Language of document : ECLI:EU:T:2018:180

URTEIL DES GERICHTS (Sechste Kammer)

11. April 2018(*)

„Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Zur EUPM in Bosnien und Herzegowina abgeordneter nationaler Bediensteter – Versetzungsbeschluss – Zuständigkeit des Leiters der EUPM, über die Versetzung eines abgeordneten nationalen Bediensteten zu entscheiden – Begründungspflicht – Ermessensmissbrauch – Offensichtlicher Beurteilungsfehler – Mobbing“

In der Rechtssache T‑271/10 RENV

H, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin M. Velardo,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch A. Vitro und F. Naert als Bevollmächtigte,

Beklagter,

betreffend einen Antrag nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 7. April 2010, der vom Personalleiter der Polizeimission der Europäischen Union (EUPM) in Bosnien und Herzegowina unterzeichnet wurde und mit dem die Klägerin auf die Stelle eines Criminal Justice Adviser – Prosecutor im Regionalbüro von Banja Luka (Bosnien und Herzegowina) versetzt wurde, und auf Nichtigerklärung des Beschlusses vom 30. April 2010, der vom Leiter der EUPM im Sinne von Art. 6 des Beschlusses 2009/906/GASP des Rates vom 8. Dezember 2009 über die EUPM in Bosnien und Herzegowina (ABl. 2009, L 322, S. 22) unterzeichnet wurde und mit dem der Beschluss vom 7. April 2010 bestätigt wurde, und betreffend einen Antrag nach Art. 268 AEUV auf Ersatz des Schadens, der der Klägerin entstanden sein soll,

erlässt

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie des Richters S. Papasavvas und der Richterin O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin),

Kanzler: C. Heeren, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2017

folgendes

Urteil(1)

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Mit der Gemeinsamen Aktion 2002/210/GASP des Rates vom 11. März 2002 über die Polizeimission der Europäischen Union (ABl. 2002, L 70, S. 1) wurde die Polizeimission der Europäischen Union (EUPM) eingerichtet, um die Folgemission zur Mission der Internationalen Polizeieinsatztruppe der Vereinten Nationen in Bosnien und Herzegowina sicherzustellen.

2        Die EUPM begann am 1. Januar 2003, wurde mehrere Male verlängert, u. a. durch den Beschluss 2009/906/GASP des Rates vom 8. Dezember 2009 über die EUPM in Bosnien und Herzegowina (ABl. 2009, L 322, S. 22), und endete am 30. Juni 2012.

3        Die Klägerin H ist eine italienische Richterin, die durch Dekret des italienischen Justizministers vom 16. Oktober 2008 zur EUPM in Sarajewo (Bosnien und Herzegowina) abgeordnet wurde, um dort ab dem 14. November 2008 die Aufgaben eines Criminal Justice Unit Adviser wahrzunehmen.

4        Durch Dekrete des italienischen Justizministers vom 7. April 2009 und vom 9. Dezember 2009 wurde die Abordnung der Klägerin zur Wahrnehmung der Aufgaben eines Chief of Legal Officer bis zum 31. Dezember 2009 und schließlich bis zum 31. Dezember 2010 verlängert.

[nicht wiedergegeben]

6        Mit vom Personalleiter der EUPM unterzeichnetem Beschluss vom 7. April 2010 wurde die Klägerin aus „operativen Gründen“ ab dem 19. April 2010 auf die Stelle eines Criminal Justice Adviser – Prosecutor im Regionalbüro Banja Luka (Bosnien und Herzegowina) versetzt (im Folgenden: Beschluss vom 7. April 2010).

[nicht wiedergegeben]

8        Mit Beschluss vom 30. April 2010, den der Leiter der EUPM im Sinne von Art. 6 des Beschlusses 2009/906 unterzeichnet hatte, bestätigte dieser den Beschluss vom 7. April 2010. Dabei stellte er klar, dass er selbst den Beschluss vom 7. April 2010 gefasst habe, und dass der operative Grund für die Versetzung der Klägerin darin liege, dass im Büro Banja Luka dringender Bedarf an strafrechtlicher Beratung bestehe (im Folgenden: Beschluss vom 30. April 2010).

[nicht wiedergegeben]

II.    Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof vor der Zurückverweisung

10      Mit am 16. Juni 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob die Klägerin die vorliegende Klage, die gegen den Rat der Europäischen Union, die Europäische Kommission und die EUPM und auf Nichtigerklärung der Beschlüsse vom 7. und vom 30. April 2010 (im Folgenden zusammen: angefochtene Beschlüsse) gerichtet war.

[nicht wiedergegeben]

12      Mit Beschluss vom 10. Juli 2014, H/Rat u. a. (T‑271/10, nicht veröffentlicht, im Folgenden: ursprünglicher Beschluss, EU:T:2014:702), wies das Gericht die Klage als unzulässig ab, da es der Ansicht war, dass es für die Entscheidung über die Klage nicht zuständig sei.

[nicht wiedergegeben]

14      Mit Urteil vom 19. Juli 2016, H/Rat und Kommission (C‑455/14 P, im Folgenden: Rechtsmittelurteil, EU:C:2016:569), hob der Gerichtshof den ursprünglichen Beschluss auf, wies die Klage als unzulässig ab, soweit sie gegen die Kommission und die EUPM gerichtet war, verwies die Rechtssache zur Entscheidung über die Begründetheit der Klage, soweit diese gegen den Rat gerichtet war, an das Gericht zurück und behielt die Kostenentscheidung vor.

15      Der Gerichtshof hat in den Rn. 58 und 59 des Rechtsmittelurteils im Wesentlichen entschieden, dass die angefochtenen Beschlüsse, soweit damit die Versetzung der Klägerin innerhalb der EUPM in Bosnien und Herzegowina angeordnet wurde, Rechtsakte der Personalverwaltung sind, die die Umverteilung der Mitglieder der Mission im Einsatzgebiet bezweckten. Er ist davon ausgegangen, dass diese Beschlüsse, obgleich sie im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) erlassen wurden, weder Rechtsakte nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV noch Rechtsakte nach Art. 275 Abs. 1 AEUV darstellen. Er war der Auffassung, dass die Beschlüsse folglich in die Zuständigkeit des Unionsrichters fallen und sich diese Zuständigkeit, was die Überwachung der Rechtmäßigkeit dieser Rechtsakte betrifft, aus Art. 263 AEUV und, was Streitsachen im Bereich der außervertraglichen Haftung betrifft, aus Art. 268 AEUV in Verbindung mit Art. 340 Abs. 2 AEUV unter Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 1 EUV und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergibt.

[nicht wiedergegeben]

V.      Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

B.      Zum Antrag auf Nichtigerklärung

[nicht wiedergegeben]

2.      Zur Begründetheit

[nicht wiedergegeben]

a)      Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Bestimmungen des Beschlusses 2009/906

[nicht wiedergegeben]

1)      Zum ersten Teil: Unzuständigkeit des Leiters der EUPM für den Erlass von Beschlüssen über die Versetzung des Personals

[nicht wiedergegeben]

46      Als Erstes ist einleitend festzustellen, dass der Beschluss 2009/906 keine speziellen Bestimmungen zur Zuständigkeit für die Versetzung des Personals der EUPM enthält.

47      Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass der Beschluss 2009/906 weder die Ausdrücke „Operative Kontrolle“, „strategische Ebene“ oder „Einsatzgebiet“ noch die Begriffe „Anordnungsbefugnis“ oder „Kontrollbefugnis“ definiert, obgleich er sie verwendet.

48      Aus der Systematik des Beschlusses 2009/906 geht insoweit nur hervor, dass der Leiter der EUPM als für diese EUPM Verantwortlicher „im Einsatzgebiet“ die „Anordnungsbefugnis“ und die „Kontrollbefugnis“ u. a. über das Personal, die Teams und die Einheiten „der beitragenden Staaten“ ausübte, die ihm vom Zivilen Operationskommandeur „zugewiesen“ worden waren. Außerdem nahm der Leiter der EUPM die Koordinierung und die laufenden Geschäfte der EUPM in Bosnien und Herzegowina wahr, indem er „dem gesamten“ Personal Weisungen zur wirksamen Durchführung der Mission in diesem Einsatzgebiet erteilte (vgl. in diesem Sinne Rechtsmittelurteil, Rn. 52).

49      Um zu bestimmen, wer zur Versetzung des Personals der EUPM berechtigt war, ist daher nicht nur der Wortlaut des Beschlusses 2009/906 zu berücksichtigen, sondern auch sein Zusammenhang und die Ziele, die mit der Regelung, zu der er gehört, verfolgt werden.

50      Hinsichtlich des Zusammenhangs ist unstreitig, dass die EUPM, die durch die Gemeinsame Aktion 2002/210 eingerichtet wurde, die erste zivile Mission der Union war, die im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), nunmehr Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), als Mission ohne Exekutivbefugnisse organisiert wurde, deren Planungs- und Führungsmodell militärische Einsätze waren.

51      Aus der Gemeinsamen Aktion 2002/210 geht hervor, dass die Tätigkeiten der EUPM erst am 1. Januar 2003 beginnen sollten. Der Rat hatte daher vorgesehen, dass spätestens am 1. April 2002 ein Planungsteam entsendet werden sollte, und dass der Leiter dieses Teams ab dem 1. Januar 2003 Leiter der EUPM werden sollte. In der Zwischenzeit sollte er dem Generalsekretariat des Rates dabei helfen, das Einsatzkonzept (CONOPS) der Mission zu erarbeiten. Im Anschluss daran sollte das Planungsteam den Einsatzplan (OPLAN) aufstellen und alle für die Entsendung der EUPM notwendigen technischen Instrumente entwickeln. Anschließend erließ der Rat das CONOPS und den OPLAN, um der Mission einen Tätigkeitsbeginn zum vorgesehenen Zeitpunkt zu ermöglichen.

52      Aus der Gemeinsamen Aktion 2002/210 geht ferner hervor, dass die EUPM für die Dauer ihres ersten Mandats, d. h. von 2003 bis 2005, aus einem Hauptquartier in Sarajewo bestand, von dem aus u. a. der Leiter der EUPM und eine variable Zahl von Verbindungsbeamten arbeiteten, die mit anderen internationalen Organisationen an Ort und Stelle zusammenarbeiten sollten. Bei der Polizei von Bosnien und Herzegowina waren ferner „auf der mittleren und höheren Ebene“ Beobachterteams eingesetzt worden. Neben den von den Mitgliedstaaten der Union abgeordneten Polizeikräften konnte die EUPM auf Vertragsbasis internationales Zivilpersonal und örtliches Personal einstellen. Die Mitgliedstaaten und die Organe der Union konnten durch die Abordnung internationalen Zivilpersonals ebenfalls an der Mission teilnehmen.

53      Anschließend setzte die EUPM ihre Mission mit regelmäßig abgeändertem Mandat und Umfang fort.

54      Die EUPM wurde 2009 gemäß den Art. 28 und 43 Abs. 2 EUV als im Rahmen der zur GASP gehörenden GSVP verabschiedete und durchgeführte operative Maßnahme der Union neu definiert, deren Zweck, wie sich aus Art. 2 Abs. 1 des Beschlusses 2009/906 ergibt, im Wesentlichen darin bestand, die Strafverfolgungsbehörden Bosniens und Herzegowinas bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität und Korruption zu unterstützen.

55      Gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 2 des Beschlusses 2009/906 billigte der Rat den neuen OPLAN der EUPM, der zu einem späteren Zeitpunkt gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 2 des Beschlusses in Verbindung mit Art. 38 Abs. 3 EUV durch das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) aktualisiert und abgeändert wurde.

56      Im Rahmen ihres neuen Mandats sollte sich die EUPM u. a. auf die gesamtstaatlichen Strafverfolgungsbehörden, auf eine Verbesserung der Interaktion zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft und auf die regionale und internationale Zusammenarbeit konzentrieren. Darüber hinaus war die Struktur der Mission abgeändert worden, indem in Bosnien und Herzegowina neben dem Hauptquartier und den zu den Strafverfolgungsbehörden entsendeten Einheiten vier Regionalbüros in Sarajewo, Banja Luka, Mostar und Tuzla hinzugefügt wurden.

57      Die Zuständigkeit des Leiters der EUPM für die Versetzung der Klägerin vom Hauptquartier in Sarajewo in das Regionalbüro in Banja Luka ist in Anbetracht dieses allgemeinen Zusammenhangs zu beurteilen, in den sich der Beschluss des Missionsleiters einfügt.

58      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV „[f]ür die [GASP] … besondere Bestimmungen und Verfahren [gelten, und dass s]ie … vom Europäischen Rat und vom Rat einstimmig festgelegt und durchgeführt [wird]“.

59      Als Erstes ist in dieser Hinsicht unstreitig, dass zur Zeit der Schaffung der EUPM weder der Zivile Planungs- und Durchführungsstab (CPCC) als zuständige Einheit für die Planung, Entsendung, Durchführung und Auswertung von zivilen Krisenbewältigungsoperationen im Rahmen der GSVP noch sein Ziviler Operationskommandeur im institutionellen Gefüge der Union vorgesehen waren.

60      Am 18. Juni 2007 billigte der Rat die Leitlinien für die Anordnungs- und Kontrollstruktur ziviler Krisenbewältigungsoperationen der Europäischen Union (im Folgenden: Leitlinien für die Anordnungs- und Kontrollstruktur), in denen insbesondere vorgesehen war, dass ein Ziviler Operationskommandeur bei der Planung und Durchführung aller zivilen Krisenbewältigungsoperationen unter der politischen Kontrolle und strategischen Leitung des PSK und unter der Gesamtverantwortung des Hohen Vertreters (HV) die Anordnungs- und Kontrollbefugnis auf strategischer Ebene ausüben sollte, und dass der Direktor des im Ratssekretariat eingerichteten CPCC bei allen zivilen Krisenbewältigungsoperationen als Ziviler Operationskommandeur fungieren sollte.

61      Der Direktor des CPCC ist somit der Kommandeur für alle zivilen Operationen und wird im Einsatzgebiet von dem Leiter der EUPM unterstützt, der alle klassischen Kontroll- und Anordnungsbefugnisse über das ihm unterstehende Personal innehat. Die Befehlskette ist mit der des PSK vereinheitlicht, wobei Letzteres unter der Aufsicht des Rates die strategische Leitung und die politische Kontrolle der Operation sicherstellt.

62      In diesem Zusammenhang wurde der Direktor des CPCC gemäß Art. 5 der Gemeinsamen Aktion 2007/749/GASP des Rates vom 19. November 2007 über die EUPM in Bosnien und Herzegowina (ABl. 2007, L 303, S. 40), mit der die EUPM ab dem 1. Januar 2008 fortgesetzt wurde, zum Zivilen Operationskommandeur für die EUPM ernannt.

63      Aus Art. 5 Abs. 1 und 4 der Gemeinsamen Aktion 2007/749 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 und 4 des Beschlusses 2009/906 geht hervor, dass die nationalen Behörden dem Zivilen Operationskommandeur für die EUPM die „Einsatzkontrolle“ über das Personal, die Teams und die Einheiten, die ihren Beitrag darstellten, übertrugen.

64      Des Weiteren ergibt sich aus den Art. 5 und 6 des Beschlusses 2009/906, dass der Zivile Operationskommandeur bei der EUPM die Anordnungs- und Kontrollbefugnis „auf der strategischen Ebene“ ausübte, während der Leiter der EUPM sie im „Einsatzgebiet“ ausübte.

65      Als Zweites ist ebenfalls unstreitig, dass im Fall von nach Art. 43 EUV durchgeführten klassischen Missionen und Operationen im Rahmen der GSVP die Planung und Durchführung nach den Verfahren zur Krisenbewältigung beim Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) ausgeführt werden. Nach diesen Verfahren obliegt es u. a. dem EAD, die Planungsunterlagen wie das CONOPS und den OPLAN auszuarbeiten und die Bedingungen für die Umsetzung und die Verantwortung über die Kräfteaufstellung festzulegen. Daraufhin obliegt es dem Rat, sie zu billigen.

66      Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der Beschluss 2009/906, soweit er keine ausdrücklichen Bestimmungen zum Verantwortlichen für die interne Versetzung des Personals der EUPM enthält, durch den OPLAN und durch die Leitlinien für die Anordnungs- und Kontrollstruktur ergänzt wird.

67      Gemäß Ziff. 5.3 Abs. 2 des OPLAN von 2009, den der Rat auf eine prozessleitende Maßnahme hin in einer teilweise freigegebenen Fassung zur Verfügung gestellt hat, hat „der Missionsleiter … die letzte Verantwortung für die Ernennung und die allgemeine Verantwortung für die Zuweisung des Personals“. In Ziff. 5.3 Abs. 3 des OPLAN von 2009 sind die Kriterien für die Besetzung der Stellen bei der EUPM genannt. Darunter findet sich auch der Bedarf der Mission. Ebenso ergibt sich die Zuständigkeit des Leiters der EUPM für die Zuweisung seines Personals auch aus Anhang M („Personalverwaltung“) des OPLAN, der die Einstellungsvoraussetzungen und die Zuständigkeiten des Missionsleiters in dieser Hinsicht aufzählt und angibt, dass „der Missionsleiter … die Letztentscheidungsbefugnis für die Ernennung und die allgemeine Verantwortung für die Zuweisung des Personals inne[hat], und zwar sowohl international als auch lokal“. Schließlich erläutert Anhang D („Allgemeine Arbeitsabläufe“) des OPLAN in Ziff. 2 Abs. 3, die die Zuweisung betrifft, dass „Zuweisungs- oder Versetzungsbeschlüsse in der Mission … in die Verantwortung des Missionsleiters [fallen]“.

68      Des Weiteren war die Operative Kontrolle (OPCON) nach Ziff. 6 Abs. 1 Buchst. c der Leitlinien für die Anordnungs- und Kontrollstruktur definiert als „die einem Verantwortlichen der GSVP für die zugewiesenen Personen, Teams und Einheiten übertragene Aufsicht, um konkrete Missionen oder Aufgaben, die für gewöhnlich inhaltlich, zeitlich oder örtlich beschränkt sind, zu erfüllen; um sie einzusetzen und um die operative Kontrolle oder die taktische Anordnungsbefugnis oder die für notwendig erachtete Kontrollbefugnis zu wahren oder zu übertragen“.

69      Daraus folgt, dass die vom Missionsleiter im „Einsatzgebiet“ ausgeübte operative Kontrolle notwendigerweise erfordert, dass dieser unverzüglich Entscheidungen treffen kann, einschließlich über die Versetzung des Personals, und dass das von den Mitgliedstaaten abgeordnete Personal diesen Entscheidungen zur Erfüllung der Mission Folge zu leisten hat.

70      In Anbetracht der oben in den Rn. 64 und 67 bis 69 genannten Bestimmungen ist davon auszugehen, dass dem Zivilen Operationskommandeur, der unter der politischen Kontrolle und strategischen Leitung des PSK und unter der Gesamtverantwortung des HV auf strategischer Ebene die Anordnungs- und Kontrollbefugnis bei der Planung und Durchführung aller im Rahmen der GSVP ausgeführten zivilen Missionen ausübt und der der Generalbefehlshaber aller Leiter ziviler Missionen ist, nach Art. 6 Abs. 2 des Beschlusses 2009/906 die Zuständigkeit zukommt, das Personal jeder zivilen Mission der Union zuzuweisen. Innerhalb jeder Mission fallen die Zuweisung und Versetzung des Personals hingegen in die alleinige Zuständigkeit des Leiters der EUPM.

[nicht wiedergegeben]

2)      Zum zweiten Teil: fehlende Rücksprache mit dem Herkunftsmitgliedstaat vor dem Erlass des Versetzungsbeschlusses

[nicht wiedergegeben]

75      Was als Erstes das Argument der Klägerin angeht, der Leiter der EUPM habe einen Verfahrensfehler begangen, indem er den Versetzungsbeschluss erlassen habe, ohne Rücksprache mit ihrem Herkunftsmitgliedstaat zu halten, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerin keine Bestimmung nennt, nach der eine solche Rücksprache notwendig gewesen wäre.

76      Ferner ist festzustellen, dass weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck des Beschlusses 2009/906 und des OPLAN den Leiter der EUPM verpflichten, vor dem Erlass eines Beschlusses über die Versetzung des von den Mitgliedstaaten abgeordneten Personals mit der Herkunftsbehörde Rücksprache zu halten.

77      In dieser Hinsicht ist hervorzuheben, dass die EUPM nach Art. 7 Abs. 2 und 3 des Beschlusses 2009/906 über Personal verfügt, das entweder auf Vertragsbasis eingestellt wird oder von einem Unionsorgan oder einem Mitgliedstaat abgeordnet wird. Was insbesondere das von den Mitgliedstaaten abgeordnete Personal angeht, ergibt sich aus Art. 5 Abs. 4 Satz 2 des Beschlusses 2009/906 und aus Ziff. 5.2 des OPLAN, dass die nationalen Behörden die operative Kontrolle über ihr Personal, ihre Teams und ihre Einheiten auf den Zivilen Operationskommandeur übertragen haben, und aus Art. 6 Abs. 2 des Beschlusses ergibt sich, dass diese operative Kontrolle im „Einsatzgebiet“ vom Missionsleiter ausgeübt wurde.

78      Wie oben in Rn. 69 ausgeführt, geht aus Ziff. 6 Abs. 1 Buchst. c der Leitlinien für die Anordnungs- und Kontrollstruktur hervor, dass die operative Kontrolle notwendigerweise erfordert, dass der Missionsleiter unverzüglich Entscheidungen treffen kann, einschließlich über die Versetzung des Personals, und dass das von den Mitgliedstaaten abgeordnete Personal diesen Entscheidungen zur Erfüllung der Mission Folge zu leisten hat. Diese operative Ausgestaltung ist daher mit einer vorgelagerten Rücksprache mit der Herkunftsbehörde, wie sie die Klägerin geltend macht, nicht vereinbar.

79      Im Übrigen war die Klägerin gemäß den Bestimmungen über die Missionen der GSVP um ihre ausdrückliche Zustimmung dazu gebeten worden, der Mission auf einer anderen Stelle zu dienen als der, auf die sie sich beworben hatte, und folglich enthielt der von ihr am 10. November 2008 ausgefüllte und unterzeichnete Bewerbungsbogen für die Stelle, von der aus sie versetzt wurde, diese Zustimmung. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ergibt sich aus dem Bewerbungsbogen weder, dass ihre Zustimmung lediglich auf andere im Hauptquartier in Sarajewo ausgeübte Tätigkeiten beschränkt war, noch, dass die Zustimmung andere Bereiche der EUPM ausschloss.

80      Aus den Bestimmungen des Beschlusses 2009/906 geht hervor, dass die von den Mitgliedstaaten abgeordneten Bediensteten und die von den Organen der Union abgeordneten Bediensteten denselben Regeln unterlagen, was die Wahrnehmung ihrer Aufgaben im „Einsatzgebiet“ anging (vgl. in diesem Sinne Rechtsmittelurteil, Rn. 50).

81      Somit kann nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Ungleichbehandlung zwischen dem von den Mitgliedstaaten abgeordneten Personal und dem von den Organen der Union abgeordneten Personal hinsichtlich des Verfahrens zur Versetzung im „Einsatzgebiet“ mit den von der EUPM durchgeführten Krisenbewältigungsoperationen vereinbar wäre.

82      Was als Zweites das Argument angeht, die Klägerin habe in Anwendung einer in der italienischen Verfassung enthaltenen ausdrücklichen Bestimmung zur garantierten Unparteilichkeit von Richtern bei der Ausübung ihres Amtes nicht versetzt werden können, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerin nicht angibt, auf welche Bestimmung der italienischen Verfassung sie dieses Argument stützt. Angenommen, die Klägerin bezieht sich auf die in Art. 107 der italienischen Verfassung garantierte Unabsetzbarkeit von Richtern, nach der ein Richter nicht ohne sein Einverständnis bzw. ohne die Befolgung eines besonderen Verfahrens versetzt werden kann, so ist festzustellen, dass diese Garantie im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen kann.

83      Erstens sollte die Klägerin bei der EUPM nämlich nicht ihr Amt als Staatsanwältin ausüben, sondern das Amt einer Rechtsberaterin, für das ihre Berufserfahrung als Staatsanwältin als erheblich erachtet worden war. Im Übrigen behielt die Klägerin die Rechtsstellung einer Richterin nach nationalem Recht nur gegenüber den nationalen Behörden. Während ihrer Abordnung zur EUPM war ihre Rechtsstellung nicht die einer Richterin, sondern die einer abgeordneten nationalen Bediensteten.

84      Zweitens hat die Klägerin, als sie sich auf eine Stelle in einer internationalen Einrichtung bewarb, deren Organisation und Geschäftsordnung nicht der alleinigen Kontrolle ihres Herkunftsstaats unterstehen, stillschweigend zugestimmt, die Sondervorschriften dieser Einrichtung zu befolgen.

85      Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes und somit der Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

[nicht wiedergegeben]

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Sechste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      H trägt die Kosten.

Berardis

Papasavvas

Spineanu-Matei

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. April 2018.

Unterschriften


Inhaltsverzeichnis


I. Vorgeschichte des Rechtsstreits

II. Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof vor der Zurückverweisung

V. Rechtliche Würdigung

B. Zum Antrag auf Nichtigerklärung

2. Zur Begründetheit

a) Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Bestimmungen des Beschlusses 2009/906

1) Zum ersten Teil: Unzuständigkeit des Leiters der EUPM für den Erlass von Beschlüssen über die Versetzung des Personals

2) Zum zweiten Teil: fehlende Rücksprache mit dem Herkunftsmitgliedstaat vor dem Erlass des Versetzungsbeschlusses


*      Verfahrenssprache: Englisch.


1      Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.