Language of document : ECLI:EU:C:2017:376

Gutachten 2/15

Gutachten nach Art. 218 Abs. 11 AEUV

„Gutachten nach Art. 218 Abs. 11 AEUV – Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur – Handelsabkommen der ‚neuen Generation‘, das nach Inkrafttreten des EU- und des AEU-Vertrags verhandelt wurde – Zuständigkeit für den Abschluss des Abkommens – Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV – Gemeinsame Handelspolitik – Art. 207 Abs. 1 AEUV – Handel mit Waren und Dienstleistungen – Ausländische Direktinvestitionen – Öffentliches Beschaffungswesen – Handelsaspekte des geistigen Eigentums – Wettbewerb – Handel mit Drittstaaten und nachhaltige Entwicklung – Sozialer Schutz der Arbeitnehmer – Umweltschutz – Art. 207 Abs. 5 AEUV – Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs – Art. 3 Abs. 2 AEUV – Internationale Übereinkunft, die gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte – Regeln des abgeleiteten Rechts der Union über den freien Dienstleistungsverkehr im Bereich des Verkehrs – Andere ausländische Investitionen als Direktinvestitionen – Art. 216 AEUV – Zur Verwirklichung eines der in den Verträgen festgesetzten Ziele erforderliche Übereinkunft – Freier Kapital- und Zahlungsverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten – Aufeinanderfolgen von Investitionsabkommen – Ersetzung von Investitionsabkommen zwischen Mitgliedstaaten und der Republik Singapur – Organisatorische Bestimmungen des Abkommens – Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten – Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien“

Leitsätze – Gutachten des Gerichtshofs (Plenum) vom 16. Mai 2017

1.        Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Zuständigkeit für den Abschluss von Übereinkünften, die den Handel mit Waren und Dienstleistungen betreffen – Umfang – Freihandelsabkommen zwischen der Union und der Republik Singapur – Bestimmungen über die Erleichterung des Handels mit Waren oder die Billigung handelspolitischer Schutzmaßnahmen – Einbeziehung

(Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV und 207 Abs. 1 AEUV)

2.        Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Umfang – Unterstellung von Verkehrsabkommen unter die Regelung der gemeinsamen Verkehrspolitik – Zweck

(Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV und 207 Abs. 5 AEUV)

3.        Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Umfang – Unterstellung von Verkehrsabkommen unter die Regelung der gemeinsamen Verkehrspolitik – Unanwendbarkeit bei einem Abkommen über Dienstleistungen, die nicht naturgemäß mit einer Verkehrsdienstleistung verbunden sind – Verpflichtungen in Bezug auf Luftfahrzeugreparatur- und wartungsdienstleistungen und auf die Modalitäten der Beteiligung an öffentlichen Verkehrsdienstleistungsaufträgen – Keine naturgemäße Verbundenheit mit einer Verkehrsdienstleistung – Ausschließliche Zuständigkeit der Union

(Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV und 207 Abs. 5 AEUV; Richtlinie 2006/123 des Europäischen Parlaments und des Rates, 33. Erwägungsgrund)

4.        Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Zuständigkeit für den Abschluss von Übereinkünften über ausländische Direktinvestitionen – Umfang – Grenzen

(Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV und 207 Abs. 1 AEUV)

5.        Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Zuständigkeit für den Abschluss von Übereinkünften über ausländische Direktinvestitionen – Umfang – Freihandelsabkommen zwischen der Union und der Republik Singapur – Vorschriften im Bereich des Schutzes von Direktinvestitionen – Einbeziehung

(Art. 207 Abs. 1 AEUV)

6.        Europäische Union – Eigentumsordnungen – Grundsatz der Neutralität – Anwendung der Grundregeln des Vertrags – Abschluss einer internationalen Übereinkunft, in der die Möglichkeit für Mitgliedstaaten begrenzt wird, Investitionen von Staatsangehörigen eines Drittstaats zu verstaatlichen oder zu enteignen – Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz – Fehlen

(Art. 345 AEUV)

7.        Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Zuständigkeit für den Abschluss von Übereinkünften über die Handelsaspekte des geistigen Eigentums – Umfang – Freihandelsabkommen zwischen der Union und der Republik Singapur – Bestimmungen, die auf die bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen hinweisen und ein Schutzniveau der Rechte des geistigen Eigentums gewährleisten – Einbeziehung

(Art. 207 Abs. 1 AEUV)

8.        Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Zuständigkeit für den Abschluss von Übereinkünften über die Vereinheitlichung der Liberalisierungsmaßnahmen – Umfang – Freihandelsabkommen zwischen der Union und der Republik Singapur – Bestimmungen über die Bekämpfung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen und von Zusammenschlüssen – Einbeziehung

(Art. 207 Abs. 1 AEUV)

9.        Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Verpflichtung zur Ausübung unter Beachtung der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union – Umfang

(Art. 3 Abs. 5 EUV und 21 Abs. 1 bis 3 EUV; Art. 9 AEUV, 11 AEUV, 205 AEUV und 207 Abs. 1 AEUV)

10.      Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Verpflichtung zur Ausübung unter Beachtung der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union – Freihandelsabkommen zwischen der Union und der Republik Singapur – Verpflichtungen zur Gewährleistung der Einhaltung der völkerrechtlichen Verpflichtungen im Bereich des sozialen Schutzes von Arbeitnehmern und des Umweltschutzes – Vorliegen eines spezifischen Bezugs zum Handelsverkehr zwischen den Vertragsparteien

(Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV und 207 Abs. 1 AEUV)

11.      Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Umfang – Ausübung zur Reglementierung der Sozialschutz- und Umweltschutzniveaus der Vertragsparteien – Nichteinbeziehung

(Art. 3 Abs. 1 Buchst. d und e und Abs. 2 AEUV, Art. 4 Abs. 2 Buchst. b und e AEUV und Art. 207 Abs. 6 AEUV)

12.      Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Ausschließliche Zuständigkeit für eine Übereinkunft, die gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte – Freihandelsabkommen zwischen der Union und der Republik Singapur – Verpflichtungen in Bezug auf die Erbringung von Dienstleistungen des Seeverkehrs, des Eisenbahnverkehrs und des Straßenverkehrs – Beeinträchtigung der in den Verordnungen Nr. 4055/86, Nr. 1071/2009, Nr. 1072/2009 und Nr. 1073/2009 und in der Richtlinie 2012/34 vorgesehenen Regeln

(Art. 3 Abs. 2 AEUV und 216 AEUV; Verordnungen Nr. 1071/2009, Nr. 1072/2009 und Nr. 1073/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates; Verordnung Nr. 4055/86 des Rates; Richtlinie 2012/34 des Europäischen Parlaments und des Rates)

13.      Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Ausschließliche Zuständigkeit für eine Übereinkunft, die gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte – Notwendigkeit eines Widerspruchs zwischen den gemeinsamen Regeln und der geplanten Übereinkunft – Fehlen

(Art. 3 Abs. 2 AEUV und 216 AEUV)

14.      Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Ausschließliche Zuständigkeit für eine Übereinkunft, die gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte – Notwendigkeit der Prüfung, ob die Bestimmungen der geplanten Übereinkunft mit einem begrenzten Anwendungsbereich beeinträchtigt werden könnten – Fehlen

(Art. 3 Abs. 2 AEUV und 216 AEUV)

15.      Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Ausschließliche Zuständigkeit für eine Übereinkunft, die gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte – Auswirkungen der dem EU- und dem AEU-Vertrag beigefügten Protokolle Nr. 21 und Nr. 22 über die Position des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks auf eine Übereinkunft, die nicht die in diesen Protokollen erfassten Bereiche betrifft – Fehlen

(Art. 3 Abs. 2 AEUV und 216 AEUV; dem EU- und dem AEU-Vertrag beigefügte Protokolle Nr. 21 und Nr. 22)

16.      Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Ausschließliche Zuständigkeit für eine Übereinkunft, die gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte – Freihandelsabkommen zwischen der Union und der Republik Singapur – Bestimmungen über die Durchführung von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge – Beeinträchtigung der in den Richtlinien 2014/24 und 2014/25 vorgesehenen Regeln

(Art. 3 Abs. 2 AEUV und 216 AEUV; Richtlinien 2014/24 und 2014/25 des Europäischen Parlaments und des Rates)

17.      Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Ausschließliche Zuständigkeit für eine Übereinkunft, die gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte – Begriff der gemeinsamen Regeln – Regeln des Primärrechts der Union – Nichteinbeziehung – Von der Union geschlossene Übereinkünfte – Nichteinbeziehung

(Art. 3 Abs. 2 AEUV und 216 AEUV)

18.      Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Ausschließliche Zuständigkeit für eine Übereinkunft, die gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte – Umfang – Übereinkunft im Bereich anderer ausländischer Investitionen als Direktinvestitionen – Nichteinbeziehung

(Art. 3 Abs. 2 AEUV, 4 Abs. 1 und 2 Buchst. a AEUV, 63 AEUV und 216 Abs. 1 AEUV)

19.      Gemeinsame Handelspolitik – Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Zuständigkeit für den Abschluss von Übereinkünften zu ausländischen Direktinvestitionen – Umfang – Übereinkunft, in der eine Bestimmung das Erlöschen der zuvor von den Mitgliedstaaten mit einem Drittstaat geschlossenen bilateralen Investitionsabkommen vorsieht – Einbeziehung

(Art. 2 Abs. 1 AEUV und 207 Abs. 1 AEUV; Verordnung Nr. 1219/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates)

20.      Völkerrechtliche Verträge – Verträge der Mitgliedstaaten – Vor Inkrafttreten des EG-Vertrags oder vor Beitritt eines Mitgliedstaats geschlossene Verträge – Wahrung der damit verbundenen Rechte und Pflichten

(Art. 351 AEUV)

21.      Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Zuständigkeit für die Aufnahme organisatorischer Bestimmungen in eine Übereinkunft – Umfang – Einführung einer Streitbeilegungsregelung, die es einem Drittstaatsangehörigen erlaubt, eine Streitigkeit der Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats zu entziehen – Nichteinbeziehung – Zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit

22.      Völkerrechtliche Verträge – Zuständigkeiten der Union und der Mitgliedstaaten – Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten im Bereich des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens – Freihandelsabkommen zwischen der Union und der Republik Singapur – Verpflichtungen der Union und der Mitgliedstaaten zur Einhaltung der Grundsätze der guten Verwaltung und des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes – Eingriff in die nationalen Zuständigkeiten – Fehlen

23.      Völkerrechtliche Verträge – Abschluss – Zuständigkeit der Union – Umfang – Schaffung eines Gerichts oder einer anderen für die Entscheidung über die Bestimmungen der Übereinkunft zuständigen Stelle – Einbeziehung


1.      Aus Art. 207 Abs. 1 AEUV, insbesondere aus dessen Satz 2, wonach die gemeinsame Handelspolitik zum „auswärtigen Handeln der Union“ gehört, geht hervor, dass diese Politik den Handelsverkehr mit Drittländern betrifft. Ein Rechtsakt der Union ist Teil der gemeinsamen Handelspolitik, wenn er speziell diesen Handelsverkehr betrifft, weil er ihn im Wesentlichen fördern, erleichtern oder regeln soll und sich direkt und sofort auf ihn auswirkt. Demnach fallen nur die Teile des geplanten Abkommens unter die gemeinsame Handelspolitik, die einen spezifischen Bezug zum Handelsverkehr zwischen der Union und dem betreffenden Drittstaat aufweisen.

Kapitel 2 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur, in dem vorgesehen ist, dass jede Vertragspartei die Waren der anderen Vertragspartei diskriminierungsfrei behandelt und ihre Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Maßgabe der im Anhang zu diesem Kapitel aufgeführten spezifischen Verpflichtungen abbaut oder beseitigt, fällt unter die gemeinsame Handelspolitik und damit nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV in die ausschließliche Zuständigkeit der Union. Ferner nimmt danach jede Vertragspartei davon Abstand, nichttarifäre Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen für Waren vorzusehen oder beizubehalten. Gegenstand dieses Kapitels sind somit im Sinne von Art. 207 Abs. 1 AEUV Zoll- und Handelsverpflichtungen, die den Handel mit Waren betreffen. Gleiches gilt für Kapitel 3 des Abkommens, in dem die Modalitäten festgelegt werden, nach denen jede Vertragspartei, wenn die Auflagen, die sich aus den Regeln der Welthandelsorganisation ergeben, erfüllt sind, Antidumping- und Ausgleichsmaßnahmen sowie Maßnahmen zum Schutz der Einfuhren aus der anderen Vertragspartei ergreifen kann. Dieses Kapitel betrifft daher handelspolitische Schutzmaßnahmen im Sinne von Art. 207 Abs. 1 AEUV.

Aus den Kapiteln 4 und 5 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur ergibt sich, dass zum einen die von einer Vertragspartei ausgeführten Waren den technischen und gesundheitspolizeilichen Vorschriften der sie einführenden Vertragspartei entsprechen müssen, und zum anderen, dass die von dieser Vertragspartei eingeführten Waren keinen Vorschriften unterworfen werden dürfen, die im Vergleich zu den für ihre eigenen Waren geltenden diskriminierend oder unverhältnismäßig sind. Diese Kapitel haben somit speziell die Vereinfachung des Warenhandels zwischen der Union und der Republik Singapur zum Gegenstand. Kapitel 6 des Abkommens sieht vor, dass die Zollgesetzgebung jeder Vertragspartei diskriminierungsfrei sein wird und die Gebühren und Belastungen für die bei der Ein- oder Ausfuhr dieser Waren erbrachten Dienstleistungen die ungefähren Kosten dieser Dienstleistungen nicht überschreiten werden. Wesentliches Ziel dieses Kapitels ist es folglich, den Warenhandel zwischen den Vertragsparteien zu regeln und zu vereinfachen.

Mit Kapitel 7 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur soll der Zugang zum Markt im Sektor für die Energieerzeugung aus nachhaltigen nicht fossilen Quellen geregelt und erleichtert werden, ohne eine entsprechende Umweltnorm vorzusehen. Mit diesem Kapitel soll folglich der Markt beider Vertragsparteien geöffnet werden, so dass es sich auch direkt und sofort auf den Handel mit Waren und Dienstleistungen zwischen der Union und der Republik Singapur in diesem Sektor auswirken kann. Es fällt daher nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV in die ausschließliche Zuständigkeit der Union.

(vgl. Rn. 35-37, 40-47, 72-74)

2.      Die Zuständigkeit der Union für die Genehmigung einer Übereinkunft, die u. a. die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs zum Gegenstand hat, kann sich nicht allein aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV ergeben. Dieser Bereich ist nämlich nach Art. 207 Abs. 5 AEUV von der gemeinsamen Handelspolitik ausgenommen, nach dem für die Aushandlung und den Abschluss von internationalen Abkommen im Bereich des Verkehrs der Dritte Teil Titel VI des AEU-Vertrags gilt. Dieser Titel betrifft die gemeinsame Verkehrspolitik.

Art. 207 Abs. 5 AEUV, der im Wesentlichen Art. 133 Abs. 6 Unterabs. 3 EG entspricht, will im Hinblick auf den internationalen Handel mit Verkehrsdienstleistungen einen grundsätzlichen Gleichlauf zwischen der internen Zuständigkeit der Union, die durch einseitigen Erlass von Unionsregeln ausgeübt wird, und der Außenkompetenz der Union, die durch Abschluss internationaler Übereinkünfte wahrgenommen wird, herstellen, wobei die eine wie die andere Zuständigkeit weiterhin in dem speziell der gemeinsamen Verkehrspolitik gewidmeten Titel des Vertrags verankert bleibt.

(vgl. Rn. 56-59)

3.      Bei der Auslegung von Art. 207 Abs. 5 AEUV, der Abkommen im Bereich des Verkehrs von der gemeinsamen Handelspolitik ausnimmt, ist der Begriff der Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs zu berücksichtigen, der nicht nur die Verkehrsdienstleistungen als solche umfasst, sondern auch andere Dienstleistungen, wenn sie naturgemäß mit einer körperlichen Handlung der Beförderung von Personen oder Waren von einem Ort zum anderen mittels eines Verkehrsmittels verbunden sind.

Was die Verpflichtungen in Kapital 8 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur anbelangt, sind weder die Luftfahrzeugreparatur- und ‑wartungsdienstleistungen, bei denen ein Luftfahrzeug vom Betrieb ausgesetzt wird, noch die Dienstleistungen des Verkaufs, der Vermarktung und der Buchung von Luftverkehrsdienstleistungen – unabhängig davon, ob sie von Reisebüros oder anderen gewerblichen Dienstleistenden erbracht werden – im oben angeführten Sinne naturgemäß mit Verkehrsdienstleistungen verbunden. Dies ergibt sich erstens daraus, dass die Luftfahrzeugreparatur- und ‑wartungsdienstleistungen, bei denen ein Luftfahrzeug vom Betrieb ausgesetzt wird, allenfalls entfernt mit der Handlung der Beförderung von Personen oder Waren von einem Ort zu einem anderen im Zusammenhang stehen. Zweitens geht zu den Dienstleistungen des Verkaufs, der Vermarktung oder der Buchung von Luftverkehrsdienstleistungen aus dem 33. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/123 über Dienstleistungen im Binnenmarkt hervor, dass die Dienstleistungen, die von dieser Richtlinie erfasst sind, auch die Tätigkeit von Reisebüros umfassen, die die Hauptanbieter für solche Dienstleistungen sind. Da die Luftfahrzeugreparatur- und ‑wartungsdienstleistungen, bei denen ein Luftfahrzeug vom Betrieb ausgesetzt wird, der Verkauf und die Vermarktung von Luftverkehrsdienstleistungen und die Dienstleistungen computergesteuerter Buchungssysteme folglich nicht unter Art. 207 Abs. 5 AEUV fallen, gehören sie zu den von Art. 207 Abs. 1 AEUV erfassten Dienstleistungen.

Spezifischer Gegenstand des Kapitels 10 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur ist die Festlegung der Modalitäten, unter denen die Wirtschaftsteilnehmer jeder Vertragspartei an den Vergabeverfahren teilnehmen können, die von den öffentlichen Stellen der anderen Vertragspartei organisiert werden. Da diese Modalitäten auf Erwägungen des diskriminierungsfreien Zugangs, der Transparenz und der Effizienz beruhen, können sie sich auf den Handel mit Waren und Dienstleistungen zwischen den Vertragsparteien direkt und sofort auswirken. Kapitel 10 dieses Abkommens fällt somit nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV in die ausschließliche Zuständigkeit der Union, jedoch mit Ausnahme der in den Nrn. 11 und 12 der Anlagen 8-A-1 und 8-B-1 sowie in den Nrn. 16 und 17 der Anlagen 8-A-2 und 8-A-3 zu den Anhängen von Kapitel 8 des Abkommens aufgeführten öffentlichen Aufträge für Dienstleistungen des internationalen Seeverkehrs, des Eisenbahnverkehrs, des Straßenverkehrs und des Binnenschiffsverkehrs und öffentlichen Aufträge für Dienstleistungen, die mit diesen Verkehrsdienstleistungen naturgemäß verbunden sind.

(vgl. Rn. 61, 66-68, 76, 77)

4.      Nach Art. 207 Abs. 1 AEUV fallen die Handlungen der Union im Bereich der ausländischen Direktinvestitionen unter die gemeinsame Handelspolitik. Die Union verfügt daher nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV über die ausschließliche Zuständigkeit für die Genehmigung jeder Verpflichtung gegenüber einem Drittstaat, die sich auf Investitionen natürlicher oder juristischer Personen dieses Drittstaats in der Union und umgekehrt bezieht, die die Möglichkeit bietet, sich tatsächlich an der Verwaltung oder Kontrolle einer Gesellschaft zu beteiligen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

Dass die Verfasser des AEU-Vertrags in Art. 207 Abs. 1 AEUV den Ausdruck „ausländische Direktinvestitionen“ verwendet haben, zeigt eindeutig ihren Willen, andere ausländische Investitionen nicht in die gemeinsame Handelspolitik einzubeziehen. Daher fallen Verpflichtungen gegenüber einem Drittstaat im Zusammenhang mit solchen anderen ausländischen Investitionen nicht nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV in die ausschließliche Zuständigkeit der Union.

Diese Abgrenzung des Anwendungsbereichs der gemeinsamen Handelspolitik für ausländische Investitionen zeigt, dass jede Handlung der Union oder eines Drittstaats, die die Beteiligung einer natürlichen oder juristischen Person eines Drittstaats oder der Union an der Verwaltung oder Kontrolle einer Gesellschaft, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, in der Union oder in dem Drittstaat fördert, erleichtert oder regelt, sich direkt und sofort auf den Handelsverkehr zwischen diesem Drittstaat und der Union auswirken kann, während ein solcher spezifischer Bezug zu diesem Handelsverkehr im Fall von Investitionen, die nicht zu einer solchen Beteiligung führen, fehlt.

(vgl. Rn. 81-84)

5.      Die zwischen der Union und der Republik Singapur im Rahmen von Kapitel 9 des Freihandelsabkommens zwischen ihnen im Bereich des Schutzes von Direktinvestitionen vereinbarten Vorschriften fallen unter die gemeinsame Handelspolitik, sofern sie einen spezifischen Bezug zum Handelsverkehr zwischen der Union und diesem Drittstaat aufweisen. Art. 207 Abs. 1 AEUV bezieht sich nämlich allgemein auf Handlungen der Union im Bereich der ausländischen Direktinvestitionen, ohne danach zu unterscheiden, ob die Handlungen die Zulassung oder den Schutz dieser Investitionen zum Gegenstand haben.

Diese in Kapitel 9 vorgesehene Gesamtheit an Verpflichtungen zur „nicht weniger günstigen Behandlung“ und an Verboten willkürlicher Behandlung, die insbesondere die Nutzung, Erhöhung und Veräußerung von Beteiligungen natürlicher und juristischer Personen jeder Vertragspartei an Gesellschaften, die wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben und ihren Sitz im Gebiet der anderen Vertragspartei haben, betreffen, trägt zur Rechtssicherheit für die Investoren bei. Ziel der Einführung eines solchen Rechtsrahmens ist es, den Handelsverkehr zwischen der Union und der Republik Singapur zu fördern, zu erleichtern und zu regeln. Außerdem können sich die Bestimmungen von Kapitel 9 Abschnitt A des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur, soweit sie Direktinvestitionen betreffen, direkt und sofort auf diesen Handelsverkehr auswirken, da es in ihnen um die Behandlung von Beteiligungen von Unternehmern einer Vertragspartei an der Verwaltung oder Kontrolle von Gesellschaften geht, die im Gebiet der anderen Vertragspartei wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben.

(vgl. Rn. 87, 94, 95)

6.      Art. 345 AEUV bringt den Grundsatz der Neutralität der Union gegenüber den in den Mitgliedstaaten bestehenden Eigentumsordnungen zum Ausdruck, führt jedoch nicht dazu, dass diese Eigentumsordnungen den Grundprinzipien der Union entzogen sind. Art. 9.6 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur, der vorsieht, dass eine Vertragspartei die erfassten Investitionen von Investoren der anderen Partei nicht verstaatlichen, enteignen oder Maßnahmen gleicher Wirkung wie Verstaatlichung oder Enteignung unterwerfen darf, es sei denn, dies geschieht zu einem öffentlichen Zweck, enthält keine Verpflichtung in Bezug auf die Eigentumsordnung in den Mitgliedstaaten. Er bringt nur zum Ausdruck, dass die Mitgliedstaaten zwar frei darin bleiben, ihre Zuständigkeiten im Bereich des Eigentumsrechts auszuüben und folglich die Eigentumsordnung zu ändern, soweit es sie betrifft, dass sie jedoch die allgemeinen Grundsätze und die Grundrechte beachten müssen.

(vgl. Rn. 91, 107)

7.      Nach Art. 207 Abs. 1 AEUV umfasst die gemeinsame Handelspolitik auch die Handelsaspekte des geistigen Eigentums. Die von der Union eingegangenen internationalen Verpflichtungen im Bereich des geistigen Eigentums fallen unter diese Handelsaspekte, wenn sie einen spezifischen Bezug zum internationalen Handelsverkehr haben, weil sie ihn im Wesentlichen fördern, erleichtern oder regeln sollen und sich direkt und sofort auf ihn auswirken.

Was die in Kapitel 11 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur enthaltenen Verpflichtungen im Bereich des geistigen Eigentums anbelangt, bezwecken sämtliche Bestimmungen zu Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, zu Marken, zu geografischen Angaben, zu Mustern und Modellen, zu Patenten, zu Testdaten und zu Pflanzensorten, die zum einen auf bestehende internationale Verpflichtungen und zum anderen auf bilaterale Verpflichtungen verweisen, hauptsächlich, wie in Art. 11.1 Abs. 1 Buchst. b dieses Abkommens ausgeführt, dass den Unternehmern der Union und Singapurs ein angemessener Schutz ihrer Rechte des geistigen Eigentums gewährt wird. Diese Bestimmungen ermöglichen den Unternehmern der Union und Singapurs, im Gebiet der anderen Vertragspartei in den Genuss von Schutzstandards für Rechte des geistigen Eigentums zu kommen, die eine gewisse Homogenität aufweisen, und tragen so dazu bei, dass diese gleichberechtigt am freien Handel mit Waren und Dienstleistungen zwischen der Union und der Republik Singapur teilnehmen können. Gleiches gilt für die Art. 11.36 bis 11.47 des Abkommens, die jede Vertragspartei dazu verpflichten, bestimmte Kategorien von Verfahren und zivilgerichtlichen Maßnahmen vorzusehen, die es den Betroffenen ermöglichen, ihre Rechte des geistigen Eigentums geltend zu machen und durchzusetzen sowie für die Art. 11.48 bis 11.50 des Abkommens, die jede Vertragspartei dazu verpflichten, Methoden auszuarbeiten, anhand deren die Zollbehörden nachgeahmte oder unerlaubt hergestellte Waren erkennen, und die Möglichkeit für die Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums vorzusehen, beim Verdacht, dass es sich um nachgeahmte oder unerlaubt hergestellte Waren handelt, eine Aussetzung der Überführung dieser Waren in den zollrechtlich freien Verkehr zu erreichen.

Daraus folgt, dass die Bestimmungen von Kapitel 11 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur, wie in Art. 11.1 Abs. 1 ausgeführt, tatsächlich darauf gerichtet sind, die Produktion und Vermarktung innovativer und kreativer Erzeugnisse sowie die Erbringung von Dienstleistungen zwischen den Vertragsparteien zu erleichtern und die Vorteile aus Handel und Investitionen zu steigern. Dieses Kapitel betrifft nicht die Harmonisierung von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der Union, sondern regelt die Liberalisierung des Handelsverkehrs zwischen der Union und der Republik Singapur. Somit betrifft Kapitel 11 des Abkommens Handelsaspekte des geistigen Eigentums im Sinne von Art. 207 Abs. 1 AEUV.

(vgl. Rn. 111-113, 121-126, 128)

8.      Die Art. 12.1 und 12.2 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur betreffen zweifelsfrei die Liberalisierung des Handelsverkehrs zwischen der Union und der Republik Singapur. In ihnen geht es nämlich speziell um die Bekämpfung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen und von Zusammenschlüssen, die verhindern oder verhindern sollen, dass der Handelsverkehr zwischen der Union und diesem Drittstaat unter gesunden Wettbewerbsbedingungen stattfindet. Sie fallen somit in den Bereich der gemeinsamen Handelspolitik und nicht in den Bereich des Binnenmarkts. Kapitel 12 dieses Abkommens enthält außerdem Bestimmungen im Bereich der Subventionen. Diese verweisen auf die Verpflichtungen der Vertragsparteien gemäß dem Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen, das Teil des Anhangs 1A zum Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation ist, bestimmen, welche mit dem Waren- und Dienstleistungshandel zwischen der Union und der Republik Singapur verbundenen Subventionen verboten sind, und verpflichten jede Vertragspartei, sich darum zu bemühen, die Auswirkungen nicht verbotener Subventionen auf den Handel mit der anderen Vertragspartei zu beseitigen oder zu verhindern.

(vgl. Rn. 134, 135, 137)

9.      Der AEU-Vertrag weicht vom zuvor geltenden EG-Vertrag weitgehend ab, indem er neue Aspekte des heutigen internationalen Handels in die gemeinsame Handelspolitik aufnimmt. Die Ausweitung des Bereichs der gemeinsamen Handelspolitik durch den AEU-Vertrag stellt eine bedeutsame Entwicklung des Primärrechts der Union dar. Diese Entwicklung ist u. a. durch die Regelung in Art. 207 Abs. 1 Satz 2 AEUV gekennzeichnet, wonach die gemeinsame Handelspolitik im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union gestaltet wird. Diese Grundsätze und Ziele werden in Art. 21 Abs. 1 und 2 EUV näher beschrieben und betreffen, wie in Art. 21 Abs. 2 Buchst. f EUV vorgesehen, u. a. die nachhaltige Entwicklung im Zusammenhang mit der Erhaltung und Verbesserung der Qualität der Umwelt und der nachhaltigen Bewirtschaftung der weltweiten natürlichen Ressourcen.

Die Verpflichtung der Union, diese Ziele und Grundsätze in die Durchführung ihrer gemeinsamen Handelspolitik zu integrieren, ergibt sich aus Art. 207 Abs. 1 Satz 2 AEUV in Verbindung mit Art. 21 Abs. 3 EUV und Art. 205 AEUV. Des Weiteren sind die Art. 9 und 11 AEUV zu berücksichtigen. Zudem verpflichtet Art. 3 Abs. 5 EUV die Union, in ihren Beziehungen zur übrigen Welt einen Beitrag zu freiem und gerechtem Handel zu leisten. Demnach ist das Ziel der nachhaltigen Entwicklung nunmehr fester Bestandteil der gemeinsamen Handelspolitik.

(vgl. Rn. 141-143, 146, 147)

10.    Kapitel 13 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur fällt unter die gemeinsame Handelspolitik und somit nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV in die ausschließliche Zuständigkeit der Union. Mit den Bestimmungen dieses Kapitels verpflichten sich die Union und die Republik Singapur nämlich im Wesentlichen dazu, zu gewährleisten, dass der Handelsverkehr zwischen ihnen unter Einhaltung der Verpflichtungen stattfindet, die sich aus den internationalen Übereinkünften zum sozialen Schutz von Arbeitnehmern und zum Umweltschutz, deren Vertragsparteien sie sind, ergeben. Kapitel 13 betrifft weder die Tragweite der internationalen Übereinkünfte, auf die es verweist, noch die Zuständigkeiten der Union oder der Mitgliedstaaten hinsichtlich dieser Übereinkünfte. Es weist jedoch einen spezifischen Bezug zum Handelsverkehr zwischen der Union und der Republik Singapur auf. Kapitel 13 regelt diesen Handelsverkehr nämlich, indem es dafür sorgt, dass er unter Beachtung dieser Übereinkünfte stattfindet und dass keine auf der Grundlage dieser Übereinkünfte ergriffene Maßnahme so angewandt wird, dass sie zu einer willkürlichen oder ungerechtfertigten Diskriminierung oder zu einer verschleierten Beschränkung des Handelsverkehrs führt.

Kapitel 13 kann sich auch direkt und sofort auf diesen Handelsverkehr auswirken. Insoweit verpflichten sich die Vertragsparteien im geplanten Abkommen dazu, Dokumentations-, Überprüfungs- und Zertifizierungsregelungen insbesondere in Bezug auf die in Art. 13.7 Buchst. b und Art. 13.8 Buchst. b dieses Abkommens genannten Verpflichtungen, den Handel mit Holz und Holzerzeugnissen aus illegalem Einschlag und die illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei zu bekämpfen, umzusetzen oder zu fördern. Solche Regelungen können sich direkt auf den Handel mit den betreffenden Produkten auswirken. Zudem folgt die Spezifizität des Bezugs, den die Bestimmungen von Kapitel 13 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur aufweisen, auch daraus, dass ein Verstoß gegen die Bestimmungen dieses Kapitels im Bereich des sozialen Schutzes von Arbeitnehmern und des Umweltschutzes es der anderen Vertragspartei gestattet, die in den übrigen Bestimmungen dieses Abkommens vorgesehene Liberalisierung dieses Handelsverkehrs zu beenden oder auszusetzen; dies ergibt sich aus der völkergewohnheitsrechtlichen Regel, die in Art. 60 Abs. 1 des Übereinkommens über das Recht der Verträge, das für die Beziehungen zwischen der Union und Drittstaaten gilt, kodifiziert ist.

(vgl. Rn. 152, 155-157, 160, 161, 167)

11.    Die ausschließliche Zuständigkeit der Union nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV kann zwar nicht für die Reglementierung des Niveaus des sozialen Schutzes und des Umweltschutzes im jeweiligen Gebiet der Vertragsparteien einer internationalen Übereinkunft zwischen der Union und einem Drittstaat ausgeübt werden. Der Erlass solcher Regeln fiele unter die zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit, wie sie u. a. in Art. 3 Abs. 1 Buchst. d, Art. 3 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 2 Bucht. b und e AEUV vorgesehen ist. Art. 3 Abs. 1 Buchst. e AEUV hat nämlich gegenüber diesen anderen Bestimmungen des AEU-Vertrags keinen Vorrang. Zudem hat nach Art. 207 Abs. 6 AEUV die Ausübung der Zuständigkeiten im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik keine Auswirkungen auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten.

(vgl. Rn. 164)

12.    Art. 216 AEUV weist der Union die Zuständigkeit u. a. für den Abschluss jeder internationalen Übereinkunft zu, die gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte. Die Gefahr, dass gemeinsame Vorschriften beeinträchtigt werden oder deren Anwendungsbereich geändert wird, besteht, wenn die Verpflichtungen in den Anwendungsbereich der gemeinsamen Vorschriften fallen. Die Feststellung einer solchen Gefahr setzt keine völlige Übereinstimmung zwischen dem von den völkerrechtlichen Verpflichtungen erfassten Gebiet und dem Gebiet der Unionsregelung voraus. Derartige Verpflichtungen können den Anwendungsbereich gemeinsamer Vorschriften der Union auch dann beeinträchtigen oder ändern, wenn sie ein Gebiet betreffen, das bereits weitgehend von solchen Vorschriften erfasst ist.

Hinsichtlich der in Kapitel 8 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur vorgesehenen Verpflichtungen in Bezug auf die Erbringung von Dienstleistungen des internationalen Seeverkehrs wird der Bereich, zu dem die angeführten Verpflichtungen gehören, weitgehend von den gemeinsamen Vorschriften in der Verordnung Nr. 4055/86 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern erfasst. Die in diesem Abkommen enthaltenen Verpflichtungen beeinträchtigen oder ändern den Anwendungsbereich der in der Verordnung Nr. 4055/86 aufgestellten gemeinsamen Vorschriften für die Dienstleistungen im Seeverkehr zwischen der Union und der Republik Singapur in erheblicher Weise. Aus Art. 8.56 Abs. 3 dieses Abkommens ergibt sich nämlich, dass die Erbringer von Seeverkehrsdienstleistungen der Union und die Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, die eine Reederei mit Sitz in Singapur kontrollieren, einen freien Zugang zum Verkehr zu und aus diesem Drittstaat haben, ohne dass von ihnen verlangt würde, dass ihre Schiffe unter der Flagge eines Mitgliedstaats fahren. Diese Regelung unterscheidet sich erheblich von der Regelung in der Verordnung Nr. 4055/86. Die Zuständigkeit der Union für die Genehmigung dieser Verpflichtungen ist daher nach Art. 3 Abs. 2 AEUV eine ausschließliche.

Gleiches gilt für die Verpflichtungen hinsichtlich der Dienstleistungen im Eisenbahnverkehr zwischen der Union und der Republik Singapur. Die nicht weniger günstigen Bedingungen für den Zugang zu den Eisenbahnnetzen und -tätigkeiten und für die Niederlassung in der Union, die den singapurischen Dienstleistenden nach Maßgabe dieser Verpflichtungen gewährt werden, entsprechen nämlich den Gesichtspunkten, die den in der Richtlinie 2012/34 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums vorgesehenen Regeln des einheitlichen europäischen Eisenbahnraums unterliegen. Die Verpflichtungen im Bereich der Dienstleistungen im Straßenverkehr gehören ebenfalls zu einem Bereich, der weitgehend von gemeinsamen Vorschriften der Union erfasst ist. Die nicht weniger günstigen Bedingungen, die den singapurischen Dienstleistenden nach Maßgabe dieser Verpflichtungen für die Erbringung von Dienstleistungen im Straßenverkehr in der Union gewährt werden, entsprechen nämlich weitgehend den Gesichtspunkten, die den gemeinsamen Vorschriften in den Verordnungen Nr. 1071/2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers, Nr. 1072/2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs und Nr. 1073/2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrsmarkt unterliegen.

(vgl. Rn. 171, 180-182, 189, 190, 193, 195, 198, 206, 207)

13.    Eine Übereinkunft ist, wenn sie zwischen der Union und einem Drittstaat die Anwendung von Regeln, die sich weitgehend mit den für innergemeinschaftliche Sachverhalte geltenden gemeinsamen Regeln der Union überschneiden, auf die von dieser Übereinkunft erfassten internationalen Beziehungen vorsieht, als geeignet anzusehen, die Tragweite dieser gemeinsamen Regeln zu beeinträchtigen oder zu verändern. Trotz fehlenden Widerspruchs mit diesen gemeinsamen Regeln können nämlich deren Sinn, Tragweite und Wirksamkeit beeinflusst werden.

(vgl. Rn. 201)

14.    Bei der Prüfung der Art der Zuständigkeit für den Abschluss einer internationalen Übereinkunft sind keine Bestimmungen dieser Übereinkunft zu berücksichtigen, die von äußerst begrenzter Tragweite sind.

(vgl. Rn. 217)

15.    Im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit der Union für Verpflichtungen in einem geplanten internationalen Abkommen im Bereich des Verkehrs ist das dem EU- und dem AEU-Vertrag beigefügte Protokoll Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts unerheblich, soweit das geplante Abkommen nicht die im Dritten Teil Titel V des AEU-Vertrags geregelten Aspekte betrifft. Gleiches gilt für das dem EU- und dem AEU-Vertrag beigefügte Protokoll Nr. 22 über die Position Dänemarks. Zum einen sind nämlich die gemeinsame Handelspolitik und die gemeinsame Verkehrspolitik nicht Gegenstand des Protokolls Nr. 21. Zum anderen bestimmt sich die Frage, welche Protokolle gegebenenfalls anwendbar sind, nach der Zielsetzung und dem Inhalt des betreffenden Rechtsakts und nicht umgekehrt.

(vgl. Rn. 218)

16.    Kapitel 10 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur enthält eine Reihe von Regeln für die Vergabe öffentlicher Aufträge in der Union und in Singapur, um sicherzustellen, dass die Vergabeverfahren unter Einhaltung der Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Transparenz durchgeführt werden. Die Richtlinie 2014/24 über die öffentliche Auftragsvergabe und die Richtlinie 2014/25 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste stellen eine Reihe gemeinsamer Regeln auf, mit denen im Wesentlichen sichergestellt werden soll, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge u. a. im Verkehrssektor innerhalb der Union mit diesen Grundsätzen im Einklang steht, wie sich aus dem ersten Erwägungsgrund und Art. 18 der Richtlinie 2014/24 sowie aus dem zweiten Erwägungsgrund und Art. 36 der Richtlinie 2014/25 ergibt.

Mit Inkrafttreten dieses Abkommens wird daher der Zugang singapurischer Dienstleister zu öffentlichen Aufträgen der Union im Bereich des Verkehrs zu den Verpflichtungen gehören, die sich auf die gleichen Gesichtspunkte erstrecken, wie sie in den Richtlinien 2014/24 und 2014/25 geregelt sind. Die Union verfügt somit für die internationalen Verpflichtungen in Kapitel 10 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur in Bezug auf öffentliche Dienstleistungsaufträge im Bereich des Verkehrs nach Art. 3 Abs. 2 AEUV über eine ausschließliche Außenzuständigkeit, da diese Verpflichtungen zu einem Bereich gehören, der bereits weitgehend von gemeinsamen Regeln der Union erfasst ist, und sie deren Tragweite beeinträchtigen oder verändern könnten.

(vgl. Rn. 221-224)

17.    Unter gemeinsamen Regeln, deren Tragweite durch Verpflichtungen in einer von der Union geschlossenen Übereinkunft beeinträchtigt oder verändert werden könnte, sind die Bestimmungen des abgeleiteten Rechts zu verstehen, die von der Union nach und nach eingeführt wurden. Hat die Union ihre interne Zuständigkeit in dieser Weise wahrgenommen, muss sie entsprechend über eine ausschließliche Außenzuständigkeit verfügen, um zu verhindern, dass die Mitgliedstaaten internationale Verpflichtungen eingehen, die diese gemeinsamen Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnten. Die Überlegung, aus der heraus die Regel über die ausschließliche Außenzuständigkeit aufgestellt wurde, würde verkannt, wenn der Anwendungsbereich dieser Regel, die jetzt in Art. 3 Abs. 2 letzter Halbsatz AEUV verankert ist, auf einen Fall ausgedehnt würde, der keine Regeln des abgeleiteten Rechts betrifft, die von der Union im Rahmen der Ausübung einer ihr durch die Verträge übertragenen internen Zuständigkeit festgelegt wurden, sondern eine Regel des Primärrechts der Union, die von den Verfassern dieser Verträge eingeführt wurde.

(vgl. Rn. 233, 234)

18.    Der Abschluss einer internationalen Übereinkunft über andere ausländische Investitionen als Direktinvestitionen ist beim derzeitigen Stand des Unionsrechts nicht im Sinne von Art. 3 Abs. 2 AEUV in einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehen. Der Abschluss einer solchen Übereinkunft ist auch nicht im Sinne dieser Bestimmung notwendig, damit die Union ihre interne Zuständigkeit ausüben kann. Demnach verfügt die Union nicht über eine ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss einer internationalen Übereinkunft, soweit die Übereinkunft den Schutz anderer ausländischer Investitionen als Direktinvestitionen betrifft.

Der Abschluss einer internationalen Übereinkunft durch die Union, die solche Investitionen erfasst, kann sich jedoch als im Sinne von Art. 216 Abs. 1 AEUV zur Verwirklichung eines der in den Verträgen festgesetzten Ziele erforderlich erweisen. Insbesondere in Anbetracht des Umstands, dass der in Art. 63 AEUV verankerte freie Kapital- und Zahlungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten den Drittstaaten nicht formell entgegengehalten werden kann, kann der Abschluss internationaler Übereinkünfte, die zur Errichtung dieses freien Kapital- und Zahlungsverkehrs auf gegenseitiger Basis beitragen, als zur vollständigen Verwirklichung dieses freien Verkehrs erforderlich angesehen werden, der eines der Ziele des Dritten Teils („Die internen Politiken und Maßnahmen der Union“) Titel IV („Die Freizügigkeit, der freie Dienstleistungs- und Kapitalverkehr“) des AEU-Vertrags ist. Dieser Titel IV fällt in die nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. a AEUV zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit für den Binnenmarkt. Bei der der Union durch Art. 216 Abs. 1 AEUV übertragenen Zuständigkeit handelt es sich ebenfalls um eine geteilte Zuständigkeit, da Art. 4 Abs. 1 AEUV vorsieht, dass die Union ihre Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten teilt, wenn ihr die Verträge außerhalb der in den Artikeln 3 und 6 genannten Bereiche eine Zuständigkeit übertragen.

(vgl. Rn. 236-242)

19.    Der Umstand, dass die Union und ein Drittstaat eine Bestimmung in eine internationale Übereinkunft aufgenommen haben, aus der ausdrücklich hervorgeht, dass die bilateralen Investitionsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Union und diesem Drittstaat unwirksam werden und daher mit Inkrafttreten dieser Übereinkunft, die mit diesem Drittstaat auf Unionsebene geschlossen wurde, keine Rechte und Pflichten mehr erzeugen, kann nicht als Eingriff in eine Zuständigkeit der Mitgliedstaaten angesehen werden, sofern diese Bestimmung einen Bereich betrifft, für den die Union über eine ausschließliche Zuständigkeit verfügt. Wenn nämlich die Union mit einem Drittstaat eine Übereinkunft aushandelt und abschließt, die einen Bereich betrifft, für den sie über eine ausschließliche Zuständigkeit verfügt, tritt sie an die Stelle ihrer Mitgliedstaaten. Die Union kann insoweit in die internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten eintreten, wenn die Mitgliedstaaten ihre Befugnisse hinsichtlich dieser Verpflichtungen durch einen der Gründungsverträge auf die Union übertragen haben und die Union diese Befugnisse ausübt.

Daher ist die Union seit dem 1. Dezember 2009, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AEU-Vertrags, der der Union im Bereich der ausländischen Direktinvestitionen eine ausschließliche Zuständigkeit zuweist, befugt, eine Bestimmung einer von ihr mit einem Drittstaat geschlossenen Übereinkunft allein zu genehmigen, die vorsieht, dass die Verpflichtungen im Bereich der Direktinvestitionen, die in zwischen den Mitgliedstaaten der Union und diesem Drittstaat zuvor geschlossenen bilateralen Abkommen enthalten sind, mit Inkrafttreten der von der Union geschlossenen Übereinkunft als durch diese ersetzt anzusehen sind. Insoweit ist es den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 1 AEUV untersagt, Rechtsakte zu erlassen, die in den Bereichen, die in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen, Rechtswirkungen erzeugen, es sei denn, sie werden von der Union dazu ermächtigt. Zwar ermächtigt die Verordnung Nr. 1219/2012 zur Einführung einer Übergangsregelung für bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittländern die Mitgliedstaaten unter engen Voraussetzungen, bilaterale Abkommen über Direktinvestitionen mit einem Drittstaat aufrechtzuerhalten oder abzuschließen, solange keine Übereinkunft über Direktinvestitionen zwischen der Union und diesem Drittstaat besteht. Sobald jedoch eine solche Übereinkunft zwischen der Union und diesem Drittstaat in Kraft tritt, erlischt diese Ermächtigung.

Folglich greift das Vorbringen nicht durch, die Mitgliedstaaten müssten die Möglichkeit haben, nach dem Inkrafttreten von Verpflichtungen in Bezug auf ausländische Direktinvestitionen, die in einer von der Union geschlossenen Übereinkunft enthalten seien, Rechtsakte zu erlassen, die bestimmten, wie mit solchen Verpflichtungen, die in den zuvor von ihnen mit demselben Drittstaat geschlossenen bilateralen Abkommen enthalten gewesen seien, zu verfahren sei.

(vgl. Rn. 247-251)

20.    Mit Art. 351 AEUV sollen die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt werden, die Rechte zu achten, die sich nach dem Völkerrecht für die Drittstaaten aus Übereinkünften ergeben, die vor dem 1. Januar 1958 oder, im Falle später beigetretener Staaten, vor dem Zeitpunkt ihres Beitritts geschlossen wurden.

(vgl. Rn. 254)

21.    Die Zuständigkeit der Union für die Eingehung internationaler Verpflichtungen schließt die Zuständigkeit ein, diese Verpflichtungen mit organisatorischen Bestimmungen zu flankieren. Dass sie in der Übereinkunft enthalten sind, wirkt sich nicht auf die Art der Zuständigkeit für deren Abschluss aus. Diese Bestimmungen haben nämlich Hilfscharakter und fallen damit in die gleiche Zuständigkeit wie die materiell-rechtlichen Bestimmungen, denen sie zur Seite gestellt sind.

Etwas anderes gilt jedoch bei Bestimmungen, die eine Regelung für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen einem Kläger aus einer Vertragspartei und der beklagten anderen Vertragspartei enthalten, die eine angeblich gegen die Übereinkunft verstoßende Behandlung betreffen, die dem Kläger oder seinem gebietsansässigen Unternehmen einen Verlust oder einen Schaden verursacht haben soll. Sofern sich nämlich ein klägerischer Investor dafür entscheiden kann, ein Schiedsverfahren einzuleiten, ohne dass sich der betroffene Mitgliedstaat dem widersetzen könnte, kann eine solche Regelung, die Streitigkeiten der gerichtlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten entzieht, keinen bloßen Hilfscharakter haben und kann daher nicht ohne Einverständnis der Mitgliedstaaten eingeführt werden. Die Genehmigung einer solchen Regelung fällt nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Union, sondern in die zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit.

(vgl. Rn. 276, 285, 291-293)

22.    Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die in Kapitel 14 des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Republik Singapur enthaltenen Verpflichtungen, wonach die Behörden in der Union einschließlich der Behörden der Mitgliedstaaten die Grundsätze der guten Verwaltung und des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes einhalten müssen, in Zuständigkeiten eingreifen, die allein den Mitgliedstaaten zustehen. Die Regeln, die in diesem Kapitel enthalten sind, sehen nämlich keinerlei Verpflichtung in Bezug auf die Verwaltungs- oder Gerichtsorganisation der Mitgliedstaaten vor, sondern spiegeln den Umstand wider, dass sowohl die Union als auch die Mitgliedstaaten bei der Durchführung dieses Abkommens die allgemeinen Grundsätze und Grundrechte der Union wie z. B. die Grundsätze der guten Verwaltung und des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes zu wahren haben.

(vgl. Rn. 284)

23.    Die Zuständigkeit der Union im Bereich der internationalen Beziehungen und ihre Fähigkeit zum Abschluss internationaler Übereinkünfte umfassen notwendig die Möglichkeit, sich den Entscheidungen eines durch solche Übereinkünfte geschaffenen oder bestimmten Gerichts in Bezug auf die Auslegung und Anwendung ihrer Bestimmungen zu unterwerfen. Ebenso umfasst die Zuständigkeit der Union für den Abschluss internationaler Übereinkünfte notwendigerweise die Möglichkeit, sich den Entscheidungen eines Gremiums zu unterwerfen, das, ohne formell ein Gericht zu sein, im Wesentlichen gerichtliche Funktionen ausübt, wie dies beim Streitbeilegungsgremium, das im Rahmen des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation gegründet wurde, der Fall ist.

(vgl. Rn. 298, 299)