Language of document : ECLI:EU:T:2022:842

URTEIL DES GERICHTS(i) (Erste Kammer)

21. Dezember 2022(*)

„Staatliche Beihilfen – Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen – Beschwerde – Untätigkeitsklage – Aufforderung, tätig zu werden – Zulässigkeit – Verpflichtung zum Handeln – Fehlen“

In der Rechtssache T‑702/21,

Ekobulkos EOOD mit Sitz in Todorichene (Bulgarien), vertreten durch Rechtsanwalt M. Dimitrov,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch C.‑M. Carrega und C. Georgieva als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann (Berichterstatter) sowie der Richter R. Mastroianni und I. Gâlea,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 265 AEUV begehrt die Klägerin, die Ekobulkos EOOD, die Feststellung, dass die Europäische Kommission es rechtswidrig unterlassen hat, zu ihrer am 21. Februar 2020 eingelegten Beschwerde über eine angebliche staatliche Beihilfemaßnahme der Republik Bulgarien, die bestimmte Erzeuger von Strom aus erneuerbaren Quellen begünstigen soll, Stellung zu nehmen.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Die Klägerin ist ein in Bulgarien tätiger Stromerzeuger und besitzt eine am 19. Mai 2012 in Betrieb genommene Fotovoltaikanlage.

3        Mit dem Beschluss C(2016) 5205 final vom 4. August 2016 in der Sache SA.44840 (2016/NN) (im Folgenden: Beschluss in der Sache SA.44840) sah die Kommission die von den bulgarischen Behörden angemeldete bulgarische Regelung zur Förderung der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, bestehend aus dem seit dem 3. Mai 2011 in Kraft befindlichen Zakon za energiata ot vazobnovyaemi iztochnitsi (ZEVI) (Gesetz über Energie aus erneuerbaren Quellen) (DV Nr. 35 vom 3. Mai 2011) sowie den beiden Verordnungen vom 18. März 2013 über die Regelung der Strompreise und vom 20. Februar 2004 über die Regulierung der Strompreise, als gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar an und beschloss, keine Einwände zu erheben.

4        Am 21. Februar 2020 legte die Klägerin bei der Kommission eine unter der Nr. SA.56620 registrierte Beschwerde ein, in der sie geltend machte, die Republik Bulgarien habe den Erzeugern von Strom aus erneuerbaren Quellen eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe in Form von Vorzugspreisen für den Bezug von Strom aus erneuerbaren Quellen gewährt. In ihrer Beschwerde führte die Klägerin aus, die Beihilfe beruhe auf einer durch Paragraf 18 des Zakon za izmenenie i dopalnenie na Zakona za energetikata (ZID-ZE) (Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Energie) vom 24. Juli 2015 (DV Nr. 56 vom 24. Juli 2015, im Folgenden: Änderungsgesetz) eingeführten Änderung, die erheblich von der zuvor von der Kommission genehmigten Maßnahme abweiche. Mit der durch Paragraf 18 des Änderungsgesetzes eingeführten Änderung sei zwischen identischen Erzeugern, die Investitionen in gleicher Höhe getätigt, ihre Anlagen zur gleichen Zeit in Betrieb genommen und Beihilfen in gleicher Höhe erhalten hätten, nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Beihilfeantrags unterschieden worden. So hätten einige Erzeuger einen viermal höheren Beihilfebetrag erhalten als andere, weil sie nach dem 3. Mai 2011 einen Beihilfeantrag im Rahmen nationaler oder unionsrechtlicher Beihilferegelungen gestellt hätten, was insbesondere gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoße.

5        Die Kommission bestätigte den Eingang dieser Beschwerde am 6. März 2020.

6        Am 7. Oktober 2020 sandte die Kommission der Klägerin ein Schreiben, in dem sie u. a. darauf hinwies, dass, wie in den Rn. 27 und 28 des Beschlusses in der Sache SA.44840 erwähnt, nach den Antikumulierungsvorschriften und Rn. 129 der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (ABl. 2014, C 200, S. 1) bereits erhaltene Investitionsbeihilfen von Betriebsbeihilfen mit demselben Ziel abzuziehen seien. Da Investitionsbeihilfen, die vor dem 3. Mai 2011, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über Energie aus erneuerbaren Quellen, gewährt worden seien, nicht von der Betriebsbeihilfe abgezogen worden seien, werde diese Ungleichbehandlung durch Paragraf 18 des Änderungsgesetzes behoben, um die Überkompensation der Erzeuger, die vor 2011 eine Beihilfe erhalten hätten, zu beseitigen. Damit stehe die bulgarische Regelung zur Förderung erneuerbarer Energiequellen im Einklang mit dem Beschluss in der Sache SA.44840, mit dem die bulgarische Regelung für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden sei und in dessen Rn. 29 es heiße, dass, „wenn die Investitionsbeihilfe bei der Festlegung der Förderhöhe ursprünglich nicht abgezogen wurde, … der Vorzugskaufpreis durch die Änderung des ZEVI vom 24. Juli 2015 gesenkt [wurde], um die Wahrung der Kumulierungsvorschriften zu gewährleisten und die Gefahr einer Überkompensation auszuschließen“. Die Kommission wies darauf hin, dass sie somit das Änderungsgesetz einschließlich seines Paragrafen 18 genehmigt habe und dass sie auf der Grundlage der in der Beschwerde vorgelegten Informationen weder eine fehlerhafte Anwendung der mit dem Beschluss in der Sache SA.44840 genehmigten Beihilfe noch neue Maßnahmen, die eine staatliche Beihilfe darstellen würden, festgestellt habe. Sie sei nicht in der Lage, die angeblich eine Beihilfe darstellende Maßnahme und die für die Beurteilung dieser Maßnahme relevanten Umstände korrekt zu bestimmen. Schließlich forderte sie die Klägerin auf, ihr gegebenenfalls weitere Gesichtspunkte zur Stützung ihrer Beschwerde innerhalb eines Monats zu übermitteln; andernfalls gelte ihre Beschwerde als zurückgezogen.

7        Mit Schreiben an die Kommission vom 7. November 2020 hielt die Klägerin an dem Vorbringen in ihrer Beschwerde fest.

8        Als Erstes wies sie darauf hin, dass sie auf der Grundlage des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum 2007-2013, das in Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) (ABl. 2005, L 277, S. 1) erlassen worden sei, einen nicht rückzahlbaren (Deminimis)Zuschuss aus dem Unionshaushalt erhalten habe. Dieser Zuschuss sei zur Verwirklichung der Ziele der Politik der Entwicklung des ländlichen Raums der Union zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in nicht landwirtschaftlichen Kleinstunternehmen in ländlichen Gebieten und zur Förderung des Unternehmergeists in diesen Gebieten gewährt worden, was keine Investitionsbeihilfe sei und ein anderes Ziel verfolge. Es sei nicht angemessen, Mittel, die für das Ziel der Politik der Entwicklung des ländlichen Raums der Union bereitgestellt seien, das in der „Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten und von Voraussetzungen für Wachstum“ im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) bestehe, als Mittel zur Verwirklichung des indikativen Anteils erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch im Rahmen der Umweltpolitik der Union zu behandeln. Nach Rn. 190 des Unionsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen von 2008 könnten Investitions- und Betriebsbeihilfen kumuliert werden, wenn sie zur Verfolgung verschiedener Ziele unterschiedlicher Unionspolitiken gewährt würden, sofern die Summe die von der Regelung vorgeschriebenen Höchstgrenzen nicht überschreite. Selbst wenn es sich um eine Investitionsbeihilfe handeln könne, hätten die bulgarischen Behörden die Vorschriften über die Kumulierung von Beihilfen insbesondere deshalb nicht gewahrt, weil sie die Investitionsbeihilfe nicht von der Betriebsbeihilfe abgezogen hätten, sondern die Betriebsbeihilfe ohne Rechtfertigung viermal gekürzt hätten, bevor sie die Investitionsbeihilfe davon abgezogen hätten. Zudem entsprächen die in Paragraf 18 des Änderungsgesetzes vorgeschriebenen Preise nicht den in den Rn. 16 bis 19 des Beschlusses in der Sache SA.44840 angegebenen Preisen.

9        Als Zweites machte die Klägerin geltend, dass Paragraf 18 des Änderungsgesetzes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoße, da er zu Vorzugspreisen führe, die bestimmte Erzeuger gegenüber anderen Erzeugern, die sich in einer in ihren wesentlichen Merkmalen entsprechenden Lage befänden, begünstigten, ohne dass dies durch objektive Gründe gerechtfertigt sei. Zum einen komme diese Ungleichbehandlung zwischen den einzelnen in den Anwendungsbereich von Paragraf 18 des Änderungsgesetzes fallenden Unternehmen zum Ausdruck, da die Unternehmen Inhaber von Energieanlagen seien, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten, mit unterschiedlichen Investitionskosten und unterschiedlichen Renditen (der Preis für Voltaikanlagen sei zwischen 2009 und 2014 stark gesunken) errichtet und in Betrieb genommen worden seien, aber denselben Vorzugspreis für die Abnahme von Strom erhielten. Zum anderen zeige sich diese Ungleichbehandlung hinsichtlich der Eigentümer von Energieanlagen, deren Beihilfeanträge nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über Energie aus erneuerbaren Quellen gestellt worden seien, und anderer Gruppen von Erzeugern erneuerbarer Energie, die ebenfalls vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über Energie aus erneuerbaren Quellen eine Beihilfe erhalten hätten. Paragraf 18 des Änderungsgesetzes verstoße somit gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und das Diskriminierungsverbot, die durch Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert würden.

10      Mit Schreiben an die Kommission vom 22. Juni 2021 wiederholte die Klägerin ihr Vorbringen, um darzutun, dass mit Paragraf 18 des Änderungsgesetzes eine neue Maßnahme eingeführt werde, die eine rechtswidrige Beihilfe darstelle und einer Gruppe von Erzeugern, die vor dem 3. Mai 2011 eine Beihilfe beantragt hätten, diskriminierende Bedingungen auferlege. Das Änderungsgesetz sei im Beschluss in der Sache SA.44840 nicht erwähnt worden, es verstoße gegen das Gesetz über Energie aus erneuerbaren Quellen und gegen die Vorschriften über die Kumulierung von Beihilfen. Die Republik Bulgarien habe gegen Art. 72 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 und Art. 175 AEUV verstoßen, indem sie sich nicht an die Ziele der Politik der Entwicklung des ländlichen Raums der Union gehalten habe. Unter Berufung auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) ersuchte die Klägerin die Kommission, einen Beschluss zu erlassen, mit dem die Anwendung der in Paragraf 18 des Änderungsgesetzes genannten Maßnahme bis zu einem endgültigen Beschluss über deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt ausgesetzt werde, und stellte klar, dass ihr Schreiben eine Aufforderung zum Tätigwerden im Sinne von Art. 265 Abs. 2 AEUV darstelle.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die Untätigkeit der Kommission festzustellen, soweit sie es unterlassen hat, einen Beschluss über die unter der Nr. SA.56620 registrierte Beschwerde zu erlassen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen, auch wenn sie nach Erhebung der Klage einen Beschluss erlässt.

12      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig und unbegründet abzuweisen;

–        den Parteien ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin ist der Ansicht, die Kommission habe ihre Beschwerde nicht, wie in Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung 2015/1589 vorgesehen, rechtzeitig geprüft und sie habe keinen Beschluss gemäß Art. 4 und Art. 15 Abs. 1 dieser Verordnung erlassen.

14      Die Kommission macht geltend, die Klage sei unzulässig und unbegründet.

 Zur Zulässigkeit der Klage

15      Die Kommission hält die Klage für unzulässig. Die Aufforderung sei eine wesentliche Förmlichkeit, die insbesondere den Rahmen für eine etwaige Untätigkeitsklage vorgebe. Der Inhalt der Aufforderung zum Tätigwerden vom 22. Juni 2021, die auf einen Verstoß gegen Art. 72 Buchst. a der Verordnung Nr. 1698/2005 und Art. 175 AEUV gestützt sei, unterscheide sich aber vom Gegenstand der Klage, die auf die Art. 12, 13 und 15 der Verordnung 2015/1589 gestützt werde.

16      Die Klägerin macht geltend, ihre Klage sei zulässig, da die Kommission das Beschwerdeverfahren nach den von ihr vorgelegten zusätzlichen Informationen und Argumenten nicht abgeschlossen habe, was sie gezwungen habe, ihr Vorbringen im Rahmen der Aufforderung zum Tätigwerden vom 22. Juni 2021 zu wiederholen. Auch wenn sich diese Aufforderung zum Tätigwerden nur auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 bezogen habe, sei es offensichtlich gewesen, dass sie auf einen Beschluss über die Vereinbarkeit der Maßnahme und nicht über ihre vorübergehende Aussetzung abgezielt habe.

17      Es ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 265 Abs. 2 AEUV eine Untätigkeitsklage nur zulässig ist, wenn das fragliche Organ zuvor aufgefordert worden ist, tätig zu werden. Nach ständiger Rechtsprechung ist diese Aufforderung an das Organ eine wesentliche Förmlichkeit. Sie setzt die Frist von zwei Monaten in Lauf, binnen deren das Organ Stellung zu nehmen hat, und gibt den Rahmen vor, innerhalb dessen eine Klage erhoben werden kann, wenn das Organ nicht Stellung nimmt. Die Aufforderung ist zwar an kein besonderes Formerfordernis gebunden, sie muss jedoch so klar und deutlich sein, dass die Kommission konkret erkennen kann, welchen Inhalt die beantragte Entscheidung haben soll und dass mit ihr beabsichtigt ist, sie zu einer Stellungnahme zu zwingen (Urteile vom 3. Juni 1999, TF1/Kommission, T‑17/96, EU:T:1999:119, Rn. 41, und vom 29. September 2011, Ryanair/Kommission, T‑442/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:547, Rn. 22). Der Wortlaut der Untätigkeitsklage und derjenige des Aufforderungsschreibens müssen jedoch nicht identisch sein (Urteil vom 10. März 2021, ViaSat/Kommission, T‑245/17, EU:T:2021:128, Rn. 39).

18      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass, wie die Kommission ausführt, der Antrag in der Aufforderung zum Tätigwerden vom 22. Juni 2021, die den Rahmen der vorliegenden Klage vorgibt, und die beim Gericht eingereichte Klageschrift voneinander abweichen. Zum einen wird die Kommission nämlich im Schreiben der Klägerin vom 22. Juni 2021 aufgefordert, einen Beschluss zu erlassen, mit dem die Anwendung von Paragraf 18 des Änderungsgesetzes bis zu einem endgültigen Beschluss über seine Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung 2015/1589 ausgesetzt wird, wonach die Kommission dem betreffenden Mitgliedstaat aufgeben kann, alle rechtswidrigen Beihilfen so lange auszusetzen, bis sie einen Beschluss über die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt erlassen hat. Zum anderen macht die Klägerin in ihrer Klageschrift einen Verstoß gegen die Bestimmungen über staatliche Beihilfen geltend, nämlich gegen die Art. 107 und 108 AEUV sowie die Art. 4, 12 und 15 der Verordnung 2015/1589, und begehrt somit die Feststellung der Untätigkeit der Kommission wegen Nichterlasses eines Beschlusses über die Rechtmäßigkeit oder über die Vereinbarkeit von Paragraf 18 des Änderungsgesetzes im Hinblick auf das Recht der staatlichen Beihilfen.

19      Diese Abweichung zwischen der Aufforderung zum Tätigwerden, die den Rahmen des Rechtsstreits vorgibt, und der vorliegenden Klage, wie sie in der Klageschrift definiert wird, ist jedoch nicht so groß, dass sie nach der vorstehend angeführten Rechtsprechung (siehe oben, Rn. 17) zur Unzulässigkeit der vorliegenden Klage führen muss.

20      Aus der Beschwerde der Klägerin vom 21. Februar 2020, auf die sie sich zu Beginn ihrer Aufforderung zum Tätigwerden bezieht, ergibt sich nämlich, dass sie im Wesentlichen geltend machte, dass Paragraf 18 des Änderungsgesetzes u. a. eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe darstelle. Dies ergibt sich auch aus dem Schreiben vom 7. November 2020, aus dem hervorgeht, dass die Klägerin nicht nur die Aussetzung der Durchführung von Paragraf 18 des Änderungsgesetzes, sondern auch den Erlass eines Beschlusses über die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt anstrebte, was die Klägerin in ihrer Erwiderung vor dem Gericht bestätigt.

21      Darüber hinaus zielt der Antrag der Klägerin in der Aufforderung zum Tätigwerden, wie sich oben aus Rn. 10 ergibt, zwar nur auf die Aussetzung der fraglichen Maßnahme bis zu einem endgültigen Beschluss über deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt ab. Sie wiederholt jedoch ihre Analyse, wonach mit Paragraf 18 des Änderungsgesetzes eine neue Maßnahme eingeführt werde, die eine rechtswidrige Beihilfe darstelle, die u. a. gegen die Vorschriften über die Kumulierung von zur Verwirklichung verschiedener Ziele unterschiedlicher Unionspolitiken gewährten Beihilfen verstoße, und wonach es sich um eine rechtswidrige Beihilfe handele, die einer Gruppe von Erzeugern diskriminierende Bedingungen auferlege.

22      Im Übrigen scheint eine Aussetzung der fraglichen Maßnahme durch die Kommission, wie sie in der Aufforderung zum Tätigwerden beantragt wurde, auf den ersten Blick notwendigerweise damit verbunden zu sein, dass die Rechtmäßigkeit und die Vereinbarkeit der Maßnahme im Hinblick auf das Recht der staatlichen Beihilfen materiell-rechtlich geprüft werden.

23      Trotz des Antrags in der Aufforderung zum Tätigwerden vom 22. Juni 2021, mit der die Kommission aufgefordert wurde, die Anwendung von Paragraf 18 des Änderungsgesetzes auf der Grundlage von Art. 13 der Verordnung 2015/1589 auszusetzen, ist diese Aufforderung zum Tätigwerden, die sich auf die Beschwerde und die Erwartung des Erlasses eines Beschlusses über die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt bezieht, unter Berücksichtigung des Akteninhalts und insbesondere des ihr vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens daher so klar und deutlich, dass die Kommission konkret erkennen kann, welchen Inhalt die beantragte Entscheidung haben soll, nämlich nicht nur die fragliche Maßnahme auszusetzen, sondern auch zu ihrer Vereinbarkeit im Hinblick auf das Recht der staatlichen Beihilfen Stellung zu nehmen.

24      Daher ist die vorliegende Klage für zulässig zu erklären, soweit sie auf die Feststellung gerichtet ist, dass die Kommission es rechtswidrig unterlassen hat, einen Beschluss über die Frage zu erlassen, ob Paragraf 18 des Änderungsgesetzes eine rechtswidrige oder mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfemaßnahme darstellt.

 Zur Begründetheit der Klage

25      Die Klägerin macht geltend, mit Paragraf 18 des Änderungsgesetzes werde eine Modalität des Rückkaufs von Strom aus erneuerbaren Energiequellen eingeführt, die eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe darstelle. Diese Bestimmung sei im Beschluss in der Sache SA.44840 nicht berücksichtigt worden. Im Anschluss an ihre Beschwerde habe sie mit Schreiben vom 7. November 2020 zusätzliche Informationen vorgelegt und, als die Kommission nicht geantwortet habe, am 22. Juni 2021 eine Aufforderung zum Tätigwerden versandt. In der Sache macht die Klägerin geltend, die Kommission habe ihre Beschwerde betreffend eine etwaige rechtswidrige Beihilfe unter Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung 2015/1589 nicht rechtzeitig geprüft, sie habe unter Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 und 2 sowie Art. 4 der Verordnung keinen Beschluss erlassen, sie habe ihr keine Kopie ihres Beschlusses übermittelt und sie habe keine geeigneten Maßnahmen ergriffen. Die Kommission sei verpflichtet gewesen, über die Vereinbarkeit von Paragraf 18 des Änderungsgesetzes mit dem AEU-Vertrag zu entscheiden, und die im Schreiben vom 7. Oktober 2020 vorgenommene Analyse der Kommission stelle weder eine endgültige Stellungnahme noch einen abschließenden Standpunkt zur Beschwerde der Klägerin dar. Die Klägerin zieht daraus den Schluss, dass eine Untätigkeit der Kommission vorliege.

26      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

27      Um über die Begründetheit des Antrags auf Feststellung der Untätigkeit entscheiden zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung zu prüfen, ob die Kommission zu der Zeit, als sie nach Art. 265 AEUV zum Tätigwerden aufgefordert wurde, eine entsprechende Verpflichtung traf (Urteile vom 15. September 1998, Gestevisión Telecinco/Kommission, T‑95/96, EU:T:1998:206, Rn. 71, vom 19. Mai 2011, Ryanair/Kommission, T‑423/07, EU:T:2011:226, Rn. 25, und vom 29. September 2011, Ryanair/Kommission, T‑442/07, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:547, Rn. 28).

28      Auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen sind die Fälle, in denen die Kommission verpflichtet ist, wegen rechtswidriger oder mit dem Binnenmarkt unvereinbarer Beihilfen tätig zu werden, durch die Verordnung 2015/1589 geregelt.

29      In Bezug auf rechtswidrige Beihilfen sieht Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung 2015/1589 u. a. vor, dass die Kommission jede nach Art. 24 Abs. 2 der Verordnung eingelegte Beschwerde von Beteiligten ohne ungebührliche Verzögerung prüft. Art. 24 Abs. 2 („Rechte der Beteiligten“) der Verordnung sieht u. a. vor, dass, wenn die von einem Beteiligten vorgebrachten sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte auf der Grundlage einer Prima-facie-Prüfung nicht als Nachweis für das Vorliegen oder die missbräuchliche Nutzung einer Beihilfe ausreichen, die Kommission ihn davon in Kenntnis setzt und ihn auffordert, innerhalb einer vorgeschriebenen Frist von höchstens einem Monat dazu Stellung zu nehmen. Falls der Beteiligte nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist Stellung nimmt, gilt die Beschwerde als zurückgezogen.

30      Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung 2015/1589 sieht vor, dass nach Prüfung einer etwaigen rechtswidrigen Beihilfe ein Beschluss nach Art. 4 Abs. 2, 3 oder 4 der Verordnung ergeht. Nach Art. 4 der Verordnung prüft die Kommission die Anmeldung unmittelbar nach deren Eingang und erlässt entweder einen Beschluss, mit dem festgestellt wird, dass die Maßnahme keine Beihilfe darstellt, oder einen Beschluss, keine Einwände zu erheben, wenn die Maßnahme keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt, oder einen Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens, wenn die Maßnahme Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gibt.

31      Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission im vorliegenden Fall mit einer Beschwerde befasst wurde oder Informationen erhalten hat, die eine angeblich rechtswidrige oder mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe betreffen, woraufhin ein auf diese Bestimmungen gestützter Beschluss hätte erlassen werden müssen.

32      Es ist festzustellen, dass die Kommission in ihrem Beschluss in der Sache SA.44840 die Änderungen des Gesetzes über Energie aus erneuerbaren Quellen und insbesondere das im vorliegenden Fall fragliche Änderungsgesetz berücksichtigt hat.

33      Erstens ergibt sich dies aus Fn. 2 des Beschlusses in der Sache SA.44840, in der das Änderungsgesetz erwähnt wird. Zweitens ergibt sich dies aus Rn. 29 des Beschlusses, in der es heißt, dass, wenn die Investitionsbeihilfe bei der Festlegung der Beihilfehöhe ursprünglich nicht abgezogen worden sei, der Vorzugskaufpreis durch das Änderungsgesetz gesenkt worden sei, um die Wahrung der Kumulierungsvorschriften zu gewährleisten und die Gefahr einer Überkompensation auszuschließen. Gerade hierauf bezieht sich die durch Paragraf 18 des Änderungsgesetzes eingeführte Änderung. Drittens hatte die Kommission, wie aus Rn. 40 des Beschlusses in der Sache SA.44840 hervorgeht, zum Zeitpunkt der Analyse der von der Republik Bulgarien angemeldeten Regelung Beschwerden eines bulgarischen Verbands für Fotovoltaik und von kleinen Erzeugern erhalten, die u. a. die durch Paragraf 18 des Änderungsgesetzes eingeführte Änderung betrafen. Viertens geht aus Rn. 46 des Beschlusses in der Sache SA.44840 hervor, dass die Beihilfehöhe für Anlagen gekürzt wurde, um Unregelmäßigkeiten zu beheben, die bei einer Prüfung im Rahmen des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum 2007‑2013 festgestellt worden waren. Wie die Kommission ausführt, sollte mit dieser durch Paragraf 18 des Änderungsgesetzes eingeführten Gesetzesänderung die Beihilfehöhe für bestimmte Anlagen gekürzt werden, um die von den bulgarischen Behörden festgestellten Unregelmäßigkeiten zu beheben. Diese Berichtigung betraf die Empfänger einer Investitionsbeihilfe gemäß dem von der Klägerin angeführten Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum, die in vollem Umfang sowohl von Vorzugspreisen als auch einer Finanzierung gemäß nationaler und unionsrechtlicher Beihilferegelungen profitierten. Die Einführung der in Paragraf 18 des Änderungsgesetzes vorgesehenen Änderung berichtigte somit die bestehende Überkompensation, die Erzeugern gewährt wurde, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über Energie aus erneuerbaren Quellen, d. h. vor 2011, Beihilfeanträge gestellt hatten, was die Kommission der Klägerin in ihrem Schreiben vom 7. Oktober 2020 als Antwort auf ihre Beschwerde erläuterte (siehe oben, Rn. 6).

34      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin geht daher aus dem Beschluss in der Sache SA.44840 hervor, dass die Kommission Paragraf 18 des Änderungsgesetzes im Rahmen dieses Beschlusses berücksichtigt und somit auch über die Vereinbarkeit dieser Bestimmung im Hinblick auf das Recht der staatlichen Beihilfen entschieden hatte.

35      Die Verordnung 2015/1589 verpflichtet die Kommission jedoch nicht dazu, einen neuen Beschluss über die Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu erlassen, über die sie bereits einen Beschluss erlassen hat. Wie die Kommission ausführt, würde eine solche Verpflichtung es den Beteiligten ermöglichen, die Beurteilung der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt durch die Kommission auch nach Ablauf der in Art. 263 AEUV vorgesehenen Frist für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage anzufechten.

36      Darüber hinaus antwortete die Kommission auf die Beschwerde der Klägerin vom 21. Februar 2020 mit Schreiben vom 7. Oktober 2020. Sie verwies auf den Inhalt ihres Beschlusses in der Sache SA.44840 und stellte klar, dass sie die Bestimmungen des Änderungsgesetzes einschließlich Paragraf 18 geprüft habe. Sie fügte hinzu, dass sie auf der Grundlage der Beschwerde der Klägerin keine fehlerhafte Anwendung dieser Bestimmung feststellen könne (siehe oben, Rn. 6).

37      Die Klägerin hat jedoch vor dem Gericht in keiner Weise dargetan, dass diese Beurteilung fehlerhaft wäre und inwiefern Paragraf 18 des Änderungsgesetzes eine andere Beihilfemaßnahme eingeführt hätte, die im Beschluss SA.44840 nicht geprüft worden wäre und zu der die Kommission hätte Stellung nehmen müssen.

38      Im Übrigen hat der Beschluss in der Sache SA.44840, wie die Kommission ausführt, nur zum Gegenstand und zur Folge, eine Beihilferegelung zu genehmigen, indem sie für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird, und der Mitgliedstaat kann die Gewährung einer Beihilfe ablehnen oder diese kürzen, ohne dass dies zur Einführung einer neuen staatlichen Beihilfe führt.

39      Aus alledem folgt, dass die Kommission zum Zeitpunkt der an sie gerichteten Aufforderung zum Tätigwerden nicht verpflichtet war, im Sinne der oben in Rn. 27 angeführten einschlägigen Rechtsprechung tätig zu werden, so dass ihr im vorliegenden Fall keine Untätigkeit vorgeworfen werden kann.

40      Was das Vorbringen der Klägerin angeht, die Kommission sei hinsichtlich der Frist für die Prüfung ihrer Beschwerde untätig geblieben, so kann eine solche Untätigkeit angesichts der fehlenden Verpflichtung der Kommission zum Tätigwerden nicht festgestellt werden.

41      Folglich ist die vorliegende Untätigkeitsklage abzuweisen.

 Kosten

42      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

43      Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

44      Der Kommission sind gemäß ihrem Antrag ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Ekobulkos EOOD und die Europäische Kommission tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

Spielmann

Mastroianni

Gâlea

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 21. Dezember 2022.

Unterschriften


i      Die vorliegende Sprachfassung ist in den Rn. 4 und 18 gegenüber der ursprünglich online gestellten Fassung geändert worden.


*      Verfahrenssprache: Bulgarisch.