Language of document : ECLI:EU:T:2022:808

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

14. Dezember 2022(*)

„Öffentlicher Dienst – Bedienstete auf Zeit – Befristeter Vertrag – Nichtverlängerung – Verfahren zur Verlängerung – Berücksichtigung der Beurteilungen – Nicht fertiggestellte Beurteilung – Haftung – Materieller Schaden – Verlust einer Chance – Immaterieller Schaden – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung – Durchführung eines Urteils des Gerichts“

In der Rechtssache T‑296/21,

SU, vertreten durch Rechtsanwältin L. Levi,

Klägerin,

gegen

Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA), vertreten durch C. Coucke und E. Karatza als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsawalt B. Wägenbaur,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni (Berichterstatter) sowie der Richter L. Madise und J. Martín y Pérez de Nanclares,

Kanzler: A. Marghelis, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2022

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer auf Art. 270 AEUV gestützten Klage beantragt die Klägerin, SU, zum einen die Aufhebung der Entscheidung der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) vom 15. Juli 2020, mit der diese ihren Vertrag nicht verlängert hat, und, soweit erforderlich, der Entscheidung vom 11. Februar 2021, mit der diese ihre Beschwerde zurückgewiesen hat, und zum anderen den Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens, der ihr dadurch entstanden sein soll.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 15. Januar 2015 wurde die Klägerin von der EIOPA mit einem Vertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren als Bedienstete auf Zeit der Besoldungsgruppe AD 8 bei der Abteilung Aufsicht als leitende Sachverständige für interne Modelle eingestellt.

3        Am 1. November 2016 wurde die Klägerin wieder dem Team „Interne Modelle“ der Abteilung „Konvergenz der Aufsicht und Kontrolle“ zugewiesen, weiterhin als leitende Sachverständige für interne Modelle.

4        Vom 31. Oktober 2017 bis zum 19. März 2018 befand sich die Klägerin im Mutterschaftsurlaub, an den sich bis zum 19. Oktober 2018 ein Elternurlaub anschloss.

5        Durch eine Zusatzvereinbarung vom 15. Januar 2018 wurde der Arbeitsvertrag der Klägerin um drei Jahre bis zum 15. Januar 2021 verlängert.

6        Vom 1. November 2018 bis zum 31. Oktober 2019 wurde der Klägerin eine Teilzeitregelung (80 %) und strukturelle Telearbeit an einem Tag pro Woche gewährt. Diese Arbeitsmodalitäten wurden vom 1. Februar 2020 bis zum 15. Juli 2020 erneut angewendet. Punktuell wurde ihr auch gelegentliche Telearbeit gewährt.

7        Im Zusammenhang mit dem Beurteilungsverfahren für das Jahr 2019 reichte die Klägerin ihre Selbstbeurteilung am 9. Dezember 2019 ein und führte am 15. Januar 2020 ein Gespräch mit ihrem Beurteilenden.

8        Am 16. Januar 2020 übergab der Beurteilende der Klägerin die Beurteilung. Unter der Rubrik „Gesamtbeurteilung und Potenzial“, die „die Gesamtbeurteilung des Zeitraums, auf den sich das vorliegende Beurteilungsverfahren bezieht, und gegebenenfalls einen Kommentar zum Potenzial des Stelleninhabers“ enthält, bewertete der Beurteilende die Leistung der Klägerin als „befriedigend“ und merkte an, dass die Klägerin „zwar das Potenzial [hat], um eine Schlüsselfigur bei der Aufsicht über die [internen Modelle] der EIOPA zu sein, … dieses Potenzial … sich [aber] in konkreteren und qualitativ besseren [Leistungen] ihrerseits niederschlagen [muss;] 2019 war nicht ausreichend, die Ergebnisse 2020 müssen sich verbessern, um insgesamt befriedigend zu bleiben“.

9        Die Klägerin weigerte sich, ihre Beurteilung zu akzeptieren und gab am 21. Januar 2020 Bemerkungen dazu ab.

10      Der Exekutivdirektor der EIOPA, der auch der im Fall einer mit Gründen versehenen Ablehnung einer Beurteilung durch den betreffenden Bediensteten für eine Stellungnahme zuständige Berufungsbeurteilende ist, reagierte nicht auf die Ablehnung und die Bemerkungen der Klägerin und nahm in dieser Beurteilung daher nicht zu diesen Bemerkungen Stellung.

11      Am 27. Februar 2020 fand auf Ersuchen der Klägerin ein Gespräch zwischen dem Exekutivdirektor der EIOPA und der Klägerin statt.

12      Am 2. Juli 2020 erhielt die Klägerin den Bericht über die Verlängerung ihres Vertrags, in dem der Abteilungsleiter keine zweite Verlängerung ihres Vertrags empfahl.

13      Am 8. Juli 2020 legte die Klägerin ihre Anmerkungen vor und traf sich am 14. Juli 2020 mit dem Exekutivdirektor der EIOPA, um die Empfehlung, ihren Vertrag nicht zu verlängern, zu erörtern.

14      Am 15. Juli 2020 beschloss der Exekutivdirektor der EIOPA, den Vertrag der Klägerin nicht zu verlängern (im Folgenden: „Entscheidung über die Nichtverlängerung“).

15      Am 13. Oktober 2020 legte die Klägerin gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut), der gemäß Art. 46 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (im Folgenden: BSB) auf Bedienstete auf Zeit entsprechend anwendbar ist, eine Beschwerde gegen die Entscheidung über die Nichtverlängerung und, soweit erforderlich, gegen ihre Beurteilung für 2019 ein.

16      Am 15. Januar 2021 teilte der Exekutivdirektor der Klägerin mit, dass er beabsichtige, ihre Beschwerde zurückzuweisen, und forderte sie auf, eine Stellungnahme abzugeben, die am 22. Januar 2021 eingereicht wurde.

17      Am 1. Februar 2021 übermittelte der Exekutivdirektor der Klägerin einen aktualisierten Entwurf der Entscheidung über die Zurückweisung ihrer Beschwerde und forderte sie auf, ihre Stellungnahme zu übermitteln, die am 8. Februar 2021 eingereicht wurde.

18      Mit Entscheidung vom 11. Februar 2021 wies der Exekutivdirektor die Beschwerde der Klägerin zurück (im Folgenden: Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde).

 Anträge der Parteien

19      Die Klägerin beantragt, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung ihren Antrag, die Beurteilung für 2019 aufzuheben, zurückgenommen hat, was im Sitzungsprotokoll vermerkt worden ist,

–        die Entscheidung über die Nichtverlängerung aufzuheben;

–        soweit erforderlich, die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben;

–        eine Entschädigung für ihren materiellen Schaden, wie in der Klageschrift berechnet, und ihren immateriellen Schaden, der nach billigem Ermessen mit 10 000 Euro beziffert wird, anzuordnen;

–        der EIOPA die Kosten aufzuerlegen.

20      Die EIOPA beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zum Gegenstand der Klage

21      Nach Art. 90 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 91 Abs. 1 und 2 des Statuts, die gemäß Art. 46 der BSB für Bedienstete auf Zeit entsprechend gelten, ist eine Klage eines Bediensteten, auf den das Statut Anwendung findet, nur zulässig, wenn er zuvor bei der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde (im Folgenden: Einstellungsbehörde) eine Beschwerde gegen eine ihn beschwerende Maßnahme eingelegt hat; dies gilt sowohl für den Fall, dass die Einstellungsbehörde eine Entscheidung getroffen hat, als auch für den Fall, dass sie eine im Statut vorgeschriebene Maßnahme nicht getroffen hat. Somit sind die Verwaltungsbeschwerde und ihre ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung Bestandteil eines komplexen Verfahrens und nur eine Vorbedingung für die Anrufung des Gerichts (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2006, Staboli/Kommission, T‑281/04, EU:T:2006:334, Rn. 25 und 26).

22      Nach ständiger Rechtsprechung bewirken die formal gegen die Entscheidung über die Zurückweisung einer Beschwerde gerichteten Aufhebungsanträge, dass das Gericht mit der Maßnahme befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet war, wenn sie als solche keinen eigenständigen Gehalt haben (vgl. Urteil vom 20. November 2007, Ianniello/Kommission, T‑205/04, EU:T:2007:346, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteil vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop, T‑187/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:613, Rn. 75, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, EU:C:1989:8, Rn. 8).

23      Wenn jedoch die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde eine andere Tragweite hat als die Maßnahme, gegen die sich die Beschwerde richtet, insbesondere wenn sie die ursprüngliche Entscheidung ändert oder eine Überprüfung der Lage des Klägers aufgrund neuer rechtlicher und tatsächlicher Umstände enthält, die berücksichtigt worden wären, wenn sie vor dem Erlass der ursprünglichen Entscheidung eingetreten oder der zuständigen Behörde bekannt gewesen wären, kann sich das Gericht veranlasst sehen, eigens über die formal gegen die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde gerichteten Aufhebungsanträge zu entscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. September 2011, Adjemian u. a./Kommission, T‑325/09 P, EU:T:2011:506, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24      Im vorliegenden Fall beantragt die Klägerin neben der Aufhebung der Entscheidung über die Nichtverlängerung, soweit erforderlich, auch die Aufhebung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde.

25      Die letztgenannte Entscheidung ist keine reine Bestätigung der Entscheidung über die Nichtverlängerung, da der Exekutivdirektor der EIOPA zu neuen Umständen Stellung genommen hat. Konkret bezog sich der Exekutivdirektor der EIOPA auf neue Tatsachen, nämlich, dass er als Berufungsbeurteilender nie über die Weigerung der Klägerin, ihre Beurteilung für 2019 zu akzeptieren, informiert worden sei und dass diese Beurteilung aus verfahrensrechtlicher Sicht nicht abgeschlossen sei.

26      Unter diesen Umständen sind die Anträge auf Aufhebung sowohl der Entscheidung über die Nichtverlängerung als auch der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop, T‑187/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:613, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27      Darüber hinaus werden in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde bestimmte Aspekte der Begründung der Entscheidung über die Nichtverlängerung erläutert. Unter Berücksichtigung des evolutiven Charakters des Vorverfahrens ist bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Nichtverlängerung daher auch die Begründung der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde heranzuziehen, da davon auszugehen ist, dass diese Begründung mit der der Entscheidung über die Nichtverlängerung zusammenfällt (Urteil vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop, T‑187/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:613, Rn. 80, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 9. Dezember 2009, Kommission/Birkhoff, T‑377/08 P, EU:T:2009:485, Rn. 58 und 59 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

 Zu den Anträgen auf Aufhebung der Entscheidung über die Nichtverlängerung und der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde

28      Zur Stützung ihrer Aufhebungsanträge macht die Klägerin sechs Klagegründe geltend, mit denen die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Nichtverlängerung und der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde dargetan werden soll, und zwar:

–        erstens den Umstand, dass die Beurteilung für 2019 nicht ordnungsgemäß abgeschlossen worden sei und der Bericht über die Vertragsverlängerung auf einer nicht abgeschlossenen Beurteilung beruht habe;

–        zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unparteilichkeit, gegen Art. 11 des Statuts und gegen Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union;

–        drittens einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör und die Begründungspflicht, gegen Art. 25 des Statuts, Art. 41 der Charta der Grundrechte und Art. 6.7, 6.9 sowie 6.10 des EIOPA-Vertragsverlängerungsverfahrens vom 14. August 2017 (im Folgenden: Vertragsverlängerungsverfahren);

–        viertens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, die fehlende sorgfältige Beurteilung aller Aspekte des Falles und einen Verstoß gegen Art. 41 der Charta der Grundrechte und Art. 4 und 6.5 des Vertragsverlängerungsverfahrens;

–        fünftens eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und der familiären Situation unter Verstoß gegen Art. 1d des Statuts sowie gegen Art. 21 und 23 der Charta der Grundrechte und

–        sechstens eine Verletzung der Fürsorgepflicht.

29      Im Interesse der Verfahrensökonomie kann der Unionsrichter unter Wahrung des Grundsatzes einer geordneten Rechtspflege über eine Klage entscheiden, ohne sich zwangsläufig zu allen Klagegründen und Argumenten der Parteien äußern zu müssen (vgl. Urteil vom 5. Februar 2018, Ranocchia/ERCEA, T‑208/16, EU:T:2018:68, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall ist zunächst der erste Klagegrund zu prüfen, ohne dass die übrigen von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe geprüft zu werden brauchen.

30      Mit ihrem ersten Klagegrund macht die Klägerin geltend, dass die Entscheidung über die Nichtverlängerung rechtswidrig sei, da sie auf einer Beurteilung für das Jahr 2019 beruhe, die nicht abgeschlossen worden sei.

31      Die Klägerin weist darauf hin, dass ihre Beurteilung für 2019 ein wesentliches Element der Begründung der Entscheidung über die Nichtverlängerung sei. Die Beurteilung sei jedoch nicht abgeschlossen worden, da die Klägerin keine Gelegenheit gehabt habe, sich sachdienlich zu ihr zu äußern. Die Beurteilung könne daher nicht als Grundlage für die Entscheidung über die Nichtverlängerung dienen. Es handele sich um einen Verfahrensfehler, der die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Nichtverlängerung beeinträchtige, die somit keine rechtliche oder faktische Grundlage habe, zumal diese Entscheidung ausdrücklich auf die Bewertung der Klägerin in der Beurteilung für 2019 verweise.

32      Darüber hinaus könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Einstellungsbehörde eine andere Entscheidung über die Verlängerung des Vertrags der Klägerin getroffen hätte, wenn ihre Anmerkungen zur Beanstandung ihrer Bewertung in der Beurteilung für 2019 seinerzeit gebührend berücksichtigt worden wären. Es gebe nämlich keinen Beweis dafür, dass ihre Anmerkungen zu ihrer Beurteilung für 2019 berücksichtigt worden seien, und die Bestätigung der negativen Bemerkungen ihres Beurteilenden in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde sei nicht begründet worden. Die EIOPA könne somit die von dem Beurteilenden in der Beurteilung für 2019 vorgenommenen Bewertung nicht bestätigen.

33      Die EIOPA erwidert, dass das Beurteilungsverfahren der Klägerin für 2019 bis zum Berufungsstadium ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und die Bemerkungen des Beurteilenden übermittelt worden seien und für die Zwecke der Beurteilung der Entwicklung der Leistungen der Klägerin im Jahr 2020 und der Entscheidung über die Verlängerung ihres Vertrags gültig blieben.

34      Darüber hinaus räumt die EIOPA ein, dass es bei dem Beurteilungsverfahren der Klägerin für 2019 ein verfahrenstechnisches Versäumnis gegeben habe, ist jedoch der Ansicht, dass die Berufung der Klägerin stillschweigend zurückgewiesen worden sei. Die Einstellungsbehörde habe nämlich darauf hingewiesen, dass sie, wenn sie mit der Berufung der Klägerin gegen ihre Beurteilung befasst worden wäre, diese bestätigt hätte und die der Ablehnung ihrer Beurteilung für 2019 beigefügten Bemerkungen der Klägerin die Entscheidung über die Nichtverlängerung nicht hätten in Frage stellen können. Im Übrigen habe die Einstellungsbehörde der Klägerin in dem Gespräch vom 27. Februar 2020 mitgeteilt, dass sie mit der Bewertung ihres Beurteilenden einverstanden sei.

35      Um über dieses Vorbringen, mit dem der fehlende Abschluss der Beurteilung für 2019 geltend gemacht wird, befinden zu können, ist zunächst der rechtliche Status der Beurteilung zu prüfen.

 Zum fehlenden Abschluss der Beurteilung für 2019

36      Aus Art. 43 Abs. 1 des Statuts in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2 der BSB ergibt sich, dass die Verwaltung darauf zu achten hat, dass über Befähigung, Leistung und dienstliche Führung ihrer Bediensteten periodisch Beurteilungen abgefasst werden, und zwar sowohl aus Gründen der ordnungsgemäßen Verwaltung als auch zur Wahrung von deren Interessen. Beurteilungen stellen nämlich einen schriftlichen und förmlichen Nachweis über die Qualität der Arbeit dar, die der Bedienstete im betreffenden Zeitraum geleistet hat (Urteile vom 13. Dezember 2018, Wahlström/Frontex, T‑591/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:938, Rn. 55 und 56, sowie vom 12. Februar 2020, WD/EFSA, T‑320/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:45, Rn. 60).

37      Gemäß Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses C(2013) 8985 der Kommission vom 16. Dezember 2013 mit allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu Artikel 43 und zu Artikel 44 Absatz 1 des Statuts (der für die EIOPA entsprechend gilt [EIOPA-MB-14/018], im Folgenden: Beschluss der Kommission vom 16. Dezember 2013) gilt die mit Gründen versehene Ablehnung der Beurteilung durch den Stelleninhaber automatisch als Befassung des Berufungsbeurteilenden. Abs. 3 dieses Artikels sieht vor, dass der Berufungsbeurteilende die Beurteilung innerhalb von 20 Arbeitstagen ab dem Datum der mit Gründen versehenen Ablehnung der Beurteilung bestätigt oder ändert, wobei er seinen Beschluss begründet, während Abs. 4 bestimmt, dass die Beurteilung mit dem Beschluss des Berufungsbeurteilenden endgültig wird.

38      Art. 7 Abs. 4 des Beschlusses der Kommission vom 16. Dezember 2013 sieht ausdrücklich vor, dass die Beurteilung mit dem Beschluss des Berufungsbeurteilenden endgültig wird und dass „[d]er Stelleninhaber … per E‑Mail oder anderweitig darüber unterrichtet [wird], dass der Beschluss, mit dem die Beurteilung endgültig wird, … ergangen ist … [und er] zu diesem Zeitpunkt auch Zugang zu dem Beschluss des Berufungsbeurteilenden [hat; d]iese Information gilt als Mitteilung im Sinne von Artikel 25 des Statuts[; d]ie in Artikel 90 Absatz 2 des Statuts vorgesehene Dreimonatsfrist für die Einlegung einer Beschwerde beginnt mit der Übermittlung dieser Information“.

39      Insoweit ist klarzustellen, dass Art. 7 des Beschlusses der Kommission vom 16. Dezember 2013 als eine Bestimmung einer förmlichen Entscheidung der Kommission, die ordnungsgemäß veröffentlicht und durchgeführt wurde, eine interne Regel mit allgemeiner Geltung und Rechtsverbindlichkeit aufstellt, die die Ausübung des Ermessens dieses Organs sowie der EIOPA, die die analoge Anwendung dieses Beschlusses beschlossen hat, im Hinblick auf die Organisation ihrer Strukturen und die Verwaltung ihres Personals begrenzt. Die Mitglieder dieses Personals können sich vor dem Unionsrichter auf diese Vorschrift berufen, der ihre Beachtung sicherstellt (vgl. entsprechend Urteile vom 27. April 2012, De Nicola/EIB, T‑37/10 P, EU:T:2012:205, Rn. 40, und vom 7. Juli 2009, Bernard/Europol, F‑54/08, EU:F:2009:86, Rn. 47).

40      Aus diesen Bestimmungen geht klar hervor, dass die Beurteilung, wenn der Stelleninhaber sie ablehnt, erst mit der Entscheidung des Berufungsbeurteilenden endgültig wird. Wenn nämlich der Berufungsbeurteilende über eine umfassende Kontrollbefugnis hinsichtlich der Begründetheit der in einer Beurteilung enthaltenen Bewertungen verfügt und sie bestätigen oder abändern kann und rechtswidrig von der Ausübung seiner Kontrolle absieht, wird nach der Rechtsprechung die vom Stelleninhaber abgelehnte Beurteilung nicht endgültig (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 27. April 2012, De Nicola/EIB, T‑37/10 P, EU:T:2012:205, Rn. 38, 41 und 60).

41      Wie die Klägerin zu Recht geltend macht, lässt sich darüber hinaus aus der Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2013 nicht ableiten, dass nach Ablauf der Frist für die Annahme einer Entscheidung durch den Berufungsbeurteilenden die mit Gründen versehene Ablehnung der Beurteilung stillschweigend zurückgewiesen wird.

42      Entgegen dem Vorbringen der EIOPA hat der Verweis auf Art. 90 Abs. 2 des Statuts in Art. 7 Abs. 4 des Beschlusses der Kommission vom 16. Dezember 2013 nämlich weder zum Ziel noch zur Folge, dass die durch Art. 90 Abs. 1 des Statuts eingeführte Regel, nämlich dass dann, wenn ein von einer Person, auf die das Statut Anwendung findet, an die Anstellungsbehörde gerichteter Antrag auf Erlass einer sie betreffenden Entscheidung nicht innerhalb von vier Monaten beschieden wird, dies als stillschweigende Ablehnung gilt, im vorliegenden Fall anwendbar ist. Mit Art. 7 Abs. 4 des Beschlusses der Kommission vom 16. Dezember 2013 wird eine dem im vorliegenden Fall anwendbaren Beurteilungsverfahren eigene Regel eingeführt, die nicht zugunsten der durch Art. 90 Abs. 1 des Statuts eingeführten Regel außer Acht gelassen werden kann. Auch kann der Inhalt von Art. 7 Abs. 4 des Beschlusses der Kommission vom 16. Dezember 2013 nicht durch eine Auslegung im Licht der durch Art. 90 Abs. 1 des Statuts eingeführten Regel, die ein anderes Verfahren und eine andere Frist einführt, geändert werden.

43      Im vorliegenden Fall hat der Exekutivdirektor der EIOPA, der auch der Berufungsbeurteilende ist, in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde bestätigt – und eine Bestätigung dieses Punkts ist auch in der mündlichen Verhandlung erfolgt – ,dass er von der mit Gründen versehenen Ablehnung der Beurteilung der Klägerin für 2019 keine Kenntnis genommen habe und eingeräumt, dass diese Beurteilung niemals abgeschlossen worden sei. Die EIOPA hat in ihrer Klagebeantwortung erläutert, dass der Berufungsbeurteilende aufgrund eines technischen Problems die Benachrichtigung über die Ablehnung der Beurteilung für 2019 durch die Klägerin nie erhalten habe, ohne weitere Einzelheiten zu nennen, abgesehen davon, dass der zuständige Diensteanbieter im November 2021 aufgefordert worden sei, eine Benachrichtigung einzurichten, wenn der Stelleninhaber seine Beurteilung ablehne.

44      Die Verwaltung kann sich jedoch nicht auf ihre interne Verwaltungsorganisation berufen, um die Nichteinhaltung ihrer zwingenden Pflicht zu rechtfertigen, darauf zu achten, dass die Beurteilungen periodisch zu den vorgesehenen Zeitpunkten abgefasst und ordnungsgemäß erstellt werden (Urteil vom 18. Dezember 1980, Gratreau/Kommission, 156/79 und 51/80, nicht veröffentlicht, EU:C:1980:304, Rn. 15).

45      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die auf einen internen Organisationsfehler zurückzuführende Untätigkeit des Berufungsbeurteilenden nach der Ablehnung der Beurteilung für 2019 durch die Klägerin nicht als eine stillschweigende Bestätigung dieser Beurteilung angesehen werden kann, die zur Folge hätte, dass sie endgültig wird und der Lauf der Frist für die Einlegung einer Beschwerde gegen sie ausgelöst wird. Der von der EIOPA angeführte Grundsatz der Rechtssicherheit kann der Klägerin keine der Verwaltung obliegende Sorgfaltspflicht auferlegen und die EIOPA kann nicht mit Erfolg vorbringen, die Klägerin könne die Rechtswidrigkeit des Beurteilungsverfahrens nicht mehr geltend machen, weil sie keine Beschwerde gegen diese angebliche stillschweigende Ablehnung eingelegt habe. Das Vorliegen einer solchen stillschweigenden Ablehnung kann schließlich nicht festgestellt werden, da der Exekutivdirektor, der keine Kenntnis von der Berufung der Klägerin gegen ihren Beurteilungsbericht hatte, in keiner Weise zu dieser Berufung Stellung genommen haben konnte.

46      Außerdem hat die Klägerin zwar in der mündlichen Verhandlung den gegen diese Beurteilung gerichteten Antrag zurückgenommen (siehe oben, Rn. 19), doch tat sie dies unbeschadet der in ihren Schriftsätzen geäußerten Kritik an der nicht abgeschlossenen Beurteilung.

47      Daraus folgt, dass erstens die Beurteilung der Klägerin für 2019 ein nicht abgeschlossenes Dokument ist, das für die Zwecke der Beurteilung der Leistungen der Klägerin nicht berücksichtigt werden durfte, und zweitens die Klägerin inzidenter die Rechtswidrigkeit in Bezug auf die nicht abgeschlossene Beurteilung für das genannte Jahr geltend machen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2020, WD/EFSA, T‑320/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:45, Rn. 62).

 Zu den Folgen der nicht abgeschlossenen Beurteilung für 2019

48      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass ein Bediensteter auf Zeit, der einen befristeten Vertrag geschlossen hat, grundsätzlich keinen Anspruch auf Verlängerung seines Vertrags hat, die Verlängerung vielmehr eine bloße Möglichkeit ist, die davon abhängt, dass sie mit dem dienstlichen Interesse im Einklang steht (Urteile vom 6. Februar 2003, Pyres/Kommission, T‑7/01, EU:T:2003:27, Rn. 64, und vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop, T‑187/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:613, Rn. 103).

49      Im Unterschied zu Beamten, deren festes Anstellungsverhältnis durch das Statut garantiert ist, unterliegen die Bediensteten auf Zeit einer anderen Regelung auf der Grundlage des Beschäftigungsvertrags mit dem betreffenden Organ. So richtet sich die Dauer des zwischen einem Organ und einem Bediensteten auf Zeit bestehenden Beschäftigungsverhältnisses nach den zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsbedingungen. Ferner wird nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung der Verwaltung im Bereich der Vertragsverlängerung ein weiter Ermessensspielraum zuerkannt (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2018, Wahlström/Frontex, T‑591/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:938, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop, T‑187/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:613, Rn. 106).

50      Selbst wenn die Verwaltung über ein weites Ermessen verfügt, übt das Gericht, das mit einer Aufhebungsklage gegen einen Rechtsakt befasst ist, der in Ausübung eines solchen Ermessens erlassen wurde, gleichwohl eine Rechtmäßigkeitskontrolle aus, die sich in mehrfacher Hinsicht zeigt. Bei einem Antrag auf Aufhebung einer Entscheidung über die Nichtverlängerung des Vertrags eines Zeitbediensteten muss sich die Kontrolle des Unionsrichters auf die Prüfung der Frage beschränken, ob kein Rechtsfehler, kein offensichtlicher Beurteilungsfehler und kein Ermessensmissbrauch vorlagen, sowie auf das Fehlen einer Verletzung der Fürsorgepflicht, die der Verwaltung obliegt, wenn sie über die Verlängerung eines Vertrags mit einem ihrer Bediensteten zu befinden hat. Außerdem prüft das Gericht, ob der Verwaltung sachliche Ungenauigkeiten unterlaufen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Dezember 2018, Wahlström/Frontex, T‑591/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:938, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Außerdem ist von dem Moment an, in dem die Verwaltung durch eine innerdienstliche Richtlinie eine spezifische Regelung ausgearbeitet hat, die die Transparenz des Verfahrens der Vertragsverlängerung gewährleisten soll, der Erlass dieser Regelung, wie oben in Rn. 39 ausgeführt worden ist, als eine Selbstbeschränkung des Ermessens des Organs anzusehen und bewirkt eine Umwandlung der vorstehend beschriebenen, ursprünglich für die Vertragsbediensteten geltenden Regelung, die durch eine Unsicherheit der befristeten Dienstverhältnisse gekennzeichnet war, in eine Regelung, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Verlängerung ermöglicht. Nach ständiger Rechtsprechung bildet nämlich eine Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans, die seinem gesamten Personal mitgeteilt worden ist und in der die für die Verlängerung oder Nichtverlängerung von Verträgen bei der Ausübung seines Ermessens anwendbaren Kriterien und Verfahren angegeben werden, eine innerdienstliche Richtlinie, die als solche als eine Verhaltensnorm anzusehen ist, die die Verwaltung sich selbst auferlegt und von der sie nicht ohne Angabe von Gründen abweichen darf, da sie andernfalls den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzen würde (vgl. Urteil vom 7. Juli 2009, Bernard/Europol, F‑54/08, EU:F:2009:86, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 27. April 2012, De Nicola/EIB, T‑37/10 P, EU:T:2012:205, Rn. 40).

52      Im vorliegenden Fall stellt das Vertragsverlängerungsverfahren der EIOPA, das die allgemeine Politik der Agentur in Bezug auf Vertragsverlängerungen festlegt, eine innerdienstliche Richtlinie im Sinne der vorstehend angeführten Rechtsprechung dar.

53      Art. 4 des Vertragsverlängerungsverfahrens bestimmt, dass „die Entscheidung über die Verlängerung der Arbeitsverträge … vom Exekutivdirektor (der Einstellungsbehörde) nach Maßgabe der dienstlichen Erfordernisse und unter Berücksichtigung der folgenden Erwägungen getroffen [wird]: a) Kontinuität der Stelle … b) Leistungen des Stelleninhabers… c) Befähigung(en) des Bediensteten… d) Erfordernisse der Behörde“.

54      Im Einzelnen sieht Art. 4 Buchst. b des Vertragsverlängerungsverfahrens vor, dass, wenn die Einstellungsbehörde die Entscheidung über die Verlängerung eines Vertrags auf der Grundlage der Leistungen des Stelleninhabers trifft, dieses Kriterium „auf der Grundlage der Beschreibung der mit dem Stelleninhaber besetzten Stelle und der jährlichen Leistungsbeurteilungen und, wenn noch keine Beurteilung erstellt wurde, auf der Grundlage des Berichts über seine Probezeit und aller anderen relevanten Dokumente“ berücksichtigt wird. Art. 6.5 des Vertragsverlängerungsverfahrens fügt hinzu, dass die Empfehlung des Abteilungsleiters zur Verlängerung eines Vertrags nach dem in Art. 6.4 vorgesehenen Dialog abgegeben wird und „die früheren Beurteilungen des Stelleninhabers und die Eignung des Stelleninhabers für die Stelle, wie sie sich in den kommenden Jahren voraussichtlich entwickeln wird[, zu berücksichtigen hat; d]ie Personalabteilung stellt sicher, dass der Abteilungsleiter Zugang zu allen Beurteilungen des Stelleninhabers hat“. Gemäß Art. 6.9 des Vertragsverlängerungsverfahrens wird die endgültige Entscheidung vom Exekutivdirektor getroffen, der zum einen die Empfehlung des Abteilungsleiters und die Anmerkungen des Stelleninhabers und zum anderen die in Art. 4 des Vertragsverlängerungsverfahrens aufgeführten Kriterien berücksichtigt.

55      Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass, wenn eine Entscheidung über die Verlängerung eines Vertrags auf der Grundlage des Kriteriums der Leistungen des Stelleninhabers getroffen wird, die Beurteilungen der betreffenden Person sowohl im Stadium der Empfehlung des Abteilungsleiters als auch im Stadium des Erlasses der Entscheidung berücksichtigt werden müssen.

56      Im vorliegenden Fall begann die Empfehlung des Abteilungsleiters der Klägerin vom 2. Juli 2020 über die Verlängerung ihres Vertrags mit dem Zitat des Ergebnisses der Beurteilung der Klägerin für 2019. Die Empfehlung konzentrierte sich sodann auf die Leistungen der Klägerin im ersten Zeitraum des Jahres 2020. Die früheren Beurteilungen wurden nicht erwähnt.

57      Aus der Entscheidung über die Nichtverlängerung geht hervor, dass sich die Einstellungsbehörde bei der Beurteilung der Leistungen der Klägerin ausdrücklich auf die Leistungen ab 2019 gestützt hat. Die Entscheidung über die Nichtverlängerung weist nämlich die guten Leistungen der Klägerin in ihren ersten Jahren im Dienst der EIOPA als „unerheblich“ zurück. Darüber hinaus betont die Einstellungsbehörde, dass die Klägerin „bereits seit 2019 nicht in der Lage war, auf dem von einem leitenden Sachverständigen AD 8 erwarteten Niveau zu arbeiten“. Sie fügt hinzu, dass die Klägerin bereits seit dem Beurteilungsverfahren für 2019 „eine deutliche Warnung“ in diesem Sinne erhalten habe und dass sich ihre Leistungen trotz dieser Warnung nicht verbessert hätten. In der Entscheidung über die Nichtverlängerung wird keine andere Beurteilung als die für 2019 erwähnt.

58      In der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde wird ausgeführt, dass die guten Leistungen der Klägerin von 2015 bis 2017 die erste Verlängerung ihres Vertrags gerechtfertigt hätten, dass aber, wenn es darum gehe, einen Vertrag ein zweites Mal, und zwar für unbestimmte Zeit, zu verlängern, auf den Zeitraum nach der ersten Verlängerung abzustellen sei. In der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde wird darauf hingewiesen, dass dieser Zeitraum für die Einstellungsbehörde im Wesentlichen das Jahr 2019 und das erste Halbjahr 2020 umfasse, da die Klägerin aufgrund von Mutterschafts- und Elternurlaub bis Oktober 2018 nicht im Büro gewesen sei.

59      Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass die einzige, von der Einstellungsbehörde tatsächlich berücksichtigte Beurteilung diejenige ist, die sich auf die Leistungen der Klägerin im Jahr 2019 bezieht. Diese Beurteilung ist aber nie endgültig geworden und durfte bei der Beurteilung der Leistungen der Klägerin nicht berücksichtigt werden (vgl. oben, Rn. 47).

60      Folglich erfolgte die Beurteilung der Leistungen der Klägerin auf der Grundlage einer unvollständigen Akte, da in dieser ihre endgültige Beurteilung für 2019 nicht enthalten war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2020, WD/EFSA, T‑320/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:45, Rn. 61).

61      Die Entscheidung über die Nichtverlängerung des Vertrags hat daher gegen die Bestimmungen des Vertragsverlängerungsverfahrens verstoßen, die die Berücksichtigung der früheren Beurteilungen des Stelleninhabers vorschreiben (vgl. oben, Rn. 53).

62      Nach der Rechtsprechung kann ein derartiger Verfahrensfehler nur dann durch die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung geahndet werden, wenn feststeht, dass dieser Verfahrensfehler Einfluss auf den Inhalt der Entscheidung haben konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2013, Wahlström/Frontex, F‑87/11, EU:F:2013:10, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Genauer gesagt reicht der bloße Umstand, dass die Personalakte der Klägerin bei der Beurteilung ihrer Leistungen insbesondere wegen des Fehlens einer Beurteilung unvollständig war, nicht aus, um eine Entscheidung über die Nichtverlängerung aufzuheben, es sei denn, es steht fest, dass dieser Umstand das Verlängerungsverfahren entscheidend beeinflusst haben konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2020, WD/EFSA, T‑320/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:45, Rn. 63).

63      Dies ist vorliegend der Fall.

64      Zunächst kann nämlich entgegen dem Vorbringen der EIOPA nicht ausgeschlossen werden, dass der Berufungsbeurteilende, wenn er die Ablehnung der Beurteilung der Klägerin für 2019, die im Übrigen eine mit „befriedigend“ zusammengefasste Beurteilung des Beurteilenden enthielt, und die Anmerkungen der Klägerin ordnungsgemäß zur Kenntnis genommen hätte, diese Anmerkungen hätte berücksichtigen und die Beurteilung oder ihre Begründung hätte ändern können. In diesem Zusammenhang betont die Rechtsprechung, dass die Verwaltung verpflichtet ist, die Beurteilungen hinreichend und detailliert zu begründen und es dem Betroffenen zu ermöglichen, Bemerkungen zu dieser Begründung zu machen, wobei die Einhaltung dieser Erfordernisse besonders wichtig ist, wenn – wie im vorliegenden Fall – seine Beurteilung gegenüber der vorangegangenen Beurteilung weniger günstig ausfällt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2014, DE/EMA, F‑103/13, EU:F:2014:265, Rn. 38). Daher ist das Vorbringen der EIOPA, wonach die Einstellungsbehörde, wenn sie mit der Berufung der Klägerin befasst worden wäre und über diese Berufung entschieden hätte, die Beurteilung für 2019 bestätigt hätte und diese Beurteilung daher für das Vertragsverlängerungsverfahren zu berücksichtigen sei, zurückzuweisen, soll nicht das Beurteilungsverfahren und das in Art. 7 des Beschlusses der Kommission vom 16. Dezember 2013 vorgesehene Verfahren ihres Sinnes beraubt werden.

65      Sodann ist, wie die Klägerin hervorhebt, zu berücksichtigen, dass der Bewertung ihrer Leistungen für das Jahr 2019 in der Empfehlung des Abteilungsleiters und der Entscheidung über die Nichtverlängerung eine herausragende Rolle zukommt.

66      Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Abteilungsleiter, wenn er wirksam aufgerufen worden wäre, sich gemäß Art. 6.5 des Vertragsverlängerungsverfahrens zu den beruflichen Leistungen der Klägerin zu äußern, hinsichtlich ihrer Vertragsverlängerung möglicherweise abweichende Vorschläge oder andere Gründe vorgebracht hätte und dass die Einstellungsbehörde eine andere Entscheidung hätte treffen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. Januar 2013, Wahlström/Frontex, F‑87/11, EU:F:2013:10, Rn. 58).

67      Daher konnte der Umstand, dass die Anmerkungen der Klägerin zu ihrer Beurteilung für 2019 nicht berücksichtigt wurden und diese nicht endgültig geworden ist, das Verlängerungsverfahren entscheidend beeinflussen.

68      Nach alledem ist dem ersten Klagegrund der Klägerin stattzugeben.

69      Folglich sind die Entscheidung über die Nichtverlängerung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben, ohne dass die anderen von der Klägerin vorgebrachten Gründe geprüft zu werden brauchen.

 Zum Antrag auf Schadensersatz

70      Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Nichtverlängerung ihres Vertrags und der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde nachgewiesen, die ihr einen materiellen und immateriellen Schaden zugefügt hätten, den die EIOPA ersetzen müsse.

71      Die EIOPA tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

72      Nach ständiger Rechtsprechung hängt die Haftung der Union im Rahmen eines von einem Beamten oder Bediensteten geltend gemachten Schadensersatzanspruchs vom Vorliegen mehrerer Voraussetzungen ab, nämlich der Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, dem tatsächlichen Eintritt des behaupteten Schadens und dem Vorhandensein eines Kausalzusammenhangs zwischen dem rechtswidrigen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2010, Kommission/Petrilli, T‑143/09 P, EU:T:2010:531, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Die Rechtsstreitigkeiten im Bereich des öffentlichen Dienstes gemäß Art. 270 AEUV sowie den Art. 90 und 91 des Statuts einschließlich der Rechtsstreitigkeiten, in denen es um den Ersatz des einem Beamten oder Bediensteten entstandenen Schadens geht, unterliegen besonderen und speziellen Regeln, die sich von denen absetzen, die sich aus den für die außervertragliche Haftung der Union im Rahmen von Art. 268 AEUV und Art. 340 Abs. 2 AEUV geltenden allgemeinen Grundsätzen ergeben. Insbesondere aus dem Statut ergibt sich nämlich, dass der Beamte oder Bedienstete der Union im Unterschied zu jeder anderen Privatperson an seinen Dienstherrn durch ein Dienstverhältnis gebunden ist, das ein durch die Fürsorgepflicht des Organs gegenüber dem Betroffenen widergespiegeltes Gleichgewicht zwischen den wechselseitigen besonderen Rechten und Pflichten umfasst. Dieses Gleichgewicht ist hauptsächlich dazu bestimmt, das Vertrauensverhältnis aufrechtzuerhalten, das zwischen den Organen und ihren Beamten und Bediensteten bestehen muss, um dem Bürger die ordnungsgemäße Erfüllung der im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben zu garantieren, mit denen die Organe betraut sind. Handelt daher die Union als Arbeitgeber, unterliegt sie einer größeren Verantwortung, was sich in der Verpflichtung zeigt, die Schäden zu ersetzen, die ihrem Personal durch jedweden von ihr als Arbeitgeber begangenen Rechtsverstoß entstanden sind (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2010, Kommission/Petrilli, T‑143/09 P, EU:T:2010:531, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Da dem ersten Klagegrund stattgegeben worden ist, sind die Entscheidung über die Nichtverlängerung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde rechtswidrig. Die erste Voraussetzung für die Haftung der EIOPA, nämlich die Rechtswidrigkeit des vorgeworfenen Verhaltens, ist somit erfüllt.

75      Hinsichtlich der beiden anderen Voraussetzungen, dem tatsächlichen Schaden und dem Kausalzusammenhang, muss zwischen materiellem und immateriellem Schaden unterschieden werden.

 Zum materiellen Schaden

76      In Bezug auf den materiellen Schaden macht die Klägerin geltend, dass dieser den Betrag der Bezüge und Vergünstigungen umfasse, auf die sie ab dem Zeitpunkt, zu dem ihr Vertrag hätte verlängert werden müssen, d. h. ab dem 16. Januar 2021, bis zur Durchführung des Urteils des Gerichts Anspruch gehabt hätte, zuzüglich Verzugszinsen und unter Berücksichtigung des von ihr bezogenen Arbeitslosengelds. Außerdem beantragt sie die rückwirkende Zahlung der Beiträge zum Rentensystem. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Aufhebung der Entscheidung über die Nichtverlängerung ihres Vertrags und der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde zur rückwirkenden Verlängerung ihres Vertrags führen müsse und dass eine Verlängerungsentscheidung die Entschädigung für diesen materiellen Schaden zur Folge haben werde.

77      Sollte das Gericht zu der Auffassung gelangen, dass sie eine Chance auf eine Verlängerung ihres Vertrags verloren habe, so sei diese Chance ernsthaft und hoch. Sie beziffert diesen Verlust einer Chance auf 90 %; dieser Satz müsse auf den Betrag angewandt werden, den sie erhalten hätte, wenn sie noch beschäftigt gewesen wäre, und zwar für eine angemessene Dauer.

78      Die EIOPA erwidert, dass selbst wenn das Gericht die Entscheidung über die Nichtverlängerung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde aufheben sollte, die Durchführung des Urteils nicht ipso iure zu einer Vertragsverlängerung führen würde und die Klägerin zu Unrecht behaupte, dass sie ein subjektives Recht auf die Verlängerung ihres Vertrags habe. Darüber hinaus sei weder ein Fehler noch eine Rechtswidrigkeit begangen worden, und die Klägerin könne kein berechtigtes Vertrauen auf die Verlängerung ihres Arbeitsvertrags geltend machen.

79      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die dem Unionsrichter durch Art. 91 Abs. 1 des Statuts gewährte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ihm die Aufgabe überträgt, die bei ihm anhängig gemachten Streitsachen abschließend zu entscheiden. Mit dieser Befugnis soll den Unionsgerichten in erster Linie ermöglicht werden, die praktische Wirksamkeit der von ihnen erlassenen Aufhebungsurteile in dienstrechtlichen Streitigkeiten in der Weise sicherzustellen, dass sie dem betroffenen Beamten, wenn die Aufhebung einer rechtsfehlerhaften Entscheidung der Anstellungsbehörde nicht ausreicht, um seinen Rechten zur Durchsetzung zu verhelfen oder seine Interessen wirksam zu wahren, auch von Amts wegen Schadensersatz zusprechen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Mai 2010, Gogos/Kommission, C‑583/08 P, EU:C:2010:287, Rn. 49 und 50). Die Unionsgerichte können von dieser Befugnis auch dann Gebrauch machen, wenn die klagende Partei keinen Vorteil aus der Erfüllung der sich aus der Aufhebung ergebenden Verpflichtungen ziehen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2015, EMA/Drakeford, T‑231/14 P, EU:T:2015:639, Rn. 47).

80      Der behauptete materielle Schaden umfasst zwei verschiedene Schadensposten. Der erste, hauptsächlich geltend gemachte Schadensposten besteht im Verlust der Bezüge, auf die die Klägerin Anspruch gehabt hätte, wenn ihr Vertrag verlängert worden wäre. Die Klägerin ist der Ansicht, dass dieser Schaden durch den Erlass einer rückwirkenden Entscheidung über die Vertragsverlängerung ausgeglichen werden sollte, wobei ihr die EIOPA in diesem Fall die ihr rechtswidrig vorenthaltenen Beträge unter Berücksichtigung des anderweitig bezogenen Arbeitslosengelds zahlen müsse. Der zweite materielle Schadensposten, der hilfsweise für den Fall geltend gemacht wird, dass nicht anerkannt wird, dass die Klägerin ein Recht auf Verlängerung ihres Vertrags hatte, besteht im Verlust der Chance, eine solche Verlängerung zu erhalten. Die Klägerin ist der Ansicht, dass dieser Schaden dadurch ausgeglichen werden könne, dass die EIOPA verpflichtet werde, ihr eine Entschädigung zu zahlen, die durch Anwendung eines Satzes von 90 % – des Prozentsatzes, der ihres Erachtens ihre Chance auf Verlängerung ihres Vertrags darstellt – auf die im Hinblick auf den vorstehenden Schadensposten genannten Beträge zu berechnen sei.

81      Zum ersten geltend gemachten, im Verlust von Bezügen bestehenden materiellen Schadensposten ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ihren Schadensersatzantrag, der gleichzeitig mit ihren Anträgen auf Aufhebung der Entscheidung über die Nichtverlängerung und der Entscheidung über die Zurückweisung ihrer Beschwerde gestellt wurde, nicht wirksam mit der Behauptung untermauern kann, dass die Aufhebung dieser Rechtsakte die rückwirkende Verlängerung ihres Vertrags mit der Folge nach sich ziehen müsse, dass die EIOPA ihr die Beträge zahle, die ihr seit dem Ablauf ihres vorherigen Vertrags rechtswidrig vorenthalten worden seien. Folgte man diesem Vorbringen, würde zum Zeitpunkt der Verkündung des vorliegenden Aufhebungsurteils der Antrag auf Ersatz des im Verlust von Bezügen bestehenden Schadens gegenstandslos. Im Übrigen kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden. Zwar kann der Unionsrichter, wie oben in Rn. 79 ausgeführt worden ist, von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, die ihm in Streitsachen vermögensrechtlicher Art, einschließlich im Rahmen bloßer Aufhebungsanträge eingeräumt ist, Gebrauch machen, wenn die Aufhebung einer rechtsfehlerhaften Entscheidung der zuständigen Behörde nicht ausreicht, um den Rechten des betroffenen Beamten zur Durchsetzung zu verhelfen oder seine Interessen wirksam zu wahren; dabei kann der Unionsrichter gegebenenfalls von einer klagenden Partei, die erklärt, dass sie aus der Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus der Aufhebung des Rechtsakts ergeben, keinen Vorteil ziehen kann, aufgefordert werden, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen. Im vorliegenden Fall kann der EIOPA jedoch nicht auferlegt werden, was die Klägerin verlangt, nämlich sie rückwirkend wiedereinzustellen, da die oben in Rn. 67 festgestellte Rechtswidrigkeit nicht bedeutet, dass sie automatisch wiedereingestellt wird, sondern nur, dass die Beurteilung für das Jahr 2019 abgeschlossen und der Antrag auf Vertragsverlängerung erneut geprüft wird. Folglich kann das in erster Linie geltend gemachte Vorbringen der Klägerin, auf das sie ihren Antrag auf Ersatz des durch den Verlust von Bezügen entstandenen materiellen Schadens stützt, nicht durchgreifen.

82      Außerdem ist in Bezug auf den ersten geltend gemachten materiellen Schadensposten festzustellen, dass der Verlust von Bezügen jedem Ende eines befristeten Vertrags inhärent ist, wobei erneut klargestellt wird, dass die Verlängerung eines solchen Vertrags keinen Anspruch darstellt, sondern lediglich eine Möglichkeit ist (siehe oben, Rn. 48 und 49). Mangels einer genauen und konkreten Zusicherung der EIOPA hinsichtlich der Verlängerung des Vertrags der Klägerin konnte diese daher nicht davon ausgehen, ihre Bezüge über die Beendigung ihres befristeten Vertrags hinaus weiter zu beziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2019, Manéa/CdT, T‑225/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:595, Rn. 130). Auch aus diesem Grund kann nicht geltend gemacht werden, dass die Aufhebung der Entscheidung über die Nichtverlängerung und der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde nach Art. 266 AEUV zur Folge hätte, dass rückwirkend eine neue Entscheidung erlassen würde, mit der die EIOPA den Vertrag der Klägerin verlängern würde. Folglich ist der Antrag auf Ersatz des im Verlust von Bezügen bestehenden Schadens zurückzuweisen.

83      Was den zweiten geltend gemachten, im Verlust einer Chance bestehenden materiellen Schadensposten anbelangt, muss dieser nach ständiger Rechtsprechung tatsächlich und endgültig sein, um festgestellt zu werden und einen Anspruch auf Schadensersatz zu begründen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Februar 2008, Kommission/Girardot, C‑348/06 P, EU:C:2008:107, Rn. 54 und 55, vom 5. Oktober 2004, Eagle u. a./Kommission, T‑144/02, EU:T:2004:290, Rn. 165, und vom 24. Oktober 2018, Fernández González/Kommission, T‑162/17 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:711, Rn. 110).

84      Zunächst ist die den tatsächlichen Verlust einer Chance betreffende Voraussetzung zu prüfen.

85      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass für die Beurteilung der Frage, ob der Verlust einer Chance tatsächlich besteht, auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem die Entscheidung über die Nichtverlängerung getroffen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. April 2016, CP/Parlament, F‑98/15, EU:F:2016:76, Rn. 82).

86      Nach der Rechtsprechung ist zur Feststellung des tatsächlichen Verlusts einer Chance zu prüfen, ob rechtlich hinreichend nachgewiesen ist, dass der klagenden Partei nicht notwendigerweise die Verlängerung ihres Vertrags, deren Eintritt sie nie beweisen können wird, sondern eine ernsthafte Chance auf eine Verlängerung ihres Vertrags genommen wurde, mit der Folge, dass der Betroffene einen im Verlust von Bezügen bestehenden materiellen Schaden erlitten hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Oktober 2004, Eagle u. a./Kommission, T‑144/02, EU:T:2004:290, Rn. 165, und vom 24. Oktober 2018, Fernández González/Kommission, T‑162/17 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:711, Rn. 111).

87      Das Bestehen einer ernsthaften Chance hängt nicht von dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieser Chance ab; dieser Gesichtspunkt wird anschließend, wenn dieses Bestehen anerkannt wird, bei der Bestimmung des Umfangs des erlittenen materiellen Schadens und seiner Entschädigung berücksichtigt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 2006, Girardot/Kommission, T‑10/02, EU:T:2006:148, Rn. 119, und vom 13. März 2013, AK/Kommission, F‑91/10, EU:F:2013:34, Rn. 74). So ist bereits entschieden worden, dass der Verlust einer Chance, die mit 50 % (Urteil vom 6. Juni 2006, Girardot/Kommission, T‑10/02, EU:T:2006:148, Rn. 119) oder mit 25 % (Urteil vom 12. April 2016, CP/Parlament, F‑98/15, EU:F:2016:76, Rn. 83) bewertet wird, oder sogar der Verlust einer „sehr geringen“ Chance (Urteil vom 13. März 2013, AK/Kommission, F‑91/10, EU:F:2013:34, Rn. 74) in Anbetracht der Umstände dieser Rechtssachen ernsthaft genug war, um zu belegen, dass die Chance tatsächlich bestand.

88      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass ohne die der Entscheidung über die Nichtverlängerung anhaftenden Rechtswidrigkeit nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Vertrag der Klägerin – noch dazu auf unbestimmte Dauer – verlängert wird. Die Klägerin hatte nämlich zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtverlängerung ihre Aufgaben im Dienst der EIOPA seit mehr als fünf Jahren wahrgenommen, und aus allen ihren Beurteilungen geht hervor, dass sie ihre Aufgaben zufriedenstellend ausgeübt hatte. Zudem besagt die Entscheidung über die Nichtverlängerung nicht, dass bei ihrem Erlass das dienstliche Interesse oder die Erfordernisse der EIOPA der Verlängerung des Vertrags der Klägerin entgegenstanden. Aus der Entscheidung über die Nichtverlängerung geht hervor, dass sie hauptsächlich auf die Leistungen der Klägerin im Jahr 2019 und auf ihre Beurteilung für Jahr 2019 gestützt war, ohne die Anmerkungen der Klägerin zu dieser nicht endgültig gewordenen Beurteilung zu berücksichtigen, was das Gericht dazu veranlasste, diese Entscheidung zu beanstanden. Diese Erwägungen stellen eine Reihe von hinreichend genauen und plausiblen Gesichtspunkten dar, die belegen, dass die Klägerin im Jahr 2020 im Rahmen des Vertragsverlängerungsverfahrens eine konkrete und hinreichend ernsthafte, mit anderen Worten reale Chance hatte, dass ihr Vertrag – auch im Hinblick auf die Bestimmungen des Vertragsverlängerungsverfahrens und ungeachtet des weiten Ermessensspielraums bei der Verlängerung eines Dienstvertrags – auf unbestimmte Dauer verlängert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop, T‑187/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:613, Rn. 196). Diese Chance wurde 2020 aufgrund der oben in Rn. 67 festgestellten Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit der Verwendung einer nicht endgültigen Beurteilung verloren.

89      Zweitens ist zu prüfen, ob der behauptete Verlust einer Chance endgültig ist.

90      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob der Verlust einer Chance endgültig ist, zu dem Zeitpunkt zu beurteilen ist, zu dem der Unionsrichter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, einschließlich der Gesichtspunkte, die nach dem Erlass der rechtswidrigen Handlung, die dem Schaden zugrunde liegt, eingetreten sind, entscheidet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 2006, Girardot/Kommission, T‑10/02, EU:T:2006:148, Rn. 50, in dem die Tatsache berücksichtigt wird, dass die Stellen, auf die sich die Klägerin beworben hatte, inzwischen besetzt worden sind, und vom 14. Juli 2021, Carbajo Ferrero/Parlament, T‑670/19, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2021:435, Rn. 164, in dem Ereignisse berücksichtigt wurden, die zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des Gerichts noch nicht eingetreten waren, wie die bevorstehende Versetzung des Klägers in den Ruhestand).

91      Im vorliegenden Fall ist zur Beurteilung dieser Endgültigkeit zu prüfen, ob die Klägerin am Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils und in Anbetracht der von der EIOPA zu erlassenden Maßnahmen zur Durchführung des vorliegenden Urteils ihre Chance auf Verlängerung ihres Vertrag nach dessen Ablauf, d. h. ab dem 16. Januar 2021, endgültig verloren hat (Urteil vom 14. Juli 2021, Carbajo Ferrero/Parlament, T‑670/19, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2021:435, Rn. 164; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 27. Oktober 1994, C/Kommission, T‑47/93, EU:T:1994:262, Rn. 52).

92      In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass gemäß Art. 266 AEUV die Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen, denen das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem Aufhebungsurteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen haben. Das beklagte Organ ist nach dieser Bestimmung verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um die Auswirkungen der festgestellten Rechtsverstöße zu beseitigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. April 2002, Campolargo/Kommission, T‑372/00, EU:T:2002:103, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wenn der aufgehobene Rechtsakt bereits durchgeführt wurde, so verlangt die Beseitigung seiner Wirkungen grundsätzlich, die rechtliche Situation wieder herzustellen, in der sich die klagende Partei vor seinem Erlass befand (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 31. März 2004, Girardot/Kommission, T‑10/02, EU:T:2004:94, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Die Verpflichtung der Verwaltung, die sich aus der Durchführung eines Aufhebungsurteils ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, schließt jedoch nicht zwangsläufig aus, dass der Verlust der Chance der klagenden Partei, die die Aufhebung einer sie betreffenden Entscheidung erwirkt hat, endgültig ist. Wenn nämlich die Maßnahmen zur Durchführung des Aufhebungsurteils, die die Verwaltung zu treffen hat, um dem Urteil nachzukommen, nicht geeignet sind, eine praktische Wirksamkeit im Sinne der oben in Rn. 79 angeführten Rechtsprechung zu entfalten, indem sie der klagenden Partei nicht wieder die gleiche Möglichkeit geben, Genugtuung zu erlangen, wie wenn die festgestellte Rechtswidrigkeit nicht eingetreten wäre, kann der Richter die Endgültigkeit des behaupteten Chancenverlusts feststellen und die Verwaltung zum Ersatz des Schadens durch diesen Verlust verurteilen.

94      So hat das Gericht in der Rechtssache, in der das Urteil vom 14. Juli 2021, Carbajo Ferrero/Parlament (T‑670/19, nicht veröffentlicht, Rechtsmittel anhängig, EU:T:2021:435, Rn. 164), ergangen ist, obwohl die Verwaltung noch keine Maßnahmen zur Durchführung des Aufhebungsurteils erlassen hatte, eine Entschädigung für den Verlust einer Chance gewährt, „früher“ auf eine Direktorenstelle ernannt zu werden, nämlich zum Zeitpunkt der Mitteilung der Entscheidung, die Bewerbung des Klägers nicht zu berücksichtigen und einen anderen Bewerber zu ernennen. Das Gericht für den öffentlichen Dienst hat auch eine Entschädigung für den Verlust der Chance gewährt, früher im Amt des Referatsleiters bestätigt zu werden, indem es anerkannt hat, dass die spätere Ernennung des Klägers auf die Stelle eines Referatsleiters nicht als adäquater Ausgleich der Wirkungen der aufgehobenen Entscheidung über die Nichtbestätigung für die Vergangenheit gelten kann (Urteil vom 12. April 2016, CP/Parlament, F‑98/15, EU:F:2016:76, Rn. 76).

95      In Rechtsstreitigkeiten, die Entscheidungen über die Ablehnung von Bewerbungen betrafen, hat das Gericht entschieden, dass sich die Endgültigkeit des Verlusts einer Chance, eingestellt zu werden, aus dem Schutz der Rechte Dritter ergibt, deren Bewerbungen für die betreffenden Stellen angenommen worden waren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 2006, Girardot/Kommission, T‑10/02, EU:T:2006:148, Rn. 49, und vom 24. Oktober 2018, Fernández González/Kommission, T‑162/17 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:711, Rn. 91) und nicht daraus, dass es der Verwaltung nicht möglich ist, die begangene Rechtswidrigkeit rechtlich zu korrigieren.

96      In einer Rechtssache, in der es um die Nichtverlängerung eines Vertrags ging, hat das Gericht die Ersatzfähigkeit des Verlusts einer Chance des betroffenen Bediensteten auf Zeit auf Verlängerung seines Vertrags anerkannt, obwohl die Verwaltung noch keine Gelegenheit gehabt hatte, Maßnahmen zur Durchführung des Aufhebungsurteils zu erlassen (Urteil vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop, T‑187/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:613, Rn. 197).

97      Aus dieser Darstellung der Rechtsprechung geht hervor, dass die Endgültigkeit des Verlusts einer Chance nicht voraussetzt, dass die Verwaltung nicht in der Lage ist, die Rechtswidrigkeit ihres Handelns rechtlich zu korrigieren. Diese Endgültigkeit kann festgestellt werden, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, selbst wenn es der Verwaltung noch möglich ist, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die begangene Rechtswidrigkeit korrigiert werden kann, diese Maßnahmen für die klagende Partei ohne praktische Wirksamkeit wären, da ihr nicht wieder dieselbe Chance eingeräumt würde wie die, die ihr durch diese Rechtswidrigkeit genommen wurde.

98      So verhält es sich im vorliegenden Fall. Denn zum einen bedeutet die Aufhebung der Entscheidung über die Nichtverlängerung als solche nicht, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Entscheidung rechtlich wieder in den Dienst der EIOPA eingegliedert wird. Im Unterschied zu einer Entscheidung über die Entlassung eines Beamten oder eines Bediensteten mit unbefristetem Vertrag hat eine Entscheidung über die Nichtverlängerung kein Beschäftigungsverhältnis unterbrochen, das fortgesetzt worden wäre, wenn diese Nichtverlängerung nicht erfolgt wäre. Die Verwaltung kann mithin davon ausgehen, dass die neue Entscheidung, die sie im Anschluss an das vorliegende Urteil zu treffen hat, nur Regelungen für die Zukunft treffen wird. Zum anderen hätte selbst wenn man annähme, dass die EIOPA nach der Aufhebung der Entscheidung über die Nichtverlängerung durch das Gericht eine neue Entscheidung erlässt, mit der der Vertrag der Klägerin ab dem Ablauf ihres vorherigen Vertrags verlängert wird, diese Entscheidung für die Klägerin keine praktische Wirksamkeit für den Zeitraum zwischen dem Ablauf ihres vorherigen Vertrags und dem Erlass der neuen Entscheidung. Die Klägerin hätte nämlich für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Zahlung ihrer Bezüge und könnte erst ab dem Zeitpunkt ihrer Wiedereinstellung bei der EIOPA Aufgaben bei dieser Agentur wahrnehmen.

99      Unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles macht die Klägerin daher zu Recht geltend, dass sie die Chance auf Verlängerung ihres Vertrags nach dessen Ablauf endgültig verloren hat, die sie gehabt hätte, wenn die in diesem Urteil festgestellte Rechtswidrigkeit nicht begangen worden wäre.

100    Auf der Grundlage dieser Gesichtspunkte ist daher davon auszugehen, dass die von der EIOPA begangenen Rechtsverstöße der Klägerin mit Sicherheit eine reale Chance genommen haben, ihr Beschäftigungsverhältnis mit der EIOPA ohne Unterbrechung ab dem 16. Januar 2021 nach Ablauf ihres Vertrags fortzusetzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 2018, Fernández González/Kommission, T‑162/17 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:711, Rn. 117). Die zweite Voraussetzung für die Haftung der EIOPA ist somit erfüllt.

101    Dieser Schaden beruht auf der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der EIOPA, das der Klägerin mit Sicherheit eine ernsthafte Chance auf eine Verlängerung ihres Vertrags genommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 2018, Fernández González/Kommission, T‑162/17 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:711, Rn. 111). Die dritte Voraussetzung für die Haftung der EIOPA, die sich auf den Kausalzusammenhang zwischen der geltend gemachten Rechtswidrigkeit und dem behaupteten Schaden bezieht, ist somit ebenfalls erfüllt, so dass der Betrag der wegen des Verlusts einer Chance zu zahlenden Entschädigung festzusetzen ist.

102    Für die Festsetzung des Betrags der Entschädigung, die wegen des Verlusts einer solchen Chance zu zahlen ist, ist nach der Rechtsprechung, nachdem die Art der Chance, die dem Beamten oder Bediensteten genommen wurde, festgestellt wurde, der Zeitpunkt zu bestimmen, ab dem er diese Chance gehabt hätte, ist diese Chance sodann zu quantifizieren und sind schließlich die finanziellen Folgen dieses Verlusts einer Chance für den Betroffenen zu bestimmen (vgl. Urteil vom 24. Oktober 2018, Fernández González/Kommission, T‑162/17 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:711, Rn. 118 und die dort angeführte Rechtsprechung).

103    Sofern dies möglich ist, ist die Chance, die dem Beamten oder Bediensteten genommen wurde, objektiv in Form eines mathematischen Koeffizienten zu bestimmen, der sich aus einer genauen Analyse ergibt. Wenn sich die Chance jedoch nicht auf diese Weise quantifizieren lässt, kann der erlittene Schaden nach billigem Ermessen geschätzt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Oktober 2018, Fernández González/Kommission, T‑162/17 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:711, Rn. 119 bis 121 und die dort angeführte Rechtsprechung, Urteil vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop, T‑187/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:613, Rn. 199).

104    Die Klägerin hat eine bezifferte Schätzung des Betrags abgegeben, der als Grundlage für die Berechnung der Entschädigung im Zusammenhang mit dem Verlust der Chance herangezogen werden sollte. Dieser Schätzung kann jedoch nicht gefolgt werden. Es ist nämlich nicht möglich, diese Chance zutreffend zu quantifizieren und die finanziellen Folgen des Verlusts einer Chance festzulegen, da eine zutreffende Berechnung des materiellen Schadens der Klägerin von verschiedenen Hypothesen abhängen würde, insbesondere was den Inhalt der neuen Entscheidung der EIOPA in Anbetracht des vorliegenden Urteils, die Gesamtdauer der beruflichen Laufbahn der Klägerin bei der EIOPA oder ihre Beförderungen betrifft. Folglich ist der erlittene Schaden unter Berücksichtigung aller Umstände der Rechtssache nach billigem Ermessen zu schätzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop, T‑187/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:613, Rn. 200 und die dort angeführte Rechtsprechung).

105    Unter den Umständen des vorliegenden Falles ist die EIOPA bei angemessener Würdigung des gesamten materiellen Schadens, den die Klägerin aufgrund ihrer verlorenen Chance auf ununterbrochene Verlängerung ihres Beschäftigungsverhältnisses mit der EIOPA, d. h. aufgrund der verlorenen Chance auf Verlängerung ihres Vertrags ab dem 16. Januar 2021 nach Ablauf ihres vorherigen Vertrags, erlitten hat, zu verurteilen, der Klägerin nach billigem Ermessen einen Pauschalbetrag von 10 000 Euro zu zahlen. Diese pauschale Schätzung berücksichtigt insbesondere die Besoldungsgruppe der Klägerin, den Zeitraum vom Ablauf ihres Vertrags bis zum Erlass einer neuen Entscheidung durch die EIOPA in Anbetracht des vorliegenden Urteils, die Tatsache, dass sie ihre Stelle sechs Jahre lang innehatte, die Tatsache, dass ihre Beurteilungen befriedigend waren, sowie das bezogene Arbeitslosengeld.

 Zum immateriellen Schaden

106    Die Klägerin macht geltend, sie habe einen immateriellen Schaden erlitten, der sich erstens daraus ergebe, dass die Entscheidung über die Nichtverlängerung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde bei ihr eine Depression und eine Beeinträchtigung ihrer Gesundheit verursacht hätten, zweitens daraus, dass die negative Bewertung ihrer Leistungen in ihrer Beurteilung für 2019 und die Entscheidung über die Nichtverlängerung ihre Würde, ihren Ruf und ihr Selbstwertgefühl beeinträchtigt hätten, und drittens aus der Unsicherheit ergebe, die durch den Verlust der Möglichkeit, zehn Dienstjahre abzuleisten, um eine Altersrente in Anspruch nehmen zu können, verursacht worden sei. Ihr immaterieller Schaden sei nach billigem Ermessen mit 10 000 Euro zu veranschlagen.

107    Die EIOPA erwidert, dass die negativen Bewertungen der Leistungen der Klägerin und die hinsichtlich der Nichtverlängerung ihres Vertrags getroffen Entscheidungen nicht als Grundlage für einen immateriellen Schaden angesehen werden könnten. Außerdem sei der Verlust der Möglichkeit, eine Altersrente zu erhalten, nur eine bloße Möglichkeit, denn selbst wenn der Vertrag der Klägerin verlängert worden wäre, bestehe keine Gewissheit, dass sie die hierfür erforderlichen zehn Dienstjahre abgeleistet hätte.

108    Was erstens den immateriellen Schaden betrifft, der sich nach Auffassung der Klägerin daraus ergibt, dass die Entscheidung über die Nichtverlängerung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde bei ihr eine Depression und eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursacht hätten, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn der Schadensersatzantrag – wie vorliegend der Fall – auf die Rechtswidrigkeit der aufgehobenen Handlung gestützt wird, die Aufhebung durch das Gericht für sich allein eine angemessene und grundsätzlich hinreichende Wiedergutmachung jedes immateriellen Schadens darstellt, den die klagende Partei erlitten haben mag (vgl. Urteil vom 18. September 2015, Wahlström/Frontex, T‑653/13 P, EU:T:2015:652, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung), es sei denn, die klagende Partei weist nach, einen immateriellen Schaden erlitten zu haben, der durch diese Aufhebung nicht vollständig wiedergutgemacht werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2013, CH/Parlament, F‑129/12, EU:F:2013:203, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

109    So ist entschieden worden, dass die Aufhebung einer Maßnahme, wenn ihr keine praktische Wirksamkeit zukommt, als solche keinen angemessenen und hinreichenden Ersatz des gesamten immateriellen Schadens darstellen kann, der durch die aufgehobene Maßnahme entstanden ist (Urteile vom 15. Januar 2019, HJ/EMA, T‑881/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:5, Rn. 60, und vom 9. März 2010, N/Parlament, F‑26/09, EU:F:2010:17, Rn. 107).

110    Im vorliegenden Fall kann die Aufhebung der Entscheidung über die Nichtverlängerung wegen der oben in Rn. 98 dargelegten Grenzen ihrer praktischen Wirksamkeit für sich genommen keine hinreichende Wiedergutmachung darstellen, und die nicht materiellen Folgen der Nichtverlängerung des Vertrags, insbesondere die Folgen für die Gesundheit der Klägerin, können nicht leicht behoben werden (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2020, VP/Cedefop, T‑187/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:613, Rn. 205 und die dort angeführte Rechtsprechung).

111    Insoweit hat die Klägerin rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass ihr ein immaterieller Schaden entstanden ist und dass ihr dieser Schaden durch die Entscheidung über die Nichtverlängerung und die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde sowie durch die der EIOPA zurechenbaren Umstände im Zusammenhang mit deren Erlass verursacht wurde. Die Klägerin hat sich nämlich seit dem 16. Juli 2020, dem Tag nach dem Erlass der Entscheidung über die Nichtverlängerung, bis zum Ende ihres Vertrags im Krankheitsurlaub befunden und hat dem Gericht ein ärztliches Attest vorgelegt, in dem bestätigt wird, dass sie unter Angst und Depressionen litt und sich einer ärztlichen Behandlung unterzogen hatte. Die EIOPA bestreitet nicht die Stress- und Angstsituation, in der sich die Klägerin befunden hat, und äußert sich auch nicht zu dem vorgelegten ärztlichen Attest, sondern beschränkt sich auf den Hinweis, dass es genügend Gründe für die Nichtverlängerung des Vertrags der Klägerin gegeben habe.

112    Folglich hat die Klägerin einen der EIOPA zurechenbaren immateriellen Schaden erlitten, der durch die Aufhebung der Entscheidung über die Nichtverlängerung und der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde nicht vollständig wiedergutgemacht werden kann.

113    Zweitens kann die Klägerin nicht geltend machen, dass ihr durch die negative Bewertung ihrer Leistungen in der Beurteilung für 2019 und in der Entscheidung über die Nichtverlängerung ebenfalls ein immaterieller Schaden entstanden sei. Zum einen wird nämlich im vorliegenden Urteil nicht entschieden, dass die Beurteilung für 2019 rechtswidrig ist, sondern es wird lediglich festgestellt, dass sie nicht abgeschlossen ist. Zum anderen hat die Klägerin nicht dargetan, inwiefern diese Beurteilung und die Entscheidung über die Nichtverlängerung eine explizit negative Beurteilung ihrer Fähigkeiten enthalten, die geeignet ist, sie zu verletzen und ihre Würde, ihren Ruf und ihr Selbstwertgefühl zu beeinträchtigen, und die über den Rahmen einer objektiven Beurteilung eines Bediensteten auf Zeit durch seinen Vorgesetzten hinausgeht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. Dezember 2010, Kommission/Strack, T‑526/08 P, EU:T:2010:506, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 9. März 2010, N/Parlament, F‑26/09, EU:F:2010:17, Rn. 103 und 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

114    Drittens kann sich die Klägerin auch nicht auf den Ersatz eines immateriellen Schadens im Zusammenhang mit der Unsicherheit berufen, die durch den Verlust der Möglichkeit verursacht worden sei, zehn Dienstjahre abzuleisten, um eine Altersrente in Anspruch nehmen zu können. Da die EIOPA nämlich im Rahmen der Durchführung des vorliegenden Urteils über die Verlängerung des Vertrags der Klägerin zu entscheiden hat, was dieser die Möglichkeit geben könnte, weiterhin Ruhegehaltsansprüche zu erwerben, ist ihr diesbezüglicher Antrag verfrüht.

115    Daher erscheint es bei angemessener Würdigung der oben in den Rn. 110 und 111 dargelegten besonderen Umstände des vorliegenden Falles geboten, den Ersatz des von der Klägerin erlittenen immateriellen Schadens nach billigem Ermessen auf 5 000 Euro festzusetzen.

 Kosten

116    Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

117    Da im vorliegenden Fall die EIOPA im Wesentlichen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) vom 15. Juli 2020, den Vertrag von SU als Bedienstete auf Zeit nicht zu verlängern, wird aufgehoben.

2.      Die Entscheidung der EIOPA vom 11. Februar 2021 über die Zurückweisung der Beschwerde von SU wird aufgehoben.

3.      Die EIOPA wird verurteilt, 10 000 Euro als Ersatz des SU entstandenen materiellen Schadens zu zahlen.

4.      Die EIOPA wird verurteilt, 5 000 Euro als Ersatz des SU entstandenen immateriellen Schadens zu zahlen.

5.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6.      Die EIOPA trägt die Kosten.

Gervasoni

Madise

Martín y Pérez de Nanclares

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Dezember 2022.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.