Language of document : ECLI:EU:T:2022:281

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

11. Mai 2022(*)

„Eigenmittel der Union – Finanzielle Verantwortung eines Mitgliedstaats – Einfuhrzölle – Zahlung von Beträgen, die nicht eingezogenen Eigenmitteln entsprechen, an die Kommission – Klage wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Union – Verpflichtungen eines Mitgliedstaats im Bereich der Eigenmittel – Verpflichtung zur Sicherheitsleistung – Aufhebung der Verpflichtung, die den festgestellten Ansprüchen entsprechenden Beträge zur Verfügung zu stellen, die für uneinbringlich erklärt wurden“

In der Rechtssache T‑151/20,

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und O. Serdula als Bevollmächtigte,

Klägerin,

unterstützt durch

Königreich Belgien, vertreten durch S. Baeyens und J.‑C. Halleux als Bevollmächtigte,

und durch

Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

Streithelfer,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch T. Materne und P. Němečková als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 268 AEUV auf Erstattung des Betrags von 40 482 255 tschechischen Kronen (CZK), der als Eigenmittel der Europäischen Union gezahlt wurde,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin A. Marcoulli sowie der Richter J. Schwarcz und R. Norkus (Berichterstatter),

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2021

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

 Zusammenfassung des wesentlichen Sachverhalts

1        Vom 2. bis zum 26. November 2007 führte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) eine Gemeinschaftsmission zum Zweck der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und zur Vornahme von behördlichen Ermittlungen in Laos durch, an der eine Vertreterin der tschechischen Zollbehörden teilnahm (im Folgenden: Inspektionsmission). Bei den Ermittlungen ging es um Überprüfungen der Einfuhr von nicht nachfüllbaren Gas-Taschenfeuerzeugen mit Feuerstein (im Folgenden: Taschenfeuerzeuge) aus Laos im Zeitraum von 2004 bis 2007. Am 15. November 2007 wurde ein Dokument mit dem Titel „Agreed Joint Minutes“ erstellt, das von allen Mitgliedern der Mission sowie den zuständigen laotischen Behörden unterzeichnet wurde (im Folgenden: Protokoll vom 15. November 2007).

2        Am 30. Mai 2008 verabschiedete das OLAF im Anschluss an die Inspektionsmission einen Abschlussbericht über die Mission (im Folgenden: OLAF‑Bericht). Er wurde der Tschechischen Republik in seiner englischen, französischen und deutschen Fassung am 9. Juli 2008 übermittelt.

3        Der Abschlussbericht der Untersuchung wurde vom OLAF am 10. Dezember 2008 verabschiedet.

4        Aus den Schlussfolgerungen des OLAF‑Berichts geht hervor, dass die Baide lighter Industry (LAO) Co., Ltd. (im Folgenden: Gesellschaft BAIDE) in dem von diesem Bericht erfassten Zeitraum Taschenfeuerzeuge einführte, die aus China stammten, jedoch beim Zoll als aus Laos stammend angemeldet wurden und so den Antidumpingzoll auf Taschenfeuerzeuge chinesischen Ursprungs umgingen.

5        Dem OLAF‑Bericht zufolge „[reichten insoweit] die im Lauf der Untersuchungsreise gesammelten Beweise für den chinesischen Ursprung dafür aus, dass die Mitgliedstaaten ein Steuerberichtigungsverfahren durchführen“. Weiter heißt es in dem Bericht, es sei notwendig, „dass die Mitgliedstaaten Folgeprüfungen und gegebenenfalls Untersuchungen bezüglich der betreffenden Einführer durchführen und unverzüglich ein Beitreibungsverfahren einleiten, soweit dies noch nicht geschehen ist“.

6        Die Schlussfolgerungen des OLAF‑Berichts betrafen insbesondere 28 Fälle von Einfuhren von Taschenfeuerzeugen in die Tschechische Republik durch die Gesellschaft BAIDE, die zwischen dem 26. September 2005 und dem 1. März 2007 durchgeführt und in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wurden (im Folgenden: streitige Einfuhren).

7        Die zuständigen tschechischen Zollstellen ergriffen in diesen Fällen Maßnahmen zur Steuerberichtigung und ‑beitreibung.

8        In keinem dieser Fälle war es jedoch möglich, die Berichtigung vorzunehmen und alle festgestellten Zölle beizutreiben.

9        Vom 22. September 2008 bis zum 18. Februar 2009 wurden die Beträge, die den festgestellten, aber noch nicht eingezogenen Ansprüchen für die streitigen Einfuhren entsprachen, nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 2007/436/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften (ABl. 2000, L 130, S. 1) in der dafür vorgesehenen Buchführung, der so genannten Buchführung B, ausgewiesen.

10      Sodann trug die Tschechische Republik von November 2013 bis November 2014 gemäß den anwendbaren Rechtsvorschriften die Fälle, in denen die Einziehung der Eigenmittel der Union unmöglich war, in das Informationssystem WOMIS (Write-Off Management and Information System) ein.

11      Mit Schreiben vom 20. Januar 2015 teilte die Europäische Kommission der Tschechischen Republik in Beantwortung ihres Antrags auf Befreiung von der Pflicht zur Zurverfügungstellung der oben in Rn. 10 genannten Eigenmittel der Union mit, dass die in Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 vorgesehenen Bedingungen in keinem der in Rede stehenden Fälle erfüllt seien. Die Kommission forderte die tschechischen Behörden auf, die nötigen Schritte zu ergreifen, um bis spätestens am ersten Arbeitstag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat der Übersendung des Schreibens folge, einen Betrag von 53 976 340 tschechischen Kronen (CZK) auf dem Konto dieses Organs gutzuschreiben. Bei Verspätung seien gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 1150/2000 Verzugszinsen zu entrichten.

12      Am 17. März 2015 zahlte die Tschechische Republik 75 % des in Rn. 11 genannten Betrags, also 40 482 255 CZK (im Folgenden: streitiger Betrag), auf das dafür vorgesehene Konto der Kommission ein, nachdem sie die Erhebungskosten in Höhe von 25 % dieses Betrags abgezogen hatte.

13      Mit Schreiben vom 27. Februar 2015 äußerte die Tschechische Republik Vorbehalte und teilte der Kommission mit, dass es sich um eine bedingte Zahlung vorbehaltlich der Begründetheit der Forderung dieser Behörde handele, um zu vermeiden, nach Art. 11 der Verordnung Nr. 1150/2000 Verzugszinsen zahlen zu müssen.

14      Die Kommission beantwortete das Schreiben vom 27. Februar 2015 mit Schreiben vom 4. und 21. Mai 2015.

15      Die oben in Rn. 12 genannte Zahlung wurde durch eine zweite vom 22. Dezember 2016 ergänzt, die 5 % des in Rede stehenden Betrags entsprach, nämlich 2 698 817 CZK, was der Differenz zum Betrag zur Deckung der Erhebungskosten in Zusammenhang mit der Senkung des Satzes von 25 % auf 20 % nach einer rückwirkenden Änderung der geltenden Regelung entsprach.

 Vorausgegangenes streitiges Verfahren

16      Mit Klageschrift, die bei der Kanzlei des Gerichts am 30. März 2015 einging, reichte die Tschechische Republik eine Klage auf Nichtigerklärung des Schreibens der Kommission vom 20. Januar 2015 ein.

17      Mit Beschluss vom 28. Juni 2018, Tschechische Republik/Kommission (T‑147/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:395), wurde die Klage als unzulässig abgewiesen, da sie gegen eine Handlung gerichtet sei, die nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein könne.

18      Das gegen den Beschluss vom 28. Juni 2018, Tschechische Republik/Kommission (T‑147/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:395), gerichtete Rechtsmittel wurde vom Gerichtshof mit Urteil vom 9. Juli 2020, Tschechische Republik/Kommission (C‑575/18 P, EU:C:2020:530), zurückgewiesen.

19      Der Gerichtshof hat in Rn. 81 dieses Urteils Folgendes ausgeführt:

„[Es steht] einem Mitgliedstaat, wenn er der Kommission unter dem Vorbehalt, dass deren Standpunkt begründet ist, Eigenmittel der Union zur Verfügung gestellt hat und das … Dialogverfahren[, das die Kommission nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit mit diesem Staat führen muss, um die jeweiligen Standpunkte zu klären und die diesem Mitgliedstaat obliegenden Verpflichtungen zu bestimmen,] nicht zur Beilegung des Streits zwischen ihm und dem Organ geführt hat, [frei], Schadensersatz wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Union zu fordern und insoweit gegebenenfalls eine Klage vor dem Gericht anzustrengen.“

 Verfahren und Anträge der Parteien

20      Mit Klageschrift, die am 16. März 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Tschechische Republik die vorliegende Klage erhoben.

21      Die Kommission hat am 7. September 2020 die Klagebeantwortung eingereicht.

22      Mit Schriftsätzen, die am 8. bzw. 16. Juli 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Republik Polen und das Königreich Belgien beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Tschechischen Republik zugelassen zu werden.

23      Mit Beschlüssen vom 16. September 2020 hat die Präsidentin der Sechsten Kammer des Gerichts diese Streitbeitritte zugelassen.

24      Die Republik Polen und das Königreich Belgien haben ihre Streithilfeschriftsätze jeweils am 30. November 2020 eingereicht.

25      Die Parteien haben ihre Stellungnahmen zum Streithilfeschriftsatz des Königreichs Belgien fristgerecht eingereicht. Die Kommission hat auch eine Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz der Republik Polen eingereicht.

26      Die Tschechische Republik hat die Erwiderung am 27. November 2020 und die Kommission die Gegenerwiderung am 18. Januar 2021 eingereicht.

27      Mit Schreiben vom 15. März 2021 hat die Klägerin einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts gestellt.

28      Mit prozessleitender Maßnahme vom 7. September 2021 hat das Gericht die Kommission aufgefordert, den am 10. Dezember 2008 verabschiedeten Abschlussbericht der Untersuchung des OLAF vorzulegen, und den Hauptparteien schriftliche Fragen gestellt. Die Tschechische Republik und die Kommission sind dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen.

29      Die Tschechische Republik hat in Beantwortung einer an sie gerichteten Frage angegeben, sie nehme ihren oben in Rn. 15 angeführten Antrag auf Erstattung des Betrags von 2 698 817 CZK zurück.

30      Mit Schreiben vom 1. Oktober 2021 hat das Königreich Belgien auf eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet.

31      Mit Schreiben vom 13. Oktober 2021 hat die Republik Polen auf eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet.

32      Die Hauptparteien haben in der Sitzung vom 12. November 2021 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

33      Nach der oben in Rn. 29 angeführten teilweisen Klagerücknahme beantragt die Tschechische Republik,

–        die Kommission zur Rückzahlung des streitigen Betrags wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Union zu verurteilen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

34      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Tschechischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

35      Das Königreich Belgien und die Republik Polen beantragen, der Klage stattzugeben.

 Rechtliche Würdigung

 Gegenstand der Klage und Voraussetzungen für eine Klage wegen ungerechtfertigter Bereicherung

36      Die Tschechische Republik beantragt die Rückzahlung des streitigen Betrags, den sie ihrer Ansicht nach zu Unrecht als Eigenmittel der Union gezahlt hat. Zur Stützung ihrer Klage beabsichtigt sie, die außervertragliche Haftung der Union im Bereich der ungerechtfertigten Bereicherung geltend zu machen.

37      Hierzu macht die Kommission im Wesentlichen geltend, die Tschechische Republik beschränke ihre Argumentation auf die Widerlegung des Inhalts des Schreibens vom 20. Januar 2015. Eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage könne jedoch nicht an die Stelle einer Klage auf Nichtigerklärung dieses Schreibens treten. Der Streitgegenstand könne somit nicht der Inhalt des Schreibens vom 20. Januar 2015 sein, sondern bestehe in der Frage, ob „[der streitige Betrag] der Union als Eigenmittel [zusteht]“.

38      Die Tschechische Republik erwidert, das Schreiben vom 20. Januar 2015 bilde den rechtlichen Rahmen, den die Kommission nicht ändern könne, indem sie zur Bestreitung ihrer Ansprüche neue Argumente vorbringe, die ihr in diesem Schreiben nicht entgegengehalten worden seien. Sie ist der Ansicht, dass dieses Schreiben Rechtswirkungen entfalte, und dass sich „die Prüfung der Klage auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge und der Voraussetzung des Fehlens einer wirksamen Rechtsgrundlage für die fragliche Bereicherung … ebenfalls aus der im [Schreiben] vom 20. Januar 2015 geäußerten These der Kommission ergeben“ müsse.

39      Auf eine entsprechende Frage in der mündlichen Verhandlung hat die Tschechische Republik den in ihren Schriftsätzen vertretenen Standpunkt bestätigt.

40      Nach der Wiedergabe des wesentlichen Vorbringens der Hauptparteien zum Streitgegenstand ist hervorzuheben, dass eine auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Klage nicht unter die Regelung der außervertraglichen Haftung im strengen Sinne fällt, die ausgelöst wird, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt ist, nämlich die Rechtswidrigkeit des der Union zur Last gelegten Verhaltens, das Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden. Von den aufgrund dieser Regelung erhobenen Klagen unterscheidet sich diese Klage dadurch, dass weder ein rechtswidriges Verhalten des Beklagten nachgewiesen werden noch überhaupt ein Verhalten gegeben sein muss, sondern dass lediglich der Nachweis zu erbringen ist, dass der Beklagte ohne wirksame Rechtsgrundlage bereichert und der Kläger im Zusammenhang mit dieser Bereicherung entreichert ist (Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar [UK]/Kommission, C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 49).

41      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach den Grundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, eine Person, die einen Verlust erlitten hat, der zu einem Vermögenszuwachs bei einer anderen Person geführt hat, ohne dass ein Rechtsgrund für diese Bereicherung besteht, im Allgemeinen gegen den Bereicherten einen Herausgabeanspruch bis zur Höhe dieses Verlustes hat. Zwar sieht der AEU-Vertrag nicht ausdrücklich eine für diese Art von Klage bestimmte Klagemöglichkeit vor; eine Auslegung von Art. 268 AEUV und Art. 340 Abs. 2 AEUV, die diese Möglichkeit ausschlösse, würde jedoch zu einem Ergebnis führen, das dem Grundsatz des wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes zuwiderliefe. Die gemäß diesen Vorschriften erhobene Klage wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Union erfordert den Nachweis, dass der Beklagte ohne wirksame Rechtsgrundlage bereichert und der Kläger im Zusammenhang mit dieser Bereicherung entreichert ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar [UK]/Kommission, C‑47/07 P, EU:C:2008:726, Rn. 44 und 46 bis 50).

42      Im Rahmen der Prüfung einer solchen Klage hat das Gericht u. a. zu prüfen, ob die Entreicherung des klagenden Mitgliedstaats, die einem der Kommission zur Verfügung gestellten und von diesem Mitgliedstaat angefochtenen Betrag an Eigenmitteln der Union entspricht, und die damit zusammenhängende Bereicherung dieses Organs ihre Rechtfertigung in den Verpflichtungen finden, die dem Mitgliedstaat nach den unionsrechtlichen Vorschriften über die Eigenmittel der Union obliegen, oder aber einer solchen Rechtfertigung entbehren (Urteil vom 9. Juli 2020, Tschechische Republik/Kommission, C‑575/18 P, EU:C:2020:530, Rn. 83).

43      Unter diesen Umständen kann die Tschechische Republik die Begründetheit ihrer Ansprüche im Rahmen einer auf ungerechtfertigte Bereicherung der Kommission gestützten Klage nicht dadurch belegen, dass sie sich darauf beschränkt, die im Schreiben vom 20. Januar 2015 enthaltenen Argumente zu widerlegen, sondern sie musste zum einen darlegen, dass die Bereicherung der Kommission nach der Bereitstellung des streitigen Betrags keine Rechtfertigung in den Verpflichtungen findet, die ihr nach den unionsrechtlichen Vorschriften im Bereich der Eigenmittel oblagen, und zum anderen, dass ihre Entreicherung mit dieser Bereicherung in Zusammenhang steht.

44      Insoweit ergeben sich die Verpflichtungen der Tschechischen Republik im Bereich der Eigenmittel nicht aus der „im [Schreiben] vom 20. Januar 2015 geäußerten These der Kommission“, sondern sie ergeben sich unmittelbar aus der in diesem Bereich anwendbaren Regelung, ohne dass der Kommission eine Entscheidungsbefugnis eingeräumt wäre, die es ihr ermöglichen würde, den Mitgliedstaaten aufzugeben, Eigenmittel der Union festzustellen und ihr zur Verfügung zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Juli 2020, Tschechische Republik/Kommission, C‑575/18 P, EU:C:2020:530, Rn. 62).

45      Zum einen folgt daraus, dass die Argumente der Tschechischen Republik, die darin bestehen, sowohl die Begründung des Schreibens vom 20. Januar 2015 als auch das Verhalten der Kommission während des mit ihr geführten Dialogs zu bestreiten, im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits ins Leere gehen, da sie nicht an den Nachweis anknüpfen können, den die Tschechische Republik erbringen muss (siehe oben, Rn. 43).

46      Zum anderen kann das Schreiben vom 20. Januar 2015 entgegen dem Vorbringen der Tschechischen Republik auch nicht den Rahmen des Rechtsstreits bilden, da es das Vorbringen der Kommission, mit dem das Vorliegen einer ungerechtfertigten Bereicherung bestritten werden soll, auf die in diesem Schreiben enthaltenen Argumente beschränken würde.

47      Die im Schreiben vom 20. Januar 2015 enthaltenen Angaben können insbesondere keine klaren, nicht an Bedingungen geknüpften und übereinstimmenden Auskünfte darstellen, die geeignet sind, der Tschechischen Republik Zusicherungen hinsichtlich der Abgrenzung des Rechtsstreits zu geben, der zwischen ihr und der Kommission im Rahmen einer auf ungerechtfertigte Bereicherung dieses Organs gestützten Klage geführt werden könnte.

48      Daraus folgt, dass die Kommission im Verfahren jeden Gesichtspunkt geltend machen konnte, mit dem das Vorliegen einer ungerechtfertigten Bereicherung bestritten werden sollte, einschließlich solcher Gesichtspunkte, die nicht im Schreiben vom 20. Januar 2015 aufgeführt waren, ohne den Grundsatz des Vertrauensschutzes oder das Recht auf eine gute Verwaltung im Sinne von Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu verletzen.

49      Nach alledem ist nunmehr in dem oben in Rn. 42 festgelegten Rahmen die Begründetheit der vorliegenden Klage unter Berücksichtigung der von der Tschechischen Republik vorgelegten Beweise und der zwischen den Parteien ausgetauschten Argumente zu prüfen.

 Begründetheit der Klage und Vorliegen einer ungerechtfertigten Bereicherung der Union

50      Die Tschechische Republik macht im Wesentlichen geltend, sie schulde den streitigen Betrag nicht, da sie die zu seiner Beitreibung erforderlichen Maßnahmen erst nach der Übermittlung des OLAF‑Berichts habe ergreifen können.

51      Die Voraussetzungen für die Feststellung der dem streitigen Betrag entsprechenden Zölle hätten tatsächlich erst nach der Vorlage des OLAF‑Berichts erfüllt werden können, da es nur dessen Inhalt der Tschechischen Republik ermöglicht habe, den zu erhebenden Abgabenbetrag und den Zollschuldner mit Sicherheit zu bestimmen.

52      Die Gesellschaft BAIDE habe jegliche Tätigkeit im Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik ab Mai 2008, also vor der Übermittlung des OLAF‑Berichts, eingestellt, so dass zum Zeitpunkt der Verabschiedung dieses Berichts in der Tschechischen Republik kein anderes pfändbares Vermögen als das vorhanden gewesen sei, das letztlich von den nationalen Zollbehörden beschlagnahmt worden sei.

53      Der angebliche Verzug der Zollbehörden nach Erhalt dieses Berichts habe daher jedenfalls nicht zur Unmöglichkeit der Beitreibung der Zollschuld führen können.

54      Die Tschechische Republik fügt hinzu, eine Verspätung bei der Feststellung und Beitreibung des streitigen Betrags nach Erhalt des OLAF‑Berichts sei von ihr jedenfalls nicht zu vertreten. Die Zollbehörden hätten die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um die Verwirkung der Möglichkeit einer Steuerberichtigung in allen 28 Fällen der betroffenen Einfuhren zu vermeiden.

55      Unter diesen Umständen seien die Gründe für die Nichteinziehung des streitigen Betrags nicht von der Tschechischen Republik zu vertreten, und diese könne sich auf die in Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 vorgesehene Aufhebung der Verpflichtung, die Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, berufen.

56      Folglich beruhe die Bereicherung der Kommission nach der Entreicherung der Tschechischen Republik aufgrund der Bereitstellung des streitigen Betrags auf keiner wirksamen Rechtsgrundlage.

57      Die Kommission beantragt die Zurückweisung des gesamten Vorbringens der Tschechischen Republik und macht geltend, diese habe keine ungerechtfertigte Bereicherung nachgewiesen.

58      Die Kommission macht in erster Linie geltend, die Bestimmungen des Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 seien auf die Tschechische Republik nicht anwendbar, weil sie die nicht eingezogenen Eigenmittel nicht unter Einhaltung der in Art. 6 Abs. 3 dieser Verordnung vorgesehenen Fristen in der dafür vorgesehenen gesonderten Buchführung, der sogenannten Buchführung B, ausgewiesen habe.

59      Aus dem Urteil vom 8. Juli 2010, Kommission/Italien (C‑334/08, EU:C:2010:414, Rn. 65), ergebe sich nämlich, dass die Möglichkeit der Befreiung der Mitgliedstaaten von ihrer Verpflichtung, der Kommission die den festgestellten Ansprüchen entsprechenden Beträge zur Verfügung zu stellen, nicht nur erfordere, dass die Voraussetzungen, die in Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 in geänderter Fassung aufgestellt seien, eingehalten seien, sondern auch, dass diese Ansprüche ordnungsgemäß in die Buchführung B aufgenommen worden seien.

60      Nach Ansicht der Kommission hat die Tschechische Republik die vorgeschriebenen Fristen nicht eingehalten und daher die zu erhebenden Zölle nicht ordnungsgemäß in der Buchführung B ausgewiesen, weil sie verspätet gehandelt habe, indem sie die von der Gesellschaft BAIDE auf die streitigen Einfuhren geschuldeten Antidumpingzölle nicht unmittelbar nach der Rückkehr von der Inspektionsmission am 26. November 2007 festgestellt habe.

61      Selbst wenn man davon ausgehe, dass die den festgestellten Ansprüchen entsprechenden Beträge ordnungsgemäß in der Buchführung B ausgewiesen worden seien, hätte die Tschechische Republik vor Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr eine Sicherheit für die Einziehung des streitigen Betrags verlangen müssen, so dass die später erfolgte Einstellung der Tätigkeit der Gesellschaft BAIDE deren Einziehung nicht rechtmäßig hätte verhindern können.

62      Die Republik Polen weist darauf hin, dass die im Urteil vom 9. Juli 2020, Tschechische Republik/Kommission (C‑575/18 P, EU:C:2020:530), entwickelte Lösung für die Mitgliedstaaten von erheblicher Bedeutung sei, die von der Möglichkeit Gebrauch machen wollten, in Rechtsstreitigkeiten zwischen ihnen und der Kommission betreffend die Pflichten zur Zurverfügungstellung von Eigenmitteln gehört zu werden.

63      Die Republik Polen macht geltend, die Tschechische Republik habe die streitigen Beträge aus einem nicht von ihr zu vertretenden Grund nicht einziehen können, da der Schuldner seine Tätigkeiten vor dem Zeitpunkt der Verabschiedung des OLAF‑Berichts eingestellt habe.

64      Das Königreich Belgien ist der Ansicht, dass sich ein Mitgliedstaat auf die in Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 vorgesehene Befreiung von der Pflicht, Eigenmittel zur Verfügung zu stellen, berufen könne, selbst wenn die Eigenmittel verspätet in der Buchführung B ausgewiesen würden, wenn diese Eigenmittel die materiellen Voraussetzungen für eine solche Gutschrift erfüllten und dieser Mitgliedstaat nachweise, dass die Nichteinziehung bestimmter Eigenmittel auf Umstände zurückzuführen sei, die nicht von ihm zu vertreten seien.

65      Im vorliegenden Fall habe die Tschechische Republik die Einziehung der streitigen Beträge nicht verspätet vorgenommen, da es im Wesentlichen Sache des OLAF gewesen wäre, wenn es dies für nötig erachtet hätte, die für die Einziehung der Zollschuld relevanten Beweise offiziell und unmittelbar nach Rückkehr von der Inspektionsmission zu übermitteln und sich nicht „passiv“ darauf zu verlassen, dass die Vertreterin der tschechischen Verwaltung, die an dieser Mission teilgenommen habe, dies tue.

66      Das Gericht ist der Ansicht, dass es der oben wiedergegebene Meinungsaustausch zwischen den Parteien dazu veranlassen muss, die folgenden vier Punkte in folgender Reihenfolge zu prüfen: Voraussetzungen dafür, die Möglichkeit einer Befreiung von der Pflicht zur Zurverfügungstellung des streitigen Betrags auf die Tschechische Republik anzuwenden; Zeitpunkt, zu dem die von der Gesellschaft BAIDE geschuldeten Antidumpingzölle, die dem streitigen Betrag entsprechen, festgestellt werden mussten; Folgen der Einstellung der Tätigkeit dieser Gesellschaft im Hinblick auf die Pflicht zur Zurverfügungstellung des streitigen Betrags und Verpflichtung der Tschechischen Republik, eine Sicherheit für die Einziehung des streitigen Betrags zu verlangen.

 Voraussetzungen dafür, die Möglichkeit einer Befreiung von der Pflicht zur Zurverfügungstellung des streitigen Betrags auf die Tschechische Republik anzuwenden

67      Wie oben in Rn. 58 ausgeführt, macht die Kommission geltend, die Tschechische Republik könne sich nicht auf die Bestimmungen des Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 berufen, weil sie nicht nachgewiesen habe, dass sie die nicht eingezogenen Zölle innerhalb der in Art. 6 Abs. 3 Buchst. b dieser Verordnung vorgesehenen Fristen in der Buchführung B ausgewiesen habe.

–       Anwendbare Vorschriften

68      Im entscheidungserheblichen Zeitraum galten nacheinander zwei Beschlüsse über das System der Eigenmittel der Union, nämlich der Beschluss 2000/597/EG, Euratom des Rates vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2000, L 253, S. 42) und dann ab dem 1. Januar 2007 der Beschluss 2007/436/EG, Euratom des Rates vom 7. Juni 2007 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2007, L 163, S. 17).

69      Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2000/597, dessen Inhalt im Wesentlichen in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2007/436 übernommen wurde, stellen u. a. Einnahmen aus „Zölle[n] des Gemeinsamen Zolltarifs und andere[n] Zölle[n] auf den Warenverkehr mit Drittländern, die von den Organen [der Union] eingeführt worden sind oder noch eingeführt werden“, in den Haushaltsplan der Union einzusetzende Eigenmittel dar.

70      Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 und 3 der Beschlüsse 2000/597 und 2007/436 sieht u. a. zum einen vor, dass die Eigenmittel der Union von den Mitgliedstaaten nach den innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhoben werden, die gegebenenfalls den Erfordernissen der Unionsregelung anzupassen sind, und zum anderen, dass die Mitgliedstaaten diese Mittel der Kommission zur Verfügung stellen.

71      Die auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbare Verordnung Nr. 1150/2000 ist das Ergebnis zweier Änderungen, die im entscheidungserheblichen Zeitraum durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2028/2004 des Rates vom 16. November 2004 (ABl. 2004, L 352, S. 1) mit Wirkung vom 28. November 2004 und durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 105/2009 des Rates vom 26. Januar 2009 (ABl. 2009, L 36, S. 1) mit Wirkung vom 1. Januar 2007 vorgenommen wurden.

72      Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 gilt ein Anspruch der Union auf Eigenmittel als festgestellt, sobald die Bedingungen der Zollvorschriften für die buchmäßige Erfassung des Betrags der Abgabe und dessen Mitteilung an den Abgabenschuldner erfüllt sind. Nach Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 dieser Verordnung ist der Zeitpunkt der Feststellung im Sinne dieses Abs. 1 der Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung im Sinne der Zollvorschriften.

73      Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 1150/2000 sieht vor:

„(1)      Bei der Haushaltsverwaltung jedes Mitgliedstaats oder bei der von jedem Mitgliedstaat bestimmten Einrichtung wird über die Eigenmittel Buch geführt, und zwar aufgegliedert nach der Art der Mittel.

(3)      a)      Die nach Artikel 2 festgestellten Ansprüche werden vorbehaltlich des Buchstabens b) dieses Absatzes spätestens am ersten Werktag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Anspruch festgestellt wurde, in die [üblicherweise als ‚Buchführung A‘ bezeichnete] Buchführung aufgenommen.

b)      Festgestellte Ansprüche, die in die Buchführung nach Buchstabe a) nicht aufgenommen wurden, weil sie noch nicht eingezogen wurden und für die eine Sicherheit nicht geleistet worden ist, werden innerhalb der Frist nach Buchstabe a) in einer [üblicherweise als ‚Buchführung B‘ bezeichneten] gesonderten Buchführung ausgewiesen. Die Mitgliedstaaten können auf die gleiche Weise vorgehen, wenn festgestellte Ansprüche, für die eine Sicherheit geleistet worden ist, angefochten werden und durch Regelung des betreffenden Streitfalls Veränderungen unterworfen sein können.“

74      Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 bestimmt:

„Jeder Mitgliedstaat schreibt die Eigenmittel nach Maßgabe des Artikels 10 dem Konto gut, das zu diesem Zweck für die Kommission bei der Haushaltsverwaltung des Mitgliedstaats oder bei der von ihm bestimmten Einrichtung eingerichtet wurde.“

75      Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 bestimmt:

„Nach Abzug der Erhebungskosten gemäß Artikel 2 Absatz 3 und von Artikel 10 Absatz 3 des Beschlusses [2007/436] erfolgt die Gutschrift der Eigenmittel im Sinn von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a) des genannten Beschlusses spätestens am ersten Arbeitstag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Anspruch nach Artikel 2 der vorliegenden Verordnung festgestellt wurde.

Bei den nach Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe b) dieser Verordnung in einer gesonderten Buchführung ausgewiesenen Ansprüchen erfolgt die Gutschrift spätestens am ersten Arbeitstag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem die den Ansprüchen entsprechenden Beträge eingezogen wurden.“

76      Nach Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 hat der betreffende Mitgliedstaat bei verspäteter Gutschrift auf dem in Art. 9 Abs. 1 dieser Verordnung genannten Konto Verzugszinsen zu entrichten.

77      Schließlich heißt es in Art. 17 Abs. 1 bis 4 der Verordnung Nr. 1150/2000:

„(1)      Die Mitgliedstaaten haben alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die Beträge, die den gemäß Artikel 2 festgestellten Ansprüchen entsprechen, der Kommission nach Maßgabe dieser Verordnung zur Verfügung gestellt werden.

(2)      Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, der Kommission die den festgestellten Ansprüchen entsprechenden Beträge zur Verfügung zu stellen, wenn diese entweder

a)      aus Gründen höherer Gewalt oder

b)      aus anderen, nicht von den Mitgliedstaaten zu vertretenden Gründen

nicht erhoben werden konnten.

Beträge festgestellter Ansprüche werden durch eine Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde für uneinbringlich erklärt, nachdem diese sich von der Unmöglichkeit ihrer Einziehung überzeugt hat.

Als uneinbringlich gelten Beträge festgestellter Ansprüche spätestens nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt ihrer Feststellung gemäß Artikel 2 oder, falls Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht erhoben oder sonstige Rechtsmittel eingelegt wurden, ab dem Zeitpunkt, an dem die diesbezügliche Gerichtsentscheidung ergangen ist bzw. mitgeteilt oder veröffentlicht wurde.

Für uneinbringlich erklärte bzw. als uneinbringlich geltende Beträge werden aus der gesonderten Buchführung gemäß Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe b) endgültig herausgenommen. Sie werden in einem Anhang zu der Vierteljahresübersicht gemäß Artikel 6 Absatz 4 Buchstabe b) sowie gegebenenfalls in der vierteljährlichen Aufstellung gemäß Artikel 6 Absatz 5 aufgeführt.

(3)      Binnen drei Monaten nach Ergehen der Verwaltungsentscheidung gemäß Absatz 2 oder nach Ablauf der in jenem Absatz genannten Frist machen die Mitgliedstaaten der Kommission Mitteilung über die Fälle der Anwendung des Verfahrens nach Absatz 2, in denen die festgestellten Ansprüche 50 000 [Euro] übersteigen.

Diese Mitteilung, die nach dem Muster anzufertigen ist, das die Kommission nach Anhörung des in Artikel 20 genannten Ausschusses erstellt, muss sämtliche Angaben enthalten, die erforderlich sind, um die in Absatz 2 Buchstaben a) und b) genannten Gründe, die den Mitgliedstaat an der Bereitstellung der fraglichen Beträge gehindert haben, sowie die von letzterem ergriffenen Maßnahmen zur Beitreibung dieser Beträge uneingeschränkt überprüfen zu können.

(4)      Die Kommission verfügt ab dem Tag, an dem die Mitteilung gemäß Absatz 3 bei ihr eingeht, über sechs Monate, um dem betreffenden Mitgliedstaat ihre Bemerkungen zu übermitteln.

…“

–       Auslegung durch den Gerichtshof

78      Nach Art. 8 Abs. 1 sowohl des Beschlusses 2000/597 als auch des Beschlusses 2007/436 werden die Eigenmittel der Union im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und b des Beschlusses 2000/597 und Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2007/436 von den Mitgliedstaaten erhoben, die diese Mittel der Kommission zur Verfügung stellen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juli 2010, Kommission/Italien, C‑334/08, EU:C:2010:414, Rn. 34).

79      Zu diesem Zweck haben die Mitgliedstaaten gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 einen Anspruch der Union auf Eigenmittel festzustellen, sobald die Bedingungen der Zollvorschriften für die buchmäßige Erfassung des Betrags der Abgabe und dessen Mitteilung an den Abgabenschuldner erfüllt sind. Die Mitgliedstaaten sind daher verpflichtet, die nach Art. 2 dieser Verordnung festgestellten Ansprüche unter den in Art. 6 dieser Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen in die Buchführung der Eigenmittel der Union aufzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2010, Kommission/Deutschland, C‑442/08, EU:C:2010:390, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80      Ein festgestellter Anspruch, der noch nicht eingezogen wurde und für den eine Sicherheit nicht geleistet worden ist, wird nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. b dieser Verordnung in einer gesonderten Buchführung, der Buchführung B, ausgewiesen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2019, Kommission/Italien [Eigenmittel – Einziehung einer Zollschuld], C‑304/18, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:601, Rn. 52).

81      Sodann müssen die Mitgliedstaaten der Kommission unter den in den Art. 9 bis 11 der Verordnung Nr. 1150/2000 festgelegten Bedingungen die Eigenmittel der Union zur Verfügung stellen, indem sie sie unter Einhaltung der vorgesehenen Fristen dem zu diesem Zweck auf den Namen der Kommission eingerichteten Konto gutschreiben. Nach Art. 11 Abs. 1 dieser Verordnung hat der betreffende Mitgliedstaat bei verspäteter Gutschrift auf diesem Konto Verzugszinsen zu entrichten (Urteil vom 9. Juli 2020, Tschechische Republik/Kommission, C‑575/18 P, EU:C:2020:530, Rn. 58).

82      Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten nach Art. 17 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die Beträge, die den gemäß Art. 2 dieser Verordnung festgestellten Ansprüchen entsprechen, der Kommission zur Verfügung gestellt werden. Die Mitgliedstaaten sind von dieser Verpflichtung nur dann befreit, wenn diese Beträge aus Gründen höherer Gewalt nicht erhoben werden konnten oder wenn sich erweist, dass die Einziehung aus nicht von ihnen zu vertretenden Gründen auf Dauer unmöglich ist. Für uneinbringlich erklärte bzw. als uneinbringlich geltende Beträge werden aus der gesonderten Buchführung gemäß Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung endgültig herausgenommen (Urteil vom 9. Juli 2020, Tschechische Republik/Kommission, C‑575/18 P, EU:C:2020:530, Rn. 60).

83      Die Aufnahme der Eigenmittel in die Buchführung B stellt somit eine Ausnahmesituation dar, die dadurch gekennzeichnet ist, dass es den Mitgliedstaaten entweder möglich ist, diese Ansprüche der Kommission nach ihrer Feststellung nicht zur Verfügung zu stellen, weil sie im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 1150/2000 noch nicht eingezogen wurden, oder dass sie aufgrund von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung hierzu nicht verpflichtet sind, wenn sich diese Ansprüche aus Gründen höherer Gewalt oder aus anderen, nicht von ihnen zu vertretenden Gründen als uneinbringlich erweisen (Urteil vom 8. Juli 2010, Kommission/Italien, C‑334/08, EU:C:2010:414, Rn. 68).

84      Die Möglichkeit der Befreiung der Mitgliedstaaten von ihrer Verpflichtung, der Kommission die den festgestellten Ansprüchen entsprechenden Beträge zur Verfügung zu stellen, erfordert jedoch nicht nur die Einhaltung der in Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 aufgestellten Voraussetzungen, sondern auch, dass diese Ansprüche ordnungsgemäß in die Buchführung B aufgenommen worden sind (Urteil vom 8. Juli 2010, Kommission/Italien, C‑334/08, EU:C:2010:414, Rn. 65).

–       Anwendung auf den vorliegenden Fall

85      Wie oben in Rn. 59 ausgeführt, beruft sich die Kommission auf das oben in Rn. 84 genannte Urteil vom 8. Juli 2010, Kommission/Italien (C‑334/08, EU:C:2010:414, Rn. 65).

86      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Kommission unabhängig von seiner Begründetheit im Rahmen der vorliegenden Klage, die auf eine ungerechtfertigte Bereicherung der Union gestützt ist, ins Leere geht.

87      In diesem Rahmen ist nämlich, wie oben in Rn. 42 ausgeführt, zu prüfen, ob die klagende Partei den Nachweis erbracht hat, dass sich die Kommission ohne wirksame Rechtsgrundlage bereichert hat und die klagende Partei aufgrund dieser Bereicherung entreichert ist, oder ob mangels dieses Nachweises der Schluss zu ziehen ist, dass diese Bereicherung durch die Verpflichtungen aus den Vorschriften über die Eigenmittel gerechtfertigt war. Jedenfalls findet eine Bereitstellung von Eigenmitteln keine Rechtfertigung in der Verpflichtung, die in Art. 6 der Verordnung Nr. 1150/2000 vorgesehenen Fristen einzuhalten, deren Nichteinhaltung zu keiner Zahlung führt, auch nicht zur Zahlung von Verzugszinsen, die nach Art. 11 der Verordnung Nr. 1150/2000 in geänderter Fassung von einer verspäteten Gutschrift auf dem zu diesem Zweck auf den Namen der Kommission eingerichteten Konto abhängen.

88      Es kann daher von der Tschechischen Republik im Rahmen ihrer auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützten Klage nicht verlangt werden, dass sie, wie die Kommission im Wesentlichen geltend macht, nachweist, dass „der gesamte Prozess des Zollverfahrens, der Einziehung der Forderung und der Vorgänge im Zusammenhang mit den Eigenmitteln vollumfänglich vorschriftsgemäß, richtig, rechtzeitig und unter Wahrung des Schutzes der finanziellen Interessen der Union durchgeführt wurde“, sondern nur, dass sie neben ihrer Entreicherung und der entsprechenden Bereicherung nachweist, dass diese Bereicherung ungerechtfertigt war.

89      Jedenfalls ergibt sich aus den Akten, dass die in Rede stehenden Ansprüche innerhalb der in Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1150/2000 vorgesehenen Frist ausgewiesen wurden.

90      Die Aufnahme in der Buchhaltung B ist ein reiner Buchführungsvorgang, so dass die dafür vorgesehenen Fristen entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht ab dem Zeitpunkt zu berechnen sind, zum dem die in Rede stehenden Ansprüche nach Art. 2 der Verordnung Nr. 1150/2000 hätten festgestellt werden müssen, sondern ab dem Zeitpunkt, zu dem diese Ansprüche tatsächlich festgestellt wurden.

91      Es ist zwischen den Parteien unstreitig, wie sie in ihren Antworten auf die schriftlichen Fragen bestätigt haben, dass die von der Gesellschaft BAIDE geschuldeten Antidumpingzölle auf die streitigen Einfuhren am selben Tag, d. h. zwischen dem 22. September 2008 und dem 18. Februar 2009, festgestellt und in die Buchführung B aufgenommen wurden. Die Kommission hat im Übrigen im Rahmen der oben in Rn. 28 angeführten prozessleitenden Maßnahmen eingeräumt, dass „die Aufnahme in die Buchführung B unmittelbar nach der in den Zollvorschriften vorgesehenen buchmäßigen Erfassung … akzeptabel [war]“.

92      Unter diesen Umständen ist der Schluss zu ziehen, dass die Zölle, die von der Gesellschaft BAIDE nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 1150/2000 geschuldet, aber noch nicht eingezogen wurden und für die keine Sicherheit geleistet worden war, jedenfalls spätestens am ersten Arbeitstag nach dem 19. des zweiten Monats, der auf den Monat folgte, in dem diese Ansprüche festgestellt wurden, in der Buchführung B ausgewiesen wurden.

93      Es ist daher zu prüfen, ob der streitige Betrag aus nicht von der Tschechischen Republik zu vertretenden Gründen uneinbringlich war, so dass er in einer gesonderten Buchführung ausgewiesen werden konnte.

 Zeitpunkt, zu dem die von der Gesellschaft BAIDE geschuldeten Antidumpingzölle, die dem streitigen Betrag entsprechen, festgestellt werden mussten

94      Die Tschechische Republik macht, wie oben in Rn. 51 ausgeführt, geltend, sie sei erst nach der Übermittlung des OLAF‑Berichts in der Lage gewesen, die von der Gesellschaft BAIDE auf die streitigen Einfuhren geschuldeten Antidumpingzölle festzustellen, während die Kommission behauptet, sie hätte dies bereits nach der Rückkehr von der Inspektionsmission tun müssen, wie sich aus Rn. 60 oben ergibt.

95      Die Tschechische Republik habe nämlich von dem Protokoll vom 15. November 2007 sowie von den während der Mission erhaltenen und diesem Dokument beigefügten Beweisen für den chinesischen Ursprung der in Rede stehenden Waren Kenntnis gehabt, da dieses von der Vertreterin der tschechischen Zollbehörde, die während der gesamten Mission anwesend gewesen sei und an allen Treffen sowie an der Inspektion der Produktionsanlagen teilgenommen habe, unterzeichnet worden sei. Unter diesen Umständen habe die Tschechische Republik über ausreichende Informationen verfügt, um nach der Rückkehr ihrer Vertreterin von der Mission die Feststellung der Zollschuld vorzunehmen.

96      Wie sich aus den oben in den Rn. 68 bis 77 wiedergegebenen anwendbaren Vorschriften in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof ergibt, haben die Mitgliedstaaten einen Anspruch der Union auf Eigenmittel festzustellen, sobald die Bedingungen der Zollvorschriften für die buchmäßige Erfassung des Betrags der Abgabe und dessen Mitteilung an den Abgabenschuldner erfüllt sind.

97      Insoweit bestimmt Art. 217 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex) in der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung, dass „[j]eder einer Zollschuld entsprechende Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag … unmittelbar bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von den Zollbehörden berechnet und in die Bücher oder in sonstige stattdessen verwendete Unterlagen eingetragen werden [muss] (buchmäßige Erfassung).“

98      Diese Bedingungen sind erfüllt, wenn die Zollbehörden über die erforderlichen Angaben verfügen und daher in der Lage sind, den sich aus einer Zollschuld ergebenden Abgabenbetrag zu berechnen und den Zollschuldner zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. November 2005, Kommission/Dänemark, C‑392/02, EU:C:2005:683, Rn. 57 bis 59).

99      Im vorliegenden Fall steht fest, dass eine Vertreterin der tschechischen Zollbehörde an einer Inspektionsmission teilgenommen hat und dass diese das Protokoll vom 15. November 2007 unterzeichnet hat.

100    Die Tschechische Republik trägt vor, der Vertreterin ihrer Zollbehörde seien die dem Protokoll nach Abschluss der Inspektionsmission beigefügten Dokumente nicht übermittelt worden, so dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht über die für die Beitreibung des streitigen Betrags erforderlichen Beweise verfügt habe.

101    In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission bestätigt, dass sie nicht behaupte, dass die bei der Inspektionsmission anwesende Vertreterin der tschechischen Zollbehörde die dem Protokoll beigefügten Dokumente tatsächlich erhalten habe, dass diese jedoch zwangsläufig Kenntnis von den bei dieser Mission gesammelten Beweisen gehabt habe, da sie diese habe einsehen können.

102    Der Behauptung der Kommission, dass es genügt habe, dass die Vertreterin der tschechischen Zollbehörde „mit eigenen Augen gesehen [hat], was geschehen ist“, so dass die Tschechische Republik allein aufgrund der Aussage ihrer Vertreterin in der Lage gewesen wäre, bei ihrer Rückkehr von der Inspektionsmission eine Feststellung der von der Gesellschaft BAIDE geschuldeten Zölle vorzunehmen, kann jedoch nicht zugestimmt werden.

103    Denn es kann nicht ausreichen, Kenntnis vom Vorliegen eines Beweises zu haben, um sich im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens auf diesen Beweis zu berufen. Um es den tschechischen Behörden zu ermöglichen, den Betrag der geschuldeten Zölle buchmäßig zu erfassen, hätten die tschechischen Behörden in der Lage sein müssen, die während der Inspektionsmission gesammelten Beweise zu authentifizieren und sie dann dem Steuerpflichtigen entgegenzuhalten. Wie bereits ausgeführt, ist unstreitig, dass diese Beweise der Tschechischen Republik am Ende der Inspektionsmission nicht übermittelt wurden.

104    Die Kommission macht jedoch geltend, da die Tschechische Republik durch das Protokoll vom 15. November 2007 von der Liste der gesammelten Beweise in Kenntnis gesetzt worden sei, sei es deren Aufgabe gewesen, für die Übermittlung dieser Beweise im Wege eines Antrags beim OLAF zu sorgen, wenn sie dies für erforderlich erachtet habe.

105    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Tschechische Republik geltend macht, es gebe keine Rechtsgrundlage, die es der Vertreterin ihrer Zollbehörde erlaube, die im Rahmen einer unter der Verantwortlichkeit des OLAF gesammelten Beweise den zuständigen nationalen Behörden unmittelbar zu übermitteln; diese Beweise seien vertraulich und könnten erst in einem Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren als Beweise dienen, nachdem sie von der Kommission übermittelt und vom OLAF geprüft worden seien, die die einzigen Adressaten der im Rahmen einer Mission der Union in einem Drittland gesammelten Dokumente und Informationen seien.

106    Nach ihrem Art. 1 legt die Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates vom 13. März 1997 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung (ABl. 1997, L 82, S. 1) „die Voraussetzungen fest, unter denen die in den einzelnen Mitgliedstaaten mit der Durchführung der Zoll- und der Agrarregelung betrauten Verwaltungsbehörden mit den Behörden der anderen Mitgliedstaaten sowie mit der Kommission zusammenarbeiten, um die Einhaltung dieser Regelungen im Rahmen eines Gemeinschaftssystems zu gewährleisten“.

107    Art. 12 der Verordnung Nr. 515/97 in der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung bestimmt, dass „Feststellungen, Bescheinigungen, Mitteilungen, Unterlagen, beglaubigte Abschriften sowie alle Auskünfte, die von Bediensteten der ersuchten Behörde [nämlich der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats, an die ein Amtshilfeersuchen gerichtet wird,] eingeholt und in den in Artikel 4 bis 11 [betreffend die Modalitäten für die Durchführung der Amtshilfe auf Antrag] vorgesehenen Fällen der ersuchenden Behörde [nämlich der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats, die ein Amtshilfeersuchen stellt,] mitgeteilt werden, … von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats der ersuchenden Behörde als Beweismittel geltend gemacht werden [können]“.

108    Art. 20 der Verordnung Nr. 515/97 bestimmt:

„(1)      Zur Erreichung der Ziele dieser Verordnung kann die Kommission nach Maßgabe des Artikels 19 in Abstimmung und enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Gemeinschaftsmissionen zum Zweck der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und zur Vornahme von behördlichen Ermittlungen in Drittländern durchführen.

(2)      Die in Absatz 1 genannten Gemeinschaftsmissionen in Drittländern werden mit folgender Maßgabe durchgeführt:

a)      Die Mission kann auf Veranlassung der Kommission, gegebenenfalls anhand von Angaben des Europäischen Parlaments oder auf Antrag eines oder mehrerer Mitgliedstaaten durchgeführt werden;

b)      an den Missionen nehmen dafür benannte Bedienstete der Kommission sowie durch den oder die betreffenden Mitgliedstaaten dafür benannte Bedienstete teil;

c)      die Mission kann im Einvernehmen mit der Kommission und den betreffenden Mitgliedstaaten im Gemeinschaftsinteresse auch von Bediensteten eines Mitgliedstaats durchgeführt werden, insbesondere aufgrund eines bilateralen Unterstützungsabkommens mit einem Drittland; in diesem Fall werden der Kommission die Ergebnisse der Mission mitgeteilt;

…“

109    Art. 21 in Titel IV („Beziehungen zu Drittländern“) der Verordnung Nr. 515/97 in der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung bestimmt:

„(1)      Die Feststellungen im Rahmen der Gemeinschaftsmissionen gemäß Artikel 20 und die dabei erlangten Auskünfte, insbesondere in Form von Unterlagen, die von den zuständigen Behörden der betreffenden Drittländer mitgeteilt werden, sind nach Maßgabe des Artikels 45 zu behandeln.

(2)      Artikel 12 gilt entsprechend für die Feststellungen und Auskünfte nach Absatz 1.

(3)      Zum Zweck einer Verwendung gemäß Artikel 12 übermittelt die Kommission den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auf deren Antrag die erlangten Originalunterlagen oder beglaubigte Kopien davon.“

110    Art. 45 der Verordnung Nr. 515/97 in der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung sieht vor:

„(1)      Die Auskünfte, die im Rahmen der Durchführung dieser Verordnung in beliebiger Form übermittelt werden, einschließlich der im [Zollinformationssystem] nach Artikel 23 gespeicherten Daten sind vertraulich. Sie fallen unter das Berufsgeheimnis und genießen den Schutz, den das innerstaatliche Recht des Mitgliedstaats, der sie erhalten hat, für Auskünfte dieser Art gewährt ebenso wie denjenigen, den die entsprechenden Vorschriften, die auf die Gemeinschaftsinstitutionen Anwendung finden, vorsehen.

Die Auskünfte nach Unterabsatz 1 dürfen insbesondere nur Personen übermittelt werden, die in den Mitgliedstaaten oder den Organen der Gemeinschaft aufgrund ihrer Funktion befugt sind, sie zu kennen oder auszuwerten. Sie dürfen auch zu keinen anderen als den in dieser Verordnung vorgesehenen Zwecken verwendet werden, es sei denn, der Mitgliedstaat oder die Kommission, der/die sie geliefert oder in das [Zollinformationssystem] eingegeben hat, billigt dies ausdrücklich, wobei die von diesem Mitgliedstaat oder der Kommission festgelegten Bedingungen einzuhalten sind und die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Empfängerbehörde ihren Sitz hat, der Weitergabe oder Verwendung nicht entgegenstehen dürfen.

(2)      Unbeschadet der Vorschriften des Titels V über das [Zollinformationssystem] werden Informationen über natürliche und juristische Personen nach Maßgabe dieser Verordnung nur insoweit übermittelt, als es zur Verhinderung, Ermittlung oder Verfolgung von der Zoll- oder der Agrarregelung zuwiderlaufenden Vorgängen unbedingt notwendig ist.

(3)      Die Absätze 1 und 2 stehen der Verwendung der gemäß dieser Verordnung eingeholten Auskünfte im Rahmen von Gerichts- oder Ermittlungsverfahren wegen Nichteinhaltung der Zoll- oder der Agrarregelung nicht entgegen.

…“

111    Art. 9 („Untersuchungsberichte und Folgemaßnahmen“) der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) (ABl. 1999, L 136, S. 1) bestimmt:

„(1)      Das Amt erstellt nach einer von ihm durchgeführten Untersuchung unter der Verantwortung des Direktors einen Bericht, aus dem insbesondere der festgestellte Sachverhalt, gegebenenfalls die ermittelte Schadenshöhe und die Ergebnisse der Untersuchung, einschließlich der Empfehlungen des Direktors des Amtes zu den zweckmäßigen Folgemaßnahmen, hervorgehen.

(2)      Bei der Erstellung dieser Berichte werden die im Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Verfahrenserfordernisse berücksichtigt. Die so erstellten Berichte stellen in der gleichen Weise und unter denselben Bedingungen wie die Verwaltungsberichte der Kontrolleure der einzelstaatlichen Verwaltungen zulässige Beweismittel in den Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren des Mitgliedstaats dar, in dem sich ihre Verwendung als erforderlich erweist. Sie werden nach denselben Maßstäben beurteilt wie die Verwaltungsberichte der einzelstaatlichen Kontrolleure und sind als diesen gleichwertig zu betrachten.

(3)      Der nach Abschluss einer externen Untersuchung[, mit der das Amt gemäß Art. 3 der Verordnung Kontrollen und Überprüfungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 und gemäß den sektorbezogenen Regelungen nach Artikel 9 Absatz 2 der genannten Verordnung in den Mitgliedstaaten und gemäß den geltenden Kooperationsabkommen in den Drittstaaten durchführt,] erstellte Bericht wird mit allen zweckdienlichen Schriftstücken gemäß der für die externen Untersuchungen geltenden Regelung den zuständigen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten übermittelt.

…“

112    Art. 17 („Untersuchungsmissionen in Drittländern“) der internen Leitlinien für Untersuchungsverfahren des OLAF (im Folgenden: interne Leitlinien) bestimmt in seinem Abs. 5, dass „[d]ie mit der Untersuchungsmission befassten Bediensteten des für Untersuchungen zuständigen Referats[, dem die Angelegenheit vom Generaldirektor des OLAF nach Art. 6.1 der internen Leitlinien zugewiesen wurde,]… einen Bericht über die während der Mission durchgeführten Tätigkeiten [erstellen, wobei alle] Teilnehmer [und zwar nach Abs. 7 bei Untersuchungsmissionen, die sich auf Zölle oder Eigenmittel beziehen, Bedienstete der betroffenen Mitgliedstaaten, die an der Untersuchungsmission mitwirken,] eine Kopie des Berichts [erhalten]“.

113    Nachdem nun die auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbaren und von den Parteien geltend gemachten Vorschriften dargelegt worden sind, ist anzumerken, dass sich aus dem so festgelegten Regelungsrahmen ergibt, dass die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten mit der Kommission eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrung des Vollzugs der zollrechtlichen Vorschriften in der Union ist.

114    Hierzu werden in Drittländern Gemeinschaftsmissionen zum Zweck der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und zur Vornahme von behördlichen Ermittlungen durchgeführt, an denen nach Art. 20 Abs. 2 der Verordnung Nr. 515/97 durch die Mitgliedstaaten dafür benannte Bedienstete teilnehmen.

115    Wenngleich die im Rahmen von Gemeinschaftsmissionen getroffenen Feststellungen und erlangten Informationen vertraulich sind, kann das Berufsgeheimnis, dem sie nach Art. 45 Abs. 1 der Verordnung Nr. 515/97 unterliegen, nicht dem entgegenstehen, dass sie den von den Mitgliedstaaten für solche Missionen benannten Vertretern mitgeteilt werden, da andernfalls dem Zweck dieser Verordnung gemäß Art. 1 dieser Verordnung, wie er oben in Rn. 113 dargelegt wird, seine praktische Wirksamkeit genommen würde.

116    Unter diesen Umständen sind diese Vertreter im Sinne von Art. 45 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 515/97 als Personen anzusehen, die in den Mitgliedstaaten aufgrund ihrer Funktion befugt sind, sie zu kennen oder auszuwerten.

117    Folglich können die im Rahmen einer Gemeinschaftsmission in einem Drittland gesammelten Feststellungen und Informationen von den Bediensteten, die von den Mitgliedstaaten für die Teilnahme benannt werden, für die Zwecke der Anwendung der Verordnung Nr. 515/97 verwendet werden.

118    Nach Art. 45 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung können die im Rahmen von Gemeinschaftsmissionen erlangten Auskünfte für die Verfolgung von der Zollregelung zuwiderlaufenden Vorgängen sowie im Rahmen später eingeleiteter Gerichts- oder Ermittlungsverfahren verwendet werden. Solche Auskünfte können insbesondere von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nach Art. 21 Abs. 2 der Verordnung Nr. 515/97 als Beweismittel geltend gemacht werden.

119    Unter diesen Umständen war die Vertreterin der tschechischen Zollverwaltung bei der Inspektionsmission entgegen dem Vorbringen der Tschechischen Republik uneingeschränkt befugt, vom OLAF die dem Protokoll vom 15. November 2007 beigefügten Beweise anzufordern und entgegenzunehmen, wie die Kommission geltend macht, ohne dass dem die in Art. 45 der Verordnung Nr. 515/97 vorgesehene Vertraulichkeitsverpflichtung entgegenstand. Sie war auch befugt, sie den zuständigen Behörden der Tschechischen Republik zu übermitteln, damit sie diese Unterlagen als Beweismittel gegen die Gesellschaft BAIDE im Rahmen des Verfahrens zur Beitreibung der Zollschuld dieser Gesellschaft verwenden.

120    Wie oben in Rn. 105 dargelegt, macht die Tschechische Republik jedoch insoweit geltend, das OLAF sei verpflichtet gewesen, die bei der Inspektionsmission getroffenen Feststellungen vor deren Übermittlung im Rahmen seines Untersuchungsberichts nach Nr. 17.5 der internen Leitlinien und Art. 9 der Verordnung Nr. 1073/1999 zu würdigen.

121    Der Umstand, dass das OLAF die Beweismittel prüft, bevor es sie im Rahmen seines Berichts übermittelt, war zwar geeignet, gegebenenfalls die Übermittlung solcher Beweise zu verzögern, er hinderte jedoch für sich genommen die Tschechische Republik nicht daran, diese bei Rückkehr ihrer Vertreterin von der Mission anzufordern, wie die Kommission geltend macht.

122    Es ist jedoch unstreitig, dass sich das OLAF verpflichtet hatte, der Tschechischen Republik die bei der Inspektionsmission gesammelten Beweise ab Anfang 2008 zu übermitteln. Es steht fest, dass das OLAF, wie die Kommission im Übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, seinen Bericht, dem diese Beweise beigefügt waren, verspätet übermittelt hat.

123    Unter diesen Umständen kann der Tschechischen Republik nicht vorgeworfen werden, die Übermittlung des OLAF‑Berichts abgewartet zu haben und die Vorlage der Beweismittel nicht bereits bei der Rückkehr von der Inspektionsmission verlangt zu haben.

124    Zudem konnte es die Tschechische Republik im vorliegenden Fall für erforderlich halten, abzuwarten, bis diese Beweise vom OLAF analysiert und geprüft waren, bevor sie sie im Rahmen eines Steuerberichtigungsverfahrens verwendete. Das OLAF war tatsächlich am besten in der Lage, diese Prüfung durchzuführen, da die Beweiserhebung im Rahmen eines Kooperationsabkommens zwischen der Kommission und Laos erfolgt war und es kein bilaterales Unterstützungsabkommen zwischen diesem Land und der Tschechischen Republik gab.

125    Unter diesen Umständen hat die Tschechische Republik nachgewiesen, dass sie nach der Rückkehr von der Inspektionsmission nicht im Besitz der Beweise sein konnte, die für die Feststellung der von der Gesellschaft BAIDE auf die streitigen Einfuhren geschuldeten Antidumpingzölle erforderlich waren.

126    Folglich hat die Tschechische Republik entgegen dem Vorbringen der Kommission dadurch, dass sie unter den Umständen des vorliegenden Falls in den Tagen nach der Rückkehr von der Inspektionsmission keine Feststellung der in Rede stehenden Ansprüche vorgenommen hat, ihre Verpflichtungen gemäß den oben in den Rn. 68 bis 77 wiedergegebenen Vorschriften nicht verletzt.

 Folgen der Einstellung der Tätigkeit der Gesellschaft BAIDE im Hinblick auf die Pflicht zur Zurverfügungstellung des streitigen Betrags

127    Wie oben in Rn. 52 ausgeführt, macht die Tschechische Republik geltend, sie habe die Einziehung des streitigen Betrags nicht vornehmen können, da die Gesellschaft BAIDE ab Mai 2008 im Inland jegliche Tätigkeit eingestellt habe, so dass der Großteil des Vermögens dieser Gesellschaft nicht mehr habe gepfändet werden können, als ihr der OLAF‑Bericht vorgelegt worden sei.

128    Es steht fest, dass es der OLAF‑Bericht tatsächlich ermöglichte, die von der Gesellschaft BAIDE geschuldeten Zölle festzustellen. Darin heißt es, dass die Beweise für den chinesischen Ursprung der Waren ausreichend seien, um ein Steuerberichtigungsverfahren einzuleiten, und es werden die 28 Fälle streitiger Einfuhren aufgeführt, die die Gesellschaft BAIDE in der Tschechischen Republik betreffen.

129    Es ist auch unstreitig, dass die Gesellschaft BAIDE ihre Tätigkeiten im Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik vor Mai 2008 eingestellt hatte, was die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat.

130    Darüber hinaus ergibt sich aus der Beweisaufnahme, insbesondere aus der Untersuchung der tschechischen Zollbehörden bei Banken und den städtischen Dienststellen der Stadt Prag (Tschechische Republik) sowie dem Handelsregisterauszug, der Antwort der Steuerbehörden auf die Anfrage der tschechischen Zollbehörden über die Zahlung eines im Namen der Gesellschaft BAIDE festgestellten Steuerüberschusses, der Antwort auf ein Ersuchen um Steuerauskunft und dem Insolvenzantrag des Abwicklers der Gesellschaft BAIDE, die der Klageschrift jeweils als Anlagen A.8, A.19, A.20 und A.21 beigefügt sind, dass die Gesellschaft BAIDE im Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik mit Ausnahme von Beträgen auf drei Konten bei der Československá obchodní banka sowie eines Steuerüberschusses in Höhe von jeweils 16 047,67 CZK, 14,56 amerikanischen Dollar (USD), 51,60 Euro und 82 300 CZK kein pfändbares Vermögen mehr besaß, wobei diese Beträge letztlich von den Zollbehörden eingezogen wurden.

131    Die Kommission bestreitet weder das Ergebnis der von den tschechischen Zollbehörden durchgeführten Untersuchung zum Vermögen der Gesellschaft BAIDE noch die Schlussfolgerungen und Finanzdaten, die in den oben in Rn. 130 genannten Dokumenten enthalten sind. Sie bestreitet auch nicht, dass die Feststellung der Einstellung der Tätigkeit der Gesellschaft BAIDE unmittelbar mit der Tatsache in Zusammenhang steht, dass diese Gesellschaft, abgesehen von den oben genannten Beträgen, seitdem in der Tschechischen Republik über kein pfändbares Vermögen verfügte.

132    Schließlich behauptet die Kommission nicht, dass die Tschechische Republik ein höheres Vermögen hätte pfänden können als das schließlich nach der Vorlage des OLAF‑Berichts gepfändete.

133    Die Kommission wirft der Tschechischen Republik zwar vor, nach dem Ende der Inspektionsmission nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt zu haben, sie hat jedoch in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sie nicht behaupten wolle, dass die Tschechische Republik unabhängig von den nach der Vorlage des OLAF‑Berichts durchgeführten Maßnahmen einen höheren Betrag hätte einziehen müssen als den nach der Vorlage dieses Berichts eingezogenen.

134    Insoweit hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung in Beantwortung einer ihr zu diesem Punkt gestellten Frage ausgeführt, dass „die Tschechische Republik verpflichtet [war], die Zölle zu dem Zeitpunkt festzustellen, zu dem [die Gesellschaft BAIDE] noch im tschechischen Hoheitsgebiet tätig war, also zu einem Zeitpunkt zwischen Ende November 2007 … und Ende Februar 2008“, und dass sie „[somit] mehr Geld [hätte] erhalten können, wenn sie die Zollschuld früher festgestellt hätte“.

135    Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles konnte die Tschechische Republik, wie oben in den Rn. 123 und 124 festgestellt, die Übermittlung des für Anfang 2008 angekündigten OLAF‑Berichts abwarten, ohne vor diesem Zeitpunkt die im Rahmen der Inspektionsmission gesammelten Beweise anzufordern. In diesem Zusammenhang und unter Berücksichtigung der Frist, die für die Beschaffung dieser Dokumente, für ihre Analyse durch die tschechischen Behörden und die Durchführung eines Steuerberichtigungsverfahrens erforderlich gewesen wäre, kann die Kommission nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Tschechische Republik einen höheren Betrag an Eigenmittelansprüchen hätte beitreiben können, wenn sie diese früher festgestellt hätte.

136    Unter diesen Umständen ergibt sich aus der Beweisaufnahme unter Berücksichtigung des Akteninhalts und der zwischen den Parteien ausgetauschten Argumente, dass die Einstellung der Tätigkeit der Gesellschaft BAIDE einen nicht von der Tschechischen Republik zu vertretenden Grund darstellen konnte, der diesen Mitgliedstaat nach dem oben in Rn. 77 wiedergegebenen Art. 17 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1150/2000 rechtmäßig von der Pflicht entbinden konnte, den streitigen Betrag der Union zur Verfügung zu stellen.

137    Da die Einstellung der Tätigkeit der Gesellschaft BAIDE vor der Vorlage des OLAF‑Berichts erfolgte, vermag auch der Umstand, selbst wenn man ihn als begründet unterstellt, dass die Tschechische Republik nach der Vorlage dieses Berichts verspätet gehandelt habe, an der Beurteilung der Verpflichtung der Tschechischen Republik, den streitigen Betrag zur Verfügung zu stellen, nichts zu ändern.

 Verpflichtung, eine Sicherheit für die Einziehung des streitigen Betrags zu verlangen

138    Die Kommission macht jedoch geltend, die Tschechische Republik habe bei den Kontrollen vor der Überlassung der in Rede stehenden Waren Kenntnis vom Risiko des Betrugs durch die Gesellschaft BAIDE gehabt. Sie hätte daher vor der Überführung dieser Waren in den zollrechtlich freien Verkehr, wie oben in Rn. 61 ausgeführt, eine hinreichende Sicherheit verlangen müssen, um die Differenz zwischen dem Betrag der von dieser Gesellschaft angemeldeten Zölle und den Abgabenbeträgen abzudecken, denen die Waren letztlich angesichts ernster Zweifel hinsichtlich ihres Ursprungs unterliegen konnten.

139    Die Kommission beruft sich insoweit auf Art. 248 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (ABl. 1993, L 253, S. 1, im Folgenden: Durchführungsverordnung zum Zollkodex).

140    Die Tschechische Republik bestreitet den Standpunkt der Kommission und macht geltend, die Zollbehörden hätten im Rahmen der Kontrollen vor der Überlassung der in Rede stehenden Waren keine Sicherheit verlangen können, da es doch angesichts der vorliegenden Beweise keinen Beweis für eine entstandene oder möglicherweise entstehende Zollschuld gegeben habe.

141    Die Tschechische Republik führt zur Stützung ihrer Argumentation Art. 190 Abs. 1 des Zollkodex an, der bestimmt: „Ist die Sicherheitsleistung nach dem Zollrecht nicht zwingend vorgeschrieben, so steht es im Ermessen der Zollbehörden, eine Sicherheit zu verlangen, wenn die fristgerechte Erfüllung einer entstandenen oder möglicherweise entstehenden Zollschuld nicht sicher gewährleistet ist.“

142    Auf die Aufforderung, ihre Argumentation im Rahmen der oben in Rn. 28 genannten prozessleitenden Maßnahme zu erläutern, hat die Tschechische Republik ausgeführt, dass „keine Vorschrift des zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Zollrechts [vorsah], dass nach der Überführung der Waren in den freien zollrechtlichen Verkehr infolge zusätzlicher Kontrollen oder neuer Informationen eine Sicherheit gemäß [Art. 190 des Zollkodex] verlangt werden kann“. Daraus zog sie den Schluss, dass es somit „unvorstellbar [ist], dass die tschechischen Zollbehörden eine Sicherheit nach dieser Vorschrift verlangt haben“.

143    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, der Tschechischen Republik, um deren Klage im vorliegenden Rechtsstreit entgegenzutreten, nicht vorwirft, nach der Überführung der Taschenfeuerzeuge in den zollrechtlich freien Verkehr keine Sicherheit verlangt zu haben, sondern nur, dass sie bei der Überlassung keine Sicherheit verlangt habe.

144    Unabhängig von ihrer Begründetheit ist somit die Argumentation der Tschechischen Republik betreffend die Voraussetzungen für die Anwendung der nicht zwingend vorgeschriebenen Sicherheitsleistung nach Art. 190 des Zollkodex für die Prüfung der von der Kommission geltend gemachten verpflichtenden Sicherheitsleistung für die Einziehung des streitigen Betrags im vorliegenden Rechtsstreit irrelevant.

145    Insoweit bestreitet die Tschechische Republik nicht, dass die Prüfung der in Rede stehenden Waren in den Anwendungsbereich von Art. 248 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex fällt, der bei Überlassung der Waren eine Sicherheitsleistung vorsieht, um ihre Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr zu genehmigen, für den Fall, dass der aufgrund der Überprüfung festzusetzende Abgabenbetrag höher sein kann als der sich aus den Angaben in der Zollanmeldung ergebende. Sie bestreitet hingegen, dass die Voraussetzungen für seine Anwendung im vorliegenden Fall erfüllt seien.

146    Nach diesen Vorbemerkungen kann darauf hingewiesen werden, dass beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts die Verwaltung des Systems der Eigenmittel der Union den Mitgliedstaaten anvertraut ist und in deren alleiniger Verantwortung liegt (Urteil vom 9. Juli 2020, Tschechische Republik/Kommission, C‑575/18 P, EU:C:2020:530, Rn. 62). In diesem Rahmen sind die Mitgliedstaaten, wie oben in Rn. 77 angeführt, nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1150/2000 verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die Beträge, die den festgestellten Ansprüchen entsprechen, der Kommission zur Verfügung gestellt werden.

147    Es ist daher nach Art. 18 Abs. 1 dieser Verordnung Sache der Mitgliedstaaten, die Prüfungen und Erhebungen in Bezug auf die Feststellung und Bereitstellung der Eigenmittel durchzuführen, die, wie im vorliegenden Fall, aus Zöllen des Gemeinsamen Zolltarifs und anderen Zöllen auf den Warenverkehr mit Drittländern, die von den Organen eingeführt worden sind, bestehen, wie diese Zölle oben in Rn. 69 definiert worden sind.

148    Die Feststellung der Zölle für die buchmäßige Erfassung des Betrags der Abgabe und dessen Mitteilung an den Abgabenschuldner erfolgt gemäß Art. 2 dieser Verordnung nach den Zollvorschriften.

149    Art. 74 Abs. 1 Satz 1 des Zollkodex bestimmt: „Entsteht durch die Annahme einer Zollanmeldung eine Zollschuld, so dürfen die Waren, die Gegenstand dieser Anmeldung sind, dem Anmelder erst überlassen werden, wenn der Zollschuldbetrag entrichtet oder eine Sicherheit geleistet worden ist.“

150    Art. 248 in Titel VIII („Zollbeschau, Feststellungen und sonstige Maßnahmen der Zollstelle“) der Durchführungsverordnung zum Zollkodex bestimmt:

„(1)      Die Überlassung führt zur buchmäßigen Erfassung der Abgaben, wie sie sich aus den Angaben in der Zollanmeldung ergeben. Hält es die Zollstelle für möglich, dass der aufgrund der Überprüfung festzusetzende Abgabenbetrag höher sein kann als der sich aus den Angaben in der Zollanmeldung ergebende, verlangt sie außerdem eine ausreichende Sicherheit, um die Differenz zwischen dem Betrag nach den Angaben in der Zollanmeldung und demjenigen abzudecken, dem die Waren letztlich unterliegen können. Der Anmelder hat jedoch die Möglichkeit, anstatt diese Sicherheit zu leisten, die unmittelbare buchmäßige Erfassung des Abgabenbetrags, dem die Waren letztlich unterliegen können, zu beantragen.

…“

151    Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass die anwendbaren Zölle im Fall der Abgabe einer Zollanmeldung vor Überlassung der Waren entweder entrichtet oder durch eine Sicherheit gedeckt sein müssen. Wenn somit die Zollbehörden der Ansicht sind, dass die Überprüfung der Zollanmeldung zu einem höheren als dem sich aus der Zollanmeldung ergebenden Einfuhrzoll führen kann, wird ihre Überlassung nach Leistung einer ausreichenden Sicherheit zur Deckung der Differenz zwischen diesen Beträgen bewilligt.

152    Auch wenn insoweit Art. 248 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex aufgrund der Verwendung des Verbs „für möglich halten“ den Zollbehörden der Mitgliedstaaten bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Sicherheitsleistung ein gewisses Ermessen einräumt, so ist dieses Ermessen doch durch den in Art. 325 Abs. 1 AEUV aufgestellten Effektivitätsgrundsatz begrenzt, wonach ein effektiver Schutz der finanziellen Interessen der Union vor Betrügereien und sonstigen möglicherweise gegen diese Interessen gerichteten rechtswidrigen Handlungen gewährleistet sein muss.

153    Die Tragweite des Effektivitätsgrundsatzes, soweit er auf die spezifische Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach Art. 325 Abs. 1 AEUV anwendbar ist, die effektive und vollständige Erhebung der Eigenmittel der Union zu gewährleisten, die die Zölle darstellen, kann nicht abstrakt und statisch bestimmt werden, da sie von den Merkmalen der betreffenden Betrügereien und rechtswidrigen Handlungen abhängt, die sich im Übrigen im Laufe der Zeit ändern können.

154    Im vorliegenden Fall macht die Kommission im Rahmen ihres Vorbringens, dass die Tschechische Republik bei Überlassung der in Rede stehenden Waren Kenntnis vom Betrugsrisiko gehabt habe, im Wesentlichen geltend, der klagende Mitgliedstaat sei darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass die fünfstellige Seriennummer „44001“ auf der Unterseite der Taschenfeuerzeuge möglicherweise auf ihren chinesischen Ursprung schließen lasse.

155    Insoweit macht die Kommission erstens geltend, diese Information befinde sich in einer vom OLAF erstellten Dokumentation, die anlässlich eines am 31. Mai und 1. Juni 2005 veranstalteten Seminars verteilt worden sei (im Folgenden: Dokumentation des OLAF von 2005). Die Kommission räumt ein, dass die Tschechische Republik an diesem Seminar nicht teilgenommen habe, macht jedoch geltend, dass sie Adressatin dieser Dokumentation gewesen sei.

156    Die Tschechische Republik bestreitet, die Dokumentation des OLAF von 2005 bekommen zu haben.

157    In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission angegeben, nicht „genau [zu wissen]“, zu welchem Zeitpunkt die Dokumentation des OLAF von 2005 bei der Tschechischen Republik eingegangen sein soll. Sie hat weiter ausgeführt, sie habe keinen „konkreten Beweis“ für die Übersendung dieser Dokumentation an die Tschechische Republik gefunden. Aus den Akten geht entgegen dem Vorbringen der Kommission in der mündlichen Verhandlung auch nicht hervor, dass eine solche Dokumentation der Tschechischen Republik zwischen „Juni und Ende des Jahres [2005]“ übermittelt worden wäre.

158    Zudem geht – entgegen dem Vorbringen der Kommission in der Gegenerwiderung – auch aus der als Anlage D.3 beigefügten und mit 3. Oktober 2016 datierten Mitteilung WOMIS/CZ/2014/5 nicht hervor, dass „die tschechischen Behörden … auf der Grundlage der [Dokumentation des OLAF von 2005] am 22. März 2006 ein Risikoprofil erstellt [haben]“.

159    Schließlich hat die Tschechische Republik zwar in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass das von ihr am 22. März 2006 erstellte Risikoprofil, wie im Übrigen dort ausdrücklich angemerkt, auf der Grundlage von Informationen des OLAF erstellt worden sei, sie hat jedoch angegeben, dass ihr diese Informationen in einer Sitzung mit Vertretern des OLAF übermittelt worden seien, die vom 20. bis 22. März 2006 stattgefunden habe, ohne dass die Kommission zu dieser Behauptung Stellung genommen hätte.

160    Unter diesen Umständen ist nicht erwiesen, dass die Tschechische Republik die Dokumentation des OLAF von 2005 zwischen Juni und Ende des Jahres 2005 erhalten hat.

161    Folglich kann die Kommission nicht geltend machen, dass die Tschechische Republik gegen ihre Verpflichtungen im Bereich der Eigenmittel verstoßen habe, da sie nicht schon 2005 auf der Grundlage der in dieser Dokumentation enthaltenen „hinreichend genauen Informationen über Betrugsrisiken“ vor der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr eine Sicherheit für die Antidumpingzölle verlangt habe, die möglicherweise von der Gesellschaft BAIDE geschuldet werden könnten.

162    Zweitens macht die Kommission geltend, dass die Information zur Seriennummer „44001“, die auf den chinesischen Ursprung der Taschenfeuerzeuge hinweise, auch im Risikoprofil angeführt sei, das die Tschechische Republik am 22. März 2006 erstellt und im folgenden November aktualisiert habe (im Folgenden: Risikoprofil).

163    Aus den Akten ergibt sich, dass das Risikoprofil, wie die Tschechische Republik ausdrücklich vorträgt, erstellt wurde, um „die Aufmerksamkeit der verschiedenen Zollstellen auf die festgestellten Risiken zu lenken und … diese [zu verpflichten], angesichts dieser Risiken gründliche Kontrollen der Waren durchzuführen“. Im Risikoprofil wird, wie auch von der Kommission geltend gemacht, betont, dass „der fünfstellige Zahlencode auf der Unterseite der Feuerzeuge darauf hinweist, dass es sich um Feuerzeuge mit Ursprung in China handeln kann“.

164    Als Erstes macht die Tschechische Republik geltend, die auf der Grundlage des Risikoprofils durchgeführten Kontrollen hätten jedoch nicht den Nachweis ermöglicht, dass die Taschenfeuerzeuge einen anderen als den von der Gesellschaft BAIDE angemeldeten Ursprung hätten.

165    Insoweit verweist die Tschechische Republik auf die Rn. 43 und 44 der Erwiderung, auf die Anlagen C.1a bis C.1f, C.1h bis C.1l und C.2.a bis C.2.n. Wie aus den Antworten auf die schriftlichen Fragen im Rahmen der oben in Rn. 28 angeführten prozessleitenden Maßnahme hervorgeht, verweist sie vor allem darauf, dass sich die Anlagen C.1h und C.2.a bis C.2.n und insbesondere die darin enthaltenen Protokolle auf Einfuhren bezögen, die nach Erstellung des Risikoprofils erfolgt seien.

166    In diesen Anlagen, die eine Auswahl von „Unterlagen über Zollkontrollen“ darstellen, wie sie in dem der Erwiderung beigefügten Verzeichnis aufgeführt sind und die sich auf 24 von 28 der in Rede stehenden Einfuhren beziehen, die im Wesentlichen aus Protokollen über die durchgeführten Kontrollen, aus von der Gesellschaft BAIDE erstellten Rechnungen sowie aus einer Reihe von Fotografien der betreffenden Ladungen und Waren besteht, bezeichnet die Tschechische Republik jedoch nicht die Beweise, auf die sie sich beruft, wenn sie behauptet, dass „keine dieser Kontrollen … Beweise zutage gefördert [hat], die darauf schließen ließen, dass der tatsächliche Ursprung der Waren ein anderer als der angemeldete wäre“.

167    Selbst wenn man unterstellt, dass diese Beweise hinreichend genau bezeichnet wurden, so dass dem Gericht möglich wäre, ihre Begründetheit zu beurteilen, lässt der fragmentarische und unvollständige Charakter einer solchen Dokumentation, die ausdrücklich selektiv vorgelegt wurde, jedenfalls nicht den Schluss zu, dass kein Beweis geeignet gewesen wäre, den chinesischen Ursprung der in Rede stehenden Waren vermuten zu lassen. Wie die Kommission in Rn. 66 der Gegenerwiderung festgestellt hat, wurde den als Anlagen C.1b, C.1f, C.1h bis C.1l, C.2a bis C.2n ausgewählten Unterlagen zudem kein Foto der Taschenfeuerzeuge beigefügt.

168    Auf Nachfrage im Rahmen der oben in Rn. 28 angeführten prozessleitenden Maßnahme hat sich die Tschechische Republik darauf beschränkt, sich auf lediglich zwei zusätzliche Fotografien zu berufen, um geltend zu machen, dass die tschechischen Zollbehörden die vom OLAF genannte Seriennummer „44001“ auf der Unterseite der Taschenfeuerzeuge nicht gefunden hätten, sondern einen anderen aus drei Buchstaben und zwei Ziffern bestehenden Code oder auch gar keinen Code.

169    Die bloße Vorlage von zwei Fotos zur Stützung eines solchen Vorbringens kann jedoch nicht als Nachweis dafür ausreichen, dass „die bei den Zollkontrollen gemachten Fotos“, wie die Tschechische Republik behauptet, den Schluss zulassen, dass die Seriennummer „44001“ auf den streitigen Einfuhren nicht vorhanden gewesen sei. Hinzu kommt, dass zwar die als Anlage F.3 beigefügten Fotos tatsächlich auf der Unterseite einen anderen Code erkennen lassen als den vom OLAF angegebenen, allerdings lässt sich anhand dieser Fotos der Einführer dieser Waren nicht feststellen.

170    Da die streitigen Einfuhren mehrere Millionen Feuerzeuge betrafen, kann das Fehlen – unterstellt, es sei erwiesen – der vom OLAF genannten Seriennummer auf der Unterseite von etwa zehn der von der Gesellschaft BAIDE eingeführten Feuerzeuge, wie sie auf den Fotografien abgebildet sind, die den oben in Rn. 165 angeführten Anlagen beigefügt sind, daher nicht als Nachweis dafür ausreichen, dass die Tschechische Republik keine Zweifel hinsichtlich des chinesischen Ursprungs der Taschenfeuerzeuge hätte haben können.

171    Zudem kann sich die Tschechische Republik, um nachzuweisen, dass die getroffenen Maßnahmen „nichts zutage gefördert hätten, das gezeigt hätte, dass die Waren einen anderen als den angemeldeten Ursprung hatten“, nicht mit Erfolg auf die als Anlage C beigefügten Protokolle berufen, da diese Unterlagen nur die Ergebnisse der Kontrollen, wie sie tatsächlich stattgefunden haben, auf der Grundlage allein der berücksichtigten Umstände belegen.

172    Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass es in Nr. 6.1 der Mitteilung AM 2007/019 der Kommission vom 30. April 2007, die den Mitgliedstaaten im Rahmen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit übersandt wurde, heißt:

„…

Im Zeitraum von Ende 2004 bis Juli 2006 belief sich die Menge der aus Laos in die Gemeinschaft eingeführten Feuerzeuge auf mehr als 80 Millionen Stück.

Bei den Kontrollen entdeckten zwei Mitgliedstaaten (tschechische und belgische Zollbehörden) am Boden von Feuerzeugtanks, die als Ursprungserzeugnisse von Laos angemeldet wurden, den fünfstelligen Code, der von den chinesischen Behörden den Herstellern chinesischer Feuerzeuge zugewiesen wird. In diesem Fall handelte es sich um den Code 44001, den Code, der von den chinesischen Behörden dem in Nr. 7.1.2 genannten Hersteller [nämlich der Gesellschaft BAIDE] zugewiesen wurde.“

173    In Nr. 12 dieser Mitteilung heißt es im Übrigen:

„Es wurde festgestellt, dass der in Nr. 7.1.2 genannte chinesische Hersteller sein europäisches Vertriebszentrum in Prag, in der Tschechischen Republik, eingerichtet hat. Die tschechischen Zollbehörden überprüften die Einfuhrsituation des in Nr. 7.2 genannten und mit dem Ausführer verbundenen Einführers.

Der mit dem Ausführer verbundene Einführer verlagerte die Zollabfertigung unverzüglich von einer Zollstelle auf eine andere, um eine vollständige Kontrolle der Ladungen von Feuerzeugen zu verhindern, die als Ursprungserzeugnisse von Laos angemeldet wurden.

Sodann wurden die Waren für den freien zollrechtlichen Verkehr in der Slowakei freigegeben. Die slowakischen Zollbehörden wurden von den tschechischen Zollbehörden im Juli 2006 über den Transport von Feuerzeugen in Kenntnis gesetzt, und die Einfuhren von zwei Ladungen wurden im August 2006 mit Hilfe des OLAF gestoppt. Als die slowakischen Zollbehörden Sicherheiten zur Deckung der Antidumpingzölle auf die Feuerzeuge verlangten, wurden die Ladungen in ein Zolllager in Prag zurückgesandt.

…“

174    Auf ausdrückliche Aufforderung im Rahmen der oben in Rn. 28 angeführten prozessleitenden Maßnahme, zu den in den Nrn. 6.1 und 12 der oben in den Rn. 172 und 173 wiedergegebenen Mitteilung enthaltenen Angaben Stellung zu nehmen, hat die Tschechische Republik geltend gemacht, dass „die Angaben zur Bedeutung des fünfstelligen Codes in dieser Mitteilung … sehr bruchstückhaft und vage [sind]“. Sie hat jedoch die in Nr. 6.1 dieser Mitteilung erwähnte Tatsache nicht in Frage gestellt, dass die tschechischen Zollbehörden eine solche Seriennummer unabhängig von ihrer genauen Bedeutung auf der Unterseite der von der Gesellschaft BAIDE eingeführten Feuerzeuge entdeckt hatten.

175    Zwar hat die Tschechische Republik auch geltend gemacht, dass eine solche Mitteilung im vorliegenden Rechtsstreit irrelevant sei, da sie nach der Überführung der streitigen Waren in den zollrechtlich freien Verkehr erstellt worden sei, allerdings kann auch dieser Umstand für sich genommen die in dieser Mitteilung enthaltenen Angaben nicht entkräften, wonach die tschechischen Zollbehörden auf der Unterseite der Feuerzeuge die Seriennummer „44001“ entdeckt hatten.

176    Da diese Mitteilung, wie die Tschechische Republik hervorhebt, erst nach der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr übermittelt wurde, kann im Übrigen der Umstand, dass das OLAF in der in Rede stehenden Mitteilung die Leistung einer Sicherheit nicht empfohlen hat, bei der Beurteilung der Verpflichtung der Tschechischen Republik, eine solche Sicherheit bei Überlassung dieser Waren zu verlangen, nicht berücksichtigt werden.

177    Auf neuerliche Aufforderung in der mündlichen Verhandlung, zu den in den Nrn. 6.1 und 12 der Mitteilung AM/2007/019 enthaltenen Angaben Stellung zu nehmen, hat die Tschechische Republik jedoch nichts Konkretes vorgebracht, das sie entkräften könnte. Sie hat im Übrigen nicht bestritten, die slowakischen Zollbehörden vor betrügerischen Einfuhren gewarnt zu haben, wie aus Nr. 12 der Mitteilung AM/2007/019 hervorgeht.

178    Es ist somit festzustellen, dass die Tschechische Republik, obwohl sie aufgefordert worden ist, die in den Nrn. 6.1 und 12 der Mitteilung AM/2007/019 enthaltenen Angaben zu erläutern, nicht in der Lage war, hinreichend genaue und einschlägige Beweise vorzulegen, die sie widerlegen könnten. Sie kann daher nicht geltend machen, die vom OLAF genannte Seriennummer nicht entdeckt zu haben, obwohl sie die slowakischen Behörden auf betrügerische Einfuhren aufmerksam gemacht hat, die als aus Laos stammend deklariert und zuvor von der Gesellschaft BAIDE in ihr Hoheitsgebiet eingeführt worden waren.

179    Wenn die Tschechische Republik versucht, die Relevanz der vom OLAF übermittelten Informationen für die Beurteilung des Ursprungs der in Rede stehenden Waren zu bestreiten, indem sie, wie oben in Rn. 174 angeführt, geltend macht, dass es ihr deren Lückenhaftigkeit im Wesentlichen nicht ermöglicht habe, sich ihrer Bedeutung sicher zu sein, so steht fest, dass sie, wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, das OLAF nicht zur Richtigkeit der so übermittelten Informationen befragt hat, obwohl sie diese unverändert in das Risikoprofil übernommen hat.

180    Zudem ist darauf hinzuweisen, dass es Sache der Zollbehörden der Mitgliedstaaten ist, für die Anwendung des Zollrechts der Union zu sorgen und insbesondere geeignete Zollkontrollen durchzuführen, um die finanziellen Interessen der Union effektiv zu schützen. Die Erfüllung dieser Aufgabe erfordert seitens dieser Behörden eine kontinuierliche, kohärente und systematische Arbeit. Auch wenn die auf Unionsebene durchgeführten Zollkontrollen die Mitgliedstaaten unterstützen sollen, können sie somit jedenfalls nicht die ihnen obliegende Tätigkeit der Kontrolle und des effektiven Schutzes der finanziellen Interessen der Union ersetzen.

181    Schließlich erforderte das Verlangen einer Sicherheit für die Einziehung des streitigen Betrags entgegen dem Vorbringen der Tschechischen Republik bei Überlassung der in Rede stehenden Waren nicht die Gewissheit, dass ihr Ursprung von dem angemeldeten Ursprung abwich, sondern nur das Vorhandensein von Indizien, die bei der Kontrolle dieser Waren zur Festsetzung eines höheren Abgabenbetrags als dem sich aus der Zollerklärung ergebenden führen konnten.

182    Insoweit kann die Tschechische Republik heute nicht geltend machen, sie habe nur einen vagen Verdacht hinsichtlich des betrügerischen Charakters der streitigen Einfuhren haben können, obwohl sie selbst im Risikoprofil anerkannt hat, dass „ein begründeter Verdacht der Umgehung der Zollvorschriften [besteht]“, und klargestellt hat, dass das Ziel der internen Kontrolle darin bestanden habe, „alle möglichen Maßnahmen zu treffen, um die Umgehung der Antidumpingzölle durch eine andere zolltarifliche Einstufung oder eine andere Ursprungserklärung der Waren zu verhindern“, und angegeben hat, dass gegebenenfalls empfohlen werde, „eine Beschlagnahme in Höhe des Antidumpingzolls durchzuführen“.

183    Die Tschechische Republik hat im Übrigen, wie oben in Rn. 178 ausgeführt, die slowakischen Zollbehörden vor den betrügerischen Einfuhren gewarnt. Sie hat auch nach der Verabschiedung des Risikoprofils eine Reihe von Maßnahmen erlassen, die zumindest zeigen, dass ihr das Betrugsrisiko seit der Erstellung dieses Profils bekannt war. Die Tschechische Republik bestreitet nicht, wie die Kommission in Rn. 15 der Klagebeantwortung hervorgehoben hat, dass sie am 13. April 2006 wegen des Verdachts des Betrugs durch die Gesellschaft BAIDE ein Schreiben an das OLAF gesandt und am 28. August 2006 eine Untersuchung betreffend diese Gesellschaft eingeleitet hat. Sie bestreitet auch nicht, dem OLAF vor der Inspektionsmission die Liste der streitigen Einfuhren, deren Ursprung überprüft werden sollte, übermittelt zu haben.

184    Gleichwohl macht die Tschechische Republik als Zweites geltend, dass sie, selbst wenn sie aufgrund der Informationen des OLAF verpflichtet gewesen wäre, eine Sicherheit für die Einziehung des streitigen Betrags zu verlangen, diese hätte freigeben müssen, da die laotischen Behörden die Echtheit der Ursprungszeugnisse der in Rede stehenden Waren bestätigt hätten und es „keinen Beweis für das Gegenteil“ gebe.

185    Unabhängig von der rechtlichen Bedeutung, die im Rahmen des Rechtsstreits den Erklärungen der laotischen Behörden zugeschrieben werden kann, konnte jedoch der bloße Umstand, dass sie die Echtheit der von der Gesellschaft BAIDE in zwei der 28 Fälle streitiger Einfuhren vorgelegten Ursprungszeugnisse bestätigt hatten, jedenfalls nicht ausreichen, um die Zweifel auszuräumen, die die Tschechische Republik selbst aufgrund der vom OLAF übermittelten Informationen hinsichtlich sämtlicher Einfuhren der Gesellschaft BAIDE aus Laos hatte.

186    Allenfalls hätten die von der Gesellschaft BAIDE vorgelegten Bescheinigungen als Indizien für den laotischen Ursprung der Taschenfeuerzeuge dienen können, und zwar nur dann, wenn ein solcher Ursprung durch die bei Überlassung der in Rede stehenden Waren im Besitz der Tschechischen Republik befindlichen übrigen Beweise untermauert und nicht, wie im vorliegenden Fall, entkräftet worden wäre.

187    Nach alledem war die Tschechische Republik nach Art. 248 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex verpflichtet, für die Erhebung der Antidumpingzölle, die von der Gesellschaft BAIDE ab dem Zeitpunkt der Annahme des Risikoprofils, also ab 22. März 2006, geschuldet werden konnten, eine Sicherheit zu verlangen.

 Allgemeine Schlussfolgerung zum Vorliegen einer ungerechtfertigten Bereicherung der Union

188    Wie aus den Rn. 123 und 124 oben hervorgeht, war die Tschechische Republik in der Lage, die von der Gesellschaft BAIDE geschuldeten Antidumpingzölle auf die streitigen Einfuhren ab dem Zeitpunkt der Vorlage des OLAF‑Berichts festzustellen.

189    Wie oben in Rn. 129 festgestellt, erfolgte die Vorlage des OLAF‑Berichts jedoch nach Einstellung der Tätigkeit der Gesellschaft BAIDE.

190    Im Einklang mit der Schlussfolgerung in Rn. 136 war die Einstellung der Tätigkeit der Gesellschaft BAIDE vor der Vorlage des OLAF‑Berichts geeignet, einen nicht von der Tschechischen Republik zu vertretenden Grund im Sinne von Art. 17 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1150/2000 darzustellen, der sie rechtmäßig von der Pflicht befreien konnte, den streitigen Betrag der Union zur Verfügung zu stellen, da im Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik kein Vermögen mehr beschlagnahmt werden konnte.

191    Es ist jedoch oben in Rn. 187 festgestellt worden, dass die Tschechische Republik auf der Grundlage von Art. 248 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zum Zollkodex verpflichtet war, eine Sicherheit für die von der Gesellschaft BAIDE ab 22. März 2006 geschuldeten Antidumpingzölle zu verlangen.

192    Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die streitigen Einfuhren, wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, zwischen dem 26. September 2005 und dem 1. März 2007 erfolgten. Zudem hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die Verpflichtung der Sicherheitsleistung alle streitigen Einfuhren betreffen müsse.

193    Aus dem Dokument in Anlage F.1 sowie der Tabelle in Anlage B.7 geht hervor, dass ab 22. März 2006 16 Einfuhren stattfanden, die erste am 11. April 2006 und die letzte am 1. März 2007.

194    Nach alledem ist der Schluss zu ziehen, dass eine ungerechtfertigte Bereicherung der Union in Höhe des streitigen Betrags vorliegt, der den von der Gesellschaft BAIDE geschuldeten Antidumpingzöllen auf die ersten zwölf Einfuhren von Taschenfeuerzeugen entspricht, die zwischen dem 26. September 2005 (erstmals) und dem 20. Februar 2006 (letztmals), genauer gesagt am 26. September, am 7., 15., 27., 29., 30. November 2005, am 3., 10., 16., 17., 27. Januar und am 20. Februar 2006, stattfanden.

195    Folglich ist der Klage stattzugeben, soweit sie auf die Erstattung des oben in Rn. 194 genannten Betrags an die Tschechische Republik gerichtet ist, d. h. unter Berücksichtigung der in Anlage F.1 vorgelegten und von der Kommission nicht bestrittenen Finanzdaten des Betrags von 17 828 399,66 CZK, der als Eigenmittel der Union auf das dafür vorgesehene Konto der Kommission eingezahlt wurde.

196    Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

197    Nach Art. 134 Abs. 3 der Verfahrensordnung trägt jede Partei ihre eigenen Kosten, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

198    Da im vorliegenden Fall die Tschechische Republik und die Kommission mit ihrem Vorbringen teils obsiegt haben und teils unterlegen sind, sind jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

199    Das Königreich Belgien und die Republik Polen tragen gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Klage der Tschechischen Republik wird stattgegeben, soweit sie auf die Erstattung durch die Europäische Union des Betrags von 17 828 399,66 tschechischen Kronen (CZK) gerichtet ist, die als Eigenmittel der Europäischen Union gezahlt wurden.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Marcoulli

Schwarcz

Norkus

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Mai 2022.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Tschechisch.