Language of document : ECLI:EU:C:2016:381

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 31. Mai 2016(1)

Rechtssache C‑72/15

Rosneft Oil Company OJSC

gegen

Her Majesty’s Treasury,

Secretary of State for Business, Innovation and Skills,

The Financial Conduct Authority

(Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice [England & Wales], Queen’s Bench Division [Divisional Court] [Hoher Gerichtshof (England und Wales), Abteilung Queen’s Bench (Kammer), Vereinigtes Königreich]

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – Gültigkeit bestimmter Artikel des Beschlusses 2014/512/GASP und der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 – Restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen der Russischen Föderation, die die Lage in der Ukraine destabilisieren“





I –    Einleitung

1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit und die Auslegung des Beschlusses 2014/512/GASP des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren(2) (im Folgenden: Beschluss 2014/512), und der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren(3) (im Folgenden: Verordnung Nr. 833/2014).

2.        Das Ersuchen ist von grundlegender Bedeutung, weil der Gerichtshof darüber zu befinden haben wird, ob er für die Kontrolle der Gültigkeit und die Auslegung, im Rahmen von Vorabentscheidungsersuchen, der von der Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) erlassenen Handlungen zuständig ist, obwohl die Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und 275 AEUV dies auszuschließen scheinen.

3.        Der Gerichtshof wird also in der vorliegenden Rechtssache Gelegenheit haben, die Handlungen zu bestimmen, die „beim derzeitigen Stand des Unionsrechts … der Kontrolle durch den Gerichtshof entzogen sind“, wie es in Nr. 252 seines Gutachtens 2/13 (EU:C:2014:2454) heißt.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    EU-Vertrag

4.        Der in Titel III („Bestimmungen über die Organe“) des EU-Vertrags enthaltene Art. 19 Abs. 1 lautet:

„Der Gerichtshof der Europäischen Union umfasst den Gerichtshof, das Gericht und Fachgerichte. Er sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge.

Die Mitgliedstaaten schaffen die erforderlichen Rechtsbehelfe, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist.“

5.        Der in Titel V („Allgemeine Bestimmungen über das auswärtige Handeln der Union und besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“) des EU-Vertrags enthaltene, zu Kapitel 1 („Allgemeine Bestimmungen über das auswärtige Handeln der Union“) gehörende Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 lautet:

„Die Union lässt sich bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene von den Grundsätzen leiten, die für ihre eigene Entstehung, Entwicklung und Erweiterung maßgebend waren und denen sie auch weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen will: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde, der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts.“

6.        Kapitel 2 („Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“) von Titel V des EU-Vertrags bestimmt:

ABSCHNITT 1

GEMEINSAME BESTIMMUNGEN

Artikel 23

Das Handeln der Union auf internationaler Ebene im Rahmen dieses Kapitels beruht auf den Grundsätzen des Kapitels 1, verfolgt die darin genannten Ziele und steht mit den allgemeinen Bestimmungen jenes Kapitels im Einklang.

Artikel 24

(1)      Die Zuständigkeit der Union in der [GASP] erstreckt sich auf alle Bereiche der Außenpolitik sowie auf sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit der Union, einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen kann.

Für die [GASP] gelten besondere Bestimmungen und Verfahren. Sie wird vom Europäischen Rat und vom Rat einstimmig festgelegt und durchgeführt, soweit in den Verträgen nichts anderes vorgesehen ist. Der Erlass von Gesetzgebungsakten ist ausgeschlossen. Die [GASP] wird vom Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und von den Mitgliedstaaten gemäß den Verträgen durchgeführt. Die spezifische Rolle des Europäischen Parlaments und der Kommission in diesem Bereich ist in den Verträgen festgelegt. Der Gerichtshof der Europäischen Union ist in Bezug auf diese Bestimmungen nicht zuständig; hiervon ausgenommen ist die Kontrolle der Einhaltung des Artikels 40 dieses Vertrags und die Überwachung der Rechtmäßigkeit bestimmter Beschlüsse nach Artikel 275 Absatz 2 des [AEU-Vertrags].

(3)      Die Mitgliedstaaten unterstützen die Außen- und Sicherheitspolitik der Union aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität und achten das Handeln der Union in diesem Bereich.

Die Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um ihre gegenseitige politische Solidarität zu stärken und weiterzuentwickeln. Sie enthalten sich jeder Handlung, die den Interessen der Union zuwiderläuft oder ihrer Wirksamkeit als kohärente Kraft in den internationalen Beziehungen schaden könnte.

Artikel 29

Der Rat erlässt Beschlüsse, in denen der Standpunkt der Union zu einer bestimmten Frage geografischer oder thematischer Art bestimmt wird. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass ihre einzelstaatliche Politik mit den Standpunkten der Union in Einklang steht.

Artikel 40

Die Durchführung der [GASP] lässt die Anwendung der Verfahren und den jeweiligen Umfang der Befugnisse der Organe, die in den Verträgen für die Ausübung der in den Artikeln 3 bis 6 des [AEU-Vertrags] aufgeführten Zuständigkeiten der Union vorgesehen sind, unberührt.

Ebenso lässt die Durchführung der Politik nach den genannten Artikeln die Anwendung der Verfahren und den jeweiligen Umfang der Befugnisse der Organe, die in den Verträgen für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union nach diesem Kapitel vorgesehen sind, unberührt.

…“

B –    AEU-Vertrag

7.        In Titel I („Allgemeine Bestimmungen über das auswärtige Handeln der Union“) des Fünften Teils („Das auswärtige Handeln der Union“) des AEU-Vertrags ist bestimmt:

Artikel 205

Das Handeln der Union auf internationaler Ebene im Rahmen dieses Teils wird von den Grundsätzen bestimmt, von den Zielen geleitet und an den allgemeinen Bestimmungen ausgerichtet, die in Titel V Kapitel 1 des [EU-Vertrags] niedergelegt sind.“

8.        In Titel IV („Restriktive Maßnahmen“) des Fünften Teils des AEU-Vertrags ist bestimmt:

Artikel 215

(1)      Sieht ein nach Titel V Kapitel 2 des [EU-Vertrags] erlassener Beschluss die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern vor, so erlässt der Rat die erforderlichen Maßnahmen mit qualifizierter Mehrheit auf gemeinsamen Vorschlag des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission. Er unterrichtet hierüber das Europäische Parlament.

(2)      Sieht ein nach Titel V Kapitel 2 des [EU-Vertrags] erlassener Beschluss dies vor, so kann der Rat nach dem Verfahren des Absatzes 1 restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen sowie Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten erlassen.

(3)      In den Rechtsakten nach diesem Artikel müssen die erforderlichen Bestimmungen über den Rechtsschutz vorgesehen sein.“

9.        In Abschnitt 5 („Der Gerichtshof der Europäischen Union“) des Kapitels 1 („Die Organe“) von Titel I („Vorschriften über die Organe“) des Sechsten Teils („Institutionelle Bestimmungen und Finanzvorschriften“) des AEU-Vertrags bestimmt Art. 275:

„Der Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht zuständig für die Bestimmungen hinsichtlich der [GASP] und für die auf der Grundlage dieser Bestimmungen erlassenen Rechtsakte.

Der Gerichtshof ist jedoch zuständig für die Kontrolle der Einhaltung von Artikel 40 des [EU-Vertrags] und für die unter den Voraussetzungen des Artikels 263 Absatz 4 dieses Vertrags erhobenen Klagen im Zusammenhang mit der Überwachung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des [EU-Vertrags] erlassen hat.“

C –    Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit

10.      In dem am 24. Juni 1994 auf Korfu unterzeichneten Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Russischen Föderation andererseits(4) (im Folgenden: Partnerschaftsabkommen) ist in Titel III („Warenverkehr“) bestimmt:

Artikel 10

(1)      Die Vertragsparteien gewähren einander die in Artikel I Absatz 1 des GATT beschriebene allgemeine Meistbegünstigung.

(2)      Absatz 1 gilt nicht für

a)      Vorteile, die benachbarten Ländern zur Erleichterung des Grenzverkehrs gewährt werden;

b)      Vorteile, die mit dem Ziel der Errichtung einer Zollunion oder einer Freihandelszone oder aufgrund der Errichtung einer Zollunion oder Freihandelszone gewährt werden. ‚Zollunion‘ und ‚Freihandelszone‘ sind diejenigen, die in Artikel XXIV Absatz 8 des GATT definiert werden oder nach dem Verfahren des Artikels XXIV Absatz 10 des GATT errichtet worden sind;

c)      Vorteile, die bestimmten Ländern gemäß dem GATT oder gemäß anderen internationalen Vereinbarungen zugunsten von Entwicklungsländern gewährt werden.

Artikel 12

(1)      Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass der Grundsatz der freien Durchfuhr eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung der Ziele dieses Abkommens ist.

In diesem Zusammenhang ermöglicht jede Vertragspartei die freie Durchfuhr durch ihr Gebiet für Waren, die aus dem Zollgebiet der anderen Vertragspartei stammen oder die für das Zollgebiet der anderen Vertragspartei bestimmt sind.

(2)      Die Regeln des Artikels V Absätze 2, 3, 4 und 5 des GATT finden zwischen den Vertragsparteien Anwendung.

Artikel 19

Das Abkommen steht Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder ‑beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, der natürlichen Ressourcen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des geistigen, gewerblichen oder kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind; ebenso wenig steht es Regelungen betreffend Gold und Silber entgegen. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel der willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Vertragsparteien darstellen.“

11.      In Kapitel III („Grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr“) von Titel IV („Bestimmungen über Geschäftsbedingungen und Investitionen“) des Abkommens bestimmt Art. 36:

„Für die in Anhang 5 aufgeführten Sektoren gewähren die Vertragsparteien einander gemäß ihren geltenden Gesetzen und sonstigen Vorschriften hinsichtlich der Bedingungen für die Erbringung von Dienstleistungen durch Gesellschaften der Gemeinschaft im Gebiet Russlands beziehungsweise durch Gesellschaften Russlands im Gebiet der Gemeinschaft eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die einem Drittland gewährte Behandlung.“

12.      In Titel V („Zahlungen und Kapital“) des Abkommens bestimmt Art. 52:

„…

(2)      Der freie Kapitalverkehr zwischen den Gebietsansässigen der Gemeinschaft und Russlands wird gewährleistet für Direktinvestitionen in Gesellschaften, die gemäß den Rechtsvorschriften des Aufnahmelands gegründet wurden, und für Direktinvestitionen, die gemäß den Bestimmungen von Titel IV Kapitel II getätigt werden, sowie für den Transfer dieser Investitionen, einschließlich Entschädigungsleistungen für Maßnahmen wie Enteignung, Verstaatlichung oder Maßnahmen gleicher Wirkung, und daraus resultierender Gewinne ins Ausland.

(5)      Unbeschadet der Absätze 6 und 7 führen die Vertragsparteien nach einer Übergangszeit von fünf Jahren ab Inkrafttreten dieses Abkommens keine neuen Beschränkungen des Kapitalverkehrs und der damit zusammenhängenden laufenden Zahlungen zwischen den Gebietsansässigen der Gemeinschaft und Russlands ein und gestalten die bestehenden Regelungen nicht einschränkender. Die Einführung von Beschränkungen während der in Satz 1 genannten Übergangszeit berührt jedoch nicht die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien aus den Absätzen 2, 3, 4 und 9.

(9)      Die Vertragsparteien gewähren einander die Meistbegünstigung für die Freiheit der laufenden Zahlungen und des Kapitalverkehrs sowie für die Zahlungsweisen.“

13.      In Titel XI („Institutionelle, allgemeine und Schlussbestimmungen“) des Partnerschaftsabkommens bestimmt Art. 99:

„Dieses Abkommen hindert eine Vertragspartei nicht daran, alle Maßnahmen zu ergreifen,

1.      die sie zum Schutz ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen für notwendig erachtet:

d)      im Falle schwerwiegender innerstaatlicher Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, im Kriegsfall, bei einer ernsten, eine Kriegsgefahr darstellenden internationalen Spannung oder in Erfüllung der von ihr übernommenen Verpflichtungen zur Wahrung des Friedens und der internationalen Sicherheit; …

…“

D –    Beschluss 2014/512

14.      Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen bezieht sich auf folgende Bestimmungen des Beschlusses 2014/512:

Artikel 1

(2)      Der unmittelbare oder mittelbare Kauf oder Verkauf von, die unmittelbare oder mittelbare Erbringung von Investitionsdiensten für oder Unterstützung bei der Begebung von oder der sonstige Handel mit Schuldverschreibungen, Kapitalbeteiligungen oder vergleichbaren Finanzinstrumenten mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen, die nach dem 12. September 2014 begeben werden, von

b)      in Anhang III aufgeführten in Russland niedergelassenen Organisationen, die sich mit Wirkung vom 12. September 2014 unter öffentlicher Kontrolle oder zu über 50 % in öffentlicher Inhaberschaft befinden und deren geschätzte Gesamtvermögenswerte sich auf über 1 Billion russische Rubel belaufen und deren geschätzte Einnahmen zu mindestens 50 % aus dem Verkauf oder der Beförderung von Rohöl oder Erdölerzeugnissen stammen [(Rosneft, Transneft und Gazprom Neft)],

c)      jeglicher außerhalb der Union niedergelassener juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die sich zu über 50 % in der Inhaberschaft einer unter [Buchstabe] … b genannten Organisation befindet, oder

d)      jeglicher juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die im Namen oder auf Anweisung einer Organisation handelt, die unter die in Buchstabe c genannte Kategorie fällt oder in Anhang … III aufgeführt ist [(Rosneft, Transneft und Gazprom Neft)],

sind verboten.

(3)      Es ist verboten, unmittelbar oder mittelbar Vereinbarungen zu treffen oder an Vereinbarungen beteiligt zu sein, die die Neuvergabe von Darlehen oder Krediten mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen nach dem 12. September 2014 an die in den Absätzen 1 oder 2 genannten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen vorsehen, mit Ausnahme von Darlehen oder Krediten, die nachweislich ein spezifisches Ziel der Finanzierung nicht verbotener unmittelbarer oder mittelbarer Ein- oder Ausfuhren von Gütern oder nichtfinanzieller Dienstleistungen zwischen der Union und Russland oder einem anderen Drittstaat verfolgen, oder von Darlehen, die nachweislich ein spezifisches Ziel der Bereitstellung finanzieller Soforthilfe verfolgen, um die Solvabilitäts- und Liquiditätsanforderungen für in der Union niedergelassene juristische Personen, deren Eigentumsrechte zu mehr als 50 % bei einer in Anhang I genannten Organisation [(Sberbank, VTB Bank, Gazprombank, Vnesheconombank und Rosselkhozbank)] liegen, zu erfüllen.

Artikel 4

(1)      Der unmittelbare oder mittelbare Verkauf, die unmittelbare oder mittelbare Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr von bestimmter Ausrüstung, die für die folgenden Kategorien von Explorations- und Fördervorhaben in Russland – einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels – geeignet ist, durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder vom Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten aus oder durch Schiffe oder Fluggeräte unter ihrer Flagge unterliegen der vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde des Ausfuhrmitgliedstaats:

a)      Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern;

b)      Erdölexploration und ‑förderung im Offshore-Gebiet nördlich des Polarkreises;

c)      Projekte, die das Potential haben, Erdöl aus Ressourcen in Ton- und Schiefergesteinformationen durch Hydrofracking zu gewinnen; das gilt nicht für Exploration und Förderung durch Ton- und Schiefergesteinformationen hindurch, um andere als Ton- und Schiefergesteinlagerstätten aufzufinden … oder Erdöl aus anderen als Ton- oder Schiefergesteinlagerstätten zu gewinnen.

Die Union trifft die notwendigen Maßnahmen zur Festlegung der relevanten Güter, die von diesem Absatz erfasst werden.

(2)      Die Bereitstellung von

a)      technischer Hilfe oder anderen Diensten im Zusammenhang mit der Ausrüstung nach Absatz 1,

b)      Finanzmitteln oder Finanzhilfen für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr der Ausrüstung gemäß Absatz 1 oder für die Erbringung damit verbundener technischer Hilfe oder Ausbildung,

unterliegt ebenfalls der vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde des Ausfuhrmitgliedstaats.

(3)      Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erteilen keine Genehmigung für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr der Ausrüstung oder für die Erbringung der Dienste gemäß den Absätzen 1 und 2, wenn sie feststellen, dass der betreffende Verkauf, die betreffende Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr oder die Erbringung des betreffenden Dienstes für eine der in Absatz 1 genannten Explorations- und Förderkategorien bestimmt ist.

(4)      Absatz 3 gilt unbeschadet der Erfüllung von Verträgen, die vor dem 1. August 2014 geschlossen wurden, oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung dieser Verträge erforderlich sind.

(5)      Eine Genehmigung darf außerdem erteilt werden, wenn der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern oder die Erbringung von Diensten gemäß den Absätzen 1 oder 2 zur dringenden Abwendung oder Eindämmung eines Ereignisses erforderlich ist, das voraussichtlich schwerwiegende und wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt haben wird. In hinreichend begründeten dringenden Fällen kann der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr oder die Erbringung von Diensten gemäß den Absätzen 1 oder 2 ohne vorherige Genehmigung erfolgen, sofern der Ausführer die zuständige Behörde innerhalb von fünf Arbeitstagen nach dem Verkauf, der Lieferung, der Verbringung, der Ausfuhr oder der Erbringung von Diensten davon unterrichtet und die einschlägigen Gründe für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung, die Ausfuhr oder die Erbringung von Diensten ohne vorherige Genehmigung ausführlich darlegt.

Artikel 4a

(1)      Die unmittelbare oder mittelbare Erbringung von akzessorischen Diensten, die für die folgenden Kategorien von Explorations- und Fördervorhaben in Russland – einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels – erforderlich sind, durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder vom Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten aus oder durch Schiffe oder Flugzeuge unter ihrer Flagge sind verboten:

a)      Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern;

b)      Erdölexploration und ‑förderung im Offshore-Gebiet nördlich des Polarkreises;

c)      Projekte, die das Potential haben, Erdöl aus Ressourcen in Ton- und Schiefergesteinformationen durch Hydrofracking zu gewinnen; das gilt nicht für Exploration und Förderung durch Ton- und Schiefergesteinformationen hindurch, um andere als Ton- und Schiefergesteinlagerstätten aufzufinden … oder Erdöl aus anderen als Ton- oder Schiefergesteinlagerstätten zu gewinnen.

(2)      Das in Absatz 1 genannte Verbot gilt unbeschadet der Erfüllung von Verträgen oder Rahmenvereinbarungen, die vor dem 12. September 2014 geschlossen wurden, oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung dieser Verträge erforderlich sind.

(3)      Das in Absatz 1 genannte Verbot gilt nicht, wenn die betreffenden Dienstleistungen zur dringenden Abwendung oder Eindämmung eines Ereignisses erforderlich sind, das voraussichtlich schwerwiegende und wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt haben wird.

Artikel 7

(1)      Forderungen im Zusammenhang mit Verträgen oder Geschäften, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit diesem Beschluss verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise berührt wird, einschließlich Schadensersatzansprüchen und ähnlichen Ansprüchen, wie etwa Entschädigungsansprüche oder Garantieansprüche, vor allem Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer Schuldverschreibung, einer Garantie oder eines Schadensersatzanspruchs, insbesondere einer finanziellen Garantie oder eines finanziellen Schadensersatzanspruchs in jeglicher Form, wird nicht stattgegeben, sofern sie von einer der folgenden natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen geltend gemacht werden:

a)      den in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben b oder c und in Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben c oder d genannten oder in [Anhang] … III … aufgeführten Organisationen,

b)      sonstigen russischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder

c)      sonstigen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die über eine der unter den Buchstaben a oder b genannten Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder in deren Namen handeln.

(2)      In Verfahren zur Durchsetzung eines Anspruchs trägt die Person, die den Anspruch geltend macht, die Beweislast dafür, dass die Erfüllung des Anspruchs nicht nach Absatz 1 verboten ist.

(3)      Dieser Artikel berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Personen, Organisationen und Einrichtungen auf gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Nichterfüllung vertraglicher Pflichten nach diesem Beschluss.

…“

E –    Verordnung Nr. 833/2014

15.      Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen bezieht sich auf folgende Bestimmungen der Verordnung Nr. 833/2014:

Artikel 3

(1)      Güter gemäß Anhang II mit oder ohne Ursprung in der Union dürfen nur mit vorheriger Genehmigung unmittelbar oder mittelbar an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, oder – wenn diese Güter für eine Nutzung in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, bestimmt sind – in einem anderen Staat verkauft, geliefert, verbracht oder ausgeführt werden.

(2)      Für alle nach diesem Artikel genehmigungspflichtigen Verkäufe, Lieferungen, Verbringungen oder Ausfuhren wird die Genehmigung von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Ausführer niedergelassen ist, und nach den Vorgaben des Artikels 11 der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 erteilt. Die Genehmigung ist in der gesamten Union gültig.

(3)      Anhang II umfasst bestimmte für die folgenden Kategorien von Explorations- und Förderprojekten in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, geeignete Güter:

a)      Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern;

b)      Erdölexploration und ‑förderung im Offshore-Gebiet nördlich des Polarkreises; oder

c)      Projekte, die das Potential haben, Erdöl aus Ressourcen in Ton- und Schiefergesteinformationen durch Hydrofracking zu gewinnen; das gilt nicht für Exploration und Förderung durch Ton- und Schiefergesteinformationen hindurch, um andere als Ton- und Schiefergesteinlagerstätten aufzufinden … oder Erdöl aus anderen als Ton- oder Schiefergesteinlagerstätten zu gewinnen.

(4)      Die Ausführer übermitteln den zuständigen Behörden alle erforderlichen Angaben zu ihrem Antrag auf Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung.

(5)      Die zuständigen Behörden erteilen keine Genehmigung für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von in Anhang II aufgeführten Gütern, wenn sie hinreichende Gründe zu der Annahme haben, dass die verkauften, gelieferten, verbrachten oder ausgeführten Güter für eine der in Absatz 3 genannten Kategorien von Explorations- und Förderprojekten bestimmt sind.

Die zuständigen Behörden können jedoch eine Genehmigung erteilen, wenn durch den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr eine Verpflichtung aus einem Vertrag, der vor dem 1. August 2014 geschlossen wurde, oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung eines solchen Vertrags erforderlich sind, erfüllt wird.

Die zuständigen Behörden können außerdem eine Genehmigung erteilen, wenn der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr der Güter zur dringenden Abwendung oder Eindämmung eines Ereignisses erforderlich ist, das voraussichtlich schwerwiegende und wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt haben wird. In hinreichend begründeten dringenden Fällen kann der Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr ohne vorherige Genehmigung erfolgen, sofern der Ausführer die zuständige Behörde innerhalb von fünf Arbeitstagen nach dem Verkauf, der Lieferung, der Verbringung oder der Ausfuhr davon unterrichtet und die einschlägigen Gründe für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr ohne vorherige Genehmigung ausführlich darlegt.

(6)      Unter den Voraussetzungen des Absatzes 5 können die zuständigen Behörden eine von ihnen erteilte Ausfuhrgenehmigung für ungültig erklären, aussetzen, ändern oder widerrufen.

(7)      Wenn eine zuständige Behörde nach Absatz 5 oder 6 eine Genehmigung ablehnt, für ungültig erklärt, aussetzt, erheblich einschränkt oder widerruft, meldet der betreffende Mitgliedstaat dies den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission, macht ihnen die einschlägigen Informationen zugänglich und beachtet dabei die die Vertraulichkeit dieser Informationen betreffenden Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates.

(8)      Bevor ein Mitgliedstaat eine Genehmigung nach Absatz 5 für eine Transaktion erteilt, die im Wesentlichen die gleiche ist wie eine Transaktion, die einer noch gültigen Ablehnung unterliegt, die von einem anderen Mitgliedstaat oder von anderen Mitgliedstaaten nach den Absätzen 6 und 7 erteilt wurde, konsultiert er zunächst den Mitgliedstaat oder die Mitgliedstaaten, die die Ablehnung erteilt haben. Beschließt der betreffende Mitgliedstaat nach diesen Konsultationen, die Genehmigung zu erteilen, so unterrichtet er die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission hiervon und übermittelt ihnen alle zur Erläuterung seines Beschlusses sachdienlichen Informationen.

Artikel 3a

(1)      Es ist verboten, unmittelbar oder mittelbar für die folgenden Kategorien von Explorations- und Förderprojekten in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, erforderlichen zugehörigen Dienstleistungen zu erbringen:

a)      Erdölexploration und ‑förderung unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern;

b)      Erdölexploration und ‑förderung im Offshore-Gebiet nördlich des Polarkreises; oder

c)      Projekte, die das Potential haben, Erdöl aus Ressourcen in Ton- und Schiefergesteinformationen durch Hydrofracking zu gewinnen; das gilt nicht für Exploration und Förderung durch Ton- und Schiefergesteinformationen hindurch, um andere als Ton- und Schiefergesteinlagerstätten aufzufinden … oder Erdöl aus anderen als Ton- oder Schiefergesteinlagerstätten zu gewinnen.

Für die Zwecke dieses Absatzes bezeichnet der Ausdruck ‚zugehörige Dienstleistungen‘:

i)      Bohrungen,

ii)      Bohrlochprüfungen,

iii)      Bohrlochmessungen und Komplettierungsdienste,

iv)      Lieferung spezialisierter schwimmender Plattformen.

(2)      Die Verbote gemäß Absatz 1 gelten unbeschadet der Erfüllung von Verpflichtungen aus einem Vertrag oder einer Rahmenvereinbarung, der bzw. die vor dem 12. September 2014 geschlossen wurde, oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung eines solchen Vertrags erforderlich sind.

(3)      Das Verbot gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die betreffenden Dienstleistungen zur dringenden Abwendung oder Eindämmung eines Ereignisses erforderlich sind, das voraussichtlich schwerwiegende und wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen oder die Umwelt haben wird.

Der Dienstleister unterrichtet die zuständige Behörde innerhalb von fünf Arbeitstagen von jedweder Tätigkeit nach diesem Absatz und legt die einschlägigen Gründe für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr ausführlich dar.

Artikel 4

(3)      Einer Genehmigung durch die betreffende zuständige Behörde bedarf bzw. bedürfen

a)      unmittelbare oder mittelbare technische Hilfe oder Vermittlungsdienste im Zusammenhang mit den in Anhang II aufgeführten Gütern sowie mit deren Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwendung für natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, oder, wenn eine solche Hilfe Güter zur Verwendung in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, betrifft, für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in jedem anderen Staat;

b)      die unmittelbare oder mittelbare Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfe, insbesondere in Form von Zuschüssen, Darlehen und Ausfuhrkreditversicherungen, im Zusammenhang mit den in Anhang II aufgeführten Gütern für deren Verkauf, Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr oder für die Leistung von damit verbundener technischer Hilfe für natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, oder, wenn eine solche Hilfe Güter zur Verwendung in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, betrifft, für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in jedem anderen Staat.

In hinreichend begründeten dringenden Fällen gemäß Artikel 3 Absatz 5 kann die Erbringung der im vorliegenden Absatz genannten Dienstleistungen ohne vorherige Genehmigung erfolgen, sofern der Erbringer die zuständige Behörde innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Erbringung der Dienstleistung davon unterrichtet.

(4)      Werden Genehmigungen gemäß Absatz 3 dieses Artikels beantragt, so gilt Artikel 3, insbesondere dessen Absätze 2 und 5, entsprechend.

Artikel 5

(2)      Es ist verboten, übertragbare Wertpapiere und Geldmarktinstrumente mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen, die nach dem 12. September 2014 begeben wurden, unmittelbar oder mittelbar zu kaufen, zu verkaufen, Wertpapierdienstleistungen oder Hilfsdienste bei der Begebung zu erbringen oder anderweitig damit zu handeln, wenn sie von einer der nachstehend aufgeführten Personen, Organisationen oder Einrichtungen begeben wurden:

b)      einer in Russland niedergelassenen in Anhang VI aufgeführten juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die sich unter öffentlicher Kontrolle oder zu über 50 % in öffentlicher Inhaberschaft befindet, über geschätzte Gesamtvermögenswerte von über 1 Billion russische Rubel verfügt und deren geschätzte Einnahmen zu mindestens 50 % aus dem Verkauf oder der Beförderung von Rohöl oder Erdölerzeugnissen stammen [(Rosneft, Transneft, Gazprom Neft)];

c)      einer außerhalb der Union niedergelassenen juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, deren Anteile zu über 50 % unmittelbar oder mittelbar von einer der unter den Buchstaben a oder b aufgeführten Organisationen gehalten werden, oder

d)      einer juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die im Namen oder auf Anweisung einer der unter den Buchstaben a, b oder c aufgeführten Organisationen handelt.

(3)      Es ist verboten, unmittelbar oder mittelbar Vereinbarungen zu treffen oder an Vereinbarungen beteiligt zu sein, die die Neuvergabe von Darlehen oder Krediten mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen an die in den Absätzen 1 und 2 genannten juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen nach dem 12. September 2014 vorsehen.

Das Verbot gilt nicht für

a)      Darlehen oder Kredite, die spezifisch und nachweislich zur Finanzierung nicht verbotener Einfuhren und Ausfuhren von Gütern und nichtfinanziellen Dienstleistungen zwischen der Union und einem Drittstaat bestimmt sind, einschließlich der Finanzierung von Ausgaben für Güter und Dienstleistungen aus einem anderen Drittstaat, die zur Erfüllung der Ausfuhr- oder Einfuhrverträge erforderlich sind, oder

b)      Darlehen, die nachweislich ein spezifisches Ziel der Bereitstellung finanzieller Soforthilfe verfolgen, um Solvabilitäts- und Liquiditätsanforderungen für in der Union niedergelassene juristische Personen, deren Eigentumsrechte zu mehr als 50 % bei einer in Anhang III genannten Organisation [(Sberbank, VTB Bank, Gazprombank, Vnesheconombank und Rosselkhozbank)] liegen, zu erfüllen.

Artikel 8

(1)      Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen fest und treffen die zur Sicherstellung ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(2)      Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die Bestimmungen nach Absatz 1 unverzüglich nach Inkrafttreten dieser Verordnung mit und melden ihr alle Änderungen dieser Bestimmungen.

Artikel 11

(1)      Ansprüche im Zusammenhang mit Verträgen oder Geschäften, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit dieser Verordnung verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise berührt wird, einschließlich Schadensersatzansprüchen und ähnlichen Ansprüchen, wie etwa Entschädigungsansprüche oder Garantieansprüche, vor allem Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer Schuldverschreibung, einer Garantie oder eines Schadensersatzanspruchs, insbesondere einer finanziellen Garantie oder eines finanziellen Schadensersatzanspruchs in jeglicher Form, werden nicht erfüllt, sofern sie von einer der folgenden natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen geltend gemacht werden:

a)      Organisationen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben b und c und Artikel 5 Absatz 2 Buchstaben c und d oder nach [Anhang] … VI [(Rosneft, Transneft, Gazprom Neft)],

b)      jedweder sonstigen russischen Person, Organisation oder Einrichtung,

c)      sonstigen Personen, Organisationen und Einrichtungen, die über eine der unter den Buchstaben a und b dieses Absatzes genannten Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder in deren Namen handeln.

(2)      In Verfahren zur Durchsetzung eines Anspruchs trägt die Person, die den Anspruch geltend macht, die Beweislast dafür, dass die Erfüllung des Anspruchs nicht nach Absatz 1 verboten ist.

(3)      Dieser Artikel berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Personen, Organisationen und Einrichtungen auf gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Nichterfüllung vertraglicher Pflichten nach dieser Verordnung.“

III – Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

16.      Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union verurteilten am 6. März 2014 scharf die „grundlose Verletzung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit der Ukraine durch die Russische Föderation“(5). Sie forderten die Russische Föderation auf, unverzüglich ihre Streitkräfte in die Gebiete zurückzubeordern, in denen sie gemäß den einschlägigen Abkommen dauerhaft stationiert sein dürfen. Sie beschlossen ferner, die bilateralen Gespräche mit der Russischen Föderation über Visumsangelegenheiten sowie über das neue umfassende Abkommen, das das Partnerschaftsabkommen ersetzen würde, auszusetzen. Sie hoben jedoch hervor, dass die Lösung der Krise durch Verhandlungen zwischen den Regierungen der Ukraine und der Russischen Föderation gefunden werden sollte.

17.      Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Union erklärten weiter, dass, sollten diese Verhandlungen innerhalb eines begrenzten zeitlichen Rahmens nicht zu Ergebnissen führen, gegen Personen, die für Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergrüben oder bedrohten, Reisebeschränkungen und Maßnahmen zum Einfrieren von Vermögenswerten verhängt würden.

18.      Zur Durchführung der Erklärung erließ der Rat die Verordnung (EU) Nr. 269/2014 vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen(6); mit ihr wurden gegen bestimmte, in Anhang I der Verordnung aufgeführte Personen Maßnahmen zum Einfrieren von Vermögenswerten verhängt.

19.      Am 31. Juli 2014 erließ der Rat, da er zu dem Schluss gelangt war, dass die Russische Föderation den Forderungen der Union nicht nachgekommen sei und dass die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine weiter untergraben würden, ein Bündel weiterer bedeutender restriktiver Maßnahmen, nämlich den Beschluss 2014/512 und die Verordnung Nr. 833/2014, die gegen russische Unternehmen, darunter die Rosneft Oil Company OJSC (im Folgenden: Rosneft) gerichtet sind. Rosneft ist auf dem Gebiet der Exploration, Förderung und Raffination von Kohlenwasserstoffen und des Vertriebs von Rohöl und Erdgas in Russland und im Ausland tätig.

20.      Die Explorations- und Fördertätigkeit von Rosneft erfolgt in den russischen Provinzen mit großen Kohlenwasserstoffvorkommen und auf dem russischen Festlandsockel. Ihre Explorationstätigkeiten umfassen Unterwasserarbeiten in Tiefen von mehr als 150 Metern und in Ton- und Schiefergesteinformationen.

21.      Die Mehrheit der Anteile an Rosneft (69,5 %) wird von der Rosneftegaz OJSC gehalten, einer Aktiengesellschaft, die im Alleineigentum der Russischen Föderation steht. Eine Minderheit der Anteile (19,75 %) wird von der BP Russian Investments Ltd., einer Tochtergesellschaft der britischen Erdölgesellschaft BP plc, gehalten. Die übrigen 10,75 % des Gesellschaftskapitals werden öffentlich gehandelt.

22.      Für die Umsetzung der Unionsregelung, mit der gegen die Russische Föderation wegen ihrer Handlungen in der Ukraine Sanktionen verhängt wurden, sind im Vereinigten Königreich Her Majesty’s Treasury (Finanzministerium) und der Secretary of State for Business, Innovation and Skills (Minister für Unternehmen, Innovation und berufliche Qualifizierung) verantwortlich.

23.      Die Financial Conduct Authority (Aufsichtsbehörde für das Finanzgebaren, im Folgenden: FCA) unterliegt ebenfalls dem Beschluss 2014/512 und der Verordnung Nr. 833/2014 und hat die Auswirkungen dieser Rechtsakte auf ihre eigenen gesetzlichen Verpflichtungen und Ziele zu prüfen. Wenn die Möglichkeit der Begebung verbotener Wertpapiere und damit eine Gefahr für die Integrität der durch die FCA regulierten Märkte oder den Verbraucherschutz besteht, müsste die FCA daher prüfen, welche Maßnahmen sie gegebenenfalls zu ergreifen hat, um vor der Gefahr zu schützen oder sie abzuwenden.

24.      Mit Klageschrift, die am 9. Oktober 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Rosneft gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2014/512 und der Verordnung Nr. 833/2014 erhoben(7).

25.      Mit ihrer am 20. November 2014 beim High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Divisional Court) (Hoher Gerichtshof [England & Wales], Abteilung Queen’s Bench [Kammer]), erhobenen Klage auf gerichtliche Überprüfung zieht Rosneft die Rechtmäßigkeit des Beschlusses 2014/512 und der Verordnung Nr. 833/2014 sowie bestimmter, von den Behörden des Vereinigten Königreichs zur Durchführung einiger Aspekte der Verordnung Nr. 833/2014 erlassener Maßnahmen in Zweifel, insbesondere die Rechtmäßigkeit der für Verstöße gegen diese Verordnung festgelegten Strafsanktionen(8), bestimmter Auslegungen des Begriffs der Finanzhilfen durch die FCA sowie der Auslegung und Anwendung der Verordnung auf bestimmte übertragbare Wertpapiere(9) durch die FCA.

26.      In seinem Urteil vom 9. Februar 2015(10) ist der High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Divisional Court), zu der Auffassung gelangt, dass er zur Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits klären müsse, ob bestimmte Vorschriften des Beschlusses 2014/512 und der Verordnung Nr. 833/2014 ungültig seien, was er nach dem Urteil Foto-Frost (314/85, EU:C:1987:452) nicht tun könne, ohne den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.

27.      Selbst wenn die Vorschriften gültig seien, sei nicht sicher, ob andere Gerichte der Mitgliedstaaten bei ihrer Auslegung und Anwendung zu denselben Ergebnissen kämen. In bestimmten wesentlichen Punkten bestünden zwischen den zuständigen Behörden der verschiedenen Mitgliedstaaten beachtliche Auslegungsunterschiede.

28.      Der High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Divisional Court) (Hoher Gerichtshof [England & Wales], Abteilung Queen’s Bench [Kammer]), hat das Verfahren deshalb ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist der Gerichtshof im Hinblick insbesondere auf die Art. 19 Abs. 1 EUV, 24 EUV und 40 EUV, Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und Art. 275 Abs. 2 AEUV für eine Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV über die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d, Art. 1 Abs. 3, Art. 4, Art. 4a, Art. 7 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 zuständig?

2.      a)     Sind eine oder mehrere der folgenden Bestimmungen (im Folgenden: relevante Maßnahmen) der Verordnung Nr. 833/2014 und, soweit der Gerichtshof zuständig ist, des Beschlusses 2014/512 ungültig:

i)      Art. 4 und 4a des Beschlusses 2014/512,

ii)      Art. 3, 3a, 4 Abs. 3 und 4 und Anhang II der Verordnung Nr. 833/2014,

(im Folgenden zusammen: Bestimmungen über den Ölsektor),

iii)      Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang III des Beschlusses 2014/512,

iv)      Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang VI der Verordnung Nr. 833/2014,

(im Folgenden zusammen: Bestimmungen über übertragbare Wertpapiere und Darlehen),

v)      Art. 7 des Beschlusses 2014/512 und

vi)      Art. 11 der Verordnung Nr. 833/2014?

b)      Falls die relevanten Maßnahmen gültig sind, widerspricht es dem Grundsatz der Rechtssicherheit und dem Grundsatz nulla poena sine lege certa, dass ein Mitgliedstaat Strafsanktionen nach Art. 8 der Verordnung Nr. 833/2014 verhängt, bevor die Tragweite des Tatbestands des betreffenden Verstoßes durch den Gerichtshof hinreichend geklärt wurde?

3.      Falls die in Frage 2 a angeführten relevanten Verbote oder Beschränkungen gültig sind:

a)      Umfasst der Begriff „Finanzhilfe“ in Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 833/2014 die Abwicklung einer Zahlung durch eine Bank oder ein anderes Finanzinstitut?

b)      Verbietet Art. 5 der Verordnung Nr. 833/2014 die Ausgabe von oder sonstige Transaktionen mit GDR, die am oder nach dem 12. September 2014 aufgrund eines Depotvertrags mit einer der in Anhang VI aufgeführten Organisationen in Bezug auf vor dem 12. September 2014 ausgegebene Anteile an einer dieser Organisationen ausgegeben wurden?

c)      Falls der Gerichtshof der Ansicht ist, dass ein Mangel an Klarheit besteht, der durch nähere Angaben des Gerichtshofs angemessen beseitigt werden kann, wie sind dann die Begriffe „Ton- und Schiefergestein“ und „Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern“ in Art. 4 des Beschlusses 2014/512 und in den Art. 3 und 3a der Verordnung Nr. 833/2014 auszulegen? Kann der Gerichtshof insbesondere, wenn er dies für notwendig und angemessen hält, eine geologische Auslegung des bei der Umsetzung der Verordnung zu verwendenden Begriffs „Ton- und Schiefergestein“ vornehmen und erläutern, ob die Messung von „Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern“ an der Stelle der Bohrung oder an anderer Stelle vorzunehmen ist?

29.      Mit Beschluss vom 26. März 2015 hat der Präsident des Gerichts das Verfahren über die Nichtigkeitsklage in der Rechtssache NK Rosneft u. a./Rat (T‑715/14) gemäß Art. 54 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bis zum Erlass des Urteils des Gerichtshofs in der vorliegenden Rechtssache ausgesetzt.

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

30.      Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen ist am 18. Februar 2015 beim Gerichtshof eingereicht worden. Schriftliche Erklärungen sind eingereicht worden von Rosneft, der FCA, der Regierung des Vereinigten Königreichs, der tschechischen, der deutschen, der estnischen und der französischen Regierung sowie dem Rat und der Kommission.

31.      In der mündlichen Verhandlung, die am 23. Februar 2016 stattgefunden hat, haben Rosneft, die FCA, die Regierung des Vereinigten Königreichs, die tschechische, die deutsche, die estnische, die französische und die polnische Regierung sowie der Rat und die Kommission mündliche Erklärungen abgegeben.

V –    Analyse

A –    Zur ersten Frage

32.      Die erste Vorlagefrage betrifft die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Vorabentscheidung über die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3, Art. 4, Art. 4a und Art. 7 sowie Anhang III des Beschlusses 2014/512 im Hinblick auf die Art. 19, 24 und 40 EUV, Art. 275 AEUV und Art. 47 der Charta.

1.      Zur Zulässigkeit

33.      Die estnische Regierung und der Rat halten die erste Frage für unzulässig. Ihre Beantwortung sei für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits durch das vorlegende Gericht nicht erforderlich.

34.      Ich schlage dem Gerichtshof vor, diese Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen. Die Prüfung der übrigen Vorlagefragen (deren Entscheidungserheblichkeit unstreitig ist) setzt nämlich eindeutig die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Beantwortung der ersten Vorlagefrage voraus. Abgesehen davon ist eine solche Frage nach ständiger Rechtsprechung „eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung …, [und] der Gerichtshof [kann sie] zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens auch von Amts wegen prüfen“(11).

35.      Im Übrigen muss das vorlegende Gericht, um beurteilen zu können, ob es durch das Monopol des Gerichtshofs im Bereich der Kontrolle der Gültigkeit von Handlungen des abgeleiteten Unionsrechts gebunden ist, wissen, ob der Gerichtshof zuständig ist(12).

2.      Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Vorabentscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen im Bereich der GASP

a)      Grundregel: gerichtliche Überwachung (Art. 19 EUV, 263 AEUV, 277 AEUV und 267 AEUV)

36.      In Rn. 23 seines berühmten Urteils Les Verts/Parlament (294/83, EU:C:1986:166) hat der Gerichtshof entschieden, dass „die [Union] eine Rechts[union] der Art ist, dass weder die Mitgliedstaaten noch die [Unionsorgane] der Kontrolle darüber entzogen sind, ob ihre Handlungen im Einklang mit der Verfassungsurkunde der [Union], dem [AEU-]Vertrag, stehen“. Er hat daher eine Klage auf Nichtigerklärung von Handlungen des Europäischen Parlaments zugelassen, obwohl es in Abs. 1 des früheren Art. 173 EWG (jetzt Art. 263 AEUV) nicht ausdrücklich als Organ aufgeführt war, dessen Handlungen auf ihre Rechtmäßigkeit überwacht werden durften(13).

37.      Art. 19 EUV überträgt den Unionsgerichten die Aufgabe, „die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge [zu sichern]“, und verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist.

38.      Nach ständiger Rechtsprechung hat nämlich „der AEU-Vertrag mit seinen Art. 263 und 277 einerseits und mit Art. 267 andererseits ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen, das die Rechtmäßigkeitskontrolle der Unionshandlungen gewährleisten soll, mit der der Unionsrichter betraut wird“(14).

b)      „Carve out“: Nichtjustiziabilität bestimmter GASP-Rechtsakte (Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV)

39.      Die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Bereich der GASP scheint auf den ersten Blick durch Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV ausgeschlossen zu sein.

40.      Bevor auf diese Vorschriften eingegangen wird, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof, obwohl er in seinen Urteilen Parlament/Rat (C‑130/10, EU:C:2012:472), Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft (C‑348/12 P, EU:C:2013:776), Parlament/Rat (C‑658/11, EU:C:2014:2025) und Gbagbo u. a./Rat (C‑478/11 P bis C‑482/11 P, EU:C:2013:258) Gelegenheit hatte, Fragen im Zusammenhang mit seiner Zuständigkeit im Bereich der GASP zu prüfen, in Rn. 251 des Gutachtens 2/13 (EU:C:2014:2454) festgestellt hat, dass er „noch keine Gelegenheit hatte, die Tragweite der Beschränkungen seiner Zuständigkeit, die sich für den Bereich der GASP aus [Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 AEUV] ergeben, zu präzisieren“. Infolgedessen hat der Gerichtshof in Rn. 252 seines Gutachtens weiter ausgeführt, dass „die Feststellung [genügt], dass beim derzeitigen Stand des Unionsrechts bestimmte im Rahmen der GASP vorgenommene Handlungen der Kontrolle durch den Gerichtshof entzogen sind“, ohne diese jedoch zu präzisieren(15).

41.      Im Übrigen sind Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV, mit denen abweichend vom Grundsatz der Überwachung der Rechtmäßigkeit von Handlungen der Union (Art. 19 EUV, 263 AEUV, 277 AEUV und 267 AEUV) eine „carve-out“-Klausel von der Zuständigkeit der Unionsgerichte eingeführt wird, d. h. „eine Abweichung von der Regel der allgemeinen Zuständigkeit …, die Art. 19 EUV dem Gerichtshof … einräumt, … folglich einschränkend auszulegen“(16).

42.      Außerdem unterscheiden sich Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV in ihrem Wortlaut.

43.      Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV lautet: „Der Gerichtshof der Europäischen Union ist in Bezug auf diese Bestimmungen nicht zuständig.“(17) Dagegen lautet Art. 275 Abs. 1 AEUV: „Der Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht zuständig für die Bestimmungen hinsichtlich der [GASP] und für die auf der Grundlage dieser Bestimmungen erlassenen Rechtsakte.“(18)

44.      Dadurch, dass in Art. 275 Abs. 1 AEUV der Ausdruck „Bestimmungen hinsichtlich der [GASP]“ verwendet wird, könnte der falsche Eindruck entstehen, dass die Unionsgerichte für Bestimmungen des AEU-Vertrags, die nicht zur GASP gehören, aber einen potenziellen Bezug zu ihr aufweisen, nicht zuständig sind.

45.      Der Gerichtshof hat zu keinem Zeitpunkt eine solche, eher weite Auslegung von Art. 275 Abs. 1 AEUV vorgenommen. Vielmehr hat er entschieden, dass ein auf Art. 37 EUV, der zu den GASP-Vorschriften des EU-Vertrags gehört, und Art. 218 Abs. 5 und 6 AEUV gestützter Rechtsakt nicht der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist, da Art. 218 AEUV – eindeutig eine die GASP betreffende Bestimmung – „allgemeine Geltung [hat] und … daher grundsätzlich auf alle von der Union ausgehandelten und abgeschlossenen internationalen Übereinkünfte in allen Tätigkeitsbereichen der Union, einschließlich der … GASP, Anwendung [findet]“(19).

46.      Mit dem in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV vorgesehenen Ausschluss der Zuständigkeit des Gerichtshofs nur „in Bezug auf diese Bestimmungen“(20) dürfte, wie die Kommission in Rn. 40 ihrer schriftlichen Erklärungen vorbringt, auf die Überschrift von Kapitel 2 („Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“) von Titel V des EU-Vertrags Bezug genommen werden, zu dem Art. 24 EUV gehört.

47.      Die „carve-out“-Klausel in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV gilt also nur für die Art. 23 EUV bis 46 EUV und die auf ihrer Grundlage erlassenen Unionsrechtsakte(21).

48.      Die vom Rat auf der Grundlage von Art. 215 AEUV erlassenen Verordnungen fallen mithin nicht unter diese Klausel. Die Parteien des Ausgangsrechtsstreits und alle Beteiligten der vorliegenden Rechtssache sind sich darin einig, dass die vom Rat auf der Grundlage von Art. 215 AEUV erlassenen Verordnungen, wie hier die Verordnung Nr. 833/2014, unter die allgemeine Zuständigkeit der Unionsgerichte zur Überwachung ihrer Rechtmäßigkeit gemäß Art. 19 EUV fallen. Streitig sind lediglich der Grad der Überwachung und der dem Rat zuzubilligende Gestaltungsspielraum. Im Übrigen hat der Gerichtshof bereits im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 des Rates vom 18. Mai 2006 über restriktive Maßnahmen gegen Präsident Lukaschenko und verschiedene belarussische Amtsträger(22) entschieden, deren Rechtsgrundlage ebenfalls der frühere Art. 301 EG (jetzt Art. 215 AEUV) war(23).

49.      Ferner setzt die Nichtjustiziabilität eines GASP-Rechtsakts gemäß Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV nicht nur voraus, dass der Rechtsakt auf der Grundlage eines der Art. 23 EUV bis 46 EUV erlassen wurde, sondern auch, dass er inhaltlich unter die GASP fällt.

50.      So hat der Gerichtshof im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung von Maßnahmen, die von der Mission auf der Grundlage der Gemeinsamen Aktion 2008/124/GASP des Rates vom 4. Februar 2008 über die Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo, EULEX KOSOVO(24), in der durch den Beschluss 2011/752/GASP des Rates vom 24. November 2011 zur Änderung der Gemeinsamen Aktion 2008/124/GASP über die Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo, EULEX KOSOVO(25), geänderten Fassung getroffen worden waren, in den Rn. 48 und 49 des Urteils Elitaliana/Eulex Kosovo (C‑439/13 P, EU:C:2015:753) wie folgt entschieden: „[D]ie streitigen Maßnahmen, deren Nichtigerklärung aufgrund eines Verstoßes gegen die Unionsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge begehrt wurde, [bezogen sich] auf ein Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe, das zu Ausgaben zulasten des Haushalts der Union geführt hat. Daraus folgt, dass der in Rede stehende Auftrag der Haushaltsordnung unterliegt. In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles kann nicht davon ausgegangen werden, dass die ausnahmsweise Beschränkung der Zuständigkeit des Gerichtshofs nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 [Abs. 1] AEUV so weit reicht, die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Auslegung und Anwendung der Vorschriften der Haushaltsordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge auszuschließen.“

c)      „Claw-back“: eingeschränkte gerichtliche Überprüfung von GASP-Rechtsakten (Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV)

i)      Tragweite

51.      Nur wenn ein GASP-Rechtsakt die beiden oben in den Rn. 47 und 49 genannten Voraussetzungen erfüllt, ist noch zu prüfen, ob er nicht wegen der durch Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV eingeführten „claw-back“-Klausel gleichwohl unter die allgemeine Zuständigkeit fällt, die Art. 19 Abs. 1 EUV den Unionsgerichten überträgt.

52.      Die Beschränkung der Zuständigkeit des Gerichtshofs im Bereich der GASP durch die „carve-out“-Klausel hängt damit zusammen, dass bei GASP-Rechtsakten grundsätzlich davon auszugehen ist, dass mit ihnen rein politische Entscheidungen im Zusammenhang mit der GASP umgesetzt werden, so dass insoweit eine gerichtliche Überprüfung schwer mit der Gewaltenteilung vereinbar ist(26).

53.      Die „claw-back“-Klausel nimmt einem GASP-Rechtsakt jedoch diese Nichtjustiziabilität, wenn er über die Grenzen der GASP hinausgeht, was bei GASP-Beschlüssen der Fall ist, die zwar auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassen wurden, aber in die der Union durch den AEU-Vertrag übertragenen Zuständigkeiten übergreifen, sowie bei GASP-Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen.

54.      Der Gerichtshof hatte nämlich bereits 1998 in den Rn. 14 bis 18 des Urteils Kommission/Rat (C‑170/96, EU:C:1998:219) entschieden, dass er auf der Grundlage von Art. M des EU-Vertrags (Vorläufer von Art. 40 EUV) zuständig ist, um „darüber zu wachen, dass die Handlungen, von denen der Rat behauptet, sie fielen unter Artikel K.3 Absatz 2 des Vertrages über die Europäische Union, nicht in die Zuständigkeiten übergreifen, die die Bestimmungen des EG-Vertrags der Gemeinschaft zuweisen“(27).

55.      Ebenso muss nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Überwachung der Rechtmäßigkeit restriktiver Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die in Handlungen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon enthalten sind, „[e]in gemeinsamer Standpunkt, der aufgrund seines Inhalts eine Tragweite hätte, die über diejenige hinausgeht, die dieser Art von Handlung vom EU-Vertrag zugewiesen ist, … dem Gerichtshof zur Prüfung vorgelegt werden können“(28), da „[d]ie Möglichkeit, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen, … in Bezug auf alle Maßnahmen des Rates unabhängig von ihrer Rechtsnatur oder Form offenstehen [muss], sofern sie Rechtswirkungen gegenüber Dritten erzeugen sollen“(29).

56.      Durch die in den Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und 275 Abs. 2 AEUV vorgesehene „claw-back“-Klausel ist die Situation, wie sie vor dem Erlass des Vertrags von Lissabon bestand, nicht wesentlich verändert worden.

57.      Wie bei der „carve-out“-Klausel unterscheiden sich die einschlägigen Vorschriften auch bei der „claw-back“-Klausel im Wortlaut. Allerdings ist hier Art. 275 AEUV enger gefasst als Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV.

58.      Nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV sind die Unionsgerichte nämlich zuständig für „die Kontrolle der Einhaltung des Artikels 40 [EUV] und die Überwachung der Rechtmäßigkeit bestimmter Beschlüsse nach Artikel 275 Absatz 2 [AEUV]“(30).

59.      Hingegen sind die Unionsgerichte nach Art. 275 Abs. 2 AEUV zuständig „für die Kontrolle der Einhaltung von Artikel 40 [EUV] und für die unter den Voraussetzungen des Artikels 263 Absatz 4 [AEUV] erhobenen Klagen im Zusammenhang mit der Überwachung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des [EU-Vertrags] erlassen hat“.

60.      Was die Kontrolle der Einhaltung von Art. 40 EUV angeht, sind die beiden Vorschriften identisch. Jeder unter die „carve-out“-Klausel fallende GASP-Rechtsakt kann von den Unionsgerichten kontrolliert werden, um die Einhaltung von Art. 40 EUV zu gewährleisten. Dieser Aspekt der „claw-back“-Klausel erfasst daher u. a. die auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 1 und 2 AEUV erlassenen Rechtsakte, die sowohl die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern als auch restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen umfassen.

61.      Ein erheblicher Unterschied zwischen den Fassungen der beiden Vorschriften besteht jedoch insoweit, als Art. 275 Abs. 2 AEUV die Überwachung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen auf von diesen gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV erhobene Klagen beschränkt, während Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die allgemeine Überwachung der Rechtmäßigkeit „bestimmter Beschlüsse nach Artikel 275 Absatz 2 [AEUV]“ wiederherstellt, d. h. von „Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des [EU-Vertrags] erlassen hat“.

62.      Nach der oben in Nr. 38 angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs umfasst die „Überwachung der Rechtmäßigkeit“, von der in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV die Rede ist, aber nicht nur die gemäß Art. 263 Abs. 4 AEUV erhobenen Nichtigkeitsklagen, sondern auch und insbesondere den Mechanismus der Vorlage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV.

63.      Denn nach einer weit zurückreichenden ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs „[stellt] das Vorabentscheidungsersuchen zur Beurteilung der Gültigkeit, ebenso wie die Nichtigkeitsklage, eine Form der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der [Unionsorgane] dar“(31). Wie der Gerichtshof in Rn. 15 des Urteils Foto-Frost (314/85, EU:C:1987:452) ausgeführt hat, „soll … durch die Befugnisse, die Artikel [267 AEUV] dem Gerichtshof einräumt, im Wesentlichen gewährleistet werden, dass das [Unionsrecht] von den nationalen Gerichten einheitlich angewandt wird“, da „Meinungsverschiedenheiten der Gerichte der Mitgliedstaaten über die Gültigkeit von [Unionshandlungen] … geeignet [wären], die Einheit der [Unionsrechtsordnung] selbst aufs Spiel zu setzen und das grundlegende Erfordernis der Rechtssicherheit zu beeinträchtigen“(32).

64.      Außerdem ist, da nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(33) die durch Art. 275 Abs. 1 AEUV eingeführte „carve-out“-Klausel wie jede Ausnahme eng auszulegen ist und eine „claw-back“-Klausel nicht weiter reichen kann als eine „carve-out“-Klausel(34), die zur Grundregel zurückführende „claw-back“-Klausel in Art. 275 Abs. 2 AEUV unter Berücksichtigung des extensiveren Wortlauts von Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV weit auszulegen.

65.      Die „claw-back“-Klausel von Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV ermöglicht es den Unionsgerichten daher meines Erachtens, die Einhaltung des Art. 40 EUV durch alle GASP-Handlungen zu kontrollieren (entweder auf eine Nichtigkeitsklage hin oder im Wege der Vorabentscheidung)(35) und die Rechtmäßigkeit der GASP-Beschlüsse über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassen hat, zu überwachen (entweder auf eine Nichtigkeitsklage hin oder im Wege der Vorabentscheidung)(36).

66.      Die von Generalanwältin Kokott in ihrer Stellungnahme zum Gutachten 2/13 (EU:C:2014:2475) vertretene und die im Rahmen der vorliegenden Rechtssache von der Regierung des Vereinigten Königreichs, der tschechischen, der deutschen, der estnischen, der französischen und der polnischen Regierung sowie vom Rat geteilte Gegenmeinung, dass „die Verträge in der GASP … gerade keine Vorabentscheidungskompetenz des Gerichtshofs vor[sehen]“(37), wäre meines Erachtens schwer mit Art. 23 EUV zu vereinbaren, wonach „[d]as Handeln der Union auf internationaler Ebene … auf den Grundsätzen des Kapitels 1 [beruht]“, u. a. der Rechtsstaatlichkeit sowie der universellen Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten(38), die zweifellos das Recht auf Zugang zu den Gerichten und einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz umfassen.

ii)    Die „claw-back“-Klausel und die vom Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassenen Beschlüsse über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen

67.      Insoweit ist festzustellen, dass die durch Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV eingeführte „carve-out“-Klausel auf alle GASP-Rechtsakte anwendbar ist, während in der durch Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV eingeführten „claw-back“-Klausel nur von der Einhaltung des Art. 40 EUV und der Überwachung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassen hat, die Rede ist.

68.      Was die Einhaltung von Art. 40 EUV angeht, ist die „claw-back“-Klausel natürlich auf alle bereits von der „carve-out“-Klausel erfassten GASP-Rechtsakte anwendbar.

69.      In Bezug auf die Überwachung der Rechtmäßigkeit ist in den Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und 275 Abs. 2 AEUV sowie in Art. 215 Abs. 2 AEUV hingegen von Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassen hat, die Rede, was meines Erachtens Verordnungen, die der Rat – wie im vorliegenden Fall die Verordnung Nr. 833/2014 – auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 2 AEUV erlassen hat, nicht einschließt.

70.      Dies bestätigt meine oben in den Nrn. 47 und 48 geäußerte Auffassung, dass die „carve-out“-Klausel nur auf diejenigen GASP-Rechtsakte anwendbar ist, die auf der Grundlage eines der Art. 23 EUV bis 46 EUV erlassen wurden, also nicht auf die Rechtsakte, die der Rat auf der Grundlage von Art. 215 AEUV erlassen hat.

71.      Sonst wäre der Gerichtshof für die Kontrolle der GASP-Beschlüsse über Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassen hat, zuständig, nicht aber für die Kontrolle der auf der Grundlage dieser Beschlüsse erlassenen Verordnungen. Das wäre paradox.

72.      Zudem ist bei restriktiven Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen anders als bei restriktiven Maßnahmen, die die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern vorsehen(39), der Erlass einer Verordnung auf der Grundlage von Art. 215 Abs. 2 AEUV nicht obligatorisch. In dieser Bestimmung heißt es nämlich: „Sieht ein [GASP-Beschluss] dies vor, so kann der Rat … [solche Maßnahmen] erlassen.“(40) Restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen können also allein durch einen GASP-Beschluss erlassen werden. Genau für solche Beschlüsse sehen Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV die „claw-back“-Klausel vor.

iii) Wie sieht es nun mit der Befugnis zur Auslegung aus?

73.      Da die durch Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV eingeführte „claw-back“-Klausel die Zuständigkeit des Gerichtshofs auf die Überwachung der Rechtmäßigkeit von GASP-Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassen hat, beschränkt, scheint die Befugnis zur Auslegung, die Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV dem Gerichtshof überträgt, bei solchen Rechtsakten von der Zuständigkeit des Gerichtshofs ausgeschlossen zu sein.

74.      In einem vergleichbaren Rechtsrahmen, in dem Art. 41 des EGKS-Vertrags dem Gerichtshof die Zuständigkeit übertrug, „im Wege der Vorabentscheidung … über die Gültigkeit von Beschlüssen der Hohen Behörde und des Rates [zu entscheiden]“(41), hat der Gerichtshof aber ausgeführt, dass „die Beurteilung der Gültigkeit eines Rechtsakts zwangsläufig seine Auslegung voraus[setzt]“(42). Auf dieser Grundlage ist er zu folgendem Ergebnis gekommen: „Es widerspräche … dem Ziel und der Kohärenz der Verträge, wollte man die Feststellung des Sinns und der Bedeutung von Bestimmungen, die auf dem EWG- und dem EAG-Vertrag beruhen, in letzter Instanz gemäß den wortgleichen Artikeln 177 EWG-Vertrag [(jetzt Art. 267 AEUV)] und 150 EAG-Vertrag [(inzwischen aufgehoben)] dem Gerichtshof übertragen, was ihre einheitliche Anwendung sichert, diese Feststellung aber für Normen, die auf den EGKS-Vertrag zurückgehen, allein den zahlreichen nationalen Gerichten überlassen, deren Auslegung divergieren kann, und dem Gerichtshof die Befugnis zur einheitlichen Auslegung dieser Normen entziehen.“(43)

75.      Deshalb meine ich, dass die Unionsgerichte, wenn sie sogar die Rechtmäßigkeit eines Beschlusses über Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassen hat, überwachen dürfen, solche Beschlüsse erst recht auslegen dürfen, insbesondere, damit der Gerichtshof nicht einen GASP-Rechtsakt für nichtig oder ungültig erklärt, der bei anderer Auslegung hätte Bestand haben können.

76.      Dies gilt umso mehr, als es bereits, wie das vorlegende Gericht in den Rn. 30 bis 34 seines Vorabentscheidungsersuchens ausführt, unterschiedliche Auffassungen der zuständigen Behörden der verschiedenen Mitgliedstaaten hinsichtlich bestimmter wesentlicher Punkte gibt, insbesondere zur Auslegung des Begriffs der Finanzhilfe im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b des Beschlusses 2014/512 und Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 833/2014, worauf die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die deutsche, die estnische und die französische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen hinweisen.

3.      Der Beschluss 2014/512 aus dem Blickwinkel von Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 AEUV

77.      Der Beschluss 2014/512 erfüllt die beiden oben in den Nrn. 47 und 49 genannten Voraussetzungen, so dass er auf den ersten Blick in den Genuss der Nichtjustiziabilität der „carve-out“-Klausel in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV kommt.

78.      Die Rechtsgrundlage des Beschlusses 2014/512 ist nämlich Art. 29 EUV, der zu Titel V Kapitel 2 („Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“) des EU-Vertrags gehört, und er ist auch inhaltlich, da der Rat mit ihm restriktive Maßnahmen „angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren“(44), eingeführt hat, eindeutig der GASP zuzuordnen.

79.      Nach der „claw-back“-Klausel in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV ist der Gerichtshof meines Erachtens für die Vorabentscheidung über die Vereinbarkeit des Beschlusses 2014/512 mit Art. 40 EUV zuständig. In den Rn. 21 und 22 ihrer schriftlichen Erklärungen hat Rosneft die Rechtmäßigkeit des Beschlusses 2014/512 im Hinblick auf diese Vorschrift nämlich in Zweifel gezogen.

80.      Damit der Gerichtshof auch für die Überwachung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses 2014/512 unter jedem anderen Gesichtspunkt als dem eines Verstoßes gegen Art. 40 EUV zuständig ist, ist zu prüfen, ob der Beschluss einen „[Beschluss] über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des [EU-]Vertrags erlassen hat“, im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV darstellt.

81.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs, die französische und die estnische Regierung sowie der Rat und die Kommission meinen, der Beschluss 2014/512 enthalte gar keine restriktiven Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, da die in ihm enthaltenen Maßnahmen auf objektiv bestimmte Tatbestände und generell auf eine bestimmte Kategorie von Personen Anwendung fänden.

82.      Die Art. 4 und 4a(45) des Beschlusses 2014/512 zielen nämlich, anders als Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3(46) sowie Art. 7(47) des Beschlusses, deren Anwendungsbereich sich auf drei russische Gesellschaften, u. a. auf Rosneft, erstreckt (siehe Anhang III des Beschlusses), nicht auf Rosneft ab.

83.      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den restriktiven Maßnahmen nach einer gefestigten Rechtsprechung „gleichzeitig um Rechtsakte mit allgemeiner Geltung, die einer Gruppe von allgemein und abstrakt bestimmten Adressaten u. a. verbietet, den Personen und Organisationen, deren Namen in den Listen der Anhänge dieser Rechtsakte aufgeführt sind, Gelder und wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, und um ein Bündel von Einzelentscheidungen gegen diese Personen und Organisationen [handelt]“(48). Nach Auffassung des Gerichtshofs „[eröffnet] deren einzelfallbezogener Charakter … den Zugang zum Unionsrichter“(49).

84.      Infolgedessen wurde die Nichtigkeitsklage, die Gegenstand des Urteils Manufacturing Support & Procurement Kala Naft/Rat (T‑509/10, EU:T:2012:201) war, wegen fehlender Zuständigkeit gemäß Art. 275 AEUV abgewiesen, soweit sie sich auf Art. 4 des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP(50) (im Folgenden: Beschluss 2010/413) bezog, der nicht speziell auf den Kläger abzielte(51). In Rn. 99 seines Urteils Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft (C‑348/12 P, EU:C:2013:776) hat der Gerichtshof die Abweisung der Klage aus denselben Gründen bestätigt.

85.      Da der Wortlaut der Art. 4 und 4a des Beschlusses 2014/512 dem von Art. 4 des Beschlusses 2010/413(52) sehr ähnelt, stimme ich mit der Kommission darin überein, dass diese Vorschriften keine restriktiven Maßnahmen gegenüber Rosneft enthalten. Folglich ist der Gerichtshof, da die „claw-back“-Klausel in den Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV und 275 Abs. 2 AEUV nicht greift, für die Überwachung ihrer Rechtmäßigkeit (und ihre Auslegung) nicht zuständig.

86.      Nicht zu teilen vermag ich hingegen die Auffassung der Regierung des Vereinigten Königreichs, der tschechischen, der französischen, der estnischen und der polnischen Regierung sowie des Rates und der Kommission, dass Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 sowie Art. 7 des Beschlusses 2014/512, die über Anhang III ausdrücklich auf Rosneft abzielten, keine restriktiven Maßnahmen gegenüber Rosneft vorsähen, weil die in ihnen enthaltenen Maßnahmen auf objektiv bestimmte Tatbestände und generell auf eine bestimmte Kategorie von Personen Anwendung fänden und die Nennung von Rosneft in Anhang III rein deklaratorischer Natur sei.

87.      Die Kommission stützt sich insoweit auf Rn. 39 des Urteils Sina Bank/Rat (T‑67/12, EU:T:2014:348) und Rn. 32 des Urteils Hemmati/Rat (T‑68/12, EU:T:2014:349), wo das Gericht zu Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 entschieden hat, dass „der ‚[Beschluss] über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen‘ im Sinne von Art. 275 Abs. 2 AEUV in der Handlung besteht, mit der der Name der Klägerin ab dem 1. Dezember 2011 nach Überprüfung in Anhang II des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2010/644 geänderten Fassung belassen wurde“, und nicht darin, dass der Name der Klägerin schon in Anhang II der ursprünglichen Fassung des Beschlusses 2010/413 aufgeführt war. Das Gericht hatte seine Zuständigkeit deshalb verneint und entschieden, dass Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 keine restriktiven Maßnahmen gegenüber Personen einführe, sondern Maßnahmen von allgemeiner Tragweite.

88.      Außerdem hat das Gericht in Rn. 42 des Urteils Sina Bank/Rat (T‑67/12, EU:T:2014:348) und in Rn. 35 des Urteils Hemmati/Rat (T‑68/12, EU:T:2014:349) das Tatbestandsmerkmal der „individuellen“ Betroffenheit durch Art. 16 Abs. 2 der vom Rat auf der Grundlage des Beschlusses 2010/413 erlassenen Verordnung(53), in die als Maßnahmen mit allgemeiner Tragweite dieselben Maßnahmen wie Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 übernommen wurden, ebenso ausgelegt wie den Begriff „[Beschluss] über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen“. Aufgrund dessen hat es die Klage auf Nichtigerklärung von Art. 16 Abs. 2 der Verordnung für unzulässig erklärt.

89.      Meines Erachtens steht diese Rechtsprechung des Gerichts nicht im Einklang mit der des Gerichtshofs, die sich aus Rn. 99 des Urteils Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft (C‑348/12 P, EU:C:2013:776) ergibt(54). Denn wie ein anderer Spruchkörper des Gerichts in Rn. 36 des Urteils National Iranian Oil Company/Rat (T‑578/12, EU:T:2014:678), das vom Gerichtshof im Urteil National Iranian Oil Company/Rat (C‑440/14 P, EU:C:2016:128) bestätigt wurde, entschieden hat, „[gewährt] Art. 263 Abs. 4 AEUV … jeder natürlichen oder juristischen Person das Recht, gegen Handlungen der Unionsorgane Klage zu erheben, sofern die in der Vorschrift festgelegten Bedingungen erfüllt sind, was hier der Fall ist[, weil die Person durch die Handlungen der Union in die Listen der betreffenden Maßnahmen aufgenommen wird]“.

90.      Zudem würde der vom Gericht in den Urteilen Sina Bank/Rat (T‑67/12, EU:T:2014:348) und Hemmati/Rat (T‑68/12, EU:T:2014:349) gewählte Ansatz, den Begriff der restriktiven Maßnahme gegenüber Personen letztlich dem Tatbestandsmerkmal der individuellen Betroffenheit durch die betreffende Maßnahme gleichzusetzen, „gegen die Bestimmungen von Art. 263 und Art. 275 Abs. 2 AEUV verstoßen und wäre daher nicht mit dem durch den AEU-Vertrag eingerichteten Rechtsschutzsystem und dem in Art. 47 der [Charta] verankerten Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vereinbar“, wie es in Rn. 36 des Urteils National Iranian Oil Company/Rat (T‑578/12, EU:T:2014:678) weiter heißt.

91.      Unabhängig davon ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass eine derart enge Auslegung dazu führen würde, dass die „claw-back“-Klausel in sehr vielen Fällen nicht zum Tragen käme, wenn Vorschriften von GASP-Beschlüssen, die wie Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 sowie Art. 7 des Beschlusses 2014/512 ausdrücklich auf natürliche oder juristische Personen abzielen, entgegen der von mir vertretenen Auffassung keine „restriktiven Maßnahmen gegenüber … Personen“ im Sinne der „claw-back“-Klausel darstellten, so dass die Klausel nicht die Möglichkeit einer Vorlagefrage zur Klärung der Gültigkeit einschlösse.

92.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, auf die erste Frage zu antworten, dass er nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 AEUV für die Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV über die Gültigkeit des Beschlusses 2014/512 im Hinblick auf Art. 40 EUV sowie für die Auslegung und Überwachung der Rechtmäßigkeit von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3, Art. 7 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 zuständig ist.

93.      Ich möchte jedoch klarstellen, dass es, auch wenn die durch die Art. 4 und 4a des Beschlusses 2014/512 eingeführten restriktiven Maßnahmen unter die „carve-out“-Klausel und nicht unter die „claw-back“-Klausel fallen, keine Rechtsschutzlücke gibt, da die Verordnung Nr. 833/2014, wie ich oben in den Nrn. 47, 49, 69 und 70 ausgeführt habe, in vollem Umfang in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt und den Wortlaut der Art. 4 und 4a des Beschlusses 2014/512 in ihren Art. 3, 3a und 4 Abs. 3 und 4 nahezu unverändert übernimmt. Sollte der Gerichtshof diese Vorschriften der Verordnung Nr. 833/2014 für nichtig erklären, müsste der Rat die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die entsprechenden Vorschriften des Beschlusses 2014/512 mit dem Urteil des Gerichtshofs in Einklang zu bringen, und zwar gemäß Art. 266 AEUV, wie der Rat in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat.

B –    Zu Frage 2 a

94.      Die Vorlagefrage 2 a betrifft die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3, Art. 4, Art. 4a, Art. 7 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie von Art. 3, Art. 3a, Art. 4 Abs. 3 und 4, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3, Art. 11 und der Anhänge II und VI der Verordnung Nr. 833/2014.

95.      In Anbetracht meiner Antwort auf die erste Frage werde ich die Einhaltung von Art. 40 EUV durch den Beschluss 2014/512 und die Verordnung Nr. 833/2014, die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3, Art. 7 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie die Gültigkeit von Art. 3, Art. 3a, Art. 4 Abs. 3 und 4, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3, Art. 11 und der Anhänge II und VI der Verordnung Nr. 833/2014 prüfen.

1.      Zur Einhaltung von Art. 40 EUV durch den Beschluss 2014/512 und die Verordnung Nr. 833/2014

96.      Rosneft vertritt die Auffassung, der Rat habe durch den Erlass eines GASP-Beschlusses, der inhaltlich Gesetzgebungscharakter habe, seine Befugnisse überschritten. Nach Art. 29 EUV bestehe die Rolle des Rates darin, „de[n] Standpunkt der Union zu einer bestimmten Frage geografischer oder thematischer Art“ zu bestimmen. Hingegen sei der Erlass von Gesetzgebungsakten im Rahmen der GASP nach Art. 31 Abs. 1 EUV ausgeschlossen. Folglich habe der Rat durch den Erlass der sehr detaillierten Vorschriften des Beschlusses 2014/512, die zum großen Teil unverändert in die Verordnung Nr. 833/2014 übernommen worden seien, gegen die Klausel des Unberührtlassens in Art. 40 EUV verstoßen und in das gemeinsame Vorschlagsrecht der Kommission und des Hohen Vertreters gemäß Art. 215 AEUV eingegriffen.

97.      Nach meiner Auffassung stellen der Beschluss 2014/512 und die Verordnung Nr. 833/2014 keine Gesetzgebungsakte dar.

98.      Auch wenn man unter einem Gesetzgebungsakt im Allgemeinen Maßnahmen mit allgemeiner Geltung versteht, die auf objektiv bestimmte Tatbestände und auf eine generell und abstrakt bestimmte Kategorie von Personen anwendbar sind, findet sich eine Definition dieses in Art. 24 EUV verwendeten Ausdrucks allein in Art. 289 Abs. 3 AEUV. Gesetzgebungsakte werden dort definiert als „Rechtsakte, die gemäß einem Gesetzgebungsverfahren angenommen werden“, und zwar entweder dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren nach Art. 289 Abs. 1 AEUV oder dem besonderen Gesetzgebungsverfahren nach Art. 289 Abs. 2 AEUV.

99.      Indem sie den Erlass von Gesetzgebungsakten verbieten, schließen Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 3 und Art. 31 Abs. 1 EUV also letztlich die größere Rolle, die Art. 289 Abs. 1 und 2 AEUV dem Parlament und der Kommission überträgt, aus(55).

100. Zudem unterscheiden sich das in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 EUV vorgesehene Verfahren, das beim Erlass des Beschlusses 2014/512 zur Anwendung kam, und das in Art. 215 AEUV vorgesehene Verfahren, das beim Erlass der Verordnung Nr. 833/2014 zur Anwendung kam, von denen, die in Art. 289 AEUV für die Qualifikation eines Gesetzgebungsakts vorgesehen sind.

101. Da Rosneft nicht behauptet, dass der Beschluss 2014/512 und die Verordnung Nr. 833/2014 auf einer anderen Rechtsgrundlage als Art. 29 EUV bzw. Art. 215 AEUV hätten erlassen werden müssen, ist ihr Vorbringen zurückzuweisen.

2.      Zur Gültigkeit von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3, Art. 7 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie von Art. 3, Art. 3a, Art. 4 Abs. 3 und 4, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3, Art. 11 und der Anhänge II und VI der Verordnung Nr. 833/2014

a)      Zum Umfang der Kontrolle

102. Der Rat macht in den Rn. 64, 108 und 115 seiner Erklärungen geltend, der Gerichtshof sei für die Überwachung der Rechtmäßigkeit der betreffenden Bestimmungen der Verordnung Nr. 833/2014 nicht zuständig, da mit den von Rosneft geltend gemachten Nichtigkeitsgründen im Wesentlichen die vom Rat mit seinem Beschluss 2014/512 getroffenen Grundentscheidungen angegriffen würden, die voll und ganz in den Bereich der GASP fielen.

103. Ich teile diese Auffassung nicht. Der Erlass einer Verordnung auf der Grundlage von Art. 215 AEUV führt nämlich, selbst wenn damit – wie hier bei dem Beschluss 2014/512 und der Verordnung Nr. 833/2014 – die in einem GASP-Beschluss vorgesehenen Maßnahmen Wort für Wort übernommen oder ergänzt oder spezifiziert werden, zum Verlust der Nichtjustiziabilität dieser Maßnahmen gemäß Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV(56).

104. Andernfalls würde der Ausschluss der Zuständigkeit des Gerichtshofs in diesem Bereich letztlich weit ausgelegt, obwohl er die Ausnahme darstellt und nicht die Regel.

105. Ich meine aber, dass der Rat in diesem zur Diplomatie und zur Außen- und Sicherheitspolitik gehörenden Bereich über einen großen Gestaltungsspielraum verfügt(57).

b)      Zum Ungültigkeitsgrund eines Verstoßes gegen das Partnerschaftsabkommen

106. Rosneft meint, Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie Art. 3 Abs. 1, 3 und 5, Art. 3a Abs. 1, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und die Anhänge II und VI der Verordnung Nr. 833/2014 verstießen gegen Art. 10 Abs. 1 (Klausel der Meistbegünstigung beim Warenverkehr), Art. 12 (freie Warendurchfuhr), Art. 36 (Klausel der ebenso günstigen Behandlung beim grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr) und Art. 52 Abs. 2, 5 und 9 (freier Kapitalverkehr) des Partnerschaftsabkommens.

107. Die Regierung des Vereinigten Königreichs, die estnische und die französische Regierung sowie der Rat und die Kommission machen geltend, die Maßnahmen seien gerechtfertigt, denn sie seien im Einklang mit Art. 99 Abs. 1 Buchst. d des Partnerschaftsabkommens „zum Schutz [der] wesentlichen Sicherheitsinteressen [der Vertragsparteien] … im Kriegsfall [oder] bei einer ernsten, eine Kriegsgefahr darstellenden internationalen Spannung“ notwendig. Im Übrigen hätten die Vorschriften des Abkommens, auf die sich Rosneft berufe, ohnehin keine unmittelbare Wirkung.

108. Da Art. 99 des Partnerschaftsabkommens die Existenz einer Maßnahme voraussetzt, die gegen die materiellen Vorschriften des Abkommens verstößt, ist zunächst zu prüfen, ob Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie Art. 3 Abs. 1, 3 und 5, Art. 3a Abs. 1, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und die Anhänge II und VI der Verordnung Nr. 833/2014 gegen Art. 10 Abs. 1, Art. 12, Art. 36 und Art. 52 Abs. 2, 5 und 9 des Abkommens verstoßen.

i)      Zur unmittelbaren Wirkung von Art. 10 Abs. 1, Art. 12, Art. 36 und Art. 52 Abs. 2, 5 und 9 des Partnerschaftsabkommens

109. Nach ständiger Rechtsprechung stellt ein zwischen der Union und einem oder mehreren Drittstaaten geschlossenes Abkommen für die Union eine Handlung eines Unionsorgans im Sinne von Art. 267 Abs. 1 Buchst. b AEUV dar, bilden die Bestimmungen eines solchen Abkommens seit dessen Inkrafttreten einen integrierenden Bestandteil der Unionsrechtsordnung und ist der Gerichtshof in dem durch diese Rechtsordnung gesteckten Rahmen zur Vorabentscheidung über die Auslegung des Abkommens befugt(58).

110. Außerdem hat der Gerichtshof in Rn. 37 des Urteils Kommission/Rusal Armenal (C‑21/14 P, EU:C:2015:494) entschieden, dass „die Bestimmungen eines internationalen Vertrags, dessen Vertragspartei die Union ist, zur Begründung … einer Einrede der Rechtswidrigkeit einer solchen Handlung nur unter der zweifachen Voraussetzung geltend gemacht werden können, dass zum einen Art und Struktur des betreffenden Vertrags dem nicht entgegenstehen und zum anderen diese Bestimmungen inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen … Erst wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, können solche Bestimmungen vor dem Unionsrichter als Kriterium für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Unionsrechtsakts geltend gemacht werden.“(59)

111. Da in den Art. 10 Abs. 1 und 12 des Partnerschaftsabkommens auf spezielle Vorschriften des GATT verwiesen wird, berufen sich der Rat und die Kommission auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs im Bereich der Übereinkommen der Welthandelsorganisation, nach der „diese wegen ihrer Natur und ihrer Systematik grundsätzlich nicht zu den Normen gehören, an denen der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Unionsorgane misst“(60).

112. Das Partnerschaftsabkommen ist aber kein ausschließlich den Warenhandel betreffendes Abkommen, auf das diese Rechtsprechung Anwendung finden könnte(61).

113. Wie der Gerichtshof in Rn. 27 seines Urteils Simutenkov (C‑265/03, EU:C:2005:213) ausgeführt hat, soll durch das Partnerschaftsabkommen „eine Partnerschaft zwischen den Parteien gegründet werden, deren Ziel es ist, u. a. die Entwicklung enger politischer Beziehungen zwischen diesen Parteien, den Handel und ausgewogene Wirtschaftsbeziehungen zwischen diesen, die politischen und wirtschaftlichen Freiheiten sowie die schrittweise Integration zwischen der Russischen Föderation und einem größeren Raum der Zusammenarbeit in Europa zu fördern“.

114. Der Gerichtshof hat in Rn. 28 seines Urteils hinzugefügt: „Der Umstand, dass dieses Abkommen sich somit auf die Gründung einer Partnerschaft zwischen den Parteien beschränkt, ohne eine Assoziierung oder einen zukünftigen Beitritt der Russischen Föderation [zur Union] vorzusehen, vermag die unmittelbare Anwendbarkeit einiger seiner Bestimmungen nicht auszuschließen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht nämlich hervor, dass dann, wenn ein Abkommen eine Zusammenarbeit zwischen den Parteien einführt, bestimmte in es aufgenommene Bestimmungen[, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Zweck und die Natur des Abkommens klare und präzise Verpflichtungen enthalten, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängen,] die Rechtsstellung des Einzelnen unmittelbar regeln können.“

115. Der Gerichtshof hatte also in Rn. 22 des genannten Urteils die unmittelbare Wirkung des die Arbeitsbedingungen betreffenden Art. 23 Abs. 1 des Partnerschaftsabkommens anerkannt.

116. Entgegen dem Vorbringen der Regierung des Vereinigten Königreichs und der französischen Regierung sowie des Rates und der Kommission vermag ich nicht zu erkennen, inwieweit der Wortlaut der betreffenden Bestimmungen des hier in Rede stehenden Partnerschaftsabkommens die in Rn. 21 des Urteils Simutenkov (C‑265/03, EU:C:2005:213) aufgestellten und in Rn. 37 des Urteils Kommission/Rusal Armenal (C‑21/14 P, EU:C:2015:494) übernommenen Kriterien einer unmittelbaren Wirkung nicht erfüllen soll.

117. Art. 10 Abs. 1 des Partnerschaftsabkommens lautet: „Die Vertragsparteien gewähren einander die in Artikel I Absatz 1 des GATT beschriebene allgemeine Meistbegünstigung.“(62) Sein Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 lautet: „Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass der Grundsatz der freien Durchfuhr eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung der Ziele dieses Abkommens ist.“ Nach Art. 36 „gewähren die Vertragsparteien einander … hinsichtlich der Bedingungen für die Erbringung von Dienstleistungen … eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die einem Drittland gewährte Behandlung“. Art. 52 sieht vor, dass von den Vertragsparteien „[d]er freie Kapitalverkehr zwischen den Gebietsansässigen der [Union] und Russlands“ gewährleistet wird (Abs. 2), dass sie nach einer Übergangszeit von fünf Jahren ab Inkrafttreten des Abkommens keine neuen Beschränkungen einführen (Abs. 5) und dass sie „einander die Meistbegünstigung für die Freiheit der laufenden Zahlungen und des Kapitalverkehrs sowie für die Zahlungsweisen“ gewähren (Abs. 9).

118. Der Wortlaut dieser Vorschriften unterscheidet sich meines Erachtens hinsichtlich der Unbedingtheit überhaupt nicht von dem von Art. 23 Abs. 1 des Partnerschaftsabkommens, dem der Gerichtshof bereits unmittelbare Wirkung beigemessen hat(63). Es handelt sich also um mehr „als eine Einigung, sich zu einigen (‚an agreement to agree‘)“(64).

ii)    Zum Vorliegen von Einschränkungen der durch Art. 10 Abs. 1, Art. 12, Art. 36 und Art. 52 Abs. 2, 5 und 9 des Partnerschaftsabkommens gewährten Rechte

119. Zu prüfen ist also, ob die durch Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie Art. 3 Abs. 1, 3 und 5, Art. 3a Abs. 1, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und die Anhänge II und VI der Verordnung Nr. 833/2014 eingeführten Maßnahmen gegen Art. 10 Abs. 1, Art. 12, Art. 36 und Art. 52 Abs. 2, 5 und 9 des Partnerschaftsabkommens verstoßen.

–       Art. 10 Abs. 1 und Art. 12 des Partnerschaftsabkommens („Warenverkehr“)

120. Zum behaupteten Verstoß von Art. 3 Abs. 1, 3 und 5 und Art. 3a Abs. 1 der Verordnung Nr. 833/2014 gegen Art. 10 Abs. 1 des Partnerschaftsabkommens ist festzustellen, dass mit dieser Bestimmung lediglich die Anwendung von Art. I:1 des GATT auf die Beziehungen zwischen der Union und der Russischen Föderation ausgeweitet wurde, als diese noch nicht der Welthandelsorganisation angehörte.

121. Art. I:1 des GATT beschränkt dessen Geltung aber auf „Zölle und andere Abgaben jeder Art, die die Einfuhr oder Ausfuhr belasten oder anlässlich der Einfuhr oder Ausfuhr erhoben werden, sowie auf diejenigen, die die zwischenstaatliche Überweisung von Geldmitteln zur Bezahlung der Einfuhr oder Ausfuhr belasten, auf die Art der Erhebung dieser Zölle, Steuern oder anderen Abgaben, auf die Gesamtheit der Vorschriften und Förmlichkeiten für die Einfuhr oder Ausfuhr sowie auf alle anderen Fragen, die in den Ziffern 2 und 4 des Artikels III behandelt werden“.

122. Da die Bestimmungen von Art. 3 Abs. 1, 3 und 5 der Verordnung Nr. 833/2014 gar nicht die auf die Ausfuhr der betreffenden Waren anwendbaren Zölle betreffen, sondern ihre Ausfuhr in die Russische Föderation einer vorherigen Genehmigung unterwerfen und die Voraussetzungen bestimmen, unter denen die Mitgliedstaaten die Genehmigung versagen müssen, ist offensichtlich, dass diese Bestimmungen nicht in den Anwendungsbereich von Art. 10 Abs. 1 des Partnerschaftsabkommens fallen.

123. Erst recht fällt auch Art. 3a Abs. 1 der Verordnung Nr. 833/2014, der die Erbringung der für bestimmte Kategorien von Explorations- und Förderprojekten in Russland erforderlichen zugehörigen Dienstleistungen verbietet, nicht unter Art. 10 Abs. 1 des Partnerschaftsabkommens.

124. Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 des Partnerschaftsabkommens verpflichtet die Union und ihre Mitgliedstaaten, die freie Durchfuhr(65) durch ihr Gebiet für Waren zu ermöglichen, die aus dem Zollgebiet der Russischen Föderation stammen oder für deren Zollgebiet bestimmt sind.

125. Die Union und ihre Mitgliedstaaten sind also verpflichtet, die freie Durchfuhr durch ihr Gebiet für Waren zu ermöglichen, die für die Russische Föderation bestimmt sind oder deren Ursprung sich dort befindet.

126. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 833/2014 unterwirft den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr der in Anhang II aufgeführten Güter mit oder ohne Ursprung in der Union, wenn sie für eine Nutzung in der Russischen Föderation bestimmt sind, einer vorherigen Genehmigung. Art. 3 Abs. 5 der Verordnung Nr. 833/2014 verbietet die Erteilung dieser Genehmigung, wenn die verkauften, gelieferten, verbrachten oder ausgeführten Güter für eine der in Art. 3 Abs. 3 genannten Kategorien von Explorations- und Förderprojekten bestimmt sind.

127. Meines Erachtens haben diese Bestimmungen keine Auswirkungen auf die durch Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 des Partnerschaftsabkommens garantierte freie Durchfuhr.

128. In Abs. 1 von Art. 3 der Verordnung Nr. 833/2014 ist zwar u. a. von der Verbringung der in Anhang II aufgeführten Güter „mit oder ohne Ursprung in der Union“ die Rede, in den Abs. 2 und 4 aber nur von der Ausfuhr.

129. Dort heißt es: „Für alle … genehmigungspflichtigen Verkäufe, Lieferungen, Verbringungen oder Ausfuhren wird die Genehmigung von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Ausführer niedergelassen ist, … erteilt.“(66) Und weiter: „Die Ausführer übermitteln den zuständigen Behörden alle erforderlichen Angaben zu ihrem Antrag auf Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung.“(67)

130. Meines Erachtens beziehen sich die genannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 833/2014 somit eindeutig nicht auf die Durchfuhr der in Anhang II aufgeführten Güter, sondern auf deren Verkauf, Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr vom Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aus.

131. Die freie Durchfuhr der betreffenden, für die Russische Föderation bestimmten Güter aus Drittstaaten wird somit in keiner Weise beeinträchtigt.

132. Selbst wenn der Gerichtshof zu dem Schluss gelangen sollte, dass eine Einschränkung von Art. 10 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 des Partnerschaftsabkommens vorliegt, wäre diese jedenfalls im Einklang mit Art. 19 des Abkommens aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt, wie die Kommission geltend macht.

–       Art. 36 des Partnerschaftsabkommens (grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr)

133. Nach Art. 36 des Partnerschaftsabkommens sind die Union und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet, gemäß den in der Russischen Föderation geltenden Gesetzen und sonstigen Vorschriften hinsichtlich der Bedingungen für die Erbringung von Dienstleistungen durch Gesellschaften der Union im Gebiet der Russischen Föderation eine Behandlung zu gewähren, die nicht weniger günstig ist als die einem Drittland gewährte Behandlung.

134. Gemäß Anhang 5 des Partnerschaftsabkommens zählen zu den Dienstleistungen im Sinne von Art. 36 auch Dienstleistungen von Ingenieurbüros (CPC 8672)(68) sowie die technische, physikalische und chemische Untersuchung (CPC 8676)(69).

135. Entgegen dem Vorbringen von Rosneft betrifft aber keine der unter den Nummern CPC 8672 und CPC 8676 geführten Dienstleistungen Bohrungen, Bohrlochprüfungen, Bohrlochmessungen und Komplettierungsdienste oder die Lieferung spezialisierter schwimmender Plattformen im Sinne von Art. 3a Abs. 1 der Verordnung Nr. 833/2014(70).

–       Art. 52 Abs. 2, 5 und 9 des Partnerschaftsabkommens (freier Kapitalverkehr)

136. Art. 52 Abs. 2 gewährleistet „für Direktinvestitionen in Gesellschaften, die gemäß den Rechtsvorschriften des Aufnahmelands gegründet wurden“, den freien Kapitalverkehr zwischen der Union und der Russischen Föderation.

137. Nach Art. 52 Abs. 9 muss die Union der Russischen Föderation „die Meistbegünstigung für die Freiheit … des Kapitalverkehrs“ gewähren.

138. Nach der Gemeinsamen Erklärung zu Art. 52 (Begriffsbestimmungen) sind „Direktinvestitionen“

„Investitionen zur Aufnahme dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen mit einem Unternehmen wie beispielsweise Investitionen, die es Nicht-Gebietsansässigen in dem betreffenden Land oder Gebietsansässigen im Ausland ermöglichen, tatsächlich auf die Geschäftsführung des Unternehmens Einfluss zu nehmen, und zwar durch:

2.      die Beteiligung an einem neuen oder bestehenden Unternehmen;

3.      ein Darlehen über fünf Jahre oder mehr“.

139. Aus diesen Vorschriften geht ganz klar hervor, dass der unmittelbare oder mittelbare Kauf oder Verkauf von Schuldverschreibungen, Kapitalbeteiligungen oder vergleichbaren Finanzinstrumenten, die unmittelbare oder mittelbare Erbringung von Investitionsdiensten für solche Wertpapiere oder die Unterstützung bei der Begebung solcher Wertpapiere(71) nur dann eine Direktinvestition darstellen können, wenn sie zu einer Beteiligung an einem Unternehmen zur Aufnahme dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen führen.

140. Aus den Vorschriften geht ferner hervor, dass Vereinbarungen, die die Neuvergabe von Darlehen oder Krediten mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen an Rosneft nach dem 12. September 2014 vorsehen, oder die Beteiligung an solchen Vereinbarungen(72) nur dann eine Direktinvestition darstellen können, wenn es sich um Darlehen oder Kredite über fünf Jahre oder mehr handelt, die zur Aufnahme dauerhafter Wirtschaftsbeziehungen gewährt werden.

141. Mithin stellen Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang VI der Verordnung Nr. 833/2014 nur insofern eine Einschränkung des durch Art. 52 Abs. 2, 5 und 9 des Partnerschaftsabkommens geschützten freien Kapitalverkehrs dar, als sie die oben in den Nrn. 139 und 140 genannten Direktinvestitionen verbieten.

iii) Zur Rechtfertigung

142. Anders als beim Warenverkehr, für den Art. 19 des Partnerschaftsabkommens die Möglichkeit der Rechtfertigung von Beschränkungen mit nahezu dem gleichen Wortlaut wie Art. 36 AEUV vorsieht, ist im Abkommen für eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs keine Rechtfertigungsmöglichkeit vorgesehen.

143. Aus den in den Nrn. 123 bis 125 meiner Schlussanträge in der Rechtssache SECIL (C‑464/14, EU:C:2016:52)(73) dargelegten Gründen können Beschränkungen des durch Art. 52 des Partnerschaftsabkommens garantierten freien Kapitalverkehrs meines Erachtens durch zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein.

144. Auch wenn der Rat keine zwingenden Erfordernisse des Allgemeininteresses vorbringt, lässt sich seinem auf Art. 99 des Partnerschaftsabkommens gestützten Vorbringen entnehmen, dass er eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit für gerechtfertigt hält.

145. Da die durch Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang VI der Verordnung Nr. 833/2014 eingeführten restriktiven Maßnahmen „als Reaktion auf die Handlungen [der Russischen Föderation], die die Lage in der Ukraine destabilisieren“(74) erlassen wurden, „um die Kosten für die Handlungen Russlands zu erhöhen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, und um eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen“(75), können sie meines Erachtens aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt sein.

146. Wie aus den Erwägungsgründen des Beschlusses 2014/512 und der Verordnung Nr. 833/2014 ersichtlich ist, wurde der Erlass restriktiver Maßnahmen gegenüber der Russischen Föderation zunächst durch die Union und ihre Mitgliedstaaten öffentlich angekündigt, und sie wurden erst aufgrund der fehlenden Reaktion der Russischen Föderation erlassen und dann nach und nach erweitert.

147. Da die restriktiven Maßnahmen erlassen wurden, „um die Kosten für die Handlungen [der Russischen Föderation] zu erhöhen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, und um eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen“(76), da Rosneft von den an der russischen Börse notierten Erdölgesellschaften die größten Erdölreserven und die höchste Fördermenge (mehr als 40 % des in der Russischen Föderation geförderten Erdöls(77)) aufweist und da der russische Staat 69,5 % des Kapitals von Rosneft hält, sind die durch Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie durch Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang VI der Verordnung Nr. 833/2014 verhängten restriktiven Maßnahmen meines Erachtens erforderlich, um einen Druck auszuüben, durch den das mit dem Beschluss und der Verordnung verfolgte Ziel, „die Kosten für die Handlungen [der Russischen Föderation] zu erhöhen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, und … eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen“(78), erreicht werden kann. Folglich stehen die restriktiven Maßnahmen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang.

iv)    Zu Art. 99 des Partnerschaftsabkommens

148. Sollte der Gerichtshof entscheiden, dass eine nicht gerechtfertigte Einschränkung von Art. 10 Abs. 1, Art. 12, Art. 36 und Art. 52 Abs. 2, 5 und 9 des Partnerschaftsabkommens vorliegt, stimme ich mit der Regierung des Vereinigten Königreichs, der estnischen und der französischen Regierung sowie dem Rat und der Kommission darin überein, dass sie durch Art. 99 Abs. 1 Buchst. d des Abkommens gerechtfertigt sein kann, der es der Union „bei einer ernsten, eine Kriegsgefahr darstellenden internationalen Spannung“(79) erlaubt, „alle Maßnahmen zu ergreifen, die sie zum Schutz ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen für notwendig erachtet“.

149. Wie oben in Nr. 105 ausgeführt, verfügt der Rat in den Bereichen der Außen- und Sicherheitspolitik über einen weiten Gestaltungsspielraum. Dies gilt auch, wenn er feststellt, dass eine ernste, eine Kriegsgefahr darstellende internationale Spannung vorliegt.

150. Der Rat hat beim Erlass der restriktiven Maßnahmen, um die es in der vorliegenden Rechtssache geht, auf „die grundlose Verletzung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit der Ukraine durch die Russische Föderation“(80), „de[n] [Absturz] von Malaysian-Airlines-Flug MH17 in Donezk“(81) und „die unrechtmäßige Annexion der Krim und Sewastopols“(82) abgestellt.

151. Die Russische Föderation verfügt im Sicherheitsrat der UNO über ein Vetorecht. Es ist deshalb müßig, in den Resolutionen des Sicherheitsrats(83) oder auch in dessen wegen der (tatsächlichen oder möglichen) Ausübung des Vetorechts durch die Russische Föderation nicht verabschiedeten Resolutionsentwürfen(84) nach der Feststellung des Bestehens einer Bedrohung des Friedens zu suchen.

152. Deshalb ist dem Rat bei der Beurteilung des Ernstes der internationalen Spannung, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses 2014/512 und der Verordnung Nr. 833/2014 bestand, meines Erachtens kein offensichtlicher Fehler unterlaufen.

c)      Zum Ungültigkeitsgrund einer Verletzung der Begründungspflicht (Art. 296 AEUV)

153. Rosneft meint, Art. 3, Art. 3a, Art. 4 Abs. 3 und 4 und Anhang II der Verordnung Nr. 833/2014 verletzten die Begründungspflicht des Rates nach Art. 296 AEUV, weil in der Verordnung nicht dargelegt werde, inwieweit und warum das Abzielen auf die russische Erdölindustrie oder sie selbst in der durch diese Bestimmungen gewählten Weise zur Verwirklichung des in den Erwägungsgründen 2(85) und 4(86) der Verordnung angegebenen Ziels der betreffenden Maßnahmen beitrügen.

154. Rosneft fügt hinzu, Art. 296 AEUV werde auch hinsichtlich Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang VI der Verordnung verletzt, weil sie anhand dieser Bestimmungen, auch wenn darin ausdrücklich auf sie abgezielt werde, nicht nachvollziehen könne, warum der bloße Umstand, dass der russische Staat ihr Mehrheitsaktionär sei, geeignet sei, das in den Erwägungsgründen 2(87) und 5(88) der Verordnung Nr. 833/2014 angegebene Ziel der betreffenden Maßnahmen zu verwirklichen.

155. Meines Erachtens ist die Begründungspflicht im vorliegenden Fall nicht verletzt worden.

156. Wie der Gerichtshof in Rn. 53 seines Urteils Rat/Bamba (C‑417/11 P, EU:C:2012:718) entschieden hat, muss die „nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung … der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet.“

157. Außerdem hat der Gerichtshof in Rn. 54 des Urteils Rat/Bamba (C‑417/11 P, EU:C:2012:718) zu restriktiven Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen wie dem Einfrieren von Geldern, um das es in der Rechtssache ging, in der dieses Urteil ergangen ist, entschieden, dass „ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet [ist], wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen“.

158. Rosneft ist die größte russische Erdölgesellschaft. Sie gehört zu 69,5 % dem russischen Staat(89). Ihre Gesamtvermögenswerte werden auf mehr als 1 000 Mrd. russische Rubel geschätzt, und ihre geschätzten Einnahmen stammen zu mindestens 50 % aus dem Verkauf oder der Beförderung von Rohöl oder Erdölerzeugnissen(90). Rosneft ist daher durchaus in der Lage, die Bedeutung des Erdölsektors als Einnahmequelle für den Haushalt der Russischen Föderation(91) einzuschätzen und nachzuvollziehen, warum die in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Anhang VI der Verordnung Nr. 833/2014 in Bezug auf sie vorgesehenen restriktiven Maßnahmen dazu beitragen können, „die Kosten für die Handlungen Russlands zu erhöhen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, und … eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen“(92).

159. Dasselbe gilt für die in Art. 3, Art. 3a, Art. 4 Abs. 3 und 4 und Anhang II der Verordnung Nr. 833/2014 vorgesehenen Maßnahmen, die keine restriktiven Maßnahmen gegenüber Rosneft darstellen(93), sondern allgemein gegen die russische Erdölindustrie gerichtet sind.

d)      Zum Ungültigkeitsgrund einer Verletzung der Verteidigungsrechte, des Rechts auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und des Rechts auf Akteneinsicht

160. Rosneft meint, ihre Verteidigungsrechte, ihr Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und ihr Recht auf Akteneinsicht seien dadurch verletzt worden, dass der Rat ihr zu den Informationen und Beweisen über so grundlegende Fragen wie die, weshalb sie im Beschluss 2014/512 und in der Verordnung Nr. 833/2014 genannt werde oder weshalb auf bestimmte Sektoren der Erdölindustrie abgezielt werde, auf andere hingegen nicht, keinen privilegierten Zugang gewährt habe.

161. Wie sich aus den den schriftlichen Erklärungen von Rosneft und des Rates beigefügten Dokumenten ergibt, versuchte Rosneft, auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission(94) einen privilegierten Zugang („privileged access“) zu den Dokumenten des Rates zu erhalten, um sie im Rahmen der beim Gericht in der Rechtssache NK Rosneft u. a./Rat (T‑715/14) anhängigen Nichtigkeitsklage zu verwenden.

162. Diese Dokumente lassen den Schluss zu, dass Rosneft von den durch die genannte Verordnung geschaffenen Möglichkeiten des Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten als „document discovery“ Gebrauch gemacht hat – einem Verfahren der Beantragung des Zugangs zu Dokumenten, das den Rechtssystemen des „common law“ und der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit bekannt ist(95).

163. Auch wenn die Verordnung Nr. 1049/2001 meines Erachtens nicht geeignet ist, im Rahmen eines Rechtsstreits einen angemessenen privilegierten Zugang zu den erforderlichen Dokumenten zu gewähren(96), geht aus den den schriftlichen Erklärungen von Rosneft und des Rates beigefügten Dokumenten hervor, dass der Rat diese Anträge auf Vorlage von Dokumenten nicht zurückwies, sondern sie auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1049/2001 bearbeitete.

164. Da Rosneft mit dem vorliegenden Ungültigkeitsgrund aber geltend macht, dass der Rat es zu Unrecht abgelehnt habe, ihr Zugang zu den meisten Dokumenten zu gewähren, deren Vorlage sie beantragt habe, meine ich, dass dieser Ungültigkeitsgrund nach der durch das Urteil TWD Textilwerke Deggendorf (C‑188/92, EU:C:1994:90) begründeten Rechtsprechung unzulässig ist. Dort hat der Gerichtshof entschieden, dass „[a]ufgrund [der] Erfordernisse der Rechtssicherheit … der Empfänger einer Beihilfe, der eine … Entscheidung … hätte anfechten können und die hierfür in Artikel [263] Absatz [6] [AEU]-Vertrag vorgesehene Ausschlussfrist hat verstreichen lassen, nicht die Möglichkeit haben [kann], vor den nationalen Gerichten anlässlich einer Klage gegen die von den nationalen Behörden getroffenen Maßnahmen zur Durchführung dieser Entscheidung deren Rechtmäßigkeit erneut in Frage zu stellen“(97).

165. Aus den Schreiben des Rates an Rosneft geht hervor, dass er sie im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 über die Möglichkeit einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV gegen die teilweise Ablehnung ihres Antrags auf Vorlage von Dokumenten unterrichtet hatte.

166. Da die Beschlüsse des Rates, mit denen Rosneft ein teilweiser Zugang zu den beantragten Dokumenten gewährt wurde, Rosneft unmittelbar und individuell betrafen, wäre die Klage zweifelsfrei zulässig gewesen(98).

167. Jedenfalls geht aus den von Rosneft an den Rat gerichteten Anträgen auf privilegierten Zugang zu Dokumenten hervor, dass

–        diese Anträge sehr oft keine hinreichend detaillierte Beschreibung einer spezifischen, beschränkten Kategorie von Dokumenten enthielten, die aus der Sicht von Rosneft bei verständiger Würdigung existieren konnten,

–        in den Anträgen nicht erläutert wurde, inwieweit die Dokumente für den Rechtsstreit und dessen Ausgang erheblich waren, und

–        den Anträgen weder eine Erklärung beigefügt war, dass sich die Dokumente nicht bereits in ihrem Besitz, unter ihrem Zugriff oder unter ihrer Kontrolle befanden, noch eine Erläuterung, warum Rosneft davon ausging, dass sie im Besitz, unter dem Zugriff oder unter der Kontrolle des Rates waren.

168. Dennoch legte der Rat eine Liste von Dokumenten vor, bei denen er davon ausging, dass sich die Anträge von Rosneft auf sie bezogen, und verweigerte ihr teilweise den Zugang zu einer Reihe von Dokumenten unter Angabe von Gründen.

169. Im Übrigen ist die Regierung des Vereinigten Königreichs Partei des Ausgangsrechtsstreits, so dass Rosneft durch nichts daran gehindert ist, sie gemäß den englischen Rechtsvorschriften über die Vorlage von Dokumenten zu ersuchen, die Dokumente vorzulegen, die sie als Mitglied des Rates in ihrem Besitz, unter ihrem Zugriff oder unter ihrer Kontrolle hat. Das vorlegende Gericht hat dafür zu sorgen, dass die einschlägigen englischen Rechtsvorschriften über die Vorlage von Dokumenten den Grundsätzen der Effektivität und der Äquivalenz entsprechen(99).

170. Ich gelange daher zu dem Schluss, dass der Rat den Antrag von Rosneft auf privilegierten Zugang nicht in einer Weise behandelt hat, die ihre Verteidigungsrechte, ihr Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz und ihr Recht auf Akteneinsicht verletzt.

e)      Zum Ungültigkeitsgrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

171. Rosneft macht geltend, der Rat habe, indem er mit den fraglichen restriktiven Maßnahmen auf den russischen Erdölsektor abgezielt habe, gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen. Erklärtes Ziel der restriktiven Maßnahmen, um die es im Ausgangsverfahren gehe, sei die Unterstützung einer friedlichen Beilegung der Krise in der Ukraine, wie es im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 833/2014 heiße. Mit diesem Ziel werde die unterschiedliche Behandlung von Unternehmen, die wie sie zum russischen Erdölsektor gehörten, und von Unternehmen, die in anderen Sektoren tätig seien, aber überhaupt nicht begründet, geschweige denn gerechtfertigt.

172. Nach ständiger Rechtsprechung „besagt das Diskriminierungsverbot, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, sofern eine Differenzierung nicht objektiv gerechtfertigt ist“(100).

173. Meines Erachtens liegt keine Diskriminierung von Rosneft vor.

174. Zunächst einmal ist der russische Erdölsektor nicht der einzige Sektor der russischen Wirtschaft, auf den die restriktiven Maßnahmen, um die es hier geht, abzielen. Der Beschluss 2014/512 und die Verordnung Nr. 833/2014 enthalten Bestimmungen, die auch auf den Rüstungs-, den Kernenergie-, den Luft- und Raumfahrt- und den Bankensektor abzielen(101).

175. Außerdem hat Rosneft nicht dargetan, dass es andere russische Erdölgesellschaften gibt, die die in Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d des Beschlusses 2014/512 und in Art. 5 Abs. 2 Buchst. a bis d der Verordnung Nr. 833/2014 aufgestellten Kriterien erfüllen und deshalb hätten Gegenstand der restriktiven Maßnahmen sein müssen, es aber nicht waren oder sind.

176. Die Kommission weist zu Recht darauf hin, dass der Rat nach dem Ansatz von Rosneft, wenn er restriktive Maßnahmen gegenüber einem Drittland verhängen will, die Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu dem Land stets vollständig einstellen müsste. Dies wäre auch nicht mit dem Wortlaut von Art. 215 Abs. 1 AEUV zu vereinbaren, wo von einem „nach Titel V Kapitel 2 des [EU-Vertrags] erlassene[n] Beschluss“ des Rates die Rede ist, der „die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern [vorsieht]“(102).

177. Der vorliegende Ungültigkeitsgrund ist daher zurückzuweisen.

f)      Zum Ungültigkeitsgrund eines Befugnismissbrauchs

178. Rosneft macht geltend, der Rat habe, indem er im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 833/2014 ausgeführt habe, dass die restriktiven Maßnahmen verhängt würden, „um die Kosten für die Handlungen Russlands zu erhöhen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, und um eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen“(103), seine Befugnisse missbraucht. In Wirklichkeit sei es dem Rat nämlich darum gegangen, das weitere Wachstumspotenzial der russischen Unternehmen einzudämmen und den russischen Energiesektor langfristig zu schädigen.

179. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt ein Befugnismissbrauch vor, „wenn ein [Unionsorgan] seine Befugnisse ausschließlich oder zumindest hauptsächlich zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel ausübt, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen“(104).

180. Rosneft beruft sich insoweit auf ein Arbeitsdokument der Kommission(105), in dem es heißt, dass mit den restriktiven Maßnahmen gegenüber den russischen Erdölgesellschaften „das Ziel verfolgt wird, bestimmten strategischen russischen Staatsunternehmen ihre internationalen und europäischen finanziellen Mittel zu nehmen und dem Staat auf diese Weise indirekt Kosten zu verursachen und das zukünftige Wachstumspotential einzudämmen“(106).

181. Dieses Dokument belegt aber in keiner Weise die Behauptung, dass „es [dem Rat] … allein darum gegangen sei, das weitere Wachstumspotential der russischen Unternehmen einzudämmen“(107). Erklärtes Ziel der restriktiven Maßnahmen, um die es hier geht, war vielmehr, „die Kosten für die Handlungen Russlands zu erhöhen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben“(108), was dem im Arbeitsdokument der Kommission wiedergegebenen Ziel entspricht.

182. Jedenfalls kann ein Befugnismissbrauch nicht bereits durch ein einziges Dokument nachgewiesen werden, das als Arbeitsdokument eingestuft ist und von einem anderen Organ stammt als dem, das den betreffenden Rechtsakt erlassen hat.

183. Folglich ist der vorliegende Ungültigkeitsgrund zurückzuweisen.

g)      Zum Ungültigkeitsgrund eines Widerspruchs zwischen dem Beschluss 2014/512 und der Verordnung Nr. 833/2014

184. Rosneft macht geltend, es bestehe ein Widerspruch zwischen dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 4 des Beschlusses 2014/512 und dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 5 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014. Während die erste Bestimmung den Mitgliedstaaten überhaupt keinen Gestaltungsspielraum hinsichtlich des Verbots der Nichterteilung einer Genehmigung vor dem 1. August 2014 geschlossener Verträge einräume, könnten die Mitgliedstaaten nach der zweiten Bestimmung eine Genehmigung für die Erfüllung einer Verpflichtung aus solchen Verträgen erteilen, mithin auch nicht erteilen.

185. Bei der Verordnung Nr. 833/2014 handelt sich um einen auf der Grundlage von Art. 215 AEUV erlassenen Unionsrechtsakt. Nach dieser Vorschrift kann der Rat „die erforderlichen Maßnahmen“, wie hier restriktive Maßnahmen, erlassen, wenn „ein nach Titel V Kapitel 2 des [EU-Vertrags] erlassener Beschluss“ die Aussetzung oder Einschränkung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem Drittland oder die Verhängung restriktiver Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen „vorsieht“.

186. Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass „die [Union] aufgrund eine[s] [GASP-Beschlusses] verpflichtet [ist], im Rahmen des [AEU]-Vertrags die danach gebotenen Maßnahmen zu ergreifen“(109). Erlässt der Rat auf der Grundlage von Art. 215 AEUV eine Verordnung, ist er also an den Wortlaut des vorausgegangenen GASP-Beschlusses gebunden, wie die französische Regierung geltend macht.

187. Ich teile nicht die Auffassung des Rates, dass die auf der Grundlage von Art. 215 AEUV erlassene Verordnung von dem auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des EU-Vertrags erlassenen GASP-Beschluss unabhängig ist, ja sogar in Widerspruch zu diesem stehen kann.

188. In der mündlichen Verhandlung hat sich der Rat insoweit auf Rn. 70 des Urteils Bank Melli Iran/Rat (C‑548/09 P, EU:C:2011:735) berufen. Dort heißt es: „Zu der Frage, ob … der Gemeinsame Standpunkt 2007/140 in die Rechtsgrundlagen einzubeziehen ist, genügt die Feststellung, dass einer solchen Forderung der ausdrückliche Wortlaut von Art. 301 EG entgegensteht, der die Möglichkeit vorsieht, Gemeinschaftsmaßnahmen zu treffen, wenn in gemeinsamen Standpunkten oder gemeinsamen Aktionen, die nach den Bestimmungen des EU-Vertrags in seiner Fassung vor dem Vertrag von Lissabon betreffend die GASP angenommen worden sind, ein Tätigwerden der Gemeinschaft vorgesehen ist. Diesem Wortlaut ist zu entnehmen, dass der gemeinsame Standpunkt oder die gemeinsame Aktion bestehen muss, damit Gemeinschaftsmaßnahmen getroffen werden können, nicht aber, dass diese Maßnahmen auf den betreffenden gemeinsamen Standpunkt oder die betreffende gemeinsame Aktion gestützt werden müssen.“(110)

189. Wie der Gerichtshof aber gerade in dem hervorgehobenen Passus seines Urteils feststellt, ist der Wortlaut von Art. 215 AEUV nicht identisch mit dem von Art. 301 EG, wo von dem Fall die Rede war, dass „in gemeinsamen Standpunkten oder gemeinsamen Aktionen, die nach den Bestimmungen des Vertrags über die Europäische Union betreffend die [GASP] angenommen worden sind, ein Tätigwerden der Gemeinschaft vorgesehen [ist], um die Wirtschaftsbeziehungen zu einem oder mehreren dritten Ländern auszusetzen, einzuschränken oder vollständig einzustellen“.

190. Bei restriktiven Maßnahmen wie den in Art. 4 des Beschlusses 2014/512 vorgesehenen(111), die die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem Drittland begleiten, ist der Rat hingegen nach Art. 215 Abs. 1 AEUV verpflichtet, eine Verordnung zu erlassen, mit der die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden(112).

191. Da mit dem Beschluss 2014/512 restriktive Maßnahmen eingeführt wurden, um die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem Drittland durchzuführen, war dieser Beschluss also zusammen mit Art. 215 AEUV in der Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 833/2014 anzuführen, was im Übrigen auch geschehen ist(113).

192. Folglich verstoßen die Vorschriften der Verordnung Nr. 833/2014, wenn sie zu den Vorschriften des Beschlusses 2014/512 in Widerspruch stehen, gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit, der bei dieser Verordnung wie bei jeder Handlung der Union zu beachten ist.

193. Im vorliegenden Fall haben die betreffenden Vorschriften nicht denselben Wortlaut. Art. 4 Abs. 4 des Beschlusses 2014/512 sieht vor, dass das Verbot der Erteilung einer Genehmigung für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr der Ausrüstung oder für die Erbringung bestimmter Dienste gemäß den Abs. 1 und 2 des Artikels „unbeschadet der Erfüllung von Verträgen, die vor dem 1. August 2014 geschlossen wurden, [gilt]“(114). Hingegen sieht Art. 3 Abs. 5 der Verordnung Nr. 833/2014 vor, dass die zuständigen Behörden eine solche Genehmigung „erteilen [können]“(115), wenn durch den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr eine Verpflichtung aus einem vor dem 1. August 2014 geschlossenen Vertrag erfüllt wird.

194. Anders ausgedrückt: Der Beschluss 2014/512 lässt die vor dem 1. August 2014 geschlossenen Verträge unberührt, während die Verordnung Nr. 833/2014 es den Behörden der Mitgliedstaaten erlaubt, den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr, wenn damit eine Verpflichtung aus einem vor dem 1. August 2014 geschlossenen Vertrag erfüllt wird, zu genehmigen oder nicht.

195. Es besteht insoweit meines Erachtens ein unauflösbarer Widerspruch zwischen den beiden Rechtsakten. Aus den oben in den Nrn. 185 bis 192 dargelegten Gründen gelange ich daher zu dem Schluss, dass Art. 3 Abs. 5 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014 ungültig ist.

h)      Zum Ungültigkeitsgrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und einer Verletzung der Grundrechte von Rosneft

196. Rosneft macht geltend, Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3, Art. 7 und Anhang III des Beschlusses 2014/512 sowie Art. 3, Art. 3a, Art. 4 Abs. 3 und 4, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3, Art. 11 Abs. 1 und die Anhänge II und VI der Verordnung Nr. 833/2014 seien ungültig, weil sie gemessen an ihrem erklärten Ziel unverhältnismäßig seien und gegen Art. 16 (unternehmerische Freiheit) und Art. 17 Abs. 1 (Eigentumsrecht) der Charta verstießen.

197. Unter Berufung u. a. auf die Urteile Bank Melli Iran/Rat (EU:T:2009:401) und Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft (EU:C:2013:776) macht Rosneft geltend, die vom Rat erlassenen Maßnahmen seien weder erforderlich noch geeignet, da die angewandten Mittel nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit den Maßnahmen verfolgten Ziel stünden.

198. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2014/512 und Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 833/2014 gestatteten ihr gegenüber eine Beschlagnahme von Vermögenswerten und einen Eingriff in erworbene vertragliche Rechte, nämlich ihre durch Art. 17 Abs. 1 der Charta geschützten Eigentumsrechte. Die Vorschriften gingen über das erforderliche Maß hinaus, indem sie im Grunde vorsähen, dass nicht russische Vertragsparteien von jeder Verpflichtung aus Verträgen befreit werden könnten, die sie mit den in der Verordnung genannten Einrichtungen geschlossen hätten, auch wenn es sich um eine Verpflichtung zur Lieferung einer ganzen Gattung von Gütern handele, von denen nur ein kleiner Teil die in Anhang II der Verordnung aufgeführten Technologien betreffe.

199. Ich teile diese Auffassung nicht.

200. Wie die Regierung des Vereinigten Königreichs, die estnische und die französische Regierung sowie der Rat und die Kommission bin ich der Meinung, dass der von Rosneft beschriebene Eingriff lediglich die logische Konsequenz der Entscheidung des Rates darstellt, die Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zur Russischen Föderation einzuschränken und restriktive Maßnahmen gegen Rosneft zu verhängen.

201. Wie der Gerichtshof in Rn. 113 des Urteils Bank Melli Iran/Rat (C‑548/09 P, EU:C:2011:735) ausgeführt hat, „[gelten] die Grundrechte, um die es im vorliegenden Fall geht, nicht uneingeschränkt … und [kann] ihre Ausübung Beschränkungen unterworfen werden …, die durch dem Gemeinwohl dienende Ziele der [Union] gerechtfertigt sind“(116).

202. Insoweit hat der Gerichtshof in den Rn. 22 und 23 des Urteils Bosphorus (C‑84/95, EU:C:1996:312) ausgeführt, dass „jede Sanktionsmaßnahme definitionsgemäß Auswirkungen [hat], die die Eigentumsrechte und die freie Berufsausübung beeinträchtigen, und … dadurch Parteien [schädigt], die für die Situation, die zum Erlass der Sanktionen geführt hat, nicht verantwortlich sind“, und dass „[f]erner … die Bedeutung der mit der streitigen Regelung verfolgten Ziele selbst erhebliche negative Konsequenzen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen [kann]“(117).

203. Im vorliegenden Fall zielen die betreffenden Vorschriften gerade darauf ab, die Versorgung des russischen Erdölsektors mit Gütern und Finanzmitteln zu beschränken. Ihr Anwendungsbereich ist also genau begrenzt und führt nicht dazu, dass ohne Rücksicht auf ihre strategische Bedeutung für die russische Wirtschaft unterschiedslos sämtliche russische Wirtschaftsteilnehmer getroffen werden.

204. Somit ist festzustellen, dass der Erlass der betreffenden Vorschriften durch den Rat in Anbetracht des Kontexts, in dem sie erlassen wurden, und ihres Ziels, die Kosten der Handlungen der Russischen Föderation zu erhöhen, indem auf strategische Sektoren der russischen Wirtschaft, u. a. den Erdölsektor, abgezielt wurde, nicht zu beanstanden ist, wie die französische Regierung geltend macht. Der Rat ist nicht über das hinausgegangen, was geeignet und erforderlich ist, um das verfolgte Ziel zu erreichen.

205. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, Frage 2 a wie folgt zu beantworten:

a)      Die Prüfung dieser Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von

–        Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3,

–        Art. 7 und

–        Anhang III des Beschlusses 2014/512

sowie

–        Art. 3 Abs. 1 bis 4, Abs. 5 Unterabs. 1 und 3 und Abs. 6 bis 8

–        Art. 3a,

–        Art. 4 Abs. 3 und 4,

–        Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3,

–        Art. 11 und

–        der Anhänge II und VI der Verordnung Nr. 833/2014

berührt.

b)      Art. 3 Abs. 5 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014 ist ungültig.

C –    Zu Frage 2 b

206. Mit Frage 2 b möchte das vorlegende Gericht für den Fall, dass die von Rosneft angefochtenen restriktiven Maßnahmen gültig sein sollten, wissen, ob es mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Bestimmtheit (nulla poena sine lege certa) vereinbar ist, dass ein Mitgliedstaat auf der Grundlage von Art. 8 der Verordnung Nr. 833/2014 Strafsanktionen verhängt, bevor der Tatbestand des betreffenden Verstoßes vom Gerichtshof hinreichend präzisiert wurde.

1.      Zur Zulässigkeit

207. Der Rat meint, die Frage sei unzulässig, da sie nicht die Gültigkeit oder die Auslegung von Unionshandlungen betreffe, sondern die Gültigkeit nationaler Rechtsvorschriften im Hinblick auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Bestimmtheit (nulla poena sine lege certa).

208. Die Regierung des Vereinigten Königreichs und der Rat machen darüber hinaus geltend, die Frage sei hypothetisch, da sie keinen konkreten Fall der Anwendung durch die betreffenden Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs vorgesehener Strafsanktionen betreffe. Bei Rosneft komme dies ohnehin nicht in Betracht, da die Strafsanktionen wegen Verstoßes gegen die Vorschriften des Beschlusses 2014/512 und der Verordnung Nr. 833/2014 nur auf im Vereinigten Königreich ansässige Personen abzielten.

209. Ich vermag diesem Vorbringen nicht zu folgen. Meines Erachtens geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen eindeutig hervor, dass das vorlegende Gericht dem Gerichtshof keine Fragen zur Gültigkeit der in Durchführung von Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 833/2014 erlassenen Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs(118) im Hinblick auf die Grundsätze des nationalen Rechts vorlegt. Es möchte wissen, ob die Grundsätze der Rechtssicherheit(119) und der Bestimmtheit (Art. 49 der Charta) dahin auszulegen sind, dass sie die Verhängung von Strafsanktionen ausschließen, wenn der betreffende Tatbestand vom Gerichtshof nicht hinreichend präzisiert wurde.

210. Meines Erachtens ist Frage 2 b auch nicht hypothetisch. Zwar gilt Art. 3 der Verordnung Nr. 833/2014 nur für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr vom Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aus(120). Die mit dem Beschluss über die Kontrolle der Ausfuhren (Sanktionen gegenüber Russland, der Krim und Sewastopol) von 2014 eingeführten Sanktionen gelten aber wohl nicht nur für Personen, die im Vereinigten Königreich oder in der Union ansässig sind(121). In der mündlichen Verhandlung hat Rosneft nämlich geltend gemacht, dass sie bei einem Verstoß gegen restriktive Maßnahmen wegen Teilnahme an der Tat strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könne, was die Regierung des Vereinigten Königreichs nicht bestritten hat.

211. Jedenfalls ist die Frage nicht deshalb hypothetisch, weil die Sanktionen nicht gegen Rosneft verhängt werden können. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen ist nämlich nicht ersichtlich, dass Rosneft die von der Regierung des Vereinigten Königreichs gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 833/2014 erlassenen Maßnahmen nicht anfechten könnte.

212. Unerheblich ist auch, dass gegen Rosneft noch keine Strafsanktion verhängt wurde. Denn „[w]äre [eine Partei] gezwungen, sich Verwaltungs- oder Strafverfahren und den Sanktionen, die sich daraus ergeben können, auszusetzen, weil sie andernfalls keinen Rechtsbehelf hätte, mit dem sie einen Verstoß der betreffenden nationalen Bestimmungen gegen das [Unionsrecht] rügen könnte, würde dies nicht ausreichen, um ihr einen solchen effektiven Rechtsschutz zu garantieren“, wie der Gerichtshof in Rn. 64 des Urteils Unibet (C‑432/05, EU:C:2007:163) entschieden hat.

213. Die Frage ist also zu beantworten.

2.      Beantwortung der Frage

214. Rosneft meint, die Ausdrücke, mit denen die Straftatbestände beschrieben würden, insbesondere die Ausdrücke „unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern“(122), „Ton- und Schiefergestein“(123), „Finanzhilfe“(124) und „übertragbare Wertpapiere …, die nach dem 12. September 2014 begeben wurden“(125), hätten nicht den Grad an Präzision und Bestimmtheit, der Strafsanktionen eigen sei. Es verstoße daher gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Bestimmtheit (nulla poena sine lege certa), dass ein Mitgliedstaat Strafsanktionen auf der Grundlage von Art. 8 der Verordnung Nr. 833/2014 verhänge, ohne dass oder bevor der Gerichtshof die genannten Ausdrücke einheitlich ausgelegt habe.

215. Gewiss sind die betreffenden Ausdrücke weit gefasst. Darin stimme ich mit dem vorlegenden Gericht überein. Ich bezweifle aber, dass wegen ihrer Mehrdeutigkeit bereits eine Rechtsunsicherheit besteht.

216. Wie der Gerichtshof in Rn. 217 des Urteils Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408) entschieden hat, „[darf] de[r] Grundsatz der gesetzlichen Bestimmtheit von Tatbestand und Strafe (nullum crimen, nulla poena sine lege) … nicht so verstanden werden, dass [er] die schrittweise Klärung der Vorschriften über die strafrechtliche Verantwortlichkeit untersagt“.

217. Der Gerichtshof hat hierzu weiter ausgeführt: „[D]ie Bedeutung des Begriffes der Vorhersehbarkeit [hängt] in hohem Maß ab vom Inhalt der in Rede stehenden Vorschriften, von dem durch sie geregelten Bereich sowie von der Zahl und der Eigenschaft ihrer Adressaten. Der Vorhersehbarkeit des Gesetzes steht nicht entgegen, dass die betreffende Person gezwungen ist, fachkundigen Rat einzuholen, um unter den Umständen des konkreten Falles angemessen zu beurteilen, welche Folgen sich aus einer bestimmten Handlung ergeben können. Das gilt insbesondere für berufsmäßig tätige Personen, die gewohnt sind, sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sehr umsichtig verhalten zu müssen. Von ihnen kann daher erwartet werden, dass sie die Risiken ihrer Tätigkeit besonders sorgfältig beurteilen.“(126)

218. Demnach verstößt eine Strafvorschrift nicht bereits deshalb, weil sie in unterschiedlicher Weise ausgelegt werden kann, gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Bestimmtheit (nulla poena sine lege certa). Es gibt nämlich viele Strafvorschriften, bei denen es nicht von vornherein nur eine mögliche Auslegung gibt.

219. Bei ernsthaften Zweifeln hinsichtlich der richtigen Auslegung eines der betreffenden Ausdrücke „können die betroffenen Unternehmen bei den Strafverfolgungsbehörden nähere Auskünfte einholen und somit jedes Risiko von Verfolgungen wegen Verstößen gegen die betreffenden Vorschriften, die im Prinzip nicht absichtlich erfolgt sind, verhindern“(127), wie Her Majesty’s Treasury und der Secretary of State for Business, Innovation and Skills vor dem vorlegenden Gericht geltend gemacht haben.

220. Insoweit ist zu beachten, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 19 EUV verpflichtet sind, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit die Wirtschaftsteilnehmer die Auslegung der Ausdrücke des Beschlusses 2014/512 und der Verordnung Nr. 833/2014 durch die Behörden der Mitgliedstaaten anfechten können.

221. Die betreffenden Gerichte könnten dann, sofern sie der Auffassung sind, dass der Wortlaut der Verordnung Nr. 833/2014 und des Beschlusses 2014/512 (soweit der Gerichtshof zuständig ist) nicht hinreichend klar ist, gemäß Art. 267 AEUV Ersuchen um Vorabentscheidung vorlegen, wie es im Übrigen das vorlegende Gericht mit Frage 3 getan hat, die gerade die Auslegung der Ausdrücke betrifft, auf die sich Frage 2 b bezieht.

222. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, auf Frage 2 b zu antworten, dass es mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Bestimmtheit (nulla poena sine lege certa) vereinbar ist, dass ein Mitgliedstaat Strafsanktionen auf der Grundlage von Art. 8 der Verordnung Nr. 833/2014 verhängt, bevor die Bedeutung der in dieser Verordnung zur Definition des Tatbestands des betreffenden Verstoßes verwendeten Ausdrücke vom Gerichtshof hinreichend präzisiert wurde.

D –    Zu Frage 3 a

223. Mit seiner Frage 3 a möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob der in Art. 4 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 833/2014 verwendete Ausdruck „Finanzhilfe“ die Bearbeitung von Zahlungen durch eine Bank oder ein Finanzinstitut einschließt.

224. Rosneft meint, der Ausdruck „Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfe“ sei als Ganzes zu sehen. Gemeint seien die Bereitstellung einer Finanzierung und die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang damit. Die Bearbeitung von Zahlungen falle nicht darunter. Hingegen vertritt der Secretary of State for Business, Innovation and Skills die Auffassung, dass die Bearbeitung von Zahlungen eine Finanzhilfe im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 833/2014 sei.

225. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass diese Frage von besonderer Bedeutung sei, weil sich aus den ihm vorliegenden Beweisen ergebe, dass die Ausdrücke von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten uneinheitlich ausgelegt würden.

226. Aus den im Rahmen des vorliegenden Verfahrens eingereichten schriftlichen Erklärungen geht in der Tat hervor, dass die estnische Regierung und die Kommission(128) die von der Regierung des Vereinigten Königreichs vorgenommene Auslegung der Ausdrücke teilen, während die deutsche Regierung die von Rosneft befürwortete Auslegung teilt. Die französische Regierung vertritt die Auffassung, die Bearbeitung von Zahlungen falle unter den Begriff „Finanzhilfe“, sofern bei solchen Zahlungen durch das Finanzinstitut neue Mittel auf die Empfänger übertragen würden.

227. Die betreffenden Ausdrücke kommen im Übrigen in mehreren Verordnungen vor, mit denen restriktive Maßnahmen verhängt werden. Die Entscheidung des Gerichtshofs könnte also Auswirkungen haben, die über die vorliegende Rechtssache hinausgehen(129).

228. Meines Erachtens lässt sich die Frage nicht kategorisch mit Ja oder Nein beantworten.

229. Nach dem Wortlaut der betreffenden Vorschrift bedürfen einer vorherigen Genehmigung „die … Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfe, insbesondere in Form von Zuschüssen, Darlehen und Ausfuhrkreditversicherungen, im Zusammenhang mit den in Anhang II aufgeführten Gütern für deren Verkauf, Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr oder für die Leistung von damit verbundener technischer Hilfe“.

230. Demnach ist die Finanzhilfe, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs geltend macht, zwangsläufig eine Alternative zur Bereitstellung von Finanzmitteln und nicht ein Synonym oder ein Unterbegriff davon. Folglich müssen unter den Begriff der Finanzhilfe zwangsläufig Tätigkeiten fallen, die nicht unter den Begriff der Bereitstellung von Finanzmitteln fallen.

231. Der Wortlaut der betreffenden Vorschrift liefert im Übrigen einige Beispiele für das, was unter „Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfe“ zu verstehen ist, nämlich „Zuschüss[e], Darlehen und Ausfuhrkreditversicherungen“. Allerdings ist dieser Aufzählung der Ausdruck „insbesondere in Form von“ vorangestellt, was bedeutet, dass auch andere Geschäfte gemeint sind, ohne dass die Bearbeitung von Zahlungen ausdrücklich erwähnt würde.

232. In ihrem Leitfaden für die Anwendung bestimmter Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 vom 16. Dezember 2014(130) hat die Kommission klargestellt, dass „Zahlungsdienste und die Ausstellung von Garantien/Akkreditiven Finanzhilfen dar[stellen] und …, wenn sie im Zusammenhang mit einer nach Artikel 2 verbotenen Transaktion erfolgen, untersagt [sind]“(131).

233. Die Kommission hat weiter klargestellt: „Banken, die im Namen oder zugunsten ihrer Kunden handeln, sollten bei den von ihren Kunden durchgeführten Zahlungen mit der gebotenen Sorgfalt vorgehen und Zahlungen, die einen Verstoß gegen die Verordnung darstellen, ablehnen. Banken, die als Korrespondenzbanken tätig sind, sollten Zahlungen ablehnen, wenn Informationen über einen entsprechenden Verstoß vorliegen.“(132)

234. Ziel der betreffenden Vorschrift ist es somit, jede Hilfeleistung finanzieller Art für ein nach Art. 4 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 5 der Verordnung Nr. 833/2014 verbotenes Geschäft, d. h. den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern gemäß Anhang II, zu verbieten, sofern hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass die verkauften, gelieferten, verbrachten oder ausgeführten Güter für eine der in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung genannten Kategorien von Erdölexplorations- und ‑förderprojekten bestimmt sind.

235. Wie bereits oben in den Nrn. 126 bis 131 ausgeführt, sind die Geschäfte, auf die Art. 3 Abs. 5 der Verordnung Nr. 833/214 abzielt und die er verbietet, diejenigen, die vom Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aus getätigt werden.

236. Die Verordnung Nr. 833/2014 verhindert also nicht die Durchlieferung der in Anhang II genannten Güter durch das Hoheitsgebiet der Union von Drittstaaten aus in die Russische Föderation, so dass die Bearbeitung von Zahlungen in Bezug auf solche Geschäfte nicht unter den Begriff „Finanzhilfe“ im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 833/2014 fällt.

237. Insoweit ist auf den fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 833/2014 zu verweisen, der, obwohl er die durch Art. 5 vorgeschriebenen Beschränkungen des Zugangs zu den Kapitalmärkten für bestimmte Finanzinstitute betrifft, präzisiert, dass andere Finanzdienstleistungen, wie etwa Zahlungsdienste, nicht unter diese Beschränkungen fallen.

238. Hingegen muss bei Bearbeitungen von Zahlungen für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern gemäß Anhang II vom Hoheitsgebiet der Union aus eine Genehmigung eingeholt werden, damit die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten überprüfen können, ob die Zahlung und das ihr zugrunde liegende Geschäft die drei in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung Nr. 833/2014 genannten Fälle betreffen. Nur wenn die fraglichen Güter für eine Verwendung in Russland bestimmt sind, die im Einklang mit diesen drei Fällen steht, sind die zuständigen Behörden verpflichtet, die Genehmigung zu versagen.

239. Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, auf Frage 3 a zu antworten, dass die Bearbeitung einer Zahlung, deren zugrunde liegendes Geschäft unter Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 833/2014 fällt, durch eine Bank oder ein anderes Finanzinstitut unter den Begriff „Finanzhilfe“ im Sinne von Art. 4 Abs. 3 dieser Verordnung fällt.

E –    Zu Frage 3 b

240. Mit Frage 3 b möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014 es verbietet, dass ab dem 12. September 2014 gemäß einer Depotvereinbarung mit einer der in Anhang VI genannten Einrichtungen GDR(133) begeben werden oder ein anderes Geschäft mit ihnen getätigt wird, sofern die GDR vor dem 12. September 2014 begebene Aktien einer solchen Einrichtung repräsentieren.

241. Rosneft meint, das Verbot der Begebung von GDR ab dem 12. September 2014 gelte nicht für GDR, bei denen die zugrunde liegenden Aktien vor dem 12. September 2014 begeben worden seien. Die FCA tritt diesem Vorbringen entgegen. Ihrer Auffassung nach gilt das Verbot unabhängig vom Datum der Begebung der zugrunde liegenden Aktien ab dem 12. September 2014. Diese Auffassung vertritt auch das vorlegende Gericht.

242. Meines Erachtens ergibt sich aus dem Wortlaut der betreffenden Bestimmung ganz eindeutig, dass die Begebung von GDR unabhängig vom Zeitpunkt der Begebung der zugrunde liegenden Aktien ab dem 12. September 2014 verboten ist.

243. Nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014 „ist [es] verboten, übertragbare Wertpapiere … mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen, die nach dem 12. September 2014 begeben wurden, unmittelbar oder mittelbar zu kaufen, zu verkaufen, Wertpapierdienstleistungen oder Hilfsdienste bei der Begebung zu erbringen“.

244. Der Ausdruck „übertragbare Wertpapiere“ ist in Art. 1 Buchst. f Ziff. i definiert als „Aktien und andere Anteile an Gesellschaften, Personengesellschaften oder anderen Rechtspersönlichkeiten gleichzustellende Wertpapiere sowie Aktienzertifikate“(134).

245. Da im Wortlaut dieser Vorschriften keine zeitliche Grenze für die zugrunde liegenden Aktien angegeben wird, gilt das Verbot der Begebung von GDR eindeutig unabhängig vom Datum der Begebung der zugrunde liegenden Aktien(135).

246. Das scheint mir im Übrigen auch normal zu sein, da es sich, wie die FCA geltend macht, bei den GDR um Anlageinstrumente handelt, die zwar an die Aktien einer Gesellschaft gebunden sind, aber börsennotiert sind und unabhängig von den von ihnen repräsentierten Aktien gehandelt werden. Insoweit ermöglichen es die GDR den Gesellschaften von Drittländern, Zugang zu den Kapitalmärkten der Union zu erlangen und dort Kapital zu mobilisieren, ohne dass sie zwingend die Kriterien und Voraussetzungen für die Notierung ihrer Aktien an der Börse auf diesen Märkten erfüllen müssen.

247. Außerdem ist zu beachten, dass nach den Angaben der FCA die derzeit auf die Aktien von Rosneft begebenen GDR lediglich 7,5 % des Gesamtaktienkapitals dieser Gesellschaft ausmachen, während der bereits von der FCA für die Börsennotierung und die Zulassung zum Handel genehmigte Höchstbetrag es ermöglichen würde, bis zu 90 % des Kapitals in Form von GDR zu handeln.

248. Das bedeutet, dass, folgte man der Auffassung von Rosneft, die durch die betreffende Vorschrift eingeführte restriktive Maßnahme ausgehöhlt würde, da die meisten Aktien von Rosneft vor dem 12. September 2014 begeben wurden und Rosneft sie weiter frei in GDR umwandeln könnte.

249. Ich schlage dem Gerichtshof deshalb vor, auf Frage 3 b zu antworten, dass Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014 die Begebung von GDR auf Aktien der in Anhang VI aufgeführten Einrichtungen ab dem 12. September 2014 unabhängig davon verbietet, wann die Aktien begeben wurden.

F –    Zu Frage 3 c

250. Mit Frage 3 c möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, wie der Ausdruck „Ton- und Schiefergestein“ in den Art. 3 Abs. 3 und 3a Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 833/2014 auszulegen ist und ob der Ausdruck „unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern“ in den Art. 3 Abs. 3 und 3a Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass die 150 Meter ab dem Punkt der Bohrung zählen oder ab einem anderen Punkt.

1.      Zum Begriff „unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern“

251. Wie bereits oben in Nr. 214 und in Fn. 122 ausgeführt, gibt es ausgedehnte Wasserbereiche, in denen die Wassertiefe erheblich schwankt, so dass das Wasser an einigen Stellen mehr, an anderen weniger als 150 Meter tief ist. Rosneft meint, die Verordnung Nr. 833/2014 bestimme nicht den Punkt, ab dem die 150 Meter zu messen seien. Sie bestimme auch nicht, ob es verboten sei, an einer Stelle, an der das Wasser weniger als 150 Meter tief sei, vertikal zu bohren und dann nach außen im Gestein zu einem Punkt zu bohren, der in Tiefen von mehr als 150 Metern unter Wasser liege.

252. Bei der Auslegung der genannten Ausdrücke stimmen Rosneft, die Regierung des Vereinigten Königreichs, die französische Regierung und die Kommission(136) darin überein, dass die Tiefe am Erdölbohrpunkt zu messen sei.

253. Ich teile diese Auffassung, die mir logisch erscheint.

254. Wie die Kommission bin ich der Auffassung, dass die 150 Meter vertikal zu messen sind, was ausschließt, dass ein Unternehmen von einem Punkt, an dem die Wassertiefe 150 Meter oder weniger beträgt, schräg zu einem Erdölfeld bohrt, das sich unter Wasser in einer Tiefe von mehr als 150 Metern befindet.

255. Ausgeschlossen ist auch eine vertikale Bohrung an einem Punkt, an dem das Wasser weniger als 150 Meter tief ist, mit einer anschließenden Bohrung nach außen in Richtung eines Erdölfelds, das sich unter Wasser in einer Tiefe von mehr als 150 Metern befindet.

256. Andernfalls könnte die restriktive Maßnahme umgangen werden, sofern dies technisch möglich und rentabel ist.

257. Ferner sind sich Rosneft, die französische Regierung und die Kommission (die Regierung des Vereinigten Königreichs hat insoweit nicht Stellung genommen) darin einig, dass das Kriterium der 150 Meter am Ort der Bohrung selbst anzuwenden ist und nicht irgendwo innerhalb des Erdölfelds, das Gegenstand der Bohrung ist.

258. Dies bedeutet, dass die Bohrung auf einem Erdölfeld, das sich teilweise in einer Tiefe von mehr als 150 Metern und teilweise in einer Tiefe von weniger als 150 Metern unter Wasser befindet, nicht unter die Art. 3 Abs. 3 und 3a Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 833/2014 fällt, sofern die Bohrung an einem Punkt durchgeführt wird, an dem die Wassertiefe 150 Meter oder weniger beträgt.

259. Ich teile auch diese Auslegung.

2.      Zum Begriff „Ton- und Schiefergestein“

260. Die Auslegung des Begriffs „Ton- und Schiefergestein“ erweist sich als schwieriger.

261. Die Regierung des Vereinigten Königreichs meint, der Gerichtshof sei nicht in der Lage, eine Prüfung der wissenschaftlichen und geologischen Beweise vorzunehmen, während die französische Regierung der Auffassung ist, dass es sich bei dem Begriff „Ton- und Schiefergestein“ um einen präzisen geologischen Begriff handele, der keiner Auslegung durch den Gerichtshof bedürfe.

262. Hingegen bieten Rosneft und die Kommission ihre eigenen Auslegungen des Begriffs „Ton- und Schiefergestein“ an, die einander diametral entgegengesetzt sind.

263. Auf der Grundlage der Aussage ihres geologischen Sachverständigen schlägt Rosneft als Definition von „Ton- und Schiefergestein“ vor: kerogenhaltige Lagerstätten, die hauptsächlich aus Ton (mit einem Tonmineralienanteil über 35 %) bestehen und kein flüssiges Mineralöl enthalten.

264. Nach Auffassung der Kommission fallen unter die betreffenden Vorschriften Projekte, die das Potenzial haben, Erdöl zu gewinnen, unabhängig davon, ob es sich bei den Ressourcen in den Ton- und Schiefergesteinformationen um Kerogen oder Rohöl handele, solange nur das Hydrofracking zum Einsatz komme.

265. Dieser Unterschied in der Auslegung zeigt, dass der geologische Begriff „Ton- und Schiefergestein“ entgegen der Annahme der französischen Regierung nicht unstreitig ist. Im Übrigen stimme ich mit der Regierung des Vereinigten Königreichs darin überein, dass der Gerichtshof nicht in der Lage ist, wissenschaftliche Definitionen von geologischen Begriffen wie Ton- und Schiefergestein zu geben, insbesondere wenn das Organ, das den betreffenden Rechtsakt erlassen hat (hier der Rat), den Begriff nicht definiert hat.

266. Ohne eine Definition eines geologischen Sachverständigen des Begriffs „Ton- und Schiefergestein“ geben zu wollen, weise ich darauf hin, dass der betreffende Ausdruck in dem Satz „Projekte, die das Potential haben, Erdöl aus Ressourcen in Ton- und Schiefergesteinformationen durch Hydrofracking zu gewinnen“, vorkommt, wie die Kommission ausgeführt hat.

267. Ich bezweifle, dass dieser Satz sowohl die Sachverständigen als auch die betroffenen Unternehmen und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten nicht in die Lage versetzt, ihn umzusetzen. Denn wie das vorlegende Gericht zu Recht feststellt, „[dürften die Sachverständigen des betreffenden Fachgebiets] zumindest in den allermeisten Fällen … die Grenzen dieser Definitionen verstehen. … Die von [Rosneft] angesprochenen Probleme sind also eher hypothetisch; jedenfalls betreffen sie Grenzfälle der Definitionen“(137).

268. Da die restriktiven Maßnahmen gegen die Erdölexploration und ‑förderung in Russland gerichtet sind, muss die Definition des Begriffs „Ton- und Schiefergestein“ jedoch der in diesem Land bestehenden Art von Ton- und Schiefergesteinformationen Rechnung tragen.

269. Ich denke deshalb nicht, dass der Gerichtshof in der Lage ist, eine Definition des Begriffs „Ton- und Schiefergestein“ zu geben, und halte eine solche Definition im Übrigen auch nicht für unerlässlich, um die betreffenden Artikel der Verordnung Nr. 833/2014 umzusetzen.

270. Ich schlage dem Gerichtshof deshalb vor, auf Frage 3 c zu antworten, dass die Messung von „unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern“ vertikal vom Punkt der Bohrung aus vorzunehmen ist.

VI – Ergebnis

271. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Divisional Court) (Hoher Gerichtshof [England & Wales], Abteilung Queen’s Bench [Kammer]), zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

1.      Der Gerichtshof ist nach Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 AEUV für die Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV über die Gültigkeit des Beschlusses 2014/512/GASP des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, im Hinblick auf Art. 40 EUV sowie für die Überwachung der Rechtmäßigkeit von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 und Art. 7 des Beschlusses 2014/512 zuständig.

2.      a)     Die Prüfung dieser Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von

–      Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3,

–      Art. 7 und

–      Anhang III des Beschlusses 2014/512

sowie

–      Art. 3 Abs. 1 bis 4, Abs. 5 Unterabs. 1 und 3 und Abs. 6 bis 8

–      Art. 3a,

–      Art. 4 Abs. 3 und 4,

–      Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3,

–      Art. 11 und

–      der Anhänge II und VI der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren,

berührt.

Art. 3 Abs. 5 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014 ist ungültig.

b)      Es ist mit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Bestimmtheit (nulla poena sine lege certa) vereinbar, dass ein Mitgliedstaat Strafsanktionen auf der Grundlage von Art. 8 der Verordnung Nr. 833/2014 verhängt, bevor die in dieser Verordnung verwendeten Ausdrücke, mit denen der Tatbestand des betreffenden Verstoßes definiert wird, vom Gerichtshof hinreichend präzisiert wurden.

3.      a)     Die Bearbeitung einer Zahlung, deren zugrunde liegendes Geschäft unter Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 833/2014 fällt, durch eine Bank oder ein anderes Finanzinstitut fällt unter den Begriff „Finanzhilfe“ im Sinne von Art. 4 Abs. 3 dieser Verordnung.

b)      Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014 verbietet die Begebung von Global Depository Receipts auf Aktien der in Anhang VI aufgeführten Einrichtungen ab dem 12. September 2014 unabhängig davon, wann die Aktien begeben wurden.

c)      Die Messung von „unter Wasser in Tiefen von mehr als 150 Metern“ im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und Art. 3a Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 833/2014 ist vertikal vom Punkt der Bohrung aus vorzunehmen.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – ABl. L 229, S. 13. Der Beschluss wurde mehrfach geändert. Da Gegenstand des Ausgangsverfahrens lediglich die bis Dezember 2014 erfolgten Änderungen sind, werde ich in den vorliegenden Schlussanträgen auf den Beschluss 2014/512 in der Fassung vom Dezember 2014 abstellen, die die mit den Beschlüssen 2014/659/GASP des Rates vom 8. September 2014 (ABl. L 271, S. 54) und 2014/872/GASP des Rates vom 4. Dezember 2014 (ABl. L 349, S. 58) vorgenommenen Änderungen enthält.


3 – ABl. L 229, S. 1. Die Verordnung wurde mehrfach geändert. Da Gegenstand des Ausgangsverfahrens lediglich die bis Dezember 2014 erfolgten Änderungen sind, werde ich in den vorliegenden Schlussanträgen auf die Verordnung Nr. 833/2014 in der Fassung vom Dezember 2014 abstellen, die die mit den Verordnungen (EU) Nr. 960/2014 des Rates vom 8. September 2014 (ABl. L 271, S. 3) und Nr. 1290/2014 des Rates vom 4. Dezember 2014 (ABl. L 349, S. 20) vorgenommenen Änderungen enthält.


4 – ABl. L 327, S. 3. Das Abkommen wurde mit dem Beschluss 97/800/EGKS, EG, Euratom des Rates und der Kommission vom 30. Oktober 1997 (ABl. L 327, S. 1) im Namen der Gemeinschaften genehmigt.


5 – Erklärung der Staats- und Regierungschefs zur Ukraine, Brüssel, 6. März 2014.


6 – ABl. L 78, S. 6.


7 – Anhängige Rechtssache NK Rosneft u. a./Rat (T‑715/14).


8 – Vgl. Ukraine-Verordnung (finanzielle Sanktionen der Europäischen Union) (Nr. 3) 2014 (The Ukraine [European Union Financial Sanctions] [No. 3] Regulations 2014, SI 2014/2054), geändert durch die Ukraine-Verordnung (finanzielle Sanktionen der Europäischen Union) (Nr. 3) (Änderung) 2014 (The Ukraine [European Union Financial Sanctions] [No. 3] [Amendment] Regulations 2014, SI 2014/2445) und Exportkontrollverordnung (Russland-, Krim- und Sewastopol-Sanktionen) 2014 (The Export Control [Russia, Crimea and Sevastopol Sanctions] Order 2014, SI 2014/2357), geändert durch die Exportkontrollverordnung (Russland‑, Krim- und Sewastopol-Sanktionen) (Änderung) 2014 (The Export Control [Russia, Crimea and Sevastopol Sanctions] (Amendment) Order 2014, SI 2014/2932).


9 – Es handelt sich um jüngst begebene übertragbare Wertpapiere in Form internationaler Zertifikate für verbriefte Forderungen („Global Depository Receipts“, im Folgenden: GDR) auf Aktien von Rosneft, die an der Londoner Börse notiert sind und gehandelt werden.


10 – R (OJSC Rosneft Oil Company) v Her Majesty’s Treasury and ors [2015] EWHC 248 (Admin).


11 – Urteil Elitaliana/Eulex Kosovo (C‑439/13 P, EU:C:2015:753, Rn. 37). Vgl. in diesem Sinne auch Urteile Sahlstedt u. a./Kommission (C‑362/06 P, EU:C:2009:243, Rn. 22) und Kommission/Zypern (C‑340/10, EU:C:2012:143, Rn. 20).


12 – Vgl. Stellungnahme der Generalanwältin Kokott im Gutachtenverfahren 2/13 (EU:C:2014:2475, Nr. 100).


13 – Diese Passivlegitimation des Parlaments bei Nichtigkeitsklagen wurde im Urteil Parlament/Rat (C‑70/88, EU:C:1990:217) durch die Aktivlegitimation ergänzt. Der Gerichtshof hat darin festgestellt, dass das Parlament nach dem Wortlaut des EWG-Vertrags zwar nicht zu den Organen zählt, die eine Nichtigkeitsklage erheben können; dies könnte aber „eine verfahrensrechtliche Lücke darstellen, [die] … nicht schwerer wiegen [kann] als das grundlegende Interesse an der Aufrechterhaltung und Wahrung des von den Verträgen zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften festgelegten institutionellen Gleichgewichts“ (Rn. 26).


14 – Urteil Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Parlament und Rat (C‑583/11 P, EU:C:2013:625, Rn. 92). Vgl. in diesem Sinne auch Urteile Les Verts/Parlament (294/83, EU:C:1986:166, Rn. 23), Unión de Pequeños Agricultores/Rat (C‑50/00 P, EU:C:2002:462, Rn. 40), Telefónica/Kommission (C‑274/12 P, EU:C:2013:852, Rn. 57), T & L Sugars und Sidul Açúcares/Kommission (C‑456/13 P, EU:C:2015:284, Rn. 45) sowie Beschluss Pesquerias Riveirenses u. a./Rat (C‑164/14 P, EU:C:2015:111, Rn. 40).


15 – Der dezidierten Auffassung von Generalanwältin Kokott, dass der Gerichtshof nicht befugt sei, im Wege der Vorabentscheidung über die Gültigkeit von GASP-Rechtsakten zu entscheiden, so dass die Gerichte der Mitgliedstaaten die Rechtmäßigkeit solcher Rechtsakte selbst beurteilen und diese, wenn sie sie für rechtswidrig hielten, unangewendet lassen könnten, wobei sie natürlich verpflichtet seien, das Unionsrecht anzuwenden (vgl. Nrn. 82 bis 103 der Stellungnahme der Generalanwältin Kokott im Gutachtenverfahren 2/13, EU:C:2014:2475), hat sich der Gerichtshof jedoch nicht angeschlossen.


16 – Urteil Parlament/Rat (C‑658/11, EU:C:2014:2025, Rn. 70). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil Elitaliana/Eulex Kosovo (C‑439/13 P, EU:C:2015:753, Rn. 42).


17 – Hervorhebung nur hier.


18 – Hervorhebung nur hier.


19 – Urteil Parlament/Rat (C‑658/11, EU:C:2014:2025, Rn. 72).


20 – Hervorhebung nur hier.


21 – Vgl. Urteile Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft (C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 99, in dem auf die Rn. 36 bis 38 des Urteils Manufacturing Support & Procurement Kala Naft/Rat, T‑509/10, EU:T:2012:201, verwiesen wird), Parlament/Rat (C‑658/11, EU:C:2014:2025, Rn. 73) und National Iranian Oil Company/Rat (T‑578/12, EU:T:2014:678, Rn. 35), bestätigt durch das Urteil National Iranian Oil Company/Rat (C‑440/14 P, EU:C:2016:128).


22 – ABl. L 134, S. 1.


23 – Vgl. Urteil Peftiev (C‑314/13, EU:C:2014:1645).


24 – ABl. L 42, S. 92.


25 – ABl. L 310, S. 10.


26 – Nach dem Recht mehrerer Mitgliedstaaten sind die mit der Durchführung der von der Regierung verfolgten Außenpolitik verbundenen Fragen der gerichtlichen Kontrolle entzogen, nach der Theorie der sogenannten „actes de gouvernement“ (vgl. u. a. Conseil d’État [Frankreich], 19. Februar 1875, Prince Napoléon, Recueil Lebon, S. 155) bzw. der Doktrin der „justiciability“ (vgl. u. a. R [Abbasi and anor] v Secretary of State for Foreign & Commonwealth Affairs and anor [2002] EWCA Civ 1598, Rn. 99 und 106 [Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division), Vereinigtes Königreich]).


27 – Rn. 16. Vgl. in diesem Sinne auch Urteile Kommission/Rat (C‑176/03, EU:C:2005:542, Rn. 39), Kommission/Rat (C‑440/05, EU:C:2007:625, Rn. 53) und Kommission/Rat (C‑91/05, EU:C:2008:288, Rn. 33).


28 – Vgl. Urteile Gestoras Pro Amnistía u. a./Rat (C‑354/04 P, EU:C:2007:115, Rn. 54) und Segi u. a./Rat (C‑355/04 P, EU:C:2007:116, Rn. 54).


29 – Vgl. Urteile Gestoras Pro Amnistía u. a./Rat (C‑354/04 P, EU:C:2007:115, Rn. 53) und Segi u. a./Rat (C‑355/04 P, EU:C:2007:116, Rn. 53).


30 – Hervorhebung nur hier.


31 – Urteil Foto-Frost (314/85, EU:C:1987:452, Rn. 16). Hervorhebung nur hier. Vgl. in diesem Sinne auch Urteile Les Verts/Parlament (294/83, EU:C:1986:166, Rn. 23), Unión de Pequeños Agricultores/Rat (C‑50/00 P, EU:C:2002:462, Rn. 40), Gaston Schul Douane-expediteur (C‑461/03, EU:C:2005:742, Rn. 22), Reynolds Tobacco u. a./Kommission (C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 80), Melki und Abdeli (C‑188/10 und C‑189/10, EU:C:2010:363, Rn. 54), A (EU:C:2014:2195, Rn. 41) und Schrems (C‑362/14, EU:C:2015:650, Rn. 62).


32 – Im Urteil Foto-Frost (314/85, EU:C:1987:452) wird davon ausgegangen dass „Artikel [263] dem Gerichtshof die ausschließliche Zuständigkeit für die Nichtigerklärung der Handlung eines [Unionsorgans] zuweist“ (Rn. 17). Hervorhebung nur hier. Vgl. in diesem Sinne auch Urteile Lucchini (C‑119/05, EU:C:2007:434, Rn. 53), Melki und Abdeli (C‑188/10 und C‑189/10, EU:C:2010:363, Rn. 54), Otis u. a. (C‑199/11, EU:C:2012:684, Rn. 53), A (EU:C:2014:2195, Rn. 41) und Schrems (C‑362/14, EU:C:2015:650, Rn. 62). Dieser Grundsatz muss für alle Unionshandlungen gelten, die in die allgemeine Zuständigkeit des Gerichtshofs (siehe Nrn. 36 bis 38 der vorliegenden Schlussanträge) oder unter die „claw-back“-Klausel fallen. Ist Gegenstand eines Verfahrens hingegen ein GASP-Rechtsakt, der unter die „carve-out“-Klausel, aber nicht unter die „claw-back“-Klausel fällt, ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit nicht der Gerichtshof zuständig, sondern die Gerichte der Mitgliedstaaten, die gemäß Art. 19 EUV verpflichtet sind, den Bürgern einen wirksamen Rechtsschutz zu gewähren. Wie es in Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV heißt, ist in solchen Fällen nämlich „der Gerichtshof … nicht zuständig“ und nicht die Gerichte der Mitgliedstaaten.


33 – Vgl. Urteile Parlament/Rat (C‑658/11, EU:C:2014:2025, Rn. 70) und Elitaliana/Eulex Kosovo (C‑439/13 P, EU:C:2015:753, Rn. 42).


34 – Denn für Fragen, die nicht zuvor durch Art. 275 Abs. 1 AEUV von der Zuständigkeit der Unionsgerichte ausgeschlossen worden sind, kann Art. 275 Abs. 2 AEUV ihre Zuständigkeit nicht wiederherstellen.


35 – Vgl. in diesem Sinne Lenaerts, K., Maselis, I., und Gutman, K., EU Procedural Law, Oxford University Press, 2014, Abschnitt 6.05.


36 – Im vorliegenden Fall geht es lediglich um die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Vorabentscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung von GASP-Rechtsakten. Für Vertragsverletzungs- und Schadensersatzklagen, die sich auf einen GASP-Rechtsakt beziehen, gilt nicht die „claw-back“-Klausel von Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 2 AEUV, sondern die „carve-out“-Klausel von Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 letzter Satz EUV und Art. 275 Abs. 1 AEUV.


37 – Nr. 100 der Stellungnahme. In Nr. 101 fügt sie hinzu: „Zweifelsohne ist das Fehlen einer Vorabentscheidungskompetenz und eines Verwerfungsmonopols unseres Gerichtshofs à la Foto-Frost in Fragen der GASP aus integrationspolitischer Sicht höchst bedauerlich, weil auf diese Weise keine einheitliche Auslegung und Anwendung des Unionsrechts im Rahmen der GASP sichergestellt werden kann.“


38 – Vgl. Art. 21 Abs. 1 EUV.


39 – Art. 215 Abs. 1 AEUV impliziert, dass nach der in einem GASP-Beschluss vorgesehenen Aussetzung, Einschränkung oder vollständigen Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern auf der Grundlage dieses Artikels ein Rechtsakt des Rates erlassen wird, mit anderen Worten eine Intervention dessen, der vor dem Vertrag von Lissabon die „Gemeinschaftssäule“ war. In Art. 215 AEUV wird nämlich der Indikativ verwendet: „erlässt der Rat die erforderlichen Maßnahmen“.


40 – Hervorhebung nur hier.


41 – Hervorhebung nur hier.


42 – Urteil Busseni (C‑221/88, EU:C:1990:84, Rn. 14).


43 – Urteil Busseni (C‑221/88, EU:C:1990:84, Rn. 16).


44 – Wie es im Titel dieses Beschlusses heißt.


45 – Die Art. 4 und 4a des Beschlusses 2014/512 zielen auf den russischen Erdölsektor ab, indem sie für den unmittelbaren oder mittelbaren Verkauf sowie die unmittelbare oder mittelbare Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr von bestimmter Ausrüstung, die im Wesentlichen für die Exploration und Förderung von Erdöl in der Russischen Föderation geeignet ist, durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder vom Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten aus ein System der vorherigen Genehmigung und das Verbot der unmittelbaren oder mittelbaren Erbringung von akzessorischen Diensten, die für die Exploration und Förderung von Erdöl in der Russischen Föderation erforderlich sind, durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder vom Hoheitsgebiet von Mitgliedstaaten aus vorsehen.


46 – Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d und Abs. 3 des Beschlusses 2014/512 sieht für alle Finanzinstitute der Union das generelle Verbot vor, für die in Anhang III aufgeführten, in Russland niedergelassenen Organisationen, darunter Rosneft, eine Reihe von Kapitalmarktdienstleistungen zu erbringen.


47 – Art. 7 des Beschlusses 2014/512 sieht eine Klausel der Nichtentschädigung der Wirtschaftsteilnehmer vor, die in Abs. 1 Buchst. a u. a. auf die in Anhang III aufgeführten Organisationen, darunter Rosneft, abzielt.


48 – Urteil Gbagbo u. a./Rat (C‑478/11 P bis C‑482/11 P, EU:C:2013:258, Rn. 56). Vgl. in diesem Sinne auch Urteile Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 241 bis 244) und Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft (C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 99), in dem auf die Rn. 36 bis 38 des Urteils Manufacturing Support & Procurement Kala Naft/Rat (T‑509/10, EU:T:2012:201) verwiesen wird.


49 – Urteil Gbagbo u. a./Rat (C‑478/11 P bis C‑482/11 P, EU:C:2013:258, Rn. 57).


50 – ABl. L 195, S. 39.


51 – „Die Verbotsmaßnahmen nach Art. 4 des Beschlusses 2010/413 sind … Maßnahmen allgemeiner Art, da ihr Anwendungsbereich unter Zugrundelegung objektiver Kriterien, nicht aber unter Bezugnahme auf bestimmte natürliche oder juristische Personen bestimmt wird. Folglich ist, wie der Rat und die Kommission geltend machen, Art. 4 des Beschlusses 2010/413 kein Beschluss über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen im Sinne von Art. 275 Abs. 2 AEUV“ (Rn. 37).


52 – „(1) Der Verkauf, die Lieferung oder die Weitergabe von Schlüsselausrüstungen und ‑technologien durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder über das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder unter Benutzung von der Hoheitsgewalt der Mitgliedstaaten unterstehenden Schiffen oder Luftfahrzeugen ist unabhängig davon, ob sie ihren Ursprung im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten haben oder nicht, verboten, wenn sie für die folgenden Schlüsselbranchen der Öl- und Erdgasindustrie in Iran oder für iranische oder im Eigentum Irans stehende Unternehmen, die außerhalb Irans in diesen Branchen tätig sind, bestimmt sind:


      a) Raffination


      b) Flüssigerdgas


      c) Exploration


      d) Produktion.


      Die Union trifft die notwendigen Maßnahmen zur Festlegung der relevanten Artikel, die von dieser Vorschrift erfasst werden.


      (2) Es ist verboten, für Unternehmen in Iran, die in den in Absatz 1 genannten Schlüsselbranchen der iranischen Öl- und Erdgasindustrie tätig sind, oder für iranische oder im Eigentum Irans stehende Unternehmen, die außerhalb Irans in diesen Branchen tätig sind, Folgendes bereitzustellen:


      a) technische Hilfe oder Ausbildung und andere Dienstleistungen in Bezug auf Schlüsselausrüstungen und ‑technologien gemäß Absatz 1;


      b) Finanzmittel oder Finanzhilfen für den Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr von Schlüsselausrüstungen und ‑technologien gemäß Absatz 1 oder für die Erbringung damit verbundener technischer Hilfe oder Ausbildung.


      (3) Es ist verboten, wissentlich oder absichtlich an Tätigkeiten teilzunehmen, mit denen die Umgehung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Verbote bezweckt oder bewirkt wird.“


53 – Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 (ABl. L 281, S. 1).


54 – Vgl. auch Rn. 36 bis 38 des Urteils Manufacturing Support & Procurement Kala Naft/Rat (T‑509/10, EU:T:2012:201), in dem das Gericht angenommen hat, dass die betreffende Maßnahme keine restriktive Maßnahme gegenüber einer Person darstellt, weil darin keine bestimmten Organisationen genannt werden.


55 – Im Übrigen lassen sich Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 3 und Art. 31 Abs. 1 EUV nicht dahin auslegen, dass sie den Erlass von restriktiven Maßnahmen, die die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern vorsehen und per definitionem Maßnahmen von allgemeiner Tragweite darstellen, die auf objektiv bestimmte Tatbestände und generell auf eine abstrakt bestimmte Kategorie von Personen Anwendung finden, im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens vorschreiben. Eine solche Auslegung ließe sich nicht mit dem Wortlaut von Art. 215 Abs. 1 AEUV vereinbaren, nach dem „der Rat die erforderlichen Maßnahmen mit qualifizierter Mehrheit auf gemeinsamen Vorschlag des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Kommission [erlässt] [und] … hierüber das Europäische Parlament [unterrichtet].“ Das ist weder ein ordentliches noch ein besonderes Gesetzgebungsverfahren.


56 – Das ergibt sich aus der Beschreibung von Art. 215 AEUV als „Bindeglied zwischen dem mit wirtschaftlichen Sanktionen verbundenen Handeln der [Union] … und den Zielen des EU-Vertrags“ (Urteil Parlament/Rat, C‑130/10, EU:C:2012:472, Rn. 59). GASP-Rechtsakte, bei denen dieses „Bindeglied“ besteht, haben den AEU-Vertrag zu beachten.


57 – Vgl. Urteile Sison/Rat (C‑266/05 P, EU:C:2007:75, Rn. 33) und Rat/Manufacturing Support & Procurement Kala Naft (C‑348/12 P, EU:C:2013:776, Rn. 120).


58 – Vgl. Urteile Haegeman (181/73, EU:C:1974:41, Rn. 3 bis 6) zu dem am 9. Juli 1961 in Athen unterzeichneten, mit dem Beschluss 63/106/EWG des Rates vom 25. September 1961 (ABl. L 26, S. 293) im Namen der Gemeinschaft geschlossenen Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Griechenland, Demirel (12/86, EU:C:1987:400, Rn. 7) zu dem am 12. September 1963 in Ankara unterzeichneten, mit Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963 (ABl. 1964, Nr. 217, S. 3685) im Namen der Gemeinschaft geschlossenen Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, Andersson und Wåkerås-Andersson (C‑321/97, EU:C:1999:307, Rn. 26 und 27), Ospelt und Schlössle Weissenberg (C‑452/01, EU:C:2003:493, Rn. 27) und Établissements Rimbaud (C‑72/09, EU:C:2010:645, Rn. 19) zu dem am 2. Mai 1992 unterzeichneten, mit dem Beschluss 94/1/EGKS, EG des Rates und der Kommission vom 13. Dezember 1993 über den Abschluss des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten sowie der Republik Österreich, der Republik Finnland, der Republik Island, dem Fürstentum Liechtenstein, dem Königreich Norwegen, dem Königreich Schweden und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (ABl. 1994, L 1, S. 1) genehmigten Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. 1994, L 1, S. 3). Vgl. auch Nrn. 32 bis 35 meiner Schlussanträge in der Rechtssache SECIL (C‑464/14, EU:C:2016:52).


59 – Vgl. in diesem Sinne auch Urteil Rat u. a./Vereniging Milieudefensie und Stichting Stop Luchtverontreiniging Utrecht (C‑401/12 P bis C‑403/12 P, EU:C:2015:4, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).


60 – Urteil Kommission/Rusal Armenal (C‑21/14 P, EU:C:2015:494, Rn. 38). Vgl. in diesem Sinne auch Urteile Portugal/Rat (C‑149/96, EU:C:1999:574, Rn. 47), Van Parys (C‑377/02, EU:C:2005:121, Rn. 39) und LVP (C‑306/13, EU:C:2014:2465, Rn. 44).


61 – In Rn. 39 des Urteils Kommission/Rusal Armenal (C‑21/14 P, EU:C:2015:494) hat der Gerichtshof nämlich erläutert, warum die WTO-Übereinkommen nicht zu den Normen gehören, an denen er die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Unionsorgane misst: „[M]it der Annahme, dass es unmittelbare Aufgabe des Unionsrichters sei, die Vereinbarkeit des Unionsrechts mit den WTO-Regeln zu gewährleisten, [würde] letztlich den Legislativ- und Exekutivorganen der Union der Spielraum genommen …, über den die entsprechenden Organe der Handelspartner der Union verfügen. Unstreitig haben nämlich manche der Vertragsparteien, darunter die wichtigsten Handelspartner der Union, aus Inhalt und Zweck der WTO-Übereinkünfte gerade gefolgert, dass diese nicht zu den Normen gehören, an denen ihre Gerichte die Rechtmäßigkeit ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften messen. Würde ein solches Fehlen von Gegenseitigkeit hingenommen, bestünde die Gefahr, dass es hierdurch zu einem Ungleichgewicht bei der Anwendung der WTO‑Regeln kommt.“


62 – In Artikel I:1 des GATT ist die allgemeine Meistbegünstigung wie folgt definiert: „Alle Vorteile, Vergünstigungen, Vorrechte oder Befreiungen, die von einem Vertragspartner für ein Erzeugnis gewährt werden, das aus irgendeinem anderen Land stammt oder für irgendein anderes Land bestimmt ist, werden sofort und bedingungslos auch auf jedes gleichartige Erzeugnis ausgedehnt, das aus den Gebieten irgendwelcher anderer Vertragspartner stammt oder für sie bestimmt ist. Diese Bestimmung bezieht sich auf Zölle und andere Abgaben jeder Art, die die Einfuhr oder Ausfuhr belasten oder anlässlich der Einfuhr oder Ausfuhr erhoben werden, sowie auf diejenigen, die die zwischenstaatliche Überweisung von Geldmitteln zur Bezahlung der Einfuhr oder Ausfuhr belasten, auf die Art der Erhebung dieser Zölle, Steuern oder anderen Abgaben, auf die Gesamtheit der Vorschriften und Förmlichkeiten für die Einfuhr oder Ausfuhr sowie auf alle anderen Fragen, die in den Ziffern 2 und 4 des Artikels III behandelt werden.“


63 – Vgl. Rn. 20 bis 29 des Urteils Simutenkov (C‑265/03, EU:C:2005:213).


64 – Vgl. Nr. 79 meiner Schlussanträge in der Rechtssache SECIL (C‑464/14, EU:C:2016:52).


65 – Unter Durchfuhr durch das Hoheitsgebiet eines Staates versteht man die Beförderung durch das betreffende Gebiet mit oder ohne Umladung, mit oder ohne Einlagerung, mit oder ohne Anbrechung der Ladung, mit oder ohne Wechsel der Beförderungsart, die nur einen Teil eines Gesamtbeförderungsvorgangs darstellt, der außerhalb der Grenzen des Staates, durch dessen Gebiet die Durchfuhr stattfindet, begonnen wird und beendet wird. Vgl. in diesem Sinne Art. V:1 des GATT.


66 – Art. 3 Abs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014. Hervorhebung nur hier.


67 – Art. 3 Abs. 4 der Verordnung Nr. 833/2014. Hervorhebung nur hier.


68 – Abrufbar auf der Website der United Nations Statistics Division (http://unstats.un.org/unsd/cr/registry/regcs.asp?Cl=9&Lg=1&Co=8672). Die CPC‑Nummer („central product classification“) bezieht sich auf das internationale System der Klassifikation von Gütern unter der Schirmherrschaft der Organisation der Vereinten Nationen (UNO).


69 – Abrufbar auf der Website der United Nations Statistics Division (http://unstats.un.org/unsd/cr/registry/regcs.asp?Cl=9&Lg=1&Co=8676).


70 – Von den in CPC 86761 aufgeführten Dienstleistungen kommen allein in Betracht: „Dienstleistungen der Erprobung und Analyse der chemischen und biologischen Eigenschaften von Stoffen wie … Kraftstoffen“. Bohrungen, Bohrlochprüfungen, Bohrlochmessungen und Komplettierungsdienste oder die Lieferung spezialisierter schwimmender Plattformen fallen nicht darunter.


71 – Vgl. Art. 1 Abs. 2 Buchst. b bis d des Beschlusses 2014/512 und Art. 5 Abs. 2 Buchst. b bis d der Verordnung Nr. 833/2014.


72 – Vgl. Art. 1 Abs. 3 des Beschlusses 2014/512 und Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 833/2014.


73 – In dieser Rechtssache ging es auch um Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs, die gegen das am 17. Juli 1995 in Brüssel unterzeichnete, mit dem Beschluss 98/238/EG, EGKS des Rates und der Kommission vom 26. Januar 1998 im Namen der Europäischen Gemeinschaft und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (ABl. L 97, S. 1) genehmigte Europa–Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits und gegen das am 17. Juni 2002 in Luxemburg unterzeichnete, mit dem Beschluss 2006/356/EG des Rates vom 14. Februar 2006 (ABl. L 143, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigte Europa–Mittelmeer-Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Libanesischen Republik andererseits verstoßen.


74 – Achter Erwägungsgrund des Beschlusses 2014/512.


75 – Zweiter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 833/2014.


76 – Zweiter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 833/2014.


77 – Vgl. Website von Rosneft (http://www.rosneft.com/about/).


78 – Zweiter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 833/2014.


79 – In der französischen Sprachfassung – vergleichbar die rumänische – ist von einem „cas de guerre ou de grave tension internationale menaçant de déboucher sur un conflit armé“ die Rede, in der englischen – vergleichbar alle anderen und die russische – hingegen von „time of war or serious international tension constituting threat of war“. Hervorhebung nur hier.


80 – Erster Erwägungsgrund des Beschlusses 2014/512. In der mündlichen Verhandlung hat der Rat auf das von der Union 2014 mit der Ukraine geschlossene Assoziationsabkommen hingewiesen und darauf, dass auf die Ukraine die Europäische Nachbarschaftspolitik Anwendung finde. Er hat betont, dass die eine Kriegsgefahr darstellende internationale Spannung nicht unbedingt allein das Hoheitsgebiet der Union betreffen müsse. Es sei im Übrigen eindeutig erwiesen, dass im Hoheitsgebiet eines Nachbarstaats der Union ein Krieg geführt werde.


81 – Fünfter Erwägungsgrund des Beschlusses 2014/512.


82 – Erster Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 833/2014.


83 – Vgl. die vom UN-Sicherheitsrat erlassene Resolution 2166(2014), abrufbar auf der Website des UN-Sicherheitsrats (http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C‑8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_res_2166.pdf).


84 – Resolutionsentwürfe S/2014/189 und S/2015/562, abrufbar auf der Website des UN-Sicherheitsrats (http://www.securitycouncilreport.org/un-documents/ukraine/).


85 – „Daher wird es als angemessen erachtet, weitere restriktive Maßnahmen zu ergreifen, um die Kosten für die Handlungen Russlands zu erhöhen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben, und um eine friedliche Beilegung der Krise zu unterstützen.“


86 – „Ferner ist es angezeigt, Beschränkungen für den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr – sowohl unmittelbar als auch mittelbar – bestimmter Technologien für die Ölindustrie in Russland anzuwenden, und zwar in Form des Erfordernisses einer vorherigen Genehmigung.“


87 – Siehe Fn. 85.


88 – „Es ist zudem angezeigt, für bestimmte Finanzinstitute, mit Ausnahme von durch zwischenstaatliche Übereinkünfte mit Russland als einem der Anteilseigner errichteten, in Russland angesiedelten Instituten mit internationalem Status, den Zugang zu den Kapitalmärkten zu beschränken.“


89 – Siehe Nr. 147 der vorliegenden Schlussanträge. Wie aus ihren Bilanzen für das Jahr 2013 hervorgeht, zahlte Rosneft ihren Aktionären Dividenden in Höhe von 85 Mrd. russischen Rubeln und entrichtete in Russland mehr als 1 Mrd. russische Rubel Steuern (ohne Einkommensteuer) (vgl. Website von Rosneft, http://www.rosneft.com/attach/0/02/90/Rosneft_FS_2013_ENG_SIGNED_FINAL.pdf).


90 – Vgl. Art. 5 Abs. 2 Buchst. b und Anhang VI der Verordnung Nr. 833/2014.


91 – Nach den Angaben des Präsidenten Wladimir W. Putin betrugen die Einnahmen des Haushalts der russischen Föderation aus der Erdölindustrie 2013 etwa 191 bis 194 Mrd. US-Dollar (vgl. http://rbth.com/news/2014/04/17/russia_had_revenues_of_191-194_bln_from_oil_28_bln_from_gas_in_2013_-_pu_35970.html).


92 – Zweiter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 833/2014. Hervorhebung nur hier.


93 – Siehe Nrn. 82 bis 85 der vorliegenden Schlussanträge.


94 – ABl. L 145, S. 43.


95 – In den Systemen des „civil law“ hat jede Partei ihre Beweise beizubringen, während in den Systemen des „common law“ eine Partei die andere unter der Kontrolle des Gerichts zur Vorlage von Dokumenten auffordern kann („request for document production“).


96 – Beispielsweise können die Unionsorgane nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a dieser Verordnung den Zugang zu einem Dokument verweigern, durch dessen Verbreitung der Schutz des öffentlichen Interesses im Hinblick auf die internationalen Beziehungen beeinträchtigt würde (was dem Begriff „Crown privilege“ oder „public-interest immunity“ entspricht). Bei einem „document-discovery“-Verfahren hingegen könnte ein Gericht bei einem solchen Dokument die Vorlage unter Wahrung der Vertraulichkeit anordnen, sofern es für den Schutz der Rechte der Partei, die die Vorlage beantragt, erforderlich ist.


97 – Rn. 17. Vgl. in diesem Sinne auch Urteile Nachi Europe (C‑239/99, EU:C:2001:101, Rn. 29 und 30) und National Farmers’ Union (C‑241/01, EU:C:2002:604, Rn. 26).


98 – Vgl. Urteile Accrington Beef u. a. (C‑241/95, EU:C:1996:496, Rn. 15), Nachi Europe (C‑239/99, EU:C:2001:101, Rn. 40) sowie Bavaria und Bavaria Italia (C‑343/07, EU:C:2009:415, Rn. 40).


99 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Pfleiderer (C‑360/09, EU:C:2011:389, Rn. 24, 30 und 31).


100 – Urteil National Farmers’ Union u. a. (C‑354/95, EU:C:1997:379, Rn. 61). Vgl. in diesem Sinne auch Urteile SCAC (C‑56/94, EU:C:1995:209, Rn. 27) und Garcia Avello (C‑148/02, EU:C:2003:539, Rn. 31).


101 – Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a und Art. 3a des Beschlusses 2014/512 und Art. 2a, Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 833/2014.


102 – Hervorhebung nur hier.


103 – Vgl. auch die Erwägungsgründe 4 und 5 dieser Verordnung und den achten Erwägungsgrund des Beschlusses 2014/512.


104 – Urteil Dalmine/Kommission (C‑407/04 P, EU:C:2007:53, Rn. 99). Vgl. in diesem Sinne auch Rn. 50 des Urteils Bank Melli Iran/Rat (T‑390/08, EU:T:2009:401), bestätigt in Rn. 74 des Urteils Bank Melli Iran/Rat (C‑548/09 P, EU:C:2011:735).


105 – Commission staff working document on the movement of capital and the freedom of payments (5. März 2015) 6902/15 – SWD(2015) 58 final, abrufbar auf der Website des Rates unter: http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST‑6902-2015-INIT/en/pdf.


106 – Ebd., S. 36: „These measures aim to cut strategic state-owned Russian companies off from EU and international financing sources, thus imposing an indirect financial cost to the state and limiting their ability to grow in the future.“ Eigene Übersetzung.


107 – Hervorhebung nur hier.


108 – Zweiter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 833/2014.


109 – Rn. 296 des Urteils Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (C‑402/05 P und C‑415/05 P, EU:C:2008:461).


110 – Hervorhebung nur hier.


111 – Siehe Nr. 85 der vorliegenden Schlussanträge.


112 – Siehe Nr. 72 der vorliegenden Schlussanträge.


113 – „gestützt auf den [AEU-Vertrag], insbesondere auf Artikel 215,


      gestützt auf den Beschluss [2014/512] …


      …“


114 – Hervorhebung nur hier.


115 – Hervorhebung nur hier.


116 – Vgl. in diesem Sinne auch Urteil Bosphorus (C‑84/95, EU:C:1996:312, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).


117 – Vgl. in diesem Sinne auch Urteil Bank Melli Iran/Rat (C‑548/09 P, EU:C:2011:735, Rn. 114).


118 – In Nr. 25 der vorliegenden Schlussanträge angeführte nationale Rechtsvorschriften mit Strafsanktionen wegen Verstoßes gegen die Vorschriften der Verordnung Nr. 833/2014.


119 – Im Unionsrecht seit Langem anerkannt (vgl. Urteil Racke, 98/78, EU:C:1979:14, Rn. 20).


120 – Siehe Nr. 127 der vorliegenden Schlussanträge.


121 – Vgl. Art. 1 Abs. 2 Buchst. a: „An offence may be committed under this Order … in the United Kingdom by any person.“ Und Art. 4 Abs. 2: „A person commits an offence and may be arrested if that person … is concerned in an activity … for which EU authorisation is required.“


122 – Art. 3 Abs. 3 Buchst. a und Art. 3a Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 833/2014. Rosneft meint, es gebe ausgedehnte Wasserbereiche, in denen die Wassertiefe erheblich schwanke, so dass das Wasser an einigen Stellen mehr, an anderen weniger als 150 Meter tief sei. Die Verordnung Nr. 833/2014 bestimme auch nicht den Punkt, ab dem die 150 Meter zu messen seien, und ob es verboten sei, an einer Stelle, an der das Wasser weniger als 150 Meter tief sei, vertikal zu bohren und dann nach außen im Gestein zu einem Punkt zu bohren, der in Tiefen von mehr als 150 Metern unter Wasser liege.


123 – Art. 3 Abs. 3 Buchst. c und Art. 3a Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 833/2014. Rosneft meint, es bestehe unter Geologen, aber auch sonst, keine Einigkeit über die Definition von Ton- und Schiefergestein, und die Verordnung Nr. 833/2014 enthalte keine solche Definition.


124 – Art. 4 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 833/2014. Rosneft meint, es gebe weder innerhalb der UNO noch innerhalb der Union eine Definition des Begriffs der Finanzhilfe, und die Verordnung Nr. 833/2014 enthalte keine solche Definition.


125 – Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 833/2014. Rosneft meint, es sei nicht ersichtlich, ob diese Vorschrift die Begebung nach dem 12. September 2014 von GDR, die vor diesem Zeitpunkt begebene Aktien repräsentierten, verbiete. Zu einer umfassenden Definition der GDR siehe Fn. 133 der vorliegenden Schlussanträge.


126 – Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 219).


127 – R (OJSC Rosneft Oil Company) v Her Majesty’s Treasury and ors [2015] EWHC 248 (Admin), Rn. 53. Anders als in dem theoretischen Fall, den ich in Nr. 62 meiner Schlussanträge in der Rechtssache Stichting Woonpunt u. a./Kommission (C‑132/12 P, EU:C:2013:335) kritisiert habe, dürfte eine solche Möglichkeit im vorliegenden Fall auch tatsächlich bestehen.


128 – Der Rat hat sich zu der auf Frage 3 zu gebenden Antwort nicht geäußert.


129 – Vgl. u. a. Art. 2 Buchst. b und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 314/2004 des Rates vom 19. Februar 2004 über bestimmte restriktive Maßnahmen gegenüber Simbabwe (ABl. L 55, S. 1) in geänderter Fassung sowie Art. 2 Buchst. b und Art. 3 der Verordnung (EU) Nr. 747/2014 des Rates vom 10. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Sudan und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 131/2004 und (EG) Nr. 1184/2005 (ABl. L 203, S. 1).


130 – C(2014) 9950 final.


131 – Ebd., S. 2.


132 – Ebd., S. 3.


133 – GDR sind Zertifikate, die das Halten einer bestimmten Zahl von Aktien einer Gesellschaft repräsentieren. Wegen ihrer Übertragbarkeit handelt es sich bei den Zertifikaten um selbständige Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt notiert und gehandelt werden können, unabhängig von den zugrunde liegenden Aktien, die getrennt auf einem ausländischen Markt notiert werden können. Begeben werden GDR von Verwahrern (oft Investmentbanken) auf der Grundlage eines Depotvertrags mit den Emittenten der zugrunde liegenden Aktien.


134 – Hervorhebung nur hier.


135 – Vgl. in diesem Sinne auch den Leitfaden der Kommission vom 16. Dezember 2014 für die Anwendung bestimmter Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 (C[2014] 9950 final, S. 7).


136 – Die übrigen Parteien und Beteiligten des Ausgangsverfahrens haben hierzu nicht Stellung genommen.


137 – R (OJSC Rosneft Oil Company) v Her Majesty’s Treasury and ors [2015] EWHC 248 (Admin), Rn. 53.