Rechtssachen T‑778/16 und T‑892/16
Irland u. a.
gegen
Europäische Kommission
Urteil des Gerichts (Siebte erweiterte Kammer) vom 15. Juli 2020
„Staatliche Beihilfen – Von Irland durchgeführte Beihilfe – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar und für rechtswidrig erklärt und mit dem ihre Rückforderung angeordnet wird – Steuervorbescheide (tax rulings) – Selektive Steuervergünstigungen – Fremdvergleichsgrundsatz“
1. Staatliche Beihilfen – Begriff – Maßnahme des Staates in Bereichen, die in der Europäischen Union nicht harmonisiert sind – Direkte Besteuerung – Einbeziehung – Bestimmung der Besteuerungsgrundlage und Verteilung der Steuerbelastung – Befugnisse der Mitgliedstaaten – Grenzen – Befugnisse der Kommission
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 105-109)
2. Staatliche Beihilfen – Begriff – Vorliegen eines Vorteils – Maßnahme einer steuerlichen Vergünstigung – Beurteilungskriterien
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 110-111, 115)
3. Staatliche Beihilfen – Begriff – Steuerliche Maßnahmen – Gemeinsame Prüfung der Kriterien der Selektivität und des wirtschaftlichen Vorteils – Zulässigkeit
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 134-138)
4. Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Vorteil – Steuervorbescheide (tax rulings) – Referenzsystem zur Bestimmung des Vorliegens eines Vorteils – Sachliche Abgrenzung – Kriterien – Ermittlung der allgemeinen oder „normalen“ Steuerregelung – Allgemeine Körperschaftsteuerregelung mit dem Ziel der Besteuerung der steuerbaren Gewinne gebietsansässiger oder gebietsfremder Unternehmen, die Tätigkeiten im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats ausüben
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 149-163)
5. Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Vorteil – Steuervorbescheide (tax rulings) – Bestimmung der steuerbaren Gewinne – Beschluss der Kommission, mit dem Gewinne aus Handelsgeschäften, die mit geistigem Eigentum erzielt werden, im Wege eines Ausschlussverfahrens Zweigniederlassungen gebietsfremder Unternehmen zugewiesen werden – Fehlerhafte Beurteilung des nationalen Steuerrechts
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 174-187, 361-362)
6. Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Vorteil – Steuervorbescheide (tax rulings) – Bestimmung der Besteuerungsgrundlage und Verteilung der Steuerbelastung – Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes – Reichweite
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 221-224)
7. Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Vorteil – Steuervorbescheide (tax rulings) – Zuweisung der Gewinne an die Zweigniederlassung eines gebietsfremden Unternehmens – Möglichkeit, sich auf das zulässige Konzept der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu stützen – Zulässigkeit – Voraussetzungen
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 235-239, 323-324)
8. Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Vorteil – Steuervorbescheide (tax rulings) – Prüfung der gebilligten Gewinnzuweisungsmethode im Hinblick auf den Fremdvergleichsgrundsatz – Festgestellte methodische Fehler, die nicht zwangsläufig zu einer steuerlichen Vergünstigung führen
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 319, 332-333, 348-350, 416, 434-435, 479-480)
9. Staatliche Beihilfen – Begriff – Selektiver Charakter der Maßnahme – Abweichung vom allgemeinen Steuersystem – Allgemeine Maßnahme, die unterschiedslos für alle Wirtschaftsteilnehmer gilt – Vermeintliches Ermessen bei der umfangreichen Gewährung des Steuervorteils – Durch objektive Kriterien begrenzter Ermessensspielraum der Behörden
(Art. 107 Abs. 1 AEUV)
(vgl. Rn. 496-499)
Zusammenfassung
Am 11. Juni 2014 eröffnete die Europäische Kommission wegen der Steuervorbescheide, die von der irischen Finanzverwaltung bezüglich des den irischen Zweigniederlassungen der Apple Sales International (ASI) und der Apple Operations Europe (AOE) zugewiesenen steuerbaren Gewinns erlassen worden waren, ein förmliches Prüfverfahren mit der Begründung, diese Bescheide stellten möglicherweise eine staatliche Beihilfe dar. ASI und AOE, Tochtergesellschaften des Apple-Konzerns(1), sind außerhalb Irlands verwaltete und kontrollierte Gesellschaften irischen Rechts, die keine in Irland steueransässigen Unternehmen sind, die irische Zweigstellen errichteten(2).
Nach Abschluss ihrer Untersuchung gelangte die Kommission mit Beschluss vom 30. August 2016(3) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) zu dem Ergebnis, dass die von den irischen Steuerbehörden erlassenen Steuervorbescheide rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen seien, die von ASI und AOE zurückzufordern seien. Um in Bezug auf das Kriterium des selektiven Vorteils zu diesem Ergebnis zu gelangen, zog die Kommission drei verschiedene Argumentationslinien (Haupt‑, ergänzende und alternative Argumente) heran, mit denen nachgewiesen werden sollte, dass ASI und AOE aufgrund der streitigen Steuervorbescheide während deren Geltungsdauer, d. h. zwischen 1991 und 2014, ihre Steuerschuld in Irland hätten reduzieren können.
Befasst mit den Klagen Irlands, der ASI und der AOE hat das Gericht den angefochtenen Beschluss für nichtig erklärt. Dieses Urteil, das an andere Rechtssachen betreffend Steuervorbescheide (tax rulings) anknüpft(4), enthält Klarstellungen zum Kriterium der Selektivität von Beihilfemaßnahmen, wenn die Mitgliedstaaten derartige Bescheide erlassen.
In seinem Urteil hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der direkten Besteuerung, auch wenn sie in der Union nicht harmonisierte Fragen betreffen, vom Anwendungsbereich der Regelung über die Kontrolle staatlicher Beihilfen nicht ausgenommen sind. Da die Kommission die Einhaltung dieser Regelung überwachen darf, kann ihr nicht vorgeworfen werden, sie habe ihre Befugnisse überschritten, als sie prüfte, ob die irische Steuerverwaltung mit dem Erlass der streitigen Steuervorbescheide ASI und AOE eine steuerliche Vergünstigung gewährt hatte, weil sie ihnen erlaubt hatte, ihren steuerbaren Gewinn gegenüber dem anderer steuerpflichtiger Unternehmen, die sich in einer vergleichbaren Lage befanden, zu reduzieren. Bei der Wahrnehmung dieser Befugnisse durch die Kommission fällt bei steuerlichen Maßnahmen die Prüfung des Vorteils mit der Prüfung der Selektivität zusammen, da diese beiden Kriterien den Nachweis verlangen, dass die beanstandete steuerliche Maßnahme zu einer Verringerung des Steuerbetrags führt, den der durch diese Maßnahme Begünstigte normalerweise nach der allgemeinen – d. h. für die anderen in derselben Situation befindlichen Steuerpflichtigen geltenden – steuerrechtlichen Regelung hätte zahlen müssen.
Im vorliegenden Fall hat das Gericht entschieden, dass es der Kommission nicht gelungen ist, das Vorliegen eines selektiven Vorteils nachzuweisen, der zu einer Senkung der von ASI und AOE in Irland zu entrichtenden Körperschaftsteuer führte. Jede Argumentationslinie der Kommission ist insoweit mit Fehlern behaftet, die folglich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses beeinträchtigten.
Als Erstes hat das Gericht, was die Hauptargumentation der Kommission anbelangt, diese in Bezug auf die Bestimmung des Bezugsrahmens, die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes und das zulässige OECD-Konzept(5) bestätigt.
Erstens hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission bei der Bestimmung des Bezugsrahmens für die Prüfung des Kriteriums des selektiven Vorteils keinen Fehler begangen habe. Dieser besteht aus dem allgemeinen Körperschaftsteuersystem, mit dem das Ziel verfolgt wird, die steuerbaren Gewinne von Unternehmen, die eine Tätigkeit in Irland ausüben, unabhängig davon zu besteuern, ob sie gebietsansässig oder gebietsfremd, integriert oder eigenständig sind. Abgesehen von der Besteuerung gebietsansässiger Unternehmen sieht das irische Steuerrecht nämlich vor, dass gebietsfremde Unternehmen in Irland nicht steuerpflichtig sind, es sei denn, sie betreiben dort über eine Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle ein Handelsgeschäft, wobei sie in diesem Fall für alle Einkünfte aus dem Handelsgeschäft, die direkt oder indirekt über die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle erzielt werden, für alle Einkünfte aus Vermögen und Rechten, die von der Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle genutzt oder von einer solchen bzw. für eine solche gehalten werden, sowie für die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle zurechenbare steuerbare Kapitalerträge steuerpflichtig sind(6). Daher befinden sich gebietsansässige Unternehmen und gebietsfremde Unternehmen, die über eine Zweigniederlassung in Irland Handelsgeschäfte betreiben, im Hinblick auf das mit dem irischen Steuersystem verfolgte Ziel, nämlich die Besteuerung der steuerbaren Gewinne, in einer vergleichbaren Lage.
Zweitens hat das Gericht entschieden, dass die Kommission, da der Gewinn aus den Handelsgeschäften einer Zweigniederlassung eines gebietsfremden Unternehmens nach irischem Steuerrecht so besteuert werden soll, als würde er nach Marktbedingungen ermittelt, zu Recht auf den Fremdvergleichsgrundsatz abgestellt hat, um zu prüfen, ob ein Steuervorteil vorliegt, auch wenn dieser Grundsatz nicht Gegenstand einer förmlichen Einbeziehung in irisches Recht gewesen ist. Die Anwendung dieses Grundsatzes ermöglicht es der Kommission, im Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse nach Art. 107 Abs. 1 AEUV zu überprüfen, ob der zu versteuernde Gewinn einer Zweigniederlassung eines gebietsfremden Unternehmens körperschaftsteuerrechtlich dergestalt ermittelt wird, dass gebietsfremde Unternehmen, die über eine Zweigniederlassung in Irland tätig sind, gegenüber gebietsansässigen eigenständigen Unternehmen nicht begünstigt werden, deren steuerbarer Gewinn Preise widerspiegelt, die auf dem Markt gebildet und fremdvergleichskonform ausgehandelt worden sind. Zur Reichweite des Fremdvergleichsgrundsatzes im Rahmen der Kontrolle staatlicher Beihilfen hat das Gericht darauf hingewiesen, dass dieser Grundsatz zwar im vorliegenden Fall ein Instrument darstellt, um zu prüfen, ob ein Steuervorteil vorliegt, die Kommission jedoch nicht geltend machen kann, dass eine eigenständige Pflicht bestehe, nach der die Mitgliedstaaten diesen Grundsatz horizontal und in allen Bereichen ihres nationalen Steuerrechts anzuwenden hätten. Mangels einer Unionsregelung über die Bestimmung der Besteuerungsgrundlagen und die Verteilung der Steuerbelastung auf die unterschiedlichen Produktionsfaktoren und Wirtschaftssektoren ist die Kommission beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Unionsrechts nämlich nicht befugt, eigenständig die sogenannte „normale“ Besteuerung eines integrierten Unternehmens ohne Rücksicht auf das nationale Steuerrecht zu bestimmen.
Drittens hat das Gericht entschieden, dass sich die Kommission im Wesentlichen auf das zulässige OECD-Konzept(7) stützen durfte, als sie die Auffassung vertrat, bei der Anwendung der Bestimmungen des irischen Steuerrechts habe die Zuweisung der Gewinne an die irische Zweigniederlassung eines gebietsfremden Unternehmens anhand der Aufteilung der Vermögenswerte, Funktionen und Risiken zwischen der Zweigniederlassung und den anderen Teilen dieses Unternehmens zu erfolgen. Im angefochtenen Beschluss wandte die Kommission nämlich zwar weder unmittelbar die Bestimmungen des OECD-Musterabkommens noch die Leitlinien der OECD zur Gewinnzuweisung bzw. zu Verrechnungspreisen an, sie stützte sich jedoch im Wesentlichen auf das zulässige OECD-Konzept. Hierzu hat das Gericht festgestellt, dass sich, auch wenn dieses zulässige OECD-Konzept nicht in das irische Steuerrecht übernommen wurde, die funktions- sowie sachverhaltsbezogene Analyse, die auf der ersten Stufe der im Rahmen dieses Konzepts vorgeschlagenen Prüfung vorgenommen wird, und die Anwendung der Bestimmungen des irischen Steuerrechts über gebietsfremde Unternehmen im Kern überschneiden.
Dagegen hat das Gericht festgestellt, dass der Kommission bei der Anwendung der Bestimmungen des irischen Steuerrechts über gebietsfremde Unternehmen Fehler unterlaufen sind. Nach diesen Bestimmungen können nämlich Gewinne aus von einem gebietsfremden Unternehmen kontrollierten Vermögenswerten, wie Lizenzen des geistigen Eigentums, nicht per se als der irischen Zweigniederlassung dieses Unternehmens zurechenbare Gewinne behandelt werden, selbst wenn die Vermögenswerte dieser Zweigniederlassung zur Verfügung gestellt wurden. Für die Ermittlung der Gewinne der Zweigniederlassung kommt es darauf an, ob diese irische Zweigniederlassung die betreffenden Vermögenswerte kontrolliert. Das Gericht hat festgestellt, dass aber mit der Annahme, dass die Lizenzen des geistigen Eigentums des Apple-Konzerns den irischen Zweigniederlassungen hätten zugewiesen werden müssen, da die Unternehmen ASI und AOE weder über die Mitarbeiter noch über die physische Präsenz verfügten, um deren Verwaltung sicherzustellen, die Kommission die Gewinne im Wege eines „Ausschlussverfahrens“ zuteilte, das mit den Bestimmungen des irischen Steuerrechts über gebietsfremde Unternehmen unvereinbar ist. Außerdem konnte, so das Gericht, die Kommission bei ihren Beurteilungen zu den Tätigkeiten innerhalb des Apple-Konzerns nicht nachweisen, dass in Anbetracht der von den irischen ASI- und AOE‑Zweigniederlassungen tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten und Funktionen sowie der außerhalb dieser Zweigniederlassungen getroffenen und implementierten strategischen Entscheidungen die Lizenzen des geistigen Eigentums des Apple-Konzerns bei der Ermittlung der in Irland jährlich zu versteuernden Gewinne von ASI und AOE diesen irischen Zweigniederlassungen hätten zugewiesen werden müssen. Daher hat das Gericht entschieden, dass es der Kommission im Rahmen ihrer Hauptargumentation nicht gelungen ist, nachzuweisen, dass die irischen Steuerbehörden mit dem Erlass der Steuervorbescheide ASI und AOE einen Vorteil gewährt hätten.
Als Zweites ist das Gericht hinsichtlich der ergänzenden Argumente zu demselben Ergebnis gelangt, wonach die mit den Steuervorbescheiden gebilligten Gewinnzuweisungsmethoden zu einem Ergebnis führten, das von einer verlässlichen Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz abweicht. In seiner Begründung betonte das Gericht, dass die Missachtung methodischer Vorgaben insbesondere im Rahmen der OECD-Verrechnungspreisleitlinien allein kein hinreichender Grund für die Annahme ist, dass der errechnete Gewinn keine verlässliche Annäherung an ein marktbasiertes Ergebnis darstellt, geschweige denn, dass der errechnete Gewinn unter dem Gewinn liegt, der hätte erzielt werden müssen, wenn die Verrechnungspreismethode korrekt angewandt worden wäre. Somit genügt die bloße Feststellung eines methodischen Fehlers allein nicht für den Nachweis, dass die streitigen steuerlichen Maßnahmen den durch sie Begünstigten einen Vorteil verschafft hätten. Die Kommission muss nämlich noch nachweisen, dass die festgestellten methodischen Fehler eine Senkung des zu versteuernden Gewinns und somit der Steuerlast der Begünstigten im Vergleich zu der Steuerlast bewirkt haben, die sie ohne die fraglichen steuerlichen Maßnahmen nach normalem nationalen Steuerrecht zu tragen gehabt hätten.
Insoweit hat das Gericht zwar festgestellt, dass die Steuervorbescheide wegen der Fehlerhaftigkeit der Methoden zur Berechnung der steuerpflichtigen Gewinne von ASI und AOE lückenhaft und stellenweise widersprüchlich sind. Es hat jedoch entschieden, dass der Kommission nicht der Nachweis gelungen ist, dass die methodischen Fehler, die sie in Bezug auf die mit den Steuervorbescheiden gebilligten Gewinnzuweisungsmethoden rügte, die insbesondere die Wahl der Betriebskosten als Gewinnindikator und die Höhe der mit den Steuervorbescheiden akzeptierten Vergütung betrafen, zu einer Verringerung der von ASI und AOE in Irland zu versteuernden Gewinne geführt hatten.
Als Drittes schließlich hat das Gericht zur alternativen Argumentation insbesondere entschieden, dass die Kommission, da es ihr weder mit ihrer Haupt- noch mit ihrer ergänzenden Argumentation gelungen ist, das Vorliegen eines Vorteils darzutun, mit ihrer alternativen Argumentation allein das Vorliegen eines selektiven Vorteils nicht nachweisen konnte. Selbst wenn nämlich erwiesen sein sollte, so das Gericht, dass der Finanzverwaltung ein Ermessen zustand, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass das Ermessen dergestalt ausgeübt worden wäre, dass die Steuerlast des durch den Steuervorbescheid Begünstigten im Vergleich zu seiner normalen Steuerlast verringert wurde. Jedenfalls ist der Kommission nicht der Nachweis gelungen, dass die irischen Steuerbehörden ein weites Ermessen ausgeübt hätten, das ASI und AOE begünstigte. Insoweit hat das Gericht, um das Vorbringen der Kommission zurückzuweisen, dass bei der Anwendung der Steuervorschriften durch die irischen Behörden keine einheitlichen Kriterien zur Ermittlung der Gewinnzuweisung an irische Zweigniederlassungen gebietsfremder Unternehmen verwendet würden, hervorgehoben, dass die Anwendung dieser Bestimmungen eine objektive Prüfung des Sachverhalts erfordert, die im Wesentlichen der im zulässigen OECD-Konzept vorgesehenen Analyse entspricht. Außerdem hat das Gericht darauf hingewiesen, dass die methodologischen Mängel, die bei der Berechnung der steuerpflichtigen Gewinne von ASI und AOE festgestellt wurden, allein kein hinreichender Beweis dafür sind, dass die Steuervorbescheide von der irischen Finanzverwaltung in Ausübung eines weiten Ermessens erlassen wurden.