Language of document :

Vorabentscheidungsersuchen des Spetsializiran nakazatelen sad (Bulgarien), eingereicht am 30. Oktober 2020 – Strafverfahren gegen IR

(Rechtssache C-569/20)

Verfahrenssprache: Bulgarisch

Vorlegendes Gericht

Spetsializiran nakazatelen sad

Partei des Ausgangsverfahrens

IR

Vorlagefragen

Sind Art. 8 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2016/3431 in Verbindung mit deren Erwägungsgründen 36 bis 39 und Art. 4а Abs. 1 Buchst. b des Rahmenbeschlusses 2009/299 in Verbindung mit dessen Erwägungsgründen 7 bis 10 dahin auszulegen, dass sie einen Fall erfassen, in dem der Angeklagte über den gegen ihn erhobenen Anklagevorwurf in dessen ursprünglicher Fassung unterrichtet wurde, danach aufgrund seiner Flucht objektiv nicht über die Gerichtsverhandlung unterrichtet werden kann und von einem von Amts wegen bestellten Rechtsanwalt verteidigt wird, mit dem er keinerlei Kontakt pflegt?

Wenn dies verneint wird: Ist mit Art. 9 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie 2016/343 und Art. 4а Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Buchst. d des Rahmenbeschlusses 2009/299 eine nationale Regelung (Art. 423 Abs. 1 und Abs. 5 NPK) vereinbar, wonach gegen in Abwesenheit durchgeführte Ermittlungsmaßnahmen und gegen eine in Abwesenheit erfolgte Verurteilung kein Rechtsschutz vorgesehen ist, wenn sich der Angeklagte nach Unterrichtung über den ursprünglichen Anklagevorwurf verborgen hält und daher weder über den Termin und den Ort der Gerichtsverhandlung noch über die Folgen seines Nichterscheinens unterrichtet werden konnte?

Wenn dies verneint wird: Entfaltet Art. 9 der Richtlinie 2016/343 in Verbindung mit Art. 47 der Charta unmittelbare Wirkung?

____________

1 Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren (ABl. 2016, L 65, S. 1).