Language of document : ECLI:EU:T:2023:29

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

1. Februar 2023(*)

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke Sustainability through Quality – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑253/22,

Groschopp AG Drives & More mit Sitz in Viersen (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwältin R. Schiffer,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Ringelhann und T. Klee als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten F. Schalin, der Richterin G. Steinfatt (Berichterstatterin) und des Richters D. Kukovec,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und der Entscheidung gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage beantragt die Klägerin, die Groschopp AG Drives & More, die Aufhebung der Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 1. März 2022 (Sache R 1076/2020‑5) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 28. November 2019 meldete die Klägerin beim EUIPO das Wortzeichen Sustainability through Quality als Unionsmarke an.

3        Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 9, 16 und 42 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 7: „Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge); Kupplungen, Getriebe und Vorrichtungen zur Kraftübertragung (ausgenommen solche für Landfahrzeuge); Teile von Motoren, Kupplungen, Getrieben und Vorrichtungen zur Kraftübertragung (soweit in Klasse 7 enthalten)“;

–        Klasse 9: „elektrische und elektronische Steuer- und Regeleinrichtungen für Motoren; wissenschaftliche, Schifffahrts‑, Vermessungs‑, fotografische, Film‑, optische, Wäge‑, Mess‑, Signal‑, Kontroll‑, Rettungs- und Unterrichtsapparate und ‑instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computersoftware und Computerprogramme (gespeichert und herunterladbar), insbesondere auch Apps für Mobilfunkgeräte; Apps (Software) für mobile Endgeräte; Web APP-Software; Computerhardware; elektronische Publikationen (herunterladbar); optische und magnetische Datenträger; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; bespielte und unbespielte Ton‑, Bild- sowie Datenträger (ausgenommen unbelichtete Filme); Computerperipheriegeräte; herunterladbare Bild‑, Ton- und Videodateien; herunterladbarer Ton, herunterladbare Bilder und Daten (jeweils auch als Dateien), insbesondere herunterladbare Klingeltöne, Musik, MP3-Dateien, Grafiken, Spiele und Videobilder für mobile Endgeräte“;

–        Klasse 16: „Papier, Pappe (Karton); Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Broschüren; Bücher; Diagramme; grafische Darstellungen; Handbücher; Kalender; Prospekte; Rundschreiben; Zeitschriften [Magazine]; Schreibmaterialien; Stickers, Aufkleber [Papeteriewaren]; Veröffentlichungen [Schriften]; Zeitungen“;

–        Klasse 42: „Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und ‑software; Erstellen von Computerprogrammen; Computer-Dienstleistungen; Wartung, Aktualisierung und Pflege von Software; Vermietung von Computersoftware; Bereitstellen einer Plattform im Internet; Projekt- und Unternehmensprüfung (Due Diligence) in technischer Hinsicht; Recherchedienste bzgl. neuer Produkte für Dritte; Dienstleistungen eines Ingenieurs; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit“.

4        Mit Entscheidung vom 23. März 2020 wies der Prüfer die Anmeldung der Marke gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) zurück.

5        Am 28. Mai 2020 legte die Klägerin gegen die Entscheidung des Prüfers beim EUIPO Beschwerde ein.

6        Mit Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 11. Februar 2021 (Sache R 1076/2020‑1) wurde die Beschwerde zurückgewiesen.

7        Mit am 19. April 2021 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob die Klägerin eine unter dem Aktenzeichen T‑212/21 in das Register eingetragene Klage auf Aufhebung dieser Entscheidung.

8        Mit Schriftsatz, der am 28. Januar 2022 bei der Kanzlei des Gerichts einging, teilte das EUIPO zum einen dem Gericht mit, dass die Erste Beschwerdekammer die Entscheidung vom 11. Februar 2021 mit Entscheidung vom 25. Oktober 2021 widerrufen habe und dass diese bestandskräftig geworden sei. Zum anderen beantragte es, gemäß Art. 130 Abs. 2 der Verfahrensordnung festzustellen, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache daher erledigt war.

9        Aus der Widerrufsentscheidung ging hervor, dass die Entscheidung vom 11. Februar 2021 mit einem offenkundigen Verfahrensfehler behaftet war, da sie gemäß Art. 165 Abs. 2 und 5 der Verordnung 2017/1001, Art. 36 der Delegierten Verordnung (EU) 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1430 (ABl. 2018, L 104, S. 1) und Art. 7 des Beschlusses 2020-7 des Präsidiums der Beschwerdekammern vom 21. Juli 2020 über die Organisation der Kammern von einem einzelnen Mitglied getroffen wurde, obwohl die Beschwerdekammer nicht zu dem Ergebnis gelangt war, dass die Beschwerde offensichtlich unbegründet im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Buchst. g der Delegierten Verordnung 2018/625 sei.

10      Mit Beschluss vom 19. Mai 2022, Groschopp/EUIPO (Sustainability through Quality) (T‑212/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:325), erklärte das Gericht den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt.

11      Die Sache wurde unter dem Aktenzeichen R 1076/2020‑5 der Fünften Beschwerdekammer zugewiesen.

12      Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die angemeldete Marke nicht unterscheidungskräftig im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 sei. Sie war insbesondere der Auffassung, dass die Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Werbeslogan und nicht als Hinweis auf die Herkunft der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen verstanden werde.

 Anträge der Parteien

13      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

14      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

15      Die Klägerin macht im Wesentlichen zwei Klagegründe geltend, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung rügt.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001

16      Das EUIPO macht geltend, soweit die Klägerin eine Verletzung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 rüge, sei die Klage unzulässig, weil die angefochtene Entscheidung ausschließlich auf Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung gestützt worden sei.

17      Wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hat die Beschwerdekammer die Zurückweisung der Beschwerde der Klägerin auf die fehlende Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 gestützt. Dagegen hat sie sich nicht auf das Eintragungshindernis von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung gestützt.

18      Unter diesen Umständen kann der Beschwerdekammer nicht vorgeworfen werden, gegen eine Bestimmung verstoßen zu haben, die sie nicht angewandt hat (Urteil vom 8. September 2015, Gold Crest/HABM [MIGHTY BRIGHT], T‑714/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:600, Rn. 29).

19      Daher ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001

20      Die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 bedeutet, dass die Marke geeignet ist, die Ware, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. Urteil vom 29. April 2004, Henkel/HABM, C‑456/01 P und C‑457/01 P, EU:C:2004:258, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass die Beschwerdekammer ihre Beurteilung auf den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise beschränken kann, der aus den Verbrauchern in Mitgliedstaaten besteht, in denen Englisch entweder Amtssprache ist oder häufig gesprochen wird, nämlich Irland, Malta, Dänemark, die Niederlande, Finnland, Schweden und Zypern.

22      Die Eintragung einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben besteht, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sich diese Marke bezieht, verwendet werden, ist nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen (Urteile vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 35, und vom 22. März 2017, Hoffmann/EUIPO [Genius], T‑425/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:199, Rn. 26).

23      Hinsichtlich der Beurteilung der Unterscheidungskraft solcher Marken hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass an diese keine strengeren Maßstäbe anzulegen sind als an sonstige Zeichen (Urteile vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 36, und vom 22. März 2017, Genius, T‑425/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:199, Rn. 27). Schon bei einem Mindestmaß an Unterscheidungskraft greift das absolute Eintragungshindernis nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 somit nicht ein (vgl. Urteil vom 6. Oktober 2021, Kondyterska korporatsiia „Roshen“/EUIPO – Krasnyj Octyabr [Darstellung eines Hummers], T‑254/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:650, Rn. 116 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Aus der Rechtsprechung geht jedoch hervor, dass die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zwar für alle Markenkategorien dieselben sind, dass aber nicht notwendig jede dieser Kategorien von den maßgeblichen Verkehrskreisen in gleicher Weise wahrgenommen wird und dass es daher schwieriger sein kann, die Unterscheidungskraft der Marken bestimmter Kategorien nachzuweisen (vgl. Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteil vom 25. Mai 2016, U-R LAB/EUIPO [THE DINING EXPERIENCE], T‑422/15 und T‑423/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:314, Rn. 47). In der Tat ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Durchschnittsverbraucher aus Slogans gewöhnlich nicht auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen schließen (vgl. Urteil vom 25. Mai 2016, THE DINING EXPERIENCE, T‑422/15 und T‑423/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:314, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25      Zwar enthalten alle Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der mit diesen Marken bezeichneten Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, naturgemäß in mehr oder weniger großem Umfang eine Sachaussage, wenn auch nur eine einfache, sie können aber dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken mehrere Bedeutungen haben, ein Wortspiel darstellen oder als phantasievoll, überraschend und unerwartet und damit merkfähig aufgefasst werden können, so dass sie nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (Urteile vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 47, 56 und 57, und vom 22. März 2017, Genius, T‑425/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:199, Rn. 28).

26      Sofern diese Verkehrskreise die Marke als Herkunftshinweis wahrnehmen, ist es für ihre Unterscheidungskraft unerheblich, dass sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Januar 2010, Audi/HABM, C‑398/08 P, EU:C:2010:29, Rn. 45, und vom 12. Juli 2012, Smart Technologies/HABM, C‑311/11 P, EU:C:2012:460, Rn. 30).

27      Dagegen hat eine aus einem Werbeslogan bestehende Marke keine Unterscheidungskraft, wenn sie von den maßgeblichen Verkehrskreisen wahrscheinlich nur als bloßer Werbespruch wahrgenommen werden wird (Urteile vom 6. Juni 2013, Interroll/HABM [Inspired by efficiency], T‑126/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:303, Rn. 25, und vom 22. März 2017, Genius, T‑425/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:199, Rn. 29). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Zeichen den Verbraucher auf ein Merkmal der von ihm erfassten Waren oder Dienstleistungen hinweist, das, ohne präzise zu sein, eine verkaufsfördernde Information oder eine Werbebotschaft vermittelt, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen als eine solche und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden wird (Urteile vom 17. März 2016, Mudhook Marketing/HABM [IPVanish], T‑78/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:155, Rn. 25, und vom 14. Juli 2016, Volkswagen/EUIPO [ConnectedWork], T‑491/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:407, Rn. 32).

28      Nach den Ausführungen der Beschwerdekammer ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine formal ungewöhnliche Struktur eines Slogans, wie z. B. Witzigkeit oder ungewöhnliche Alliterationen, als Kriterium zugunsten der Bejahung der Unterscheidungskraft angesehen werde. Die angemeldete Marke weise solche Eigenheiten nicht auf. Der englische Ausdruck „sustainability through quality“ bedeute einfach nur „Nachhaltigkeit durch Qualität“. Dieser Slogan kommuniziere sofort verständlich, dass Nachhaltigkeit durch ein Qualitätsprodukt erreicht werden solle, und spiegele eine absolut im Zeitgeist liegende Tendenz wider, Nachhaltigkeit mit Qualität zu kombinieren, etwa im Hinblick auf die Umwelt, und damit einer ökologischen Verfahrensweise, die vorliegend offensichtlich mit ökonomischen Gesichtspunkten verbunden werden solle. Die angemeldete Marke sei eine werbende und lobende Botschaft, die die positiven Aspekte der betreffenden Waren und Dienstleistungen hervorhebe, nämlich dass sie nachhaltig seien. Damit bringe sie auch eine allgemeine abstrakte Unternehmensphilosophie zum Ausdruck.

29      Die Klägerin macht geltend, dass einem Werbeslogan nach der Rechtsprechung dann Unterscheidungskraft zukomme, wenn er von den angesprochenen Verkehrskreisen über die reine Werbebotschaft hinaus auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden könne. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestünden, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufwiesen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erforderten oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösten.

30      Insbesondere könne es nicht sein, dass der in der dem Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM (C‑398/08 P, EU:C:2010:29), zugrunde liegenden Rechtssache in Rede stehende Slogan „Vorsprung durch Technik“ als unterscheidungskräftig und nicht beschreibend für Waren und Dienstleistungen angesehen werde, der Slogan „sustainability through quality“ jedoch beschreibend und nicht unterscheidungskräftig sei. Die beiden Slogans seien, was die Beurteilung dieser beiden Kriterien angehe, ähnlich.

31      Ob einzelne Wörter wie „sustainability“ oder „quality“ für sich genommen schutzunfähig sein könnten, sei nicht von Belang, denn es komme auf den Gesamteindruck der angemeldeten Marke an. Dies sei von der Beschwerdekammer nicht richtig gewürdigt worden.

32      Selbst wenn die angemeldete Marke im vorliegenden Fall eine Aussage zu den Waren und Dienstleistungen, etwa dass sie dank ihrer sorgfältigen Herstellung weniger klimaschädlich seien, enthalten sollte, gehe dieser Hinweis nicht offenkundig daraus hervor. Die angemeldete Marke lasse lediglich einen ursächlichen Zusammenhang erkennen. Dabei sei die Art des Aufbaus der Wortgruppe ungewöhnlich. Wenn der Slogan so verstanden werden sollte, wie von der Beschwerdekammer gewollt, hätte es vielmehr „sustainability by quality“ oder „sustainability thanks to quality“ heißen sollen. Die durch die angemeldete Marke vermittelte Botschaft sei somit vage und daher kreativ und originell. Sie setze eine gedankliche Analyse in Gang und werde als Hinweis auf die betriebliche Herkunft in Erinnerung bleiben. Es entspreche daneben den allgemeinen Kennzeichengewohnheiten des Marktes, dass eine Werbeaussage in gleichem Maße eine betriebliche Herkunft bezeichne.

33      Das EUIPO tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

34      Hierzu ist festzustellen, dass das Wort „sustainability“ mit „Nachhaltigkeit“ übersetzt wird, das Wort „through“ „durch“ und das Wort „quality“ „Qualität“ bedeutet. Der semantische Gehalt jedes der Begriffe, aus denen die angemeldete Marke besteht, ist klar und präzise. Er wird nicht erkennbar verändert, wenn diese Begriffe zu einem einzigen Zeichen kombiniert werden.

35      Wie die Beschwerdekammer im Wesentlichen ausgeführt hat, ist der Ausdruck „sustainability through quality“ mit „Nachhaltigkeit durch Qualität“ zu übersetzen und bedeutet, dass Nachhaltigkeit durch Qualität erreicht wird oder erreicht werden soll.

36      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin wird diese Bedeutung im Englischen nicht mit „sustainability by quality“ oder „sustainability thanks to quality“ übersetzt.

37      Zum einen entspricht „sustainability by quality“ einer wörtlichen Übersetzung der Wörter, aus denen der Ausdruck „Nachhaltigkeit durch Qualität“ besteht, nicht aber seiner Bedeutung. Wie sich aus den Online-Wörterbüchern Macmillan und Cambridge ergibt, kann das Wort „by“ entweder als Präposition, gefolgt von einem Substantiv, oder als Adverb, dem kein Substantiv folgt, verwendet werden. Aus den in diesen Wörterbüchern genannten Beispielen für den Gebrauch dieses Wortes geht jedoch klar hervor, dass die englischsprachigen Verkehrskreise es nicht verwenden würden, um den Gedanken zum Ausdruck zu bringen, dass sich ein – durch ein Substantiv ausgedrücktes – Ergebnis aus einem – durch ein zweites Substantiv dargestellten – Grund ergibt. Diese Verkehrskreise würden daher die Botschaft „Nachhaltigkeit durch Qualität“ nicht mit „sustainability by quality“ zum Ausdruck bringen.

38      Zum anderen würde „sustainability thanks to quality“ mit „Nachhaltigkeit dank Qualität“ übersetzt.

39      Der Ausdruck „sustainability through quality“ steht im Einklang mit der englischen Grammatik und den englischen Syntax-Regeln, wonach das Wort „through“ zum Ausdruck bringt, dass das Ergebnis, „sustainability“, aufgrund von „quality“ erreicht wird. Dieser Ausdruck stellt darüber hinaus kein Wortspiel dar. Bei seinem Verständnis sind zwar ganz leichte Nuancen möglich (siehe oben, Rn. 35), diese Tatsache bedeutet aber keineswegs, dass seine Bedeutung vage, unpräzise oder zweideutig wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2018, Knauf/EUIPO [upgrade your personality], T‑102/18, EU:T:2018:932, Rn. 28). Er hat immer dieselbe Bedeutung, nämlich dass Nachhaltigkeit durch Qualität erreicht wird oder erreicht werden soll. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Ausdruck mehrere Bedeutungen im Sinne der oben in Rn. 25 angeführten Rechtsprechung haben kann.

40      Die angemeldete Marke ist daher für die englischsprachigen Verbraucher der betreffenden Waren und Dienstleistungen vollkommen verständlich und klar und weist kein ungewöhnliches, phantasievolles, überraschendes oder unerwartetes Merkmal auf, das sie für die betreffenden Verbraucher leicht merkfähig machen würde.

41      Zwar lässt der fragliche Ausdruck einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und Qualität erkennen, doch formuliert er, wie sich im Wesentlichen aus den Rn. 23 und 26 der angefochtenen Entscheidung ergibt, nur eine auf jedes Unternehmen zutreffende allgemeine Botschaft, dass Nachhaltigkeit durch ein Qualitätsprodukt oder eine Qualitätsdienstleistung erreicht wird oder erreicht werden soll und dass diesen das Nachhaltigkeitsprinzip zugrunde liegt.

42      Entgegen den Behauptungen der Klägerin, die sie im Übrigen nicht untermauert, setzt die angemeldete Marke somit keine gedankliche Analyse in Gang, erfordert keinen Interpretationsaufwand und löst bei den angesprochenen Verkehrskreisen keinen Denkprozess aus.

43      Die Wörter „sustainability“ und „quality“ und die Ideen, die sie vermitteln, sind im Bereich der Werbung bereits gängig und verleihen der angemeldeten Marke damit Werbecharakter. Dieser Werbecharakter der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit ist auch leicht erkennbar, weil das Interesse der Öffentlichkeit an Nachhaltigkeit in Produktion und Konsum in den letzten Jahren stark zugenommen hat, da die Themen der Dringlichkeit des Umweltschutzes und der Klimaschutzmaßnahmen die Nachrichten und das tägliche Leben stark beeinflussen. Die gemeinsame Verwendung der Wörter „sustainability“ und „quality“ in einem Slogan weist daher keine Originalität auf und erscheint kohärent.

44      Die angemeldete Marke hebt allgemeine und lobende positive Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hervor. Sie macht ihren englischsprachigen Verbrauchern unmissverständlich klar, dass sie eine höhere Qualität und Nachhaltigkeit dieser Waren und Dienstleistungen erwarten können, was zur Folge hätte, dass ihre Auswirkungen auf die Umwelt begrenzt oder keine solchen Auswirkungen vorhanden wären.

45      Die Klägerin hat im Übrigen die Beurteilung der Beschwerdekammer in den Rn. 27 bis 29 der angefochtenen Entscheidung nicht konkret beanstandet, wonach im Wesentlichen die angemeldete Marke erstens für die betreffenden Waren und Dienstleistungen technischer Art oder solche, die technische Inhalte haben könnten oder eine bestimmte Qualität aufweisen könnten, als werbender Hinweis darauf wahrgenommen werde, dass es sich um Qualitätsprodukte und ‑dienstleistungen handele, die auch nachhaltig und damit insbesondere umweltfreundlich seien, die angemeldete Marke zweitens für die betreffenden Waren der Unterhaltungsindustrie als Werbebotschaft wahrgenommen werde, wonach diese einen Beitrag für die Kommunikation des Umweltschutzes und insbesondere der Nachhaltigkeit leisteten, ohne dabei auf Qualität zu verzichten, und sie drittens für die betreffenden Waren der Kommunikation als werbende Angabe gesehen werde, da mit diesen Waren Kommunikation in Bezug auf die Nachhaltigkeit durch Qualität betrieben werden könne.

46      Es ist Sache des Anmelders einer Marke, der sich auf deren Unterscheidungskraft beruft und über eine genaue Kenntnis des fraglichen Marktes verfügt, konkrete und fundierte Angaben zu machen, die belegen, dass die angemeldete Marke originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft besitzt, da er dazu am besten in der Lage ist (vgl. Beschluss vom 5. Dezember 2007, Kapman/HABM [Darstellung eines blauen Sägeblatts], T‑127/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:366, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47      Da die maßgeblichen Verkehrskreise einem Zeichen, das ihnen nicht auf Anhieb eine für ihren Erwerbswunsch relevante Herkunfts- und/oder Bestimmungsangabe, sondern ausschließlich eine abstrakte Werbeaussage vermittelt, nur wenig Aufmerksamkeit entgegenbringen, werden sie sich weder damit aufhalten, den verschiedenen denkbaren Funktionen des Ausdrucks nachzugehen, noch damit, sich diesen als Marke einzuprägen (Urteil vom 24. September 2019, Daimler/EUIPO [ROAD EFFICIENCY], T‑749/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:688, Rn. 39).

48      Demnach werden die maßgeblichen Verkehrskreise den fraglichen Ausdruck wegen seines eigentlichen Aussagegehalts ausschließlich als einen Werbeslogan, nicht aber als Hinweis auf die betriebliche Herkunft wahrnehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2012, Fomanu/HABM [Qualität hat Zukunft], T‑22/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:663, Rn. 30).

49      Diese Schlussfolgerung wird nicht durch die Analogien in Frage gestellt, die die Klägerin zwischen der vorliegenden und der dem Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM (C‑398/08 P, EU:C:2010:29), zugrunde liegenden Rechtssache zu ziehen versucht.

50      Abgesehen von der Frage nach den Unterschieden zwischen den jeweiligen angemeldeten Marken und ihrem „Grundverständnis“ in der vorliegenden und der dem Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM (C‑398/08 P, EU:C:2010:29), zugrunde liegenden Rechtssache hat die Klägerin nämlich kein Argument vorgebracht, das geeignet wäre, die jeweiligen Sachverhalte der beiden Rechtssachen im Hinblick auf alle bei der Beurteilung der Frage, ob eine angemeldete Marke originäre Unterscheidungskraft besitzt, wesentlichen Elemente – d. h. neben dem fraglichen Zeichen die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sowie die angesprochenen Verkehrskreise – zu vergleichen oder sogar einander anzunähern (siehe oben, Rn. 20). Es wäre aber ihre Sache gewesen, sie beim Gericht vorzubringen (siehe oben, Rn. 46).

51      Jedenfalls genügt die Feststellung, dass sich der Sachverhalt der dem Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM (C‑398/08 P, EU:C:2010:29), zugrunde liegenden Rechtssache von demjenigen der vorliegenden Rechtssache wesentlich unterscheidet. Zum einen geht aus den Rn. 53 und 59 dieses Urteils hervor, dass es sich bei dem Slogan „Vorsprung durch Technik“ nach den Ausführungen des Gerichtshofs um einen „berühmten Slogan handelt[e], der seit vielen Jahren von Audi verwendet wird“, um den Verkauf ihrer der Klasse 12 zuzuordnenden Autos zu fördern, so dass nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Umstand, dass die angesprochenen Verkehrskreise daran gewöhnt waren, den Slogan mit den von Audi hergestellten Kraftfahrzeugen zu verbinden, es diesen Verkehrskreisen auch erleichterte, die betriebliche Herkunft der in der genannten Rechtssache bezeichneten Waren oder Dienstleistungen zu erkennen. Die Klägerin hat dies aber im vorliegenden Fall für die angemeldete Marke nicht nachgewiesen und noch nicht einmal behauptet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 2013, Inspired by efficiency, T‑126/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:303, Rn. 43, und vom 20. Juli 2016, Reisenthel/EUIPO [keep it easy], T‑308/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:420, Rn. 33).

52      Zum anderen hat der Gerichtshof in den Rn. 47 und 48 des Urteils vom 21. Januar 2010, Audi/HABM (C‑398/08 P, EU:C:2010:29), im Wesentlichen ausgeführt, das Gericht habe festgestellt, dass der Slogan „Vorsprung durch Technik“ mehrere Bedeutungen haben, ein Wortspiel darstellen oder als phantasievoll, überraschend und unerwartet und damit merkfähig aufgefasst werden könne. Nach Auffassung des Gerichtshofs widersprach diese Feststellung in gewissem Maße der Schlussfolgerung des Gerichts im Urteil vom 9. Juli 2008, Audi/HABM (Vorsprung durch Technik) (T‑70/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:266), dass das Zeichen nicht unterscheidungskräftig sei.

53      Der Gerichtshof hat in den Rn. 57 bis 59 des Urteils vom 21. Januar 2010, Audi/HABM (C‑398/08 P, EU:C:2010:29), ferner festgestellt, dass die betreffende Marke eine gewisse Originalität und Prägnanz aufweist und dass ein Interpretationsaufwand erforderlich war, um ihre Bedeutung zu verstehen.

54      Anders als die Marke Vorsprung durch Technik weist die angemeldete Marke jedoch, wie sich aus den vorstehenden Rn. 34 bis 48 ergibt, keines dieser Elemente auf, so dass sie es nicht ermöglicht, die betriebliche Herkunft der von ihr erfassten Waren und Dienstleistungen zu erkennen.

55      Die erheblichen Unterschiede zwischen der dem Urteil vom 21. Januar 2010, Audi/HABM (C‑398/08 P, EU:C:2010:29), zugrunde liegenden Rechtssache und der vorliegenden Rechtssache erlauben es in Anbetracht ihrer jeweiligen Sachverhalte und der in Rede stehenden Slogans dem Gericht daher nicht, sich von der Würdigung durch den Gerichtshof in der erwähnten Rechtssache leiten zu lassen und der angemeldeten Marke Unterscheidungskraft zuzuerkennen (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteile vom 6. Juni 2013, Inspired by efficiency, T‑126/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:303, Rn. 43, und vom 13. Mai 2020, View/EUIPO [CREATE DELIGHTFUL HUMAN ENVIRONMENTS], T‑49/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:197, Rn. 39).

56      Demnach hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die angemeldete Marke nicht unterscheidungskräftig im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist.

57      Folglich ist der erste Klagegrund der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

58      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

59      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Groschopp AG Drives & More trägt die Kosten.

Schalin

Steinfatt

Kukovec

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 1. Februar 2023.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.