Language of document : ECLI:EU:C:2020:355

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GIOVANNI PITRUZZELLA

vom 7. Mai 2020(1)

Rechtssache C132/19 P

Groupe Canal +

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartell – Fernsehen – Territoriale Ausschließlichkeit – Verordnung Nr. 1/2003 – Art. 9 – Beschluss, mit dem Verpflichtungen für bindend erklärt werden – Ermessensmissbrauch – Vorläufige Beurteilung – Rechtlicher und wirtschaftlicher Kontext – Verhältnismäßigkeit – Verpflichtung der Kommission, Erwägungen zur Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV zu berücksichtigen – Vertragliche Ansprüche Dritter – Schutz“






I.      Einleitung

1.        Das heutige Verfahren betrifft das Rechtsmittel gegen einen Beschluss der Kommission, mit dem die Verpflichtungen für rechtsverbindlich erklärt wurden, die ein audiovisuelle Inhalte produzierendes internationales Unternehmen eingegangen ist, um die von der Kommission in einem Ermittlungsverfahren dargelegten Wettbewerbsbedenken auszuräumen.

2.        Diese Bedenken hatten ein angebliches vertikales Kartell zum Gegenstand, das die Abschottung der nationalen Märkte im Binnenmarkt mittels Vertragsklauseln bezweckte, die dem internationalen Unternehmen und einem Broadcaster auf dem Markt des Vereinigten Königreichs und Irlands eine Lizenz mit absoluter territorialer Ausschließlichkeit sicherten.

3.        Der Beschluss der Kommission, die vorgeschlagenen Verpflichtungszusagen zu akzeptieren und für bindend zu erklären, wurde von einem französischen Broadcaster angefochten, der als nicht am Verfahren Beteiligter erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen dieses Verfahrens mitwirkte. Ihm wurde von dem internationalen Unternehmen zusammen mit den genannten Verpflichtungen mitgeteilt, dass nicht mehr beabsichtigt werde, die Einhaltung der Vertragsklauseln, die ihm eine absolute territoriale Ausschließlichkeit auf dem französischen Markt verliehen, zu verlangen.

4.        Unter den verschiedenen geltend gemachten Rechtsmittelgründen geht es im dritten und im vierten Rechtsmittelgrund um folgende drei wesentliche Rechtsfragen, auf die ich auf Ersuchen des Gerichtshofs meine Schlussanträge konzentrieren werde: 1. die Frage, ob es erforderlich ist, die Verhaltensweise, die den Gegenstand der Wettbewerbsbedenken bildet, im rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext zu betrachten; 2. die Frage, ob die Kommission beim Erlass eines Beschlusses nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 Erwägungen zur Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV berücksichtigen muss; 3. die Frage, ob die Kommission bei der Verbindlicherklärung der von dem Unternehmen vorgeschlagenen Verpflichtungszusagen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt, und zwar hinsichtlich der Wirkungen, die ein nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassener Beschluss gegenüber Dritten hat, insbesondere wenn die von ihr für bindend erklärten Verpflichtungszusagen des Unternehmens, an das der Beschluss gerichtet ist, in der einseitigen Erklärung bestehen, dass es keine Klauseln einer Vereinbarung zwischen ihm und einem anderen Unternehmen mehr einhalten werde, das, da gegen es keine Untersuchung geführt wurde, weder vorgeschlagen hat, diese Verpflichtungszusagen anzubieten, noch dies mitgetragen hat.

II.    Rechtlicher Rahmen

5.        Der 13. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags [(nunmehr Art. 101 und 102)] niedergelegten Wettbewerbsregeln(2) hat folgenden Wortlaut:

„Bieten Unternehmen im Rahmen eines Verfahrens, das auf eine Verbotsentscheidung gerichtet ist, der Kommission an, Verpflichtungen einzugehen, die geeignet sind, die Bedenken der Kommission auszuräumen, so sollte die Kommission diese Verpflichtungszusagen durch Entscheidung für die Unternehmen bindend erklären können. Ohne die Frage zu beantworten, ob eine Zuwiderhandlung vorgelegen hat oder noch vorliegt, sollte in solchen Entscheidungen festgestellt werden, dass für ein Tätigwerden der Kommission kein Anlass mehr besteht. Entscheidungen bezüglich Verpflichtungszusagen lassen die Befugnisse der Wettbewerbsbehörden und der Gerichte der Mitgliedstaaten, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung festzustellen und über den Fall zu entscheiden, unberührt …“

6.        Der 22. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 lautet:

„In einem System paralleler Zuständigkeiten müssen im Interesse der Rechtssicherheit und der einheitlichen Anwendung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft einander widersprechende Entscheidungen vermieden werden. Die Wirkungen von Entscheidungen und Verfahren der Kommission auf Gerichte und Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten müssen daher im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt werden. Von der Kommission angenommene Entscheidungen bezüglich Verpflichtungszusagen berühren nicht die Befugnis der Gerichte und der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten, die Artikel 81 und 82 des Vertrags anzuwenden.“

7.        Außerdem bestimmt Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003:

„(1)      Beabsichtigt die Kommission, eine Entscheidung zur Abstellung einer Zuwiderhandlung zu erlassen, und bieten die beteiligten Unternehmen an, Verpflichtungen einzugehen, die geeignet sind, die ihnen von der Kommission nach ihrer vorläufigen Beurteilung mitgeteilten Bedenken auszuräumen, so kann die Kommission diese Verpflichtungszusagen im Wege einer Entscheidung für bindend für die Unternehmen erklären. Die Entscheidung kann befristet sein und muss besagen, dass für ein Tätigwerden der Kommission kein Anlass mehr besteht.

…“

III. Sachverhalt, Verfahren und angefochtenes Urteil

A.      Hintergrund des Rechtsstreits

8.        Am 13. Januar 2014 leitete die Kommission eine Untersuchung zu möglichen Beschränkungen in Bezug auf die Bereitstellung von Pay-TV-Diensten im Rahmen von Lizenzvereinbarungen zwischen sechs US-amerikanischen Filmproduktionsstudios und den wichtigsten Pay-TV-Sendern der Europäischen Union ein.

9.        Im Rahmen dieser Untersuchung richtete die Kommission am 23. Juli 2015 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Paramount Pictures International Ltd mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich) und die Viacom Inc. mit Sitz in New York (Vereinigte Staaten), die Muttergesellschaft von Paramount Pictures International (im Folgenden zusammen: Paramount).

10.      In dieser Mitteilung erläuterte die Kommission ihr vorläufiges Ergebnis in Bezug auf die Unvereinbarkeit bestimmter Klauseln, die in Lizenzvereinbarungen enthalten waren, die Paramount mit der Sky UK Ltd und der Sky plc (im Folgenden zusammen: Sky) geschlossen hatte, mit Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).

11.      Im Einzelnen lag der Schwerpunkt der Untersuchung der Kommission auf zwei verbundenen Klauseln, die in den Lizenzvereinbarungen mit Sky enthalten waren.

12.      Das Ziel der ersten Klausel war es, Sky zu untersagen bzw. diese in ihren Möglichkeiten einzuschränken, unaufgeforderten Anfragen nach Pay-TV-Diensten von Verbrauchern nachzukommen, die zwar im EWR, aber außerhalb des Vereinigten Königreichs und Irlands ihren Wohnsitz haben. Mit der zweiten Klausel wurde hingegen Paramount verpflichtet, im Rahmen ihrer Vereinbarungen mit Fernsehsendern, die ihren Sitz innerhalb des EWR, aber außerhalb des Vereinigten Königreichs haben, Letzteren zu untersagen bzw. sie in ihren Möglichkeiten einzuschränken, unaufgeforderten Anfragen nach Pay-TV-Diensten von Verbrauchern nachzukommen, die ihren Wohnsitz im Vereinigten Königreich oder Irland haben.

13.      Mit Beschluss vom 24. November 2015 wurde Groupe Canal + (im Folgenden: GCP) als interessierte Dritte im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004(3) zur Teilnahme am Verfahren zugelassen.

14.      Mit Schreiben vom 4. Dezember 2015 („Informationen zu Art und Gegenstand des Verfahrens gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 773/2004“) teilte die Kommission u. a. GCP ihre rechtliche Würdigung in Bezug auf die Anwendung von Art. 101 AEUV auf den vorliegenden Sachverhalt sowie ihr damit verbundenes vorläufiges Ergebnis mit. Der vorläufigen Beurteilung zufolge beabsichtigte die Kommission den Erlass eines an Sky und jedes der von der Kommission untersuchten Studios gerichteten Beschlusses, um festzustellen, dass sie gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens verstoßen hätten, ihnen Geldbußen aufzuerlegen und anzuordnen, die Zuwiderhandlung zu beenden und keine Maßnahmen zu ergreifen, die einen vergleichbaren Zweck oder eine vergleichbare Wirkung haben könnten.

15.      Nach der Eröffnung des Verfahrens und den vorläufigen Beurteilungen der Kommission bot Paramount am 15. April 2016 im Einklang mit Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 der Letzteren an, Verpflichtungen einzugehen, um die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission auszuräumen.

16.      Nachdem die Kommission die Stellungnahmen anderer interessierter Dritter, darunter von GCP, erhalten hatte, erließ sie den vor dem Gericht angefochtenen Beschluss (im Folgenden: angefochtener Beschluss)(4), der in Art. 1 bestimmt, dass die Verpflichtungszusagen im Anhang für Paramount und ihre Rechtsnachfolger und Tochterunternehmen für einen Zeitraum von fünf Jahren ab der Übermittlung des angefochtenen Beschlusses rechtsverbindlich sind.

17.      Insbesondere sind in Klausel 1 Abs. 9 des Anhangs des angefochtenen Beschlusses verschiedene Arten von Klauseln aufgeführt, die Gegenstand des Verfahrens sind (im Folgenden: einschlägige Klauseln), und die die Satellitenübertragung von audiovisuellen Inhalten oder ihre Übertragung per Internet betreffen.

18.      Was zum einen die Satellitenübertragung betrifft, sind die folgenden Klauseln genannt: erstens die Klausel, wonach der Empfang außerhalb des der Lizenzvereinbarung unterliegenden Gebiets (overspill) keine Vertragsverletzung seitens des Fernsehsenders darstellt, wenn dieser den Empfang nicht in Kenntnis des Sachverhalts genehmigt hat, und zweitens die Klausel, wonach der Empfang in dem der Lizenzvereinbarung unterliegenden Gebiet keine Vertragsverletzung seitens Paramount darstellt, wenn Paramount die Bereitstellung von Decodern, die von Dritten stammen, in diesem Gebiet nicht genehmigt hat.

19.      Was zum anderen die Übertragung per Internet betrifft, sind die folgenden Bestimmungen genannt: erstens die Klausel, wonach Fernsehsender verpflichtet sind, das Herunterladen oder Streaming von TV-Programminhalten außerhalb des der Lizenzvereinbarung unterliegenden Gebiets zu verhindern, zweitens die Klausel, wonach die Visualisierung per Internet (Internet overspill) in dem der Lizenzvereinbarung unterliegenden Gebiet keine Vertragsverletzung seitens Paramount darstellt, wenn Paramount die Fernsehsender verpflichtet hat, Technologien zu verwenden, die diese Visualisierung verhindern, und drittens die Klausel, wonach die Visualisierung von TV-Programminhalten per Internet außerhalb des der Lizenzvereinbarung unterliegenden Gebiets keine Vertragsverletzung seitens des Fernsehsenders darstellt, wenn er Technologien verwendet, die diese Visualisierung verhindern.

20.      Zudem geht aus Klausel 1 Abs. 3 des Anhangs des angefochtenen Beschlusses hervor, dass sich der Begriff „Sender-Verpflichtungen“ auf die Klauseln bezieht, die einem Fernsehsender untersagen, unaufgeforderten Anfragen von Verbrauchern nachzukommen, die zwar im EWR, aber außerhalb des Gebiets, für das der Fernsehsender ein Senderecht hat, ihren Wohnsitz haben, oder auf vergleichbare Klauseln. Außerdem bezeichnet der Begriff „Paramount-Verpflichtungen“ die Klauseln, die Paramount verpflichten, Fernsehsendern mit Sitz im EWR, aber außerhalb der Gebiete, für die ein Fernsehsender ausschließliche Rechte besitzt, zu untersagen, unaufgeforderten Anfragen von Verbrauchern nachzukommen, die ihren Wohnsitz in diesen Gebieten haben, oder vergleichbare Klauseln.

21.      Gemäß Klausel 2 des Anhangs des angefochtenen Beschlusses ist Paramount ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses an mehrere Verpflichtungszusagen gebunden. Erstens wird Paramount keine einschlägigen Klauseln im Rahmen von Lizenzvereinbarungen, wie sie im Anhang beschrieben sind, vertraglich vereinbaren, erneuern oder ihre Anwendung verlängern (Nr. 2.1). Zweitens wird Paramount in Bezug auf bestehende Pay-TV-Output-Lizenzvereinbarungen (existing Pay-TV Output Licence Agreements) keine Klagen erheben, um die Einhaltung der Sender-Verpflichtungen zu erreichen (Nr. 2.2 Buchst. a). In Bezug auf diese Pay-TV-Output-Lizenzvereinbarungen wird Paramount die „Paramount-Verpflichtungen“ weder direkt noch indirekt erfüllen oder durchsetzen (Nr. 2.2 Buchst. b). Paramount wird außerdem Sky innerhalb von zehn Tagen ab Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses und jedem anderen Fernsehsender mit Sitz im EWR innerhalb von einem Monat ab Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses mitteilen, dass sie keine Klagen erheben wird, um die Einhaltung der einschlägigen Klauseln durch die Fernsehsender zu erreichen (Nr. 2.3).

22.      GCP hatte mit Paramount eine Pay-TV-Output-Lizenzvereinbarung (Pay Television Agreement) geschlossen, die am 1. Januar 2014 in Kraft trat (im Folgenden: Vereinbarung vom 1. Januar 2014). Nach Art. 12 der Vereinbarung besteht das von der Vereinbarung erfasste Gebiet aus „exklusiven“ Gebieten, zu denen u. a. Frankreich zählt, und einem „nicht-exklusiven“ Gebiet, zu dem Mauritius zählt. Art. 3 der Vereinbarung vom 1. Januar 2014 sieht u. a. vor, dass Paramount von Übertragungsrechten in exklusiven Gebieten weder selbst Gebrauch machen wird noch einen Dritten zu einem solchen Gebrauch autorisieren wird. In Anhang A.IV der Vereinbarung sind die Verpflichtungen der Rechtsmittelführerin in Bezug auf die Verwendung von Geofiltern zur Verhinderung einer Übertragung außerhalb der von der Lizenz erfassten Gebiete festgelegt.

23.      Mit Schreiben vom 25. August 2016 teilte Paramount der Rechtsmittelführerin die in Nr. 2.2 Buchst. a des Anhangs des angefochtenen Beschlusses genannte Selbstverpflichtung mit und wies darauf hin, dass Paramount keine Klagen erheben werde, um die Einhaltung der einschlägigen Klauseln durch die Fernsehsender durchzusetzen, und dass Paramount die Fernsehsender von jeglicher Verpflichtung in Bezug auf die einschlägigen Klauseln befreie. Paramount wies in diesem Schreiben außerdem darauf hin, dass der Begriff „Sender-Verpflichtung“ die gleiche Bedeutung habe wie im Anhang des angefochtenen Beschlusses. Auf diese Benachrichtigung antwortete die Rechtsmittelführerin mit Schreiben vom 14. Oktober 2016, ihr könnten keine Verpflichtungen entgegengehalten werden, die im Rahmen eines Verfahrens eingegangen worden seien, das nur zwischen der Kommission und Paramount stattgefunden habe.

B.      Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

24.      Mit Klageschrift, die am 8. Dezember 2016 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob GCP Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses nach Art. 263 AEUV.

25.      Außerdem wurde mit Beschluss vom 13. Juli 2017, Groupe Canal +/Kommission(5), das Bureau européen des unions de consommateurs (im Folgenden: BEUC) als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen. Die Union des producteurs de cinéma (UPC), die European Film Agency Directors (im Folgenden: EFADs) und C More Entertainment AB sind mit dem gleichen Beschluss als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge von GCP zugelassen worden. Darüber hinaus hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts mit Beschluss vom 13. Juli 2017 die Französische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von GCP zugelassen.

26.      GCP stützte ihre Klage auf vier Klagegründe: i) Der erste betraf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich der Vereinbarkeit der einschlägigen Klauseln mit Art. 101 AEUV; ii) der zweite betraf einen Verstoß gegen Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 in Bezug auf die Feststellung der Bedenken, denen die auferlegten Verpflichtungen Rechnung trügen; iii) der dritte einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; iv) der vierte einen Ermessensmissbrauch.

27.      Mit Urteil des Gerichts Groupe Canal +/Kommission, vom 12. Dezember 2018(6) (im Folgenden: angefochtenes Urteil), wies das Gericht die Klage von GCP ab.

C.      Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

28.      Mit am 15. Februar 2019 eingegangenem Rechtsmittel hat GCP ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs auf Aufhebung des angefochtenen Urteils eingelegt.

29.      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt GCP, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht darin die Klage auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses abgewiesen hat und soweit sie zur Tragung der Kosten verurteilt wurde; den Beschluss der Kommission, der Gegenstand des Rechtsmittels ist, für nichtig zu erklären; der Kommission sämtliche Kosten aufzuerlegen.

30.      Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel von GCP zurückzuweisen und GCP die Kosten aufzuerlegen.

31.      Die Französische Republik, die dem Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von GCP beigetreten ist, beantragt, das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben und alle erforderlichen Folgen zu ziehen.

32.      UPC, die als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von GCP beigetreten ist, beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht darin die Klage von GCP auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses abgewiesen hat und soweit diese zur Tragung der Kosten verurteilt wurde, sowie den angefochtenen Beschluss der Kommission für nichtig zu erklären und der Kommission die Kosten von UPC aufzuerlegen.

33.      EFADs, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von GCP, beantragt, die Klage für begründet zu erklären, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht darin die Klage von GCP auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses abgewiesen hat und soweit diese zur Tragung der Kosten verurteilt wurde, sowie den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären und jedenfalls der Kommission die Kosten von EFADs aufzuerlegen.

34.      Das BEUC, das zur Unterstützung der Anträge der Kommission beigetreten ist, beantragt, das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen und GCP sämtliche Kosten des BEUC aufzuerlegen.

IV.    Prüfung des Rechtsmittels

35.      GCP trägt vier Rechtsmittelgründe vor: 1) Der erste Rechtsmittelgrund betrifft einen Rechtsfehler des Gerichts bei der Feststellung, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss keinen Ermessensmissbrauch begangen habe. 2) Der zweite Rechtsmittelgrund betrifft einen Verstoß des Gerichts gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens. 3) Der dritte Rechtsmittelgrund betrifft einen Rechtsfehler des Gerichts bezüglich einer fehlenden Begründung und einer unvollständigen Prüfung des Sachverhalts. 4) Der vierte Rechtsmittelgrund betrifft die fehlerhafte Auslegung von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 und von Rn. 128 der Bekanntmachung der Kommission über bewährte Vorgehensweisen in Verfahren nach Artikel 101 und 102 des AEUV(7) (im Folgenden: bewährte Vorgehensweisen).

36.      Wie vom Gerichtshof erbeten, werde ich meine Untersuchung auf den dritten Rechtsmittelgrund (insbesondere auf den ersten Teil, der die Frage aufwirft, ob die Kommission beim Erlass eines Beschlusses im Sinne von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 Erwägungen betreffend die Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV zu berücksichtigen hat) und auf den vierten Rechtsmittelgrund konzentrieren.

A.      Zum dritten Rechtsmittelgrund, mit dem die Rechtsmittelführerin geltend macht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, der in einer fehlenden Begründung und einer unvollständigen Prüfung des Sachverhalts bestehe

1.      Vorbringen der Parteien

37.      Erstens macht GCP, unterstützt durch EFADs und die Französische Republik, geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es festgestellt habe (Rn. 39 des angefochtenen Urteils), die Kontrolle der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses könne sich nur auf die folgenden drei Fragen beziehen: a) ob die in ihm dargelegten Umstände wettbewerbsrechtliche Bedenken begründeten; b) ob, falls dies bejaht werde, die für bindend erklärten Verpflichtungen die Bedenken ausräumten; c) ob Paramount keine weniger belastenden Verpflichtungszusagen als die akzeptierten angeboten habe, die diesen wettbewerbsrechtlichen Bedenken in angemessener Weise gerecht würden.

38.      Zweitens habe das Gericht zu Unrecht festgestellt (Rn. 62 bis 66 des angefochtenen Urteils), dass die Frage, ob das Verhalten, das die fraglichen Bedenken hervorgerufen habe, die kumulativen Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV erfülle, angesichts der Natur einer Entscheidung wie dem angefochtenen Beschluss fehl am Platz sei.

39.      Die angeführten Parteien stützen ihre Ansicht auf das Urteil vom 11. September 2014, CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 53), aus dem sich ergebe, dass bei der Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung zwischen Unternehmen eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lasse, um als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 101 AEUV aufgefasst zu werden, der rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhang, in dem sie stehe, genau zu untersuchen sei, wobei die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen sowie die auf den betreffenden Märkten bestehenden tatsächlichen Bedingungen und die Struktur dieser Märkte zu berücksichtigen seien. Es wäre daher Sache des Gerichts gewesen, zu bestimmen, ob die geltend gemachten Beweise sämtliche Daten, die zur Beurteilung einer komplexen Situation erforderlich gewesen seien, darstellten.

40.      Daraus ergebe sich, dass das Gericht, indem es nicht auf den Klagegrund eingegangen sei, wonach die Kommission nicht die französischen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der beanstandeten Klauseln berücksichtigt habe, seine Begründungspflicht verletzt habe.

41.      Die Französische Republik ergänzt zum Punkt der fehlenden Begründung, dass das Gericht die wettbewerbsrechtlichen Bedenken nicht klar definiert habe, die den Erlass eines Beschlusses im Sinne von Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 rechtfertigen könnten, da es nicht untersucht habe, ob die einschlägigen Klauseln hinreichten, um auf den ersten Blick als eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung angesehen zu werden. Insoweit sei es nicht ausreichend, allgemein auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Gebietsbeschränkungen der Satellitenübertragung Bezug zu nehmen. Außerdem sei das Ziel des Schutzes der kulturellen Vielfalt vom rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang, in dem die einschlägigen Klauseln stünden, untrennbar und könne nicht auf die Prüfung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV beschränkt werden.

42.      Nach Ansicht von GCP ist das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen, den rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang der einschlägigen Klauseln zu berücksichtigen, und habe lediglich festgestellt (Rn. 40 bis 42 des angefochtenen Urteils), dass die einschlägigen Klauseln, die zu einer absoluten territorialen Ausschließlichkeit führten, angesichts ihres Inhalts, ihrer Ziele und ihres rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts dazu dienten, jeglichen grenzüberschreitenden Wettbewerb auszuschließen, und dass das ausreichend sei, um die Bedenken der Kommission zu rechtfertigen.

43.      Insoweit ergänzt UPC, das Gericht habe die Besonderheiten des Urheberrechts nicht berücksichtigt. Es habe nämlich den Umstand außer Acht gelassen, dass die Annahme von Anfragen für passive Verkäufe außerhalb des von einer Lizenz umfassten Gebiets einen Verstoß darstelle. Außerdem habe es keinen Sinn, im Urheberrecht zwischen einem ausschließlichen Recht zur Genehmigung mit „relativem“ Umfang und einem ausschließlichen Recht zur Genehmigung mit „absolutem“ Umfang zu unterscheiden, da es rechtlich unmöglich sei und den internationalen, unionsrechtlichen und nationalen Urheberrechtsbestimmungen widerspreche, zum einen das Recht der Begünstigten, die Transaktionen mit einem Anbieter für ein bestimmtes Gebiet zu genehmigen, anzuerkennen und sie zum anderen daran zu hindern, die Bedingungen der diesem Anbieter eingeräumten Genehmigung durchzusetzen.

44.      EFADs bringt vor, das Gericht habe den Umstand außer Acht gelassen, dass die Abschaffung der Geoblocking-Maßnahmen zu einer Situation führe, in der die beiden Vertragsparteien nicht in die Verträge aufnehmen könnten, was ihnen vom Urheberrecht gewährleistet werde: Die passiven Verkäufe blieben verboten, auch ohne diese Klauseln, da der Lizenznehmer nicht die erforderlichen Rechte zur Verbreitung von Werken außerhalb des der Lizenz unterliegenden Gebiets habe.

45.      Die Französische Republik weist darauf hin, dass das Urheberrecht nicht nur das Recht auf die Vergütung sicherstellen solle, sondern auch das Recht der Urheber, die Bedingungen der Nutzung ihrer Werke festzulegen sowie die geistige Schöpfung und die kulturelle Vielfalt zu fördern.

46.      UPC macht geltend, das Gericht habe den Umstand nicht berücksichtigt, dass in Frankreich spezifische Regeln festgelegt worden seien, die sich auf das Unionsrecht gründeten, was die Fernsehsender, die Verteiler, die Plattformen der Übertragung und die Medien anbelange, und dass diese Regeln zwangsläufig territoriale Beschränkungen implizierten. Es handele sich insbesondere um Verpflichtungen zur Investition in die lokale Produktion und Übertragung, die das Ziel der Vielfalt in der Produktion, der Verbreitung von europäischen Werken und von französischen Originalsprachfassungen verfolgten. Das Gericht habe außerdem den Umstand nicht berücksichtigt, dass es für geistige Inhalte, die über das Internet zur Verfügung gestellt würden, keinen Unterschied zwischen einem „aktiven“ Verkauf und einem „passiven“ Verkauf gebe. Da die Internetseiten für die Endnutzer leicht zugänglich seien, gebe es eine völlige zeitliche Übereinstimmung zwischen der von einem Verbraucher gestellten Anfrage und der Lieferung des verlangten Inhalts.

47.      Zum Urteil vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631), bringen GCP sowie UPC und die Französische Republik vor, dass aus diesem abgeleitet werden könne, dass die Berücksichtigung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts solcher Klauseln zum Ausschluss des Bestehens einer Wettbewerbsbeschränkung oder zum Erfordernis einer Analyse der Wirkungen der Vereinbarung führen könne (Rn. 140). Das Gericht habe daher einen Rechtsfehler begangen, indem es sich vorwiegend auf das angeführte Urteil Premier League gestützt habe, das nicht den Filmsektor betreffe (Rn. 43 bis 50 des angefochtenen Urteils), und nicht den spezifischen rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext des Filmsektors geprüft habe, dessen Relevanz hingegen vom Gerichtshof im Urteil vom 6. Oktober 1982, Coditel u. a. (262/81, EU:C:1982:334, Rn. 15 und 16, im Folgenden: Coditel II), festgestellt worden sei. In diesem stelle der Gerichtshof nämlich fest, dass die Merkmale, die die Filmindustrie in Europa kennzeichneten (insbesondere diejenigen betreffend die Synchronisation und das Untertiteln für verschiedensprachige Zuschauergruppen, die Sendemöglichkeiten im Fernsehen und das Finanzierungssystem), erkennen ließen, dass eine ausschließliche Vorführungslizenz als solche nicht geeignet sei, den Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen.

48.      EFADs sowie UPC und die Französische Republik weisen darauf hin, dass die Finanzierung eines unabhängigen europäischen audiovisuellen Werks, anders als bei amerikanischen Werken, die aus Eigenmitteln der Studios finanziert würden, großteils aus dem Verkauf ausschließlicher Rechte, für jedes Hoheitsgebiet, an internationale Verkaufsagenten, Verteiler und Fernsehsender stamme, die sich im Austausch gegen ausschließliche Verwertungsrechte verpflichteten, zur Vorfinanzierung des Werks beizutragen. Diese Marktteilnehmer gewährten auf der Grundlage einer Einschätzung der Erfolgsmöglichkeiten der zukünftigen Arbeiten in ihrem Gebiet vor der Produktion des Werks eine Finanzierung und garantierten ein Mindestpotenzial an Zusehern. Die soeben genannte Methode der Vorfinanzierung sei wesentlich, um die erforderlichen Mittel für die Produktion von Inhalten hoher Qualität zu erlangen oder um Einnahmen zu erzielen, die es erlaubten, in neue Produktionen zu investieren. Die Pay-TV-Sender und Online-Sender würden jedoch einen Film nur im Austausch gegen ein absolutes Ausschließlichkeitsrecht für die Verwertung dieses Films in einigen Hoheitsgebieten des EWR kofinanzieren. In einem Markt mit hohem Risiko habe die Verwendung der territorialen Ausschließlichkeit die Funktion, die Unsicherheit zu verringern und das Investitionsrisiko abzumildern. Die Finanzierung eines Films unterscheide sich daher von der eines Sportereignisses wie derjenigen, die Gegenstand des Urteils Football Association Premier League seien; die Verwendung von ausschließlichen territorialen Lizenzen für die Übertragung von Sportereignissen ziele darauf ab, die Gewinne zu maximieren, und nicht einfach darauf, angemessene Finanzierungen zu erlangen. EFADs ergänzt, das Gericht habe den Umstand außer Acht gelassen, dass die Abschaffung der Klauseln, die die passiven Verkäufe und folglich die Maßnahmen des Geoblockings verböten, zu einer Situation führe, in der die zwei Vertragsparteien in ihre Verträge nicht aufnehmen könnten, was ihnen vom Urheberrecht jedoch garantiert werde. Die passiven Verkäufe blieben nämlich auch bei Fehlen solcher Klauseln verboten, da der Lizenznehmer nicht über die erforderlichen Rechte verfüge, die Werke außerhalb des Hoheitsgebiets zu verbreiten, das Gegenstand der Lizenz sei. UPC vertritt sodann die Auffassung, dass das Fehlen einer vertraglichen Garantie über die Einhaltung der territorialen Ausschließlichkeit praktisch einer fehlenden Ausschließlichkeit der Lizenz gleichzusetzen sei. Die Ausschließlichkeit einer Lizenz, der vertragliche Garantien fehlten, die ihre Einhaltung gewährleisteten, werde nämlich nicht mehr als solche bewertet und auch nicht als solche abgegolten. Die Verhandlung zwischen dem Rechteinhaber und dem Fernsehsender gründe sich nämlich auf die ihm eingeräumte territoriale Ausschließlichkeit und auf die Garantie der Nichtübertragung durch einen Wettbewerber im Lizenzgebiet für die Dauer der Ausschließlichkeit.

49.      GCP bringt außerdem vor, dass das Gericht gegen die Begründungspflicht verstoßen habe, da es nicht dargelegt habe, warum die von der Kommission festgestellten Wettbewerbsbedenken unbeschadet der dargelegten Erwägungen zum oben angeführten Urteil Coditel II begründet seien.

50.      Zweitens vertreten GCP sowie EFADs die Auffassung, dass das Gericht bei seiner Erwägung (Rn. 57 und 69 des angefochtenen Urteils), dass eine mögliche Verringerung der Einnahmen der Gruppe von Kunden in Frankreich durch die Tatsache ausgeglichen werden könne, dass es der Gruppe selbst freistehe, sich an Kunden im gesamten EWR zu wenden, die Besonderheiten des Sektors nicht berücksichtigt habe und nicht alle relevanten Tatsachen geprüft habe. Das Gericht habe insbesondere die Oxera-Studie(8) nicht berücksichtigt, aus der sich ergebe, dass die territorialen Ausschließlichkeiten für die Finanzierung des europäischen Kinos aufgrund der verschiedenen kulturellen Empfindlichkeiten in der Union erforderlich seien, dass sich der Wert dieser Filme von einem Mitgliedstaat zum anderen oder von einem Sprachgebiet zum anderen unterscheide und dass die Produktion europäischer Filme und daher die kulturelle Vielfalt auf europäischer Ebene vorwiegend von den Fernsehsendern auf der Grundlage des Systems des absoluten Gebietsschutzes finanziert werde. Der Einnahmenausfall könne daher durch den Entfall der absoluten Ausschließlichkeit nicht ausgeglichen werden, da die Verbraucher in Frankreich hauptsächlich Abonnements bei den Marktteilnehmern wählten, die vorwiegend englischsprachige Inhalte übertrügen.

51.      EFADs ergänzt, dass die Kosten einer Mehrgebietslizenz viel höher und daher praktisch unerschwinglich seien. Die Kosten der Werbung neuer Abonnenten außerhalb des herkömmlichen Gebiets des Verteilers oder des Fernsehsenders bringe eine drastische Verringerung der Wahlfreiheit des Senders in Bezug auf die Produktion mit sich. Die Fernsehsender würden nämlich ermutigt, sich auf Produktionen mit dem größtmöglichen Sendepotenzial zu konzentrieren, d. h. auf Produktionen des Typs „breite Öffentlichkeit“, vorzugsweise auf Englisch. Die einschlägigen Klauseln seien daher ein wesentliches Element in der Förderung der von der Union angestrebten europäischen kulturellen Vielfalt. Die Französische Republik ergänzt, dass das Ziel des Schutzes dieser Vielfalt nicht vom rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang, in dem die einschlägigen Klauseln stünden, getrennt werden könne und sich nicht auf die Prüfung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV beschränken könne. EFADs vertritt überdies die Auffassung, dass GCP in Frankreich der Verpflichtung unterliege, europäische Werke zu produzieren. Gegenüber der Konkurrenz wesentlicher englischsprachiger Marktteilnehmer und gegenüber Inhalten, die sich an die breite Öffentlichkeit wendeten, könnten ihre Einnahmen und die Zahl ihrer Abonnenten sinken, so dass es ihr nicht ermöglicht werde, Lizenzen für die Verwertung in verschiedenen europäischen Ländern zu erwerben. Die geringen Einnahmen aus den passiven Verkäufen des europäischen Repertoires könnten in keiner Weise den Einnahmenverlust und die Abonnenten der lokalen Fernsehsender ausgleichen. Die fehlende Ausschließlichkeit begünstige diejenigen Plattformen, die bereits weltweit Abonnenten hätten, zum Nachteil der europäischen Marktteilnehmer, deren Fähigkeit, neue Kunden zu suchen, begrenzter sei. UPC weist darauf hin, dass dies eine Verstärkung der Verhandlungsmacht der internationalen Produktionsgruppen gegenüber den unabhängigen französischen Produzenten sowie eine Konzentration des Angebots in den Händen der mächtigsten Fernsehsender bewirke. Außerdem betreffe im Fall der passiven Verkäufe von Pay-TV-Kanälen die Verhandlung über die Urheberrechtsvergütung nicht ein einziges Werk, sondern eine Vielzahl von Werken, was weitere Komplikationen bewirke. Andere Komplikationen entstünden aus der Anwendung der Mehrwertsteuer, deren Steuersätze von einem Mitgliedstaat zum anderen unterschiedlich seien. Die Französische Republik ergänzt, dass eine angemessene Vergütung des Urheberrechts nicht in einem vernünftigen Zusammenhang mit der tatsächlichen oder potenziellen Zahl von Personen stehe, die die erbrachte Dienstleistung in Anspruch nähmen oder in Anspruch nehmen wollten, sondern auch die Kosten der Anpassung der Distribution der Werke an die spezifischen Anforderungen jedes nationalen Marktes beinhalte. Ferner könnte die für den Empfang von audiovisuellen Werken erforderliche Technologie nachgemacht werden und gestatte daher nicht, das tatsächliche und potenzielle Publikum zu bestimmen, indem die Kaufnachfrage nach Ursprungsland unterteilt werde. Jedenfalls erlaubten die geografischen Grenzen, die den GCP gewährten Lizenzen innewohnten, ihr nicht, sich frei an Kunden in allen Mitgliedstaaten zu wenden.

52.      Somit ist laut GCP die Begründung des Gerichts zum Klagegrund betreffend die kulturelle Vielfalt und zum Erfordernis, Werke in der Sprache des Verbrauchers zu vermarkten, unzureichend.

53.      Die Kommission, unterstützt durch BEUC, vertritt erstens die Auffassung, dass aus den Informationen, die in den Rn. 49 bis 58 und 118 des angefochtenen Urteils dargelegt seien, hervorgehe, dass das Gericht den rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext, in den sich die einschlägigen Klauseln einfügten, im Einzelnen geprüft und entschieden habe, dass dieser Kontext nicht die Feststellung gestatte, dass diese Klauseln nicht geeignet seien, den Wettbewerb zu beschränken. Das Gericht sei daher auf das Vorbringen von GCP eingegangen.

54.      Außerdem ergibt sich nach Auffassung der Kommission aus dem oben angeführten Urteil Premier League (Rn. 140), dass der Grundsatz, wonach davon auszugehen sei, dass eine Vereinbarung zur Abschottung der nationalen Märkte innerhalb der nationalen Grenzen eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecke, im Sektor der grenzüberschreitenden Erbringung von Rundfunkdiensten voll anwendbar sei. Für den Filmsektor gelte daher keine Sonderregelung.

55.      Zum oben angeführten Urteil Coditel II beschränkt sich die Kommission auf das Vorbringen, dass eine Vereinbarung, die einem einzelnen Lizenznehmer das ausschließliche Recht einräume, ein Werk aus einem Mitgliedstaat zu übertragen und daher seine Verbreitung durch andere während eines bestimmten Zeitraums zu verbieten, als solche keinen wettbewerbswidrigen Zweck habe. Wenn im Gegenteil eine Vereinbarung dieser Art weitere Verpflichtungen enthalte, die die Einhaltung der territorialen Grenzen für die Verwertung der Lizenz gewährleisten sollten, hätten diese Verpflichtungen grundsätzlich den Zweck, den Wettbewerb zu beschränken. Außerdem habe das oben angeführte Urteil Coditel II einen Kontext betroffen, in dem die Verleihfirmen eine Verbreitung eines Werks an die Öffentlichkeit vorgenommen hätten, ohne die erforderlichen Rechte in dem Mitgliedstaat zu haben, aus der diese Verbreitung gestammt hätte, und ohne eine Entschädigung gezahlt zu haben. Dieser Kontext sei anders als der der vorliegenden Rechtssache, da Sky, nach den von der Kommission für bindend erklärten Verpflichtungszusagen, ihren Rundfunkdienst über Satellit an die Verbraucher im EWR, aber außerhalb des Vereinigten Königreichs und Irlands, erbringen könnte, unter Einhaltung der geltenden regulatorischen Bestimmungen, mit den erforderlichen Rechten für die beteiligten Gebiete und unter Zahlung einer angemessenen Vergütung, die die tatsächlichen und potenziellen Zuseher in den anderen Mitgliedstaaten berücksichtige.

56.      Überdies habe das Gericht zwischen dem Kontext des Urteils Coditel II und dem des Urteils Football Association Premier League unterschieden und sich zu Recht in der vorliegenden Rechtssache auf das Letztere bezogen.

57.      Zweitens vertritt die Kommission die Auffassung, dass sich das Gericht bei seiner Entscheidung nicht auf den Inhalt der Oxera-Studie habe gründen müssen, da andere Methoden bestünden, um eine angemessene Vergütung des Urheberrechts zu gewährleisten, als eine Abschottung der nationalen Märkte, wie die Berücksichtigung der tatsächlichen Zuseher und der potenziellen Zuseher sowohl im Sendemitgliedstaat als auch in jedem anderen Mitgliedstaat, die auf der Grundlage des Besitzes eines Decoders oder der IP-Adresse des Computers festgestellt würden, oder der Möglichkeit, die Vergütung neu zu verhandeln, wenn der Wert des lizenzierten Inhalts durch erhebliche unaufgeforderte Anfragen durch Verbraucher außerhalb des Sendemitgliedstaats beeinflusst werde. Außerdem enthalte die Oxera-Studie keine spezifische Analyse, wie sich die Folgen der Verpflichtungszusagen auf die kulturelle Vielfalt auswirkten.

58.      Drittens weist die Kommission darauf hin, dass das Vorbringen von GCP betreffend die Folgen der Verpflichtungszusagen auf die kulturelle Vielfalt auf der Annahme beruhe, dass der angefochtene Beschluss die Zuseher dazu bringen werde, hauptsächlich Abonnements bei den Marktteilnehmern zu wählen, die vorwiegend englischsprachige Inhalte übertrügen. Viele Zuseher könnten jedoch aus sprachlichen und kulturellen Gründen beschließen, keine Rundfunkdienste der außerhalb des eigenen Mitgliedstaats niedergelassenen Fernsehsender zu wählen. Das BEUC ergänzt, dass nur 20 % der französischen Bevölkerung das erforderliche Kompetenzniveau hätten, um einem audiovisuellen Werk in einer Fremdsprache ohne Untertitel zu folgen und es zu verstehen. Nach Ansicht der Kommission und des BEUC hat das Gericht zu Recht festgestellt (Rn. 57 und 69 des angefochtenen Urteils), dass der angefochtene Beschluss eher zum Ziel beitrage, die kulturelle Vielfalt zu fördern, als es zu beeinträchtigen, da die eingegangenen Verpflichtungen neue Möglichkeiten für die Verbraucher eröffneten, Zugang zu den Inhalten von Paramount zu erhalten.

59.      Das BEUC vertritt sodann die Ansicht, der dritte Rechtsmittelgrund sei offensichtlich unzulässig, da, auch wenn er auf das Vorliegen von dem angefochtenen Urteil anhaftenden Rechtsfehlern Bezug nehme, das Vorbringen von GCP die Würdigung einiger Beweise durch das Gericht in Frage stellen wolle. GCP habe lediglich die bereits im ersten Rechtszug vorgetragenen Argumente zur angeblichen Notwendigkeit einer territorialen Ausschließlichkeit für die Finanzierung des Filmsektors wiederholt.

2.      Würdigung

60.      Ich halte es für sachdienlich, eine einleitende Erwägung zum Gegenstand und zur Tragweite der vorliegenden Rechtssache anzustellen, um klarzustellen, dass die allgemeine (rechtspolitische) Frage des Verbots des Geoblocking(9) nicht mit der besonderen Situation zusammenfällt, die Gegenstand des heutigen Verfahrens ist(10). Der Gerichtshof ist heute mit der gerichtlichen Überprüfung im Rahmen eines Rechtsmittels gegen ein Urteil des Gerichts befasst, das die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses der Kommission bestätigte. Dieser Beschluss im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 akzeptierte die von Paramount vorgeschlagenen Verpflichtungszusagen, einige Vertragsklauseln zu ändern, die einigen europäischen Broadcastern eine absolute territoriale Ausschließlichkeit für die Produkte einräumten, die Gegenstand der Rechteinräumung sind, und erklärte sie für bindend. Diese Verpflichtungen, die sich daher auf spezifische Vertragsklauseln beziehen und zeitlich begrenzt sind (von Juli 2016 bis Juli 2021), sind gerade wegen ihrer inhaltlichen und zeitlichen Begrenzung nicht geeignet, sich auf die allgemeine Frage des Verbots des Geoblockings im audiovisuellen Bereich auszuwirken, das derzeit durch die jüngste Verordnung 2018/302 ausgeschlossen ist, die jedoch zwei Jahre nach ihrem Inkrafttreten Gegenstand einer Überprüfung sein wird.

61.      Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wird im Wesentlichen gerügt, dass das Gericht Folgendes nicht beanstandet habe: 1. dass die Kommission den rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext, in den sich die zum Ausdruck gebrachten wettbewerbsrechtlichen Bedenken einfügten, nicht angemessen berücksichtigt habe; 2. dass die Kommission sodann trotz des ausdrücklichen Antrags von GCP, die dem Verfahren beigetreten sei, Umstände im Sinne von Art. 101 Abs. 3 AEUV, die die angebliche Wettbewerbswidrigkeit des beanstandeten Verhaltens ausgeglichen hätten, nicht als anwendbar angesehen habe.

62.      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann die Kommission einen Beschluss mit Verpflichtungszusagen erlassen, wenn die folgenden drei Voraussetzungen vorliegen(11): 1. Die Kommission muss wettbewerbsrechtliche Bedenken zum Ausdruck bringen, ohne dass es erforderlich ist, festzustellen, dass das Verhalten eine Zuwiderhandlung darstellt. 2. Das Unternehmen bietet Verpflichtungszusagen an, die die von der Kommission geäußerten Bedenken in angemessener Weise ausräumen. 3. Der Beschluss über die Annahme der Verpflichtungszusagen hat jedoch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten, der einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt und Maßstab für die Rechtmäßigkeit aller Handlungen der Organe der Union, einschließlich der Beschlüsse der Kommission in ihrer Eigenschaft als Wettbewerbsbehörde, ist.

63.      Es ist darauf hinzuweisen, dass, wie aus Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 insbesondere im Licht ihres 13. Erwägungsgrundes hervorgeht, „die Kommission von der Verpflichtung freigestellt ist, eine Zuwiderhandlung zu benennen und festzustellen, da sich ihre Aufgabe darauf beschränkt, die von den beteiligten Unternehmen vorgeschlagenen Verpflichtungszusagen gemäß den in ihrer vorläufigen Beurteilung festgestellten Bedenken und im Hinblick auf die von ihr verfolgten Ziele zu prüfen und gegebenenfalls zu akzeptieren“(12).

64.      Die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch die Kommission in diesem Zusammenhang „beschränkt sich … auf die Prüfung, ob die fraglichen Verpflichtungszusagen die von der Kommission gegenüber den beteiligten Unternehmen mitgeteilten Bedenken ausräumen und diese Unternehmen keine weniger belastenden Verpflichtungszusagen angeboten haben, die den Bedenken ebenfalls in angemessener Weise gerecht würden. Dabei muss die Kommission allerdings die Interessen der Dritten berücksichtigen.“(13)

65.      Jede der drei Phasen, in die sich im Licht der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Entscheidungsprozess der Kommission im Bereich Verpflichtungszusagen gliedert, wirft wesentliche Fragen auf, die Klarstellungen durch den Gerichtshof erfordern. Ich weise nebenbei darauf hin, dass diese Klarstellungen umso notwendiger in einem dezentralisierten System der Durchsetzung der kartellrechtlichen Vorschriften sind.

66.      Erstens ist zu klären, was unter „wettbewerbsrechtlichen Bedenken“ zu verstehen ist und was folglich der Rahmen der richterlichen Kontrolle ist, die der Gerichtshof auszuüben hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass, da der Beschluss über die Annahme der Verpflichtungszusagen die Feststellung einer Zuwiderhandlung nicht erfordert, die Kommission von der Detailtiefe der Ermittlung und Begründung, die ihr im Normalfall eines Verfahrens zur Feststellung einer wettbewerbsbeschränkenden Zuwiderhandlung obliegt, entbunden ist. Dadurch kann dem Erfordernis nach dem angeführten Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 Genüge getan werden, das darin besteht, ein Ziel der Verfahrensökonomie zu verwirklichen, indem eine wirksame Anwendung der im AEU-Vertrag festgelegten Wettbewerbsregeln schnell und unter Einsatz begrenzter Mittel verwirklicht wird (wie vom Gericht ausdrücklich insbesondere in Rn. 99 des angefochtenen Urteils anerkannt). Die Verwendung dieses Instruments gestattet der Kommission, Mittel freizumachen, die von ihr verwendet werden können, um sich mit anderen Fällen zu befassen, die einen Beschluss über das Vorliegen einer Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 verlangen(14). Die Unternehmen, die eigenständig entscheiden, Verpflichtungszusagen anzubieten, „nehmen [gleichzeitig] bewusst hin, dass ihre Zusagen über das hinausgehen können, wozu sie von der Kommission in einer gemäß Art. 7 der Verordnung nach eingehender Prüfung getroffenen Entscheidung verpflichtet werden könnten. Dagegen erlaubt es ihnen die Beendigung des gegen sie eingeleiteten Verfahrens, die Feststellung eines Wettbewerbsverstoßes und gegebenenfalls die Verhängung einer Geldbuße zu verhindern.“(15)

67.      Folglich kann die Kommission den Beschluss über die Annahme der Verpflichtungszusagen erlassen, ohne einen soliden Ansatz zur Wettbewerbsschädigung zu entwickeln, der hingegen normalerweise notwendig ist. Allerdings bedeutet die Annahme der fehlenden Erforderlichkeit eines soliden Ansatzes zum wettbewerbswidrigen Schaden nicht, dass eine plausible Darstellung des wettbewerbswidrigen Schadens nicht erforderlich ist. Die Kommission von der Last der normalerweise verlangten Ermittlung und Begründung zu befreien, kann nicht die Verwandlung der Bedenken der Kommission in einen reinen Zirkelschluss oder jedenfalls eine Feststellung rechtfertigen, die nicht durch eine Ermittlung und eine Begründung untermauert ist, die zwar vereinfacht werden können, aber dennoch plausibel sein müssen und in der Lage, eine Antwort auf die Fragen zu geben, die im Verfahren aufgekommen sind. Der meines Erachtens entscheidende Punkt ist, dass das Erfordernis der Verfahrensökonomie nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 mit anderen Erfordernissen abzuwägen ist, die es im Wettbewerbsrecht der Union gibt. Es spielt nämlich die Wahrung der Verteidigungsrechte des Unternehmens eine Rolle, das der Untersuchung unterzogen wird, das zwar eigenständig entscheidet, Verpflichtungszusagen anzubieten, aber diese Entscheidung hat in einem Kontext zu reifen, in dem sichergestellt ist, dass die Beschlüsse der Kommission, die zur Annahme der Verpflichtungszusagen führen, in einem Verfahren erlassen werden, in dem die Argumente zur Verteidigung des Unternehmens tatsächlich berücksichtigt werden und sich auf eine richtig definierte „Möglichkeit der Zuwiderhandlung“ gründen. Andernfalls wäre das System des Wettbewerbsrechts schweren negativen Folgen im Hinblick auf die Vorhersehbarkeit und Rechtmäßigkeit ausgesetzt.

68.      Insbesondere gibt es ein Paradoxon der Effektivität, das nicht übersehen werden darf. Die Verfahren zur Annahme der Verpflichtungszusagen wurden eingeführt, wie bereits dargelegt, um die Wirksamkeit des Wettbewerbsrechts zu fördern. Die Praxis der Kommission und der nationalen Behörden hat auf die Nützlichkeit unter diesem Blickwinkel hingewiesen. Jedoch kann eine weite und praktisch grenzenlose Nutzung des Instruments zu einem hohen Grad der Unsicherheit des Wettbewerbsrechts führen: Was sind die Umrisse der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen im Licht der Beschlüsse über Verpflichtungszusagen? Was ist mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar, und was ist hingegen verboten? Außerdem ist zu vermeiden, dass die Kommission und die nationalen Behörden der Versuchung erliegen, regulatorisch zu handeln, indem sie die Beschlüsse über Verpflichtungszusagen nicht so sehr nutzen, um wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen zu begegnen, sondern um den wirtschaftlichen Beziehungen auf dem Markt eine bestimmte Form zu geben.

69.      Die Folge kann der Verlust der Vorhersehbarkeit des Wettbewerbsrechts und letztlich die Schwächung seiner Effektivität und seiner Legitimation sein. Daher ist es erforderlich, dass die Beschlüsse über Verpflichtungszusagen immer innerhalb eines Systems rechtlicher Grenzen bleiben, dessen Wächter die Unionsrichter und die nationalen Richter sind, durch das die Durchsetzung der kartellrechtlichen Vorschriften gestärkt wird, ohne in die Gefahr ihrer übermäßigen Verwendung zu geraten(16).

70.      Die Schlussfolgerung ist, dass der Beschluss über die Annahme der Verpflichtungszusagen sich auf eine „Möglichkeit der Zuwiderhandlung“ gründen muss, d. h. auf eine Analyse des Verhaltens der Unternehmen und des Zusammenhangs, in dem es steht, die es gestattet, einen Schaden für den Wettbewerb, für den das fragliche Unternehmen verantwortlich ist, als möglich und tatsächlich wahrscheinlich darzustellen, auch wenn er noch nicht festgestellt ist. Es gibt keine Feststellung, aber die Kommission kann sich nicht auf Annahmen, auf allgemeine und auf nicht, wenn auch nur summarisch, im Licht jedenfalls der im Verfahren beigebrachten Unterlagen geprüfte Hypothesen beschränken.

71.      Unter diesen Voraussetzungen ergeben sich zwei Folgen. Die erste ist, dass, wenn die Bedenken eine bezweckte Zuwiderhandlung betreffen, die Kommission gehalten sein wird, den rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext zu berücksichtigen, in den sich das untersuchte Verhalten einfügt. Die zweite ist, dass, wenn das Unternehmen, das das Verhalten gesetzt hat, das Gegenstand der Ermittlung ist, oder andere Personen, die in unterschiedlicher Weise am Verfahren beteiligt sind, Rechtfertigungsgründe für das Verhalten vorgetragen haben, das auf den ersten Blick als wettbewerbswidrig erscheinen könnte, die Kommission, wenn auch nur summarisch, diese Gründe in ihrem Beschluss zu prüfen hat.

a)      Prüfung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts, in den sich das Verhalten, das Gegenstand der wettbewerbsrechtlichen Bedenken ist, einfügt

72.      Der erste Punkt knüpft an die Rechtsprechung des Gerichtshofs an, die klar festgestellt hat, dass das Vorliegen einer bezweckten Zuwiderhandlung jedenfalls eine Prüfung des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs erfordert, in dem das untersuchte Verhalten steht. Insoweit ist auf eine umfangreiche Rechtsprechung hinzuweisen, die von Cartes Bancaires(17) bis zum jüngsten Urteil Generics(18) reicht.

73.      Im vorliegenden Fall nahm das Gericht, indem es die knappen Argumente der Kommission darlegte (Rn. 43 und 44 des angefochtenen Beschlusses), eine Prüfung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts, in den sich das beanstandete Verhalten einfügt, vor und berücksichtigte die Besonderheiten des Systems der Finanzierung der Filmindustrie bei der Bestimmung der Zwecke der fraglichen Vereinbarungen über das Fernsehen. Das angefochtene Urteil widmet nämlich die Rn. 49 bis 57 dem rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext, in den sich die einschlägigen Klauseln einfügen.

74.      Die Verweise unter diesem Blickwinkel auf das angeführte Urteil Premier League sind nicht, wie von GCP und den Streithelfern der Rechtsmittelführerin vorgebracht, falsch oder irreführend.

75.      Die Abschottung der Märkte kann nämlich auf den ersten Blick auch im Bereich Rundfunk als wettbewerbswidrig angesehen werden(19). Und auch, wenn das Gut, das Gegenstand des Vertrags ist, ein Recht des geistigen Eigentums umfasst(20).

76.      Das Urteil Coditel II, das auch von der Rechtsmittelführerin zur Stützung ihres Vorbringens angeführt wird, bestätigt nicht die Auffassung von GCP, es liege kein Wettbewerbsverstoß im vorliegenden Fall vor, da der Gerichtshof in diesem lediglich festgestellt hat, dass „der Umstand allein, dass der Inhaber des Urheberrechts an einem Film einem einzigen Lizenznehmer das ausschließliche Recht eingeräumt hat, diesen Film im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats während eines bestimmten Zeitraums vorzuführen und somit dessen Verbreitung durch Dritte zu verbieten, … jedoch nicht für die Feststellung aus[reicht], dass eine derartige Vereinbarung als Gegenstand, Mittel oder Folge einer nach dem EWG-Vertrag verbotenen Kartellabsprache anzusehen ist“(21).

77.      In der Rechtssache Premier League, was bestätigt, dass die beiden Urteile sich nicht gegenseitig ausschließen, wie die Auffassung der Rechtsmittelführerin anzudeuten scheint, führt der Gerichtshof gerade Coditel II an, um den oben dargelegten Grundsatz festzustellen, dass nämlich nicht immer davon auszugehen ist, dass die Vereinbarungen, die zum Ziel haben, den Binnenmarkt aufzuteilen, einen wettbewerbswidrigen Zweck haben, ergänzt jedoch, dass das Bestehen von „Nebenverpflichtungen“, die dazu führen, dass die Ausschließlichkeit „absolut“ wird, bewirken kann, dass diese Vereinbarungen einen wettbewerbswidrigen Zweck haben.

78.      Das angefochtene Urteil enthält somit keine automatische Übertragung des Urteils Premier League auf den vorliegenden Fall, sondern nur die Anpassung des Grundsatzes im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs.

79.      Wenn daher eine Vereinbarung zwischen Einzelnen über den wesentlichen Kern der Vorteile hinausgeht, den ein ausschließliches geistiges Recht verschaffen soll, kann sie unter diejenigen fallen, die wettbewerbswidrig sind.

80.      All dies gilt jedoch unter der Voraussetzung, dass der rechtliche und wirtschaftliche Kontext, in den sich solche Nebenvereinbarungen einfügen, ihre Rechtmäßigkeit ausschließt.

81.      Die Analyse des Gerichts (die wie gesagt diejenige der Kommission bekräftigt) bestätigt diese Vorgabe und wendet sie auf den vorliegenden Fall an.

82.      Das Gericht hat nämlich den rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext und insbesondere die Besonderheiten des Systems der Finanzierung der Filmindustrie berücksichtigt und eine Bandbreite anderer Möglichkeiten vorgeschlagen, die im Bezugssektor dem Urheberrechtsinhaber eine angemessene Vergütung garantieren können, wobei es überzeugend nachgewiesen hat, dass es keinen absoluten Ausschluss des audiovisuellen Sektors von möglichen wettbewerbswidrigen Zuwiderhandlungen durch Vereinbarungen zur Abschottung von Märkten aufgrund des Bestehens von urheberrechtlichen Schutzgegenständen geben kann.

83.      Das Gericht hat nämlich daran erinnert, dass zwar der spezifische Gegenstand des geistigen Eigentums den Inhabern der betreffenden Rechte den Schutz der Befugnis gewährleisten soll, das Inverkehrbringen oder die Bereitstellung der Schutzgegenstände dadurch kommerziell zu nutzen, dass gegen Zahlung einer Vergütung Lizenzen erteilt werden, jedoch dieser „spezifische Gegenstand … den betreffenden Rechtsinhabern nicht garantiert, dass sie die höchstmögliche Vergütung verlangen können. [Es] wird ihnen nämlich – wie im zehnten Erwägungsgrund der Urheberrechtsrichtlinie und im fünften Erwägungsgrund der Richtlinie über verwandte Schutzrechte vorgesehen – nur eine angemessene Vergütung für jede Nutzung der Schutzgegenstände gesichert.“(22)

84.      Im Wesentlichen „[kann] eine etwaige Senkung der Abonnementspreise auf französischem Gebiet, die sich bislang aufgrund des absoluten Gebietsschutzes, der durch die Anwendung der einschlägigen Klauseln gewährleistet war, auf einem bestimmten Niveau hielten, dadurch ausgeglichen werden, dass Paramount im Rahmen der Einhaltung ihrer durch den angefochtenen Beschluss rechtsverbindlich gewordenen Verpflichtungen erklärt hat, die Anwendung der einschlägigen Klauseln nicht mehr durchsetzen zu wollen. Die Erklärung führt dazu, dass die Klägerin fortan die Möglichkeit hat, sich an Kunden im gesamten EWR und nicht nur in Frankreich zu richten“ (Rn. 57 des angefochtenen Urteils).

85.      Die von der Kommission vorgenommene Prüfung des rechtlichen und wirtschaftlichen Kontexts, auf die vom Gericht hingewiesen wurde, bestätigt daher, dass abstrakt „Wettbewerbsbedenken“ vorliegen können, denen die „Möglichkeit der Zuwiderhandlung“ im oben dargelegten Sinne innewohnt.

b)      Anwendbarkeit der in Art. 101 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Freistellungen auf ein Verfahren nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003

86.      Der zweite Punkt ist problematischer und einer der wesentlichsten Gesichtspunkte der vorliegenden Rechtssache. Das Gericht vertritt im angefochtenen Urteil (Rn. 62)(23) nämlich die Auffassung, dass die Prüfung des Vorliegens oder Nichtvorliegens der in Art. 101 Abs. 3 AEUV vorgesehen Voraussetzungen die Feststellung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens voraussetze. Folgt man diesem Ansatz, müsste die Kommission gegenüber Wettbewerbsbedenken zuerst prüfen, ob eine Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV vorliegt, und dürfte erst nach Feststellung der Zuwiderhandlung prüfen, ob die Rechtfertigungsgründe nach Abs. 3 erfüllt sind. Da es im Fall der Beschlüsse, mit denen Verpflichtungszusagen angenommen werden, keine Feststellung der Zuwiderhandlung gibt, dürfte, nach dem Gericht, keine Prüfung der in Abs. 3 vorgesehenen Voraussetzungen erfolgen.

87.      Meines Erachtens führt die vom Gericht vorgeschlagene Lösung zu paradoxen Ergebnissen, sie entleert die Bezugnahme auf das Bestehen einer „Möglichkeit der Zuwiderhandlung“ als Grundlage der Bedenken, die die Verpflichtungszusagen auszuräumen erlauben sollten, ihres Inhalts und widerspricht der Systematik von Art. 101 AEUV, der im Wesentlichen die Aufteilung der Beweislasten zwischen der Kommission und den Parteien betrifft.

88.      Bei Anwendung der Auffassung der Kommission könnte der Beschluss, die Verpflichtungszusagen anzunehmen, zu einem in doppelter Hinsicht paradoxen Ergebnis führen. Zum einen würde ein Verhalten, dass nicht gegen das Wettbewerbsrecht verstieße, verhindert (und zu einem „falschen Positivbefund“ führen, der eine der schwerwiegendsten Gefahren der Kartellverfahrenspraktiken darstellt und leicht zu vermeiden wäre, indem zu einer, wenn auch nur summarischen, Bewertung der Verhaltensweise im Licht von Art. 101 Abs. 3 AEUV übergegangen würde). Zum anderen würde die durch die Verpflichtungen bewirkte Veränderung dieses Verhaltens ebendiese Anforderungen aus dem oben genannten Abs. 3 beeinträchtigen, die nach dem Primärrecht sogar vorrangig gegenüber einer vorherigen Bewertung der Wettbewerbswidrigkeit nach Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllt werden sollen.

89.      Außerdem kann nur bei einer Gesamtbetrachtung des ersten und des dritten Absatzes von Art. 101 AEUV, wenn auch nur im Licht einer summarischen Analyse, eine „Möglichkeit der Zuwiderhandlung“ festgestellt werden, die die Annahme der Verpflichtungszusagen rechtfertigt. Sonst würde die Kommission eine verzerrte Analyse eines Teils entwickeln, der von Art. 101 AEUV als wesentlich für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung angesehen wird. Wie bereits mehrfach ausgeführt, kann es im Fall der Verfahren zur Annahme von Verpflichtungszusagen zwar keine Feststellung einer Zuwiderhandlung geben, aber es ist zumindest erforderlich, dass es eine „Möglichkeit der Zuwiderhandlung“ gibt. Da Art. 101 AEUV für die Feststellung des Vorliegens der Wettbewerbswidrigkeit zwei Schritte verlangt, die jeweils im ersten und im dritten Absatz von Art. 101 AEUV vorgesehen sind, auch für die Darlegung einer „Möglichkeit der Zuwiderhandlung“, muss die Analyse auf beide Passagen eingehen. Auch wenn, wie zu betonen ist, mit einem deutlich geringeren Grad an Vertiefung und mit einer viel knapperen Begründung als im Fall der Feststellung einer Zuwiderhandlung.

90.      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Art. 101 Abs. 1 und 3 AEUV auch dazu dient, eine Modalität der Beweislastverteilung darzulegen(24). Die Kommission stellt nach Abs. 1 eine mögliche Zuwiderhandlung fest und definiert einen Ansatz zur Wettbewerbsschädigung, der Einzelne erwidert darauf und versucht, die Darlegungen der Kommission unter Berufung auf das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zu entkräften. Es ist nicht zu erkennen, warum diese Systematik verzerrt werden sollte, wenn die Kommission beschließt, den Weg der Verpflichtungszusagen einzuschlagen. Die Verfahrensparteien, auch im ersten Abschnitt des Verfahrens, müssen in den vollen Genuss des Verteidigungsrechts kommen und schützen mit dessen Ausübung nicht nur die eigenen Interessen, sondern tragen dazu bei, wenn die auf Art. 101 Abs. 3 AEUV zurückgehenden Argumente begründet sind, zu vermeiden, dass ein Verhalten verhindert wird, das hingegen die Interessen verwirklicht, die Art. 101 Abs. 3 AEUV zugrunde liegen und die vom AEU-Vertrag als vorrangig angesehen werden.

91.      Ich bin daher der Auffassung, dass auch im Verfahren zur Annahme von vom Unternehmen vorgeschlagenen Verpflichtungen die Kommission sich mit beiden Schritten befassen muss, die von Abs. 1 und Abs. 3 von Art. 101 AEUV vorgesehen sind, und daher nicht von der, wenn auch in Anbetracht der Art des Verfahrens summarischen, Berücksichtigung der Argumente absehen kann, die von den Parteien oder dem Verfahren beigetretenen Dritten zum Vorliegen der Voraussetzungen nach dem oben angeführten Abs. 3 vorgebracht werden.

92.      In Anwendung der oben dargelegten Grundsätze auf die vorliegende Rechtssache weise ich darauf hin, dass die oben gerügte apodiktische Aussage des Gerichts, das die Anwendbarkeit von Art. 101 Abs. 3 AEUV im Fall des Verfahrens wegen Verpflichtungszusagen allgemein auszuschließen scheint, die Gültigkeit des Urteils in diesem Punkt nicht beeinträchtigen könnte, da konkret sowohl die Kommission als auch das Gericht knappe Erwägungen dargelegt haben, die mit dem Verfahren zur Annahme von Verpflichtungszusagen im Einklang stehen und den Begründungsmangel ausschließen, der Gegenstand eines der Rechtsmittelgründe ist.

93.      Die Begründung des Gerichts in den Rn. 53 bis 57 und 67 bis 72 in Verbindung mit der Begründung des Beschlusses der Kommission in den Rn. 40 bis 44 und 50 bis 53 könnte nämlich die Schlussfolgerung erlauben, dass die einschlägigen Klauseln „aus diesem Grund zumindest eine der in Art. 101 Abs. 3 AEUV enthaltenen kumulativen Voraussetzungen nicht erfüllen, nämlich die Voraussetzung, dass den betroffenen Unternehmen keine Beschränkungen auferlegt werden, die für den Schutz dieser Rechte [des geistigen Eigentums] nicht unerlässlich sind“ (Rn. 67 des angefochtenen Urteils).

94.      Art. 101 Abs. 3 gestattet es nämlich, die Bestimmungen dieses Absatzes für unanwendbar zu erklären, wenn die Vereinbarung zwischen Unternehmen „unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder ‑verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts“ beiträgt, vorausgesetzt, den beteiligten Unternehmen werden keine „Beschränkungen [auferlegt], die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind“.

95.      Nach Auffassung des Gerichts und der Kommission enthalten die einschlägigen Klauseln Beschränkungen, die „über das hinausgehen, was für die Produktion und Distribution audiovisueller Werke, deren Urheberrechte geschützt werden müssen, erforderlich ist“(25) (Rn. 67 des angefochtenen Urteils), auch mit dem Ziel, die kulturelle Vielfalt zu schützen.

96.      Im Gegenteil, ein absoluter Gebietsschutz „geht … offensichtlich über das hinaus, was für die in Art. 101 Abs. 3 AEUV vorausgesetzte Verbesserung der Erzeugung oder Verteilung oder Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts unerlässlich ist. Dies ergibt sich aus dem von den Parteien der betreffenden Vereinbarungen angestrebten Verbot jeder grenzüberschreitenden Erbringung von Rundfunkdiensten, selbst wenn es sich um Werke handelt, für die Paramount selbst eine Lizenz erteilt hat und die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ausgestrahlt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Juni 1982, Nungesser und Eisele/Kommission, 258/78, EU:C:1982:211, Rn. 77)“ (Rn. 68 des angefochtenen Urteils). Diese Abschottung und der Preisunterschied, zu dem er führt, wären nämlich mit dem grundlegenden Ziel des Vertrags, nämlich der Vollendung des Binnenmarkts, unvereinbar (Rn. 43 und 44 des angefochtenen Beschlusses und Rn. 57 des angefochtenen Urteils).

97.      Im vorliegenden Fall ist die Begründung des Gerichts in dem Sinne hinreichend, dass es eine Alternative zur Finanzierung der Filmproduktion in den Ländern des EWR gibt – und daher zum Schutz u. a. des Interesses an der kulturellen Vielfalt – gegenüber der Abschottung der Märkte mit absoluter geografischer Ausschließlichkeit: „[E]ine etwaige Senkung der Einnahmen, die die Klägerin mit in Frankreich lebenden Kunden erzielt, [kann] dadurch ausgeglichen werden …, dass es der Klägerin aufgrund der Umsetzung der Verpflichtungen, die durch den angefochtenen Beschluss für bindend erklärt wurden, nun freisteht, sich an Kunden im gesamten EWR und nicht nur in Frankreich zu wenden“ (Rn. 69 des angefochtenen Urteils).

98.      Daher werden, „selbst wenn [die Klägerin] einen Teil ihrer Einnahmen für die Finanzierung besonders förderungsbedürftiger audiovisueller Produkte verwendet, durch den normalen Wettbewerb, der fortan auf der Ebene des EWR eröffnet ist, Möglichkeiten eingeräumt, die ihr aufgrund der einschlägigen Klauseln verwehrt waren, solange Paramount die Absicht hatte, die Einhaltung der Bestimmungen zu verlangen“ (Rn. 57 des angefochtenen Urteils).

c)      Zwischenergebnis

99.      Abschließend bin ich zu diesem Punkt der Auffassung, dass die im dritten Rechtsmittelgrund erhobene Rüge eines Begründungsmangels und einer unvollständigen Sachverhaltsprüfung auch unter Berücksichtigung der Tatsache zurückgewiesen werden könnte, dass die Verpflichtung des Gerichts, die eigenen Entscheidungen zu begründen, nicht dahin ausgelegt werden kann, dass es im Einzelnen auf jedes von einer Partei geltend gemachte Argument einzugehen hätte. Vielmehr ist es als ausreichend anzusehen, wenn aus der Begründung eines Urteils die Überlegungen des Gerichts klar und eindeutig hervorgehen, so dass die Betroffenen die Gründe für die Entscheidung des Gerichts erkennen können und der Gerichtshof seine Kontrollfunktion ausüben kann(26). Der Umstand allein, dass das Gericht inhaltlich zu einem anderen Ergebnis gelangt ist als die Rechtsmittelführerin, kann keinen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils darstellen(27).

100. Die Begründung des Gerichts ist in Bezug auf die Einfügung des beanstandeten Verhaltens in den spezifischen rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext hinreichend begründet, wobei es Schlussfolgerungen zieht, die sich von denjenigen unterscheiden, die die Rechtsmittelführerin dargelegt hat, die jedoch nicht offensichtlich fehlerhaft scheinen.

101. Hinsichtlich der Anwendbarkeit der von Art. 101 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Freistellungen auf ein Verfahren nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 hat das Gericht zwar einen Fehler begangen, indem es eine allgemeine Unanwendbarkeit festgestellt hat, jedoch enthalten der angefochtene Beschluss und das angefochtene Urteil hinreichende Argumente, um die vorgesehenen Freistellungen als auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar anzusehen. Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, den dritten Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

B.      Zum vierten Rechtsmittelgrund, mit dem die Rechtsmittelführerin geltend macht, das Gericht habe Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 und Rn. 128 der Bekanntmachung über bewährte Vorgehensweisen in Verfahren nach Artikel 101 und 102 des AEUV(28) (im Folgenden: bewährte Vorgehensweisen) fehlerhaft ausgelegt

1.      Vorbringen der Parteien

102. GCP, unterstützt durch die Französische Republik, bringt vor, dass das Gericht, indem es entschieden habe (in den Rn. 118 und 119 des angefochtenen Urteils), dass die einschlägigen Klauseln ihrem Wesen nach eine Abschottung der nationalen Märkte im gesamten EWR bezweckten, ohne dass ihr wirtschaftlicher und rechtlicher Kontext die Feststellung zulasse, dass sie nicht geeignet seien, den Wettbewerb zu beeinträchtigen, und dass keine andere Verpflichtung unter den von Paramount vorgeschlagenen, mit weniger einschneidenden Wirkungen auf GCP, angemessen gewesen wäre, Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 und Rn. 128 der „bewährten Vorgehensweisen“ fehlerhaft ausgelegt habe.

103. GCP und die Französische Republik weisen erstens darauf hin, dass die Kommission, indem sie die Verpflichtungszusagen von Paramount in Bezug auf alle mit den Fernsehsendern des EWR geschlossenen Verträge akzeptiert habe, während die in der vorläufigen Beurteilung enthaltenen Wettbewerbsbedenken der Kommission nur die ausschließlichen Rechte im Vereinigten Königreich und in Irland betroffen hätten, die Besonderheiten anderer Märkte nicht berücksichtigt habe, insbesondere des französischen Marktes, dessen rechtliches und finanzielles System die Besonderheit habe, dass die Finanzierung des audiovisuellen Schaffens vorwiegend von Broadcastern wie GCP abgewickelt werde.

104. Indem es den Ansatz der Kommission bestätigt habe, habe das Gericht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Wahrung der Rechte Dritter, wie insbesondere im Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2010:377, Rn. 41), angeführt, verstoßen. Das Gericht habe nämlich einen Rechtsfehler begangen, indem es in Rn. 106 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen sei, dass die Kommission innerhalb der Grenzen der ihr nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 obliegenden Befugnisse gehandelt und die Ziele dieser Bestimmung verfolgt habe (Verfahrensökonomie und ‑effizienz), ohne die vertraglichen Rechte oder Verfahrensrechte von GCP über das Erforderliche hinaus zu beeinträchtigen, um diese Ziele zu erreichen.

105. Die Französische Republik ergänzt, dass der Umstand, dass keine andere geeignete Verpflichtung vorgeschlagen worden sei, um die von der Kommission festgestellten Wettbewerbsbedenken angemessen auszuräumen, nicht hinreiche, um davon auszugehen, dass es eine tatsächliche Berücksichtigung der Interessen Dritter gegeben habe. Da nämlich die Verpflichtungszusagen das Ergebnis ausschließlicher Verhandlungen zwischen der Kommission und dem beteiligten Unternehmen seien, wäre es schwer vorzustellen, dass das Interesse Dritter im Kontext eines Verpflichtungsverfahrens berücksichtigt werden könnte, indem nur die angebotenen Verpflichtungszusagen anderen vom beteiligten Unternehmen möglicherweise vorgeschlagenen Verpflichtungen gegenübergestellt würden.

106. UPC hebt hervor, dass der angefochtene Beschluss hingegen die Interessen aller Marktteilnehmer des Filmsektors beeinträchtige. Sie weist nämlich darauf hin, dass 2018 die kostenlosen und die Pay-TV-Kanäle 97,8 % der Filme aus französischer Initiative mit einem Budget von zumindest 4 Mio. Euro und 77,2 % der Filme mit einem garantierten Budget zwischen 1 und 4 Mio. Euro finanziert hätten. GCP habe vorab 113 Filme aus französischer Initiative und 93,9 % der Filme aus französischer Initiative, die mehr als 7 Mio. Euro kosteten, gekauft. Im Rahmen seiner Untersuchung habe das Gericht diese Umstände nicht berücksichtigt, und auch nicht die Tatsache, dass der angefochtene Beschluss, wenn er bestätigt werde, Gefahr laufe, die Vertragsstandards aller Marktteilnehmer völlig zu erschüttern.

107. Zweitens vertritt GCP die Auffassung, dass nach Rn. 128 der bewährten Vorgehensweisen und deren Fn. 76 die Verpflichtungszusagen unmissverständlich sein und unmittelbar angewendet werden müssten und ihre Umsetzung nicht vom Willen Dritter abhängen dürfe, die durch sie nicht gebunden seien.

108. Das Gericht habe gegen diesen Grundsatz verstoßen, indem es in Rn. 104 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass der Beschluss der Kommission keinen Eingriff in die Vertragsfreiheit von GCP darstelle, da diese ein nationales Gericht anrufen könnte, um die Vereinbarkeit der einschlägigen Klauseln mit Art. 101 Abs. 1 AEUV feststellen zu lassen und gegenüber Paramount die vom nationalen Recht vorgeschriebenen Konsequenzen zu ziehen. Außerdem habe das Gericht, indem es in Rn. 103 dieses Urteils ausgeführt habe, dass es der Kommission obläge, die Untersuchung wieder aufzunehmen, wenn das nationale Gericht Paramount dazu verpflichte, gegen die in den Verpflichtungszusagen eingegangenen Verpflichtungen zu verstoßen, ausdrücklich anerkannt, dass die Umsetzung der Verpflichtungszusage vom Willen von GCP abhängen würde, aus dieser Schlussfolgerung jedoch nicht alle rechtlichen Konsequenzen gezogen.

109. GCP und die Französische Republik vertreten drittens die Auffassung, dass das Gericht mit seiner Feststellung in Rn. 100 des angefochtenen Urteils, dass der angefochtene Beschluss die Beurteilungen des nationalen Gerichts nur insoweit beeinflussen könnte, als dieser Beschluss eine vorläufige Beurteilung enthalte, die Rechte Dritter gröblich verletze. Dieser Beschluss nehme nämlich GCP ihre Vertragsfreiheit, da sie in Wirklichkeit vom nationalen Gericht nicht erlangen könne, dass dieses der Kommission widerspreche und die Gültigkeit der streitigen Klauseln anerkenne. Insoweit gehe aus dem Urteil vom 23. November 2017, Gasorba u. a. (C‑547/16, EU:C:2017:891, Rn. 28 und 29), hervor, dass die nationalen Gerichte die Beschlüsse auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht ignorieren dürften und dass sie die vorläufige Beurteilung der Kommission berücksichtigen und als Indiz oder als Anfangsbeweis für die Wettbewerbswidrigkeit der in Rede stehenden Vereinbarung betrachten müssten.

110. Die Französische Republik ergänzt, dass die Auswirkung eines Beschlusses wie des angefochtenen auf die Beurteilung durch das nationale Gericht durch die Verpflichtungen, die im in Rede stehenden Sektor mit anderen internationalen Unternehmen verhandelt worden seien, verstärkt werde, was es wahrscheinlicher mache, dass die aufeinanderfolgenden Verpflichtungszusagen den Standard darstellten, von dem das nationale Gericht immer schwerer abgehen könnte. Außerdem könnte der Umstand, dass in dem Fall, in dem das nationale Gericht davon ausgehe, dass die in Rede stehende Vereinbarung nicht gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstoße, die Kommission nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1/2003 zwangsläufig eine Untersuchung wieder aufnehme, das nationale Gericht davon abhalten, der vorläufigen Beurteilung der Kommission zu widersprechen.

111. Die Kommission, unterstützt durch das BEUC, vertritt die Auffassung, das Gericht habe zu Recht in den Rn. 43 bis 58 und 118 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Verpflichtungszusagen von Paramount die Wettbewerbsbedenken betreffend den gesamten EWR ausräumten. Die einschlägigen Klauseln stellten nämlich zusätzliche Verpflichtungen dar, die die nationalen Märkte im gesamten EWR aufteilen sollten, indem sie die grenzüberschreitenden passiven Verkäufe von Rundfunkdiensten durch Sky an die Verbraucher mit Wohnsitz im EWR, aber außerhalb des Vereinigten Königreichs und Irlands, sowie die Verkäufe von im EWR, aber außerhalb des Vereinigten Königreichs und Irlands, ansässigen Fernsehsendern an die Verbraucher mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich und in Irland verböten oder beschränkten. Die von Paramount angebotenen Verpflichtungszusagen würden daher den Wettbewerbsbedenken, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte geäußert worden seien, angemessen gerecht, und Paramount habe keine weniger einschneidenden Verpflichtungszusagen angeboten, die diese Bedenken in angemessener Weise ausräumten.

112. Die Kommission, unterstützt durch das BEUC, vertritt außerdem die Auffassung, dass das Gericht in den Rn. 83 bis 108 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt habe, dass die Umsetzung der Verpflichtungszusagen von Paramount nicht vom Willen Dritter, einschließlich GCP, abhänge. Indem sie diese Verpflichtungszusagen angeboten habe, habe Paramount ihre Vertragsfreiheit dahin ausgeübt, nicht an bestimmte Vertragsklauseln gebunden zu sein, und diese Entscheidung würde nicht vom Willen Dritter abhängen. Überdies nehme die Annahme solcher Verpflichtungen von Seiten der Kommission GCP nicht die Möglichkeit, ein nationales Gericht anzurufen, um ihre eigenen Rechte im Rahmen ihrer Vertragsbeziehungen mit Paramount zu schützen. Sollte ein nationales Gericht feststellen, dass die einschlägigen Klauseln nicht gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstießen oder die Voraussetzungen nach Abs. 3 dieses Artikels erfüllten, obliege es ihm, zu beurteilen, ob der Ausgang des Verfahrens vor ihm Paramount dazu bringen könnte, gegen die mit dem angefochtenen Beschluss angenommenen Verpflichtungszusagen zu verstoßen. Um zu verhindern, dass das Ergebnis dieses Verfahrens Paramount dazu bringen könnte, gegen solche Verpflichtungszusagen zu verstoßen, könnte das nationale Gericht die Anordnung der Durchführung der einschlägigen Klauseln verweigern und gleichzeitig Paramount nach den anwendbaren nationalen Bestimmungen die Durchführung gleichwertiger Maßnahmen und den Ersatz der Schäden aufgeben. Das Gericht habe diese Lösung in Rn. 103 des angefochtenen Urteils erwogen.

113. Die Kommission und das BEUC tragen drittens vor, das Gericht habe zu Recht in Rn. 102 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass GCP von einem nationalen Gericht eine dem Beschluss der Kommission widersprechende Entscheidung erlangen könnte, die die Rechtmäßigkeit der streitigen Klauseln anerkenne. Aus Rn. 29 des oben angeführten Urteils Gasorba gehe nämlich hervor, dass ein nationales Gericht nur die im angefochtenen Beschluss ausgedrückte vorläufige Beurteilung der Kommission berücksichtigen und als Indiz oder als Anfangsbeweis für die Wettbewerbswidrigkeit der streitigen Klauseln betrachten werden müsse.

114. Das BEUC vertritt die Auffassung, dass der vierte Rechtsmittelgrund unzulässig sei, da GCP versuche, die Schlussfolgerungen und Sachverhaltsbeurteilungen des Gerichts bei der Prüfung des dritten und des zweiten Klagegrundes in Frage zu stellen, indem sie im Wesentlichen dieselben Argumente wie die im ersten Rechtszug geltend gemachten wiederhole.

2.      Würdigung

a)      Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Beeinträchtigung des Rechts Dritter

115. Im vierten Rechtsmittelgrund beziehen sich die gegen das Urteil des Gerichts erhobenen Rügen im Wesentlichen auf einen Rechtsfehler betreffend die Feststellung, dass die Kommission nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe, indem sie die von Paramount vorgeschlagenen Verpflichtungszusagen im gesamten EWR für bindend erklärt habe, während die von der Kommission in der vorläufigen Beurteilung geäußerten Wettbewerbsbedenken nur die territorialen Ausschließlichkeiten im Vereinigten Königreich und in Irland betroffen hätten, und betreffend die Feststellung, dass der Beschluss der Kommission die Rechte Dritter nicht beeinträchtige, da die Letzteren jedenfalls einen Rechtsschutz im Zusammenhang mit den einschlägigen Klauseln bei den nationalen Gerichten erlangen könnten.

116. Die heikle Frage, die der Gerichtshof zu lösen hat, betrifft daher die Möglichkeit, dass die vorgeschlagenen und von der Kommission akzeptierten Verpflichtungszusagen Folgen für die vertraglichen Rechte der Dritten haben könnten. Die Frage betrifft die heikle Abwägung zwischen der Vertragsfreiheit und den in den Verträgen der EU verankerten Rechtsgrundsätzen und Zielen, insbesondere in Bezug auf den Wettbewerbsschutz. Bekanntlich stellt die Vertragsfreiheit einen Ausdruck der unternehmerischen Freiheit dar, die von Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert wird(29) und nach den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten anerkannt ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt jedoch die Freiheit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit nicht schrankenlos, sondern muss im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Funktion gesehen werden(30). Daher kann die unternehmerische Freiheit einer Vielzahl von öffentlichen Eingriffen unterworfen werden, die im öffentlichen Interesse die Ausübung dieser Freiheit beschränken können(31).

117. In diesen kurz umrissenen Rahmen fügen sich einige Beschränkungen der Vertragsfreiheit der Parteien ein, die im vorliegenden Fall relevant sind, wie diejenigen, die die Verpflichtung von Paramount betreffen, in die neuen Verträge nicht Vertragsklauseln einzufügen, die absolute Hindernisse für den Wettbewerb innerhalb der EU schaffen und das Ziel des Binnenmarkts nach Art. 3 Abs. 3 EUV oder den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsatz vereiteln, auf den das Gericht hinweist, wonach die Urheberrechtsregeln nur eine Vergütung garantieren, die in einem „vernünftigen“ Zusammenhang zum wirtschaftlichen Wert der erbrachten Dienstleistung stehen, und dass daher etwaige Klauseln, die eine höhere Vergütung vorsehen, unzulässig sein könnten, wenn sie die nationale Abschottung der Märkte zur Voraussetzung haben, die sich aus einem absoluten Gebietsschutz des nationalen Lizenznehmers ergeben.

118. Die Auswirkung der Beschlüsse im Wettbewerbsbereich auf bestehende Vertragsverhältnisse ist sicher keine Neuheit. Die Besonderheit des vorliegenden Falls ist, dass die Kommission mit dem Ziel des Wettbewerbsschutzes die von einem Unternehmen vorgeschlagenen Verpflichtungszusagen angenommen hat, die sich auf die Vertragsbeziehung desselben Unternehmens mit einem Rechtsträger auswirken, der ein nicht am Verfahren nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003 beteiligter Dritter ist.

119. Kann ein Beschluss, mit dem Verpflichtungszusagen angenommen werden, so weit gehen, dass er das Unternehmen zwingt, einen mit einem Dritten geschlossenen Vertrag nicht zu erfüllen? Kann das Ziel des Wettbewerbsschutzes eine so weit reichende Preisgabe der Vertragsfreiheit einer dritten Partei rechtfertigen? Es handelt sich somit um eine Frage, die die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf Beschlüsse zur Annahme von Verpflichtungszusagen betrifft.

120. Die Kommission, die sich auf das oben angeführte Urteil Alrosa (insbesondere Rn. 41) stützt, vertritt eine besonders enge Auslegung der Rolle, die in diesem Bereich dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beizumessen ist. Die Kommission habe sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die fraglichen Verpflichtungszusagen die von der Kommission gegenüber den beteiligten Unternehmen mitgeteilten Bedenken ausräumten und diese Unternehmen keine weniger belastenden Verpflichtungszusagen angeboten hätten, die den Bedenken ebenfalls in angemessener Weise gerecht würden. Diesen Ansatz hat nämlich auch das Gericht verfolgt, das anerkannt hat, dass die Kommission diese Überprüfungen tatsächlich vorgenommen habe.

121. In Wirklichkeit hat jedoch das Urteil Alrosa die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht auf die oben angeführten Überprüfungen beschränkt, da es sofort nach der Bezugnahme auf das Erfordernis, dass diese von der Kommission vorzunehmen sind, darauf hingewiesen hat, dass „die Kommission [dabei] allerdings die Interessen der Dritten berücksichtigen [muss]“(32).

122. Daher ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in zwei Richtungen anzuwenden: zum einen im Hinblick auf die Eignung der Verpflichtungszusagen, die Bedenken der Kommission auszuräumen, und auf den Umstand, dass das Unternehmen keine anderen Verpflichtungen vorgeschlagen hat, die zwar die Bedenken der Kommission ausräumen, jedoch weniger einschneidend sind. Zum anderen ist er gegenüber den Interessen der Dritten anwendbar, die in gewissem Umfang durch die Annahme der Verpflichtungszusagen beeinträchtigt werden. Auf diese Weise erkennt der Gerichtshof an, dass in der Praxis der Fall auftreten kann, dass der Beschluss mit Verpflichtungszusagen sich auch auf die Interessen Dritter gegenüber den Unternehmen, auf die sich die Ermittlungstätigkeit der Kommission bezieht, auswirkt. In diesem Fall muss jedoch der Beschluss, um rechtmäßig zu sein, einer Prüfung im Licht des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes standhalten.

123. Die Tiefe der Prüfung im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kann sicher je nach geprüftem Verfahren variieren, und, da es darum geht, die Abhilfen zu bewerten, die vom Unternehmen in einem Verfahren vorgeschlagen wurden, dass zu keiner Feststellung der Zuwiderhandlung führt, ist die Tragweite des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, wie aufgezeigt wurde, beschränkt(33). Wenn jedoch die Verpflichtungszusagen nicht im Hinblick auf ihre Eignung, die Bedenken der Kommission auszuräumen, sondern auf die Auswirkung auf die Interessen Dritter zu prüfen sind, erfordert der Grundsatz zumindest, dass die Rechte, deren Inhaber sie sind und die nach dem Primärrecht der Union relevant sind, nicht zur Gänze preisgegeben oder jedenfalls ihres Inhalts entleert werden.

124. Diese Schlussfolgerung wird durch den wesentlichen Kern des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit als allgemeinem Grundsatz des Unionsrechts vorgegeben, wonach „die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und dass die verursachten Nachteile gegenüber den angestrebten Zielen nicht unangemessen sein dürfen“(34), und der den „Maßstab für die Rechtmäßigkeit jeglicher Handlung der Gemeinschaftsorgane, einschließlich der Entscheidungen der Kommission in ihrer Eigenschaft als Wettbewerbsbehörde“ darstellt(35).

125. Wenn jedoch als Auswirkung des Beschlusses zur Annahme von Verpflichtungszusagen das vorschlagende Unternehmen seine vertraglichen Verpflichtungen, die es gegenüber einer dritten Partei eingegangen ist und die wesentliche Elemente des wirtschaftlichen Gleichgewichts sind, das diese in Ausübung ihrer jeweiligen Vertragsfreiheit festgelegt haben, nicht mehr erfüllen sollte, scheint eine so schwerwiegende Preisgabe der Vertragsfreiheit der dritten Partei nicht im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit rechtfertigbar.

126. Um dieser Schlussfolgerung zu entgehen, machen die Kommission und das Gericht das Recht der dritten Partei (GCP) geltend, Klage gegen das Unternehmen, das die Verpflichtungszusagen vorgeschlagen habe (Paramount), auf Feststellung ihrer vertraglichen Haftung und auf Schadensersatz zu erheben. Das Gericht weist nämlich unter Bezugnahme auf das Urteil Alrosa darauf hin, dass die Tatsache, dass die Einzelzusagen eines Unternehmens von der Kommission für bindend erklärt worden seien, nicht bedeute, dass anderen Unternehmen die Möglichkeit genommen werde, ihre etwaigen Rechte im Rahmen der Beziehungen mit diesem Unternehmen zu schützen(36). Das nationale Gericht werde in Anwendung dieses Grundsatzes feststellen können, dass die einschlägigen Klauseln gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstießen oder dass sie die Voraussetzungen nach Abs. 3 dieses Artikels erfüllten, und werde auch die Begründetheit der bei ihm anhängigen Klage beurteilen können, soweit Art. 101 AEUV der Anwendung der einschlägigen Klauseln nicht entgegenstehe (Rn. 100, 101, 102 des angefochtenen Urteils).

127. Der Schwachpunkt dieser Argumentation, der in der Rechtsmittelschrift von GCP aufgezeigt wird, ist, dass sich der Beschluss, mit dem die Verpflichtungszusagen angenommen werden, auf das vom dritten Unternehmen angerufene Gericht jedenfalls auswirkt, da es dem Ermessen des nationalen Gerichts eine erhebliche rechtliche Grenze setzt. Der auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 erlassene Beschluss betreffend die Verpflichtungszusagen schließt nämlich zwar nicht aus, dass das nationale Gericht die den Gegenstand dieses Beschlusses bildende Praxis anders beurteilt als die Kommission, „[d]ie nationalen Gerichte dürfen derartige Entscheidungen allerdings nicht ignorieren. Solche Rechtsakte haben nämlich auf jeden Fall Beschlusscharakter. Außerdem gebieten es sowohl der in Art. 4 Abs. 3 EUV genannte Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit als auch das Ziel einer wirksamen und einheitlichen Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union, dass das nationale Gericht die vorläufige Beurteilung der Kommission berücksichtigt und als Indiz oder als Anfangsbeweis für die Wettbewerbswidrigkeit der in Rede stehenden Vereinbarung im Hinblick auf Art. 101 Abs. 1 AEUV betrachtet.“(37)

128. Die angeführte Rechtsprechung steht insbesondere mit dem der Verordnung Nr. 1/2003 zugrunde liegenden Erfordernis in Einklang, die Einheitlichkeit der Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union in einem System dezentraler Rechtsdurchsetzung zu gewährleisten. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass „[i]n einem System paralleler Zuständigkeiten … im Interesse der Rechtssicherheit und der einheitlichen Anwendung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft einander widersprechende Entscheidungen vermieden werden [müssen]. Die Wirkungen von Entscheidungen und Verfahren der Kommission auf Gerichte und Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten müssen daher im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt werden.“(38)

129. Schriebe der auf der Grundlage des bereits mehrfach angeführten Art. 9 erlassene Beschluss dem nationalen Gericht nicht vor, ihn als Anfangsbeweis zu berücksichtigen, würde starken Abweichungen in der Anwendung des europäischen Wettbewerbsrechts in jedem Mitgliedstaat ein gefährlicher Raum eröffnet werden und das von der Verordnung Nr. 1/2003 eingeführte System dezentraler Rechtsdurchsetzung aufs Spiel gesetzt.

130. In diesem Kontext wird die Möglichkeit des Drittunternehmens wie GCP, vor dem nationalen Gericht die eigenen Gründe geltend zu machen und zu erreichen, dass der Schadensersatzklage gegen Paramount stattgegeben wird, stark vermindert, da die Vermutung der Rechtswidrigkeit der einschlägigen Klauseln überwunden werden muss. Letztlich kommt es, um das Ziel des Wettbewerbsschutzes durch ein besonders vereinfachtes Verfahren zu erreichen, und daher mit geringeren Rechtsschutzgarantien durch Verfahrensbeteiligungsrechte der am Beschluss interessierten Rechtsträger, zu einer übermäßigen Preisgabe der Vertragsfreiheit Dritter.

131. Dieser Schlussfolgerung kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die vorgeschriebene Preisgabe der Vertragsfreiheit der Dritten erforderlich gewesen wäre, um den Wettbewerb zu schützen, und dass die Kommission den Inhalt der Verpflichtungszusagen, die eine einseitige Rechtshandlung des Unternehmens seien, nicht habe ändern können. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Kommission im Hinblick auf die Besonderheiten des vorliegenden Falls andere geeignetere Mittel hatte, um das von Art. 101 Abs. 1 AEUV geschützte öffentliche Interesse zu schützen. Diese konnte nämlich die Verpflichtungszusagen als gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßend zurückweisen und das Verfahren nach Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 durchführen, um das Vorliegen eines Verstoßes festzustellen oder nicht(39).

132. Schließlich ist darauf hinzuweisen, wie von GCP in der mündlichen Verhandlung wirksam vorgetragen, dass die vom Gericht dargelegte Lösung letztlich zur Folge hätte, das Funktionieren und die Wirksamkeit des Mechanismus des Wettbewerbsschutzes durch die Beschlüsse zur Annahme von Verpflichtungszusagen zu gefährden. Das Unternehmen, das bestimmte Verpflichtungen eingeht, die sodann von der Kommission für bindend erklärt werden, wäre nämlich nach dem Ansatz des Gerichts zwei „Damoklesschwertern“ ausgesetzt, die die Rechtssicherheit und die Ausgewogenheit des Systems ernsthaft in Frage stellen würden: die Möglichkeit der Feststellung einer vertraglichen Haftung durch die nationalen Gerichte in den verschiedenen Ländern der Union und die für das System noch abträglichere Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Verfahrens durch die Kommission(40), in dem Fall, in dem das nationale Gericht dem Unternehmen den Verstoß gegen die für bindend erklärte Verpflichtung vorschreiben würde.

b)      Zwischenergebnis

133. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die Kommission, indem sie die Verpflichtungszusagen von Paramount angenommen hat, die Interessen der Dritten, die im vorliegenden Fall aufgrund der bereits von dritten Rechtsträgern einschließlich der Rechtsmittelführerin mit Paramount geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen besonders betroffen waren, nicht angemessen berücksichtigt hat und so gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen hat. Das Gericht hat einen Rechtsfehler begangen, indem es den Beschluss der Kommission insoweit als nicht mangelhaft angesehen hat, und daher schlage ich dem Gerichtshof vor, dem vierten Rechtsmittelgrund unter diesem spezifischen Gesichtspunkt stattzugeben.

V.      Ergebnis

134. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, den dritten Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen und dem vierten Rechtsmittelgrund unter dem angeführten Gesichtspunkt stattzugeben.


1      Originalsprache: Italienisch.


2      ABl. 2003, L 1, S. 1.


3      ABl. 2004, L 123, S. 18.


4      Case AT.40023 – Grenzübergreifender Zugang zu Pay-TV‑Inhalten vom 26. Juli 2016.


5      Beschluss vom 13. Juli 2017, Groupe Canal +/Kommission (T‑873/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:556).


6      Urteil vom 12. Dezember 2018, Groupe Canal +/Kommission (T‑873/16, EU:T:2018:904).


7      ABl. 2011, C 308, S. 6.


8      „The impact of cross border to audiovisual content of EU consumers“, erstellt von GCP.


9      Darunter zuletzt die Verordnung (EU) 2018/302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Februar 2018 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2006/2004 und (EU) 2017/2394 sowie der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 60 I vom 2. März 2018, S. 1).


10      Vgl. Erwiderung der Kommission, wo es in Rn. 11 heißt, dass „der angefochtene Beschluss nicht das ‚Ende‘ des ‚Geoblocking‘ betrifft, soweit er ‚Dienstleistungen‘ oder ‚audiovisuelle Inhalte‘ betrifft (Rn. 19, 20 und 23 der Klage), sondern nur vertragliche Beschränkungen betreffend die passiven Verkäufe außerhalb des Gebiets, das der Sky von Paramount eingeräumten Lizenz unterliegt“.


11      Vgl. zuletzt Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2010:377, Rn. 40 ff.).


12      Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2010:377, Rn. 40).


13      Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2010:377, Rn. 41).


14      Zu dem Hinweis, dem beizupflichten ist, wonach, anders als im Verfahren nach Art. 9 der Verordnung Nr. 1/2003, in dem sich die Kommission auf freiwillig von den Parteien unterbreitete Zusagen stützt, „sie im Rahmen einer Entscheidung nach Art. 7 die Abhilfemaßnahmen gegebenenfalls selbst ausfindig machen [müsste], was ihr erheblich umfangreichere und langwierigere Ermittlungen und auch eine umfassendere Bewertung des Sachverhalts abverlangen würde“, vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2009:555, Nr. 51).


15      Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2010:377, Rn. 48).


16      Der Grundsatz der Rechtssicherheit, einer der allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie dem Urteil vom 24. Juni 2019, Popławski (C‑573/17, EU:C:2019:530, Rn. 75), zu entnehmen ist, „von dem sich der Grundsatz des Vertrauensschutzes ableitet, … gebietet [es], dass Rechtsvorschriften klar und bestimmt sind und dass ihre Anwendung für den Einzelnen voraussehbar ist“, so das Urteil vom 11. September 2019, Călin (C‑676/17, EU:C:2019:700, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2019, GRDF (C‑236/18, EU:C:2019:1120, Rn. 42).


17      Urteil vom 11. September 2014, CB/Kommission (C‑67/13 P, EU:C:2014:2204, Rn. 55).


18      Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52, Rn. 82).


19      Urteil vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631), in dem es heißt, dass „eine Vereinbarung, die darauf abzielen würde, die Abschottung nationaler Märkte wiederherzustellen, geeignet sein könnte, dem Ziel des Vertrags entgegenzuwirken, die Integration dieser Märkte durch die Schaffung eines einheitlichen Marktes zu verwirklichen“ (Rn. 139). Außerdem „[lässt] sich diese Rechtsprechung … auf den Bereich der grenzüberschreitenden Erbringung von Rundfunkdiensten in vollem Umfang übertragen“ (Rn. 140).


20      Diese Auslegung wurde vom Gerichtshof mit dem Urteil in der Rechtssache Consten Grundig begonnen, in der die Zuteilung einer eingetragenen Marke eines der Mittel war, um einem Händler Gebietsschutz zu gewährleisten, Urteil vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission (56/64 und 58/64, EU:C:1966:41); später Urteil vom 8. Juni 1982, Nungesser und Eisele/Kommission (258/78, EU:C:1982:211). Für den pharmazeutischen Sektor vgl. zuletzt Urteil vom 30. Januar 2020, Generics (UK) u. a. (C‑307/18, EU:C:2020:52), wo es in Rn. 79 heißt, dass „ein gewerbliches Schutzrecht als gesetzliche Regelung zwar nicht unter die Merkmale einer Vereinbarung oder Abstimmung im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt, dass aber seine Ausübung unter die Verbote dieser Bestimmung fallen kann, wenn sie den Gegenstand, das Mittel oder die Folgen eines Kartells darstellt … obwohl es den legitimen Ausdruck des Rechts des geistigen Eigentums darstellen kann, das seinem Inhaber u. a. gestattet, sich gegen jegliche Zuwiderhandlung zur Wehr zu setzen“.


21      Urteil vom 6. Oktober 1982, Coditel u. a. (262/81, EU:C:1982:334, Rn. 15).


22      Urteil vom 4. Oktober 2011, Football Association Premier League u. a. (C‑403/08 und C‑429/08, EU:C:2011:631, Rn. 107 und 108).


23      Aber auch die Kommission während der Verhandlung vom 6. Februar 2020 (S. 7 und 8 der vollständigen Transkription der Verhandlung).


24      Nach dem gewöhnlichen Schema der Beweislastverteilung nach Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, bekräftigt durch die ständige Rechtsprechung, wonach „es der Partei oder Behörde [obliegt], die den Vorwurf einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln erhebt, dafür den Beweis zu erbringen, und den Unternehmen oder Unternehmensverbänden, die sich gegenüber der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen diese Regeln auf eine Rechtfertigung berufen, den Nachweis zu erbringen, dass die Voraussetzungen für diese Rechtfertigung erfüllt sind, so dass die genannte Behörde dann auf andere Beweise zurückgreifen muss“, Urteil vom 26. Januar 2017, Duravit u. a./Kommission (C‑609/13 P, EU:C:2017:46, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung). Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juni 2010, Lafarge/Kommission (C‑413/08 P, EU:C:2010:346, Rn. 29).


25      Der spezifische Gegenstand des geistigen Eigentums garantiert den betreffenden Rechtsinhabern nämlich nicht, dass sie die höchstmögliche Vergütung verlangen können; was das Broadcasting anbelangt, muss diese Vergütung insbesondere in einem vernünftigen Zusammenhang mit den Parametern der in Rede stehenden Übertragung stehen, wie ihren tatsächlichen Zusehern und ihren potenziellen Zusehern (Rn. 41 und 42 des Beschlusses der Kommission und 53 und 54 des angefochtenen Urteils).


26      Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2009:555, Nr. 100).


27      Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2009:555, Nr. 102).


28      ABl. 2011, C 308, S. 6.


29      Der von Art. 16 der Charta gewährte Schutz „[umfasst] die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben, die Vertragsfreiheit und den freien Wettbewerb … Ferner umfasst die Vertragsfreiheit u. a. die freie Wahl des Geschäftspartners sowie die Freiheit, den Preis für eine Leistung festzulegen“, vgl. Urteil vom 20. Dezember 2017, Polkomtel (C‑277/16, EU:C:2017:989, Rn. 50). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 12. Juli 2018, Spika u. a. (C‑540/16, EU:C:2018:565, Rn. 34), Urteil vom 26. Oktober 2017, BB construct (C‑534/16, EU:C:2017:820, Rn. 34 und 35), Urteil vom 22. Januar 2013, Sky Österreich (C‑283/11, EU:C:2013:28, Rn. 42).


30      Urteil vom 9. September 2004, Spanien und Finnland/Parlament und Rat (C‑184/02 und C‑223/02, EU:C:2004:497, Rn. 51 und 52); Urteil vom 6. September 2012, Deutsches Weintor (C‑544/10, EU:C:2012:526, Rn. 54).


31      Urteil vom 22. Januar 2013, Sky Österreich (C‑283/11, EU:C:2013:28, Rn. 46).


32      Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2010:377, Rn. 41).


33      Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2010:377, Rn. 47), wonach, „[s]elbst wenn … Entscheidungen, die auf der Grundlage dieser Bestimmungen getroffen werden, in beiden Fällen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegen, … dieser Grundsatz doch je nach der betroffenen Bestimmung unterschiedlich angewandt [wird]“.


34      Urteil vom 11. Januar 2017, Spanien/Rat (C‑128/15, EU:C:2017:3, Rn. 71). Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 15. Februar 2016, N. (C‑601/15 PPU, EU:C:2016:84, Rn. 54), Urteil vom 8. April 2014, Digital Rights Ireland (C‑293/12 und C‑594/12, EU:C:2014:238, Rn. 46), Urteil vom 23. Oktober 2012, Nelson u. a. (C‑581/10 und C‑629/10, EU:C:2012:657, Rn. 71).


35      Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2009:555, Nr. 42 und die dort in den Fn. 22 und 23 angeführte Rechtsprechung).


36      Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2010:377, Rn. 49).


37      Urteil vom 23. November 2017, Gasorba u. a. (C‑547/16, EU:C:2017:891, Rn. 29).


38      22. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003.


39      Zum anderen, wenn „sich … Zusagen eines oder mehrerer Unternehmen im Hinblick auf das Ziel der Kommission, den Wettbewerb vor Verfälschungen zu schützen, als unverhältnismäßig [erweisen], so darf sie diese Zusagen nicht für bindend erklären. Vielmehr hat sie das oder die Unternehmen auf die Unverhältnismäßigkeit hinzuweisen und gegebenenfalls Änderungen an den Zusagen anzuregen“, Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Kommission/Alrosa (C‑441/07 P, EU:C:2009:555, Nr. 43). Jedenfalls, laut Generalanwältin Kokott, „[muss sich die Kommission auf] Zusagen, deren Eignung erst nach eingehender Prüfung durch die Kommission beurteilt werden könnte, … nicht einlassen“ (Nr. 53).


40      Nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1/2003.