Language of document : ECLI:EU:T:2006:258

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte erweiterte Kammer)

19. September 2006(*)

„EGKS – Staatliche Beihilfen – Umweltschutzbeihilfen – Beihilfe Italiens zugunsten des Stahlunternehmens Lucchini – Ablehnung der Genehmigung der beabsichtigten Beihilfe – Anwendbarer rechtlicher Rahmen – Zulässigkeit der Förderung der gemeldeten Investitionen durch Umweltschutzbeihilfen – Voraussetzungen der Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt – Begründung“

In der Rechtssache T‑166/01

Lucchini SpA, mit Sitz in Brescia (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. Vezzoli und G. Belotti,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Kreuschitz und V. Di Bucci als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung des Artikels 1 der Entscheidung 2001/466/EGKS der Kommission vom 21. Dezember 2000, soweit durch ihn die staatliche Beihilfe in Höhe von 13,5 Milliarden ITL (6,98 Millionen Euro), die Italien zugunsten des Stahlunternehmens Lucchini SpA gewähren will, für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird (ABl. 2001, L 163, S. 24),

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin P. Lindh sowie der Richter R. García‑Valdecasas und J. D. Cooke,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. März 2004

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Artikel 4 KS bestimmt:

„Als unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl werden innerhalb der Gemeinschaft gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags aufgehoben und untersagt:

c)      von den Staaten bewilligte Subventionen oder Beihilfen oder von ihnen auferlegte Sonderlasten, in welcher Form dies auch immer geschieht;

…“

A –  Kodex für Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie

2        Um den Erfordernissen der Umstrukturierung der Eisen‑ und Stahlindustrie gerecht zu werden, erließ die Kommission zu Beginn der achtziger Jahre auf der Grundlage des Artikels 95 EGKS-Vertrag eine gemeinschaftliche Regelung, mit der in bestimmten, abschließend aufgezählten Fällen staatliche Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie zugelassen wurden. Diese Regelung wurde später mehrfach geändert, um den konjunkturellen Schwierigkeiten der Eisen- und Stahlindustrie zu begegnen. Die verschiedenen in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen werden gemeinhin als „Stahlbeihilfenkodizes“ bezeichnet.

3        Die Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS der Kommission vom 18. Dezember 1996 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen‑ und Stahlindustrie stellt den vom 1. Januar 1997 bis zum 22. Juli 2002 geltenden sechsten Stahlbeihilfenkodex dar. Der Kodex legt die Voraussetzungen fest, unter denen von einem Mitgliedstaat, den Gebietskörperschaften oder aus staatlichen Mitteln finanzierte Beihilfen für die Eisen‑ und Stahlindustrie als vereinbar mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinsamen Marktes angesehen werden können.

4        In Artikel 1 des Beihilfenkodex heißt es:

„(1) Alle Beihilfen zugunsten der Eisen‑ und Stahlindustrie, … können nur dann als Gemeinschaftsbeihilfen und somit als mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinsamen Marktes vereinbar angesehen werden, wenn sie den Bestimmungen der Artikel 2 bis 5 entsprechen.

(3) Beihilfen im Sinne dieser Entscheidung dürfen nur nach Durchführung des in Artikel 6 vorgesehenen Verfahrens gewährt … werden.“

5        Artikel 3 mit der Überschrift „Umweltschutzbeihilfen“ bestimmt:

„Umweltschutzbeihilfen können als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, sofern sie mit den Regeln übereinstimmen, die in dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen festgelegt sind, der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 72 vom 10. März 1994 veröffentlicht wurde, und in Einklang mit Kriterien für dessen Anwendung auf EGKS-Stahlunternehmen stehen, wie im Anhang der vorliegenden Entscheidung ausgeführt.“

6        Artikel 6 mit der Überschrift „Verfahren“ bestimmt in den Absätzen 1 und 2, dass alle Vorhaben zur Gewährung von Beihilfen und alle Finanzierungsmaßnahmen unter Einsatz öffentlicher Mittel zugunsten von Stahlunternehmen bei der Kommission anzumelden sind, die ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt prüft. Nach Artikel 6 Absatz 4 dürfen die geplanten Maßnahmen nur mit Zustimmung der Kommission durchgeführt werden, wobei die von der Kommission festgelegten Bedingungen einzuhalten sind.

7        Artikel 6 Absatz 5 des Kodex bestimmt:

„Ist die Kommission der Auffassung, dass eine bestimmte Finanzmaßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 1 sein könnte, oder bezweifelt sie, dass eine bestimmte Beihilfe mit dieser Entscheidung vereinbar ist, so unterrichtet sie den betreffenden Mitgliedstaat und gibt den betroffenen Dritten sowie den übrigen Mitgliedstaaten Gelegenheit, sich zu äußern. Stellt die Kommission, nach Eingang der Stellungnahmen und nachdem sie dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Äußerung hierzu gegeben hat, fest, dass es sich in dem gegebenen Fall um eine Beihilfe handelt, die mit den Bestimmungen der vorliegenden Entscheidung nicht vereinbar ist, so erlässt sie spätestens drei Monate nach Eingang der zur Beurteilung der betreffenden Beihilfe erforderlichen Auskünfte eine Entscheidung. Kommt ein Mitgliedstaat der Entscheidung nicht nach, gilt Artikel 88 EGKS-Vertrag.“

B –  Rahmen für Umweltschutzbeihilfen

8        Der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. 1994, C 72, S. 3; im Folgenden: Gemeinschaftsrahmen), der für den EG-Vertrag gilt, bestimmt in Ziffer 3, welche Bedingungen die Unterstützungen bestimmter Unternehmen aus staatlichen Mitteln aus Gründen des Umweltschutzes erfüllen müssen, um genehmigt werden zu können.

9        Ziffer 3.2 des Gemeinschaftsrahmens betrifft Investitionsbeihilfen. In Ziffer 3.2.1 heißt es:

„Investitionsbeihilfen für … Anlagen und Ausrüstungsgüter können innerhalb der Grenzen des Gemeinschaftsrahmens genehmigt werden, wenn sie auf die Verringerung bzw. Beseitigung von Verschmutzung und Schadstoffen oder die entsprechende Anpassung von Produktionsverfahren und Produkten abzielen. Beihilfefähig sind ausschließlich die zur Verwirklichung der Umweltziele erforderlichen Mehrkosten. Allgemeine Investitionskosten, die nicht dem Umweltschutz zugerechnet werden können, sind auszuschließen. Daher sind Investitionsgrundkosten für Neu‑ oder Ersatzanlagen nicht beihilfefähig, wenn sie ausschließlich der Schaffung oder Ersetzung von Produktionskapazitäten dienen, ohne den Umweltschutz zu verbessern. Ebenso müssen die beihilfefähigen Kosten bei Investitionen in bestehende Anlagen, die sowohl zur Kapazitätserhöhung als auch zur Verbesserung des Umweltschutzes führen, in einem angemessenen Verhältnis zur ursprünglichen Kapazität der betreffenden Anlage stehen … Beihilfen, die angeblich Umweltzwecken dienen, in Wirklichkeit aber allgemeine Investitionen fördern, sind von diesem Gemeinschaftsrahmen grundsätzlich auszuschließen …“

10      In Ziffer 3.2.3 des Rahmens wird anschließend ausgeführt, dass Investitionsbeihilfen für Umweltzwecke bis zu einer bestimmten Höhe zulässig sind. Es wird unterschieden zwischen erstens (3.2.3.A) Beihilfen zur Anpassung an neue verbindliche Umweltnormen, zweitens (3.2.3.B) Beihilfen an Unternehmen, die die verbindlichen Umweltnormen übertreffen, und drittens (3.2.3.C) Beihilfen bei Fehlen verbindlicher Umweltnormen.

11      Im ersten Fall (Fall A) können Beihilfen für Investitionen mit dem Ziel der Anwendung neuer verbindlicher Normen oder anderer neuer Rechtsvorschriften, die mit einer Anpassung der Anlagen und Ausrüstungen an die neuen Erfordernisse einhergehen, bis zu einer Höhe von 15 % brutto der beihilfefähigen Kosten genehmigt werden. Die Beihilfen kommen nur für Anlagen in Betracht, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens neuer Normen oder Vorschriften seit mindestens zwei Jahren in Betrieb sind. Darüber hinaus wird angegeben, dass Unternehmen, die mehr als zwei Jahre alte Anlagen nicht einfach anpassen, sondern durch normenkonforme Neuanlagen ersetzen wollen, Beihilfen für den Teil der Investitionskosten erhalten können, der den Kosten für die Anpassung der Altanlagen entspricht.

12      Im zweiten Fall (Fall B) sind Beihilfen für Investitionen, mit denen ein gegenüber geltenden Normen deutlich höheres Umweltschutzniveau erreicht werden soll, bis zu einer Höchstgrenze von 30 % der beihilfefähigen Kosten zulässig. Dazu wird näher ausgeführt: „Die Höhe der hierfür tatsächlich gewährten Beihilfen muss in einem angemessenen Verhältnis zu der mit ihnen erzielten Verbesserung des Umweltschutzes und der dazu erforderlichen Investition stehen … Beinhaltet ein Vorhaben sowohl die Anpassung an neue Normen als auch Verbesserungen gegenüber den bestehenden Normen, gilt für die getrennt anzugebenden beihilfefähigen Kosten jeder Kategorie die entsprechende Höchstgrenze.“

13      Im dritten Fall (Fall C) können für Investitionen Beihilfen in der gleichen Höhe und unter denselben Bedingungen wie im zweiten Fall gewährt werden.

C –  Der Anhang des Kodex

14      Im Anhang des Kodex mit der Überschrift „Kriterien für die Anwendung des Gemeinschaftsrahmens … auf die Stahlindustrie“ heißt es in der Einleitung, dass die Kommission bei der Gewährung von Umweltschutzbeihilfen in geeigneten Fällen strenge Bedingungen und Sicherungen auflegt, um versteckte Investitionsbeihilfen für neue Anlagen oder Ausrüstungen zu verhindern.

15      Dieser Anhang ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil mit der Überschrift „Beihilfen für Unternehmen zur Anpassung an neue verbindliche Umweltnormen“ bestimmt in Buchstabe b:

„Hinsichtlich Unternehmen, die mehr als zwei Jahre alte Anlagen oder Ausrüstungen nicht einfach anpassen, sondern durch normenkonforme Neuanlagen ersetzen wollen, wird folgendes Vorgehen angewandt:

ii)      Die Kommission untersucht die wirtschaftlichen und umweltpolitischen Hintergründe einer solchen Entscheidung. Grundsätzlich sind Neuinvestitionen, die aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen des Alters der Anlagen oder Ausrüstungen auf jeden Fall getätigt worden wären, nicht beihilfefähig. Die verbleibende Lebensdauer der Anlage muss noch mindestens 25 % betragen, damit Neuinvestitionen gefördert werden können.“

16      Der zweite Teil mit der Überschrift „Beihilfen als Anreiz für eine spürbare Verbesserung des Umweltschutzniveaus“ sieht vor:

„a)      Im Fall der Unternehmen, die beabsichtigen, die verbindlichen Umweltnormen erheblich zu übertreffen, muss der Investor zusätzlich zu Buchstabe b) Ziffer ii) oben nachweisen, dass eine klare Entscheidung für höhere Umweltnormen getroffen wurde, die zusätzliche Investitionen erfordert, d. h., dass eine kostengünstigere Lösung möglich gewesen wäre, um den neuen Umweltanforderungen gerecht zu werden. Das höhere Beihilfeniveau gilt jedoch nur für das zusätzlich erreichte Umweltschutzniveau. Wenn die Produktionskosten aufgrund dieses deutlich höheren Umweltschutzniveaus zurückgehen, werden alle wirtschaftlichen Vorteile gegengerechnet.

b)      Für Unternehmen, die ein deutlich höheres Umweltschutzniveau erreichen, werden zusätzlich zu Buchstabe b) Ziffer ii) oben alle wirtschaftlichen Vorteile, die sich durch niedrigere Produktionskosten aufgrund dieser spürbaren Verbesserungen ergeben, gegengerechnet.

c)      Neben diesen Kriterien werden auf Investitionen, die ausschließlich zu Zwecken des Umweltschutzes getätigt werden, die im Gemeinschaftsrahmen … festgelegten Kriterien angewandt.“

 Sachverhalt

17      Die Klägerin, die Lucchini SpA, ist ein Stahlunternehmen, das in der Anlage I zum EGKS-Vertrag genannte Erzeugnisse herstellt.

A –  Erklärungen zu produktiven Investitionen

18      Am 10. Dezember 1997 legten die italienischen Behörden der Kommission gemäß der Entscheidung Nr. 3010/91/EGKS der Kommission vom 15. Oktober 1991 über die Auskunftserteilung der Unternehmen der Eisen‑ und Stahlindustrie betreffend ihre Investitionen (ABl. L 286, S. 20) zwei Erklärungen über im Werk Piombino der Firma Lucchini durchgeführte Investitionsvorhaben für die Produktion vor. Nach dem Schreiben der italienischen Behörden vom 18. Juli 2000 betrafen diese Erklärungen zum einen den Austausch des Hochofens gegen einen neuen in den Roheisenerzeugungsanlagen und zum anderen den Austausch der vorhandenen Konverter gegen neue Konverter im Stahlwerk.

B –  Umweltschutzinvestitionsvorhaben betreffende Anmeldungen

19      Mit Schreiben vom 16. März 1999 meldeten die italienischen Behörden bei der Kommission gemäß Artikel 3 des Kodex ein erstes Umweltschutzbeihilfevorhaben an, wobei die Beihilfen der Firma Lucchini für Investitionen im Werk Piombino gewährt werden sollten (erstes Beihilfevorhaben). Die angemeldeten Investitionen bezogen sich auf Umweltschutzmaßnahmen, die darin bestanden, die Umweltschutzausrüstungen der Kokerei, des Hochofens und des Stahlwerks auszutauschen oder zu ergänzen, wobei es insbesondere um die Rauchgasabsaugung der Konverter des Stahlwerks ging.

20      Mit Schreiben vom 19. April 1999 forderte die Kommission zusätzliche Auskünfte zu diesem Vorhaben an. In diesem Schreiben wurde zunächst auf den Inhalt der Bestimmungen im ersten Teil des Anhangs zum Kodex unter Buchstabe b Ziffer ii hingewiesen, nach denen Umweltschutzinvestitionen, die im Stahlsektor aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen des Alters oder der Überalterung der vorhandenen Anlagen getätigt werden – wenn die verbleibende Lebensdauer der Anlage weniger als 25 % beträgt –, nicht beihilfefähig sind. In diesem Zusammenhang wurde in dem Schreiben von den italienischen Behörden die Vorlage eines Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen über die verbleibende Lebensdauer der auszutauschenden Umweltschutzanlagen verlangt, um festzustellen, ob die angemeldeten Investitionen die oben genannte Bedingung erfüllten. Außerdem wurde in diesem Schreiben von den italienischen Behörden die Vorlage von Informationen über die bei den gegenwärtigen Anlagen erreichten und die nach Durchführung der angemeldeten Maßnahmen ins Auge gefassten Umweltverschmutzungswerte sowie über die Verschmutzungswerte, die nach den geltenden Normen erreicht werden mussten, verlangt.

21      Mit Schreiben vom 29. November 1999 antworteten die italienischen Behörden auf die Auskunftsersuchen der Kommission. Zum einen übermittelten sie ein Sachverständigengutachten vom 30. September 1999 (im Folgenden: Sachverständigengutachten), aus dem hervorgeht, dass die verbleibende Lebensdauer der auszutauschenden Anlagen mindestens 25 % betrug. Zum anderen präsentierten die italienischen Behörden das erste Beihilfevorhaben in einer leicht geänderten Fassung, die insbesondere im Anhang vergleichende Tabellen mit den von der Kommission angeforderten Angaben über die Verschmutzungswerte (d. h. die vor und nach den Maßnahmen erreichten Werte und die nach den verbindlichen Normen vorgeschriebenen Werte) für jede Art von Investition in der Kokerei, im Hochofen und im Stahlwerk einschloss.

22      Mit gesondertem Schreiben vom 29. November 1999 meldeten die italienischen Behörden bei der Kommission gemäß Artikel 3 des Kodex ein zweites Umweltschutzbeihilfevorhaben zugunsten der Firma Lucchini für Investitionen im Werk Piombino an (im Folgenden: zweites Beihilfevorhaben). Die angemeldeten Investitionen bezogen sich auf zusätzliche Umweltschutzmaßnahmen in der Kokerei sowie im Wasser‑ und Abwassersystem zur weiteren Reduzierung der Schadstoffemissionen.

23      Mit zwei Schreiben vom 17. Januar 2000 forderte die Kommission zusätzliche Auskünfte zu den in den beiden angemeldeten Beihilfenvorhaben genannten Investitionen an. Was das erste Beihilfevorhaben angeht, forderte die Kommission die italienischen Behörden auf, zu erklären, welches Verhältnis zwischen den in diesem Vorhaben angemeldeten Umweltschutzinvestitionen und den den Hochofen und das Stahlwerk betreffenden produktiven Investitionen besteht, die Gegenstand der im Dezember 1997 vorgelegten Erklärungen gewesen waren. Außerdem forderte die Kommission eine Präzisierung der Schätzung der mit der Durchführung einer Maßnahme im Stahlwerk verbundenen Energieeinsparungen. Was das zweite Beihilfevorhaben angeht, verlangte die Kommission von den italienischen Behörden nähere Angaben zu den die Kokerei und das Wasser‑ und Abwassersystem betreffenden Investitionen in Bezug auf die früheren Umweltverschmutzungswerte und die sich aus den geplanten Maßnahmen ergebenden Verschmutzungswerte im Verhältnis zu den gesetzlichen Vorgaben.

24      Mit zwei Schreiben vom 15. Februar 2000 antworteten die italienischen Behörden auf die die beiden angemeldeten Beihilfevorhaben betreffenden Ersuchen der Kommission und übermittelten die verlangten Auskünfte sowie Tabellen mit den angeforderten Daten über die verschiedenen Umweltverschmutzungswerte.

C –  Entscheidung über die Einleitung des Prüfungsverfahrens nach Artikel 6 Absatz 5 des Kodex und Erklärungen der italienischen Behörden

25      Mit Schreiben vom 26. April 2000 unterrichtete die Kommission die italienischen Behörden von ihrer Entscheidung, das Verfahren des Artikels 6 Absatz 5 des Kodex in Bezug auf die beiden angemeldeten Beihilfevorhaben zugunsten der Firma Lucchini in einer Gesamthöhe von 13,5 Milliarden ITL (10,7 Milliarden ITL im Rahmen des ersten Beihilfevorhabens und 2,8 Milliarden ITL im Rahmen des zweiten Beihilfevorhabens) für Investitionen im Werk Piombino mit Gesamtkosten von 190,9 Milliarden ITL (152,5 Milliarden ITL im Rahmen des ersten Beihilfevorhabens und 38,4 Milliarden ITL im Rahmen des zweiten Beihilfevorhabens) einzuleiten. Die Entscheidung über die Einleitung des Prüfungsverfahrens wurde am 1. Juli 2000 veröffentlicht (ABl. C 184, S. 2; im Folgenden: Einleitungsentscheidung).

26      In dieser Entscheidung wurde insbesondere festgestellt, dass eine erste Bewertung der vorliegenden Informationen zu dem Schluss führe, dass die Investitionen vor allem aus wirtschaftlichen Gründen getätigt worden seien und dass, selbst wenn die notifizierten Investitionen nicht unmittelbar an neue Produktionsanlagen geknüpft seien, die notwendig gewesen seien, um die Modernisierung und die Erweiterung der Produktionsanlagen zu gewährleisten bzw. um die neu installierte Produktionskapazität ausschöpfen zu können, und dass die italienischen Behörden nicht den Beweis erbracht hätten, dass die Investitionen aus Gründen des Umweltschutzes und nicht aus wirtschaftlichen Gründen getätigt worden seien. Außerdem wurde in der Einleitungsentscheidung hervorgehoben, dass die italienischen Behörden nicht den Beweis erbracht hätten, dass der Investor eine klare Entscheidung für höhere Umweltnormen getroffen habe, die zusätzliche Investitionen erfordere, d. h., dass eine kostengünstigere Lösung möglich gewesen wäre, um den gesetzlichen Umweltanforderungen gerecht zu werden.

27      Im Übrigen wurde in der Einleitungsentscheidung festgestellt, dass fraglich sei, ob sich die notifizierten Investitionen nicht doch auf die Produktion auswirkten.

28      Mit Schreiben vom 18. Juli 2000 antworteten die italienischen Behörden auf die von der Kommission in der Einleitungsentscheidung zum Ausdruck gebrachten Vorbehalte und bestätigten erneut die ausschließlich auf den Umweltschutz ausgerichtete und nicht wirtschaftliche oder produktionsbezogene Zielsetzung der notifizierten Investitionen.

D –  Die angefochtene Entscheidung

29      Am 21. Dezember 2000 erließ die Kommission die Entscheidung 2001/466/EGKS über die staatliche Beihilfe, die Italien zugunsten der Stahlunternehmen Lucchini SpA und Siderpotenza SpA gewähren will (ABl. 2001, L 163, S. 24; im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

30      Zum Abschluss ihrer Würdigung der Beihilfen anhand von Artikel 3 des Kodex und der Bestimmungen, auf die dieser Artikel verweist, nämlich den Anhang des Kodex und den Gemeinschaftsrahmen (siehe Begründungserwägungen 22 bis 24 der angefochtenen Entscheidung) vertritt die Kommission zum einen die Auffassung, dass die „angemeldete Beihilfe zugunsten der Lucchini SpA für Investitionen in den Bereichen Kokerei, Stahlwerk und Hochofen im Gesamtumfang von 13,5 Mrd. ITL … nach den Bestimmungen über staatliche Umweltschutzbeihilfen nicht zulässig [ist], weil die italienischen Behörden nicht nachgewiesen haben, dass die Durchführung der Investitionen nicht aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte“. Zum anderen führt sie aus: „Die Prüfung der angemeldeten Beihilfen anhand detaillierter Kriterien führt zu dem Ergebnis, dass sie … die gestellten Anforderungen nicht erfüllen.“ Insbesondere stellt sie fest: „Die angemeldeten Kosten beziehen sich nicht ausschließlich auf die zur Verbesserung des Umweltschutzes erforderlichen Mehrkosten, nicht alle erzielten Kostenvorteile wurden gegengerechnet und in einigen Fällen kann angesichts der erzielten Schadstoffreduzierung nicht von einer ‚spürbaren‘ Verbesserung die Rede sein“ (39. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung).

31      Demzufolge bestimmt Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung:

„Die staatliche … Beihilfe … in Höhe von 13,5 Mrd. ITL …, die Italien de[m] Stahlunternehmen Lucchini … gewähren will, [ist] … mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Aus diesem Grund … [darf] diese Beihilfe … nicht gewährt werden.“

 Verfahren und Anträge der Parteien

32      Mit Klageschrift, die am 23. Juli 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

33      Die Klägerin hat beantragt, im Rahmen einer Beweiserhebung gemäß Artikel 23 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes die Vorlage der Verwaltungsakte der Kommission und insbesondere der darin enthaltenen Schriftstücke und technischen Angaben anzuordnen, aufgrund deren die Kommission den Umweltschutzcharakter der notifizierten Investitionen ausgeschlossen hatte. Die Kommission hat dem Gericht die Akte mit dem Antrag übermittelt, diese nicht zu den Gerichtsakten zu geben und sie damit nicht an die Klägerin zu übermitteln, und hat in diesem Zusammenhang einen Antrag auf vertrauliche Behandlung gestellt.

34      Nach einem Schriftwechsel zwischen der Kommission und dem Gericht hat die Kommission dem Gericht mit Schreiben vom 14. November 2002 mitgeteilt, dass die Verwaltungsakte keine anderen technischen Angaben oder Berichte enthalte als diejenigen, die von den italienischen Behörden übermittelt und von der Klägerin in der Anlage zu ihrer Klageschrift bereits vorgelegt worden seien.

35      Mit Schreiben vom 7. Februar 2003 hat die Klägerin ihren Antrag auf Einsichtnahme in die Verwaltungsakte zurückgenommen.

36      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

37      In der mündlichen Verhandlung, die am 18. März 2004 stattgefunden hat, haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts, Fünfte erweiterte Kammer, unter Mitwirkung der Präsidentin P. Lindh, der Richter R. García-Valdecasas, J. D. Cooke und P. Mengozzi sowie der Richterin M. E. Martins Ribeiro, beantwortet.

38      Die Klägerin beantragt,

–        Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

–        gegebenenfalls die Erstellung eines Sachverständigengutachtens darüber anzuordnen, zu welcher Kategorie die bei der Kommission angemeldeten Investitionen gehören, mit dem nachgewiesen werden soll, dass die früheren Umweltschutzanlagen neben den neuen Produktionsanlagen funktionieren konnten;

–        der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

39      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

40      Die mündliche Verhandlung ist am Ende der Sitzung vom 18. März 2004 geschlossen worden. Da ein Mitglied der Kammer nach dem Ablauf seiner Amtszeit am 3. Mai 2006 daran gehindert war, an der Beratung teilzunehmen, hat gemäß Artikel 32 der Verfahrensordnung des Gerichts der in der Rangordnung im Sinne von Artikel 6 der Verfahrensordnung niedrigste Richter an der Beratung nicht teilgenommen, und die Beratungen des Gerichts sind von den drei Richtern fortgesetzt worden, deren Unterschriften das vorliegende Urteil trägt.

 Entscheidungsgründe

41      Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen auf drei Klagegründe. Der erste Klagegrund wird aus einem Fehler in Bezug auf die im vorliegenden Fall anwendbaren Vorschriften und einem Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung hergeleitet. Der zweite ist auf die Fehlerhaftigkeit der Beurteilung der Kommission in Bezug auf die Unzulässigkeit der notifizierten Beihilfen, einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, eine Umkehrung der Beweislast und einen Begründungsmangel gestützt. Der dritte Klagegrund wird aus der Fehlerhaftigkeit der Beurteilung der Kommission in Bezug auf die Nichtbeachtung der durch den geltenden rechtlichen Rahmen festgelegten Bedingungen für die Vereinbarkeit der Beihilfen, einem Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, einer Umkehrung der Beweislast, einem Begründungsmangel und einem inneren Widerspruch in der in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Argumentation hergeleitet.

A –  Zum ersten Klagegrund: Fehler in Bezug auf die im vorliegenden Fall anwendbaren Vorschriften und Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung

1.     Vorbringen der Parteien

42      Die Klägerin trägt vor, die angefochtene Entscheidung sei auf einer unzutreffenden Rechtsgrundlage erlassen worden. Als Ausnahme von dem in Artikel 4 Buchstabe c KS niedergelegten allgemeinen Grundsatz des Verbots von den Mitgliedstaaten bewilligter Subventionen oder Beihilfen bestimme Artikel 3 des Kodex, dass Umweltschutzbeihilfen unter bestimmten Bedingungen gemäß den Bestimmungen des Anhangs zum Kodex und des Gemeinschaftsrahmens genehmigt werden könnten. Dabei unterscheidet die Klägerin drei Arten von Investitionen, die bei der Kommission von den Mitgliedstaaten angemeldet werden könnten: Erstens die allgemeinen Investitionen und die zur Steigerung der Produktionskapazitäten bestimmten Investitionen, die nicht beihilfefähig seien, da sie mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar seien, und auf die die Bestimmungen des Anhangs des Kodex sowie Ziffer 3.2.1 Sätze 3 ff. und Ziffer 3.2.3 des Gemeinschaftsrahmens anwendbar seien; zweitens die gemischten Investitionen, die gleichzeitig zur Steigerung der Produktionskapazitäten und zum Schutz der Umwelt bestimmt seien, bei denen die nationalen Behörden verpflichtet seien, zwischen den mit der Erhöhung der Produktionskapazitäten verbundenen Kosten und den dem Umweltschutz entsprechenden Kosten zu unterscheiden, da nur die Umweltschutzinvestitionen beihilfefähig sein könnten, wobei der maßgebliche rechtliche Rahmen in diesem Fall der Anhang des Kodex sei; drittens die reinen Umweltschutzinvestitionen, die beihilfefähig seien, wenn sie die in Ziffer 3.2.1 Sätze 1 und 2 des Gemeinschaftsrahmens vorgesehenen Bedingungen unter Ausschluss der sonstigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrahmens und des Anhangs des Kodex erfüllten.

43      Diese Klassifizierung bedeute nicht, dass die von den italienischen Behörden notifizierten reinen Umweltschutzinvestitionen aus dem Anwendungsbereich des Kodex herausfielen. Artikel 3 des Kodex enthalte eine doppelte Verweisung, auf den Anhang des Kodex zum einen und auf den Gemeinschaftsrahmen zum anderen, und diese Verweisung sei nicht kumulativ, sondern alternativ. Logischerweise sei daher anzunehmen, dass der Anhang des Kodex für allgemeine Investitionen und für gemischte Investitionen gelte, während reine Umweltschutzinvestitionen nur durch den Gemeinschaftsrahmen unter Ausschluss des Anhangs des Kodex erfasst würden. Um ihre Argumentation zu untermauern, macht die Klägerin geltend, in dem einleitenden Absatz des Anhangs des Kodex werde angegeben, dass seine Bestimmungen nur in den Fällen anzuwenden seien, wo es eine Überschneidung zwischen Umweltschutzbeihilfen und für Investitionen allgemeiner Art bestimmten Beihilfen gebe, und in Buchstabe c des zweiten Teils des Anhangs des Kodex werde angegeben, dass die Prüfung dieser Investitionen nur anhand der im Gemeinschaftsrahmen festgelegten zusätzlichen Kriterien durchgeführt werden dürfe.

44      Um die Nichtanwendung der Ziffer 3.2.3 des Gemeinschaftsrahmens auf die reinen Umweltschutzinvestitionen zu belegen, macht die Klägerin geltend, die in dieser Vorschrift getroffene Unterscheidung zwischen Beihilfen zur Anpassung an neue verbindliche Umweltnormen, Beihilfen an Unternehmen, die die verbindlichen Umweltnormen übertreffen, und Beihilfen bei Fehlen verbindlicher Umweltnormen stütze sich ausschließlich auf die genehmigte Interventionsschwelle und sei allein in den Fällen maßgeblich, in denen ein Antrag auf Genehmigung einer Beihilfe für eine Interventionsschwelle zwischen 16 % und 30 % gestellt werde. Wenn die Interventionsschwelle erheblich unter der normalen Schwelle von 15 % liege – im vorliegenden Fall habe sie bei 7 % gelegen –, verliere die in Ziffer 3.2.3 vorgenommene Unterscheidung daher ihre praktische Wirksamkeit, und die darin vorgesehene zusätzliche Untersuchung brauche nicht durchgeführt zu werden. Daher habe die Kommission, als sie die Ziffer 3.2.3 des Gemeinschaftsrahmens auf die im vorliegenden Fall notifizierten Umweltschutzbeihilfen angewandt habe, die Vorschriften über die Vereinbarkeit der Beihilfe, d. h. allein die in Ziffer 3.2.1 des Gemeinschaftsrahmens wiedergegebenen, mit den Vorschriften über die Intensität der Beihilfe verwechselt.

45      Demzufolge vertritt die Klägerin die Auffassung, da die notifizierten Investitionen eine ausschließlich ökologische Zielsetzung gehabt hätten, seien die Bestimmungen, auf die die Kommission die angefochtene Entscheidung hätte stützen müssen, streng auf Ziffer 3.2.1 Sätze 1 und 2 des Gemeinschaftsrahmens beschränkt. Bei der angefochtenen Entscheidung hätten daher die Bestimmungen des Anhangs des Kodex sowie die Ziffern 3.2.1 Sätze 3 ff. und 3.2.3 des Gemeinschaftsrahmens nicht berücksichtigt werden dürfen.

46      Schließlich stelle die Entscheidung der Kommission, die maßgeblichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrahmens nicht anzuwenden und darüber hinaus den Anhang des Kodex anzuwenden, einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung dar.

47      Die Kommission macht geltend, dieser Klagegrund entbehre jeder Grundlage. Die Klägerin gebe den geltenden rechtlichen Rahmen nämlich dadurch verzerrt wieder, dass sie die hier maßgeblichen Bestimmungen, insbesondere den Anhang des Kodex, nur zum Teil und fehlerhaft zitiere. Darüber hinaus sei die angefochtene Entscheidung auf den maßgeblichen rechtlichen Rahmen gestützt, und es sei daher kein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung begangen worden.

2.     Würdigung durch das Gericht

48      Im vorliegenden Fall ist die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage des Artikels 4 Buchstabe c KS und unter Berücksichtigung der Vorschriften des Kodex erlassen worden. Nach einer Würdigung der angemeldeten Beihilfen anhand des Artikels 3 des Kodex und der Bestimmungen, auf die dieser Artikel verweist, nämlich des Anhangs des Kodex und des Gemeinschaftsrahmens (siehe angefochtene Entscheidung, 22. bis 24. Begründungserwägung), ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Beihilfen den in diesen Bestimmungen aufgestellten Bedingungen für die Genehmigung einer Umweltschutzbeihilfe im Rahmen des EGKS-Vertrags nicht genügten. Diese Beihilfen seien demzufolge unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt und dürften nicht gewährt werden (siehe angefochtene Entscheidung, 39. Begründungserwägung und Artikel 1).

49      Zunächst ist festzustellen, dass der Kodex unter Abweichung von dem in Artikel 4 Buchstabe c KS niedergelegten Verbotsgrundsatz, nach dem Subventionen oder Beihilfen zugunsten von Stahlunternehmen, in welcher Form dies auch immer geschieht, untersagt sind, und aufgrund von Artikel 95 KS die Bedingungen festlegt, unter denen aus staatlichen Mitteln finanzierte Beihilfen zugunsten der Eisen‑ und Stahlindustrie als mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinsamen Marktes vereinbar angesehen werden können.

50      Für Beihilfen, die nicht unter den Kodex fallen, gilt somit weiterhin Artikel 4 Buchstabe c KS (Urteile des Gerichts vom 24. Oktober 1997 in der Rechtssache T‑239/94, EISA/Kommission, Slg. 1997, II‑1839, Randnr. 72, und vom 16. Dezember 1999 in der Rechtssache T‑158/96, Acciaierie di Bolzano/Kommission, Slg. 1999, II‑3927, Randnr. 60). Auch ist der Kodex eng auszulegen, da er eine Ausnahme von einem Verbotsgrundsatz darstellt (siehe in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 21. Juni 2001 in den Rechtssachen C‑280/99 P bis C‑282/99 P, Moccia Irme u. a./Kommission, Slg. 2001, I‑4717, Randnr. 40, und Urteil des Gerichts vom 25. September 1997 in der Rechtssache T‑150/95, UK Steel Association/Kommission, Slg. 1997, II‑1433, Randnr. 114).

51      Sodann ist zu unterstreichen, dass nach Artikel 3 des Kodex im Eisen‑ und Stahlsektor gewährte Umweltschutzbeihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können, „sofern sie mit den Regeln übereinstimmen, die in dem Gemeinschaftsrahmen … festgelegt sind, … und in Einklang mit Kriterien für dessen Anwendung auf EGKS-Stahlunternehmen stehen, wie im Anhang [des Kodex] ausgeführt“.

52      Dies bedeutet, dass die im Gemeinschaftsrahmen vorgesehenen Bestimmungen, die im Rahmen des EG-Vertrags gelten, auf den Eisen‑ und Stahlsektor, der unter den EGKS-Vertrag fällt, übertragen werden können, wenn sie den im Anhang zum Kodex formulierten Anwendungskriterien genügen. In der Überschrift dieses Anhangs wird daher in besonders bezeichnender Weise angegeben, dass in ihm die „Kriterien für die Anwendung des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen auf die Stahlindustrie“ festgelegt werden. Der Kodex sieht also keine automatische Anwendung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrahmens auf den Stahlbereich vor (Urteil UK Steel Association/Kommission, Randnr. 100), sondern legt in seinem Anhang die Bedingungen für eine solche Anwendung fest.

53      Demzufolge sind nach Artikel 3 des Kodex die auf die vorliegende Rechtssache anwendbaren Bestimmungen diejenigen, die im Anhang zum Kodex vorgesehen sind, und diejenigen, die im Gemeinschaftsrahmen dargestellt sind, sofern sie den im Anhang zum Kodex festgelegten Kriterien für die Anwendung auf die EGKS-Stahlindustrie entsprechen.

54      Der Anhang des Kodex umfasst zwei Teile. Der erste bezieht sich auf Beihilfen für Unternehmen zur Anpassung an neue verbindliche Umweltnormen. Der zweite erfasst Beihilfen als Anreiz für eine spürbare Verbesserung des Umweltschutzniveaus. In diesem Zusammenhang geht aus den von den italienischen Behörden vorgelegten Anmeldungen der Beihilfevorhaben, den Schreiben der italienischen Behörden vom 15. Februar 2000 sowie aus den Erklärungen der italienischen Behörden vom 18. Juli 2000 zur Einleitungsentscheidung hervor, dass die angemeldeten Investitionen ins Auge gefasst wurden, um der Klägerin einen Anreiz für eine spürbare Verbesserung des Umweltschutzniveaus zu geben und sie dazu zu veranlassen, über das hinauszugehen, was ihr die verbindlichen Normen vorschrieben.

55      So wurde in den Erklärungen der italienischen Behörden zur Einleitungsentscheidung angegeben, dass die angemeldeten Beihilfen zugunsten der Klägerin Investitionen betrafen, die von dieser mit dem Ziel getätigt worden waren, „den Umweltschutz im Verhältnis zu den in der früheren Situation erreichten Ergebnissen, die im Übrigen den geltenden Rechtsvorschriften entsprechen, zu verbessern“.

56      Auch wurde in diesen Erklärungen unterstrichen, dass der Austausch der den Hochofen und das Stahlwerk betreffenden Umweltschutzausrüstungen „unabhängig vom Austausch der Produktionsmittel (Hochofen und Konverter des Stahlwerks) mit dem alleinigen Ziel durchgeführt worden [war], die Emissionen im Verhältnis zu den geltenden Rechtsvorschriften, die bereits in der früheren Situation eingehalten worden seien, erheblich zu reduzieren“.

57      Darüber hinaus wurde in diesen Erklärungen auch geltend gemacht, dass „die Firma Lucchini beschlossen [hatte,] für ein signifikant höheres Umweltschutzniveau zu optieren, und zwar unabhängig von den produktiven Investitionen, die keine Investition in Form eines Umweltschutzsystems zur Einhaltung der geltenden Emissionsnormen erfordert hätten, und [dass] daher alle angemeldeten Investitionen als zusätzlich anzusehen [waren]“.

58      Demzufolge konnte die Klägerin keine Beihilfe erhalten, die im Rahmen des ersten Teils des Anhangs des Kodex gewährt wird, der „Beihilfen für Unternehmen zur Anpassung an neue verbindliche Umweltnormen“ erfasst. Da es sich – wie auch die Kommission zu Recht vorträgt – um Beihilfen handelt, die der Klägerin den Anreiz geben sollen, zu einer spürbaren Verbesserung des Umweltschutzniveaus beizutragen und über das hinauszugehen, was ihr die verbindlichen Normen vorschreiben, sind die maßgeblichen Bestimmungen in der vorliegenden Rechtssache die in den Ziffern 3.2.1 und 3.2.3.B des Gemeinschaftsrahmens wiedergegebenen, so wie diese im zweiten Teil des Anhangs des Kodex präzisiert und für die EGKS-Stahlindustrie angepasst werden.

59      Zu Recht hat die Kommission daher die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage von Artikel 4 Buchstabe c KS unter Berücksichtigung des Artikels 3 des Kodex und der Bestimmungen, auf die dieser Artikel verweist, nämlich des Anhangs des Kodex und des Gemeinschaftsrahmens, erlassen.

60      Nachdem diese Zusammenhänge klargestellt sind, kann keines der von der Klägerin geltend gemachten Argumente anerkannt werden.

61      Erstens ist die These der Klägerin, dass die anwendbaren Bestimmungen sich mit Rücksicht auf die drei Kategorien von Investitionen änderten, die im Rahmen staatlicher Beihilfen angemeldet werden könnten, nicht stichhaltig. Diese These widerspricht nämlich dem Wortlaut des Artikels 3 des Kodex, durch den die kumulative Anwendung des Anhangs des Kodex und des Gemeinschaftsrahmens nach den oben dargelegten Modalitäten bestätigt wird, ohne dass in diesem Stadium zwischen verschiedenen Investitionsarten unterschieden wird. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Verweisung in Artikel 3 des Kodex auf den Anhang des Kodex und auf den Gemeinschaftsrahmen nicht kumulativ, sondern alternativ ist.

62      Zweitens ist das Vorbringen der Klägerin, dass der Anhang des Kodex nicht für Investitionen gelte, die reine Umweltschutzinvestitionen seien, rechtlich völlig unbegründet. Wie oben dargelegt worden ist, sieht Artikel 3 des Kodex nämlich vor, dass Umweltschutzbeihilfen in der EGKS-Stahlindustrie sowohl dem Anhang des Kodex als auch dem Gemeinschaftsrahmen entsprechen müssen. Auch kann die Einleitung des Anhangs des Kodex, wonach die Kommission bei „der Gewährung von Umweltschutzbeihilfen … in geeigneten Fällen strenge Bedingungen und Sicherungen auf[erlegt], um versteckte Investitionsbeihilfen für neue Anlagen oder Ausrüstungen zu verhindern“, von der Klägerin nicht zitiert werden, um ihr Vorbringen zu untermauern, wonach der Anhang des Kodex nicht für reine Umweltschutzbeihilfen gelte. Der oben zitierte Text bestätigt nämlich nur, dass für die Kommission die Notwendigkeit besteht, gegebenenfalls zu überprüfen, ob mit einer als reine Umweltschutzinvestition angemeldeten Investition in Wirklichkeit andere nach den geltenden Bestimmungen verbotene Ziele erreicht werden können. Für die angemeldeten Beihilfen, die sehr wohl unter den EGKS-Vertrag fallen, gelten folglich in vollem Umfang sowohl die Kriterien des Gemeinschaftsrahmens als auch die im Anhang des Kodex vorgesehenen Kriterien.

63      Drittens ist das Vorbringen der Klägerin, dass Ziffer 3.2.3 des Gemeinschaftsrahmens nicht für Investitionen gelte, die reine Umweltschutzinvestitionen seien, ebenfalls rechtlich unbegründet. Durch diese Bestimmung werden die Kriterien für die Vereinbarkeit der Beihilfen aufgestellt, und es wird ein Höchstgrad der Intensität je nach dem Ziel festgesetzt, das mit den Investitionen angestrebt wird, d. h. die Anpassung an neue verbindliche Umweltnormen (Fall A), der Anreiz, die verbindlichen Umweltnormen zu übertreffen (Fall B), oder der Schutz der Umwelt bei Fehlen verbindlicher Umweltnormen (Fall C). Der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass die Intensität der angemeldeten Beihilfen unter der im Fall A genannten Intensitätsschwelle von 15 % liegt, lässt daher noch nicht die Schlussfolgerung zu, dass der Fall B, in dem eine Intensitätsschwelle von 30 % vorgesehen ist, nicht vorliegt. Die angemeldeten Beihilfen bleiben nämlich Beihilfen, durch die der Klägerin ein Anreiz gegeben werden soll, die verbindlichen Umweltnormen zu übertreffen, und sind daher im Rahmen der Bestimmungen in Ziffer 3.2.3.B des Gemeinschaftsrahmens zu prüfen.

64      Nach alledem umfasst der für die Beurteilung der hier streitigen Beihilfen maßgebliche rechtliche Rahmen gemäß dem, was in der angefochtenen Entscheidung zum Ausdruck gebracht wird, Artikel 3 des Kodex und die Bestimmungen, auf die dieser Artikel verweist, d. h. den Anhang des Kodex und den Gemeinschaftsrahmen.

65      Die auf die Anwendung eines unzutreffenden rechtlichen Rahmens gestützte Rüge und die auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gestützte Rüge sind daher nicht begründet, und der erste Klagegrund ist in vollem Umfang zurückzuweisen.

B –  Zum zweiten Klagegrund: Fehlerhaftigkeit der Beurteilung der Kommission in Bezug auf die Nichtzulässigkeit der angemeldeten Beihilfen, Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, Umkehrung der Beweislast und Begründungsmangel

1.     Vorbringen der Parteien

66      Mit diesem Klagegrund beanstandet die Klägerin die in den Begründungserwägungen 25 bis 29, 35 und 39 enthaltenen Bewertungen der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Unzulässigkeit der angemeldeten Beihilfen.

67      Die Klägerin führt zunächst aus, die Kommission habe sich getäuscht, als sie behauptet habe, die italienischen Behörden hätten nicht nachgewiesen, dass mit den angemeldeten Investitionen der Umweltschutz habe verbessert werden sollen. Die Kommission habe die Beweislast fälschlicherweise den italienischen Behörden aufgebürdet, denn derartige Beweise, deren Fehlen ausschlaggebend für die angefochtene Entscheidung sei, seien von den italienischen Behörden niemals verlangt worden. Anders als bei dem von den italienischen Behörden auf Ersuchen der Kommission vorgelegten Sachverständigengutachten habe diese von den italienischen Behörden niemals förmlich den Nachweis verlangt, dass mit den angemeldeten Investitionen der Umweltschutz habe verbessert werden sollen, und zwar sogar nachdem die italienischen Behörden mehrfach behauptet hätten, dass diese Beihilfen Umweltschutzcharakter hätten. Nur in dem Fall, dass ein genaues Ersuchen um zusätzliche Erläuterungen und Auskünfte ergangen sei und die nationalen Behörden diesem nicht nachgekommen seien, könne die Kommission aber zu der Schlussfolgerung gelangen, dass diese Behörden ihre Behauptungen nicht untermauert und nicht die Angaben beigebracht hätten, die dafür erforderlich seien, dass die Kommission den Einzelfall beurteilen könne (vgl. in diesem Sinne und in entsprechender Anwendung Urteil des Gerichtshofes vom 29. September 1996 in der Rechtssache C‑241/94, Frankreich/Kommission, Slg. 1996, I‑4551, Randnrn. 36 und 37).

68      Die Kommission entgegnet, die Klägerin berücksichtige die im zweiten Teil des Anhangs des Kodex in Buchstabe a genannte Verpflichtung nicht, wonach der Investor nachweisen müsse, dass eine klare Entscheidung für höhere Umweltnormen getroffen worden sei, die zusätzliche Investitionen erforderten. Diese Verpflichtung erkläre sich aus dem besonders strengen Rahmen der Regelung der Umweltschutzbeihilfen im EGKS-Sektor. Selbst wenn die Klägerin richtigerweise auf Ziffer 3.2.1 des Gemeinschaftsrahmens Bezug nehme, gebe sie außerdem in der Folge auch nicht den kleinsten Hinweis, anhand dessen sich feststellen ließe, dass sie zusätzliche Aufwendungen zu tragen habe, die unbedingt notwendig seien, um ehrgeizigere Umweltziele erreichen zu können. Es sei folglich Sache der Klägerin und der italienischen Behörden, nachzuweisen, dass das Unternehmen, das die Beihilfe erhalte, sich für strengere Umweltnormen entschieden habe, die zusätzliche Investitionen erforderten, dass die angemeldeten Investitionen nicht Zwecken der Produktion dienten, dass es technisch möglich gewesen sei, die alten Umwelteinrichtungen in der Weise weiterzubenutzen, dass sie den neuen Produktionsanlagen angepasst würden, und schließlich, dass die Voraussetzungen für eine Genehmigung erfüllt gewesen seien. In der Einleitungsentscheidung habe die Kommission alle diese Zweifel erwähnt und es damit sowohl dem Mitgliedstaat als auch der Klägerin ermöglicht, alle Beweise zu bestimmen, die vorzulegen gewesen seien, ohne dass es notwendig gewesen wäre, ausdrücklich die Vorlage eines spezifischen Sachverständigengutachtens zu verlangen.

69      Die Klägerin macht sodann geltend, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass die angemeldeten Investitionen wegen des Alters der vorhandenen Umweltschutzanlagen und der Unmöglichkeit der Anpassung dieser Anlagen an die neuen Produktionseinrichtungen notwendig gewesen seien. Die Kommission sei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Anlagen alt seien, ohne sich auf objektive Gesichtspunkte zu stützen und ohne den im Anhang des Kodex vorgesehenen Grundsatz für die Beurteilung der Überalterung der Ausrüstungen zu berücksichtigen, nach dem es auf die verbleibende Lebensdauer der Anlage ankomme. Auch habe die Kommission das auf ihr Ersuchen von den italienischen Behörden übermittelte Sachverständigengutachten vom 30. September 1999 nicht berücksichtigt, das beweise, dass die Umweltschutzanlagen eine verbleibende Lebensdauer von 25 % oder mehr gehabt hätten. Darüber hinaus sei klar, dass die alten Umweltschutzanlagen aus technischer Sicht durchaus in der Lage gewesen seien, die Schadstoffbelastung der neuen Produktionsausrüstung zu tragen.

70      In diesem Punkt beantragt die Klägerin, im Rahmen einer Beweisaufnahme und gemäß den Artikeln 65 und 66 der Verfahrensordnung und Artikel 25 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes die Erstellung eines Sachverständigengutachtens anzuordnen, mit dem bewiesen werden soll, dass die alten Umweltschutzanlagen neben den neuen Produktionsanlagen funktionieren konnten, und zwar um die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nachzuprüfen.

71      Die Kommission entgegnet auf dieses Vorbringen, die Klägerin verwechsle die das im ersten Teil des Anhangs des Kodex in Buchstabe b Ziffer ii genannte Erfordernis einer verbleibenden Lebensdauer der vorhandenen Anlagen von mindestens 25 % betreffende Bedingung mit dem Veraltetsein von Anlagen, das Unternehmen dazu veranlassen könne, die Anlagen unabhängig von deren verbleibender Lebensdauer auszutauschen. Im vorliegenden Fall habe die Kommission sehr wohl das Sachverständigengutachten vom 30. September 1999 berücksichtigt und ziehe die Feststellungen, nach denen die verbleibende Lebensdauer der Anlagen mindestens 25 % betragen habe, nicht in Zweifel. Die angefochtene Entscheidung stütze sich jedoch nicht auf die Nichteinhaltung dieser Bedingungen, sondern darauf, dass diese Anlagen veraltet gewesen seien und dass sie auf jeden Fall im Rahmen der durchgeführten Erneuerung der Produktionsanlagen ausgetauscht worden wären. In der angefochtenen Entscheidung werde nämlich als nicht glaubhaft angesehen, dass das Unternehmen alle seine Produktionsanlagen erneuern könne, während es die alten Umweltschutzausrüstungen weiter funktionieren lasse, ohne dass es irgendetwas gebe, was beweise, dass diese Option technisch durchführbar gewesen sei.

72      In diesem Zusammenhang führt die Kommission aus, in dem Schreiben der italienischen Behörden vom 15. Februar 2000 werde angegeben, dass die produktiven Investitionen nicht wegen des Alters der Anlagen beschlossen worden seien, sondern weil diese veraltet gewesen seien, denn sie hätten den Anforderungen der Produktion nicht mehr genügt. Darüber hinaus gehe aus dem Sachverständigengutachten vom 30. September 1999 hervor, dass die Umweltschutzinvestitionen daraus bestanden hätten, einen Teil der Produktionsanlagen auszutauschen, zu ergänzen oder zu ändern. Zu keinem Zeitpunkt des Verwaltungsverfahrens wie auch des Gerichtsverfahrens sei die Klägerin aber in der Lage gewesen, die wirtschaftliche und produktive Logik zu erklären, die dazu geführt habe, die alten Umweltschutzeinrichtungen wiederzuverwenden, während die Produktionsanlagen, deren Bestandteil sie gewesen seien, ausgetauscht worden seien.

73      Was den Antrag der Klägerin auf Durchführung einer Beweisaufnahme angeht, vertritt die Kommission die Auffassung, eine solche sei ohne Nutzen für die Entscheidung des Rechtsstreits, da das Gericht in Anbetracht des weiten Ermessens, über das sie verfüge, nicht an ihrer Stelle tätig werden und ihre Stellungnahme abändern könne (Beschluss des Präsidenten der Vierten erweiterten Kammer des Gerichts vom 2. April 1998 in der Rechtssache T‑86/96 R, Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen und Hapag Lloyd/Kommission, Slg. 1998, II‑641, Randnr. 74).

74      Die Klägerin macht schließlich geltend, die in der 28. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung enthaltene Beurteilung der Kommission, die Investitionen seien nicht beihilfefähig gewesen, denn das Unternehmen habe wegen der Ansiedlung des Betriebes in einem dicht besiedelten Gebiet neue Umweltschutzinvestitionen vornehmen müssen und derartige Investitionen seien daher aus wirtschaftlicher Sicht unbedingt erforderlich gewesen, um die Tätigkeiten der Klägerin fortführen zu können, sei ebenfalls mit schweren Fehlern behaftet und habe sich als diskriminierend erwiesen.

75      Die Klägerin trägt vor, diese Beurteilung sei nicht begründet, denn sie sei rechtlich nicht verpflichtet gewesen, ihre Tätigkeit einzustellen, wenn die Umweltschutzarbeiten nicht durchgeführt worden wären, da sie die geltenden Umweltschutznormen bereits eingehalten habe. Darüber hinaus sei das Schreiben der italienischen Behörden vom 15. Februar 2000, in dem sich die von der Kommission angesprochene Information befunden habe, falsch ausgelegt worden, denn aus diesem Schreiben gehe nicht hervor, dass die Koexistenz des Unternehmens mit dem Zentrum von Piombino ohne die angemeldeten Investitionen nicht mehr möglich gewesen wäre, sondern lediglich, dass die Durchführung der Umweltschutzinvestitionen eine solche Koexistenz später hätte erleichtern können.

76      Außerdem fragt sich die Klägerin, ob es andere Fälle gebe, in denen der von der Kommission in der 28. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung angesprochene Grundsatz verwendet worden sei. Die Entscheidung 2000/66/EGKS der Kommission vom 28. Oktober 1998 über von Italien beabsichtigte Beihilfen an das Stahlunternehmen Acciaierie di Bolzano SpA (ABl. 2000, L 23, S. 65) sei der einzige Präzedenzfall. Dieser Fall sei aber in einer Richtung entschieden worden, die derjenigen, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung eingeschlagen habe, entgegengesetzt sei. Die angefochtene Entscheidung beinhalte daher eine schwerwiegende Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen ähnlichen Fällen.

77      Die Kommission entgegnet, die Klägerin verwechsle die für Beihilfen zur Anpassung vorhandener Anlagen an verbindliche Umweltnormen geltenden Grundsätze mit den Grundsätzen, die für Beihilfen Geltung hätten, mit denen Unternehmen dazu veranlasst werden sollten, über diese Normen hinauszugehen. Im vorliegenden Fall gebe es keine neue verbindliche Umweltnorm, und als ausschlaggebender Punkt sei daher der Umstand zu berücksichtigen, dass das Unternehmen unter einem sehr starken sozialen Druck gestanden habe, durch den es gezwungen gewesen sei, die betroffenen Investitionen vorzunehmen, um weiter in Piombino produzieren zu können. Darüber hinaus sei die die Acciaierie di Bolzano betreffende Entscheidung mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, denn in jener Sache habe das Unternehmen den Beweis erbracht, dass es Investitionen getätigt habe, die „weitaus höher liegen“, als sie nach den geltenden Umweltnormen vorgeschrieben gewesen seien.

78      Im Übrigen trägt die Klägerin vor, die angefochtene Entscheidung leide an einem Begründungsmangel, denn die Kommission habe weder die Gründe noch die objektiven Gesichtspunkte dargelegt, die sie zu der Auffassung veranlasst hätten, dass die angemeldeten Investitionen mit der Produktion zusammenhingen und nicht unter den Umweltschutz fielen. So beschränke sich die angefochtene Entscheidung darauf, die von den italienischen Behörden angenommene ökologische Zielsetzung der angemeldeten Investitionen zu bestreiten, ohne dass diese abweichende Auffassung begründet werde und ohne dass andere fachliche Angaben beigebracht würden, mit denen die Richtigkeit des von diesen Behörden vorgelegten Sachverständigengutachtens, in dem der Umweltschutzcharakter der angemeldeten Maßnahmen betont werde, bestritten werden könne. Auch werde in der angefochtenen Entscheidung nicht dargelegt, aus welchen Gründen die alten Umweltschutzanlagen auf jeden Fall hätten ausgetauscht werden müssen und aus welchen Gründen diese Anlagen mit der neuen Produktionseinrichtung technisch nicht kompatibel seien. Schließlich sei in der angefochtenen Entscheidung nicht angegeben, inwiefern die Antworten der italienischen Behörden nicht ausreichend gewesen seien. Soweit der Kommission Dokumente vorgelegt worden seien, habe sie diese berücksichtigen und sich zu ihnen in der Weise äußern müssen, dass sie entweder den von den italienischen Behörden vorgelegten Schlussfolgerungen zugestimmt oder sie fachlich zurückgewiesen hätte, gemäß ihrer Verpflichtung, zu den von einem Mitgliedstaat formulierten Einwänden und Bemerkungen Stellung zu nehmen (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2000 in den Rechtssachen T‑298/97, T‑312/97, T‑313/97, T‑315/97, T‑600/97 bis T‑607/97, T‑1/98, T‑3/98 bis T‑6/98 und T‑23/98, Alzetta u. a./Kommission, Slg. 2000, II‑2319, Randnr. 105).

79      Die Kommission macht geltend, die Begründungspflicht sei nicht absolut und sie sei nicht verpflichtet, auf alle von den Betroffenen geltend gemachten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, sondern lediglich dazu, alle im jeweiligen Einzelfall maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Darüber hinaus führe ein Mangel in der Begründung nicht immer zur Nichtigerklärung, sofern der verbleibende Teil der Begründung eine ausreichende Grundlage für den Erlass des Rechtsakts biete (Urteil des Gerichtshofes vom 20. Oktober 1987 in der Rechtssache 119/86, Spanien/Rat und Kommission, Slg. 1987, 4121). In diesem Zusammenhang vertritt die Kommission die Auffassung, es könne ihr nicht vorgeworfen werden, dass sie im vorliegenden Fall nicht die erforderlichen Begründungen in Bezug auf Parameter, die nicht in den Regelungsrahmen fielen, sowie in Bezug auf Tatsachen gegeben habe, die nicht die Kommission, sondern der Mitgliedstaat und das begünstigte Unternehmen zu beweisen hätten. Auf jeden Fall habe die Kommission in der Einleitungsentscheidung ihre Vorbehalte vollständig und detailliert dargelegt, und habe angegeben, in welchen Punkten die italienischen Behörden und die Klägerin die notwendigen Beweise hätten vorlegen müssen, was diese unterlassen hätten.

2.     Würdigung durch das Gericht

a)     Vorbemerkungen

80      Im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gegen eine auf der Grundlage des EGKS-Vertrags erlassene Entscheidung der Kommission darf die Nachprüfung durch das Gericht nach Artikel 33 Satz 2 KS „sich … nicht auf die Würdigung der aus den wirtschaftlichen Tatsachen oder Umständen sich ergebenden Gesamtlage erstrecken, die zu der … [angefochtenen Entscheidung] geführt hat, es sei denn, dass der Kommission der Vorwurf gemacht wird, sie habe ihr Ermessen missbraucht oder die Bestimmungen des [EGKS-]Vertrags oder irgendeine bei seiner Durchführung anzuwendende Rechtsnorm offensichtlich verkannt“.

81      Die Kommission hat in der 24. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die Beurteilung des vorliegenden Falles nach den Kriterien erfolgen müsse, die im zweiten Teil des Anhangs des Kodex in Buchstabe a dargelegt würden, der auch auf die im ersten Teil des Anhangs des Kodex in Buchstabe b Ziffer ii dargelegten Kriterien verweise. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die in diesen Bestimmungen niedergelegten Kriterien folgende sind. Erstens kann für die betreffenden Investitionen, wenn die Unternehmen ihre Anlagen ersetzen wollen, keine Umweltschutzbeihilfe gewährt werden, wenn die Investitionen aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen des Alters der Anlagen notwendig geworden sind. Die verbleibende Lebensdauer der vorhandenen Anlagen muss mindestens 25 % ihrer Gesamtlebensdauer betragen. Zweitens müssen die betreffenden Beihilfen dem Unternehmen einen Anreiz für eine „spürbare Verbesserung“ des Umweltschutzniveaus bieten. Diese spürbare Verbesserung kann dadurch konkretisiert werden, dass der Investor nachweist, dass eine klare Entscheidung für höhere Umweltnormen getroffen wurde, die zusätzliche Investitionen erfordert, d. h., dass eine kostengünstigere Lösung dafür, den neuen Umweltanforderungen gerecht zu werden, möglich gewesen wäre.

82      Darüber hinaus wird in Ziffer 3.2.1 des Gemeinschaftsrahmens der Grundsatz aufgestellt, dass für „Beihilfen, die angeblich Umweltzwecken dienen, in Wirklichkeit aber allgemeine Investitionen fördern“, der Gemeinschaftsrahmen nicht gelten kann. Dieser Punkt passt damit zu dem Gedankengang, der schon in dem oben im Anhang des Kodex formulierten ersten Kriterium zum Ausdruck kommt.

83      Auch ist es, wenn die Kommission beschließt, das förmliche Prüfungsverfahren einzuleiten, Sache des Mitgliedstaats und des potenziellen Beihilfeempfängers, ihre Argumente für den Nachweis geltend zu machen, dass das Beihilfevorhaben den nach dem Vertrag vorgesehenen Ausnahmen entspricht, da der Zweck dieses Verfahrens gerade darin besteht, die Kommission über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte zu unterrichten (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofes vom 20. März 1984 in der Rechtssache 84/82, Deutschland/Kommission, Slg. 1984, 1451, Randnr. 13).

84      Zwar ist die Kommission verpflichtet, ihre Zweifel an der Vereinbarkeit der Beihilfe klar zu formulieren, wenn sie ein förmliches Verfahren einleitet, um dem Mitgliedstaat und den Betroffenen zu ermöglichen, sich so gut es geht dazu zu äußern, jedoch bleibt es Sache desjenigen, der die Beihilfe gewährt, und gegebenenfalls des Beihilfeempfängers, diese Zweifel zu zerstreuen und nachzuweisen, dass seine Investition die Voraussetzung für die Gewährung der Beihilfe erfüllt (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofes vom 22. März 2001 in der Rechtssache C‑17/99, Frankreich/Kommission, Slg. 2001, I‑2481, Randnrn. 41 und 45 bis 49). Die italienischen Behörden und die Klägerin hatten daher nachzuweisen, dass die betroffenen Investitionen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Umweltschutzbeihilfe erfüllten und dass sie insbesondere die ökologische Zielsetzung hatten, die nach dem Gemeinschaftsrahmen und dem Anhang des Kodex vorgeschrieben ist (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteile des Gerichtshofes vom 14. September 1994 in den Rechtssachen C‑278/92 bis C‑280/92, Spanien/Kommission, Slg. 1994, I‑4103, Randnr. 49, und vom 19. September 2002 in der Rechtssache C‑113/00, Spanien/Kommission, Slg. 2002, I‑7601, Randnr. 70).

85      In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Kommission die Auffassung, dass die von der Firma Lucchini in der Kokerei, dem Stahlwerk und den Hochöfen getätigten Umweltschutzinvestitionen für Umweltschutzbeihilfen nicht in Betracht gekommen seien, weil sie Voraussetzungen für Investitionen zur Verbesserung der Produktion bzw. eine Folge davon gewesen seien und weil die italienischen Behörden den Nachweis schuldig geblieben seien, dass die Investitionen das Ergebnis der bewussten Entscheidung des Unternehmens gewesen seien, den Umweltschutz zu verbessern (29. Begründungserwägung). Dabei stützt die Kommission sich auf folgende Gesichtspunkte: Die Durchführung dieser Investitionen habe sich aus der Notwendigkeit ergeben, die Fortführung der Tätigkeit in einem dicht besiedelten Gebiet sicherzustellen (28. Begründungserwägung), und es sei – da der Austausch der Produktionsanlage darauf zurückzuführen gewesen sei, dass sie technisch überholt gewesen sei – kaum anzunehmen gewesen, dass die alten Umweltschutzausrüstungen unverändert hätten beibehalten und zusammen mit der neuen Produktionsanlage weiterhin hätten genutzt werden können (26. und 29. Begründungserwägung).

b)     Zur Frage, ob die angemeldeten Umweltschutzinvestitionen die Fortführung der Tätigkeit des Unternehmens wegen dessen Lage in einem dicht besiedelten Gebiet ermöglichen sollten

86      In der angefochtenen Entscheidung wird ausgeführt, dass die italienischen Behörden mitgeteilt hätten, angesichts der Lage des Werkes in einem dicht besiedelten Gebiet habe die Notwendigkeit einer Reduzierung der Umweltbelastung bereits vor dem Investitionsplan für die Modernisierung und die Rationalisierung der Produktionsanlagen bestanden. Daher konnte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nur zu dem Schluss gelangen, dass „die Umweltschutzinvestitionen erforderlich waren, um die Fortsetzung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens zu ermöglichen[, und dass] die Entscheidung, diese Investition zu tätigen, [somit] vor allem wirtschaftlich begründet [war]“ (28. Begründungserwägung).

87      Dass der Betrieb der Klägerin in einem dicht besiedelten Gebiet angesiedelt ist, verpflichtet sie jedoch in keiner Weise, „aus wirtschaftlichen Gründen“ neue Investitionen vorzunehmen, da die einzige Verpflichtung der Klägerin darin bestand, die geltenden verbindlichen Normen zu beachten. In diesem Zusammenhang ist die Behauptung der italienischen Behörden zu verstehen, die der Kommission gegenüber im Rahmen des Verwaltungsverfahrens mitteilten, dass die Klägerin über die geltenden verbindlichen Normen hinausgehen wolle, um „die Koexistenz des vorhandenen Stahlwerks und damit der damit zusammenhängenden Arbeitsplätze mit dem bestehenden sozialen Umfeld“ zu ermöglichen (erste Anmeldung des ersten Beihilfevorhabens, Ziffer 9, erster Absatz). In diesem Zusammenhang ist es unstreitig, dass die im Werk Piombino vorhandenen Anlagen den geltenden verbindlichen Normen entsprachen.

88      Die Kommission kann daher aus dem Willen der Klägerin, über die geltenden verbindlichen Normen dadurch hinauszugehen, dass sie eine spürbare Verbesserung des Umweltschutzniveaus bewirkt, und zwar um den Besorgnissen der in der Nähe ihre Betriebs lebenden Bevölkerung entgegenkommen zu können, nicht folgern, dass diese Investitionen im Sinne der Bestimmungen des ersten Teils des Anhangs des Kodex in Buchstabe b Ziffer ii „aus wirtschaftlichen Gründen … auf jeden Fall getätigt worden wären“.

89      Ohne dass über den angeblichen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot in Bezug auf die Sache Acciaierie di Bolzano entschieden zu werden braucht, muss man folglich zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kommission sich dadurch, dass sie in der 28. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung behauptet hat, dass die Umweltschutzinvestitionen wegen der Ansiedlung des Werkes in einem dicht besiedelten Gebiet erforderlich gewesen seien, um der Klägerin die Fortsetzung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen, und dass diese Investitionen somit vor allem wirtschaftlich begründet gewesen seien, zu Unrecht auf ein Kriterium gestützt hat, das nicht zu den dafür geltenden Kriterien gehört. Diese Begründungserwägung ist daher rechtsfehlerhaft.

c)     Zur Frage, ob die Umweltschutzinvestitionen als Voraussetzung oder als Folge von für die Produktion notwendigen Investitionen getätigt worden sind, zu den von den italienischen Behörden vorgelegten Beweisen und zur Möglichkeit einer kostengünstigeren Lösung

 i) Zu den Investitionen in der Kokerei

–       Zur Frage, ob die Investitionen in der Kokerei als Voraussetzung oder Folge von für die Produktion notwendigen Investitionen getätigt wurden

90      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das im Werk Piombino 1997 durchgeführte Investitionsprogramm für die Modernisierung und die Rationalisierung der Produktionsanlagen, wie oben in Randnummer 18 angegeben, zum einen den Austausch des Hochofens gegen einen neuen in den Roheisenerzeugungsanlagen (10. Begründungserwägung) und zum anderen den Austausch der vorhandenen Konverter gegen neue Konverter im Stahlwerk (11. Begründungserwägung) betraf. Die Kokerei war durch die produktiven Maßnahmen, die der Kommission mit Schreiben vom 10. Dezember 1997 im Rahmen der beiden Erklärungen der italienischen Behörden über die in diesem Werk durchgeführten Investitionsvorhaben für die Produktion zur Kenntnis gebracht wurden, nicht betroffen.

91      In der Einleitungsentscheidung hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass es zweifelhaft sei, dass die angemeldeten Investitionen in der Kokerei – d. h. das neue Kohlenförderungssystem mit ökologischem Band, die Beschickungssysteme für die Öfen, die Versiegelung des Ofens mit Hilfe eines besonderen keramischen Verschlussverfahrens, die neuen Türen für die Kokskammern, die zusätzliche elektrische Kabine und die Anpassungen des Beschickungsplans für die 27‑Ofen‑Batterie der Kokerei u. a. – allein auf den Umweltschutz ausgerichtete Investitionen darstellten und keine Auswirkungen auf den Produktionsprozess hätten (vgl. Einleitungsentscheidung, S. 9, linke Spalte, dritter Absatz, zweiter Satz). Damit behauptet die Kommission nicht, dass mit diesen Investitionen die Produktionsanlagen der Kokerei ausgetauscht werden sollten, zweifelt aber dennoch daran, dass sie eine allein ökologische Zielsetzung hätten und sich nicht auf den Produktionsprozess auswirkten.

92      Das Gericht ist jedoch der Auffassung, dass eine solche Argumentation in Anbetracht des geltenden rechtlichen Rahmens nicht stichhaltig ist, da der Anhang des Kodex zwar Beihilfen zu Investitionen verbietet, die aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen des Alters der Anlagen auf jeden Fall getätigt worden wären, nicht aber Beihilfen zu Investitionen verbietet, die Auswirkungen auf den Produktionsprozess haben können. In diesem Fall verlangt der Anhang des Kodex nämlich lediglich, dass alle wirtschaftlichen Vorteile, die sich durch niedrigere Produktionskosten ergeben, gegengerechnet werden. Daher ist es als Voraussetzung dafür, für Umweltschutzbeihilfen in Betracht zu kommen, weder notwendig, dass die angemeldeten Investitionen ausschließlich dem Umweltschutz und keinem anderen Ziel dienen, noch dass sie keine Folgen für die Produktionskapazität haben. Eine Investition, die eine ökologische Zielsetzung verfolgt, kann nicht allein deshalb für nicht beihilfefähig erklärt werden, weil sie Auswirkungen auf die Produktion haben kann.

93      Jedenfalls ist festzustellen, dass diese Argumentation in die angefochtene Entscheidung nicht übernommen worden ist, da in dieser lediglich die Auffassung vertreten wird, dass die Investitionen in die Kokerei – übrigens ebenso wie die anderen von den italienischen Behörden angemeldeten Investitionen in Bezug auf die Klägerin – als Voraussetzung für oder als Folge von Investitionen zur Verbesserung der Produktion getätigt worden seien. Diese Begründung lässt sich mit Hilfe des Inhalts der Einleitungsentscheidung präzisieren, in der erklärt wurde, dass die notifizierten Investitionen, selbst wenn sie nicht unmittelbar an neue Produktionsanlagen geknüpft gewesen seien, dennoch notwendig gewesen seien, um zu gewährleisten, dass die Modernisierung/Erweiterung der Produktionsanlagen langfristig sinnvoll sei bzw. die neu installierte Produktionskapazität ausgeschöpft werden könne (vgl. Einleitungsentscheidung, S. 3, linke Spalte, vorletzter Absatz, zweiter Satz).

94      Insoweit ist das Gericht der Auffassung, dass in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht angenommen wird, dass die Investitionen in die Kokerei als Voraussetzung für oder als Folge von Investitionen zur Produktionsverbesserung getätigt worden seien. Aus dem Inhalt der bereits genannten Erklärungen der italienischen Behörden zu den in Piombino durchgeführten Investitionsvorhaben für die Produktion geht nämlich hervor, dass die Kokerei durch diese produktiven Investitionen anders als der Hochofen und das Stahlwerk nicht betroffen war. Damit ist die angefochtene Entscheidung in diesem Punkt fehlerhaft, da die Kokerei nicht Gegenstand von produktiven Investitionen war.

95      Außerdem ist dann, wenn die angefochtene Entscheidung und die Einleitungsentscheidung dahin auszulegen wären, dass die Investitionen in die Kokerei die Voraussetzung oder die notwendige Folge der Erneuerung von Produktionsanlagen im Hochofen und im Stahlwerk waren, festzustellen, dass es keine Erklärung in der angefochtenen Entscheidung oder in der Einleitungsentscheidung gibt, die eine solche Beurteilung rechtfertigen könnte und dass die angefochtene Entscheidung somit an einem Begründungsmangel leiden würde.

96      Wenn die angefochtene Entscheidung und die Einleitungsentscheidung dahin auszulegen sein sollten, dass die Investitionen in die Kokerei Voraussetzung oder notwendige Folge der Erneuerung von Produktionsanlagen im Allgemeinen waren, ist schließlich festzustellen, dass die Kommission während des gesamten Verwaltungsverfahrens von den italienischen Behörden detaillierte Erklärungen über den Umweltschutzcharakter der verschiedenen die Kokerei betreffenden Investitionen erhalten hat, insbesondere was die Art und Weise angeht, in der diese Investitionen die Gas‑ und Staubemissionen verringern würden, und dass die Kommission sich angesichts dieser Erklärungen nicht darauf beschränken durfte, ohne irgendeine Begründung zu behaupten, dass die Investitionen in die Kokerei als Voraussetzung für oder als Folge von Investitionen zur Verbesserung der Produktion getätigt worden seien. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Anhang des Kodex vorsieht, dass die Kommission bei der Prüfung von staatlichen Umweltschutzbeihilfen unabhängige Sachverständige heranziehen wird, was es der Kommission hätte ermöglichen können, ihre Argumentation in diesem Punkt zu präzisieren.

–       Zur Frage der von den italienischen Behörden vorgelegten Beweise

97      Das Gericht ist außerdem der Auffassung, dass in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht behauptet wird, dass die italienischen Behörden keinen Beweis dafür vorgelegt hätten, dass die Umweltschutzinvestitionen in der Kokerei einer freien Entscheidung des Unternehmens für eine Verbesserung des Umweltschutzes entsprochen hätten. Aus mehreren von den italienischen Behörden im Rahmen des Verwaltungsverfahrens übermittelten Dokumenten geht nämlich hervor, dass diese Behörden gegenüber der Kommission mehrfach Angaben gemacht haben, die kennzeichnend für den Willen der Klägerin sein konnten, in der Kokerei strengere Umweltnormen anzuwenden als die verbindlichen Normen, und zwar um eine spürbare Verbesserung des Umweltschutzniveaus zu bewirken.

98      So umfassten die von den italienischen Behörden am 16. März und am 29. November 1999 vorgenommenen Anmeldungen des ersten und des zweiten Beihilfevorhabens eine Beschreibung der in der Kokerei ins Auge gefassten Investitionen (vgl. Schreiben vom 16. März und 29. November 1999, unter Nr. 9) und eine Darstellung der Vorteile für die Umwelt, die nach diesen Investitionen erreicht werden konnten (vgl. Schreiben vom 16. März 1999, unter Nr. 10, und Schreiben vom 29. November 1999, unter Nr. 10).

99      Ebenso haben die italienischen Behörden auf das ausdrückliche Ersuchen der Kommission vom 19. April 1999 um Übermittlung der durch die vorhandenen Anlagen erreichten Umweltverschmutzungswerte sowie der Verschmutzungswerte, die sich aus den geplanten Maßnahmen im Verhältnis zu den geltenden verbindlichen Normen ergeben würden, die angeforderten Informationen im Anhang zu ihrem Schreiben vom 29. November 1999 übermittelt. Dieser Anhang enthielt eine Tabelle, in der für die Kokerei und für jede für diese Anlage vorgesehene Investition erstens die Höhe der Schadstoffemissionen, die im Rahmen der verbindlichen Normen einzuhalten war, zweitens die Höhe der Schadstoffemissionen, die bei den vorhandenen Anlagen erreicht wurde und drittens die Höhe der Schadstoffemissionen, die nach den angemeldeten Investitionen erreicht werden sollte, im Einzelnen aufgeführt waren. Diese Informationen werden in der Einleitungsentscheidung übernommen. Aus dieser Tabelle geht zum einen hervor, dass die vorhandenen Anlagen in der Kokerei den verbindlichen Normen für Schadstoffemissionen entsprachen und, zum anderen, dass die nach den beabsichtigten Maßnahmen erreichten Werte unter den bei den vorhandenen Anlagen erreichten Werten und damit auch unter den nach den verbindlichen Normen vorgesehenen Werten lagen.

100    Darüber hinaus haben die italienischen Behörden auf ein anderes Ersuchen der Kommission vom 19. April 1999 hin, wonach ein unabhängiges Sachverständigengutachten erstellt werden sollte, um nachzuweisen, dass die angemeldeten Beihilfen sich nicht auf Investitionen bezogen, die wegen des Alters der Anlagen auf jeden Fall notwendig gewesen wären, und dass die Lebensdauer der Anlagen noch lange genug ist (mindestens 25 % nach dem Anhang des Kodex), das Sachverständigengutachten übermittelt. Dieses belegt, dass die Lebensdauer der durch die angemeldeten Beihilfen betroffenen Anlagen über 25 % liegt. In diesem Gutachten werden auch alle beabsichtigten Arbeiten geprüft, um die Lage vor der Maßnahme und die Lage danach festzustellen. Im Rahmen dieser Prüfung wird klar beschrieben, worin jede Maßnahme besteht, und es wird die Verbesserung definiert, die nach den Investitionen erreicht werden müsste.

101    Schließlich haben die italienischen Behörden auf ein späteres Ersuchen der Kommission vom 17. Januar 2000, nach dem dieser die Umweltverschmutzungswerte übermittelt werden sollten, die sich aus den beabsichtigten Maßnahmen in der Kokerei im zweiten Beihilfevorhaben im Verhältnis zu den verbindlichen Normen und im Verhältnis zu den zuvor getätigten Investitionen ergeben würden, sowie die Art der in jeder einzelnen Anlage durchgeführten Anpassung übermittelt werden sollten, die angeforderten Informationen in ihrem Schreiben vom 15. Februar 2000 übermittelt. In der Einleitungsentscheidung („Auswirkungen der Investitionen auf die Umwelt“, Tabelle 1) wird für die verschiedenen in der Kokerei vorgesehenen Investitionen erstens das Niveau der Schadstoffemissionen, das im Rahmen der verbindlichen Normen einzuhalten ist, zweitens das Niveau der Schadstoffemissionen vor den durch das erste Beihilfevorhaben erfassten Investitionen, drittens das aufgrund der durch das erste Beihilfevorhaben erfassten Investitionen erreichte Niveau der Schadstoffemissionen und viertens das Niveau der Schadstoffemissionen wiedergegeben, das nach den im zweiten Beihilfevorhaben angemeldeten Investitionen erreicht werden müsste. Aus dieser Tabelle geht hervor, dass die Senkung des Niveaus der Schadstoffemissionen, das vor dem ersten Vorhaben und nach dem zweiten Vorhaben bestand, bei 25 % lag.

102    Weder im Rahmen der Einleitungsentscheidung noch im Rahmen der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission aber Argumente vorgebracht, die geeignet wären, die von den italienischen Behörden vorgelegten Beweisunterlagen, in denen die verschiedenen Beiträge zum Umweltschutz, die sich aus den in der Kokerei beabsichtigten Investitionen ergeben würden, detailliert und quantifizierbar dargelegt wurden, zu widerlegen.

103    Demzufolge ist die angefochtene Entscheidung unzureichend begründet, wenn in ihr, ohne dass die oben genannten Gesichtspunkte untersucht werden, behauptet wird, dass die italienischen Behörden den Nachweis schuldig geblieben seien, dass die Umweltschutzinvestitionen in der Kokerei einer freien Entscheidung für eine Verbesserung des Umweltschutzes entsprochen hätten.

–       Zum Vorhandensein einer kostengünstigeren Lösung

104    Was die Frage angeht, ob es eine kostengünstigere Lösung gegeben hätte oder ob die alten Umweltschutzausrüstungen zusammen mit der „neuen Produktionsanlage“ hätten genutzt werden können, genügt die Feststellung, dass die Kokerei durch die von den italienischen Behörden am 10. Dezember 1997 bei der Kommission angemeldeten produktiven Investitionen anders als der Hochofen und das Stahlwerk nicht betroffen war.

105    Mangels solcher produktiver Investitionen und in Anbetracht der verbleibenden Lebensdauer der alten Umweltschutzausrüstungen, die durch das auf Ersuchen der Kommission vorgelegte Sachverständigengutachten bestätigt wird, sowie der von den italienischen Behörden zum Vergleich der Umweltverschmutzungswerte vor und nach den angemeldeten Investitionen vorgelegten Angaben konnten diese Behörden daher sehr wohl vorbringen, dass die Umweltschutzausrüstungen der Kokerei weiter funktionieren konnten und dass sie somit die kostengünstigste Lösung dafür darstellten, den geltenden Umweltnormen zu entsprechen. Unter diesen Voraussetzungen war es Sache der Kommission, nachzuweisen, dass die alten Umweltschutzausrüstungen nicht funktionieren konnten.

106    Die angefochtene Entscheidung ist folglich nicht ausreichend begründet, wenn in ihr behauptet wird, dass keine Beweise dafür vorgelegt worden seien, „dass die alten Umweltschutzausrüstungen tatsächlich zusammen mit der neuen Produktionsanlage hätten weiter genutzt werden können“ (angefochtene Entscheidung, 26. Begründungserwägung) oder dass „es kaum vorstellbar [ist], dass nach einem Austausch der technisch veralteten Hauptanlage die zugehörigen Umweltschutzausrüstungen noch normal funktioniert hätten“ (27. Begründungserwägung).

–       Zu der Frage, ob die Investitionen in der Kokerei ein deutlich höheres Umweltschutzniveau ermöglichten

107    In der angefochtenen Entscheidung (35. Begründungserwägung) wird ausgeführt, dass die sich aus dem im November 1999 angemeldeten zweiten Investitionsvorhaben ergebenden Umweltverbesserungen mit denjenigen des im März 1999 angemeldeten ersten Vorhabens zu vergleichen seien und nicht mit den Werten vor dem ersten Vorhaben. In diesem Zusammenhang wird in der angefochtenen Entscheidung geltend gemacht, dass die „italienischen Behörden … aber den zweiten Teil der Investitionen nicht als Anhang zur ersten Anmeldung notifiziert [haben]“ und dass die italienischen Behörden selbst „von den Werten für die Schadstoffbelastung aus[gingen], die mit den im März [1999] angemeldeten Investitionen erzielt wurden“. Auf dieser Grundlage wird in der Entscheidung angenommen, dass die infolge des zweiten Beihilfevorhabens erzielten Verbesserungen nicht signifikant seien, was zu der Schlussfolgerung führt, dass die im zweiten Beihilfevorhaben angemeldeten Investitionen für Umweltschutzbeihilfen nicht in Betracht kämen.

108    Diese Argumentation geht im Tatsächlichen fehl. Es trifft nicht zu, dass die italienischen Behörden den zweiten Teil der Investitionen nicht als Anhang zum ersten Teil notifiziert haben, da das erste Beihilfevorhaben ursprünglich am 16. März angemeldet und am 29. November 1999 zusammen mit dem zweiten Beihilfevorhaben erneut präsentiert wurde. Die beiden Vorhaben sind ihrem Wesen nach miteinander verknüpft. Zielsetzung sowohl des ersten Beihilfevorhabens als auch des zweiten Beihilfevorhabens ist die Beseitigung der Freisetzung von Staub durch Kohle und Gas. Um die Beseitigung des Staubs zu erreichen, sahen die beiden Vorhaben den Einbau von neuen Umweltschutzausrüstungen bei der Ofenbeschickungsanlage und dem Trichter vor (Aktion A.4 des ersten Beihilfevorhabens und Aktion A.1 des zweiten Beihilfevorhabens). In gleicher Weise sahen die beiden Vorhaben, um die Beseitigung der Gasemission zu erreichen, den Einbau von neuen Umweltschutzausrüstungen in Bezug auf die Türen der Kokskammern vor (Aktionen A.6 bis A.8 des ersten Beihilfevorhabens und Aktionen A.3 bis A.6 des zweiten Beihilfevorhabens).

109    Darüber hinaus gaben die italienischen Behörden auf die Fragen der Kommission vom 17. Januar 2000 in Bezug auf die in der Kokerei im zweiten Beihilfevorhaben ins Auge gefassten Maßnahmen in ihrem Schreiben vom 15. Februar 2000 gerade an, dass „die die Kokerei betreffende Aktion, deren Durchführung in dem in Rede stehenden Vorhaben vorgesehen ist, in Verbindung mit der Weiterführung der vorher angemeldeten Aktion (Nr. 145/99) steht“ und dass durch diese Aktion, auch wenn sie später und selbständig beschlossen worden sei, „die im Rahmen der früheren Aktionen erzielten Resultate in der Weise optimiert werden sollen, dass die Schadstoffbelastung, die von den Emissionen herrührt, die nicht entsorgt werden können, noch weiter reduziert wird“. Auch führten die italienischen Behörden in ihren Anmerkungen zur Einleitungsentscheidung aus: „Auch wenn die Umweltschutzinvestitionen in der Kokerei in zwei Etappen angemeldet worden sind, so sind sie doch anschließend im Rahmen eines einzigen Programms getätigt worden; die Resultate in Form von Emissionsgrenzwerten, die mit der früheren Lage zu vergleichen sind, sind folglich diejenigen, die nach der Durchführung der letzten Investition angegeben werden“.

110    Darüber hinaus kann in der angefochtenen Entscheidung nicht behauptet werden, dass die italienischen Behörden als ursprüngliche Schadstoffbelastung diejenige angesehen hätten, die sie mit den im März 1999 angemeldeten Investitionen erreicht hätten, ohne zu berücksichtigen, dass die italienischen Behörden sich damit darauf beschränkt haben, der Kommission die Daten vorzulegen, die diese von ihnen verlangt hatte. Die italienischen Behörden haben nämlich mit Schreiben vom 15. Februar 2000 eine Tabelle vorgelegt, in der die Höhe der Schadstoffemissionen, die nach den verbindlichen Normen einzuhalten war, die Höhe dieser Emissionen nach dem ersten Vorhaben und deren Höhe nach dem zweiten Vorhaben im Einzelnen angegeben waren, und zwar um auf die Anforderungen der Kommission in deren Schreiben vom 17. Januar 2000 zu antworten.

111    Die angefochtene Entscheidung leidet folglich insoweit an einem Begründungsmangel, als sie sich auf die Annahme beschränkt, dass die im zweiten Beihilfevorhaben erzielten Ergebnisse der Investitionen, was die Verbesserung der Umwelt angeht, mit den nach Abschluss des ersten Vorhabens erzielten Ergebnissen und mit der vor dem ersten Vorhaben bestehenden Lage zu vergleichen seien, ohne anzugeben, welche Erwägungen die Kommission dazu veranlasst haben, den von den italienischen Behörden im Rahmen des Verwaltungsverfahrens dargelegten Gründen zu widersprechen.

–       Schlussfolgerungen in Bezug auf die Kokerei

112    Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung, was die von den italienischen Behörden angemeldeten Investitionen in Bezug auf die Kokerei angeht, aus folgenden Gründen fehlerhaft.

113    Erstens ist die Behauptung, dass die Umweltschutzinvestitionen als Voraussetzung für oder als Folge von Investitionen zur Verbesserung der Produktion getätigt worden seien, unzutreffend, was die Kokerei angeht, weil von den italienischen Behörden keine produktiven Investitionen angemeldet worden sind, was diese Anlage angeht, und in dem Sinne im Rahmen von Artikel 15 KS unzureichend begründet, als sich der angefochtenen Entscheidung nicht entnehmen lässt, in welcher Hinsicht die die Kokerei betreffenden Investitionen in Anbetracht der zu diesem Punkt von den italienischen Behörden abgegebenen Erklärungen als Voraussetzung oder notwendige Folge der Erneuerung von Produktionsanlagen im Hochofen und im Stahlwerk oder als Voraussetzung für oder Folge von für die Produktion im Allgemeinen erforderlichen Investitionen getätigt worden sein können.

114    Zweitens ist die Behauptung, die italienischen Behörden seien den Nachweis schuldig geblieben, dass die Umweltschutzinvestitionen in der Kokerei aufgrund einer freien Entscheidung für die Verbesserung des Umweltschutzes erfolgt seien, insoweit im Rahmen von Artikel 15 KS nicht ausreichend begründet, als in der angefochtenen Entscheidung die zu diesem Punkt von den italienischen Behörden im Rahmen des Verwaltungsverfahrens übermittelten Angaben nicht geprüft werden.

115    Drittens sind die Behauptungen, dass keine Beweise dafür vorgelegt worden seien, dass „die alten Umweltschutzausrüstungen tatsächlich zusammen mit der neuen Produktionsanlage hätten weiter genutzt werden können“ und dass „es kaum vorstellbar [ist], dass nach einem Austausch der technisch veralteten Hauptanlage die zugehörigen Umweltschutzausrüstungen noch normal funktioniert hätten“, im Rahmen von Artikel 15 KS insoweit nicht ausreichend begründet, als in der angefochtenen Entscheidung nicht angegeben wird, aus welchen Gründen die dazu von den italienischen Behörden im Rahmen des Verwaltungsverfahrens übermittelten Angaben unbeachtet zu lassen sind.

116    Viertens schließlich ist die Behauptung, dass das mit dem zweiten die Kokerei betreffenden Beihilfevorhaben erzielte Ergebnis der Investitionen, was die Verbesserung der Umwelt angeht, mit dem am Ende des erstens Vorhabens erzielten Ergebnis und der vor dem ersten Vorhaben bestehenden Lage zu vergleichen sei, insoweit unzutreffend, als die Kommission nicht angibt, aus welchen Gründen sie der Auffassung war, dass sie die zu diesem Punkt von den italienischen Behörden im Verwaltungsverfahren übermittelten Informationen unbeachtet lassen müsse.

 ii) Zu den Investitionen im Hochofen und im Stahlwerk

117    Was die von den italienischen Behörden angemeldeten Investitionen in Bezug auf den Hochofen und das Stahlwerk angeht, ist der von der Klägerin vertretenen Auffassung, dass die Kommission zu Unrecht behauptet habe, dass die italienischen Behörden den Beweis schuldig geblieben seien, dass diese Investitionen aufgrund einer freien Entscheidung des Unternehmens für eine Verbesserung des Umweltschutzes erfolgt seien, nicht zu folgen.

118    Anders als bei den Investitionen, die die Kokerei betrafen, für die es keine neuen Produktionsanlagen gab, war der Nachweis, dass es keine wirtschaftlichen Gründe für die Investitionen in die Umweltschutzausrüstungen des Hochofens und des Stahlwerks gab, wegen den in den Produktionsausrüstungen dieser Anlagen eingetretenen Änderungen unbedingt erforderlich.

119    Zwar haben die italienischen Behörden der Kommission wie im Fall der Kokerei Angaben vorgelegt, mit denen nachgewiesen werden konnte, dass die neuen Umweltschutzausrüstungen im Hochofen und im Stahlwerk den Umweltschutz verbesserten. So enthielt die von den italienischen Behörden am 16. März und am 29. November 1999 vorgenommene Anmeldung des ersten Beihilfevorhabens auch eine Beschreibung der in diesen beiden Anlagen vorgesehenen Investitionen und eine Darstellung der Vorteile, die aufgrund dieser Investitionen erreicht werden konnten. Auch haben die italienischen Behörden auf das Ersuchen der Kommission vom 19. April 1999 betreffend die durch die vorhandenen Anlagen erreichten Umweltverschmutzungswerte und die sich aus den vorgesehenen Maßnahmen im Verhältnis zu den geltenden verbindlichen Normen ergebenden Werte in ihrem Schreiben vom 29. November 1999 zwei Tabellen vorgelegt, in denen für den Hochofen und für das Stahlwerk die angeforderten Informationen im Einzelnen angeführt werden. Aus diesen Tabellen geht hervor, dass die in diesen beiden Anlagen vorhandenen Ausrüstungen auch den Schadstoffemissionswerten entsprachen, die nach den verbindlichen Normen einzuhalten waren, und dass die nach den Maßnahmen erreichten Werte darunter lagen. Darüber hinaus sind in dem von den italienischen Behörden vorgelegten Sachverständigengutachten auch die den Hochofen und das Stahlwerk betreffenden Investitionen geprüft worden, um die vor und nach der Maßnahme bestehende Lage festzustellen, und es ist die Verbesserung im Einzelnen dargestellt worden, die als Folge der vorgesehenen Investitionen in den Ausrüstungen dieser beiden Anlagen erreicht werden sollte.

120    Zwar zeigt all dies den Willen der Klägerin, strengere Umweltnormen anzuwenden und damit eine spürbare Verbesserung des Umweltschutzniveaus zu bewirken, jedoch haben die italienischen Behörden nicht nachgewiesen, dass die angemeldeten Investitionen in den Hochofen und das Stahlwerk aufgrund einer freien Entscheidung des Unternehmens für eine Verbesserung des Umweltschutzes erfolgten und nicht wirtschaftlichen Gründen entsprachen.

121    In der Einleitungsentscheidung hat die Kommission aber ihre Zweifel in Bezug auf die ökologische oder wirtschaftliche Motivation der angemeldeten Investitionen in diese Anlagen und an der Nichtvorlage von Beweisen in diesem Zusammenhang von Seiten der italienischen Behörden deutlich dargelegt.

122    So wurde in dieser Entscheidung zunächst ausgeführt, dass es von größter Wichtigkeit sei, zu erfahren, aus welchem Grund der Investor beschlossen habe, diese Investitionen zu tätigen, da der Anhang des Stahlbeihilfenkodex aus wirtschaftlichen Gründen getätigte Investitionen ausschließe. In der Entscheidung wurde anschließend dargelegt, dass eine erste Prüfung der vorgelegten Informationen zu der Schlussfolgerung führe, dass die Investitionen vor allem aus wirtschaftlichen Gründen getätigt worden seien.

123    Außerdem wurde in der Einleitungsentscheidung unterstrichen, dass die italienischen Behörden den Nachweis schuldig geblieben seien, dass die Investitionen aus ökologischen Gründen und nicht aus wirtschaftlichen Gründen getätigt worden seien. In dieser Entscheidung wurde darüber hinaus ausgeführt, dass die italienischen Behörden nicht nachgewiesen hätten, dass der Investor, wenn Ausrüstungen oder Anlagen ausgetauscht worden seien, eine klare Entscheidung für höhere Umweltnormen getroffen habe, die zusätzliche Investitionen erforderten, was bedeute, dass eine kostengünstigere Lösung möglich gewesen wäre, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen.

124    Die italienischen Behörden antworteten auf die in der Einleitungsentscheidung zum Ausdruck gebrachten Vorbehalte mit Schreiben vom 18. Juli 2000, in dem sie sich darauf beschränkten, die ökologische und nicht wirtschaftliche Zielsetzung der angemeldeten Investitionen in die Anlagen des Hochofens und des Stahlwerks zu bekräftigen, ohne zusätzliche Erklärungen abzugeben und Beweise für diese Behauptung vorzulegen.

125    So haben die italienischen Behörden vorgetragen, „dass sich aus dem oben Angegebenen ergibt, dass der angemeldete Plan für Umweltschutzinvestitionen mit dem Ziel umgesetzt worden ist, eine wesentliche Verbesserung des Umweltschutzes unabhängig von Investitionen produktiver Art zu erreichen …“ und „dass sich aus dem oben Angegebenen eindeutig ergibt, dass die Firma Lucchini sich für erheblich höhere Umweltschutzniveaus entschieden hat, und zwar unabhängig von den produktiven Investitionen, die keine Investitionen in Form von Umweltschutzsystemen zur Einhaltung der geltenden Emissionsnormen erfordert hätten, und dass folglich alle angemeldeten Investitionen als zusätzlich anzusehen sind“.

126    Diesen Antworten sind keine ergänzenden Angaben beigefügt worden, mit denen sich belegen ließe, dass es eine kostengünstigere Lösung gegeben hätte und dass das Unternehmen sich folglich eindeutig für die Anwendung strengerer Normen entschieden hätte, die zusätzliche Investitionen erforderten. Unter diesen Voraussetzungen sind derartige Behauptungen nicht geeignet, die Zweifel in Bezug auf die ökologische und nicht wirtschaftliche Begründung der angemeldeten Investitionen in den beiden betroffenen Anlagen zu entkräften, die von der Kommission in der Einleitungsentscheidung dargelegt worden sind.

127    Was die Frage angeht, ob die vorhandenen Umweltschutzausrüstungen zusammen mit den neuen Produktionsanlagen weiter hätten genutzt werden können, wird darüber hinaus in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die italienischen Behörden keine Beweise für die Behauptung vorgelegt hätten, dass die alten Umweltschutzausrüstungen tatsächlich zusammen mit den neuen Produktionsanlagen hätten genutzt werden können, weil diese Ausrüstungen nicht veraltet gewesen seien und weil sie unter Einhaltung der Umweltnormen mit der neuen Produktionsanlage weiter hätten genutzt werden können (25. und 26. Begründungserwägung).

128    In demselben Zusammenhang wird in der angefochtenen Entscheidung erstens ausgeführt, dass diese Behauptung der italienischen Behörden umso weniger glaubhaft sei, als es in Anbetracht des Alters der Anlagen – die aus den Jahren 1971 und 1978 stammten – kaum vorstellbar sei, dass die Umweltschutzausrüstungen neben den neuen Produktionsanlagen weiter hätten betrieben werden können, zweitens, dass das Gutachten bestätige, dass die Nutzungsdauer der Umweltschutzausrüstungen der Lebensdauer der Gesamtanlage entspreche, deren Bestandteil sie seien, und drittens, dass es in Anbetracht der Notwendigkeit, die Produktionsanlagen wegen ihrer Überalterung auszutauschen, kaum vorstellbar sei, dass die zugehörigen Umweltschutzausrüstungen noch normal hätten funktionieren können (27. Begründungserwägung).

129    Wenn die alten Umweltschutzausrüstungen des Hochofens und des Stahlwerks zusammen mit den neuen Produktionsanlagen hätten betrieben werden können und wenn sie damit den geltenden verbindlichen Normen hätten entsprechen können, dann wären aber die angemeldeten Investitionen aufgrund einer freien Entscheidung des Unternehmens für eine Verbesserung des Umweltschutzes erfolgt, da es sich notwendigerweise um zusätzliche Investitionen handeln würde, mit deren Hilfe noch strengere Normen als die geltenden verbindlichen Normen, denen die alten Ausrüstungen bereits entsprachen, anzuwenden gewesen wären, so ist jedoch festzustellen, dass die italienischen Behörden keinen Beweis für die angebliche Kompatibilität der alten Umweltschutzausrüstung des Hochofens und des Stahlwerks mit den neuen Produktionsausrüstungen dieser Anlagen vorgelegt haben. Unter diesen Voraussetzungen war die Kommission nicht verpflichtet, zu diesem Punkt eine zusätzliche Begründung abzugeben.

130    Was schließlich die Rüge der Klägerin angeht, die auf mangelhafte Begründung der Beurteilung der Kommission in Bezug auf die fehlende Beihilfefähigkeit der angemeldeten Investitionen für den Hochofen und das Stahlwerk gestützt ist, muss nach ständiger Rechtsprechung zu Artikel 253 EG, die auf Artikel 15 KS übertragbar ist, die nach dieser Bestimmung vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 15 KS genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. entsprechend Urteile des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C‑367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink’s France, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 63, und vom 11. September 2003 in der Rechtssache C‑197/99 P, Belgien/Kommission, Slg. 2003, I‑8461, Randnr. 72).

131    Aus dem oben zitierten Inhalt der Einleitungsentscheidung geht aber hervor, dass die Kommission ihre Zweifel in Bezug auf die getätigten Investitionen im Hochofen und im Stahlwerk im Einzelnen dargelegt hatte. Angesichts dessen, dass es an Erklärungen von Seiten der italienischen Behörden fehlte, ist sie daher in der angefochtenen Entscheidung zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die italienischen Behörden nicht nachgewiesen hatten, dass die Investitionen im Hochofen und im Stahlwerk aus Umweltschutzgründen getätigt worden waren. In Anbetracht dessen, dass Italien die Beweislast trug, konnte die angefochtene Entscheidung sich auf die Feststellung beschränken, dass diese Erklärungen fehlten.

132    Daher ist die Rüge, die auf die mangelhafte Begründung der angefochtenen Entscheidung gestützt ist, was die Beurteilung der Kommission in Bezug auf die fehlende Beihilfefähigkeit der angemeldeten Investitionen für den Hochofen und das Stahlwerk angeht, nicht begründet.

133    Demzufolge ist die angefochtene Entscheidung nicht fehlerhaft, wenn in ihr ausgeführt wird, dass die italienischen Behörden keinen Beweis für die Behauptung vorgelegt haben, dass die in den Umweltschutzausrüstungen des Hochofens und des Stahlwerks getätigten Investitionen die Folge einer freien Entscheidung der Klägerin zur Verbesserung des Umweltschutzes gewesen seien, und wenn daraus gefolgert wird, dass die angemeldeten Beihilfen daher nicht zulässig sind.

d)     Schlussfolgerungen zum zweiten Klagegrund

134    Nach alledem ist, was die Umweltschutzinvestitionen im Hochofen und im Stahlwerk angeht – obwohl die angefochtene Entscheidung fehlerhaft ist, wenn in ihr angegeben wird, dass diese Investitionen aufgrund der Ansiedlung des Werkes in einem dicht besiedelten Gebiet notwendig gewesen seien –, der fehlende Nachweis durch die italienischen Behörden, dass eine freie Entscheidung des durch die Beihilfen begünstigten Unternehmens für eine Verbesserung des Umweltschutzes vorlag, geeignet, die in der angefochtenen Entscheidung gezogene Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass die angemeldeten Investitionen, die diese beiden Anlagen betrafen, für Umweltschutzbeihilfen nicht in Betracht kamen.

135    Dagegen ist die angefochtene Entscheidung, was die die Kokerei betreffenden Umweltschutzinvestitionen angeht, nicht ausreichend begründet und an manchen Stellen unrichtig.

136    Daraus folgt, dass der zweite Klagegrund durchgreift, was die Kokerei angeht, und dass er zurückzuweisen ist, was den Hochofen und das Stahlwerk betrifft.

C –  Zum dritten Klagegrund: Fehlerhaftigkeit der Beurteilung der Kommission in Bezug auf die Nichtbeachtung der im geltenden rechtlichen Rahmen aufgestellten Bedingungen für die Vereinbarkeit der Beihilfen, Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, Umkehr der Beweislast, Begründungsmangel und innerer Widerspruch in der in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Argumentation

137    Im Rahmen des dritten Klagegrundes bestreitet die Klägerin die Stichhaltigkeit und die Begründung der Beurteilungen, die in den Begründungserwägungen 30 bis 32 der angefochtenen Entscheidung dargelegt und im dritten Satz der 39. Begründungserwägung wiederholt werden und macht geltend, bei diesen Beurteilungen liege eine fehlerhafte Tatsachenbeurteilung, eine unzutreffende Auferlegung der Beweislast, ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, ein Begründungsmangel und ein innerer Widerspruch in der Argumentation vor.

138    Dazu stellt das Gericht fest, dass die angefochtene Entscheidung in der 39. Begründungserwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass die von den italienischen Behörden angemeldeten Beihilfen die verschiedenen durch den rechtlichen Rahmen gestellten Anforderungen nicht erfüllten, weil zum einen die „angemeldeten Kosten … sich nicht ausschließlich auf die zur Verbesserung des Umweltschutzes erforderlichen Mehrkosten [beziehen]“ und weil zum anderen „nicht alle erzielten Kostenvorteile … gegengerechnet [wurden]“. Ebenso führt die Kommission in der 32. Begründungserwägung aus, dass „die von den italienischen Behörden angemeldeten Investitionen nicht ausschließlich für Umweltschutzmaßnahmen bestimmt sind“ und dass „die Kosten der Ausrüstungsteile, die auch für Produktionszwecke verwendet werden können, nicht entsprechend in Abzug gebracht [wurden]“. Mit dieser Beurteilung wird auf die 30. und die 31. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung verwiesen, in denen die Kommission auf die Argumente eingeht, die von den italienischen Behörden im Rahmen von deren Erklärungen zur Einleitungsentscheidung vorgebracht wurden.

139    Da das Gericht das Vorbringen der Klägerin zurückweist, mit dem diese die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erreichen will, was die den Hochofen und das Stahlwerk betreffenden Beihilfen angeht, greifen die diese beiden Anlagen betreffenden Rügen, die die Klägerin im Rahmen des dritten Klagegrundes vorbringt, nicht durch. Die Begründetheit der Schlussfolgerung der Kommission, dass die das Stahlwerk und den Hochofen betreffenden Investitionen für Umweltschutzbeihilfen nicht in Betracht kommen, die in den Begründungserwägungen 25 bis 29 der angefochtenen Entscheidung dargelegt wird, genügt nämlich für die Feststellung, dass die Klage, was diese beiden Anlagen angeht, nicht begründet ist, ohne dass die Stichhaltigkeit der im Rahmen des dritten Klagegrundes vorgebrachten Argumente geprüft zu werden braucht.

140    Was die die Kokerei betreffenden Beihilfen angeht, hat das Gericht dagegen entschieden, dass der zweite Klagegrund durchgreift, da die angefochtene Entscheidung in einigen Punkten unrichtig und in anderen nicht ausreichend begründet war. Unter diesen Umständen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Kommission aus den in der angefochtenen Entscheidung dargelegten und im Rahmen des zweiten Klagegrundes geprüften Gründen nicht in berechtigter Weise die Auffassung vertreten kann, dass die von den italienischen Behörden angemeldeten Umweltschutzinvestitionen, was die Kokerei angeht, für Umweltschutzbeihilfen nicht in Betracht kämen.

141    Unter diesen Voraussetzungen kann das Gericht den Inhalt des dritten Klagegrundes und die Frage, ob die Unterscheidung zwischen den mit den produktiven Investitionen zusammenhängenden Kosten und den mit den Umweltschutzinvestitionen zusammenhängenden Kosten von den italienischen Behörden richtig vorgenommen worden ist, nicht prüfen. Diese Unterscheidung wird nämlich nur vorgenommen werden können, nachdem die Kommission die Zulässigkeit der die Kokerei betreffenden Beihilfen unter Berücksichtigung der vom Gericht im vorliegenden Urteil getroffenen Feststellungen untersucht haben wird und nachdem sie anhand der Darlegungen in den vorstehenden Randnummern 107 ff. festgestellt haben wird, ob es diese Beihilfen ermöglichen, den Umweltschutz wesentlich zu verbessern.

142    Damit die Parteien die Konsequenzen aus der im Rahmen des zweiten Klagegrundes ausgesprochenen Nichtigerklärung ziehen und also das Verfahren in dem Stadium wieder aufnehmen können, in dem es fehlerhaft geworden ist, d. h. im Stadium der Untersuchung der die Kokerei betreffenden Umweltschutzinvestitionen, ist das Gericht folglich der Auffassung, dass die Argumente nicht geprüft zu werden brauchen, die die Parteien im Rahmen des dritten Klagegrundes vorgebracht haben, was die Unterscheidung zwischen produktiven Kosten und Umweltschutzkosten angeht, die voraussetzt, dass die streitigen Beihilfen tatsächlich eine Umweltschutzzielsetzung in dem im Anhang des Kodex und im Gemeinschaftsrahmen definierten Sinn hätten. Auf diese Weise wird die Kommission die die Zulässigkeit der Beihilfen für die Kokerei betreffenden Fragen klären und gegebenenfalls die italienischen Behörden auffordern können, die die Auswirkungen auf die Produktion betreffenden Kosten abzuziehen.

143    Nach alledem greifen die im Rahmen des dritten Klagegrundes vorgebrachten Argumente, was den Hochofen und das Stahlwerk angeht, nicht durch, da die Begründetheit der Beurteilungen der Kommission in Bezug auf die in den Begründungserwägungen 25 bis 29 der angefochtenen Entscheidung dargelegte Unzulässigkeit der diese Anlagen betreffenden Beihilfen genügt, um die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung in diesem Punkt festzustellen, und braucht der dritte Klagegrund, was die Kokerei angeht, nicht geprüft zu werden, und zwar aufgrund der Auswirkungen der vom Gericht im Rahmen des zweiten Klagegrundes ausgesprochenen Nichtigerklärung auf das Verfahren der Prüfung der diese Anlage betreffenden Beihilfen.

D –  Zur Begründung der angefochtenen Entscheidung im Zusammenhang mit der Höhe der für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärten Beihilfe

144    Eine fehlende oder unzureichende Begründung stellt eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne des Artikels 33 KS dar und ist ein Gesichtspunkt, den der Gemeinschaftsrichter von Amts wegen prüfen muss (vgl. entsprechend Urteil vom 20. Februar 1997 in der Rechtssache C‑166/95 P, Kommission/Daffix, Slg. 1997, I‑983, Randnr. 24, und Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 67, sowie Urteile des Gerichts vom 21. März 2001 in der Rechtssache T‑206/99, Métropole télévision/Kommission, Slg. 2001, II‑1057, Randnr. 43, und vom 22. Juni 2005 in der Rechtssache T‑102/03, CIS/Kommission, Slg. 2005, II‑2357, Randnr. 46).

145    Außerdem muss nach ständiger Rechtsprechung die Begründung einer beschwerenden Einzelfallentscheidung die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der zuständige Gemeinschaftsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnr. 63, und Urteil Métropole télévision/Kommission, Randnr. 44, und Urteil CIS/Kommission, Randnr. 47).

146    Die angefochtene Entscheidung gelangt in der 39. Begründungserwägung zu dem Ergebnis, dass die „angemeldete Beihilfe zugunsten der Lucchini SpA für Investitionen in den Bereichen Kokerei, Stahlwerk und Hochofen im Gesamtumfang von 13,5 Mrd. ITL … nach den Bestimmungen über staatliche Umweltschutzbeihilfen nicht zulässig [ist], weil die italienischen Behörden nicht nachgewiesen haben, dass die Durchführung der Investitionen nicht aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte“. Diese Schlussfolgerung schließt sich an die 29. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung an, in der die Kommission ausführt: „Was die Frage angeht, welche wesentlichen Gründe der Entscheidung für die … in den Bereichen Kokerei, Stahlwerk und Hochofen getätigten Investitionen zugrunde lagen, so sind die italienischen Behörden nach Ansicht der Kommission den in der Anlage zum … [Kodex] verlangten Nachweis schuldig geblieben, dass das Unternehmen eine klare Entscheidung für die Durchführung der Investitionen aus Gründen des Umweltschutzes getroffen hat“.

147    Jedoch geht aus der Einleitungsentscheidung (Abschnitt mit der Überschrift „Beschreibung der Beihilfe“) sowie aus der 6. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die von der Klägerin durchgeführten und als förderfähig nach den Bestimmungen für Umweltschutzbeihilfen angemeldeten Investitionen in einer Gesamthöhe von 190,9 Milliarden ITL, für die eine Beihilfe in Höhe von 13,5 Milliarden ITL beantragt worden war (d. h. eine Beihilfeintensität von 7 %), die folgenden vier Anlagen betreffen: die Kokerei, das Stahlwerk, den Hochofen sowie das Wasser‑ und Abwassersystem.

148    Insoweit, als die 29. und die 39. Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung sich nicht auf die Einrichtung des Wasser‑ und Abwassersystems beziehen und nichts in der angefochtenen Entscheidung begreiflich macht, inwiefern die für diese Anlage bestimmte staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, ist festzustellen, dass ein Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung im Rahmen von Artikel 15 KS in Bezug auf die Höhe der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärten Beihilfe vorliegt.

149    Aus der Einleitungsentscheidung (Abschnitt mit der Überschrift „Beschreibung der Beihilfe“) geht hervor, dass die dem Wasser‑ und Abwassersystem entsprechenden Investitionen sich auf 19,7 Milliarden ITL beliefen und dass die für diese Anlage beantragte Beihilfe demzufolge 1,38 Milliarden ITL betrug.

150    Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung ist daher für nichtig zu erklären, soweit er in die Erklärung der Unvereinbarkeit der staatlichen Beihilfe zugunsten der Klägerin einen Betrag in Höhe von 1,38 Milliarden ITL einbezieht, der den angemeldeten Investitionen in das Wasser‑ und Abwassersystem entspricht.

E –  Gesamtergebnis

151    Nach alledem ist die Klage abzuweisen, was die Umweltschutzinvestitionen im Hochofen und im Stahlwerk betrifft.

152    Was die die Kokerei betreffenden Beihilfen angeht, hat das Gericht dem zweiten Klagegrund stattgegeben, und die angefochtene Entscheidung ist folglich für nichtig zu erklären, was die Umweltschutzinvestitionen in der Kokerei angeht.

153    Ebenso ist die angefochtene Entscheidung auch für nichtig zu erklären, was die das Wasser‑ und Abwassersystem betreffenden Umweltschutzinvestitionen angeht, da nichts in der Entscheidung begreiflich machen kann, inwiefern die für diese Anlage bestimmte staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist.

154    Demzufolge ist Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er in die Erklärung der Unvereinbarkeit der staatlichen Beihilfe zugunsten der Klägerin einen Betrag von 2,7 Milliarden ITL, der den angemeldeten Umweltschutzinvestitionen in die Kokerei entspricht, und einen Betrag von 1,38 Milliarden ITL, der den angemeldeten Umweltschutzinvestitionen in das Wasser‑ und Abwassersystem entspricht, einbezieht.

 Kosten

155    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht jedoch die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

156    Im vorliegenden Fall ist der Klage teilweise stattgegeben worden. Das Gericht hält es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles für geboten, jeder Partei die Hälfte der Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Artikel 1 der Entscheidung 2001/466/EGKS der Kommission vom 21. Dezember 2000 über die staatliche Beihilfe, die Italien zugunsten der Stahlunternehmen Lucchini SpA und Siderpotenza SpA gewähren will, wird für nichtig erklärt, soweit er in den Betrag der zugunsten der Lucchini SpA gewährten und für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärten Beihilfe die Beträge in Höhe von 2,7 Milliarden ITL (1,396 Millionen Euro) und von 1,38 Milliarden ITL (713 550 Euro) einbezieht, die den von den italienischen Behörden angemeldeten Umweltschutzinvestitionen in der Kokerei bzw. im Wasser‑ und Abwassersystem entsprechen.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Jede Partei trägt die Hälfte der Kosten des Verfahrens.

Lindh

García-Valdecasas

Cooke

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. September 2006.

Der Kanzler

 

      Die Präsidentin

E. Coulon

 

      P. Lindh

Inhaltsverzeichnis



* Verfahrenssprache: Italienisch.