Language of document : ECLI:EU:C:2004:448

Sommaires

Rechtssache C-345/02


Pearle BV u. a.
gegen
Hoofdbedrijfschap Ambachten



(Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden)

„Staatliche Beihilfen – Begriff der Beihilfe – Kollektive Werbekampagnen zugunsten eines Wirtschaftszweigs – Finanzierung durch eine Sonderabgabe zu Lasten der Unternehmen dieses Zweiges – Tätigwerden einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung“


Leitsätze des Urteils

1.
Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Anmeldung bei der Kommission – Umfang der Verpflichtung – Anmeldung, die aufgrund ihrer Auswirkung auf die Zulässigkeit der Beihilfe die Finanzierungsweise enthalten muss

(EG-Vertrag, Artikel 93 [jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG])

2.
Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Gewährung einer Beihilfe unter Verstoß gegen das in Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG) enthaltene Verbot – Verpflichtung der nationalen Gerichte, die Rechte des Einzelnen zu schützen – Zuständigkeit für die Auslegung des Beihilfebegriffs

(EG-Vertrag, Artikel 92 Absatz 1 [jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG] und Artikel 93 Absatz 3 [jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG])

3.
Staatliche Beihilfen – Begriff – Regelungen, die ein öffentlich-rechtlicher Berufsverband zum Zweck der Finanzierung einer Werbekampagne durch bei seinen Mitgliedern erhobene und für die Finanzierung dieser Kampagne zweckgebundene Mittel erlässt – Ausschluss

(EG-Vertrag, Artikel 92 Absatz 1 [nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG] und Artikel 93 Absatz 3 [jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG])

1.
Die Untersuchung einer staatlichen Beihilfemaßnahme durch die Kommission muss auch die Finanzierungsweise der Beihilfe berücksichtigen, wenn sie, insbesondere in Gestalt von Zwangsbeiträgen, Bestandteil der Maßnahme ist. In einem solchen Fall muss sich die Anmeldung der Beihilfe nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG) auch auf die Finanzierungsweise der Beihilfe beziehen, damit die Kommission ihre Prüfung auf der Grundlage umfassender Informationen durchführen kann. Andernfalls wäre nicht auszuschließen, dass die Kommission eine Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt, die sie nicht für vereinbar erklärt hätte, wenn ihr deren Finanzierungsweise bekannt gewesen wäre.

(vgl. Randnrn. 29-30)

2.
Es ist Sache der nationalen Gerichte, die Rechte des Einzelnen dagegen zu schützen, dass die Verpflichtungen, die sich für die Mitgliedstaaten aus Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG) ergeben, durch die nationalen Behörden verletzt werden. Um feststellen zu können, ob eine staatliche Maßnahme unter Verstoß gegen diese Bestimmung eingeführt wurde, kann es für ein nationales Gericht erforderlich werden, den Beihilfebegriff nach Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG) auszulegen.

(vgl. Randnr. 31)

3.
Die Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG) und 93 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG) sind dahin auszulegen, dass Satzungen, die ein öffentlich-rechtlicher Berufsverband erlässt, um eine zugunsten seiner Mitglieder organisierte und von ihnen beschlossene Werbekampagne durch bei diesen Mitgliedern erhobene und für die Finanzierung dieser Kampagne zweckgebundene Mittel zu finanzieren, nicht Bestandteil einer Beihilfemaßnahme im Sinne dieser Bestimmungen sind und bei der Kommission nicht vorher angemeldet werden müssen, wenn feststeht, dass diese Finanzierung mit Mitteln erfolgt ist, über die der öffentlich-rechtliche Berufsverband zu keinem Zeitpunkt frei verfügen konnte.

(vgl. Randnr. 41 und Tenor)