Language of document : ECLI:EU:T:2021:602

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

22. September 2021(*)

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionsbildmarke AIRSCREEN – Absolute Eintragungshindernisse – Kein beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung [EU] 2017/1001) – Unterscheidungskraft – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001)“

In der Rechtssache T‑250/20,

Moviescreens Rental GmbH mit Sitz in Damme (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D. Schulz und P. Stelzig,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch R. Manea und A. Söder als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

the airscreen company GmbH & Co. KG mit Sitz in Münster (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte O. Spieker, A. Schönfleisch und N. Willich,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des EUIPO vom 12. Februar 2020 (Sache R 2527/2018‑4) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Moviescreens Rental und the airscreen company

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović, des Richters F. Schalin (Berichterstatter) und der Richterin P. Škvařilová-Pelzl,

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 29. April 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 7. September 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 14. September 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2021

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 27. Juni 2003 meldete die Streithelferin, the airscreen company GmbH & Co. KG, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1] in geänderter Fassung, die ihrerseits durch die Verordnung [EU] 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke [ABl. 2017, L 154, S. 1] ersetzt wurde) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Dabei handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

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3        Die Marke wurde u. a. für folgende Waren der Klassen 7, 9, 17 und 19 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 7: „Druckluftpumpen“;

–        Klasse 9: „Aufblasbare Kinoleinwände; Großleinwände; Silberleinwände“;

–        Klasse 17: „Mit Luft füllbare Rahmen aus Polyvinylchlorid (PVC); Gummi; Gummifäden, nicht für Textilzwecke; Gummiklappen (Gummiventile); Gummischnüre; Kunststofffasern, nicht für Textilzwecke; Kunststoffe, teilweise bearbeitet; Kunststofffolien, außer für Verpackungszwecke; Kunststoffgarne, nicht für Textilzwecke; Schläuche nicht aus Metall; Schläuche aus textilem Material; Druckluftrohre, nicht aus Metall; extrudierte Kunststoffe in Form von Stäben, Blöcken, Pellets, Stangen, Platten und Röhren für Produktionszwecke; Druckschläuche aus Kunststoff; Elastomerfilme aus Kunststoff; Kunststofffolien; Folien; Kunststofflaminate; Formteile aus Kunststoff; Kunststoffrohre; weichmacherfreie Kunststoffe; flexible PVC‑Folien“;

–        Klasse 19: „Transportable Bauten, nicht aus Metall; Großbildschirmrahmen, nicht aus Metall“.

4        Die Markenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 15/2004 vom 12. April 2004 veröffentlicht. Am 13. Oktober 2005 wurde die angegriffene Marke unter der Nr. 3244662 für die oben in Rn. 3 genannten Waren eingetragen.

5        Am 22. September 2017 stellte die Klägerin, die Moviescreens Rental GmbH, nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 (jetzt Art. 59 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001) in Verbindung mit deren Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c (jetzt Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2017/1001) einen Antrag auf Nichtigerklärung der angegriffenen Marke. Der Antrag auf Nichtigerklärung richtete sich gegen folgende Waren:

–        Klasse 9: „Aufblasbare Kinoleinwände; Großleinwände; Silberleinwände“;

–        Klasse 17: „Mit Luft füllbare Rahmen aus Polyvinylchlorid (PVC); flexible PVC‑Folien“;

–        Klasse 19: „Transportable Bauten, nicht aus Metall; Großbildschirmrahmen, nicht aus Metall“.

6        Die Nichtigkeitsabteilung wies den Antrag auf Nichtigerklärung am 25. Oktober 2018 zurück.

7        Am 20. Dezember 2018 legte die Klägerin beim EUIPO nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 Beschwerde gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung ein.

8        Mit Entscheidung vom 12. Februar 2020 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer die Beschwerde zurück. Sie war insbesondere der Ansicht, dass die angegriffene Marke zu dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeitpunkt, d. h. dem Anmeldetag, nicht rein beschreibend gewesen sei. Dabei stützte sie sich auf die Wahrnehmung des allgemeinen englischsprachigen Verbrauchers sowie auf aus Fachleuten bestehende maßgebliche Verkehrskreise. Die beiden Wortelemente der angegriffenen Marke seien Teil des englischen Standardwortschatzes, so dass auch das Verständnis aller anderen Verbraucher der Europäischen Union mit Grundkenntnissen des Englischen relevant sei. Die angegriffene Marke sei in keiner Sprache der Union lexikalisch belegt. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die Wortkombination zum maßgeblichen Zeitpunkt zum üblichen Sprachgebrauch gehört habe.

9        Nach Ansicht der Beschwerdekammer stammten die vorgelegten Beweismittel aus der Zeit nach dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeitpunkt und zeigten eine markenmäßige Verwendung des in Rede stehenden Begriffs oder eine Verwendung mit einem weiteren Zusatz bzw. stammten aus anderen Rechtsordnungen oder Sprachräumen.

10      Die Beschwerdekammer kam daher zu dem Ergebnis, dass die angegriffene Marke im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren keine rein beschreibende Wirkung habe und ihr auch nicht die Unterscheidungskraft fehle.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung abzuändern, soweit die Beschwerdekammer darin die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung bestätigt hat, mit der diese den Antrag auf Nichtigerklärung der angegriffenen Marke in Bezug auf die in Rede stehenden Waren zurückgewiesen hat;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

12      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Zulässigkeit der Anlagen D 14 bis D 18 und A 23 bis A 31

14      Mit Schreiben vom 27. Mai 2021 hat die Streithelferin vier Anlagen beim Gericht eingereicht. Diese Anlagen, die beim EUIPO nicht vorgelegt worden waren, bestehen aus einer Entscheidung des EUIPO (Anlage D 14), einer Entscheidung des United States Patent and Trademark Office (USPTO, Patent- und Markenamt der Vereinigten Staaten) (Anlage D 15), einem Auszug aus dem kanadischen Markenregister (Anlage D 16), einer Entscheidung des Instituto Mexicano de la propiedad industrial (IMPI, Mexikanisches Patent- und Markenamt) (Anlage D 17) und einem Beschluss des Kammergerichts Berlin (Deutschland) (Anlage D 18).

15      Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ein Schreiben des Benelux-Amts für geistiges Eigentum (BOIP) vom 26. Mai 2021 (Anlage A 23) vorgelegt, das im Rahmen der Sache 1427184 betreffend die Anmeldung der Marke AIRSCREEN an sie gerichtet wurde.

16      In der mündlichen Verhandlung hat die Präsidentin der Zweiten Kammer die Klägerin aufgefordert, die Anlage A 23 über e-curia einzureichen, und hat den Parteien eine Frist von einer Woche eingeräumt, um zu den von der Streithelferin am 27. Mai 2021 und der Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingereichten Anlagen Stellung zu nehmen. Die Parteien haben fristgemäß geantwortet.

17      Die Klägerin hat ihrer Stellungnahme zum Schreiben vom 27. Mai 2021 acht Anlagen beigefügt. Dabei handelt sich um einen Antrag vom 27. Juni 2017 betreffend die Unionsbildmarke Nr. 16926735 (Anlage A 24), einen Auszug aus dem Register des EUIPO betreffend die Unionsbildmarke Nr. 16926735 (Anlage A 25), einen Auszug aus der Datenbank TMview über die internationale Registrierung der Wortmarke Nr. 1525900 – AIRSCREEN (Anlage A 26), ein Schreiben der Streithelferin an das USPTO vom 17. November 2020 (Anlage A 27), einen Auszug aus der Datenbank TSDR über die internationale Registrierung der Wortmarke Nr. 1525900 – AIRSCREEN (Anlage A 28), ein Schreiben des USPTO vom 4. Januar 2004 (Anlage A 29), einen Auszug aus dem Register des IMPI betreffend die internationale Registrierung der Wortmarke Nr. 1525900 – AIRSCREEN (Anlage A 30) und ein Schreiben des IMPI vom 25. Februar 2020 (Anlage A 31).

18      Die Klägerin macht in ihrer Stellungnahme geltend, die Anlagen D 14 bis D 18 seien als unzulässig zurückzuweisen, da sie verspätet und erstmals beim Gericht eingereicht worden seien. Jedenfalls seien sie im vorliegenden Fall nicht von Belang.

19      Die Streithelferin bringt im Wesentlichen vor, dass die Anlage A 23 als unzulässig zurückzuweisen sei, da sie verspätet und erstmals beim Gericht eingereicht worden sei. Die Streithelferin und das EUIPO machen geltend, dass diese Anlage im vorliegenden Fall nicht von Belang sei.

20      Die oben genannten Anlagen sind zwar erstmals beim Gericht vorgelegt worden, stellen jedoch keine Beweismittel im eigentlichen Sinne dar, sondern sind Teil der Entscheidungspraxis des EUIPO sowie der nationalen und internationalen Behörden, auf die sich eine Partei berufen kann, auch wenn sie aus der Zeit nach dem Verfahren vor dem EUIPO stammt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, EU:T:2005:420, Rn. 20, und vom 8. Dezember 2005, Castellblanch/HABM – Champagne Roederer [CRISTAL CASTELLBLANCH], T‑29/04, EU:T:2005:438, Rn. 16). Weder die Parteien noch das Gericht sind nämlich daran gehindert, in ihre Auslegung des Unionsrechts Elemente einzubeziehen, die sich aus der nationalen oder internationalen Rechtsprechung oder der Rechtsprechung der Unionsgerichte ergeben. Diese Möglichkeit der Berücksichtigung nationaler und internationaler Entscheidungen ist nicht Gegenstand der Rechtsprechung, wonach die beim Gericht erhobene Klage der Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern anhand der ihnen von den Beteiligten unterbreiteten Gesichtspunkte dient, denn es geht in diesem Zusammenhang nicht darum, den Beschwerdekammern vorzuwerfen, sie hätten in einem bestimmten nationalen oder internationalen Urteil oder einem bestimmten Urteil des Unionsrichters genannte Tatsachen außer Betracht gelassen, sondern darum, Entscheidungen zur Stützung eines Klagegrundes anzuführen, mit dem ein Verstoß der Beschwerdekammern gegen eine Bestimmung der Verordnung Nr. 40/94 gerügt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2006, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM – Johnson’s Veterinary Products [VITACOAT], T‑277/04, EU:T:2006:202, Rn. 70 und 71).

21      Insoweit ist klarzustellen, dass die Streithelferin nicht geltend macht, die Beschwerdekammer habe die Anlagen D 14 bis D 18 nicht berücksichtigt, sondern dass sie diese nur veranschaulichend zur Unterstützung der Feststellungen der Beschwerdekammer anführt. Ebenso wenig behauptet die Klägerin, dass die Beschwerdekammer die Anlage A 23 hätte berücksichtigen müssen, sondern sie beruft sich darauf nur zur Veranschaulichung, ebenso wie auf die in ihrer Antwort auf das Schreiben der Streithelferin vom 27. Mai 2021 vorgelegten Anlagen A 24 bis A 31. Die Zulässigkeit von Entscheidungen nationaler Behörden hängt nämlich insbesondere vom Ziel desjenigen ab, der sich auf sie beruft (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 20. Januar 2021, Jareš Procházková und Jareš/EUIPO – Elton Hodinářská [MANUFACTURE PRIM 1949], T‑656/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:17, Rn. 82).

22      Somit sind in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles die Anlagen D 14 bis D 18 und A 23 bis A 31 für zulässig zu erklären.

 Zur Zulässigkeit des Antrags auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung

23      Da die Klageschrift abgesehen von dem Antrag, dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen, nur einen Antrag enthält, der formal auf die Abänderung der angefochtenen Entscheidung abzielt, ergibt sich daraus, dass die Klägerin mit diesem Antrag notwendigerweise nicht nur die Abänderung der angefochtenen Entscheidung, sondern auch deren Nichtigerklärung begehrt; dies geht im Übrigen aus den von der Klägerin vorgebrachten Klagegründen hervor, mit denen erstens ein Verstoß gegen Art. 59 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 und zweitens ein Verstoß gegen Art. 59 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit ihrem Art. 7 Abs. 1 Buchst. b gerügt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2014, Advance Magazine Publishers/HABM – Nanso Group [TEEN VOGUE], T‑509/12, EU:T:2014:89, Rn. 15 und 16 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Die so definierte Klage ist mithin zulässig.

 Zur Begründetheit

24      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 59 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 59 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit ihrem Art. 7 Abs. 1 Buchst. b rügt.

25      In Anbetracht des Zeitpunkts der Anmeldung der angegriffenen Marke, dem 27. Juni 2003, der für die Feststellung des für die Prüfung eines Antrags auf Nichtigerklärung anwendbaren materiellen Rechts maßgebend ist, richtet sich die vorliegende Rechtssache nach den materiell-rechtlichen Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. April 2020, Gugler France/Gugler und EUIPO, C‑736/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:308, Rn. 3 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Folglich sind im vorliegenden Fall, was die materiell-rechtlichen Bestimmungen betrifft, die Bezugnahmen der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung sowie der Parteien in ihren Schriftsätzen auf die Bestimmungen der Verordnung 2017/1001 als Bezugnahmen auf die inhaltlich identischen Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 zu verstehen.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 in Verbindung mit ihrem Art. 7 Abs. 1 Buchst. c

27      Nach Ansicht der Klägerin wurden die Beweismittel, die vorgelegt worden seien, um darzutun, dass die angegriffene Marke die Art, die Beschaffenheit und die Bestimmung der in Rede stehenden Waren beschreibe, von der Beschwerdekammer unzureichend und fehlerhaft gewürdigt. Die Klägerin trägt vor, sie habe nachgewiesen, dass der Begriff „airscreen“ zum maßgeblichen Zeitpunkt im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren im Sinne von „Luftbildschirm“ als Bezeichnung für eine „aufblasbare Kinoleinwand“ verstanden worden sei und zum üblichen Sprachgebrauch gehöre. Es seien auch Beweise zu berücksichtigen, die nach dem Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke datierten und aus anderen Rechtsordnungen und Sprachräumen stammten.

28      Das EUIPO, unterstützt von der Streithelferin, tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

29      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 sind „Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können“, von der Eintragung ausgeschlossen.

30      Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, das verlangt, dass die Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können, von allen frei verwendet werden können. Diese Vorschrift schließt daher aus, dass die betreffenden Zeichen oder Angaben aufgrund der Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. Urteil vom 27. Juni 2017, Aldi Einkauf/EUIPO – Fratelli Polli [ANTICO CASALE], T‑327/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:439, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Folglich fällt ein Zeichen unter das in Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 aufgestellte Verbot, wenn es zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen einen hinreichend direkten und konkreten Bezug aufweist, der es dem betreffenden Publikum ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteil vom 27. Juni 2017, ANTICO CASALE, T‑327/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:439, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Der beschreibende Charakter ist daher zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen nach der Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. Urteil vom 27. Juni 2017, ANTICO CASALE, T‑327/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:439, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Es ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Dienststellen des EUIPO für die Prüfung, ob die absoluten Eintragungshindernisse gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 der Eintragung einer Marke entgegenstehen oder die Nichtigerklärung einer zuvor eingetragenen Marke zur Folge haben müssen, auf den Anmeldetag abstellen müssen (vgl. Urteile vom 21. November 2013, Heede/HABM [Matrix-Energetics], T‑313/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:603, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 8. Mai 2019, VI.TO./EUIPO – Bottega [Form einer vergoldeten Flasche], T‑324/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:297, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Diese Verpflichtung schließt jedoch nicht aus, dass die Dienststellen des EUIPO gegebenenfalls Beweismittel aus der Zeit nach der Anmeldung berücksichtigen können, sofern sie Rückschlüsse auf die Situation zu diesem Zeitpunkt zulassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. März 2014, Pi-Design u. a./Yoshida Metal Industry, C‑337/12 P bis C‑340/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:129, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Insoweit ist klarzustellen, dass die Beschwerdekammer im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens nicht verpflichtet sein kann, die von den zuständigen Dienststellen des EUIPO zum Zeitpunkt der Eintragung durchgeführte Ermittlung des relevanten Sachverhalts erneut von Amts wegen vorzunehmen. Aus den Bestimmungen der Art. 51 und 54 der Verordnung Nr. 40/94 geht nämlich hervor, dass die Unionsmarke so lange als gültig angesehen wird, bis sie vom EUIPO nach einem Nichtigkeitsverfahren für nichtig erklärt wird. Ihr kommt somit eine Vermutung der Gültigkeit zugute, die die logische Folge der vom EUIPO im Rahmen der Prüfung einer Anmeldung durchgeführten Kontrolle darstellt (vgl. Urteil vom 10. Juni 2020, Louis Vuitton Malletier/EUIPO – Wisniewski [Darstellung eines Schachbrettmusters], T‑105/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:258, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Diese Vermutung der Gültigkeit beschränkt die sich aus Art. 74 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 ergebende Verpflichtung des EUIPO, den relevanten Sachverhalt, der es zu der Feststellung veranlassen könnte, dass ein absolutes Eintragungshindernis vorliegt, von Amts wegen zu ermitteln, auf die Prüfung der Unionsmarkenanmeldung, die von den Dienststellen des EUIPO im Verfahren zur Eintragung dieser Marke durchgeführt wurde. Da die Gültigkeit der eingetragenen Unionsmarke vermutet wird, ist es hingegen im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens Sache des die Nichtigerklärung begehrenden Antragstellers, vor dem EUIPO die konkreten Gesichtspunkte darzulegen, die die Gültigkeit der Marke in Frage stellen sollen. So ist das EUIPO nach dem Wortlaut von Art. 74 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 40/94 in Nichtigkeitsverfahren nach Art. 52 dieser Verordnung bei dieser Prüfung auf das Vorbringen und die Anträge der Beteiligten beschränkt (vgl. Urteil vom 10. Juni 2020, Darstellung eines Schachbrettmusters, T‑105/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:258, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Auch wenn diese Vermutung der Gültigkeit der Eintragung die Verpflichtung des EUIPO, die relevanten Tatsachen zu prüfen, beschränkt, kann sie jedoch das EUIPO nicht daran hindern, sich insbesondere in Anbetracht der Umstände, die von der Partei geltend gemacht werden, die die Gültigkeit der angegriffenen Marke in Frage stellt, nicht nur auf diese Argumente und auf etwaige Beweismittel, die diese Partei ihrem Nichtigkeitsantrag beigefügt hat, zu stützen, sondern auch auf offenkundige Tatsachen, die das EUIPO im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens ermittelt hat. Hat daher eine Partei gegen die Gültigkeit einer eingetragenen Marke Umstände eingewandt, auf die ihr Nichtigkeitsantrag gestützt ist, obliegt es der Beschwerdekammer, diese Umstände zu prüfen und etwaige offenkundige Tatsachen, die der Prüfer im Rahmen des Eintragungsverfahrens außer Acht gelassen hat, zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 10. Juni 2020, Darstellung eines Schachbrettmusters, T‑105/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:258, Rn. 24 und 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38      Was zunächst die maßgeblichen Verkehrskreise betrifft, ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass sich die in Rede stehenden Waren an die breite Öffentlichkeit sowie an den Fachverkehr im Bereich der Kinoleinwände richten. Der Aufmerksamkeitsgrad dieser Verkehrskreise kann daher je nach Preis und Komplexität der angebotenen Waren und Dienstleistungen von durchschnittlich bis erhöht variieren. Da die angegriffene Marke aus Begriffen besteht, die aus der englischen Sprache stammen, hat die Beschwerdekammer in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung außerdem zu Recht festgestellt, dass die Beurteilung ihres beschreibenden Charakters im Hinblick auf die englischsprachigen Verbraucher und alle anderen Verbraucher in der Union mit Grundkenntnissen des Englischen vorzunehmen ist, was im Übrigen von der Klägerin nicht bestritten wird.

39      Zur Frage, ob die maßgeblichen Verkehrskreise die angegriffene Marke im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als beschreibend wahrnehmen werden, ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung festzustellen, dass sich diese Marke aus dem Wort „airscreen“ in fettgedruckten weißen Großbuchstaben auf einem schwarzen rechteckigen Hintergrund zusammensetzt, wobei der Schriftverlauf und der Hintergrund zur Mitte hin leicht konkav sind, d. h. Anfangs- und Endbuchstaben von gleicher Größe sind, während sich die Buchstaben zur Mitte hin verjüngen.

40      Ferner hat die Beschwerdekammer in Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass das Wort „airscreen“ in seiner Gesamtheit für keine der Sprachen der Union lexikalisch belegt sei. Für das englischsprachige Publikum ergibt sich aus der Kombination der beiden Begriffe „air“ (Luft) und „screen“ (Bildschirm) kein eindeutiger Begriffsinhalt, und nichts deutet darauf hin, dass der Begriff „airscreen“ im Sinne von „Luftbildschirm“ als Bezeichnung für eine „aufblasbare Kinoleinwand“ verstanden wird. Dies wird von den Parteien im Übrigen nicht bestritten.

41      Die Klägerin hat im vorliegenden Fall zur Stützung ihres Vorbringens hinsichtlich des beschreibenden Charakters des Bestandteils „airscreen“ der angegriffenen Marke eine Reihe von Beweisen vorgelegt. Aus diesen ergebe sich nämlich, dass die Verwendung des Wortbestandteils der angegriffenen Marke als Beschreibung in Bezug auf aufblasbare Kinoleinwände sowie deren Zubehör und Bestandteile nicht ungewöhnlich sei. Diese Beweismittel sind zu prüfen, um zu ermitteln, ob die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass sie nicht belegen könnten, dass die angegriffene Marke zum maßgeblichen Zeitpunkt beschreibend gewesen sei.

 Dokumente betreffend die Anmeldung der Unionsbildmarke Nr. 16926735

42      Die Klägerin hat dem EUIPO und dem Gericht einen undatierten Screenshot der Internetseite www.alibaba.com/showroom/inflatable-air-screen.html sowie eines Videoeintrags der Webseite www.youtube.com mit dem Titel „Interactive Air Screen Displair Amazing Demo“ vom 8. Juli 2014 vorgelegt. Es handele sich dabei um Anlagen, die das EUIPO angeführt und für die Annahme ausreichend erachtet habe, dass die von ihr selbst angemeldete Unionsbildmarke Nr. 16926735 beschreibend sei.

43      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob der beschreibende Charakter einer Marke ihrer Eintragung entgegenstehe, der Zeitpunkt der Anmeldung der Marke sei, im vorliegenden Fall also der 27. Juni 2003. Auf den Einwand, das EUIPO habe 14 Jahre später die Anmeldung der Unionsbildmarke Nr. 16926735 vom 27. Juni 2017 teilweise als beschreibend zurückgewiesen, könne es daher für die Feststellung des beschreibenden Charakters der angegriffenen Marke zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht ankommen.

44      Hinsichtlich der Internetseite www.alibaba.com/showroom/inflatable-air-screen.html und des Videoeintrags der Webseite www.youtube.com vom 8. Juli 2014 hat die Beschwerdekammer in den Rn. 25 und 26 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass sie nicht von Relevanz seien, da sie undatiert oder nach dem Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke datiert seien. Darüber hinaus seien die Preise der auf den Screenshots genannten Waren in US-Dollar angegeben und beträfen diese Waren jedenfalls nicht das relevante Gebiet, d. h. die Union (Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung). Außerdem werde der Bestandteil „air screen“ für keine der Waren in Alleinstellung, sondern stets zusammen mit dem ihn konkretisierenden weiteren Zusatz „inflatable“ (aufblasbar) verwendet. Zudem könnten die Bezeichnungen, die nur die Bestandteile „air“ und „screen“ in umgekehrter Reihenfolge und durch andere Bestandteile getrennt enthielten, wie „inflatable movie screen air“, nicht belegen, dass die Kombination „airscreen“ sprachüblich sei.

45      Die Beschwerdekammer hat in Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung zudem festgestellt, dass sich der Videoeintrag der Webseite www.youtube.com auf eine Technologie beziehe, die sich einer aerodynamischen Nebelleinwand bediene und daher in der Sache keinen Bezug zu den von der angegriffenen Marke erfassten Leinwänden und flexiblen PVC‑Folien aufweise.

46      Es ist daran zu erinnern, dass nach der oben in den Rn. 33 und 34 angeführten Rechtsprechung die Beweismittel für den beschreibenden Charakter der angegriffenen Marke auf den Zeitpunkt der Anmeldung, d. h. den 27. Juni 2003, abstellen oder Rückschlüsse auf die Situation zu diesem Zeitpunkt zulassen müssen. Daher ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die teilweise Zurückweisung der Anmeldung der Unionsbildmarke Nr. 16926735 vom 27. Juni 2017 mit der Begründung, dass sie beschreibend sei, im vorliegenden Fall nicht von Relevanz sei. Ebenso sind die von der Klägerin vorgelegten Beweismittel, wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, undatiert oder nach dem maßgeblichen Zeitpunkt datiert. Die Klägerin hat im Übrigen nichts vorgetragen, was erklären würde, wie diese Beweise aus der Zeit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt Rückschlüsse auf die Situation zu diesem Zeitpunkt zuließen.

47      Abgesehen davon, dass die oben genannten Beweismittel undatiert sind oder ein Datum aufweisen, das nach dem maßgeblichen Zeitpunkt liegt, erlaubt es eine Prüfung dieser Beweise, die oben in den Rn. 44 und 45 getroffenen Feststellungen zu bestätigen, d. h., dass sie in räumlicher Hinsicht nicht relevant sind und ihr Inhalt keine beschreibende Verwendung des angegriffenen Zeichens für die in Rede stehenden Waren belegt.

48      Folglich konnte die Beschwerdekammer beurteilungsfehlerfrei davon ausgehen, dass die vorgelegten Beweise nicht ausreichten, um eine beschreibende Verwendung des Begriffs „airscreen“ zur Bezeichnung der in Rede stehenden Waren nachzuweisen.

 Anlage A 19 zur Klageschrift

49      Anlage A 19 zur Klageschrift enthält eine Reihe von Dokumenten, u. a. Auszüge aus Internetseiten, ein Verkaufsangebot und eine Aufbauanleitung, die nach Ansicht der Klägerin den beschreibenden Charakter der angegriffenen Marke belegen.

50      In Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer ist jedoch festzustellen, dass die meisten dieser Beweismittel aus der Zeit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt stammen und dass die Klägerin nichts vorträgt, was Rückschlüsse auf die Situation zu diesem Zeitpunkt zuließe.

51      Die Beschwerdekammer hat zutreffend festgestellt, dass nur das Angebot von Boto Ganzevoort mit dem maßgeblichen Zeitpunkt in Verbindung gebracht werden kann. Nur dieses Angebot liegt vor dem maßgeblichen Zeitpunkt, da es vom 13. Dezember 2002 datiert. Eine Prüfung dieses Dokuments erlaubt die Feststellung, dass oben rechts mehrere fett gedruckte Wörter stehen, die offenbar das Sortiment der Waren und Dienstleistungen von Boto Ganzevoort beschreiben. Diese Wörter und Wortfolgen sind „Video“, „Großbildprojektion“, „Inflatables“, „Freizeitbedarf“ und „Ideenfabrik“. In der Mitte des Dokuments befinden sich zwei Spalten, die linke mit der Überschrift „Artikel/Art der Leistung“ und die rechte mit der Überschrift „Preis“. In der linken Spalte heißt es: „Aus unserem Lagerbestand bieten wir [folgende Waren] an“. Unterhalb dieses Satzes sind zwei Arten von Geräten mit ihren Abmessungen aufgeführt, und in der rechten Spalte wird der Preis in Euro angezeigt. Die Geräte werden mit den Wörtern „Airscreen“ und „Airframe“ angegeben, wobei der Buchstabe „A“ dieser Wörter groß geschrieben ist. Unten sind ganz kurz einige Angebotsbedingungen, eine Telefonnummer und ein Link zur Website von Boto Ganzevoort angegeben.

52      Mit der Beschwerdekammer ist festzustellen, dass die Art und Weise, in der der Begriff „airscreen“ in diesem Dokument verwendet wird, eine Benutzung als Marke darstellen kann. Die Produktpalette von Boto Ganzevoort ist nämlich rechts oben verzeichnet, und der Oberbegriff „Inflatables“ (aufblasbare Waren) wird dort beschreibend verwendet. Das Wort „airscreen“ kann daher als Name einer Ware verstanden werden, was ihm Unterscheidungskraft verleiht, die es ermöglicht, ein bestimmtes Gerät innerhalb dieser Warengruppe zu bezeichnen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das andere im Angebot genannte Gerät, „airframe“, ebenfalls ein Produktname ist, der als unterscheidungskräftig angesehen werden kann. Außerdem steht entgegen dem Vorbringen der Klägerin der Umstand, dass das Wort „airscreen“ damals noch nicht als Marke eingetragen war, seiner Benutzung als Marke nicht entgegen. Das Markensystem der Union kennt nämlich auch nicht eingetragene Marken auf nationaler Ebene.

53      Abgesehen davon, dass die anderen Dokumente, die zur Anlage 19 zur Klageschrift gehören, undatiert sind oder ein Datum tragen, das nach dem maßgeblichen Zeitpunkt liegt, hat die Beschwerdekammer zu Recht darauf hingewiesen, dass ein Teil der Auszüge aus Internetseiten keinen Bezug zur Union aufweise oder dass „airscreen“ darin als Marke benutzt werde. Die Auszüge aus Websites, die auf die russische, die kanadische und die amerikanische Öffentlichkeit ausgerichtet sind, reichen nämlich nicht aus, um Rückschlüsse auf das Sprachverständnis in der Union zu ziehen. Schließlich belegen die meisten dieser Dokumente, abgesehen von der fehlenden zeitlichen Relevanz, eine Benutzung des Bestandteils „airscreen“ als Marke, wie die Beschwerdekammer in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt hat. Die Benutzung von Großbuchstaben, die gegen die Rechtschreibregeln verstößt, oder die Aufwertung des Ausdrucks durch seine grafische Gestaltung sind tatsächlich Anhaltspunkte für die Benutzung des angegriffenen Zeichens als Marke.

54      Folglich hat die Beschwerdekammer in Rn. 32 der angefochtenen Entscheidung beurteilungsfehlerfrei festgestellt, dass die in Anlage A 19 zur Klageschrift enthaltenen Unterlagen nicht ausreichten, um den beschreibenden Charakter des angegriffenen Zeichens darzutun.

 Zurückweisung der Anmeldung Nr. 76528504 durch das USPTO

55      Nach Ansicht der Klägerin ist die Zurückweisung der Markenanmeldung der Streithelferin vom 1. Juli 2003 durch das USPTO als Beweis dafür anzusehen, dass die englischsprachigen Verbraucher in der Union der Wortkombination „airscreen“ im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren einen rein beschreibenden Inhalt zuordnen würden. Sie beruft sich darauf, dass auf eine beschreibende Verwendung außerhalb der Union zurückgegriffen werden könne, um entsprechende Schlussfolgerungen hinsichtlich des Sprachverständnisses innerhalb der Union zu untermauern.

56      Die Beschwerdekammer ließ die Entscheidung des USPTO im Wesentlichen mit der Begründung außer Betracht, dass ihr in räumlicher Hinsicht keine Relevanz zukomme und dass sie an solche Entscheidungen nicht gebunden sei.

57      Insoweit ist festzustellen, dass der Umstand, dass das USPTO die Eintragung einer mit der angegriffenen Marke identischen Marke mit der Begründung abgelehnt hat, dass sie rein beschreibend sei, keinen Beleg dafür darstellen kann, wie die maßgeblichen Verkehrskreise das Wort „airscreen“ verstehen. Die Unionsregelung für Marken ist nämlich ein autonomes System, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht und Zielsetzungen verfolgt, die ihm eigen sind. Seine Anwendung ist von jedem nationalen System unabhängig, und die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des EUIPO ist ausschließlich auf der Grundlage der einschlägigen Unionsregelung zu beurteilen (vgl. Urteil vom 17. Juli 2008, L & D/HABM, C‑488/06 P, EU:C:2008:420, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Weder das EUIPO noch gegebenenfalls der Unionsrichter ist daher durch eine Entscheidung gebunden, die in einem Mitgliedstaat oder einem Drittstaat ergangen ist und die das betreffende Zeichen zur Eintragung als nationale Marke zulässt oder diese ablehnt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Januar 2019, Ecolab USA/EUIPO [SOLIDPOWER], T‑40/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:18, Rn. 47).

58      Mithin ist das EUIPO, wie die Beschwerdekammer in Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, nicht an die Entscheidungen eines Drittstaats über die Eintragung oder Zurückweisung eines Zeichens als Marke gebunden, auch wenn diese Entscheidungen in einem Land getroffen wurden, das zu dem Sprachraum gehört, in dem das in Rede stehende Wortzeichen seinen Ursprung hat. Ebenso wenig können solche Entscheidungen unmittelbar herangezogen werden, um daraus Rückschlüsse auf das Sprachverständnis in bestimmten Mitgliedstaaten zu ziehen. Dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall, in dem das Wort „airscreen“ nicht lexikalisch belegt ist und dieses Wort von den Verbrauchern, die das amerikanische Englisch sprechen, möglicherweise anders verstanden wird als von den maßgeblichen englischsprachigen Verkehrskreisen.

59      Folglich hat die Beschwerdekammer die Zurückweisung der Anmeldung Nr. 76528504 durch das USPTO beurteilungsfehlerfrei als irrelevant außer Betracht gelassen.

 Beschlüsse des Bundespatentgerichts (Deutschland)

60      Die Klägerin hat fünf Beschlüsse des Bundespatentgerichts (28 W [pat] 147/04 vom 30. November 2005, „Air System“, 28 W [pat] 261/04 vom 29. März 2006, „AIRBRAKE“, 24 W [pat] 112/04 vom 8. August 2006, „AIRSCREEN“, 26 W [pat] 95/08 vom 13. Mai 2009, „Air Disc“, und 25 W [pat] 15/13 vom 16. Dezember 2015, „Air Solution“) vorgelegt, um zu belegen, dass der Begriff „airscreen“ für die deutschen Verbraucher in den deutschen Sprachgebrauch Eingang gefunden habe. Die Klägerin macht unter Bezugnahme u. a. auf diese Beschlüsse geltend, dass das Wort „airscreen“ zwar für die maßgeblichen Verkehrskreise, die Englisch als Muttersprache hätten, keine Bedeutung aufweise, doch könne es für die deutschsprachigen Verkehrskreise eine besondere Bedeutung haben. In diesem Zusammenhang führt sie als Beispiel das Wort „Old Timer“ an, das sich für das deutschsprachige Publikum auf ein „Fahrzeug aus einer anderen Epoche“ beziehe, was bei Verbrauchern mit Englisch als Muttersprache nicht unbedingt der Fall sei.

61      Die Beschwerdekammer hat die oben genannten Beschlüsse im Wesentlichen als unerheblich zurückgewiesen, da sie nach dem maßgeblichen Zeitpunkt ergangen seien und sie nicht an die Entscheidungen nationaler Behörden oder Gerichte gebunden sei. Die Beschwerdekammer wies auch das Vorbringen der Klägerin zurück, wonach sich die beschreibende Bedeutung des angegriffenen Zeichens aus dem Sprachverständnis insbesondere der deutschsprachigen Verkehrskreise ergebe, da die Bedeutung des streitigen Zeichens für Verkehrskreise, für die Englisch eine Fremdsprache sei, gleichermaßen unklar bleibe und die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass das Wort „airscreen“ zum maßgeblichen Zeitpunkt außerhalb des englischen Sprachraums im Sinne von „aufblasbare Kinoleinwand“ verstanden worden sei.

62      Es ist darauf hinzuweisen, dass nach der oben in Rn. 57 angeführten Rechtsprechung und wie die Beschwerdekammer in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung ausführt, die Unionsregelung für Marken ein autonomes System ist, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften besteht und Zielsetzungen verfolgt, die ihm eigen sind. Seine Anwendung ist von jedem nationalen System unabhängig, und die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern des EUIPO ist ausschließlich auf der Grundlage der einschlägigen Unionsregelung zu beurteilen.

63      Daher ist die Schlussfolgerung in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung zu bestätigen, wonach die von der Klägerin angeführten Beschlüsse in zeitlicher Hinsicht nicht einschlägig seien und die Beschwerdekammer im Sinne der oben in Rn. 57 angeführten Rechtsprechung nicht binden könnten. Diese Argumentation gilt auch für den Beschluss 24 W (pat) 112/04 vom 8. August 2006, „AIRSCREEN“, den die Beschwerdekammer nicht berücksichtigt habe. In Anbetracht der Erwägungen der Beschwerdekammer zu den von der Klägerin vorgelegten Beweisen und den anderen Beschlüssen des deutschen Bundespatentgerichts, nämlich ihrer Unerheblichkeit in zeitlicher Hinsicht sowie ihrer Unverbindlichkeit für die Beschwerdekammer, lässt in diesem Zusammenhang nichts den Schluss zu, dass die Beschwerdekammer unter Bezugnahme auf den Beschluss 24 W (pat) 112/04 vom 8. August 2006 zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Es ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer zwar Entscheidungen nationaler Behörden oder Gerichte einbeziehen kann, diese aber nur Hinweischarakter im Rahmen der Sachverhaltswürdigung haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. März 2016, Karl-May-Verlag/HABM – Constantin Film Produktion [WINNETOU], T‑501/13, EU:T:2016:161, Rn. 34, 36 und 42). Im Übrigen verpflichtet keine Bestimmung der Verordnung Nr. 40/94 das EUIPO, oder und im Fall einer Klage das Gericht, zu den gleichen Ergebnissen zu gelangen wie die nationalen Ämter oder Gerichte in einem gleichartigen Fall (vgl. Urteil vom 12. Januar 2006, Deutsche SiSi-Werke/HABM, C‑173/04 P, EU:C:2006:20, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, wonach das Wort „airscreen“ zum maßgeblichen Zeitpunkt außerhalb des englischsprachigen Sprachraums als „aufblasbare Kinoleinwand“ verstanden worden sei. Die Klägerin hat hierfür nämlich keine Beweise vorgelegt, und die Beschlüsse des deutschen Bundespatentgerichts sind insoweit nicht einschlägig.

65      Daher hat die Beschwerdekammer beurteilungsfehlerfrei festgestellt, dass die Beschlüsse des Bundespatentgerichts für die Feststellung des beschreibenden Charakters der angegriffenen Marke unerheblich seien.

 Kommunikationsvorgang zwischen der Klägerin und dem Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE, Schweiz)

66      Am 30. Januar 2019 richtete die Klägerin an das IGE eine Anfrage hinsichtlich einer Vorabauskunft über die eventuelle Eintragungsfähigkeit des Zeichens „airscreen“ für eine aufblasbare Bildwand. Die Antwort war, dass der Antrag „wohl“ zurückgewiesen würde.

67      Die Beschwerdekammer hat diesen Schriftwechsel in Rn. 33 der angefochtenen Entscheidung als in räumlicher und zeitlicher Hinsicht unerheblich angesehen.

68      In Übereinstimmung mit der Beschwerdekammer ist tatsächlich festzustellen, dass die Antwort des IGE hinsichtlich der eventuellen Eintragungsfähigkeit des Zeichens „airscreen“ für aufblasbare Bildleinwände in räumlicher und zeitlicher Hinsicht unerheblich ist. Insoweit genügt der Hinweis auf die oben in den Rn. 33 und 57 angeführte Rechtsprechung. Die unverbindliche und kurzfristig von einem einzigen Prüfer erteilte Auskunft, wonach das Zeichen „airscreen“ für aufblasbare Bildwände im Jahr 2019 „wohl“ für die Schweizer Verbraucher abgelehnt worden wäre, enthält nämlich keinen Hinweis darauf, wie die Verkehrskreise die angegriffene Marke zum maßgeblichen Zeitpunkt in der Union wahrnehmen.

69      Somit hat die Beschwerdekammer den Kommunikationsvorgang zwischen der Klägerin und dem IGE beurteilungsfehlerfrei als für den Nachweis des beschreibenden Charakters der angegriffenen Marke nicht ausreichend zurückgewiesen.

 Ergebnis

70      Nach alledem ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer beurteilungsfehlerfrei davon ausgehen konnte, dass die vorgelegten Beweise nicht ausreichten, um den beschreibenden Charakter des Begriffs „airscreen“ in Hinblick auf die in Rede stehenden Waren zu belegen, und dass die angegriffene Marke im Einklang mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 40/94 eingetragen worden war.

71      Dieses Ergebnis kann durch die erstmals beim Gericht eingereichten Anlagen nicht in Frage gestellt werden. Insoweit ist insbesondere zu Anlage A 23, die die Entscheidung des BOIP vom 26. Mai 2021 in der Sache 1427184 enthält, festzustellen, dass es sich dabei nicht um eine endgültige Entscheidung handelt, sondern um eine „vorläufige Zurückweisung“. Außerdem bezieht sich die in dieser Entscheidung vorläufig zurückgewiesene Markenanmeldung nicht auf den Zeitraum vor dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeitpunkt (dem 27. Juni 2003), sondern datiert vom 15. Oktober 2020.

72      Daraus folgt, dass die Anlage A 23 in Anbetracht der oben in den Rn. 33 und 57 angeführten Rechtsprechung außer Betracht zu lassen ist, da sie in zeitlicher Hinsicht nicht relevant ist und das Gericht bei seiner Beurteilung nicht binden kann. Gleiches gilt für die übrigen Anlagen, die erstmals beim Gericht eingereicht worden sind.

73      Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 in Verbindung mit ihrem Art. 7 Abs. 1 Buchst. b

74      Die Klägerin betont, dass die angegriffene Marke beschreibend sei, und stützt das von ihr geltend gemachte Fehlen der Unterscheidungskraft auf diesen Gesichtspunkt.

75      Das EUIPO, unterstützt von der Streithelferin, tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

76      Da sich das Vorbringen der Klägerin zur angeblich fehlenden Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 ausschließlich auf ihren angeblich beschreibenden Charakter stützt und im Rahmen des ersten Klagegrundes festgestellt worden ist, dass die angegriffene Marke für die in Rede stehenden Waren nicht beschreibend ist, kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden.

77      Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen und damit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

78      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

79      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Moviescreens Rental GmbH trägt die Kosten.

Tomljenović

Schalin

Škvařilová-Pelzl

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 22. September 2021.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

      M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.