Language of document : ECLI:EU:T:2023:734

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)

22. November 2023(*)

„Wirtschafts- und Währungsunion – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus für Kreditinstitute und bestimmte Wertpapierfirmen (SRM) – Abwicklung der Banco Popular Español – Beschluss des SRB über die Ablehnung einer Entschädigung der von den Abwicklungsmaßnahmen betroffenen Anteilseigner und Gläubiger – Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung – Unabhängigkeit des Bewerters“

In der Rechtssache T‑304/20,

Laura Molina Fernández, wohnhaft in Madrid (Spanien), vertreten durch Rechtsanwälte S. Rodríguez Bajón, A. Gómez-Acebo Dennes und A. Ruiz Ojeda,

Klägerin,

gegen

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB), vertreten durch M. Fernández Rupérez, A. Lapresta Bienz, L. Forestier und J. Rius Riu als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte H.‑G. Kamann und F. Louis sowie der Rechtsanwältinnen V. Del Pozo Espinosa de los Monteros und L. Hesse,

Beklagter,

unterstützt durch

Königreich Spanien, vertreten durch A. Gavela Llopis als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, des Richters G. De Baere (Berichterstatter), der Richterin G. Steinfatt, des Richters K. Kecsmár und der Richterin S. Kingston,

Kanzler: P. Nuñez Ruiz, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2022

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV beantragt die Klägerin, Frau Laura Molina Fernández, die Nichtigerklärung des Beschlusses SRB/EES/2020/52 des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) vom 17. März 2020 zur Frage, ob den Anteilseignern und Gläubigern, die von den Abwicklungsmaßnahmen betreffend die Banco Popular Español, SA betroffen sind, Entschädigung gewährt werden muss (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Die Klägerin war vor der Annahme eines Abwicklungskonzepts für Banco Popular Español (im Folgenden: Banco Popular) Anteilseignerin dieser Bank.

3        Am 7. Juni 2017 erließ die Präsidiumssitzung des SRB auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) den Beschluss SRB/EES/2017/08 über die Annahme eines Abwicklungskonzepts für Banco Popular (im Folgenden: Abwicklungskonzept).

4        Vor der Annahme des Abwicklungskonzepts beauftragte der SRB am 23. Mai 2017 im Anschluss an ein Ausschreibungsverfahren Deloitte Réviseurs d’Entreprises (im Folgenden: Bewerter) mit der Bewertung im Rahmen der Vorbereitung einer etwaigen Abwicklung von Banco Popular. Der Bewerter erhielt einen Einzelvertrag, der nach einem offenen Wettbewerb im Rahmen eines vom SRB mit sechs Unternehmen – darunter der Bewerter – abgeschlossenen Mehrfachrahmenvertrags für Dienstleistungen vergeben wurde. Gemäß dem Einzelvertrag beinhaltete der Auftrag des Bewerters die Durchführung einer Bewertung von Banco Popular vor einer etwaigen Abwicklung sowie die in Art. 20 Abs. 16 bis 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung nach einer etwaigen Abwicklung.

5        Am 5. Juni 2017 nahm der SRB gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 806/2014 eine erste Bewertung vor, mit der festgestellt werden sollte, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung gemäß Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 vorlagen.

6        Am 6. Juni 2017 übermittelte der Bewerter dem SRB gemäß Art. 20 Abs. 10 der Verordnung Nr. 806/2014 eine zweite Bewertung (im Folgenden: Bewertung 2). Die Bewertung 2 diente der Veranschlagung des Wertes der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular, der Schätzung, wie die Anteilseigner und Gläubiger behandelt würden, wenn ein reguläres Insolvenzverfahren für Banco Popular durchgeführt würde, sowie der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Anteile und Eigentumstitel und dem Verständnis des SRB dafür, was unter kommerziellen Bedingungen für das Instrument der Unternehmensveräußerung zu verstehen ist.

7        Im Abwicklungskonzept beschloss der SRB, da er die Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 für erfüllt hielt, ein Abwicklungsverfahren gegen Banco Popular einzuleiten. Er beschloss die Herabschreibung und Umwandlung der Kapitalinstrumente von Banco Popular nach Art. 21 der Verordnung Nr. 806/2014 und die Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung nach Art. 24 der Verordnung Nr. 806/2014 durch Übertragung der Anteile auf einen Erwerber.

8        Der SRB beschloss, 100 % der Anteile von Banco Popular zu löschen, den gesamten Nennwert der von Banco Popular ausgegebenen Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals umzuwandeln und herabzuschreiben und den gesamten Nennwert der von Banco Popular ausgegebenen Instrumente des Ergänzungskapitals in die „neuen Anteile II“ umzuwandeln. Nach einem transparenten und offenen Veräußerungsprozess durch die spanische Abwicklungsbehörde, den Fondo de Reestructuración Ordenada Bancaria (FROB, Fonds zur geordneten Umstrukturierung von Kreditinstituten, Spanien), wurden die „neuen Anteile II“ auf die Banco Santander SA gegen Zahlung eines Kaufpreises von einem Euro übertragen. Anschließend wurde Banco Santander infolge einer Verschmelzung durch Aufnahme am 28. September 2018 Gesamtrechtsnachfolgerin von Banco Popular.

9        Am 7. Juni 2017 erließ die Europäische Kommission den Beschluss (EU) 2017/1246 zur Billigung des Abwicklungskonzepts für Banco Popular (ABl. 2017, L 178, S. 15).

10      Am 14. Juni 2018 übermittelte der Bewerter dem SRB die in Art. 20 Abs. 16 bis 18 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgesehene Bewertung in Bezug auf unterschiedliche Behandlung, mit der festgestellt werden sollte, ob Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Institut ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre (im Folgenden: Bewertung 3). Am 31. Juli 2018 übermittelte der Bewerter dem SRB einen Nachtrag zu dieser Bewertung, mit dem bestimmte formale Fehler berichtigt wurden.

11      In der Bewertung 3 nahm der Bewerter eine Schätzung vor, wie die Anteilseigner und Gläubiger behandelt worden wären, wenn zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts ein reguläres Insolvenzverfahren für Banco Popular durchgeführt worden wäre. Er führte diese Bewertung im Rahmen eines Liquidationsszenarios gemäß der Ley 22/2003, Concursal (Gesetz 22/2003 über die Insolvenz), vom 9. Juli 2003 (BOE Nr. 164 vom 10. Juli 2003, S. 26905) durch.

12      Der Bewerter wies darauf hin, dass das hypothetische Liquidationsszenario auf der Grundlage der nicht geprüften Finanzinformationen vom 6. Juni 2017 bzw. bei fehlender Verfügbarkeit dieser Daten vom 31. Mai 2017 erstellt worden sei. Laut seiner Einschätzung hätte die Einleitung eines regulären Insolvenzverfahrens für Banco Popular am 7. Juni 2017 zu einer ungeplanten Liquidation geführt. Für die Beurteilung des Liquidationswerts der Aktiva legte der Bewerter drei alternative Liquidationszeit-Szenarien zugrunde, und zwar 18 Monate, drei Jahre und sieben Jahre, die jeweils einen Best Case (günstigste Annahme) und einen Worst Case (ungünstigste Annahme) beinhalteten. Er kam zu dem Ergebnis, dass in keinem der Szenarien für die betroffenen Anteilseigner und nachrangigen Gläubiger ein Erlös im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens zu erwarten gewesen wäre und somit keine unterschiedliche Behandlung im Vergleich zur Behandlung im Rahmen der Abwicklungsmaßnahme vorliege.

13      Am 6. August 2018 veröffentlichte der SRB auf seiner Website seine Ankündigung vom 2. August 2018 betreffend seine vorläufige Entscheidung darüber, ob Anteilseignern oder Gläubigern, die von den Abwicklungsmaßnahmen betreffend die Banco Popular betroffen sind, Entschädigung gewährt werden muss, sowie die Einleitung einer Anhörung (SRB/EES/2018/132) (im Folgenden: vorläufige Entscheidung) und eine nicht vertrauliche Fassung der Bewertung 3. Am 7. August 2018 wurde eine Bekanntmachung in Bezug auf die Ankündigung des SRB im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2018, C 277 I, S. 1) veröffentlicht.

14      In der vorläufigen Entscheidung stellte der SRB fest, aus der Bewertung 3 gehe hervor, dass zwischen der tatsächlichen Behandlung der von der Abwicklung von Banco Popular betroffenen Anteilseigner und Gläubiger und der Behandlung, die sie erfahren hätten, wenn zum Zeitpunkt der Abwicklung für Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, kein Unterschied bestehe. Der SRB entschied vorläufig, dass er den betroffenen Anteilseignern und Gläubigern keine Entschädigung gemäß Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 zahlen müsse.

15      Um eine abschließende Entscheidung über die Notwendigkeit der Gewährung einer Entschädigung für die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger treffen zu können, forderte er diese auf, ihr Interesse an der Ausübung ihres Rechts auf Gehör zur vorläufigen Entscheidung nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) zu äußern.

16      Der SRB wies darauf hin, dass das Anhörungsverfahren aus zwei Phasen bestehen werde.

17      In der ersten Phase, der Registrierungsphase, seien die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger aufgefordert, bis zum 14. September 2018 ihr Interesse an der Ausübung ihres Rechts auf Anhörung mit Hilfe eines online verfügbaren Registrierungsfragebogens zu äußern. Danach sei vom SRB zu prüfen, ob es sich bei allen ein Interesse bekundenden Personen um betroffene Anteilseigner oder Gläubiger handele. Die interessierten betroffenen Anteilseigner und Gläubiger hätten einen Identitätsnachweis zu erbringen und nachzuweisen, dass sie am 6. Juni 2017 ein oder mehrere der im Zuge der Abwicklung herabgeschriebenen oder umgewandelten und übertragenen Kapitalinstrumente von Banco Popular gehalten hätten.

18      In der zweiten Phase, der Anhörungsphase, erhielten die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger, die in der ersten Phase ihr Interesse an einer Anhörung geäußert hätten und deren Status vom SRB überprüft worden sei, die Möglichkeit, zur vorläufigen Entscheidung und zur angehängten Bewertung 3 Stellung zu nehmen.

19      Am 16. Oktober 2018 kündigte der SRB an, dass die berechtigten Anteilseigner und Gläubiger ab dem 6. November 2018 aufgefordert würden, schriftlich zur vorläufigen Entscheidung Stellung zu nehmen. Am 6. November 2018 verschickte der SRB an die hierzu berechtigten Anteilseigner und Gläubiger einen persönlichen Link, mit dem sie über das Internet Zugang zu einem Fragebogen erhielten, in dem sie bis zum 26. November 2018 zur vorläufigen Entscheidung sowie zur nicht vertraulichen Fassung der Bewertung 3 Stellung nehmen konnten.

20      Nach der Anhörungsphase prüfte der SRB die zur vorläufigen Entscheidung abgegebenen relevanten Stellungnahmen der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger. Er forderte den Bewerter dazu auf, ihm ein Dokument mit der Auswertung der zur Bewertung 3 abgegebenen relevanten Stellungnahmen zukommen zu lassen und zu prüfen, ob die Bewertung 3 im Licht dieser Stellungnahmen weiterhin gültig sei.

21      Am 18. Dezember 2019 übermittelte der Bewerter dem SRB seine Bewertung mit dem Titel „Erläuterndes Dokument zur Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung“ (im Folgenden: erläuterndes Dokument). Im erläuternden Dokument bestätigte der Bewerter, dass die in der Bewertung 3 näher dargelegte Strategie und die darin detailliert beschriebenen verschiedenen hypothetischen Liquidationsszenarien sowie die angewandten Methoden und durchgeführten Analysen weiterhin gültig seien.

22      Am 17. März 2020 erließ der SRB den angefochtenen Beschluss. Eine Bekanntmachung des Beschlusses wurde am 20. März 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2020, C 91, S. 2) veröffentlicht.

23      Im angefochtenen Beschluss vertrat der SRB die Auffassung, dass der Bewerter unabhängig gemäß den Anforderungen des Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 und des Kapitels IV der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission vom 23. März 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen der Inhalt von Sanierungsplänen, Abwicklungsplänen und Gruppenabwicklungsplänen, die Mindestkriterien, anhand deren die zuständige Behörde Sanierungs- und Gruppensanierungspläne zu bewerten hat, die Voraussetzungen für gruppeninterne finanzielle Unterstützung, die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter, die vertragliche Anerkennung von Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen, die Verfahren und Inhalte von Mitteilungen und Aussetzungsbekanntmachungen und die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien festgelegt wird (ABl. 2016, L 184, S. 1), gehandelt habe.

24      In Titel 5 („Bewertung 3“) des angefochtenen Beschlusses fasste der SRB den Inhalt der Bewertung 3 zusammen und kam zu dem Ergebnis, dass sie mit dem geltenden Rechtsrahmen vereinbar sowie hinreichend begründet und vollständig sei, um die Grundlage einer Entscheidung im Hinblick auf Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 bilden zu können. Er war der Auffassung, dass die Bewertung 3 die Elemente bewerte, die nach Art. 20 Abs. 17 der Verordnung Nr. 806/2014 und der Delegierten Verordnung (EU) 2018/344 der Kommission vom 14. November 2017 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards zur Festlegung der Kriterien für die Methoden zur Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung bei der Abwicklung (ABl. 2018, L 67, S. 3) vorgeschrieben seien.

25      Titel 6 des angefochtenen Beschlusses enthielt die „Stellungnahmen der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger sowie deren Bewertung“. In Titel 6.1 („Bewertung der Relevanz“) des angefochtenen Beschlusses erläuterte der SRB, dass einige dieser Stellungnahmen, die sich weder auf seine vorläufige Entscheidung noch auf die Bewertung 3 bezögen, nicht relevant seien, da sie nicht das Anhörungsverfahren beträfen. In Titel 6.2 des angefochtenen Beschlusses erfolgte die „Prüfung der relevanten Stellungnahmen“ der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger in Bezug auf die Unabhängigkeit des Bewerters und den Inhalt der Bewertung 3 nach Themen gruppiert.

26      Der SRB kam zu dem Schluss, aus der Bewertung 3 in Verbindung mit dem erläuternden Dokument und den Ergebnissen in Titel 6.2 des angefochtenen Beschlusses gehe hervor, dass zwischen der tatsächlichen Behandlung der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger und der Behandlung, die sie erfahren hätten, wenn zum Zeitpunkt der Abwicklung für Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, kein Unterschied bestehe.

27      Daher beschloss der SRB:

Artikel 1

Bewertung

Zum Zweck der Entscheidung, ob den Anteilseignern und Gläubigern, die von den Abwicklungsmaßnahmen für Banco Popular … betroffen sind, Entschädigung gewährt werden muss, ist die Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung im Rahmen der Abwicklung nach Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 in Anhang I des vorliegenden Beschlusses in Verbindung mit dem erläuternden Dokument … in Anhang II des vorliegenden Beschlusses festgelegt.

Artikel 2

Entschädigung

Die von den Abwicklungsmaßnahmen für Banco Popular … betroffenen Anteilseigner und Gläubiger haben keinen Anspruch auf eine Entschädigung durch den einheitlichen Abwicklungsfonds nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014.

Artikel 3

Adressat des Beschlusses

Dieser Beschluss ist an den FROB als nationale Abwicklungsbehörde im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung Nr. 806/2014 gerichtet.“

 Anträge der Parteien

28      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        dem SRB die Kosten aufzuerlegen.

29      Der SRB, unterstützt durch das Königreich Spanien, beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

30      Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund beanstandet sie, dass die Bewertung 3 nicht von einem unabhängigen Bewerter durchgeführt worden sei und daher gegen Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 und Kapitel IV der Delegierten Verordnung 2016/1075 verstoße. Mit dem zweiten Klagegrund rügt sie Fehler, die in der Bewertung 3 enthalten seien. Mit dem dritten Klagegrund macht sie geltend, dass sich die Bewertung 3 hinsichtlich des finanziellen Zustands von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung auf eine falsche Grundlage stütze.

31      Vorab ist festzustellen, dass die Rechtsprechung die vom Gericht ausgeübte Kontrolle sowohl in Fällen begrenzt hat, in denen die angefochtene Handlung auf hochkomplexe tatsächliche Umstände wissenschaftlicher und technischer Art gestützt ist, als auch in solchen, in denen es um komplexe wirtschaftliche Wertungen geht.

32      Zum einen muss sich in den Fällen, in denen die Behörden der Europäischen Union über ein weites Ermessen insbesondere in Bezug auf die Beurteilung hochkomplexer wissenschaftlicher und technischer tatsächlicher Umstände bei der Festlegung von Art und Umfang der von ihnen erlassenen Maßnahmen verfügen, die Kontrolle durch das Unionsgericht auf die Prüfung beschränken, ob die Ausübung dieses Ermessens nicht offensichtlich fehlerhaft ist oder einen Ermessensmissbrauch darstellt oder ob diese Behörden die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten haben. In einem solchen Kontext darf das Unionsgericht nicht seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle derjenigen der Unionsbehörden setzen, denen allein der AEU‑Vertrag diese Aufgabe zugewiesen hat (vgl. Urteile vom 21. Juli 2011, Etimine, C‑15/10, EU:C:2011:504, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 1. Juni 2022, Algebris [UK] und Anchorage Capital Group/Kommission, T‑570/17, EU:T:2022:314, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Zum anderen handelt es sich bei der Kontrolle, die die Unionsgerichte in Bezug auf die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Unionsbehörden ausüben, um eine beschränkte Kontrolle, in deren Rahmen nur geprüft werden darf, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten wurden, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt. Im Rahmen dieser Kontrolle darf das Unionsgericht somit nicht die wirtschaftliche Beurteilung seitens der zuständigen Unionsbehörde durch seine eigene ersetzen (vgl. Urteile vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, EU:C:2010:480, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 1. Juni 2022, Algebris [UK] und Anchorage Capital Group/Kommission, T‑570/17, EU:T:2022:314, Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Da die Beschlüsse des SRB zur Entscheidung, ob den Anteilseignern und Gläubigern, die von Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf ein Unternehmen betroffen sind, Entschädigung gewährt werden muss, auf hochkomplexen wirtschaftlichen und technischen Beurteilungen beruhen, gelten die Grundsätze, die sich aus der oben in den Rn. 32 und 33 angeführten Rechtsprechung ergeben, für die Kontrolle, die das Gericht auszuüben hat.

35      Dass dem SRB ein Beurteilungsspielraum in wirtschaftlichen und technischen Fragen zusteht, bedeutet jedoch nicht, dass das Unionsgericht die Auslegung der Wirtschaftsdaten durch den SRB, die dessen Beschluss zugrunde liegen, nicht kontrollieren darf. Denn das Unionsgericht muss, wie der Gerichtshof entschieden hat, selbst bei komplexen Beurteilungen nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (vgl. Urteile vom 11. November 2021, Autostrada Wielkopolska/Kommission und Polen, C‑933/19 P, EU:C:2021:905, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 1. Juni 2022, Algebris [UK] und Anchorage Capital Group/Kommission, T‑570/17, EU:T:2022:314, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Ein die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses rechtfertigender offensichtlicher Fehler des SRB bei der Würdigung des Sachverhalts kann nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger vorgelegten Beweise ausreichen, um die in diesem Beschluss vorgenommene Sachverhaltswürdigung nicht plausibel erscheinen zu lassen (vgl. entsprechend Urteile vom 7. Mai 2020, BTB Holding Investments und Duferco Participations Holding/Kommission, C‑148/19 P, EU:C:2020:354, Rn. 72, und vom 1. Juni 2022, Algebris [UK] und Anchorage Capital Group/Kommission, T‑570/17, EU:T:2022:314, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Demzufolge ist ein auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler gestützter Klagegrund zurückzuweisen, wenn die beanstandete Beurteilung trotz der vom Kläger vorgebrachten Umstände als immer noch zutreffend oder annehmbar gelten kann (vgl. Urteile vom 27. September 2018, Spiegel-Verlag Rudolf Augstein und Sauga/EZB, T‑116/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:614, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 25. November 2020, BMC/Gemeinsames Unternehmen Clean Sky 2, T‑71/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:567, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38      Aus einer ständigen Rechtsprechung ergibt sich außerdem, dass, wenn die Organe über Ermessen verfügen, der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, eine umso größere Bedeutung zukommt. Zu den Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, gehört u. a. der in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta niedergelegte Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, aus dem die Verpflichtung des zuständigen Organs folgt, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen. Nur so kann das Unionsgericht überprüfen, ob die für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14).

 Zum zweiten Klagegrund: Fehler in der Bewertung 3

39      Mit dem zweiten Klagegrund macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, der SRB und der Bewerter hätten im angefochtenen Beschluss bzw. in der Bewertung 3, als sie beurteilt hätten, ob die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts ein reguläres Insolvenzverfahren für Banco Popular durchgeführt worden wäre, einen Fehler begangen, indem sie sich auf ein hypothetisches Szenario gestützt hätten, in dem Banco Popular als aufgelöstes Unternehmen liquidiert worden wäre.

40      Die Klägerin trägt vor, der SRB habe sich im angefochtenen Beschluss auf eine falsche Annahme gestützt, da Art. 20 Abs. 18 der Verordnung Nr. 806/2014 nicht vorsehe, dass die Behandlung der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger in einem hypothetischen Insolvenzverfahren im Hinblick auf ein Kriterium zu bewerten sei, dem zufolge es sich bei dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen um ein aufgelöstes Unternehmen handle. Die Bewertung falle jedoch unterschiedlich aus, je nachdem, ob man ein Liquidationskriterium, d. h. die Einstellung des Betriebs, oder ein Kriterium der Unternehmensfortführung, d. h. die Fortsetzung des Betriebs, zugrunde lege.

41      Die Bezugnahme auf das reguläre Insolvenzverfahren in der Verordnung Nr. 806/2014 sei als Bezugnahme auf das in den spanischen Rechtsvorschriften, d. h. dem Gesetz 22/2003, geregelte Verfahren zu verstehen. Gemäß Art. 44 Abs. 1 des Gesetzes 22/2003 führe „die Feststellung der Insolvenz nicht zu einer Unterbrechung der Fortführung der beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners“, und dies bedeute, dass nach spanischem Recht die Feststellung der Insolvenz des Schuldners weder zu einer Einstellung des Betriebs noch zur Liquidation seines Vermögens führe. Ebenso sehe Art. 100 Abs. 3 des Gesetzes 22/2003 eine Lösung vor, bei der im Wege eines Vergleichs die Geschäftstätigkeit aufrechterhalten und fortgesetzt werde. Das Gesetz sehe die vollständige oder teilweise Veräußerung der Betriebseinheit im Rahmen der vollständigen oder teilweisen Fortführung des Betriebs vor und entspreche somit einem Kriterium des arbeitenden Unternehmens und nicht der Liquidation nicht produktiver Aktiva, die ausdrücklich ausgeschlossen sei. Das Gesetz 22/2003 schreibe die Fortsetzung des Betriebs unabhängig vom Stadium des Insolvenzverfahrens vor. Der SRB habe im angefochtenen Beschluss einen Beurteilungsfehler begangen und das Gesetz 22/2003 falsch ausgelegt, als er die Auffassung vertreten habe, dass das in diesem Gesetz vorgesehene Insolvenzverfahren zur Liquidation des Unternehmens geführt hätte.

42      Ferner macht die Klägerin geltend, das vom Bewerter in der Bewertung 3 verwendete und vom SRB im angefochtenen Beschluss gebilligte Kriterium der Liquidation sei nicht vereinbar mit der Abwicklung im Sinne der Verordnung Nr. 806/2014, insbesondere nicht mit ihrem Ziel, die Fortführung der kritischen Funktionen des Instituts sicherzustellen, und dem vom SRB angewandten Abwicklungsinstrument, d. h. der Veräußerung von Banco Popular als fortgeführtes Unternehmen. Die unterschiedliche Behandlung stütze sich auf einen hypothetischen Vergleich von zwei Verfahren, die die Sanierung von Kreditinstituten ermöglichten. Da die Beurteilung der unterschiedlichen Behandlung in der Bewertung 3 von dem Vergleich gleichwertiger Transaktionen ausgehe, müsse für eine angemessene Bewertung in einem Insolvenzszenario eine Annahme zugrunde gelegt werden, die der in der Abwicklung verwendeten Annahme vergleichbar sei, d. h. die Fortsetzung der Tätigkeiten des Unternehmens.

43      Der SRB stellte im angefochtenen Beschluss fest, dass nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 806/2014 die Bewertung 3 der Klärung der Frage diene, ob die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger im Rahmen der Abwicklung schlechter behandelt worden seien als „im Fall einer Liquidation [von Banco Popular] im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens“. Er führte in Übereinstimmung mit dem Bewerter im erläuternden Dokument (Nr. 5.1.5) aus, dass die Ley 11/2015 de recuperación y resolución de entidades de crédito y empresas de servicios de inversión (Gesetz 11/2015 zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen) vom 18. Juni 2015 (BOE Nr. 146 vom 19. Juni 2015, S. 50797) zur Umsetzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190) ausdrücklich vorsehe, dass die Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung unter der Annahme durchzuführen sei, dass das Unternehmen in Liquidation gegangen sei.

44      Als Erstes ist zu den maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 festzustellen, dass die in Art. 20 Abs. 16 der Verordnung vorgesehene Bewertung der Klärung der Frage dient, ob die Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre.

45      Gemäß Art. 20 Abs. 17 der Verordnung Nr. 806/2014 dient die Bewertung nach Art. 20 Abs. 16 der Feststellung des Unterschieds zwischen der Behandlung der Anteilseigner und Gläubiger im Rahmen der Abwicklung und der Behandlung, die sie erhalten hätten, wenn für das Unternehmen zu dem Zeitpunkt, als der Beschluss über die Abwicklungsmaßnahme gefasst wurde, das reguläre Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre.

46      Die Bewertung zielt auf die Umsetzung des Grundsatzes „keine Schlechterstellung von Gläubigern“, der in Art. 15 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 806/2014 verankert ist, in dem es heißt: „Kein Gläubiger hat größere Verluste zu tragen, als er im Fall einer Liquidation eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nach Maßgabe der in Artikel 29 vorgesehenen Schutzbestimmungen zu tragen gehabt hätte.“

47      In Anwendung dieses Grundsatzes bestimmt Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014, dass der SRB den einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) „für Entschädigungszahlungen an Anteilseigner oder Gläubiger, falls sie nach einer Bewertung gemäß Artikel 20 Absatz 5 größere Verluste erlitten haben[,] als sie nach einer Bewertung gemäß Artikel 20 Absatz 16 bei einer Liquidation im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erlitten hätten“, heranziehen kann.

48      Somit geht aus den oben genannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 806/2014 entgegen dem Vorbringen der Klägerin eindeutig hervor, dass die Bezugnahme in Art. 20 Abs. 16 bis 18 der Verordnung Nr. 806/2014 auf die Behandlung, die die Anteilseigner und Gläubiger des Unternehmens erhalten hätten, wenn für das Unternehmen das reguläre Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, auf deren hypothetische Behandlung im Fall der Liquidation des Unternehmens verweist.

49      Außerdem ist gemäß Art. 4 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2018/344 die Methode für die Durchführung der Bewertung der Behandlung, die die von einer Abwicklungsmaßnahme betroffenen Anteilseigner und Gläubiger erhalten hätten, wenn das Unternehmen zum Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung in ein reguläres Insolvenzverfahren eingetreten wäre, auf die Feststellung des abgezinsten Betrags der erwarteten Zahlungsströme in einem regulären Insolvenzverfahren beschränkt. Die in Art. 4 Abs. 4 und 5 der Delegierten Verordnung 2018/344 genannten Faktoren, die bei der Bewertung der Zahlungsströme zu berücksichtigen sind, dienen der Feststellung des Werts der Vermögenswerte im Fall einer hypothetischen Veräußerung, wobei differenziert wird, ob sie auf aktiven Märkten gehandelt werden oder nicht. Art. 4 Abs. 8 der Delegierten Verordnung 2018/344 sieht ferner vor, dass die sich aus der Bewertung ergebenden hypothetischen Erlöse auf Anteilseigner und Gläubiger nach ihrer jeweiligen Priorität gemäß dem geltenden Insolvenzrecht aufgeteilt werden.

50      Folglich entspricht die in der Delegierten Verordnung 2018/344 festgelegte Methode für die Bewertung der Behandlung, die die Anteilseigner und Gläubiger im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erhalten hätten, der Veräußerung von Vermögenswerten des Unternehmens und somit einer Liquidation, wie sie in Art. 3 Abs. 1 Nr. 42 der Verordnung Nr. 806/2014 definiert ist.

51      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin setzt der Umstand, dass die unterschiedliche Behandlung im Wege des Vergleichs zwischen der tatsächlichen Behandlung, die den betroffenen Anteilseignern und Gläubigern aufgrund der Abwicklung widerfahren ist, und einem hypothetischen Szenario, in dem das Unternehmen in ein reguläres Insolvenzverfahren eintritt, nicht voraus, dass sich dieses Alternativszenario auf eine Annahme stützt, die der Annahme vergleichbar ist, die in der Abwicklung verwendet wurde, d. h. die Fortsetzung der Tätigkeiten des Unternehmens.

52      Das Vorbringen beruht auf einem fehlerhaften Verständnis des Mechanismus zur Entschädigung der Anteilseigner und Gläubiger eines Unternehmens, das von einer Abwicklungsmaßnahme gemäß der Verordnung Nr. 806/2014 betroffen ist.

53      Der 62. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 sieht insoweit vor:

„Der Eingriff in die Eigentumsrechte sollte nicht unverhältnismäßig sein. Folglich sollten die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger keine größeren Verluste tragen[,] als sie hätten tragen müssen, wenn das Unternehmen zum Zeitpunkt des Abwicklungsbeschlusses liquidiert worden wäre. Für den Fall eines Teiltransfers von Vermögenswerten eines in Abwicklung befindlichen Instituts auf einen privaten Käufer oder ein Brückeninstitut sollte der verbleibende Teil des in Abwicklung befindlichen Instituts nach dem regulären Insolvenzverfahren liquidiert werden. Zum Schutz der Anteilseigner und Gläubiger des Unternehmens während des Liquidationsverfahrens sollten diese befugt sein, Zahlungen aufgrund ihrer Forderungen in einer Höhe zu verlangen, die den Betrag nicht unterschreiten, den sie Schätzungen zufolge im Fall eines regulären Insolvenzverfahrens für das Unternehmen insgesamt zurückerhalten hätten.“

54      Gemäß Art. 20 Abs. 18 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 806/2014 erfolgt die Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung nach Art. 20 Abs. 16 der Verordnung unter der Annahme, dass für ein in Abwicklung befindliches Institut, für das die Abwicklungsmaßnahme oder die Abwicklungsmaßnahmen durchgeführt wurden, zu dem Zeitpunkt, als der Beschluss über die Abwicklungsmaßnahme gefasst wurde, das reguläre Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, sowie der Annahme, dass die Abwicklungsmaßnahme oder die Abwicklungsmaßnahmen nicht durchgeführt worden wären.

55      Darüber hinaus setzt die Annahme einer Abwicklungsmaßnahme in Bezug auf ein Unternehmen voraus, dass die in Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 genannten Bedingungen erfüllt sind, d. h., dass das Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, dass es keine anderen Maßnahmen der Privatwirtschaft oder Maßnahmen der Aufsichtsbehörden gibt, die den Ausfall innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens abwenden können, und dass die Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich ist. Gemäß Art. 18 Abs. 5 der Verordnung Nr. 806/2014 ist eine Abwicklungsmaßnahme als im öffentlichen Interesse liegend zu betrachten, wenn sie für das Erreichen eines Abwicklungsziels oder mehrerer Abwicklungsziele notwendig und mit Blick auf diese Ziele verhältnismäßig ist und wenn dies bei einer Liquidation des Unternehmens im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nicht im selben Umfang der Fall wäre. Wie die Klägerin zu Recht vorträgt, dient die Annahme eines Abwicklungskonzepts u. a. gemäß Art. 14 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung dem Ziel, die Fortführung der kritischen Funktionen des Unternehmens sicherzustellen.

56      Die Klägerin erkennt auch an, dass eine Abwicklungsmaßnahme eine Alternative zur Liquidation eines Unternehmens darstellt, wenn das öffentliche Interesse dies erfordert.

57      Nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014, der der Umsetzung des in Art. 15 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung genannten Grundsatzes dient, werden den Anteilseignern und Gläubigern im Abwicklungsverfahren zur Erfüllung oder Erstattung ihrer Ansprüche Zahlungen in einer Höhe zuerkannt, die den Betrag nicht unterschreiten, der schätzungsweise im Fall eines regulären Insolvenzverfahrens für das gesamte Institut oder die gesamte Firma beigetrieben worden wäre (vgl. entsprechend Urteil vom 5. Mai 2022, Banco Santander [Bankenabwicklung Banco Popular], C‑410/20, EU:C:2022:351, Rn. 48).

58      Somit betrifft der Vergleich für die Feststellung einer unterschiedlichen Behandlung die tatsächliche Behandlung, die die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger aufgrund der Abwicklung erhalten haben, und die Bewertung ihrer Situation in dem hypothetischen Fall, dass die Abwicklungsmaßnahme nicht angenommen worden wäre, d. h. dem Fall der Liquidation des Unternehmens. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin setzt die Beurteilung der unterschiedlichen Behandlung nicht den Vergleich von zwei vergleichbaren Situationen voraus, sondern den Vergleich von zwei Alternativen. Somit vertritt die Klägerin auch zu Unrecht die Auffassung, dass das Alternativszenario ebenso wie die Abwicklung auf ein Verfahren gerichtet sei, mit dem sich die Fortführung der kritischen Funktionen von Kreditinstituten und ihre Sanierung sicherstellen lasse, und die gleiche Annahme zugrunde legen müsse wie diejenige, auf der das Abwicklungskonzept beruhe.

59      Was als Zweites die anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften betrifft, ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin das Gesetz 22/2003, in dem das reguläre Insolvenzverfahren in Spanien geregelt ist, nicht das einzige spanische Gesetz, das für die Bewertung der unterschiedlichen Behandlung gilt.

60      Das Real Decreto 1012/2015 por el que se desarrolla la Ley 11/2015, y por el que se modifica el Real Decreto 2606/1996, de 20 de diciembre, sobre fondos de garantía de depósitos de entidades de crédito (Königliches Dekret 1012/2015 zur Durchführung des Gesetzes 11/2015 und zur Änderung des Königlichen Dekrets 2606/1996 vom 20. Dezember 1996 über Einlagensicherungsfonds von Kreditinstituten) vom 6. November 2015 (BOE Nr. 267 vom 7. November 2015, S. 105911) zur Umsetzung der Richtlinie 2014/59 enthält nämlich besondere Bestimmungen zur Bewertung des Unterschieds der Behandlung.

61      Wie das Königreich Spanien zu Recht vorträgt, hat der spanische Gesetzgeber bei der Regelung der Bewertung der unterschiedlichen Behandlung keinen anderen Fall als den der Liquidation im Rahmen des regulären Insolvenzverfahrens in Erwägung gezogen.

62      Denn gemäß Art. 10 Abs. 2 des Königlichen Dekrets 1012/2015 muss die Bewertung die Behandlung bestimmen, die die Anteilseigner und Gläubiger erhalten hätten, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungsbeschlusses ein Liquidationsverfahren eingeleitet worden wäre.

63      Insoweit heißt es in Art. 10 Abs. 3 Buchst. a des Königlichen Dekrets 1012/2015, dass die Bewertung von der Annahme ausgeht, dass das Unternehmen, auf das die Abwicklungsmaßnahmen angewandt wurden, zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungsbeschlusses im Rahmen eines Insolvenzverfahrens liquidiert worden wäre.

64      Somit sieht das spanische Recht im Rahmen der Beurteilung der unterschiedlichen Behandlung infolge einer vom FROB beschlossenen Abwicklung vor, dass das Alternativszenario ein Liquidationsszenario ist, das die Bestimmungen des Gesetzes 22/2003 über die Liquidation berücksichtigt.

65      Wie das Königreich Spanien zu Recht geltend macht, bezeichnet der in den Art. 148 und 149 des Gesetzes 22/2003 verwendete Begriff „Liquidation“ die Veräußerung des Vermögens und der Rechte eines insolventen Unternehmens zwecks Befriedigung der Gläubiger durch die Veräußerungserlöse und entspricht somit der Definition in Art. 3 Abs. 1 Nr. 42 der Verordnung Nr. 806/2014.

66      Ferner ist, wie vom SRB festgestellt, der von der Klägerin genannte Art. 100 des Gesetzes 22/2003, der den Vergleich betrifft, in Titel V („Stadien der Liquidation oder des Vergleichs“) des Gesetzes enthalten. Demnach ist gemäß dem Gesetz 22/2003, dem allgemeinen Insolvenzgesetz, der Gläubigervergleich eine Alternative zur Liquidation am Ende des gemeinsamen Stadiums des Insolvenzverfahrens.

67      Somit wurde dadurch, dass nach dem Königlichen Dekret 1012/2015 ausdrücklich vorgesehen ist, bei der Beurteilung des Unterschieds der Behandlung die Annahme zu berücksichtigen, dass das Unternehmen in das Liquidationsstadium eingetreten ist, die Anwendung der alternativen Lösung eines Gläubigervergleichs ausgeschlossen.

68      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sehen die anwendbaren spanischen Rechtsvorschriften mithin vor, dass sich die Bestimmung der unterschiedlichen Behandlung auf ein Liquidationsszenario stützen muss, was die Möglichkeit eines Szenarios ausschließt, das sich auf die Fortführung des Unternehmens und auf einen Gläubigervergleich stützt.

69      Als Drittes ist vorliegend festzustellen, dass für den Fall, dass das Abwicklungskonzept nicht angenommen worden wäre, die Alternative in der Liquidation von Banco Popular in einem regulären Insolvenzverfahren bestand (Urteil vom 1. Juni 2022, Algebris [UK] und Anchorage Capital Group/Kommission, T‑570/17, EU:T:2022:314, Rn. 421).

70      Insoweit wies der SRB im angefochtenen Beschluss darauf hin, dass in Übereinstimmung mit der Bewertung 3 angesichts der Umstände des vorliegenden Falls und insbesondere der Tatsache, dass Banco Popular ihre Schulden bei Fälligkeit nicht hätte begleichen können, die Einleitung eines regulären Insolvenzverfahrens zum Zeitpunkt der Abwicklung zu einer Liquidation von Banco Popular geführt hätte, was mit einer beschleunigten Verwertung des Vermögens ohne verbindlichen Mindestpreis und der Auszahlung der Nettoverwertungserlöse an die Gläubiger gemäß der im Gesetz 22/2003 festgelegten Rangfolge verbunden gewesen wäre.

71      Zu erwähnen ist auch, dass das Argument der Klägerin, das Alternativszenario zur Abwicklungsmaßnahme setze nicht zwangsläufig die Annahme einer Liquidation von Banco Popular voraus, bereits von einigen betroffenen Anteilseignern und Gläubigern im Anhörungsverfahren vorgetragen wurde.

72      Im angefochtenen Beschluss stellte der SRB fest, sie hätten entweder behauptet, dass eine Lösung aus dem Privatsektor verfügbar gewesen sei, oder vorgetragen, dass sich das Alternativszenario auf die Veräußerung von Banco Popular als arbeitendes Unternehmen hätte stützen müssen, da Banco Popular zum Zeitpunkt der Annahme des Abwicklungskonzepts noch auf dem Markt tätig gewesen sei. Der SRB wies insbesondere darauf hin, dass einige betroffene Anteilseigner und Gläubiger geltend gemacht hätten, dass die Gläubiger eine Vereinbarung (einen Vergleich) hätten schließen können, der die Liquidation von Banco Popular verhindert hätte. Andere hätten vorgebracht, dass das spanische Insolvenzverfahren die Möglichkeit einer vorab festgestellten Insolvenz beinhalte, bei der die tragfähigen Vermögenswerte des Unternehmens wie bei einem arbeitenden Unternehmen abgesondert und veräußert würden. Ihrer Meinung nach hätte der Bewerter bei der Festlegung der Liquidationsstrategie diese Lösung in Betracht ziehen müssen, da sie es ermöglicht hätte, den Franchisewert von Banco Popular besser zu erhalten.

73      Der SRB stellte fest, unbeschadet der Voraussetzungen gemäß der Verordnung Nr. 806/2014 und dem anwendbaren nationalen Recht habe der Bewerter im erläuternden Dokument die Gründe dargelegt, aus denen es im Fall von Banco Popular nicht möglich sei, eine Veräußerung als arbeitendes Unternehmen (im Wege eines Verfahrens der vorab festgestellten Insolvenz oder auf anderem Weg) oder einen Vergleich durchzuführen. Der Bewerter habe insoweit zum einen darauf hingewiesen, dass es angesichts der Liquiditätslage von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung und in Anbetracht der von der Europäischen Zentralbank (EZB) vorgenommenen Bewertung des Ausfalls oder wahrscheinlichen Ausfalls von Banco Popular nicht möglich wäre, Banco Popular während der Verhandlungen am Laufen zu halten und eine erhebliche Wertvernichtung auszulösen. Der SRB fügte hinzu, ein Schreiben des Generaldirektors von Banco Popular vom 6. Juni 2017 habe die Schlussfolgerung bestätigt, dass die Liquiditätslage von Banco Popular es nicht erlaube, ihre Tätigkeiten fortzusetzen. Zum anderen sei der Bewerter der Auffassung gewesen, dass die Bankzulassung von Banco Popular widerrufen worden wäre, da die nach spanischem Recht geltenden Voraussetzungen für ihren Widerruf erfüllt gewesen wären. Die Bankzulassung sei für die Entgegennahme von Kundeneinlagen erforderlich, und diese seien wesentlich für die Fortsetzung der Tätigkeiten von Banco Popular oder ihre Veräußerung als arbeitendes Unternehmen.

74      Der SRB stellte weiter fest, dass der Bewerter im erläuternden Dokument darauf hingewiesen habe, dass die Schaffung einer „guten Bank“ (Good Bank) und einer „schlechten Bank“ (Bad Bank) im Gesetz 22/2003 nicht vorgesehen sei und ein solches Vorhaben jedenfalls Zeit benötigt hätte, die damals nicht vorhanden gewesen sei.

75      Der SRB kam zu dem Ergebnis, dass der Bewerter eine angemessene Bewertung des Liquidationsszenarios in der Bewertung 3 vorgenommen habe.

76      Somit war Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung aufgrund ihrer Liquiditätslage, ihrem Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall und dem möglichen Widerruf ihrer Bankzulassung nicht in der Lage, ihre Tätigkeiten fortzusetzen, und aus diesem Grund kamen weder ein Vergleich noch ein Insolvenzszenario unter der Annahme eines fortgeführten Unternehmens in Betracht.

77      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin war daher die Anwendung eines Alternativszenarios unter Berücksichtigung der Annahme eines fortgeführten Unternehmens sowohl durch die anwendbaren rechtlichen Bestimmungen als auch durch die tatsächliche Lage von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung ausgeschlossen.

78      Das Argument der Klägerin zum unterschiedlichen Wert, der sich aus der Anwendung des Kriteriums der Unternehmensfortführung anstelle des Kriteriums der Liquidation bei der Bewertung der nicht geschützten latenten Steueransprüche ergebe, ist somit nicht relevant.

79      Nach alledem hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass der SRB einen offensichtlichen Beurteilungsfehler beging, als er die Beurteilung des Bewerters billigte, wonach die Bewertung der Behandlung, die die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger von Banco Popular im Fall eines regulären Insolvenzverfahrens erhalten hätten, auf der Grundlage eines Szenarios der Liquidation eines aufgelösten Unternehmens erfolgen müsse.

80      Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014 und Kapitel IV der Delegierten Verordnung 2016/1075, da die Bewertung 3 nicht von einem unabhängigen Bewerter durchgeführt worden sei

81      Die Klägerin macht geltend, der Bewerter erfülle nicht die Voraussetzungen, um für die Zwecke der Erstellung der Bewertung 3 als unabhängig angesehen zu werden, und seine Bestellung durch den SRB verstoße gegen die Bestimmungen von Kapitel IV der Delegierten Verordnung 2016/1075 sowie Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014.

82      Im angefochtenen Beschluss stellte der SRB fest, dass der Bewerter als unabhängiger Bewerter gemäß den Anforderungen des Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 und des Kapitels IV der Delegierten Verordnung 2016/1075 gehandelt habe. Der Bewerter sei im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens ausgewählt worden, nach dessen Durchführung der SRB die Überzeugung gewonnen habe, dass dieser über die erforderlichen Qualifikationen, Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen verfüge, um die Bewertung ohne übermäßige Abhängigkeit von einer einschlägigen Behörde oder Banco Popular gemäß den Anforderungen von Art. 38 Nr. 1 und Art. 39 der Delegierten Verordnung 2016/1075 vorzunehmen. Unter Berücksichtigung der Art, Größe und Komplexität der vorzunehmenden Bewertung verfüge der Bewerter im Einklang mit Art. 39 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2016/1075 über personelle und technische Ressourcen, die im Hinblick auf die Durchführung der Bewertung 3 angemessen seien.

83      Der Bewerter sei eine rechtliche Einheit, die unabhängig von den Behörden und Banco Popular sei; er sei völlig unabhängig vom SRB und nicht mit der jährlichen Rechnungslegung von Banco Popular beauftragt worden.

84      In Bezug auf das Nichtvorliegen tatsächlicher oder potenzieller wesentlicher gemeinsamer oder widersprüchlicher Interessen im Sinne von Art. 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075 habe der Bewerter eine interne Überprüfung nach Maßgabe der einschlägigen beruflichen Standards durchgeführt. Angesichts des Ergebnisses dieser Überprüfung sei der Bewerter der Ansicht gewesen, dass bei ihm kein Interessenkonflikt im Hinblick auf seine Bestellung zum unabhängigen Bewerter vorliege. Der SRB wies insoweit auf die verschiedenen Erklärungen über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts hin, die der Bewerter im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens und nach seiner Bestellung abgegeben habe, um seine Unabhängigkeit und die Unabhängigkeit der Mitglieder seiner Teams zu gewährleisten, insbesondere des mit der Bewertung 3 beauftragten Teams.

85      Angesichts der Erklärungen und Zusicherungen des Bewerters war der SRB der Auffassung, dass der Bewerter ausreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe, um jedwede tatsächliche oder mögliche wesentliche gemeinsame oder widersprüchliche Interessen mit einer einschlägigen Behörde oder Banco Popular zu vermeiden. Der SRB nahm auch auf Titel 6.2.1 des angefochtenen Beschlusses Bezug, in dem er auf „Stellungnahmen zur Unabhängigkeit des Bewerters“ einging, die die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger im Anhörungsverfahren abgegeben hatten. In diesem Abschnitt erläuterte der SRB, dass der Bewerter zum Zeitpunkt seiner Bestellung und während der Durchführung der Bewertung 3 keine tatsächlichen oder möglichen wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interessen mit einer einschlägigen Behörde oder dem einschlägigen Unternehmen im Sinne von Art. 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075 gehabt habe.

86      Er stellte fest, dass der Bewerter als unabhängiger Bewerter gemäß den Anforderungen des Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 und der Art. 39 bis 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075 gehandelt habe.

87      Gemäß Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014 stellt der SRB sicher, dass eine Bewertung durch eine unabhängige Person im Sinne von Art. 20 Abs. 1 dieser Verordnung vorgenommen wird, d. h. eine von staatlichen Stellen – einschließlich des SRB und der nationalen Abwicklungsbehörde – und dem betroffenen Unternehmen unabhängige Person.

88      Die Regeln zur Unabhängigkeit von Bewertern sind in Kapitel IV der Delegierten Verordnung 2016/1075 aufgeführt, dessen Art. 38 bestimmt:

„Zum Bewerter können juristische oder natürliche Personen bestellt werden. Der Bewerter gilt als unabhängig von einschlägigen Behörden und dem einschlägigen Unternehmen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

(1)      Der Bewerter verfügt über die erforderlichen Qualifikationen, Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen und kann die Bewertung wirksam und ohne übermäßige Abhängigkeit von einer einschlägigen Behörde oder dem einschlägigen Unternehmen gemäß Artikel 39 vornehmen;

(2)      der Bewerter ist im Einklang mit Artikel 40 rechtlich von der einschlägigen Behörde und dem einschlägigen Unternehmen getrennt;

(3)      der Bewerter hat keine wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interessen im Sinne von Artikel 41.“

89      In Art. 41 („Wesentliche gemeinsame oder widersprüchliche Interessen“) der Delegierten Verordnung 2016/1075 heißt es:

„(1)      Der unabhängige Bewerter darf weder tatsächliche noch mögliche wesentliche gemeinsame oder widersprüchliche Interessen mit einer einschlägigen Behörde oder dem einschlägigen Unternehmen haben.

(2)      Für die Zwecke von Absatz 1 gilt ein tatsächliches oder potenzielles Interesse als wesentlich, wenn es nach Einschätzung der bestellenden Behörde oder einer anderen Behörde, die im betreffenden Mitgliedstaat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe ermächtigt ist, das Urteil des unabhängigen Bewerters bei der Durchführung der Bewertung beeinflussen könnte oder eine solche Einflussnahme nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann.

(3)      Für die Zwecke von Absatz 1 sind gemeinsame oder widersprüchliche Interessen mit mindestens folgenden Parteien relevant:

a)      der Geschäftsleitung und Mitgliedern des Leitungsorgans des einschlägigen Unternehmens;

b)      juristischen oder natürlichen Personen, die das einschlägige Unternehmen kontrollieren oder eine qualifizierte Beteiligung daran halten;

c)      Gläubigern, die nach Einschätzung der bestellenden Behörde oder einer anderen Behörde, die im betreffenden Mitgliedstaat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe ermächtigt ist, ausgehend von den Informationen, die der bestellenden Behörde oder einer anderen Behörde, die im betreffenden Mitgliedstaat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe ermächtigt ist, vorliegen, große Gläubiger sind;

d)      jedem Unternehmen der Gruppe.

(4)      Für die Zwecke von Absatz 1 gelten zumindest folgende Elemente als relevant:

a)      die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich der früheren Erbringung von Dienstleistungen durch den unabhängigen Bewerter an das einschlägige Unternehmen und die in Absatz 3 genannten Personen, insbesondere die Verbindung zwischen diesen Dienstleistungen und für die Bewertung relevanten Elementen;

b)      persönliche und finanzielle Beziehungen zwischen dem unabhängigen Bewerter und dem einschlägigen Unternehmen und den in Absatz 3 genannten Personen;

c)      Investitionen oder andere wesentliche finanzielle Interessen des unabhängigen Bewerters;

d)      im Falle juristischer Personen, jede strukturelle Trennung oder andere Vorkehrungen, die getroffen werden, um eine Gefährdung der Unabhängigkeit beispielsweise durch Selbstprüfung, Eigeninteresse, Interessenvertretung, Vertrautheit, Vertrauen oder Einschüchterung… zu verhindern, einschließlich Regelungen zur Unterscheidung zwischen Bediensteten, die an der Bewertung beteiligt sein könnten, und anderen Bediensteten.

…“

90      Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin nicht bestreitet, dass der Bewerter die Voraussetzungen von Art. 38 Nrn. 1 und 2 der Delegierten Verordnung 2016/1075 erfüllte, d. h., dass er über die erforderlichen Qualifikationen, Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Ressourcen verfügte, um die Bewertung 3 wirksam vorzunehmen, und rechtlich von der einschlägigen Behörde und Banco Popular getrennt war.

91      Ebenso wenig behauptet sie, dass der Bewerter ein tatsächliches oder mögliches wesentliches gemeinsames oder widersprüchliches Interesse mit der einschlägigen Behörde, d. h. dem SRB, oder dem einschlägigen Unternehmen, d. h. Banco Popular, im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2016/1075 gehabt habe.

92      Sie macht geltend, der Bewerter habe nicht die Voraussetzungen erfüllt, um als unabhängig angesehen zu werden, da er wesentliche tatsächliche oder potenzielle Interessen gehabt habe, die sein Urteil bei der Durchführung der Bewertung 3 hätten beeinflussen können, oder eine solche Einflussnahme nach vernünftigem Ermessen hätte erwartet werden können im Sinne von Art. 41 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2016/1075.

93      Das Vorliegen solcher Interessen sei nicht nur im Hinblick auf die Verbindungen zwischen dem Bewerter einerseits und andererseits dem SRB oder Banco Popular zu beurteilen, sondern auch unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Sie wirft dem SRB insoweit vor, erstens außer Acht gelassen zu haben, dass der Bewerter bereits die Bewertung 2 verfasst habe, und zweitens die Beziehungen zwischen dem Bewerter und Banco Santander nicht berücksichtigt zu haben.

 Zum ersten Teil: Vornahme der Bewertungen 2 und 3 durch den Bewerter

94      Die Klägerin macht geltend, da der Bewerter die Bewertung 2 vorgenommen habe, sei es im Hinblick auf die Wahrung des Grundsatzes der beruflichen Sorgfaltspflicht und Objektivität bei der Wahl des unabhängigen Bewerters nicht angemessen gewesen, ihn mit der Durchführung der Bewertung 3 zu beauftragen. Der Bewerter habe sehr unter Druck gestanden, um sein berufliches Ansehen zu schützen, was ihn dazu veranlasst habe, jegliche Korrektur oder Modifikation der Schlussfolgerungen aus der Bewertung 2 zu vermeiden.

95      Der SRB sei zur Wahrung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung nach Art. 41 der Charta und zur Unparteilichkeit verpflichtet, die insbesondere auf die Vermeidung von Interessenkonflikten abziele. Jedoch habe sich der SRB darauf beschränkt, die formale Vereinbarkeit der Bestellung des Bewerters mit den Anforderungen der Delegierten Verordnung 2016/1075 festzustellen, ohne die Stellung des Bewerters im Abwicklungsverfahren oder den Eindruck seiner Unparteilichkeit zu berücksichtigen. Es reiche nicht aus, die Anforderungen zur strukturellen Trennung und zu den wesentlichen Interessen einzuhalten, vielmehr müsse das Verfahren vor jedem Verdacht der Parteilichkeit geschützt werden.

96      In der Erwiderung räumt die Klägerin ein, dass es zwar, wie vom SRB geltend gemacht, mit den anwendbaren Bestimmungen, u. a. Art. 20 der Verordnung Nr. 806/2014, vereinbar ist, dass die Bewertungen 2 und 3 von demselben Bewerter vorgenommen wurden. Ihrer Auffassung nach steht jedoch der Umstand, dass der Bewerter die Bewertung 2 vornahm, seiner Einstufung als objektiver und unabhängiger Bewerter entgegen.

97      Mit ihrem Vorbringen wirft die Klägerin dem SRB im Wesentlichen vor, den Bewerter zum unabhängigen Bewerter für die Durchführung der Bewertung 3 bestellt zu haben, ohne dem Umstand Rechnung zu tragen, dass er bereits die Bewertung 2 vorgenommen habe und somit der Anforderung der Unparteilichkeit im Sinne von Art. 41 Abs. 1 der Charta in seiner Auslegung durch den Gerichtshof nicht genügt habe.

98      Nach Art. 41 Abs. 1 der Charta hat jede Person u. a. ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch behandelt werden.

99      Nach der Rechtsprechung zielt die Anforderung der Unparteilichkeit, die an die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gestellt wird, darauf ab, die Gleichbehandlung zu gewährleisten, auf der die Union beruht. Diese Anforderung soll insbesondere dazu dienen, Situationen möglicher Interessenkonflikte von Beamten und sonstigen Bediensteten zu vermeiden, die im Namen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen handeln. In Anbetracht der grundlegenden Bedeutung der Gewährleistung der Unabhängigkeit und Integrität sowohl für das interne Funktionieren als auch für das Außenbild der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union umfasst das Erfordernis der Unparteilichkeit alle Umstände, bei denen der Beamte oder Bedienstete, der aufgefordert wurde, über einen Fall zu entscheiden, vernünftigerweise erkennen muss, dass sie in den Augen Dritter seine Unabhängigkeit in diesem Bereich beeinträchtigen könnten (vgl. Urteil vom 27. März 2019, August Wolff und Remedia/Kommission, C‑680/16 P, EU:C:2019:257, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Daher obliegt es diesen Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen, dem Unparteilichkeitsgebot in seinen beiden Ausprägungen nachzukommen, zum einen der subjektiven Unparteilichkeit, wonach kein Mitglied des befassten Organs Voreingenommenheit oder persönliche Vorurteile an den Tag legen darf, und zum anderen der objektiven Unparteilichkeit in dem Sinne, dass das Organ hinreichende Garantien bieten muss, um jeden berechtigten Zweifel im Hinblick auf etwaige Vorurteile auszuschließen (vgl. Urteil vom 27. März 2019, August Wolff und Remedia/Kommission, C‑680/16 P, EU:C:2019:257, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

101    Wie oben in Rn. 87 dargelegt, oblag es dem SRB nach Art. 20 Abs. 16 der Verordnung Nr. 806/2014, die Unabhängigkeit des Bewerters im Hinblick auf die Umstände des vorliegenden Falls sicherzustellen.

102    Zwar kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass in den Augen Dritter der Umstand, dass der Bewerter durch die Vornahme der Bewertung 2 bereits vor der Annahme des Abwicklungskonzepts am Abwicklungsverfahren von Banco Popular beteiligt war, als ein Umstand erscheinen könnte, der ihn daran hinderte, bei der Vornahme der Bewertung 3 objektiv und unparteiisch zu sein.

103    Insoweit wies der SRB im angefochtenen Beschluss darauf hin, dass mehrere betroffene Anteilseigner und Gläubiger Stellungnahmen zur Unabhängigkeit des Bewerters abgegeben und die Auffassung vertreten hätten, dass er die Bewertung 3 nicht hätte durchführen sollen, da er bereits die Bewertung 2 vorgenommen habe. In einigen dieser Stellungnahmen wurde erwähnt, dass die Bewertung 2 eine Ex-ante-Einschätzung der Behandlung enthalten habe, die jede Klasse von Anteilseignern und Gläubigern in einem regulären Insolvenzverfahren erhalten hätte, und der Bewerter versucht habe, die Ergebnisse zu bestätigen, zu denen er in der Bewertung 2 bei der Analyse des Grundsatzes „keine Schlechterstellung von Gläubigern“ gelangt sei.

104    Es ist jedoch festzustellen, dass die Umstände des vorliegenden Falls zum einen nicht belegen, dass der Bewerter, als er die Bewertung 3 verfasste, dadurch beeinflusst war, dass er die Bewertung 2 durchgeführt hatte, und zum anderen dem Vorbringen der Klägerin widersprechen, es habe nach vernünftigem Ermessen der Anschein entstehen können, dass es dem Bewerter an Objektivität und Unparteilichkeit fehle.

105    Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Bewertung 2 aus zwei Teilen besteht, wobei der erste Teil die vorläufige Bewertung von Banco Popular für die Zwecke der Abwicklung betrifft und der zweite Teil eine Simulation des Liquidationsszenarios enthält. Der erste Teil beinhaltet eine Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular und dient der Bestimmung des wirtschaftlichen Wertes von Banco Popular im Rahmen der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung. Dieser erste Teil wurde vom SRB bei der Annahme des Abwicklungskonzepts berücksichtigt. Die im zweiten Teil enthaltene Simulation eines Liquidationsszenarios dient im Einklang mit Art. 20 Abs. 9 der Verordnung Nr. 806/2014 dazu, die Behandlung jeder Klasse von Anteilseignern und Gläubigern einzuschätzen, die zu erwarten wäre, wenn das von einer Abwicklungsmaßnahme betroffene Unternehmen im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens nach spanischem Recht liquidiert würde.

106    In der Bewertung 3 basiert die Prüfung der unterschiedlichen Behandlung auf der tatsächlichen Behandlung, die die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger nach der Abwicklung erhalten haben. Die im ersten Teil der Bewertung 2 enthaltene Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular für die Zwecke der Abwicklung wurde in der Bewertung 3 nicht berücksichtigt und konnte den Bewerter daher bei ihrer Durchführung nicht beeinflussen.

107    Somit betrifft das Argument der Klägerin nur den zweiten Teil der Bewertung 2, der einer Simulation eines Liquidationsszenarios entspricht.

108    Der SRB stellte im angefochtenen Beschluss insoweit fest, dass der geltende rechtliche Rahmen anerkenne, dass die vorläufige Einschätzung der Behandlung der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger im Fall einer Liquidation des Unternehmens im Rahmen der Bewertung 2 aus mehreren Gründen nicht genauso präzise sein könne wie die Einschätzung im Rahmen der Bewertung 3, und zwar u. a. aufgrund des Zeitdrucks und des Fehlens von Daten in hinreichender zeitlicher Nähe zum Abwicklungsdatum im Rahmen der Bewertung 2. So enthalte die Bewertung 2 gemäß Art. 20 Abs. 9 der Verordnung Nr. 806/2014 eine „Einschätzung“ dieser Behandlung, während sie in der Bewertung 3 gemäß Art. 20 Abs. 17 der Verordnung „festgestellt“ werde. Die bloße Tatsache, dass die in der Bewertung 2 enthaltene vorläufige Einschätzung und die Bewertung 3 zu ähnlichen Ergebnissen gelangten, obwohl sie auf unterschiedlichen Annahmen beruhten, könne für sich genommen nicht als ausreichender Nachweis dafür angesehen werden, dass die Bewertung 3 nicht im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen vorgenommen worden sei.

109    Erstens ist festzustellen, dass der Bewerter in der Bewertung 2 darauf hinwies, dass er in diesem Stadium weder über alle nötigen Informationen und Daten noch über ausreichend Zeit für eine mehr als nur annähernde Schätzung verfüge. Er hob mehrfach hervor, dass die Simulation des Liquidationsszenarios zahlreichen Unsicherheiten unterliege und er seine Annahmen weiterentwickeln und ein „robusteres“ und verlässlicheres Liquidationsszenario erstellen könne, sobald genauere Informationen verfügbar seien.

110    Insbesondere wies er darauf hin, dass „[a]ngesichts des Umstands, dass [ihm] die Struktur des Unternehmens und die Bilanzen der Einzelunternehmen nicht zur Verfügung gestellt worden [seien], [sein] Liquidationsszenario auf einer konsolidierten Grundlage erstellt worden [sei] und Hinweischarakter [habe]“ und „[d]ie tatsächliche Liquidation nach dem [Gesetz 22/2003] die Einzelunternehmen betreffen würde“. Ferner stellte er fest, dass er „ab dem Erhalt dieser ergänzenden Informationen in der Lage wäre, eine robustere Simulation des Liquidationsszenarios auf Einzelbasis vorzulegen“.

111    Zum einen ergibt sich daraus, dass die Bewertung 2 im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Simulation des Liquidationsszenarios mit zahlreichen Vorbehalten versehen war. Zum anderen ist den Rn. 105 und 106 des vorliegenden Urteils zu entnehmen, dass eine andere Bewertung von Banco Popular in einem Liquidationsszenario in der Bewertung 3 als in der Simulation in der Bewertung 2 deren Gültigkeit nicht in Frage stellen kann.

112    Somit kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, dass sich der Bewerter, um sein berufliches Ansehen zu schützen, bei der Vornahme der Bewertung 3 an die Schlussfolgerungen der Bewertung 2 gebunden gefühlt habe oder dass ein Unterschied zwischen diesen zwei Bewertungen sein berufliches Ansehen schmälern und dadurch seine Objektivität ausschließen könne.

113    Zweitens wird das Argument der Klägerin, der Bewerter habe sich veranlasst gefühlt, jegliche Korrektur oder Modifikation der Schlussfolgerungen aus der Bewertung 2 zu vermeiden, durch die Umstände widerlegt, in denen die Bewertungen 2 und 3 vorgenommen wurden.

114    Hierzu stellte der SRB im angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf die oben in Rn. 103 genannten Stellungnahmen fest, dass die in der Bewertung 2 enthaltene Ex-ante-Einschätzung der Behandlung der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger im Rahmen eines hypothetischen Insolvenzverfahrens innerhalb einer konkreten Frist vorgenommen worden sei und ihr die Informationen zugrunde gelegen hätten, die dem Bewerter vor der Abwicklung zur Verfügung gestanden hätten, d. h. vor allem die Informationen, die am 31. März 2017 verfügbar gewesen seien, während sich die Bewertung 3 auf detailliertere Informationen vom 6. Juni 2017 stütze, dem Tag der Beendigung der Geschäftstätigkeit, soweit verfügbar. Der SRB vertrat die Ansicht, dass der Bewerter angesichts der unterschiedlichen Informationen, die den Bewertungen jeweils zugrunde gelegen hätten, sowie der unterschiedlichen Zielsetzungen der Bewertungen sehr wohl zu unterschiedlichen Ergebnissen hätte kommen können.

115    Zum einen ist festzustellen, dass die Simulation des Liquidationsszenarios in der Bewertung 2 zwangsläufig auf Daten beruhte, die vor der Annahme des Abwicklungskonzepts lagen, während die Bewertung 3 die Daten berücksichtigen musste, die zum Zeitpunkt der Abwicklung verfügbar waren. Daher konnte nicht davon ausgegangen werden, dass der Bewerter bei der Bewertung von Banco Popular in einem hypothetischen Liquidationsszenario in der Bewertung 3 zum gleichen Ergebnis gelangen würde wie in der Simulation in der Bewertung 2.

116    Zum anderen erkennt die Klägerin an, dass die Bewertung 2 unter Zeitdruck erstellt werden musste. Wie der Bewerter in der Bewertung 2 feststellte, stützte sich die Simulation des Liquidationsszenarios auf nicht verifizierte Annahmen, die weiter ausgearbeitet werden mussten.

117    Folglich war der SRB seit dem Erhalt der Bewertung 2 darüber informiert, dass sich der Bewerter in der Bewertung 3 auf neue Daten stützen musste und deshalb die Bewertung in der Simulation des Liquidationsszenarios modifizieren musste. Somit kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, der SRB habe, da der Bewerter die Bewertung 2 durchgeführt habe, die Objektivität und Unparteilichkeit des Bewerters anzweifeln müssen.

118    Drittens bestreitet die Klägerin nicht, dass die Bewertungen 2 und 3 unterschiedliche Zielsetzungen und Ansätze hatten.

119    Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, der SRB hätte einen anderen Bewerter beauftragen müssen, um eine Bewertung nach einer anderen Methode vorzunehmen, während der Bewerter in den Bewertungen 2 und 3 die gleiche Methode verwendet habe, nämlich eine Bewertung auf der Grundlage eines Liquidationsszenarios.

120    Da die Prüfung des zweiten Klagegrundes ergeben hat, dass die Bewertung der Behandlung, die die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger von Banco Popular im Fall eines regulären Insolvenzverfahrens erhalten hätten, auf der Grundlage eines Liquidationsszenarios erfolgen musste, kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Wahl dieser Methode geeignet sei, den Anschein der fehlenden Objektivität des Bewerters zu erwecken. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hätte sich jeder andere mit der Durchführung der Bewertung 3 beauftragte Bewerter auf ein hypothetisches Szenario der Liquidation von Banco Popular stützen müssen.

121    Ferner begnügte sich der Bewerter in der Bewertung 3 nicht damit, das Ergebnis der Simulation aus der Bewertung 2 zu bestätigen.

122    Beispielsweise wurde der Gesamtbetrag aus der Verwertung des Vermögens von Banco Popular für die Gläubiger im Fall eines Liquidationsszenarios von drei Jahren auf einen Wert zwischen 120,9 Mrd. Euro in der günstigsten Annahme und 116,5 Mrd. Euro in der ungünstigsten Annahme geschätzt. In der Bewertung 3 wurde das Vermögen im Fall des Liquidationsszenarios von drei Jahren anders bewertet, und zwar mit 101,546 Mrd. Euro in der günstigsten Annahme und 97,593 Mrd. Euro in der ungünstigsten Annahme.

123    Allein der Umstand, dass der Bewerter zum gleichen Ergebnis kam, d. h., dass die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger im Fall der Liquidation von Banco Popular kein Geld zurückerhalten würden, reicht nicht aus, um nachzuweisen, dass er sich bei der Durchführung der Bewertung 3 durch die von ihm in der Bewertung 2 vorgenommene Beurteilung gebunden fühlte.

124    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das Vorbringen, mit dem nachgewiesen werden soll, dass der Bewerter den Anschein fehlender Objektivität erweckte, weil er die Bewertung 2 vorgenommen hatte, durch keinen konkreten Umstand belegt und durch den Inhalt der Bewertung 3 widerlegt wird.

125    Mithin konnte unter den Umständen des vorliegenden Falls, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, der Umstand, dass der Bewerter die Bewertung 2 vorgenommen hatte, seine Unabhängigkeit für die Durchführung der Bewertung 3 und seine Bestellung durch den SRB zum unabhängigen Bewerter nicht in Frage stellen.

126    Daraus folgt, dass der erste Teil zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Teil: Beziehungen zwischen dem Bewerter und Banco Santander

127    Die Klägerin macht geltend, der SRB habe bei der Beurteilung der Unabhängigkeit des Bewerters dessen Beziehungen zu Banco Santander zu Unrecht nicht berücksichtigt.

128    Als Erstes trägt sie vor, angesichts der Dienste, die der Bewerter Banco Santander vor und nach der Abwicklung von Banco Popular erbracht habe, hätte der SRB zu dem Schluss kommen müssen, dass der Bewerter nicht die Voraussetzungen erfülle, um als unabhängiger Bewerter angesehen zu werden, da er wesentliche tatsächliche oder potenzielle Interessen gehabt habe, die sein Urteil bei der Durchführung der Bewertung 3 hätten beeinflussen können, oder eine solche Einflussnahme nach vernünftigem Ermessen hätte erwartet werden können im Sinne von Art. 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075.

129    Erstens habe der SRB nicht berücksichtigt, dass der Bewerter 25 Jahre lang, bis 2016, Konzernprüfer von Banco Santander gewesen sei.

130    Hierzu ist festzustellen, dass einige betroffene Anteilseigner und Gläubiger im Anhörungsverfahren Stellungnahmen zur Unabhängigkeit des Bewerters abgaben und der Auffassung waren, dass seine Unabhängigkeit aufgrund seiner in der Vergangenheit, vor der Annahme des Abwicklungskonzepts erbrachten Prüfungsleistungen für Banco Santander beeinträchtigt sei.

131    Der SRB wies im angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf diese Stellungnahmen darauf hin, dass die Banco Santander erbrachten Prüfungsleistungen des Bewerters nicht bei der vom SRB bei seiner Beauftragung am 23. Mai 2017 vorgenommenen Beurteilung der Unabhängigkeit hätten berücksichtigt werden müssen, da diese Beurteilung im Hinblick auf Banco Popular durchgeführt worden sei. Der SRB erläuterte, dass zu diesem Zeitpunkt keine Beurteilung der Unabhängigkeit des Bewerters im Hinblick auf potenzielle Käufer durchgeführt worden sei, da zum einen eine solche Bewertung im rechtlichen Rahmen nicht vorgesehen sei und zum anderen sich das Bewertungsverfahren vom Veräußerungsverfahren unterscheide, das der Bestimmung des Käufers diene. Insbesondere habe der Bewerter vor Annahme des Abwicklungskonzepts keinen Zugang zu Informationen im Zusammenhang mit den Namen potenzieller Käufer oder der Identität des Käufers gehabt.

132    Angesichts der Tragweite und des Ziels der Bewertung 3 sei die Unabhängigkeit des Bewerters in Bezug auf die Durchführung der Bewertung 3 nicht durch seine in der Vergangenheit gegenüber Banco Santander erbrachten Prüfungsleistungen beeinträchtigt und liege insofern kein tatsächliches oder mögliches wesentliches gemeinsames oder widersprüchliches Interesse im Sinne von Art. 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075 vor. Insbesondere beziehe sich die Bewertung 3 nur auf die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular vor ihrer Veräußerung an Banco Santander und nicht auf die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Santander.

133    Somit ist festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Bestellung des Bewerters zum unabhängigen Bewerter, d. h. am 23. Mai 2017, die Identität des Erwerbers nicht bekannt war und die Beziehungen zwischen dem Bewerter und Banco Santander folglich nicht berücksichtigt werden konnten. Zudem erbrachte der Bewerter zum Zeitpunkt seiner Bestellung keine Prüfungsleistungen mehr für Banco Santander, was die Klägerin auch nicht behauptet.

134    Gemäß Art. 41 Abs. 4 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2016/1075 ist für den Nachweis des Vorliegens eines tatsächlichen oder möglichen wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interesses im Sinne von Abs. 1 dieses Artikels die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich der früheren Erbringung von Dienstleistungen, durch den unabhängigen Bewerter an das einschlägige Unternehmen und die in Abs. 3 genannten Personen relevant, insbesondere die Verbindung zwischen diesen Dienstleistungen und für die Bewertung relevanten Elementen.

135    Die Klägerin trägt jedoch kein Argument vor, das das Bestehen einer Verbindung zwischen den vom Bewerter gegenüber Banco Santander erbrachten Prüfungsleistungen und den relevanten Elementen für die Bewertung 3 nachweist, die nur die Bewertung von Banco Popular und nicht von Banco Santander betraf.

136    Die Klägerin macht zweitens geltend, die Beauftragung des Bewerters durch Banco Santander zur Erbringung von Beratungsleistungen für Vorgänge, die zu Vereinbarungen zwischen Banco Santander und einigen Investoren von Banco Popular, die gerichtliche oder außergerichtliche Rechtsbehelfe eingelegt hätten, geführt hätten, belege das Vorliegen tatsächlicher oder möglicher gemeinsamer Interessen mit dem betreffenden Unternehmen im Sinne von Art. 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075. Eine Person, die unmittelbar nach der Abwicklung den Erwerber des in Abwicklung befindlichen Unternehmens in einer Angelegenheit berate, die unmittelbar mit Rechtsstreitigkeiten zusammenhänge, die sich aus der Abwicklung ergäben, könne nicht als unabhängig von der Person angesehen werden, die sie beauftragt habe. Zudem sei der Berater von Banco Santander deshalb beauftragt worden, weil er wegen seiner Beteiligung an der Bewertung 2 über Informationen zu Banco Popular verfügt habe.

137    Im Anhörungsverfahren reichten einige betroffene Anteilseigner und Gläubiger ebenfalls Stellungnahmen zur Unabhängigkeit des Bewerters ein, in denen sie die Auffassung vertraten, seine Unabhängigkeit sei beeinträchtigt, weil er nach der Abwicklung von Banco Popular Dienstleistungen für Banco Santander erbracht habe, die die Integration von Banco Popular oder eine von Banco Santander zu gewährende teilweise Entschädigung bestimmter Gläubiger von Banco Popular betroffen hätten.

138    Der SRB stellte im angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf diese Stellungnahmen fest, dass diese Dienstleistungen keine wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interessen im Sinne von Art. 41 Abs. 2 und 4 der Delegierten Verordnung 2016/1075 mit einer relevanten Partei im Sinne von Art. 41 Abs. 3 der Delegierten Verordnung begründeten.

139    Der SRB vertrat erstens die Ansicht, dass angesichts der Tragweite und des Ziels der Bewertung 3 die Dienstleistungen, die der Bewerter nach dem Zeitpunkt der Abwicklung in Bezug auf ein fortgeführtes Unternehmen erbracht habe, die Bewertung 3 und die in ihr enthaltenen Elemente nicht beeinträchtigen könnten. Zudem könne die Bewertung 3 die Position von Banco Popular oder Banco Santander nicht beeinträchtigen, da sie lediglich darüber entscheide, ob den betroffenen Anteilseignern und Gläubigern eine Entschädigung über den einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF) zu zahlen sei.

140    Zweitens stellte der SRB fest, dass der Bewerter jedenfalls nach der Annahme des Abwicklungskonzepts ergänzende Zusicherungen abgegeben habe, um zu gewährleisten, dass die Dienstleistungen gegenüber Banco Santander nicht zu tatsächlichen oder potenziellen wesentlichen gemeinsamen oder widersprüchlichen Interessen führten. In seiner Erklärung vom 18. Dezember 2019 habe der Bewerter bestätigt, dass keine der gegenüber Banco Santander erbrachten Dienstleistungen mit der Bewertung oder Rechnungslegung für die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zusammenhänge, die Gegenstand der Bewertung 3 seien. Außerdem habe er bestätigt, dass aufgrund der getroffenen Schutzmaßnahmen und seiner Vertraulichkeitsprotokolle kein Informationsaustausch zwischen der Bewertungstätigkeit und den anderen Projekten stattfinde.

141    Insbesondere in Bezug auf die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Integration von Banco Popular habe der Bewerter hinreichend genau dargelegt, dass, auch wenn er Banco Santander Beratungsleistungen erbracht habe, diese nicht in Verbindung mit den Dienstleistungen ständen, die er dem SRB erbracht habe, keine Frage im Zusammenhang mit den Bewertungsdienstleistungen gegenüber dem SRB beträfen und auch keine Bewertungsdienstleistungen oder juristische Dienstleistungen in Verbindung mit Banco Popular beinhalteten.

142    Zu den Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer von Banco Santander an bestimmte Gläubiger von Banco Popular zu zahlenden Entschädigung stellte der SRB im 93. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, der Bewerter habe erklärt, dass diese Dienstleistungen nicht mit juristischen Beratungsleistungen oder Beratungsleistungen zu diesen Forderungen verbunden seien. Insbesondere sei der Bewerter damit beauftragt worden, eine Lösung für eine zentrale Koordinationsstelle zu entwickeln und umzusetzen, um Informationen zur Handhabung außergerichtlicher und gerichtlicher Forderungen zusammenzuführen und das Forderungsmanagement auf diese Weise effizienter und zeitsparender zu gestalten. Genauer gesagt hätten die Aufgaben des Bewerters aus Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Erfassung und Dokumentation administrativer Angaben und der Erstellung regelmäßiger Berichte bestanden. Zudem habe der Bewerter ergänzend darauf hingewiesen, dass er an den Arbeiten im Zusammenhang mit der rechtlichen Verteidigung nicht beteiligt gewesen sei, da Banco Santander für die Handhabung der Forderungen externe Anwaltskanzleien herangezogen habe, und er auch nicht die Höhe der Entschädigungen festgelegt oder berechnet habe, die Banco Santander den Kunden von Banco Popular angeboten habe.

143    Mithin stellte der SRB getreu seiner Verpflichtung während des gesamten Verfahrens zur Abwicklung von Banco Popular sicher, dass der Bewerter die Anforderungen an seine Unabhängigkeit und insbesondere an das Fehlen eines Interessenkonflikts gemäß Art. 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075 erfüllte.

144    Im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens, das zur Vergabe des Einzelvertrags an den Bewerter führte, übermittelte dieser dem SRB am 18. Mai 2017 eine Erklärung, dass kein Interessenkonflikt mit Banco Popular vorliege. Am 23. Mai 2017, dem Tag seiner Bestellung zum Bewerter, legte er außerdem eine Erklärung zu seiner Unabhängigkeit gemäß der Delegierten Verordnung 2016/1075 vor, in der er u. a. darauf hinwies, dass ihm die rechtlichen Anforderungen bekannt seien und, soweit erforderlich, geeignete Vorkehrungen getroffen worden seien, um sicherzustellen, dass weder er selbst noch ein Mitglied des für die Durchführung des Einzelvertrags vorgeschlagenen Teams ein wesentliches Interesse im Sinne von Art. 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075 habe. Er verpflichtete sich, alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass jegliche künftige, anderen Parteien erbrachte Dienstleistungen seine Unabhängigkeit nicht gefährdeten. Außerdem wies er darauf hin, dass etwaige neu hinzukommende Mitglieder seines Teams den Anforderungen an die Unabhängigkeit genügen müssten und der Genehmigung durch den SRB unterlägen.

145    Nach seiner Bestellung zum Bewerter übermittelte er am 21. September 2017 und am 11. April 2019 ergänzende Erklärungen zu seiner Unabhängigkeit infolge der Aufnahme neuer Mitglieder in das mit der Bewertung 3 befasste Team. Darüber hinaus gab er am 18. Dezember 2019 eine Erklärung über das Nichtvorliegen eines Interessenkonflikts ab, in der er bestätigte, dass er am 15. November 2019 aufgrund seiner Systeme und Kontrollen unabhängig für die Zwecke der Bewertung 3 gewesen sei und ihm weder Konflikte mit anderen, von ihm durchgeführten Arbeiten noch individuelle Konflikte bekannt seien.

146    In seiner Erklärung vom 18. Dezember 2019, die er auf Wunsch des SRB und infolge der Stellungnahmen der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger im Anhörungsverfahren abgab, wies der Bewerter auf die Dienstleistungen hin, die er Banco Santander erbracht habe, und er erklärte, dass zwischen den Diensten, die er Banco Santander geleistet habe, und den Dienstleistungen für den SRB im Rahmen der Erstellung der Bewertung 3 oder des erläuternden Dokuments keine Verbindung bestehe. Darüber hinaus gab er an, dass er keine Dienstleistungen in Bezug auf die Bewertung oder Rechnungslegung für die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten erbracht habe, die Gegenstand der Bewertung 3 seien.

147    Die Erklärungen des Bewerters wurden vom SRB in dem oben in Rn. 142 genannten 93. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses übernommen. Der SRB stellte insoweit fest, dass der Bewerter in der Erklärung vom 18. Dezember 2019 zusätzliche Garantien abgegeben habe, um sicherzustellen, dass die Dienstleistungen, die Banco Santander im Zusammenhang mit der Gewährung einer Entschädigung für bestimmte Gläubiger von Banco Popular nach der Abwicklung erbracht worden seien, kein wesentliches tatsächliches oder mögliches gemeinsames oder widersprüchliches Interesse im Sinne von Art. 41 Abs. 2 und Abs. 4 Buchst. a der Delegierten Verordnung 2016/1075 darstellten.

148    Die Klägerin legt nicht dar, inwiefern diese Dienstleistungen das Urteil des Bewerters bei der Durchführung der Bewertung 3 hätten beeinflussen können im Sinne von Art. 41 Abs. 2 der Delegierten Verordnung 2016/1075.

149    Folglich ist das Vorbringen der Klägerin nicht geeignet, die Beurteilung des SRB in Frage zu stellen, wonach die Dienstleistungen des Bewerters gegenüber Banco Santander nicht zu dem Ergebnis führten, dass ein tatsächliches oder potenzielles wesentliches Interesse im Sinne von Art. 41 der Delegierten Verordnung 2016/1075 vorliege, das das Urteil des Bewerters beeinflussen könne oder von dem eine solche Einflussnahme nach vernünftigem Ermessen erwartet werden könne.

150    Als Zweites macht die Klägerin geltend, dass die Verbindungen zwischen dem Bewerter und Banco Santander in den Augen Dritter den Verdacht der Parteilichkeit aufkommen ließen und seiner Einstufung als unabhängiger Bewerter entgegenständen. Unparteilichkeit setze voraus, dass es keine Voreingenommenheit oder Bevorzugungen gebe. Die Bewertung 3 könne sich jedoch negativ auf Banco Santander auswirken, ihrer Position in den Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Abwicklung von Banco Popular schaden oder Entschädigungsforderungen ehemaliger Anteilseigner von Banco Popular ermöglichen.

151    Nach der oben in den Rn. 99 und 100 angeführten Rechtsprechung umfasst das Erfordernis der Unparteilichkeit, angewandt auf den Bewerter, alle Umstände, die in den Augen Dritter vernünftigerweise seine Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten. Für die Feststellung einer Verletzung dieses Erfordernisses müssen die Verbindungen zwischen dem Bewerter und Banco Santander einen Umstand darstellen, der Anlass zu berechtigten Zweifeln im Hinblick auf etwaige Vorurteile geben kann.

152    Somit setzt die Feststellung, dass der SRB den Anschein fehlender Objektivität oder Unparteilichkeit des Bewerters aufgrund seiner Verbindungen zu Banco Santander hätte berücksichtigen müssen, den Nachweis voraus, dass der Bewerter, als er in der Bewertung 3 feststellte, dass die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger in einem regulären Insolvenzverfahren nicht besser behandelt worden wären als im Rahmen der Abwicklung, Banco Santander bevorzugen wollte.

153    Im angefochtenen Beschluss stellte der SRB fest, die Bewertung 3 könne sich angesichts ihres Ziels, das darin bestehe, zu entscheiden, ob die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, nicht auf die Veräußerung von Banco Popular auswirken und die Position von Banco Santander nicht beeinträchtigen. Die Bewertung 3 könne sich nur auf den SRB auswirken, soweit er im Fall einer unterschiedlichen Behandlung über den SRF eine Entschädigung zahlen müsse.

154    Insoweit ist erstens festzustellen, dass der Bewerter in der Bewertung 3 die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular im Rahmen eines hypothetischen Insolvenzverfahrens bewertete und zu dem Ergebnis kam, dass die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger im Fall einer Liquidation von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung kein Geld zurückerhalten hätten. Der SRB verglich das Ergebnis dieser Bewertung mit der Situation, in der sich die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger aufgrund der Abwicklung tatsächlich befanden, und zog daraus den Schluss, dass sie keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung Nr. 806/2014 hätten.

155    Selbst wenn man jedoch annimmt, dass der Bewerter in der Bewertung 3 festgestellt hätte, dass die betroffenen Anteilseigner und Gläubiger im Fall einer Liquidation von Banco Popular besser behandelt worden wären als im Rahmen der Abwicklung, würde die sich daraus möglicherweise ergebende Entschädigung vom SRF gezahlt werden und nicht von Banco Santander.

156    Zweitens ist der Fall, in dem eine Bewertung nach Art. 20 Abs. 16 bis 18 der Verordnung Nr. 806/2014 zu dem Ergebnis kommt, dass die Anteilseigner und Gläubiger eines Unternehmens besser behandelt worden wären als im Rahmen seiner Abwicklung, integraler Bestandteil der Funktionsfähigkeit des Abwicklungsmechanismus im Sinne der Verordnung Nr. 806/2014, da dieser einen Entschädigungsmechanismus auf der Grundlage des in Art. 15 Abs. 1 Buchst. g verankerten Prinzips „keine Schlechterstellung von Gläubigern“ festlegt.

157    Ferner lässt sich aus dem Umstand, dass den betroffenen Anteilseignern und Gläubigern die Erfüllung eines Teils ihrer Ansprüche im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens möglich gewesen wäre, nicht ableiten, dass die Entscheidung zugunsten einer Abwicklung der fraglichen Bank falsch war und das Abwicklungsverfahren weder notwendig noch gerechtfertigt war, da das Ziel einer Abwicklung darin besteht, die Liquidation einer systemrelevanten Bank zu verhindern.

158    Entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat das Ergebnis der Bewertung 3 somit weder auf die Legalität und die Legitimität der Entscheidung, ein Abwicklungsverfahren gegen Banco Popular einzuleiten, noch auf das Ergebnis dieser Abwicklung, d. h. ihren Verkauf an Banco Santander, einen Einfluss.

159    Zudem ist daran zu erinnern, dass mit der Bewertung 2 ein anderes Ziel verfolgt wurde als mit der Bewertung 3, nämlich die Schätzung des Gesamtwerts von Banco Popular für einen etwaigen Erwerber im Rahmen der Verwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung. Folglich kann die in der Bewertung 3 vorgenommene Schätzung des Werts der Vermögenswerte von Banco Popular im Fall eines hypothetischen regulären Insolvenzverfahrens weder die in der Bewertung 2 durchgeführte Bewertung noch den Verkauf von Banco Popular an Banco Santander zum Preis von einem Euro in Frage stellen.

160    Zudem kann nach Art. 85 Abs. 4 letzter Unterabsatz der Richtlinie 2014/59 die etwaige Nichtigerklärung des Abwicklungsbeschlusses nicht zu einer Änderung der Bedingungen für den Verkauf von Banco Popular an Banco Santander führen. Somit kann, unabhängig davon, zu welchem Ergebnis die Bewertung 3 gelangt, der Verkauf von Banco Popular an Banco Santander zum Preis von einem Euro nicht in Frage gestellt werden.

161    Drittens kann entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Bewertung in der Bewertung 3 nicht zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs der betroffenen Anteilseigner und Gläubiger gegenüber Banco Santander führen.

162    Insoweit genügt die Feststellung, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass sowohl die Haftungsklage als auch die Nichtigkeitsklage darauf hinauslaufen, das Kreditinstitut oder die Wertpapierfirma, das bzw. die sich in Abwicklung befindet, oder deren Rechtsnachfolgerin zu verpflichten, die Anteilseigner für die Verluste zu entschädigen, die infolge der Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung durch die Abwicklungsbehörde hinsichtlich der Verbindlichkeiten dieses Instituts oder dieser Firma entstanden sind, oder die bei Zeichnung der Aktien investierten Beträge, die aufgrund dieses Abwicklungsverfahrens herabgeschrieben wurden, vollständig zurückzuzahlen. Solche Maßnahmen würden die gesamte Bewertung in Frage stellen, auf der die Abwicklungsentscheidung beruht, da die Zusammensetzung des Kapitals zu den objektiven Daten dieser Bewertung gehört. Wie der Generalanwalt Richard de la Tour in den Nrn. 82 und 95 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, würden damit das Abwicklungsverfahren selbst und die mit der Richtlinie 2014/59 verfolgten Ziele vereitelt (Urteil vom 5. Mai 2022, Banco Santander [Bankenabwicklung Banco Popular], C‑410/20, EU:C:2022:351, Rn. 43).

163    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Bewerter nicht in der Lage war, Banco Santander zu bevorzugen, da sich die Bewertung 3 unabhängig von ihrem Ergebnis nicht auf die Situation von Banco Santander auswirken konnte. Somit können die Verbindungen zwischen dem Bewerter und Banco Santander keine berechtigten Zweifel in Bezug auf das Vorliegen eines etwaigen Vorurteils aufkommen lassen oder zur fehlenden Objektivität oder Unparteilichkeit des Bewerters führen. Diese Verbindungen sind kein Umstand, der geeignet ist, die Unabhängigkeit des Bewerters für die Vornahme der Bewertung 3 und seine Bestellung durch den SRB zum unabhängigen Bewerter in Frage zu stellen.

164    Daraus folgt, dass der zweite Teil und damit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen sind.

 Zum dritten Klagegrund, mit dem gerügt wird, dass die Bewertung 3 hinsichtlich des finanziellen Zustands von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung auf einer falschen Grundlage basiere

165    In der Klageschrift hat die Klägerin mit dem dritten Klagegrund im Wesentlichen beantragt, dass das Gericht im Wege einer Maßnahme der Beweisaufnahme die Vorlage eines Sachverständigengutachtens der Banco de España vom 8. April 2019 zu Banco Popular durch den Juzgado Central de Instrucción no 4 de la Audiencia Nacional (Zentrales Ermittlungsgericht Nr. 4 des Nationalen Gerichtshofs, Spanien) anordnet.

166    Mit am 2. September 2022 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin gemäß Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts das Sachverständigengutachten als neues Beweisangebot vorgelegt. Die Klägerin hat erklärt, dass sie aus diesem Grund auf ihren Antrag auf Durchführung einer Beweisaufnahme verzichte.

167    In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin geltend gemacht, das Sachverständigengutachten der Banco de España lege die Vermögenssituation von Banco Popular unmittelbar vor der Abwicklung dar und ermögliche die Beurteilung des Potenzials der Bank, ihre Vermögenswerte und Verbindlichkeiten im Rahmen der Fortsetzung ihrer Tätigkeiten zu verwalten. Das Sachverständigengutachten sei von grundlegender Bedeutung, um das Kriterium des fortgeführten Unternehmens anwenden zu können und eine andere Bewertung als die Bewertung 3 unter Zugrundelegung dieses Kriteriums vornehmen zu können.

168    Der SRB und das Königreich Spanien sind der Auffassung, dass das Gutachten nicht relevant sei, da es den Wert von Banco Popular im Dezember 2016 betreffe. Der SRB macht u. a. geltend, das Gutachten betreffe Umstände, die für die Bewertung der Behandlung im Alternativszenario oder für den in der Bewertung 3 vorgenommenen Vergleich nicht relevant seien und im angefochtenen Beschluss nicht beurteilt worden seien.

169    Wie das Königreich Spanien zu Recht vorträgt, wurde das Sachverständigengutachten im Rahmen eines Strafverfahrens zur Verantwortung von Banco Popular und ihrer Geschäftsleitung bei der im Lauf des Geschäftsjahrs 2016 erfolgten Kapitalerhöhung verfasst, der Informationen zur Buchführung und zum Jahresabschluss der Bank zugrunde lagen, die den Investoren durch Emissionsprospekte mitgeteilt wurden und nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage der Bank entsprachen.

170    Die wichtigsten Feststellungen des Sachverständigengutachtens der Banco de España lassen sich wie folgt zusammenfassen: Erstens waren drei Zwischenfälle im Verlauf des zweiten Quartals 2017, in denen es zu Einlagenabflüssen kam, ursächlich für die Abwicklung von Banco Popular, zweitens war der Jahresabschluss, der im Kapitalerhöhungsprospekt von 2016 enthalten war, mit einigen Rechnungslegungsgrundsätzen nicht vereinbar, insbesondere die Klassifizierung refinanzierter Transaktionen als zweifelhaft, und drittens waren einige Annahmen zu optimistisch, die für die Schätzungen im Prospekt verwendet wurden.

171    Die Klägerin macht in der Klageschrift geltend, dem Sachverständigengutachten der Banco de España sei zu entnehmen, dass die Verluste der Investoren nicht darauf zurückzuführen gewesen seien, dass das Vermögen von Banco Popular nicht ausgereicht habe, um die Verluste zu absorbieren, sondern darauf, dass es Banco Popular nicht möglich gewesen sei, der erhöhten Zahl von Auszahlungsanfragen nachzukommen. In dem Gutachten werde festgestellt, dass Banco Popular dem Jahresabschluss 2016 zufolge über einen positiven Nettovermögenswert von 11,088 Mrd. Euro verfügt habe und Gewinne erzielt habe, die Abwicklung von Banco Popular einem durch Einlagenabflüsse verursachten Problem geschuldet gewesen sei, ein besonders hoher Einlagenabfluss am 23. Mai 2017 nach einem Interview der Vorsitzenden des SRB auf dem Fernsehkanal Bloomberg stattgefunden habe, Banco Popular am 5. Juni 2017 eine Notfallliquiditätshilfe in Höhe von 9,5 Mrd. Euro von der Banco de España erhalten habe und der Verwaltungsrat von Banco Popular die EZB mit Schreiben vom 6. Juni 2017 ersucht habe, die Bank für ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu erklären, jedoch auch darauf hingewiesen habe, dass die Suche nach einer privaten Lösung fortgesetzt werden müsse. Dem Gutachten sei zu entnehmen, dass Banco Popular zwar ein erhebliches Liquiditätsproblem gehabt habe, ihre Eigenmittel vor der Abwicklung jedoch im positiven Bereich geblieben seien, sogar unter Berücksichtigung der noch vorzunehmenden buchhalterischen Anpassungen und trotz der möglichen Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Solvabilitätskoeffizienten.

172    Insoweit genügt die Feststellung, dass die in der Bewertung 3 vorgenommene Beurteilung des Unterschieds der Behandlung darin bestand, die tatsächliche Behandlung der Anteilseigner und Gläubiger im Rahmen der Abwicklung von Banco Popular mit der Behandlung zu vergleichen, die sie erhalten hätten, wenn für das Unternehmen zu dem Zeitpunkt, als das Abwicklungskonzept angenommen wurde, ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre. Das Sachverständigengutachten der Banco de España betrifft jedoch Ereignisse, die vor der Abwicklung von Banco Popular stattfanden, nämlich die Kapitalerhöhung 2016 und die Einlagenabflüsse im ersten Quartal 2017, die für die Durchführung der Bewertung 3 nicht relevant waren.

173    Zudem legt die Klägerin nicht dar, wo die Ereignisse, die im Sachverständigengutachten der Banco de España analysiert wurden und die Situation von Banco Popular vor der Abwicklung betrafen, hätten berücksichtigt werden sollen, ob in der Bewertung 3 oder im angefochtenen Beschluss. Ebenso wenig hat sie aufgezeigt, welches der in der Klageschrift oder der Erwiderung enthaltenen Argumente durch das Sachverständigengutachten gestützt werden soll.

174    Die Klägerin hat die Vorlage dieses Gutachtens beantragt, um ihre eigene Bewertung vornehmen zu können. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, das Gutachten sei notwendig, um eine Bewertung von Banco Popular als fortgeführtes Unternehmen durchführen zu können.

175    Insoweit genügt die Feststellung, dass die Prüfung des zweiten Klagegrundes ergeben hat, dass die Bewertung 3 ein Liquidationsszenario berücksichtigen musste. Folglich wäre die Bewertung, die die Klägerin auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens der Banco de España durchführen möchte, jedenfalls nicht relevant und nicht geeignet, das Vorliegen eines offensichtlichen Fehlers in der Bewertung 3 nachzuweisen.

176    Somit ist das neue Beweisangebot, das die Klägerin am 2. September 2022 vorlegte, d. h. das Sachverständigengutachten der Banco de España, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht relevant, ohne dass geprüft werden muss, ob die Klägerin die verspätete Vorlage des Beweisangebots gerechtfertigt hat.

177    Was die Argumente der Klägerin in der Klageschrift betrifft, beschränkt sich die Klägerin, abgesehen vom Antrag auf Vorlage des Sachverständigengutachtens der Banco de España, auf das Vorbringen, angesichts des Umstands, dass die Abwicklung von Banco Popular wegen fehlender Liquidität und nicht wegen eines Ungleichgewichts hinsichtlich der Vermögenslage beschlossen worden sei, sei es frappierend, dass sich die Bewertung 3 nicht auf den Börsenwert von Banco Popular zum Zeitpunkt der Abwicklung beziehe, der einen Schwellenwert für die Bewertung jedes börsennotierten Unternehmens darstelle. Zum Zeitpunkt der Abwicklung habe der Börsenwert von Banco Popular bei 1,33 Mrd. Euro gelegen, mit einem letzten Schlusskurs der Aktie von 0,317 Euro.

178    Hierzu genügt der Hinweis, dass die Klägerin nicht darlegt, welchen Sinn die Berücksichtigung des Börsenwerts von Banco Popular für die Feststellung der Behandlung der Anteilseigner und Gläubiger in einem regulären Insolvenzverfahren bei der Bewertung auf der Grundlage eines Liquidationsszenarios haben soll. Nach Art. 4 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2018/344 ist die Methode für die Durchführung dieser Bewertung auf die Feststellung des abgezinsten Betrags der erwarteten Zahlungsströme in einem regulären Insolvenzverfahren beschränkt.

179    Das Vorbringen ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

180    Folglich ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen und die Klage somit insgesamt abzuweisen.

 Kosten

181    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag des SRB ihre eigenen Kosten und die Kosten des SRB aufzuerlegen.

182    Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Das Königreich Spanien trägt daher seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Frau Laura Molina Fernández trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB).

3.      Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten.

van der Woude

De Baere

Steinfatt

Kecsmár

 

      Kingston

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. November 2023.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Spanisch.