz des Vertrauensschutzes und den Grundsatz der Rechtssicherheit beachtet hat.

73      Im vorliegenden Fall hat die Kommission mit ihrem Beschluss C(2008) 3831 vom 16. Juli 2008 das von den rumänischen Behörden vorgeschlagene Entwicklungsprogramm 2007–2013 genehmigt (siehe oben, Rn. 2). Am 14. September 2011 erhielt sie einen Antrag auf Revision dieses Programms, in das neue „Maßnahmen“ aufgenommen werden sollten (siehe oben, Rn. 3). Zu diesen Maßnahmen gehörte die Maßnahme 215, die mehrere Teilmaßnahmen umfasste (siehe oben, Rn. 7), mit denen Ausgleichszahlungen für Einkommensverluste und zusätzliche Kosten von Geflügel- und Schweinezüchtern festgelegt wurden, die sich freiwillig verpflichteten, bestimmte Tierschutzstandards umzusetzen. Es ist unstreitig, dass die Maßnahme 215, mithin auch die streitige Teilmaßnahme, mehrfach zwischen den rumänischen Behörden und der Kommission erörtert wurde, bevor diese mit dem Durchführungsbeschluss C(2012) 3529 final vom 25. Mai 2012 (siehe oben, Rn. 7) die vorgeschlagene Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 und die Aufnahme der Maßnahme 215 – neben anderen Maßnahmen – in dieses Programm als mit dem Unionsrecht und insbesondere mit der Verordnung Nr. 1698/2005 vereinbar genehmigte.

74      Nach Prüfungen im Anschluss an ihren Durchführungsbeschluss C(2012) 3529 final vom 25. Mai 2012 (siehe oben, Rn. 7) vertrat die Kommission in ihrem Schlichtungsschreiben vom 14. März 2017 (siehe oben, Rn. 13) jedoch die Auffassung, dass die Maßnahme 215 nicht mit Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 vereinbar sei, wonach, wie oben in Rn. 45 ausgeführt, „[d]ie Zahlungen … jährlich gewährt [werden] und … zur Deckung der zusätzlichen Kosten und der Einkommensverluste infolge der eingegangenen Verpflichtungen [dienen]“ und „[g]egebenenfalls … auch Transaktionskosten decken [können]“.

75      Dies vorausgeschickt, ist als Erstes das Vorbringen der Kommission zu prüfen, die Genehmigung der Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 zur Aufnahme der Maßnahme 215 habe kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen können, dass die Ausgleichszahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme eingehalten würden, da sie nicht über alle relevanten Informationen verfügt habe, um die Vereinbarkeit dieser Teilmaßnahme mit dem Unionsrecht und insbesondere mit der Verordnung Nr. 1698/2005 festzustellen (siehe oben, Rn. 67).

76      Insoweit ergibt sich erstens aus dem Schreiben ARES(2011) 1344895 vom 13. Dezember 2011 (siehe oben, Rn. 4), dass die Kommission den rumänischen Behörden mitgeteilt hat, dass der Vorschlag zur Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 in seiner damaligen Formulierung nicht akzeptabel sei, und daher um Klarstellungen ersucht hat. Konkret hat sie darauf hingewiesen, dass die Finanzierung der Züchter offenbar auf der Annahme beruhe, dass die Zahl der Tiere abnehme, gleichzeitig aber die Ausgaben für die Abschreibung von Ställen, für manuelle Arbeit und Stromverbrauch gleich blieben, was eine doppelte Leistung der Beihilfe bedeute. Sie hat daher um Klarstellungen ersucht.

77      Zweitens ergibt sich aus dem Schreiben vom 4. April 2012 (siehe oben, Rn. 6), dass der Kommission Klarstellungen übermittelt wurden. In diesem Schreiben hat die Kommission nämlich u. a. ausgeführt, dass die vorgeschlagenen Änderungen des Entwicklungsprogramms 2007–2013 die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1698/2005 und der Verordnung Nr. 1974/2006 beachteten und daher genehmigt würden. Infolgedessen hat sie den Durchführungsbeschluss C(2012) 3529 final vom 25. Mai 2012 zur Genehmigung der siebten Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 erlassen, die u. a. die Maßnahme 215 und ihre Teilmaßnahmen umfasste (siehe oben, Rn. 7).

78      Drittens ergibt sich aus dem Bericht der Schlichtungsstelle im Verfahren 17/RO/796 (siehe oben, Rn. 15), dass die rumänischen Behörden ihr eine E‑Mail vom 17. Februar 2012 vorgelegt haben, in der bestätigt wurde, dass zwischen ihnen und der Kommission Gespräche über Anträge auf Änderung der Methode zur Berechnung der Ausgleichszahlungen für die streitige Teilmaßnahme stattgefunden hatten. Die Schlichtungsstelle war daher der Ansicht, dass der Kommission alle Berechnungsfaktoren zur Verfügung gestellt worden seien, d. h. nicht nur das Endergebnis, sondern auch die Art und Weise, wie dieses Ergebnis zustande gekommen war.

79      Viertens ergibt sich aus dem Schreiben vom 11. September 2019 (siehe oben, Rn. 24), mit dem die rumänischen Behörden die Einleitung des Verfahrens 19/RO/856 beantragten, dass während der Verhandlungen mit der Kommission über die Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013, um u. a. die Maßnahme 215 einzuführen, die Berechnungsmethode für diese Maßnahme Gegenstand einer E‑Mail-Korrespondenz vom 17. Februar und 14. März 2012 sowie bilateraler Treffen am 27. Juli 2011 und am 13. und 14. Februar 2012 war. Im Schreiben vom 11. September 2019 heißt es, dass der Informationsaustausch und die Verhandlungstabellen zu den technischen Aspekten der Maßnahme 215 zu Änderungen und Anpassungen der Fassungen des Datenblatts für diese Maßnahme und der damit verbundenen Berechnungsmethoden geführt hätten, um die Übereinstimmung mit dem Unionsrecht zu gewährleisten. Die rumänischen Behörden haben in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Einsparungen bei den Futtermitteln im Einzelnen analysiert worden seien und es nicht für erforderlich gehalten worden sei, die Einsparungen infolge des Erwerbs einer geringeren Zahl von Tieren einzubeziehen. Außerdem seien die Berechnungsmethoden für alle Teilmaßnahmen der Maßnahme 215 der Kommission über das System für die Fondsverwaltung in der Europäischen Union SFC2007 zur Verfügung gestellt worden, und zwar erstmals am 14. September 2011 in ihrer ursprünglichen Fassung und ein zweites Mal am 22. März 2012 in ihrer von der Kommission genehmigten endgültigen Fassung.

80      In Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme des Gerichts hat Rumänien zwei Screenshots des Systems für die Fondsverwaltung in der Europäischen Union SFC2007 vorgelegt, die zeigen, dass die Berechnungsmethoden für die streitige Teilmaßnahme der Kommission tatsächlich zur Verfügung gestellt worden waren, und zwar zunächst am 14. September 2011 in ihrer ursprünglichen Fassung und dann am 22. März 2012 in ihrer von der Kommission genehmigten endgültigen Fassung. Darüber hinaus hat Rumänien in Beantwortung einer Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Fixkosten der Kommission in den Gesprächen im Rahmen der ersten Prüfung mitgeteilt worden seien und dass die Kommission sie berücksichtigt und als Bestandteil der von den rumänischen Behörden vorgeschlagenen Berechnungsmethode betrachtet habe. Deshalb seien diese Kosten in der von der Kommission genehmigten endgültigen Fassung der Maßnahme 215 nicht mehr erwähnt worden.

81      Nach alledem ist festzustellen, dass die Diskussionen zwischen den rumänischen Behörden und der Kommission vor der Genehmigung der Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 durch die Kommission im Mai 2012 u. a. die Methoden zur Berechnung der Ausgleichszahlungen für die streitige Teilmaßnahme betrafen und dass sowohl das Endergebnis als auch die Art und Weise, wie dieses Ergebnis berechnet worden war, der Kommission zur Verfügung gestellt wurden. Im Übrigen hat die Kommission zum einen in ihren Schriftsätzen nicht bestritten, dass ihr die Berechnungsmethoden mit Hilfe des in Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1974/2006 vorgesehenen Systems für die Fondsverwaltung in der Europäischen Union SFC2007 zur Verfügung gestellt worden waren. Zum anderen hat die Kommission in Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme des Gerichts eingeräumt, dass das Schreiben ARES(2011) 1344895 vom 13. Dezember 2011 (siehe oben, Rn. 4) zeige, dass sie die Bestandteile der für die streitige Teilmaßnahme verwendeten Berechnungsmethode mit Rumänien erörtert habe.

82      Auf der Grundlage des dem Gericht vorgetragenen Sachverhalts ist davon auszugehen, dass die Kommission bei der Genehmigung der Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 über Informationen verfügte, die es ihr ermöglichten, die Vereinbarkeit der streitigen Teilmaßnahme und die Methoden zur Berechnung der Fördersätze für diese Maßnahme mit Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 zu beurteilen. Demzufolge ist das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, wonach sie erst nach der Prüfung des Rechnungshofs davon Kenntnis erlangt habe, dass die mit den nicht gekauften Tieren verbundenen Einsparungen und die Einsparungen bei den Futtermitteln aufgrund der tatsächlichen Gewichtszunahme der Tiere bei der Berechnung der Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme nicht berücksichtigt worden seien.

83      Rumänien macht daher zu Recht geltend, dass die Genehmigung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 die „in Kenntnis der Sachlage“ erteilte Zustimmung der Kommission zur Durchführung der streitigen Teilmaßnahme im Einklang mit den Haushaltserfordernissen und dem Grundsatz der engen Abstimmung zwischen diesem Unionsorgan in seiner Eigenschaft als Anweisungsbefugter und den Mitgliedstaaten der Union darstellt.

84      Als Zweites wurde, wie aus den Rn. 76 bis 79 oben hervorgeht, vor der Genehmigung der Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 zur Aufnahme dieser Teilmaßnahme zwischen den rumänischen Behörden und der Kommission die Methode zur Berechnung der Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme erörtert, und die Kommission verfügte über die erforderlichen Informationen, um die Vereinbarkeit dieser Teilmaßnahme mit Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 zu beurteilen. Diese Erörterung und die oben in den Rn. 78 und 79 erwähnten Dokumente lassen den Schluss zu, dass die Kommission „klare Auskünfte“ im Sinne der oben in Rn. 69 angeführten Rechtsprechung erteilt hat, als sie das Schreiben vom 4. April 2012 übersandte und die Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 genehmigte. Darüber hinaus kann in Anbetracht des Wortlauts des Schreibens der Kommission vom 4. April 2012 und des Beschlusses über die Genehmigung der Änderung des nationalen Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums davon ausgegangen werden, dass diese Auskünfte „nicht an Bedingungen geknüpft“ im Sinne der oben in Rn. 69 angeführten Rechtsprechung waren. Schließlich ist festzustellen, dass die fraglichen Auskünfte auch „übereinstimmend“ im Sinne dieser Rechtsprechung waren. Nach Art. 9 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1974/2006 bewertet die Kommission nämlich die von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Änderungen der Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum unter Prüfung der Einhaltung der Verordnung Nr. 1698/2005, der Kohärenz mit dem einschlägigen nationalen Strategieplan und der Einhaltung der Verordnung Nr. 1974/2006.

85      Da die Kommission bei der Genehmigung der Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 zur Aufnahme der Maßnahme 215 die Vereinbarkeit der streitigen Teilmaßnahme mit der Verordnung Nr. 1698/2005, also auch mit deren Art. 40 Abs. 3, geprüft hat, ist außerdem anzuerkennen, dass die rumänischen Behörden davon ausgehen durften, dass im vorliegenden Fall der Beschluss der Kommission, mit dem die Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 genehmigt wurde, eine rechtliche Verpflichtung im Sinne von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. 2005, L 209, S. 1) darstellte. Nach dieser Bestimmung gilt „[d]ie Entscheidung der Kommission zur Annahme eines Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum nach förmlicher Vorlage durch den Mitgliedstaat … als Finanzierungsbeschluss im Sinne von Artikel 75 Absatz 2 der Verordnung … Nr. 1605/2002 und stellt nach ihrer Notifizierung an den betreffenden Mitgliedstaat eine rechtliche Verpflichtung im Sinne der letztgenannten Verordnung dar“. Eine solche rechtliche Verpflichtung kann unter besonderen Umständen wie denen des vorliegenden Rechtsstreits ein berechtigtes Vertrauen darauf begründen, dass die Kommission ihre Beurteilung, dass eine Maßnahme mit den geltenden Vorschriften vereinbar ist, beibehält.

86      Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission bei den rumänischen Behörden ein berechtigtes Vertrauen im Sinne der oben in Rn. 70 angeführten Rechtsprechung darauf geweckt hat, dass die Ausgleichszahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme mit dem Unionsrecht vereinbar und damit von der Finanzierung durch die Union gedeckt sind.

87      Was als Drittes das Vorbringen der Kommission betrifft, dass nach der Übermittlung der Feststellungen des Rechnungshofs an die rumänischen Behörden deren Erwartungen nicht mehr „berechtigt“ im Sinne der oben in den Rn. 70 und 71 angeführten Rechtsprechung gewesen seien, ist Folgendes festzustellen.

88      Erstens stellt das Prüfungsverfahren vor dem Rechnungshof, wie Rumänien zutreffend vorträgt, eine Zwischenstufe im Verfahren zum Erlass des angefochtenen Beschlusses und der Bewertung der Übereinstimmung der gemäß dem Entwicklungsprogramm 2007–2013 getätigten Ausgaben dar. Auf diesen Schritt folgen von der Kommission eingeleitete Maßnahmen, wie eine Prüfung, bilaterale Treffen, etwaige Schlichtungsverfahren, der endgültige Standpunkt der Kommission im Anschluss an diese Verfahren, ein Zusammenfassender Bericht und ein Beschluss über den Ausschluss von der Finanzierung. Da die Kommission Auskünfte erteilt hat, die geeignet waren, bei Rumänien ein berechtigtes Vertrauen darauf zu wecken, dass die durch das Entwicklungsprogramm 2007–2013 festgelegten und in die nationalen Rechtsvorschriften aufgenommenen Ausgleichszahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme eingehalten werden, war der bloße Umstand, dass die Kommission ihren Standpunkt im Anschluss an die Feststellungen des Rechnungshofs revidieren kann, nicht geeignet, dieses Vertrauen zu erschüttern.

89      Im Übrigen ergibt sich aus den Feststellungen des Rechnungshofs und dem Schlichtungsschreiben der Kommission vom 14. März 2017 (siehe oben, Rn. 13), dass die Prüfer des Rechnungshofs für bestimmte Teilmaßnahmen und Tierkategorien eine Fehlerquote von bis zu 78,87 % und einen Gesamtbetrag von 160 056 272,18 Euro an zu Unrecht gezahlten Beträgen mitgeteilt haben, während die Kommission vorgeschlagen hat, einen Gesamtbetrag von 73 619 746,33 Euro für die streitige Teilmaßnahme und die anderen Teilmaßnahmen der Maßnahme 215 des Entwicklungsprogramms 2007–2013 von der Finanzierung durch die Union auszuschließen. Außerdem hat die Kommission bei ihrer ersten Prüfung nicht die Auswirkungen des Fehlers auf die streitige Teilmaßnahme bewertet, obwohl diese Auswirkungen von den Prüfern des Rechnungshofs auf 38,41 % geschätzt wurden. Wie aus dem Bericht der Schlichtungsstelle im Verfahren 19/RO/796 hervorgeht, hat die Kommission bei der Anhörung vor der Schlichtungsstelle erklärt, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, die vom Rechnungshof vorgenommene Berechnung einer Fehlerquote von über 38 % zu überprüfen oder nachzuvollziehen.

90      Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Feststellungen des Rechnungshofs den rumänischen Behörden vor dem geänderten Standpunkt der Kommission, wonach die im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme getätigten Zahlungen gegen Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 verstießen, mitgeteilt wurden. Somit kann nicht geltend gemacht werden, dass die rumänischen Behörden ab dem Erhalt der Feststellungen des Rechnungshofs vernünftigerweise hätten vorhersehen müssen, dass die Kommission, von der die klaren, nicht an Bedingungen geknüpften und übereinstimmenden Auskünfte stammten, nach denen die Methode zur Berechnung der Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme den Anforderungen der Verordnung Nr. 1698/2005 entsprächen, „eine andere Berechnungsmethode“ wählt als die von ihnen verwendete, die sich im Übrigen von der vom Rechnungshof vorgeschlagenen Methode unterschied.

91      Zweitens sieht Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1974/2006 vor, dass Änderungen des Entwicklungsprogramms 2007–2013 bis zum 31. Dezember 2015 vorgenommen werden können, sofern die Mitgliedstaaten diese Änderungen bis spätestens 31. August 2015 melden. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Bestimmungen des Entwicklungsprogramms 2007–2013 und damit die Maßnahme 215, die in diesem Zeitraum im Rechtsrahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik umgesetzt wurde, gemäß diesem Artikel zum Zeitpunkt der Mitteilung der Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofs nicht mehr geändert werden konnten. Im Übrigen räumt die Kommission in ihrem Schreiben vom 28. Februar 2019 ein, dass eine Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Somit kann weder geltend gemacht werden, dass die rumänischen Behörden andere als die mit dem Beschluss C(2012) 3529 final der Kommission vom 25. Mai 2012 genehmigten Zahlungen anwenden konnten, obwohl dieser Beschluss noch in Kraft war, noch, dass sie zum Zeitpunkt der Feststellungen des Rechnungshofs das nationale Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums nach dem 31. Dezember 2015 einseitig ändern konnten. Ferner ist festzustellen, dass die rumänischen Behörden seit 2016 zahlreiche Ersuchen an die Dienststellen der Kommission gerichtet haben, um ein Verfahren zur Änderung der Bestimmungen des Datenblatts für die Maßnahme 215 des Entwicklungsprogramms 2007–2013 einzurichten, und dass sie entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht bereits am 3. März 2016 eine sachdienliche Antwort auf diese Anfragen erhalten haben.

92      Aus dem Schreiben der Kommission vom 3. März 2016, das sie dem Gericht in Beantwortung einer prozessleitenden Maßnahme vorgelegt hat, geht nämlich nicht hervor, dass den rumänischen Behörden zu diesem Zeitpunkt eine Antwort in Bezug auf die Art und Weise, wie die Ausgleichszahlungen für die streitige Teilmaßnahme vorzunehmen sind, erteilt worden wäre. In dem Schreiben vom 3. März 2016 bezieht sich die Kommission auf Zahlungen für andere Teilmaßnahmen der Maßnahme 215 des Entwicklungsprogramms 2007–2013. Selbst unter der Annahme, dass die Kommission in ihrem Schreiben vom 3. März 2016 implizit den Vorschlag formuliert hat, Überprüfungsklauseln in die Verpflichtungen der betroffenen Begünstigten aufzunehmen, ist jedenfalls festzustellen, dass eine solche Aufnahme nicht ausreichen kann, um die rumänischen Behörden dazu zu veranlassen, die Anwendung von Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme, die durch ein nicht geändertes nationales Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums festgelegt wurden, einzustellen. Eine Kürzung der Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme ist den rumänischen Behörden gegenüber infolge einer gemäß der Art. 18 und 19 der Verordnung Nr. 1698/2005 vorgenommenen Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 anwendbar geworden.

93      In Art. 18 („Ausarbeitung und Genehmigung“) der Verordnung Nr. 1698/2005 heißt es:

„(1)      Alle Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum werden vom Mitgliedstaat in enger Abstimmung mit den in Artikel 6 genannten Partnern festgelegt.

(2)      Der Mitgliedstaat unterbreitet der Kommission einen Vorschlag für jedes Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum mit allen in Artikel 16 genannten Informationen.

(3)      Die Kommission prüft die vorgeschlagenen Programme auf Übereinstimmung mit den strategischen Leitlinien der [Union], dem nationalen Strategieplan sowie mit der vorliegenden Verordnung.

Gelangt sie zu der Auffassung, dass ein Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum nicht mit den strategischen Leitlinien der [Union], mit dem nationalen Strategieplan oder mit der vorliegenden Verordnung in Einklang steht, so fordert sie den Mitgliedstaat auf, das vorgeschlagene Programm entsprechend zu überarbeiten.

(4)      Die Kommission nimmt jedes Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum nach dem in Artikel 90 Absatz 2 genannten Verfahren an.“

94      Art. 19 („Revision“) der Verordnung Nr. 1698/2005 lautet:

„(1)      Die Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum werden überprüft und gegebenenfalls nach Annahme durch den Begleitausschuss von dem Mitgliedstaat für die verbleibende Laufzeit überarbeitet. Bei dieser Revision ist den Ergebnissen der Bewertung und den Berichten der Kommission insbesondere mit dem Ziel Rechnung zu tragen, die Prioritäten der [Union] stärker oder anders zu berücksichtigen.

(2)      Die Kommission erlässt Entscheidungen über Anträge auf Überarbeitung der Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum nach der förmlichen Vorlage eines solchen Antrags durch den Mitgliedstaat nach dem in Artikel 90 Absatz 2 genannten Verfahren. Nach dem in Artikel 90 Absatz 2 genannten Verfahren wird ferner festgelegt, welche Änderungen eine Genehmigungsentscheidung der Kommission erfordern.“

95      Im Rahmen des Austauschs mit der Kommission haben die rumänischen Behörden mehrfach darauf hingewiesen, dass es objektiv unmöglich sei, das Entwicklungsprogramm 2007–2013 zu ändern, und die Kommission bereits am 7. Januar 2016 um Unterstützung bei der Suche nach einer Lösung gebeten. Die Kommission kann daher nicht geltend machen, die rumänischen Behörden hätten nicht mit der gebotenen Sorgfalt gehandelt, um die Situation so schnell wie möglich zu klären und eine rechtlich tragfähige Option zu finden.

96      Drittens kann sich die Kommission nicht mit Erfolg auf ihren Vorschlag in ihrem Schreiben vom 28. Februar 2019 berufen, wonach nach dem 31. Dezember 2015 alle Zahlungen für die Maßnahme 215 nach Maßgabe der Übergangsbestimmungen für die Ausgaben des nationalen Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2014–2020 getätigt worden seien und sie grundsätzlich einräumen könne, dass die Änderung der Zahlungsraten für die Teilmaßnahme im Text des nationalen Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums im Wege einer Änderung dieses Programms zum Ausdruck komme.

97      Die Unionsregelung sieht nämlich Fristen für die Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 und für die Einreichung von Zahlungsanträgen im Rahmen einer Maßnahme dieses Programms vor. Zum Zeitpunkt des Schreibens der Kommission, am 28. Februar 2019, war es nicht mehr möglich, die Ausgleichszahlungen durch eine Änderung des nationalen Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2014–2020, die rückwirkend auf die im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme bereits eingereichten Zahlungsanträge anwendbar gewesen wäre, zu ändern. Die Verpflichtungen mit den Begünstigten waren auf der Grundlage des Entwicklungsprogramms 2007–2013 vereinbart worden, und der Termin für die Einreichung der Zahlungsanträge für das letzte Jahr der Verpflichtung der Begünstigten der Maßnahme 215 war der 15. Februar 2019.

98      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie aus den Akten hervorgeht und in der mündlichen Verhandlung klargestellt wurde, die Maßnahme 215 des Entwicklungsprogramms 2007–2013 Gegenstand einer Übergangsregelung im Rahmen des nationalen Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2014–2020 war, das mit dem Durchführungsbeschluss C(2015) 3508 der Kommission vom 26. Mai 2015 genehmigt wurde. Diese Maßnahme wurde gemäß den Übergangsbestimmungen umgesetzt, ohne dass die spezifischen Bedingungen für die in ihrem Rahmen eingegangenen Verpflichtungen durch eine Änderung des nationalen Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2014–2020 angepasst worden wären. Für die rumänischen Behörden entsprach somit der Betrag der Ausgleichszahlungen für die streitige Teilmaßnahme weiterhin dem Betrag des Entwicklungsprogramms 2007–2013, und zwar bis 2019, dem letzten Jahr der Übergangsverpflichtungen im Rahmen der Maßnahme 215, für die Ausgleichszahlungen für die streitige Teilmaßnahme gemäß Art. 75 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013 bis zum Stichtag, dem 30. Juni 2020, getätigt worden waren.

99      Im Übrigen wurden, wie im Schreiben der rumänischen Behörden vom 11. September 2019 ausgeführt, die Strategiepapiere zur Umsetzung der Maßnahmen des Entwicklungsprogramms 2007–2013 (Leitfaden für Antragsteller, Handbücher und Verfahren für die Verwaltung der Zahlungsanträge, Handbücher und Verfahren für die Zahlungsbewilligung) durch Ministerialerlass genehmigt und stellen nationale Rechtsvorschriften dar. Diese enthalten wiederum die Beträge, die in der Beschreibung der Maßnahme 215 aufgeführt sind.

100    Viertens ist mit der Schlichtungsstelle in ihrem im Verfahren 19/RO/796 erstellten Bericht anzuerkennen, dass eine Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 und ein Beschluss zur Genehmigung dieser Änderung erforderlich waren, um den rumänischen Behörden eine Kürzung der geleisteten Ausgleichszahlungen zu ermöglichen. Die rumänischen Behörden haben nämlich zu Recht geltend gemacht, dass es in Anbetracht der einschlägigen Unionsvorschriften und insbesondere von Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1974/2006 (siehe oben, Rn. 91) sowie der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften, die zur Durchführung dieses Programms erlassen worden waren, unmöglich war, die Zahlungsraten und die Berechnungsmethode für die von der Kommission mit dem Beschluss C(2012) 3529 final vom 25. Mai 2012 genehmigte streitige Teilmaßnahme zu ändern.

101    Somit ist davon auszugehen, dass die Feststellungen des Rechnungshofs unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles, nämlich dass die Methoden zur Berechnung der Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme und die entsprechenden finanziellen Ergebnisse Gegenstand spezifischer Verhandlungen mit der Kommission waren, die sie mit Schreiben vom 4. April 2012 und dem Beschluss C(2012) 3529 final vom 25. Mai 2012 ausdrücklich als mit der Verordnung Nr. 1698/2005 vereinbar anerkannt hatte, nicht geeignet sind, diese Methoden und Ergebnisse mit sofortiger Wirkung ungültig werden zu lassen und damit den berechtigten Erwartungen Rumäniens ein Ende zu setzen.

102    Da die berechtigten Erwartungen Rumäniens darauf, dass die Ausgleichszahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme, die durch das Entwicklungsprogramm 2007–2013 festgesetzt, in das nationale Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2014–2020 umgesetzt (siehe oben, Rn. 98) und in die nationalen Rechtsvorschriften übernommen worden waren (siehe oben, Rn. 99), während der gesamten Dauer der von den Begünstigten eingegangenen Verpflichtungen eingehalten werden, auch im Anschluss an die Feststellungen des Rechnungshofs weiterhin bestanden, hat die Kommission mithin diese berechtigten Erwartungen verletzt, als sie beschloss, eine pauschale Korrektur in Höhe von 25 % anzuwenden und die entsprechenden Ausgaben für diese Teilmaßnahme von der Finanzierung durch die Union auszuschließen.

103    Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen der Kommission in Frage gestellt, wonach das Urteil vom 14. März 2013, Agrargenossenschaft Neuzelle (C‑545/11, EU:C:2013:169), auf den vorliegenden Fall anwendbar sei. In Rn. 31 dieses Urteils heißt es, dass nach Art. 30 der Verordnung Nr. 1782/2003 die in ihrem Anhang I aufgeführten Stützungsregelungen unbeschadet einer jederzeit möglichen Überprüfung aufgrund der Marktentwicklungen und der Haushaltslage anzuwenden sind. In Rn. 32 des Urteils wird klargestellt, dass nach dem 22. Erwägungsgrund dieser Verordnung die Stützungsregelungen der Gemeinschaft – erforderlichenfalls auch kurzfristig – an die Entwicklung angepasst werden müssen und die Empfänger daher nicht davon ausgehen können, dass die Förderbedingungen unverändert bleiben, und auf mögliche Änderungen aufgrund von Marktentwicklungen vorbereitet sein sollten. In Rn. 33 dieses Urteils gelangt der Gerichtshof zu dem Schluss, dass für einen umsichtigen und besonnenen Wirtschaftsteilnehmer vorherzusehen war, dass die Direktzahlungen im Rahmen der Einkommensstützungsregelungen im Anschluss an eine Überprüfung aufgrund der Marktentwicklungen und der Haushaltslage gekürzt werden konnten. Anders als in dem vom Gerichtshof im Urteil vom 14. März 2013, Agrargenossenschaft Neuzelle (C‑545/11, EU:C:2013:169), geprüften Fall erlaubt das Unionsrecht im vorliegenden Fall jedoch keine jederzeitige Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 und der mit den Begünstigten eingegangenen Verpflichtungen, wie aus dem oben in Rn. 91 angeführten Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1974/2006 hervorgeht.

104    Die Kommission kann sich auch nicht auf das Urteil vom 3. April 2017, Deutschland/Kommission (T‑28/16, EU:T:2017:242, Rn. 93 bis 97), berufen, um das Fortbestehen der berechtigten Erwartungen Rumäniens in Abrede zu stellen. In diesem Urteil hat das Gericht entschieden, dass die Billigung des Entwicklungsprogramms für die Agrarwirtschaft und den ländlichen Raum in Bayern (Deutschland) für den Zeitraum 2007–2013 durch die Kommission nicht deren Verzicht auf das Erfordernis vergleichender Auswahlkriterien zur Folge haben konnte, was in jedem Fall dazu geführt hätte, dass die Kommission ihre Befugnisse überschritten hätte. Der Sachverhalt in der vorliegenden Rechtssache ist jedoch nicht mit dem im Rahmen dieses Urteils geprüften Sachverhalt vergleichbar. In der vorliegenden Rechtssache hat die Kommission, die über alle erforderlichen Informationen verfügte, nämlich im Rahmen ihres weiten Ermessens beschlossen, die Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 zur Aufnahme der Maßnahme 215 (und damit der streitigen Teilmaßnahme) als mit der Verordnung Nr. 1698/2005 und somit auch mit deren Art. 40 Abs. 3 vereinbar zu genehmigen. Sie hat damit eine Methode zur Berechnung der Ausgleichszahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme genehmigt, bei der die Einsparungen infolge der nicht mehr angekauften Tiere und das tatsächliche Gewicht der Tiere bei der Berechnung der Einsparungen bei den Futtermitteln nicht berücksichtigt wurden. Darüber hinaus geht aus dem Urteil vom 3. April 2017, Deutschland/Kommission (T‑28/16, EU:T:2017:242), nicht hervor, dass die Maßnahmen des betreffenden Entwicklungsprogramms, wie im vorliegenden Fall, Gegenstand spezifischer Verhandlungen gewesen wären.

105    Die von der Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Möglichkeit, im vorliegenden Fall das Urteil vom 22. November 2018, Portugal/Kommission (T‑31/17, EU:T:2018:830, Rn. 93), heranzuziehen, ist ebenfalls zurückzuweisen.

106    Zwar wurde in Rn. 93 des Urteils vom 22. November 2018, Portugal/Kommission (T‑31/17, EU:T:2018:830), entschieden, dass die Gesamtprogramme einen vorläufigen Charakter haben, so dass die Kommission mit ihrer Genehmigung grundsätzlich nicht abschließend zur Übereinstimmung der darin enthaltenen Maßnahmen mit allen einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts und damit zur Frage Stellung nimmt, ob diese Maßnahmen für eine Finanzierung durch die Union in Betracht kommen. Das Gericht hat weiter ausgeführt, dass aus der bloßen Genehmigung eines Gesamtprogramms durch die Kommission weder gefolgert werden kann, dass die in diesem Programm enthaltenen Maßnahmen zwangsläufig allen einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts entsprechen, noch, dass das Inbetrachtziehen dieser Maßnahmen für eine Finanzierung durch die Union nicht mehr von der Kommission in Frage gestellt werden kann, insbesondere im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 1290/2005, und hat auf die Nrn. 48, 49, 52 und 59 der Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Tschechische Republik/Kommission (C‑4/17 P, EU:C:2018:237) Bezug genommen.

107    Es ist jedoch festzustellen, dass in Rn. 96 des Urteils vom 22. November 2018, Portugal/Kommission (T‑31/17, EU:T:2018:830), ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich der Beschluss der Kommission über die Genehmigung des in Rede stehenden nationalen Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums nicht ausdrücklich zur Vereinbarkeit der Teilmaßnahme dieses Programms mit allen im Bereich des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) anwendbaren Vorschriften geäußert hatte. Darüber hinaus bestimmte der verfügende Teil des Beschlusses der Kommission über die Genehmigung der Änderung dieses Programms, dass sich die Genehmigung, zu der dieser Beschluss führte, „nicht auf die Kontroll- und Sanktionsbedingungen erstreckt, die bei der Rechnungsprüfung des EGFL untersucht werden“. Das Gericht hat daher im Hinblick auf den Wortlaut des Genehmigungsbeschlusses und den rechtlichen Kontext, in dem er ergangen war, festgestellt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Kommission „den portugiesischen Behörden bei Erlass dieser Entscheidung klare, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte in Bezug auf die Förderfähigkeit der Ausgaben für Kontrollmaßnahmen gemäß Nr. 4.6 des Anhangs I des Unterprogramms für die Autonome Region Azoren [(Portugal)] durch die Union erteilt hat“. Die Feststellungen in diesem Urteil lassen sich daher nicht auf die vorliegende Rechtssache übertragen. Wie oben in den Rn. 84, 101 und 102 ausgeführt, hat die Kommission im vorliegenden Fall den Inhalt der streitigen Teilmaßnahme nämlich spezifisch ausgehandelt. Dem Beschluss über die Genehmigung der Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 kann daher kein lediglich „vorläufiger“ Charakter zukommen.

108    Zum Vorbringen der Kommission, dass Rumänien, obwohl in den Verträgen mit den Begünstigten keine Überprüfungsklauseln vorgesehen gewesen seien, nach dem nationalen Recht eine Möglichkeit gefunden habe, die Zahlungen für die anderen Teilmaßnahmen der Maßnahme 215 des Entwicklungsprogramms 2007–2013 auch nach 2015 zu kürzen, ist im Licht der oben in den Rn. 91 bis 100 enthaltenen Feststellungen darauf hinzuweisen, dass mit diesem Vorbringen nicht dargetan wird, dass Rumänien auch im Hinblick auf die streitige Teilmaßnahme eine Möglichkeit zur Kürzung der Ausgleichszahlungsraten hätte finden können. Darüber hinaus hat Rumänien der Kommission in seinen Schreiben vom 9. Juli 2018 sowie vom 8. Januar und 12. Februar 2019 mitgeteilt, dass aufgrund der Kürzung der Ausgleichszahlungen für die anderen Teilmaßnahmen von den Begünstigten Gerichtsverfahren eingeleitet worden seien, um die vollständige Zahlung der Beihilfe gemäß dem Entwicklungsprogramm 2007–2013 und den nationalen Rechtsvorschriften einzufordern.

109    In diesem Zusammenhang hat Rumänien in seinem Schreiben vom 11. September 2019 zutreffend geltend gemacht, dass der Vorschlag der Kommission, nach Einreichung der Zahlungsanträge für das fünfte und letzte Verpflichtungsjahr im Rahmen der Maßnahme 215 neue Elemente in die Methode zur Berechnung der Ausgleichszahlungen aufzunehmen, die zu den zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Verpflichtungen bekannten Elementen hinzukämen, ein Risiko für die Begünstigten darstellte, da die Faktoren, die die wirtschaftlichen und finanziellen Indikatoren beeinflussen könnten, von denen die Lebensfähigkeit der Betriebe und in Extremfällen sogar die Fortsetzung der wirtschaftlichen Tätigkeit von Betrieben in Schwierigkeiten abhingen, nicht vorhersehbar waren.

110    Die von den Begünstigten im Rahmen der Maßnahme 215 unterzeichneten Verpflichtungen haben Vertragscharakter, werden für einen Mindestzeitraum von fünf Jahren geschlossen und sehen von den Begünstigten freiwillig übernommene Pflichten vor, die grundlegenden Anforderungen, die spezifischen Anforderungen und Maßnahmen für die einzelnen Teilmaßnahmen, an denen sich die Begünstigten beteiligen, sowie die für die landwirtschaftlichen Flächen des betreffenden Betriebs und die in diesem Betrieb durchgeführten landwirtschaftlichen Tätigkeiten geltenden Umweltschutzauflagen einzuhalten. Aufgrund dieser Verpflichtungen und des Ablaufs der Frist für den Vorschlag einer Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 war es den rumänischen Behörden nicht möglich, Ausgleichszahlungen vorzunehmen, die nicht der im Datenblatt für die Maßnahme 215 des Entwicklungsprogramms 2007–2013 aufgeführten Höhe entsprachen.

111    Jedenfalls ist der Umstand, dass Rumänien in der Lage sein könnte, die Zahlungen zu kürzen und somit seine Verluste zu verringern, die sich daraus ergeben, dass die Agrarfonds – anders als es aus dem genehmigten nationalen Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums folgt – die Übernahme dieser Ausgaben für die streitige Teilmaßnahme ablehnen, nicht geeignet, Rumänien daran zu hindern, sich in zweckdienlicher Weise auf sein berechtigtes Vertrauen darin zu stützen, dass die im Entwicklungsprogramm 2007–2013 festgelegten und in die nationalen Rechtsvorschriften übernommenen Ausgleichszahlungsraten (siehe oben, Rn. 99) eingehalten werden. Im Übrigen wären die Notwendigkeit, im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme Verfahren zur Änderung von Verträgen einzuleiten, und die Notwendigkeit, sich mit etwaigen daraus resultierenden Gerichtsverfahren auseinanderzusetzen, wie dies im Rahmen der anderen Teilmaßnahmen der Maßnahme 215 des Entwicklungsprogramms 2007–2013 der Fall war, gerade die negativen Folgen eines Verstoßes gegen den Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens Rumäniens und gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.

112    Zwar ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass die Genehmigung eines Programms zur Entwicklung des ländlichen Raums durch die Kommission diesem Programmplanungsdokument keinen höheren rechtlichen Rang als dem Unionsrecht einräumt und dass daher sowohl die Kommission als auch Rumänien weiterhin die Vorschriften des Unionsrechts zu beachten haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Februar 2015, Polen/Kommission, T‑257/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:111, Rn. 53). Rumänien stützt sein Vorbringen, die Kommission habe gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen, jedoch nicht nur auf die Genehmigung des Entwicklungsprogramms 2007–2013, sondern auch darauf, dass die Maßnahme 215 und die Methode zur Berechnung der Ausgleichszahlungen spezifisch ausgehandelt worden seien, und darauf, dass das Unionsrecht, nämlich Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1974/2006, zu dem Zeitpunkt, zu dem ihm die Feststellungen des Rechnungshofs mitgeteilt worden seien, keine Änderung dieses Programms mehr zugelassen habe. Der Normzweck dieser Bestimmung besteht jedoch darin, die Stabilität der im Rahmen des Entwicklungsprogramms 2007–2013 eingegangenen Verpflichtungen zu gewährleisten.

113    Da Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005, wonach die Zahlungen für Tierschutzmaßnahmen zur Deckung der zusätzlichen Kosten und der Einkommensverluste infolge der eingegangenen Verpflichtungen dienen (siehe oben, Rn. 45), nicht regelt, wie die den Züchtern entstandenen Mehrkosten zu berechnen sind, und da die Kommission bei der Entscheidung, ob eine Methode zur Berechnung der Ausgleichszahlungen zu einer Überkompensation der Begünstigten der Beihilfe führt, über ein weites Ermessen verfügt, ist es von besonderer Bedeutung, dass die Kommission die von den rumänischen Behörden festgelegte Methode nach spezifischen Verhandlungen mit diesen Behörden gebilligt hat. Mit anderen Worten lassen die Genehmigung der Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 durch die Kommission mit dem Beschluss C(2012) 3529 final vom 25. Mai 2012 und der Ablauf der Frist für die Änderung dieses Programms den Schluss zu, dass die Kommission begründete Erwartungen nicht nur darauf geweckt hat, dass die streitige Teilmaßnahme nicht mehr geändert wird, sondern auch darauf, dass die Erwartungen der rumänischen Behörden nach der Zustellung der Feststellungen des Rechnungshofs an diese Behörden weiterhin berechtigt im Sinne der oben in den Rn. 70 und 71 angeführten Rechtsprechung sind.

114    Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles ist anzuerkennen, dass der Anspruch auf Unionsfinanzierung der Ausgleichszahlungen für die streitige Teilmaßnahme gemäß dem im Entwicklungsprogramm 2007–2013 festgelegten und in das mit dem Durchführungsbeschluss C(2015) 3508 der Kommission vom 26. Mai 2015 genehmigte nationale Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums für den Zeitraum 2014–2020 übernommenen Betrag als Gegenleistung für die von den Landwirten für einen Zeitraum von fünf Jahren eingegangenen und erfüllten Verpflichtungen (nämlich die jedem Tier zugestandene Bewegungsfreiheit um mindestens 10 % zu vergrößern und die Zahl der Tiere entsprechend zu verringern) nicht durch spätere Tatsachen wie Feststellungen des Rechnungshofs berührt und abgeändert werden kann, da dies das berechtigte Vertrauen der rumänischen Behörden verletzen würde.

115    Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und damit den Grundsatz der Rechtssicherheit, aus dem der Grundsatz des Vertrauensschutzes folgt (siehe oben, Rn. 69), verstoßen hat.

116    Der vierten und der fünften Rüge des ersten Klagegrundes ist daher stattzugeben.

 Zur dritten Rüge des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 und gegen die Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen

117    Rumänien macht geltend, die Kommission habe Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 und die Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen fehlerhaft angewandt. Wie die Schlichtungsstelle in ihrem im Verfahren 17/RO/796 vorgelegten Bericht (siehe oben, Rn. 15) aufgezeigt habe, sei auf dieses Problem bereits im Hinblick auf den Durchführungsbeschluss 2018/873 eingegangen worden. Genauer gesagt sei die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Vorliegen einer angeblich fehlerhaften Berechnungsmethode mit den in Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 geregelten Unregelmäßigkeiten gleichzusetzen sei. Der von dieser Bestimmung erfasste Fall betreffe nämlich das Verhalten der Empfänger der Mittel. Im vorliegenden Fall gehe es aber nicht um Mängel bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Anträge, die zu einer Ausgleichszahlung im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme geführt hätten. Zudem sei es im Fall einer fehlerhaften Berechnungsmethode möglich, den genauen Betrag der Korrekturen ohne einen unverhältnismäßig hohen Aufwand zu bestimmen. Da die Feststellung, dass eine Berechnungsmethode fehlerhaft sei, nicht den Fällen von Unregelmäßigkeiten im Sinne der genannten Bestimmungen zugeordnet werden könne, könne sie nicht zur Anwendung einer pauschalen Korrektur führen.

118    Die Kommission hält dem entgegen, dass sie sich zu Recht auf Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 gestützt habe, da es ihr auf der Grundlage der Informationen aus der zweiten Prüfung nicht möglich gewesen sei, den Betrag der Überkompensation, wie in Art. 12 Abs. 2 und 3 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 verlangt, durch Berechnung oder Extrapolation genauer zu bestimmen. Sie räumt ein, dass die Unregelmäßigkeiten im Rahmen der ersten Prüfung sowohl als „nicht förderfähige Ausgaben“ als auch als „Fehlen einer Schlüsselkontrolle“ in Bezug auf die entsprechenden Überprüfungen zur Kontrolle der Übereinstimmung des Antrags mit allen im Unionsrecht vorgesehenen und im Entwicklungsprogramm 2007–2013 festgelegten Förderkriterien qualifiziert worden seien. Der im Anschluss an die erste Prüfung erlassene Beschluss sei jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Rechtssache, und die zweite Prüfung habe zur Feststellung „weit verbreiteter Unregelmäßigkeiten“ und von „Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken“ geführt, ohne dass das Fehlen einer Schlüsselkontrolle im Sinne der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen erwähnt worden sei. In beiden Prüfungen sei der Begriff „pauschale Korrektur“ verwendet worden. Was die zu Korrekturzwecken verwendete Terminologie anbelange, bezögen sich die Begriffe „falsche Zahlungsraten“ und „zu hoch angesetzte Zahlungsbeträge“ auf denselben Gesichtspunkt, nämlich darauf, dass die falschen Zahlungsraten zu hoch angesetzte Zahlungsbeträge zur Folge gehabt hätten. Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 betreffe die Anwendung von Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013, der jede nicht mit dem Unionsrecht und dem ELER vereinbare Ausgabe sowie die im vorliegenden Fall in Rede stehende, auf die Anwendung einer fehlerhaften Berechnungsmethode zurückzuführende Überkompensation umfasse.

119    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 52 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1306/2013, wenn sie feststellt, dass Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht getätigt worden sind, einen Beschluss zur Festlegung der Beträge, die von der Finanzierung durch die Union auszuschließen sind, erlässt. Nach Art. 52 Abs. 2 dieser Verordnung bemisst sie die auszuschließenden Beträge insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs der festgestellten Nichtübereinstimmung. Dabei trägt sie der Art des Verstoßes sowie dem der Union entstandenen finanziellen Schaden Rechnung. Bei dem Ausschluss stützt sie sich zudem auf die Ermittlung der zu Unrecht gezahlten Beträge oder, wenn die Beträge nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand ermittelt werden können, u. a. auf pauschale Korrekturen. Pauschale Korrekturen werden nur vorgenommen, wenn sich der finanzielle Schaden, der der Union entstanden ist, aufgrund der Natur des Falles oder weil der Mitgliedstaat der Kommission nicht die erforderlichen Informationen übermittelt hat, nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand genauer ermitteln lässt.

120    In Art. 12 Abs. 2 und 3 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 wird auf Fälle eingegangen, in denen die zu Unrecht gezahlten Beträge ohne einen unverhältnismäßig hohen Aufwand und mit Unterstützung der Mitgliedstaaten ermittelt werden können, und auf solche, in denen dies nicht möglich ist.

121    Gemäß Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 „[stützt sich die Kommission f]ür die Festsetzung der Beträge, die von der Unionsfinanzierung auszuschließen sind, wenn festgestellt wird, dass bestimmte Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der Union und im Falle des ELER nicht in Übereinstimmung mit den geltenden Unions- und nationalen Rechtsvorschriften getätigt worden sind, … auf ihre eigenen Feststellungen und berücksichtigt die von den Mitgliedstaaten im Rahmen des Konformitätsabschlussverfahrens gemäß Artikel 52 der Verordnung … Nr. 1306/2013 übermittelten Informationen“.

122    Art. 12 Abs. 3 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 bestimmt:

„Ist es nicht möglich, die zu Unrecht gezahlten Beträge gemäß Absatz 2 zu ermitteln, so kann die Kommission die auszuschließenden Beträge durch Anwendung von extrapolierten Korrekturen bestimmen. Um es der Kommission zu ermöglichen, die einschlägigen Beträge zu bestimmen, können die Mitgliedstaaten innerhalb der von der Kommission für das Konformitätsabschlussverfahren vorgegebenen Fristen eine Berechnung des von der Unionsfinanzierung auszuschließenden Betrags vorlegen, bei der die Ergebnisse der Überprüfung einer repräsentativen Stichprobe von Fällen auf statistischem Wege extrapoliert wurden. Die Stichprobe ist aus der Grundgesamtheit zu ziehen, bei der nach vernünftigem Ermessen damit zu rechnen ist, dass der betreffende Verstoß auftritt.“

123    Art. 12 Abs. 6 und 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 betrifft die Fälle, in denen die Bedingungen für die Festsetzung der von der Unionsfinanzierung auszuschließenden Beträge gemäß Art. 12 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung nicht erfüllt sind. Die Kommission wendet daher angemessene pauschale Korrekturen an, deren Höhe unter Berücksichtigung der Art und der Schwere des Verstoßes sowie des von ihr eingeschätzten Risikos eines der Union entstandenen finanziellen Schadens festgesetzt wird.

124    Art. 12 Abs. 6 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 sieht Folgendes vor:

„Sind die Bedingungen für die Festsetzung der von der Unionsfinanzierung auszuschließenden Beträge gemäß den Absätzen 2 und 3 nicht erfüllt oder lassen sich die auszuschließenden Beträge aufgrund der Natur des Falls nicht auf der Grundlage der genannten Absätze bestimmen, so wendet die Kommission angemessene pauschale Korrekturen an, wobei sie der Art und der Schwere des Verstoßes und dem von ihr eingeschätzten Risiko eines der Union entstandenen finanziellen Schadens Rechnung trägt.

Die Höhe der pauschalen Korrekturen wird insbesondere unter Berücksichtigung der Art des Verstoßes festgesetzt. Zu diesem Zweck wird bei den Kontrollmängeln zwischen Schlüsselkontrollen und Zusatzkontrollen wie folgt unterschieden:

a)      Schlüsselkontrollen sind die Verwaltungs- und Vor‑Ort-Kontrollen, die erforderlich sind, um die Zulässigkeit der Beihilfen und die entsprechende Anwendung von Kürzungen und Sanktionen zu überprüfen.

b)      Zusatzkontrollen sind alle anderen Verwaltungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die Anträge korrekt zu bearbeiten.

Werden im Rahmen desselben Konformitätsabschlussverfahrens verschiedene Verstöße festgestellt, die einzeln genommen unterschiedliche pauschale Korrekturen zur Folge hätten, so findet nur die höchste pauschale Korrektur Anwendung.“

125    Nach Art. 12 Abs. 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 „[berücksichtigt die Kommission b]ei der Festsetzung der Höhe der pauschalen Finanzkorrekturen … insbesondere die folgenden Umstände, bei denen die Mängel gravierender sind und somit ein größeres Verlustrisiko für den Unionshaushalt besteht“.

126    Was den Schweregrad der Mängel anbelangt, sieht Art. 12 Abs. 7 Buchst. c der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 u. a. vor, dass diese Mängel gravierender sind und somit ein größeres Verlustrisiko für den Unionshaushalt besteht, wenn „festgestellt [wird], dass ein Mitgliedstaat ein Kontrollsystem überhaupt nicht oder nur in äußerst mangelhafter Weise anwendet, und es … Beweise [gibt], die auf weit verbreitete Unregelmäßigkeiten sowie auf Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken schließen lassen“.

127    Es ist entschieden worden, dass eine von der Kommission gemäß den Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen festgesetzte Korrektur verhindern soll, dass Beträge zulasten der Fonds gehen, die nicht zur Finanzierung eines mit der betreffenden Unionsregelung verfolgten Ziels gedient haben, und keine Sanktion darstellt. Die Rechtsprechung hat somit anerkannt, dass die in diesen Leitlinien vorgesehenen Pauschalsätze es ermöglichen, sowohl zu gewährleisten, dass das Unionsrecht eingehalten und die Ressourcen der Union ordnungsgemäß bewirtschaftet werden, als auch zu vermeiden, dass die Kommission ihr Ermessen ausübt, indem sie gegenüber den Mitgliedstaaten über- und unverhältnismäßige Korrekturen festsetzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juli 2015, Italien/Kommission, T‑44/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:469, Rn. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung).

128    In der Rechtsprechung ist zudem klargestellt worden, dass die Kommission, wenn die der Union entstandenen Verluste nicht genau beziffert werden können, eine pauschale Korrektur auf der Grundlage der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen in Betracht ziehen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juli 2015, Italien/Kommission, T‑44/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:469, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung).

129    Wie oben in Rn. 48 ausgeführt, heißt es in Ziff. 3.2.5 der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen:

„‚Es wird festgestellt, dass ein Mitgliedstaat ein Kontrollsystem überhaupt nicht oder nur in äußerst mangelhafter Weise anwendet, und es gibt Beweise, die auf weit verbreitete Unregelmäßigkeiten sowie auf Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken schließen lassen‘; in diesem Fall ist eine Korrektur in Höhe von 25 % gerechtfertigt, da in solchen Fällen berechtigterweise angenommen werden kann, dass dem Unionshaushalt ein außergewöhnlich hoher Schaden entstehen wird, wenn regelwidrige Anträge ungestraft eingereicht werden können.

…“

130    Nach der Rechtsprechung wendet die Kommission gemäß Ziff. 3.2.5 der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen unter den in Art. 12 Abs. 7 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 genannten Umständen, bei denen die Mängel gravierender sind und somit ein größeres Verlustrisiko für den Unionshaushalt besteht, grundsätzlich eine pauschale Korrektur mit einem Satz von 25 % an. Die Kommission kann einen noch höheren Korrektursatz festlegen. So ist eine pauschale Korrektur mit einem Satz von 100 % gerechtfertigt, wenn die Mängel des Kontrollsystems so gravierend sind, dass sie zu einer vollständigen Nichteinhaltung der Unionsvorschriften führen und somit alle Zahlungen vorschriftswidrig geleistet wurden (Urteil vom 17. Dezember 2020, Frankreich/Kommission, C‑404/19 P, EU:C:2020:1041, Rn. 58).

131    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission, wie sich aus dem Zusammenfassenden Bericht und dem endgültigen Standpunkt im Schreiben vom 14. April 2020 ergibt, die Vornahme einer pauschalen Korrektur darauf gestützt hat, dass ein erhebliches Risiko für die Agrarfonds bestanden habe, weil das von den rumänischen Behörden verwendete Verwaltungs- und Kontrollsystem für die Maßnahme 215 für Tierschutz „in Bezug auf die Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme äußerst mangelhaft“ gewesen sei. Nach Ansicht der Kommission war dieser Mangel, der alle Zahlungen im Rahmen der streitigen Teilmaßnahme betroffen habe, systembedingter Art. Insbesondere war sie der Auffassung, dass es Hinweise auf weit verbreitete Unregelmäßigkeiten gebe, die zu einer systematischen Überkompensation der Landwirte geführt hätten. Da die rumänischen Behörden keine Berechnung des Risikos für die Agrarfonds vorgelegt, jedoch die risikobehaftete Grundgesamtheit ermittelt hätten, könne berechtigterweise angenommen werden, dass dem Unionshaushalt ein außergewöhnlich hoher Schaden entstehen werde, wenn regelwidrige Anträge ungestraft eingereicht werden könnten. Auf der Grundlage der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen hat die Kommission daher beschlossen, eine pauschale Korrektur in Höhe von 25 % vorzunehmen.

132    In Bezug auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der von der Kommission vorgenommenen pauschalen Korrektur ist darauf hinzuweisen, dass zu den Umständen, bei denen nach Art. 12 Abs. 7 Buchst. c der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 die Mängel gravierender sind und somit ein größeres Verlustrisiko für den Unionshaushalt besteht, auch der Fall gehört, dass es Beweise gibt, die auf weit verbreitete Unregelmäßigkeiten sowie auf Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken schließen lassen (siehe oben, Rn. 126).

133    Dieser Fall wird in Ziff. 3.2.5 der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen aufgegriffen, wonach, wenn „festgestellt [wird], dass ein Mitgliedstaat ein Kontrollsystem überhaupt nicht oder nur in äußerst mangelhafter Weise anwendet, und es … Beweise [gibt], die auf weit verbreitete Unregelmäßigkeiten sowie auf Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken schließen lassen[,] eine Korrektur in Höhe von 25 % gerechtfertigt [ist], da in solchen Fällen berechtigterweise angenommen werden kann, dass dem Unionshaushalt ein außergewöhnlich hoher Schaden entstehen wird, wenn regelwidrige Anträge ungestraft eingereicht werden können“ (siehe oben, Rn. 48 und 129).

134    Der Begriff „Unregelmäßigkeit“ ist in Ziff. 1.2 der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen definiert als „jede[r] Verstoß gegen [Unionsrecht oder nationale Vorschriften] als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers …, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der [Union] oder die Haushalte, die von [der Union] verwaltet werden, bewirkt hat bzw. haben würde, sei es durch die Verminderung oder den Ausfall von Eigenmitteleinnahmen, die direkt für Rechnung der [Union] erhoben werden, sei es durch eine ungerechtfertigte Ausgabe“.

135    Ziff. 1.2 der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen bezieht sich bei der Definition der „Unregelmäßigkeit“, die die Anwendung eines Korrektursatzes von 25 % der Ausgaben rechtfertigt, somit auf „Handlungen“ oder „Unterlassungen“ der Wirtschaftsteilnehmer.

136    Wie die Schlichtungsstelle in ihrem im Verfahren 19/RO/856 vorgelegten Bericht (siehe oben, Rn. 25) ausführt und Rumänien in seiner Klage erneut feststellt, sind im vorliegenden Fall die Wirtschaftsteilnehmer im Sinne von Ziff. 1.2 der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen die Begünstigten, die eine Beihilfe auf der Grundlage von Zahlungsraten, die im von der Kommission genehmigten Entwicklungsprogramm 2007–2013 vorgesehen sind, beantragt haben.

137    Der von der Kommission behauptete Verstoß gegen Art. 40 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1698/2005 ergibt sich jedoch jedenfalls nicht aus „Handlungen“ oder „Unterlassungen“ der Beihilfeempfänger, sondern aus einer von den rumänischen Behörden angewandten Methode zur Berechnung der Fördersätze.

138    Somit ist die rechtliche Qualifizierung der Berechnungsmethode für die streitige Teilmaßnahme und des finanziellen Ergebnisses dieser Methode als „weit verbreitete Unregelmäßigkeiten“ und „[weit verbreitete] Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken“ im Sinne der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen unzutreffend.

139    In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass, wenn die Kommission Leitlinien erlassen hat, diese für sie verbindlich sind und der Unionsrichter zu prüfen hat, ob sie die Regeln, die sie sich selbst gegeben hat, beachtet hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2009, Holland Malt/Kommission, T‑369/06, EU:T:2009:319, Rn. 167 und die dort angeführte Rechtsprechung).

140    Selbst wenn man davon ausginge, dass sich die von der Kommission in ihrem Zusammenfassenden Bericht und in ihrem endgültigen Standpunkt angeführten „Unregelmäßigkeiten“ und „[weit verbreitete] Fahrlässigkeiten“ auf die rumänischen Behörden und nicht auf die Begünstigten beziehen könnten, ist Folgendes zu bemerken.

141    Zwar war den rumänischen Behörden seit dem Datum der Mitteilung der Feststellungen des Rechnungshofs, d. h. dem 18. September 2015 (siehe oben, Rn. 7), und auch seit dem Schreiben der Kommission vom 21. März 2016 (siehe oben, Rn. 12) bekannt, dass die Zahlungsraten für die streitige Teilmaßnahme nach Auffassung der Kommission nicht ordnungsgemäß waren. Die Kommission ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die rumänischen Behörden weit verbreitete Unregelmäßigkeiten begangen oder bei der Bekämpfung unregelmäßiger Praktiken grob fahrlässig gehandelt hätten, indem sie weiterhin uneingeschränkt Beihilfeanträge auf der Grundlage einer Zahlungsrate eingereicht hätten, die zu einer Überkompensation geführt habe. Die Haltung der rumänischen Behörden war nämlich zum einen darauf zurückzuführen, dass sie Zusicherungen erhalten hatten, dass die der Kommission vorgelegte Berechnungsmethode den einschlägigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 1698/2005 und der Verordnung Nr. 1974/2006 entsprach, und zum anderen darauf, dass gemäß Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1974/2006 eine Änderung des Entwicklungsprogramms 2007–2013 bis spätestens 31. Dezember 2015 vorgenommen werden konnte, sofern die Mitgliedstaaten diese Änderung bis spätestens 31. August 2015 gemeldet hatten.

142    Dass nicht systematisch Maßnahmen ergriffen wurden, um die Ausgleichszahlungen für die streitige Teilmaßnahme zu kürzen oder gar auszusetzen, kann daher im vorliegenden Fall nicht mit einer „weit verbreiteten Unregelmäßigkeit“ im Sinne der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen gleichgesetzt werden, die die Anwendung eines pauschalen Korrektursatzes in Höhe von 25 % rechtfertigen würde.

143    Zu dem Vorbringen, dass die betroffenen Begünstigten „ungestraft“ regelwidrige Anträge einreichen könnten und dass zu hoch angesetzte Zahlungsraten angewandt worden seien, ist festzustellen, dass dies mit den mehrjährigen Verpflichtungen, die im Rahmen des Entwicklungsprogramms 2007–2013 eingegangen wurden, und mit den berechtigten Erwartungen zusammenhängt, dass die streitige Teilmaßnahme weiterhin anwendbar bleibt.

144    Schließlich kann das Verhalten sowohl der rumänischen Behörden als auch der betroffenen Begünstigten nicht mit einer „weit verbreiteten“ Fahrlässigkeit bei der Bekämpfung unregelmäßiger oder betrügerischer Praktiken gleichgesetzt werden. Im vorliegenden Fall lässt sich aufgrund des berechtigten Vertrauens der rumänischen Behörden darauf, dass die 2012 mit der Kommission erörterte Berechnungsmethode mit den geltenden Vorschriften in Einklang steht, keine unregelmäßige oder betrügerische Praxis feststellen. Die Zahlungsanträge wurden nämlich „regelgemäß“ nach dem geltenden nationalen Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums eingereicht und die Zahlungen wurden „regelgemäß“ unter Anwendung der Zahlungsraten getätigt, die in der streitigen Teilmaßnahme vorgesehen waren, die zuvor von der Kommission genehmigt worden war und sowohl zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Verpflichtungen durch die Begünstigten als auch zum Zeitpunkt der Einreichung ihrer Zahlungsanträge bei der Zahlstelle gegolten hat.

145    Da es das Vorliegen und die Schwere der von den rumänischen Behörden begangenen Unregelmäßigkeiten und Fahrlässigkeiten aufgrund der systematischen Anwendung überhöhter Zahlungsraten waren, die die Kommission zu der Annahme veranlasst haben, dass das Risiko eines finanziellen Schadens für den Unionshaushalt gemäß Art. 12 Abs. 7 Buchst. c der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 bestanden habe, und da im vorliegenden Fall sowohl das „Vorliegen“ der angeblichen Unregelmäßigkeiten oder Fahrlässigkeiten als auch „deren Schwere oder systematischer Charakter“ zu verneinen sind (siehe oben, Rn. 142 bis 144), ist die Anwendung einer Korrektur in Höhe von 25 % nach diesem Artikel in Verbindung mit den Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen ihrerseits nicht gerechtfertigt.

146    Die Kommission hat daher eine fehlerhafte rechtliche Qualifizierung vorgenommen, als sie sich auf Art. 12 Abs. 7 Buchst. c der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 in Verbindung mit den Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen stützte, um die Anwendung eines Satzes von 25 % als pauschale Korrektur zu rechtfertigen.

147    Im Übrigen hat die Kommission, wie Rumänien zu Recht geltend macht, die Unregelmäßigkeiten im Rahmen der ersten Prüfung sowohl als „nicht förderfähige Ausgaben“ als auch als „Fehlen einer Schlüsselkontrolle“ in Bezug auf die Überprüfungen der Übereinstimmung eines Antrags mit den im Unionsrecht vorgesehenen und im Entwicklungsprogramm 2007–2013 festgelegten Förderkriterien qualifiziert. Auch wenn, wie die Kommission zutreffend geltend macht, der im Anschluss an die erste Prüfung erlassene Beschluss nicht Gegenstand der vorliegenden Rechtssache ist, zeigt die rechtlich fehlerhafte Qualifizierung als „Fehlen einer Schlüsselkontrolle“, dass es der Kommission seit Beginn ihrer Untersuchung nicht gelungen ist, die Art des von den rumänischen Behörden begangenen Verstoßes und die im vorliegenden Fall anzuwendende Finanzkorrektur zu ermitteln.

148    Daher ist der dritten Rüge des ersten Klagegrundes stattzugeben und festzustellen, dass die Kommission zu Unrecht angenommen hat, dass die Finanzkorrektur in Höhe von 25 % gemäß Art. 52 der Verordnung Nr. 1306/2013 in Verbindung mit Art. 12 der Delegierten Verordnung Nr. 907/2014 und Ziff. 3.2.5 der Leitlinien für die Berechnung von Finanzkorrekturen gerechtfertigt sei.

149    Nach alledem ist dem ersten Klagegrund und damit der Klage insgesamt stattzugeben und der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, soweit damit bestimmte von Rumänien für die Haushaltsjahre 2017 bis 2019 zulasten des ELER getätigte Ausgaben in Höhe von 18 717 475,08 Euro ausgeschlossen wurden, ohne dass es erforderlich wäre, die erste Rüge des ersten Klagegrundes, mit der eine Haftung der Kommission gemäß der Art. 76 bis 78 der Verordnung Nr. 1605/2002 geltend gemacht wird, die zweite Rüge des ersten Klagegrundes, mit der ein Beurteilungsfehler in Bezug auf die Methode zur Berechnung der Ausgleichszahlungsraten gerügt wird, oder die sechste Rüge des ersten Klagegrundes, die auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gestützt wird, zu prüfen.

 Kosten

150    Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

151    Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag Rumäniens die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Durchführungsbeschluss (EU) 2020/1734 der Kommission vom 18. November 2020 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union wird für nichtig erklärt, soweit damit bestimmte von Rumänien für die Jahre 2017 bis 2019 zulasten des ELER getätigte Ausgaben in Höhe von 18 717 475,08 Euro ausgeschlossen wurden.

2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

Gervasoni

Madise

Martín y Pérez de Nanclares

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. Januar 2023.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Rumänisch.