Language of document : ECLI:EU:T:2022:546

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

14. September 2022(*)

„Unionsmarke – Anmeldung der Unionswortmarke STAHLWERK – Absolute Eintragungshindernisse – Fehlende Unterscheidungskraft – Beschreibender Charakter – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑705/21,

Okan Balaban, wohnhaft in Bornheim (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt T. Schaaf,

Kläger,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch E. Nicolás Gómez und M. Eberl als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. De Baere, des Richters V. Kreuschitz (Berichterstatter) und der Richterin G. Steinfatt,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit seiner Klage nach Art. 263 AEUV beantragt der Kläger, Herr Okan Balaban, die Aufhebung und Abänderung der Entscheidung der Prüferin vom 18. November 2020 und der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 2. September 2021 (Sache R 77/2021‑1) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 8. Mai 2020 meldete der Kläger nach der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) beim EUIPO eine Unionsmarke für das Wortzeichen STAHLWERK an.

3        Die Marke wurde für Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 8, 9, 11, 12, 25 und 35 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4        Mit Entscheidung vom 18. November 2020 wies die Prüferin die Anmeldung gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c und Abs. 2 der Verordnung 2017/1001 teilweise zurück, und zwar soweit sie folgende Waren der Klassen 7, 8, 9 und 12 betraf:

–        Klasse 7: „Hammermaschinen; Hämmer [Maschinenteile]; Pneumatische Hämmer [Handgeräte]; Bohrmaschinen; Bohrmaschinen [Maschinenteile]; Bohrmaschinen [Elektrowerkzeuge]; Elektrische Bohrmaschinen; Bohrmaschinen [zur Metallbearbeitung]; Bohrstücke für Bohrmaschinen; Halterungen für Bohrmaschinen; Einsätze für Bohrmaschinen; Bohrmaschinen und –geräte; Tragbare elektrische Bohrmaschinen; Tragbare Bohrmaschinenständer [Maschinen]; Bohrmaschinen [für die Metallbearbeitung]; Bohrmaschinen und deren Teile; Bohrmaschinen in Form von schnurlosen Elektrowerkzeugen; Biegemaschinen für die Metallbearbeitung; Bohrstangen; Bohrer [Elektrowerkzeuge]; Bohrer [Werkzeugmaschinen]; Elektrische Bohrwerkzeuge; Bohrköpfe [Maschinenteile]; Bohrer für Werkzeugmaschinen; Geräte [Maschinen] zum Bohren von Bohrlöchern; Bohreinsätze für Maschinen; Bohreinsätze als Maschinenteile; Bohrwerkzeuge für Maschinen; Werkzeuge zum Bohren [Maschinen]; Spitzen für Bohreinsätze [Maschinenteile]; Schleifmaschinen; Vollautomatische Schleifmaschinen; Schleifmaschinen [Werkzeugmaschinen]; Elektrische Schleifmaschinen; Schleifwerkzeuge für Schleifmaschinen; Schleifmaschinen [zur Metallbearbeitung]; Schleifmaschinen [zur Holzbearbeitung]; Schleifscheiben für Schleifmaschinen; Schleifmaschinen als Elektrowerkzeuge; Schleifmaschinen [elektrisch betriebene Handgeräte]; Schleifer [Maschinen]; Winkelschleifmaschine; Wasserpumpen; Elektrische Wasserpumpen; Motorbetriebene Wasserpumpen; Maschinen zum Stanzen; Elektrische Schneidwerkzeuge; Schneidwerkzeuge für Werkzeugmaschinen; Schneidwerkzeuge als Maschinenwerkzeuge; Pumpen; Pumpenanlagen; Pneumatische Pumpen; Elektrische Pumpen; Pumpen [Maschinen]; Elektrische Pumpen [Maschinen]; Pumpen [Maschinen- oder Motorenteile]; Elektrische Pumpen für Teiche; Pumpen; Metallbearbeitungsmaschinen; Lochstanzen [zur Metallbearbeitung]; Fräsmaschinen [zur Metallbearbeitung]; Schneidmaschinen [zur Metallbearbeitung]; Modelliermaschinen [zur Metallbearbeitung]; Schneidemaschinen zur Metallbearbeitung; Hobelmaschinen [zur Metallbearbeitung]; Maschinen für die Metallbearbeitung; Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung; Maschinen und Werkzeugmaschinen für Materialbearbeitung und Produktion“;

–        Klasse 8: „Handbetätigte Geräte und Werkzeuge zur Materialbearbeitung“;

–        Klasse 9: „Filter für Atemschutzmasken, nicht medizinische“;

–        Klasse 12: „Durch Muskelkraft betriebene Karren und Wägen“.

5        Am 13. Januar 2021 legte der Kläger gegen die Entscheidung der Prüferin beim EUIPO Beschwerde nach den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 ein.

6        Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zurück. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die angemeldete Marke zum einen für Merkmale der in Rede stehenden Waren beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sei und zum anderen keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung aufweise.

 Anträge der Parteien

7        Der Kläger beantragt im Wesentlichen,

–        sowohl die Entscheidung der Prüferin vom 18. November 2020 als auch die angefochtene Entscheidung aufzuheben und abzuändern, soweit mit ihnen die Anmeldung zurückgewiesen wurde;

–        dem EUIPO aufzugeben, die angemeldete Marke für die oben in Rn. 4 genannten Waren einzutragen;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

8        Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zu den erstmals vor dem Gericht vorgelegten Unterlagen

9        Das EUIPO macht geltend, die Anlagen K3, K5, K6 und K7 zur Klageschrift seien im Verfahren vor dem EUIPO nicht vorgelegt worden. Diese Unterlagen seien neu und erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden; mithin seien sie unzulässig.

10      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die als Anlagen K3, K5, K6 und K7 vorgelegten Unterlagen, nämlich ein Wikipedia-Ausdruck des Eintrags „integriertes Hüttenwerk“, ein Screenshot der Homepage des Fußballvereins Borussia Mönchengladbach, ein Screenshot der Homepage von Stahlwerk Doppelpass und ein farbiger Screenshot eines Image-Films von Stahlwerk auf YouTube, nicht in der vom Kläger im Verfahren vor dem EUIPO vorgelegten Verwaltungsakte enthalten waren.

11      Diese Unterlagen, die erstmals vor dem Gericht vorgelegt worden sind, können nicht berücksichtigt werden. Denn die Klage beim Gericht ist auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des EUIPO erlassenen Entscheidungen im Sinne von Art. 72 der Verordnung 2017/1001 gerichtet, so dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, im Licht erstmals bei ihm eingereichter Unterlagen den Sachverhalt zu überprüfen. Somit sind die oben genannten Dokumente zurückzuweisen, ohne dass ihre Beweiskraft geprüft zu werden braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. November 2005, Sadas/HABM – LTJ Diffusion [ARTHUR ET FELICIE], T‑346/04, EU:T:2005:420, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).


 Zur Begründetheit

12      Der Kläger macht im Wesentlichen zwei Klagegründe geltend, mit denen er erstens einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 und zweitens einen Verstoß gegen ihren Art. 7 Abs. 1 Buchst. b rügt.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001

13      Der Kläger räumt ein, dass das Wort „Stahlwerk“ ein industrielles Werk bezeichne, in dem Stahl in Hochöfen hergestellt werde. Es bestehe jedoch ein Unterschied zwischen einem „Stahlwerk“ und einem „integrierten Stahlwerk“, das dem fachsprachlichen Begriff „integriertes Hüttenwerk“ entspreche, das mehrere Werke, die sich mit der Produktion und Weiterverarbeitung von Stahl befassten, vereine. Das Stahlwerk sei das Werk, in dem aus Roheisen Stahl erzeugt werde, und Bestandteil eines solchen integrierten Hüttenwerks.

14      Der Kläger trägt vor, weder die Beschwerdekammer noch die Prüferin hätten Feststellungen dazu getroffen, dass die in Rede stehenden Waren, insbesondere Hämmer, Bohrmaschinen, elektrische Schleifmaschinen, durch Muskelkraft betriebene Karren und Atemschutzmasken für nicht medizinische Zwecke, in einem Stahlwerk oder in einem Werk eines integrierten Hüttenwerks typischerweise Verwendung fänden. In diesem Zusammenhang verweist er auf verschiedene Erwägungen der Vierten Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung vom 24. Juli 2014 in der Sache R 52/2014-4 zur Eintragung der Wortmarke STAHLWERK für bestimmte Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 9 und 40, darunter Schweißgeräte, die von der Beschwerdekammer im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt worden seien.

15      Der Kläger macht geltend, dass die Wortmarke STAHLWERK weder die Menge noch den Wert, die geografische Herkunft oder die Zeit der Herstellung der in Rede stehenden Waren kennzeichnen könne. Die Marke bezeichne ein Werk, in dem Stahl erzeugt werde, nicht jedoch ein bestimmtes Merkmal eines Gegenstands. Keiner der erfassten Waren wohne wesensmäßig eine Bestimmung zur Verwendung in einem Stahlwerk inne. Aus der Perspektive des deutschen Verbrauchers handele es sich bei dem Begriff „Stahlwerk“ um eine „Bezeichnung“, die als Marke dienen könne und auf einen bestimmten Hersteller der in Rede stehenden handwerklichen Geräte wie Schubkarren oder Bohrmaschinen hinweise. Mithin verstehe dieser Verbraucher den Begriff „Stahlwerk“ nicht als eine Beschreibung der Bestimmung dieser Waren oder eines ihrer Merkmale. Das Argument, handwerkliche Geräte könnten in einem industriellen Betrieb einschließlich eines Stahlwerks Verwendung finden, sei nicht plausibel, da ihnen eine solche Verwendung nicht wesensmäßig innewohne.


16      Das EUIPO tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen.

17      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Gemäß Art. 7 Abs. 2 dieser Verordnung finden die Vorschriften von Art. 7 Abs. 1 auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Europäischen Union vorliegen.

18      Das Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 zugrunde liegende Allgemeininteresse besteht darin, sicherzustellen, dass die Zeichen, die eines oder mehrere Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung als Marke beantragt wird, beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern, die solche Waren oder Dienstleistungen anbieten, frei verwendet werden können (vgl. Urteil vom 10. Juli 2014, BSH/HABM, C‑126/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2065, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Ware oder der Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, dienen können, werden gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, die darin besteht, die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die durch die Marke bezeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, zu ermöglichen, bei einem späteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat. Folglich fällt ein Zeichen unter das in dieser Bestimmung aufgestellte Verbot, wenn es einen hinreichend direkten und konkreten Bezug zu den in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen aufweist, der es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglicht, unmittelbar und ohne weitere Überlegung eine Beschreibung der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen oder eines ihrer Merkmale zu erkennen (vgl. Urteile vom 23. Mai 2019, Arçelik/EUIPO [MicroGarden], T‑364/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:355, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 14. Juli 2021, Aldi/EUIPO [CUCINA], T‑527/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:433, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).

20      Der beschreibende Charakter eines Zeichens lässt sich zum einen nur in Bezug auf die betroffenen Waren oder Dienstleistungen beurteilen und zum anderen nur in Bezug darauf, was die maßgeblichen Verkehrskreise darunter verstehen (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2005, Peek & Cloppenburg/HABM [Cloppenburg], T‑379/03, EU:T:2005:373, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).


21      Die vom Kläger erhobenen Rügen sind im Licht dieser Grundsätze zu prüfen.

22      Was erstens die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise betrifft, hat die Beschwerdekammer in den Rn. 16 und 17 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass es sich bei den von der angemeldeten Marke erfassten Waren, wie sie oben in Rn. 4 aufgeführt sind, um Waren handele, die sowohl für professionelle Fachverbraucher von Werkmaschinen, deren Kenntnisse besonders hoch seien, als auch für „Durchschnittsverbraucher“ mit einem durchschnittlichen bis erhöhtem Aufmerksamkeitsgrad bestimmt seien.

23      Diese Beurteilung der Beschwerdekammer wird vom Kläger nicht beanstandet.

24      Was zweitens die Bedeutung der angemeldeten Marke angeht, hat die Beschwerdekammer in den Rn. 26, 27 und 29 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass der Begriff „Stahlwerk“ ein geläufiges Wort der deutschen Sprache sei, das ein Werk, das Stahl produziere, bedeute, aber auch, im weiteren Sinne, ein Werk, in dem Stahl verarbeitet werde. Daher vermittle die angemeldete Marke aus der Perspektive der maßgeblichen Verkehrskreise die Information, dass die in Rede stehenden Waren in einem Stahlwerk verwendet würden.

25      Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen des Klägers entkräftet, wonach die Verarbeitung von Stahl in einem integrierten Stahlwerk und nicht in einem Stahlwerk erfolge, da ein integriertes Stahlwerk eine Art von Stahlwerk darstellt.

26      Drittens bestreitet der Kläger ohne Erfolg, dass die Wahrnehmung der angemeldeten Marke durch die maßgeblichen Verkehrskreise auf die Merkmale aller in Rede stehenden Waren anwendbar sei. In Anbetracht der oben in Rn. 24 angeführten klaren Bedeutung des Begriffs „Stahlwerk“ hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass dieser Ausdruck für die Bestimmung dieser Waren beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 sei, da es sich um industrielle oder handwerkliche Werkzeuge handele, die alle entweder in einem Stahlwerk oder in einem integrierten Stahlwerk verwendet werden könnten (vgl. Rn. 32 bis 37 der angefochtenen Entscheidung). Insoweit greift das Vorbringen des Klägers, der Begriff „Stahlwerk“ enthalte für sich genommen keine Information über die Bestimmung zur Verwendung in einem Stahlwerk oder entspreche nicht den wesensmäßigen Merkmalen der in Rede stehenden Waren, nicht durch, da es genügt, dass dieser Begriff eine Bestimmung dieser Waren eindeutig bezeichnet, also den Umstand, dass sie im Rahmen des Herstellungs- oder Verarbeitungsprozesses in einem Stahlwerk oder einem integrierten Stahlwerk verwendet werden können.


27      Hinsichtlich der den in Rede stehenden Waren wesensmäßig innewohnenden Merkmale kann nämlich das Vorbringen des Klägers, der Begriff „Stahlwerk“ beschreibe ein solches Merkmal nicht unmittelbar, die in Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Beurteilung der Beschwerdekammer nicht in Frage stellen, wonach diese Waren ihren Merkmalen nach geeignet seien, bei der Stahlherstellung oder ‑verarbeitung als der typischen Tätigkeit von Stahlwerken verwendet zu werden.

28      Darüber hinaus ist das Vorbringen des Klägers zurückzuweisen, dass bestimmte in Rede stehende Waren, nämlich Hämmer, Bohrmaschinen, elektrische Schleifmaschinen, durch Muskelkraft betriebene Karren und Filter für Atemschutzmasken für nicht medizinische Zwecke, nicht geeignet seien, speziell in einem Stahlwerk verwendet zu werden. In Anbetracht der oben in den Rn. 26 und 27 angeführten Möglichkeit, diese Waren in einem Stahlwerk bei der Herstellung oder Verarbeitung von Stahl zu verwenden, hat die Beschwerdekammer in den Rn. 32 bis 37 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass diese Waren einen klaren Bezug zur Bedeutung der angemeldeten Marke aufwiesen. Entgegen dem Vorbringen des Klägers bezeichnet der Begriff „Stahlwerk“ daher nicht nur ein Stahlwerk, sondern auch die Waren, die dort zur Herstellung oder Verarbeitung von Stahl verwendet werden können.

29      Im Übrigen kann der Kläger, da sich sein Vorbringen nur auf bestimmte Waren bezieht, die Beurteilung der Beschwerdekammer in Bezug auf die anderen in Rede stehenden Waren nicht in Frage stellen.

30      Viertens ist zur Erheblichkeit der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer vom 24. Juli 2014 in der Sache R 52/2014-4 über die Eintragung der Unionsmarke Nr. 11 554 201, STAHLWERK, für Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 9 und 40 darauf hinzuweisen, dass das Gericht im Rahmen seiner Rechtmäßigkeitskontrolle nicht an die Entscheidungspraxis des EUIPO gebunden ist (Urteile vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65, und vom 22. April 2008, Casa Editorial el Tiempo/EUIPO – Instituto Nacional de Meteorología [EL TIEMPO], T‑233/06, EU:T:2008:121, Rn. 48).

31      Die vom EUIPO gemäß der Verordnung 2017/1001 über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke zu treffenden Entscheidungen sind gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ist daher allein auf der Grundlage der Verordnung 2017/1001 in ihrer Auslegung durch die Unionsgerichte und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Verwaltungspraxis zu beurteilen (Urteil vom 26. April 2007, Alcon/HABM, C‑412/05 P, EU:C:2007:252, Rn. 65).

32      Das EUIPO ist verpflichtet, seine Befugnisse im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, einschließlich der Grundsätze der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung, auszuüben (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 73). Nach diesen Grundsätzen muss das EUIPO seine zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, da die Anwendung dieser Grundsätze mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden muss (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 74 und 75).

33      Folglich kann sich der Anmelder eines Zeichens als Unionsmarke nicht auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Im Übrigen muss aus Gründen der Rechtssicherheit und gerade auch der ordnungsgemäßen Verwaltung die Prüfung jeder Anmeldung streng und umfassend sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern. Diese Prüfung muss in jedem Einzelfall erfolgen. Die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke hängt von besonderen, im Rahmen der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, ob das fragliche Zeichen nicht unter ein Eintragungshindernis fällt (Urteil vom 10. März 2011, Agencja Wydawnicza Technopol/HABM, C‑51/10 P, EU:C:2011:139, Rn. 76 und 77).

34      Wie sich oben aus den Rn. 22 bis 29 ergibt, hat die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall zu Recht festgestellt, dass der angemeldeten Marke das Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2017/1001 entgegenstehe, so dass sich der Kläger nicht mit Erfolg auf frühere Entscheidungen des EUIPO berufen kann, um diese Schlussfolgerung zu entkräften.

35      Folglich ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001

36      Da nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 ein Zeichen bereits dann von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen ist, wenn eines der dort aufgezählten absoluten Eintragungshindernisse vorliegt, braucht die Begründetheit des zweiten Klagegrundes, mit dem der Kläger einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung rügt, nicht geprüft zu werden.

37      Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass über die Zulässigkeit der Anträge des Klägers entschieden zu werden braucht.

 Kosten

38      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

39      Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Herr Okan Balaban trägt die Kosten.

De Baere

Kreuschitz

Steinfatt

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. September 2022.

Der Kanzler

 

Die Präsidentin

E. Coulon

 

A. Marcoulli


*      Verfahrenssprache: Deutsch.