Language of document : ECLI:EU:F:2015:146

BESCHLUSS DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION
(Erste Kammer)

7. Dezember 2015

Rechtssache F‑136/14

Norbert Probst

gegen

Europäische Kommission

„Öffentlicher Dienst – Dienstbezüge – Auslandszulage – Art. 4 des Anhangs VII des Statuts – Ehemaliger parlamentarischer Assistent – Entscheidung der Kommission, ehemaligen parlamentarischen Assistenten die Auslandszulage ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der dem Personal gegebenen Information zu gewähren – Aufhebungsurteile – Neue wesentliche Tatsachen – Zeitlich begrenzte Wirkung – Rechtskraft – Bestandskräftig gewordene Verwaltungsentscheidungen – Gleichbehandlung“

Gegenstand:      Klage nach Art. 270 AEUV, der nach Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt, auf Aufhebung der Entscheidung des Amtes für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche (PMO) der Europäischen Kommission vom 29. Januar 2014, dem Kläger die in Art. 4 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Union in der vor dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung (im Folgenden: Statut) vorgesehene Auslandszulage mit Wirkung ab dem 1. September 2013 zu gewähren, soweit die Rückwirkung dieser Entscheidung auf diesen Zeitpunkt beschränkt ist, anstatt auf den 1. Juli 1999, den Zeitpunkt seiner Einstellung, abzustellen

Entscheidung:      Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Herr Probst trägt seine eigenen Kosten und wird verurteilt, die Kosten der Europäischen Kommission zu tragen.

Leitsätze

1.      Beamtenklage – Vorherige Verwaltungsbeschwerde – Fristen – Ausschlusswirkung – Wiedereröffnung – Voraussetzung – Aufhebungsurteile – Rechtskraft – Wesentliche neue Tatsache

(Beamtenstatut, Art. 90 und 91)

2.      Beamte – Gleichbehandlung – Begriff – Entscheidung der Kommission, ehemaligen parlamentarischen Assistenten die Auslandszulage ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Verwaltungsinformation zu gewähren – Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz – Fehlen

1.      Die vom Unionsrichter erlassenen Aufhebungsurteile erwachsen nur in Bezug auf die Personen, die formell Parteien in den entsprechenden Rechtssachen waren, in Rechtskraft. Daher können die Rechtswirkungen dieser Urteile nicht von Beamten oder Bediensteten der Union geltend gemacht werden, die es versäumt haben, rechtzeitig unter Einhaltung der anwendbaren rechtlichen Voraussetzungen von den ihnen vom Statut eingeräumten Rechten auf Erhebung einer Klage oder eines Eintritts Gebrauch zu machen, um gerade einen sie beschwerenden Verwaltungsakt anzufechten.

Die Rechtswirkungen eines Urteils, mit dem ein Verwaltungsakt eines Organs der Union aufgehoben wird, beziehen sich ausschließlich auf die in Rede stehenden Parteien sowie auf die unmittelbar von dem aufgehobenen Rechtsakt betroffenen Personen. Ein solches Urteil kann nämlich nur in Bezug auf diese Personen eine neue Tatsache begründen, die daher geeignet ist, die Beschwerde- oder Klagefristen gegen diesen Verwaltungsakt wieder in Gang zu setzen.

Dennoch kann ein Organ der Union mit einer aus eigener Initiative getroffenen Entscheidung und im Interesse des Dienstes entscheiden, die Wirkungen eines Aufhebungsurteils auf Mitglieder seines Personals zu erstrecken, die keine klägerische Partei in der in Rede stehenden Rechtssache waren, und ihnen gegebenenfalls unter Einhaltung der anwendbaren Statutsvorschriften die Rechte oder Vorteile, die sich aus diesem Urteil ergeben, einzuräumen.

Unter diesen aufgestellten Voraussetzungen stellt ein Aufhebungsurteil in Bezug auf ein Mitglied des Personals, das in der in Rede stehenden Rechtssache nicht klägerische Partei war, eine neue Tatsache dar, die ein Organ verpflichten kann, dessen Anspruch auf die Auslandszulage von Amts wegen zu überprüfen.

(vgl. Rn. 33 bis 36)

Verweisung auf:

Gerichtshof: Urteil vom 21. Februar 1974, Kortner u. a./Rat u. a., 15/73 bis 33/73, 52/73, 53/73, 57/73 bis 109/73, 116/73, 117/73, 123/73, 132/73 und 135/73 bis 137/73, EU:C:1974:16, Rn. 36 bis 40

Gericht der Europäischen Union: Beschluss vom 11. Oktober 2012, Cervelli/Kommission, T‑622/11 P, EU:T:2012:538, Rn. 20, 21 und 25

Gericht für den öffentlichen Dienst: Beschluss vom 13. Februar 2014, Probst/Kommission, F‑75/13, EU:F:2014:20

2.      Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung liegt vor, wenn zwei Personengruppen, deren tatsächliche und rechtliche Situation sich nicht wesentlich unterscheidet, unterschiedlich behandelt werden oder wenn unterschiedliche Situationen gleichbehandelt werden.

Daraus folgt, dass der Erlass einer Verwaltungsentscheidung der Kommission, mit der allen ehemaligen parlamentarischen Assistenten, die die erforderlichen Kriterien erfüllten, die Möglichkeit eröffnet wurde, sich bei der Verwaltung zu melden, um eine Überprüfung ihrer Situation in Bezug auf die Gewährung der Auslandszulage ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Verwaltungsinformation vornehmen zu lassen, keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung darstellt.

(vgl. Rn. 43 und 45)

Verweisung auf:

Gericht für den öffentlichen Dienst: Urteil vom 11. Februar 2009, Schönberger/Parlament, F‑7/08, EU:F:2009:10, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung