Language of document : ECLI:EU:T:2013:455

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

16. September 2013(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer und österreichischer Markt für Badezimmerausstattungen – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR‑Abkommen festgestellt wird – Koordinierung von Preiserhöhungen und Austausch sensibler Geschäftsinformationen – Einheitliche Zuwiderhandlung – Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung – Beweis – Geldbußen – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006 – Rückwirkungsverbot – Angemessene Frist“

In den verbundenen Rechtssachen T‑373/10, T‑374/10, T‑382/10 und T‑402/10

Villeroy & Boch Austria GmbH mit Sitz in Mondsee (Österreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Reidlinger, S. Dethof, M. Klusmann und K. Blau-Hansen,

Klägerin in der Rechtssache T‑373/10,

Villeroy & Boch AG mit Sitz in Mettlach (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt M. Klusmann und Professor S. Thomas,

Klägerin in der Rechtssache T‑374/10,

Villeroy et Boch SAS mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Philippe und K. Blau-Hansen sowie A. Villette, Solicitor,

Klägerin in der Rechtssache T‑382/10,

Villeroy & Boch − Belgium mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte O. W. Brouwer, J. Blockx und N. Lorjé,

Klägerin in der Rechtssache T‑402/10,

gegen

Europäische Kommission, in der Rechtssache T‑373/10 vertreten durch F. Castillo de la Torre, R. Sauer und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte G. van der Wal und M. van Heezik, in der Rechtssache T‑374/10 durch A. Antoniadis, R. Sauer und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte, in der Rechtssache T‑382/10 durch F. Castillo de la Torre, F. Ronkes Agerbeek und N. von Lingen als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte G. van der Wal und M. van Heezik und in der Rechtssache T‑402/10 durch F. Castillo de la Torre und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte G. van der Wal und M. van Heezik,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses K(2010) 4185 endg. der Kommission vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39092 – Badezimmerausstattungen), soweit er die Klägerinnen betrifft, hilfsweise Herabsetzung der gegen diese verhängten Geldbußen

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters M. van der Woude,

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2013

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Mit dem Beschluss K(2010) 4185 endg. vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39092 – Badezimmerausstattungen) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) stellte die Europäische Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im Badezimmerausstattungssektor fest. Diese Zuwiderhandlung, an der 17 Unternehmen beteiligt gewesen seien, habe in verschiedenen Zeiträumen zwischen dem 16. Oktober 1992 und dem 9. November 2004 in Form eines Bündels wettbewerbswidriger Vereinbarungen oder abgestimmter Verhaltensweisen in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich stattgefunden (Randnrn. 2 und 3 sowie Art. 1 des angefochtenen Beschlusses).

2        Genauer führte die Kommission in dem angefochtenen Beschluss aus, die festgestellte Zuwiderhandlung habe erstens die Koordinierung jährlicher Preiserhöhungen und weiterer Preisgestaltungselemente durch die genannten Hersteller von Badezimmerausstattungen im Rahmen regelmäßiger Treffen nationaler Verbände, zweitens die Festsetzung oder Koordinierung der Preise bei besonderen Anlässen wie dem Anstieg der Rohstoffkosten, der Einführung des Euro oder der Einführung einer Straßenmaut sowie drittens die Offenlegung und den Austausch sensibler Geschäftsinformationen umfasst (Randnrn. 152 bis 163 des angefochtenen Beschlusses). Außerdem stellte sie fest, dass die Preise im Badezimmerausstattungssektor in jährlichen Runden festgesetzt worden seien. In diesem Rahmen hätten die Hersteller ihre Preislisten beschlossen, die üblicherweise ein Jahr lang gegolten hätten und bei Verkäufen an Großhändler zugrunde gelegt worden seien (Randnrn. 152 bis 163 des angefochtenen Beschlusses).

3        Die von dem Kartell betroffenen Produkte sind Badezimmerausstattungen, die zu einer der drei folgenden Produktuntergruppen gehören: Armaturen, Duschabtrennungen und ‑zubehör sowie Sanitärkeramik (im Folgenden: drei Produktuntergruppen) (Randnrn. 5 und 6 des angefochtenen Beschlusses).

4        Die Klägerinnen, die Villeroy & Boch Austria GmbH (im Folgenden: Villeroy & Boch Österreich), die Villeroy & Boch AG, die Villeroy et Boch SAS (im Folgenden: Villeroy & Boch Frankreich) und die Villeroy & Boch – Belgium (im Folgenden: Villeroy & Boch Belgien) sind im Badezimmerausstattungssektor tätig. Villeroy & Boch ist jeweils alleinige Anteilseignerin von Villeroy & Boch Österreich, Villeroy & Boch Frankreich, Villeroy & Boch Belgien, der Ucosan BV und deren Tochtergesellschaften (im Folgenden zusammen: Ucosan) sowie der Villeroy & Boch SARL (im Folgenden: Villeroy & Boch Luxemburg) (Randnrn. 51 und 1102 des angefochtenen Beschlusses).

5        Am 15. Juli 2004 informierten die Masco Corp. und ihre Tochtergesellschaften, darunter die Hansgrohe AG, die Armaturen herstellt, und die Hüppe GmbH, die Duschabtrennungen herstellt, die Kommission über das Bestehen eines Kartells im Badezimmerausstattungssektor und beantragten den Erlass bzw. eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002). Am 2. März 2005 beschloss die Kommission gemäß Randnr. 8 Buchst. a und Randnr. 15 der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 einen bedingten Geldbußenerlass zugunsten von Masco (Randnrn. 126 bis 128 des angefochtenen Beschlusses).

6        Am 9. und 10. November 2004 führte die Kommission gemäß Art. 20 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) unangekündigte Nachprüfungen in den Räumlichkeiten verschiedener Unternehmen und nationaler Verbände des Badezimmerausstattungssektors durch (Randnr. 129 des angefochtenen Beschlusses).

7        Am 15. und am 19. November 2004 beantragten die Grohe Beteiligungs GmbH und ihre Tochtergesellschaften (im Folgenden: Grohe) sowie die American Standard Inc. (im Folgenden: Ideal Standard) jeweils den Erlass bzw. eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 (Randnrn. 131 und 132 des angefochtenen Beschlusses).

8        Zwischen dem 15. November 2005 und dem 16. Mai 2006 versandte die Kommission an verschiedene Unternehmen und Verbände des Badezimmerausstattungssektors, darunter die Klägerinnen, Auskunftsverlangen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 (Randnr. 133 des angefochtenen Beschlusses).

9        Am 17. und am 19. Januar 2006 beantragten die Roca SARL sowie die Hansa Metallwerke AG und ihre Tochtergesellschaften jeweils den Erlass bzw. eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002. Am 20. Januar 2006 beantragte auch die Aloys F. Dornbracht GmbH & Co. KG Armaturenfabrik den Erlass bzw. eine Ermäßigung der Geldbuße.

10      Am 26. März 2007 nahm die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die den Klägerinnen zugestellt wurde (Randnr. 139 des angefochtenen Beschlusses).

11      Vom 12. bis 14. November 2007 fand eine Anhörung statt, an der die Klägerinnen teilnahmen (Randnr. 143 des angefochtenen Beschlusses).

12      Am 9. Juli 2009 versandte die Kommission an bestimmte Unternehmen, darunter die Klägerinnen, ein Sachverhaltsschreiben und lenkte deren Aufmerksamkeit auf bestimmte Beweise, auf die sie sich im Rahmen des Erlasses einer endgültigen Entscheidung stützen wolle (Randnrn. 147 und 148 des angefochtenen Beschlusses).

13      Zwischen dem 19. Juni 2009 und dem 8. März 2010 versandte die Kommission nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 an verschiedene Unternehmen, darunter die Klägerinnen, weitere Auskunftsverlangen (Randnrn. 149 bis 151 des angefochtenen Beschlusses).

14      Am 23. Juni 2010 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss.

15      Darin ging sie davon aus, dass die in Randnr. 2 des vorliegenden Urteils beschriebenen Verhaltensweisen Teil eines gemeinsamen Plans zur Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Adressaten des angefochtenen Beschlusses seien und die Merkmale einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung aufwiesen, deren Wirkungsbereich die drei Produktuntergruppen betroffen und sich auf Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande und Österreich erstreckt habe (Randnrn. 778 und 793 des angefochtenen Beschlusses) (im Folgenden: festgestellte Zuwiderhandlung). Sie betonte insoweit vor allem, dass die besagten Verhaltensweisen nach einem wiederkehrenden Muster stattgefunden hätten, das in den sechs von der Untersuchung der Kommission betroffenen Mitgliedstaaten übereingestimmt habe (Randnrn. 778 und 793 des angefochtenen Beschlusses). Sie verwies auch darauf, dass es folgende Verbände gegeben habe: alle drei Produktuntergruppen betreffende nationale Verbände, die von ihr als „Dachverbände“ bezeichnet wurden, nationale Verbände mit in Bezug auf mindestens zwei der drei Produktuntergruppen tätigen Mitgliedern, die von ihr als „produktübergreifende Verbände“ bezeichnet wurden, und produktspezifische Verbände mit in Bezug auf eine der drei Produktuntergruppen tätigen Mitgliedern (Randnrn. 796 und 798 des angefochtenen Beschlusses). Schließlich stellte sie fest, dass es eine zentrale Gruppe von Unternehmen gegeben habe, die in verschiedenen Mitgliedstaaten im Rahmen von Dachverbänden und produktübergreifenden Verbänden an dem Kartell beteiligt gewesen seien (Randnrn. 796 und 797 des angefochtenen Beschlusses).

16      Die Klägerinnen hätten sich in Deutschland als Mitglieder des IndustrieForums Sanitär (im Folgenden: IFS), das ab 2001 an die Stelle des Freundeskreises der deutschen Sanitärindustrie (im Folgenden: DSI) getreten sei, des Arbeitskreises Baden und Duschen (im Folgenden: ABD), der ab 2003 an die Stelle des Arbeitskreises Duschabtrennungen (im Folgenden: ADA) getreten sei, und des Fachverbands Sanitär-Keramische Industrie (im Folgenden: FSKI), in Österreich als Mitglieder des Arbeitskreises Sanitärindustrie (im Folgenden: ASI), in Belgien als Mitglieder der Vitreous China-group (im Folgenden: VCG), in den Niederlanden als Mitglieder der Sanitair Fabrikanten Platform (im Folgenden: SFP) und in Frankreich als Mitglieder der Association française des industries de céramique sanitaire (im Folgenden: AFICS) an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung beteiligt. Zu der in den Niederlanden begangenen Zuwiderhandlung stellt die Kommission in Randnr. 1179 des angefochtenen Beschlusses im Wesentlichen fest, dass gegen die daran beteiligten Unternehmen wegen Verjährung keine Geldbuße verhängt werden könne.

17      Im Übrigen stützte sich die Kommission bei der Bemessung der gegen die im angefochtenen Beschluss genannten Unternehmen verhängten Geldbußen auf die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) (Randnrn. 1174 bis 1399 des angefochtenen Beschlusses).

18      In Art. 1 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Unternehmen aufgeführt, die wegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen ab dem 1. Januar 1994 mit einer Sanktion belegt wurden, und zwar wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell im Badezimmerausstattungssektor in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich in verschiedenen Zeiträumen zwischen dem 16. Oktober 1992 und dem 9. November 2004. Die Klägerinnen wurden in Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses wie folgt mit einer Sanktion belegt: Villeroy & Boch, weil sie sich vom 28. September 1994 bis zum 9. November 2004 an der genannten einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligte, und ihre Tochtergesellschaften Villeroy & Boch Österreich, Villeroy & Boch Belgien und Villeroy & Boch Frankreich, weil sie sich in Zeiträumen zwischen frühestens dem 12. Oktober 1994 und dem 9. November 2004 an dieser Zuwiderhandlung beteiligten.

19      In Art. 2 Abs. 8 des angefochtenen Beschlusses verhängte die Kommission gegen Villeroy & Boch eine Geldbuße in Höhe von 54 436 347 Euro, gegen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 6 083 604 Euro, gegen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 2 942 608 Euro und gegen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 8 068 441 Euro. Gegen die Klägerinnen wurden also Geldbußen in Höhe von insgesamt 71 531 000 Euro verhängt.

 Verfahren und Anträge der Parteien

20      Mit Klageschriften, die am 8. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben Villeroy & Boch Österreich und Villeroy & Boch in den Rechtssachen T‑373/10 bzw. T‑374/10 Klage erhoben, mit Klageschriften, die am 9. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, Villeroy & Boch Frankreich und Villeroy & Boch Belgien in den Rechtssachen T‑382/10 bzw. T‑402/10.

21      Mit am 5. Februar 2013 nach Anhörung der Parteien ergangenem Beschluss der Präsidentin der Vierten Kammer sind die Rechtssachen T‑373/10, T‑374/10, T‑382/10 und T‑402/10 gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung des Gerichts zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

22      Auf Bericht der Berichterstatterin hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und den Parteien gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung im Rahmen prozessleitender Maßnahmen schriftliche Fragen gestellt. Die Parteien haben diese Fragen fristgemäß beantwortet.

23      Die Parteien haben in der Sitzung vom 20. März 2013 mündlich verhandelt und die mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.

24      Die Klägerinnen beantragen,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft;

–        hilfsweise, die gegen sie verhängten Geldbußen erheblich herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

25      Die Kommission beantragt,

–        die Klagen abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

 Würdigung

26      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die gerichtliche Überprüfung von zur Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht erlassenen Beschlüssen der Kommission durch den Unionsrichter auf der in Art. 263 AEUV vorgesehenen Rechtmäßigkeitskontrolle fußt, die, wenn der Unionsrichter mit einem entsprechenden Antrag befasst wird, durch eine ihm durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 261 AEUV zuerkannte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ergänzt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 53, 63 und 64). Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sanktion hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld gegebenenfalls aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, KME u. a./Kommission, C‑272/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission, T‑11/06, Slg. 2011, II‑6681, Randnr. 265).

27      Nach der in der vorstehenden Randnummer dargestellten Rechtsprechung sind in einem ersten Schritt im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses die Anträge der Klägerinnen auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, soweit er sie betrifft, zu prüfen, in einem zweiten Schritt dann ihre Anträge auf Abänderung, nämlich erhebliche Herabsetzung, der gegen sie verhängten Geldbußen in Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung.

1.     Zu den Anträgen auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses

28      Die Klägerinnen stützen ihre Klagen auf sieben Gründe. Mit dem ersten Klagegrund wird ein Fehler bei der Einstufung des Kartells als einheitliche, komplexe und fortgesetzte Zuwiderhandlung gerügt, mit dem zweiten eine Verletzung der Begründungspflicht in diesem Zusammenhang, mit dem aus sechs Teilen bestehenden dritten, dass es keine Beweise für eine Zuwiderhandlung auf den in Rede stehenden Märkten gebe, mit dem vierten, dass es an einer Rechtsgrundlage für eine gesamtschuldnerische Verurteilung zur Zahlung von Geldbußen fehle, mit dem fünften, dass bei der Berechnung der Geldbußen fehlerhaft Umsätze berücksichtigt worden seien, die nicht mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stünden, mit dem sechsten, dass die Geldbußen nicht wegen der überlangen Dauer des Verwaltungsverfahrens ermäßigt worden seien, und mit dem siebten ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 wegen Verhängung unverhältnismäßiger Geldbußen.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen wegen Einstufung des Kartells als einheitliche, komplexe und fortgesetzte Zuwiderhandlung

29      Die Klägerinnen machen mit drei Hauptrügen geltend, die Kommission habe die festgestellte Zuwiderhandlung zu Unrecht als einheitliche, komplexe und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft.

30      Die Kommission tritt diesen Rügen jeweils entgegen.

31      Mit ihrer ersten Rüge machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien geltend, die Feststellung der Kommission in Randnr. 905 des angefochtenen Beschlusses, dass die Einstufung als einheitliche Zuwiderhandlung für sie nicht nachteiliger sei als die Feststellung gesonderter Zuwiderhandlungen, sei fehlerhaft.

32      Nach der Rechtsprechung kann sich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht nur aus isolierten, als getrennte Zuwiderhandlungen zu ahndenden Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben, so dass deren Bestandteile zu Recht als Bestandteile einer einheitlichen Zuwiderhandlung eingestuft werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 258 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Die Kommission hat zu beweisen, dass sich die in Rede stehenden Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen, obwohl sie verschiedene Güter, Dienstleistungen oder Gebiete betreffen, in einen Gesamtplan einfügen, der von den betroffenen Unternehmen bewusst zur Erreichung eines einheitlichen wettbewerbswidrigen Ziels umgesetzt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 32 angeführt, Randnrn. 258 und 260, und Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2008, Lafarge/Kommission, T‑54/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 482).

34      Ein zwischen Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen bestehendes Komplementaritätsverhältnis stellt ein objektives Indiz für das Vorliegen eines Gesamtplans dar. Ein solches Verhältnis besteht, wenn Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen sollen und durch ihre Interaktion zur Verwirklichung eines einzigen wettbewerbswidrigen Ziels beitragen. Die Kommission hat hierbei alle tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen, die einen solchen Gesamtplan nachweisen oder in Frage stellen können (vgl. in diesem Sinne Urteile Lafarge/Kommission, oben in Randnr. 33 angeführt, Randnr. 482, und vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, Slg. 2010, II‑1255, Randnr. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Nach der in den Randnrn. 32 bis 34 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung hat die Einstufung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen als gesonderte Zuwiderhandlungen oder einheitliche Zuwiderhandlung anhand objektiver Gründe zu erfolgen.

36      Es kann folglich dahinstehen, ob im vorliegenden Fall die Einstufung als einheitliche Zuwiderhandlung für die Klägerinnen nachteiliger war oder nicht; die Kommission war bei Vorliegen objektiver Gründe für das Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung, und nicht gesonderter Zuwiderhandlungen, jedenfalls zu einer solchen Einstufung verpflichtet.

37      Die erste Rüge ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

38      Mit ihrer zweiten Rüge machen die Klägerinnen geltend, die Feststellung der Kommission, dass im vorliegenden Fall eine einheitliche Zuwiderhandlung vorliege, sei rechtswidrig. Sie bringen insoweit drei Hauptargumente vor.

39      Die Klägerinnen meinen erstens, es gebe keine Rechtsgrundlage für die Feststellung einer einheitlichen Zuwiderhandlung. Nach dem in Art. 49 Abs. 1 der seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon anwendbaren Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2010, C 83, S. 389, im Folgenden: Charta der Grundrechte) verankerten Grundsatz nulla poena sine lege sei eine Rechtsgrundlage aber erforderlich.

40      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen, der zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehört, die den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten zugrunde liegen (Urteil des Gerichtshofs vom 3. Mai 2007, Advocaten voor de Wereld, C‑303/05, Slg. 2007, I‑3633, Randnr. 49), folgt, dass die Rechtsvorschriften der Union klar die Straftaten und die für sie angedrohten Strafen definieren müssen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Rechtsunterworfene anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung und nötigenfalls mit Hilfe ihrer Auslegung durch die Gerichte erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine strafrechtliche Verantwortung begründen (Urteil Advocaten voor de Wereld, Randnr. 50). Art. 49 Abs. 1 der Charta der Grundrechte bekräftigt diesen Grundsatz: „Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war.“

41      Art. 101 Abs. 1 AEUV untersagt Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen, einschließlich des Verhaltens zur Durchführung dieser Vereinbarungen oder Beschlüsse, sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, wenn sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Union zu beeinträchtigen geeignet sind und eine wettbewerbswidrige Bestimmung oder Wirkung haben. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift kann sich somit nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder auch aus einem fortlaufenden Verhalten ergeben. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass eine oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortlaufenden Verhaltens auch für sich genommen einen Verstoß gegen die genannte Bestimmung darstellen könnten (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 81).

42      Aus Art. 101 Abs. 1 AEUV in seiner Auslegung durch die in der vorstehenden Randnummer dargestellte Rechtsprechung ergibt sich also, dass die Kommission über eine Rechtsgrundlage für die Feststellung und Ahndung der Beteiligung von Unternehmen an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen verfügt, unabhängig davon, ob diese gesonderte Zuwiderhandlungen oder Bestandteile ein und derselben Zuwiderhandlung darstellen.

43      Indem sie auf der Grundlage von Art. 101 Abs. 1 AEUV eine Beteiligung der Klägerinnen an einer einheitlichen Zuwiderhandlung festgestellt hat, hat die Kommission somit nicht gegen den Grundsatz nulla poena sine lege verstoßen.

44      Folglich ist das erste Argument der Klägerinnen als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

45      Die Klägerinnen machen zweitens geltend, eine Zuwiderhandlung, die von Dritten auf Märkten begangen worden sei, auf denen sie zu keinem Zeitpunkt tätig gewesen seien, könne ihnen nicht zugerechnet werden. Insofern rügt Villeroy & Boch ferner einen Verstoß gegen das Schuldprinzip.

46      Nach der Rechtsprechung hat die Kommission bei der Feststellung der Beteiligung eines Unternehmens an einer einheitlichen Zuwiderhandlung nachzuweisen, dass das Unternehmen durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung des von allen Beteiligten verfolgten einheitlichen Ziels beitragen wollte und von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieses Ziels beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 42).

47      Es ist möglich, dass sich ein Unternehmen an dem gesamten wettbewerbswidrigen Verhalten, das eine einheitliche Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat; dann ist die Kommission berechtigt, es für dieses gesamte Verhalten und damit für die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen. Es ist auch möglich, dass sich ein Unternehmen nur an einem Teil des wettbewerbswidrigen Verhaltens, das eine einheitliche Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat, aber von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In einem solchen Fall ist die Kommission ebenfalls berechtigt, dieses Unternehmen für das gesamte wettbewerbswidrige Verhalten, das eine solche Zuwiderhandlung bildet, und damit für diese Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen (Urteil Kommission/Verhuizingen Coppens, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnr. 43).

48      Hat sich ein Unternehmen dagegen an einer oder mehreren wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die eine einheitliche Zuwiderhandlung bilden, unmittelbar beteiligt, ist aber nicht nachgewiesen, dass es durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung sämtlicher von den anderen Kartellbeteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die genannten Kartellbeteiligten in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen, so ist die Kommission lediglich berechtigt, dieses Unternehmen für die Verhaltensweisen, an denen es sich unmittelbar beteiligt hat, und die Verhaltensweisen zur Verantwortung zu ziehen, die die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen wie der von ihm verfolgten Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten und für die nachgewiesen ist, dass es von ihnen wusste oder sie vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (Urteil Kommission/Verhuizingen Coppens, oben in Randnr. 46 angeführt, Randnr. 44).

49      Im Licht der in den Randnrn. 46 bis 48 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Klägerinnen wegen eigener rechtswidriger Verhaltensweisen, die zur Verwirklichung einer einheitlichen Zuwiderhandlung beigetragen haben, die sich gegebenenfalls auf Produktmärkte und Gebiete außerhalb ihrer Tätigkeit erstreckt, mit einer Sanktion belegt werden. Außerdem kann dahinstehen, ob das Schuldprinzip, auf das sich die Klägerinnen berufen, wonach ein Unternehmen nur für Handlungen belangt werden könne, die es begangen habe, einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt; da die Klägerinnen wegen ihrer eigenen Beteiligung an der einheitlichen Zuwiderhandlung belangt wurden, hat die Kommission im vorliegenden Fall jedenfalls nicht gegen diesen Grundsatz verstoßen.

50      Die drei anderen Punkte, auf die die Klägerinnen insoweit hinweisen, nämlich, dass die deutsche Rechtsprechung die Haftung für von Dritten begangene Handlungen nicht mehr zulasse, dass es, anders als der Gerichtshof im Urteil Kommission/Anic Partecipazioni (oben in Randnr. 41 angeführt) behaupte, eine gemeinsame Rechtstradition der Mitgliedstaaten, die eine solche Zurechnung zulasse, nicht oder nicht mehr gebe und dass Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 keine gültige Rechtsgrundlage darstelle, ändern nichts daran, dass die Klägerinnen, wie in Randnr. 49 des vorliegenden Urteils festgestellt, im Einklang mit der in den Randnrn. 46 bis 49 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung wegen ihrer Beteiligung an der einheitlichen Zuwiderhandlung des Unternehmens im Sinne des Wettbewerbsrechts, dem sie angehören, belangt wurden und nicht wegen von Dritten begangener rechtswidriger Handlungen.

51      Das zweite Argument der Klägerinnen ist somit als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

52      Die Klägerinnen machen drittens geltend, dass, auch wenn anzunehmen wäre, dass die Kommission über eine Rechtsgrundlage für die Feststellung einer einheitlichen Zuwiderhandlung verfügt habe, eine solche Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall nur dann gültig hätte festgestellt werden können, wenn die Kommission im Einklang mit der Rechtsprechung und Randnr. 15 der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5) im Vorhinein bestimmt hätte, auf welchen Märkten eine solche Zuwiderhandlung zu einer Beschränkung des Wettbewerbs geführt habe. Im vorliegenden Fall gehörten die Produkte, auf die sich der angefochtene Beschluss beziehe, wegen ihrer unterschiedlichen Verwendungszwecke aber nicht zum selben Produktmarkt, wie die Kommission im Übrigen in einer Fusionskontrollentscheidung festgestellt habe.

53      Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerinnen im Wesentlichen lediglich geltend machen, die Kommission wäre im Fall einer Abgrenzung der relevanten Produktmärkte und der relevanten räumlichen Märkte zu dem Ergebnis gekommen, dass diese verschieden sind. Hingegen wenden sie sich nicht gegen die Feststellungen der Kommission (Randnrn. 907 und 981 des angefochtenen Beschlusses), dass die in Rede stehenden Verhaltensweisen geeignet gewesen seien, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und eine Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt hätten. Wie die Kommission aber zu Recht geltend macht, muss sie in einer Entscheidung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV den relevanten Markt nur dann abgrenzen, wenn ohne eine solche Abgrenzung nicht bestimmt werden kann, ob die Vereinbarung, der Beschluss der Unternehmensvereinigung oder die abgestimmte Verhaltensweise, um die es geht, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezweckt oder bewirkt (vgl. Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 99 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Außerdem kann mit dem Vorbringen der Klägerinnen, die Produktmärkte und die räumlichen Märkte, auf die sich die einheitliche Zuwiderhandlung erstrecke, seien verschieden, wie sich auch aus einer Fusionskontrollentscheidung der Kommission ergebe, und sie, die Klägerinnen, seien nur auf einigen dieser Märkte tätig, allein jedenfalls nicht die Feststellung der Kommission widerlegt werden, dass sich die Klägerinnen an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt haben, die sich auf alle diese Märkte erstreckt. Nach der Rechtsprechung kann ein Unternehmen gegen das in Art. 101 Abs. 1 AEUV vorgesehene Verbot verstoßen, wenn sein mit dem anderer Unternehmen koordiniertes Verhalten die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt innerhalb des Binnenmarkts bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist (Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, Gütermann/Kommission, T‑456/05 und T‑457/05, Slg. 2010, II‑1443, Randnr. 53). Demnach kann die Feststellung, dass sich die Klägerinnen an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt haben, die sich auf alle in Rede stehenden Märkte erstreckte, nicht bereits dadurch widerlegt werden, dass die Klägerinnen nicht auf allen diesen Märkten vertreten waren.

55      Die anderen Argumente, die die Klägerinnen insoweit vorbringen, können die Feststellungen in den Randnrn. 53 und 54 des vorliegenden Urteils nicht entkräften.

56      Zunächst ist das Vorbringen als ins Leere gehend zurückzuweisen, die Kommission habe in ihrer in Randnr. 52 des vorliegenden Urteils genannten Bekanntmachung selbst die Auffassung vertreten, dass die Abgrenzung des relevanten Marktes der genauen Abgrenzung des Gebiets diene, auf dem der Wettbewerb stattfinde, und die Bestimmung der relevanten Märkte ermögliche die Berechnung der Geldbußen, die gegen sie verhängt werden könnten, da die Kommission die Umsätze verwende, die mit dem in Rede stehenden Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stünden. Dass eine solche Abgrenzung der relevanten Märkte im vorliegenden Fall nicht vorgenommen wurde, ändert nämlich jedenfalls nichts daran, dass die beanstandeten Verhaltensweisen, wie in Randnr. 53 des vorliegenden Urteils ausgeführt, eine Verfälschung des Wettbewerbs und eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten bewirkten. Außerdem ist die Kommission nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 nicht verpflichtet, die relevanten Märkte genau abzugrenzen, um die bei der Berechnung der Geldbuße zu berücksichtigenden Produkte zu bestimmen; abgesehen davon, kommt es bei der Frage, ob ein Kartell als einheitliche Zuwiderhandlung einzustufen ist, nicht darauf an, ob zur Bestimmung der Höhe der Geldbuße gegebenenfalls die relevanten Märkte abzugrenzen sind.

57      Das Vorbringen, die Kommission sei nach der Rechtsprechung, insbesondere dem Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Adriatica di Navigazione/Kommission (T‑61/99, Slg. 2003, II‑5349, Randnr. 32), nur dann von der Verpflichtung zur genauen Abgrenzung der relevanten Märkte befreit, wenn das mit einer Sanktion belegte Kartell nur ein Produkt betreffe, ist als nicht stichhaltig zurückzuweisen. In Randnr. 32 dieses Urteils führt das Gericht nämlich aus:

„Es ist … wünschenswert, dass die Kommission, wenn sie eine Entscheidung erlässt, in der die Beteiligung eines Unternehmens an einer komplexen, kollektiven und ununterbrochenen Zuwiderhandlung, wie sie bei Kartellen oft vorliegt, festgestellt wird, über die Prüfung der besonderen Tatbestandsmerkmale des [Art. 101 Abs. 1 AEUV] hinaus berücksichtigt, dass eine solche Entscheidung nur insoweit zur persönlichen Verantwortlichkeit jedes ihrer Adressaten führen kann, als deren Beteiligung an den geahndeten kollektiven Verhaltensweisen nachgewiesen ist und diese zutreffend umrissen sind. Da eine derartige Entscheidung erhebliche Folgen für die Beziehungen der betroffenen Unternehmen nicht nur zur Verwaltung, sondern auch zu Dritten haben kann, hat die Kommission den oder die relevanten Märkte zu prüfen und in den Gründen der Entscheidung, in der eine Zuwiderhandlung gegen [Art. 101 Abs. 1 AEUV] geahndet wird, genau genug zu bestimmen, um die Funktionsweise des Marktes, auf dem der Wettbewerb verfälscht wird, zu erfassen und gleichzeitig den wesentlichen Anforderungen der Rechtssicherheit zu genügen.“

58      Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen geht aus Randnr. 32 des Urteils Adriatica di Navigazione/Kommission (oben in Randnr. 57 angeführt) zwar hervor, dass eine Abgrenzung der Märkte, auf die sich ein Kartell erstreckt, durchaus zweckdienlich sein kann; dieser Randnummer lässt sich aber nicht entnehmen, dass die genaue Abgrenzung der Märkte, auf die sich eine einheitliche Zuwiderhandlung erstreckt, eine unabdingbare Voraussetzung für die Ahndung Letzterer darstellte, wenn nach der in Randnr. 53 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung keine Zweifel hinsichtlich des Vorliegens einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten und des Wettbewerbs bestehen. Jedenfalls wird von den Klägerinnen nicht bestritten, dass die Kommission im vorliegenden Fall die verschiedenen rechtswidrigen Verhaltensweisen, an denen sich die einzelnen Adressaten des angefochtenen Beschlusses beteiligt haben, genau beschrieben hat, auch die der Klägerinnen, so dass die eigene Verantwortlichkeit Letzterer im Rahmen der einheitlichen Zuwiderhandlung auch ohne Kenntnis der genauen Grenzen der von den genannten Verhaltensweisen jeweils betroffenen Märkte hinreichend bestimmbar ist.

59      Das dritte Argument ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen. Somit ist die zweite Rüge teils als unbegründet, teils als ins Leere gehend zurückzuweisen.

60      Mit ihrer dritten Rüge machen die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung hilfsweise geltend, erstens, dass die Einstufung einer Zuwiderhandlung als einheitliche Zuwiderhandlung nach der Rechtsprechung, insbesondere den Urteilen des Gerichts vom 12. Dezember 2007, BASF und UCB/Kommission (T‑101/05 und T‑111/05, Slg. 2007, II‑4949, Randnrn. 177 bis 181), sowie Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission (oben in Randnr. 34 angeführt, Randnr. 92) eine Komplementaritätsverbindung voraussetze, die nicht zwischen den in Rede stehenden Produkten, sondern zwischen den in Rede stehenden Zuwiderhandlungen in Bezug auf ein gemeinsames wettbewerbswidriges Ziel bestehen müsse. Nach den genannten Urteilen seien alle Umstände zu berücksichtigen, die eine solche Verbindung nachweisen oder in Frage stellen könnten. Im vorliegenden Fall begründe das bloß parallele, aber nicht gemeinsame Ziel der Preiserhöhung auf mehreren Märkten keine solche Komplementaritätsverbindung.

61      Hierzu ist festzustellen, dass die Klägerinnen im Wesentlichen die Auffassung vertreten, dass sich aus den Urteilen BASF und UCB/Kommission (oben in Randnr. 60 angeführt) und Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission (oben in Randnr. 34 angeführt) ergebe, dass eine einheitliche Zuwiderhandlung nur dann vorliegen könne, wenn die in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen komplementär seien, und nicht nur die Produkte, auf die sich diese bezögen. Das Verständnis der Klägerinnen von der Rechtsprechung unterscheidet sich aber nicht von dem, das die Kommission von ihr hat. Die Kommission stellt in den Randnrn. 786 und 787 des angefochtenen Beschlusses, in denen sie insbesondere auf das Urteil BASF und UCB/Kommission (oben in Randnr. 60 angeführt) Bezug nimmt, nämlich ausdrücklich fest: „Das Vorliegen von Synergien und die Komplementarität zwischen den verschiedenen [rechtswidrigen] Verhaltensweisen sind ein objektives Indiz für das Bestehen eines solchen Gesamtplans.“

62      Das erste Argument der Klägerinnen, nämlich, dass die Kommission dadurch einen Fehler begangen habe, dass sie nicht auf die Komplementarität der in Rede stehenden Verhaltensweisen abgestellt habe, ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

63      Zweitens machen die Klägerinnen geltend, die genannte Komplementaritätsverbindung zwischen den in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen werde durch keine der Feststellungen in den acht Gedankenstrichen der Randnr. 796 des angefochtenen Beschlusses, die in den Randnrn. 797 bis 852 des angefochtenen Beschlusses näher begründet würden, nachgewiesen.

64      Nach der in Randnr. 46 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung hat die Kommission zum Nachweis der Beteiligung eines Unternehmens an einer einheitlichen Zuwiderhandlung darzulegen, dass das Unternehmen durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung des von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziels beitragen wollte und von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieses Ziels beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen.

65      Zu dem von den Klägerinnen bestrittenen Vorliegen eines Gesamtplans zur Verfolgung eines gemeinsamen Ziels ist ferner festzustellen, dass der Begriff des gemeinsamen Ziels nicht durch einen allgemeinen Verweis auf die Verzerrung des Wettbewerbs auf dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt bestimmt werden kann, da die Beeinträchtigung des Wettbewerbs als Ziel oder Wirkung jedem von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfassten Verhalten eigen ist. Eine solche Definition des Begriffs des gemeinsamen Ziels könnte dem Begriff der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilweise seinen Sinn nehmen, da sie zur Folge hätte, dass mehrere einen Wirtschaftssektor betreffende Verhaltensweisen, die nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verboten sind, systematisch als Bestandteile einer einheitlichen Zuwiderhandlung eingestuft werden müssten (vgl. Urteil vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission, T‑211/08, Slg. 2011, II‑3729, Randnr. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Im vorliegenden Fall stützt sich die Kommission in Randnr. 796 des angefochtenen Beschlusses bei der Feststellung, dass ein Gesamtplan mit einheitlichem Ziel vorliege, auf eine Reihe von objektiven Umständen. Sie stellt dabei u. a. auf die zentrale Rolle der Großhändler in der Vertriebskette ab. Letztere sei geeignet gewesen, die Hersteller der drei Produktuntergruppen zu einer Abstimmung beim eingerichteten Mechanismus der Preiserhöhungen zu veranlassen, „um wirkungsvoll zu sein“, ihre Interessen gemeinsam zu verteidigen und gegenüber den Großhändlern eine geschlossene Front zu bilden, „unabhängig vom jeweiligen Produktschwerpunkt des jeweiligen Herstellers“ (vgl. insoweit u. a. Randnr. 805 des angefochtenen Beschlusses).

67      Die Kommission hat daher zu Recht festgestellt, dass die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen insofern komplementär gewesen sind, als sie bei allen Badezimmerausstattungsherstellern auf die Abstimmung des Verhaltens gegenüber den Großhändlern abgezielt hätten.

68      Sie hat mithin keinen Fehler begangen, indem sie zum Nachweis einer einheitlichen Zuwiderhandlung festgestellt hat, dass ein einheitliches Ziel vorlag.

69      Das Vorbringen der Klägerinnen, die von der Kommission in Randnr. 796 des angefochtenen Beschlusses angeführten Indizien ließen lediglich den Schluss zu, dass parallele wettbewerbswidrige Verhaltensweisen vorlägen, nicht aber ein gemeinsamer Plan, ist nicht stichhaltig. Die darüber hinaus von der Kommission angeführten Indizien, wie etwa die Existenz von Dachverbänden und produktübergreifenden Verbänden (Randnrn. 798 und 799 des angefochtenen Beschlusses) oder die Ähnlichkeit der geheimen Absprachen hinsichtlich ihrer Durchführung (Randnrn. 808 und 809 des angefochtenen Beschlusses), sprechen nämlich auch dafür, dass ein gemeinsames Ziel verfolgt wurde – den Herstellern von Badezimmerausstattungen ging es darum, ihre Preise gegenüber den Großhändlern erhöhen zu können –, und nicht nur parallele Verhaltensweisen ohne Komplementaritätsverbindung vorlagen. Darauf, dass der Badezimmerausstattungssektor viel mehr als nur die drei Produktuntergruppen umfasst, worauf die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung hingewiesen haben, kommt es bei der Feststellung der Kommission, dass bei den Herstellern der drei Produktuntergruppen ein gemeinsames Ziel bestand, nicht an. Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen hat die Kommission also nicht lediglich festgestellt, dass zwischen den Produktuntergruppen, auf die sich das genannte Kartell erstreckte, eine Komplementarität bestand; sie hat auch Umstände angeführt, die die zwischen den in Rede stehenden geheimen Verhaltensweisen bestehende Komplementarität zeigen.

70      Auch die weiteren Argumente, die die Klägerinnen vorbringen, um die anderen Umstände in Zweifel zu ziehen, die von der Kommission zur Stützung ihrer Feststellung angeführt werden, dass es sich bei der in Rede stehenden Zuwiderhandlung um eine einheitliche Zuwiderhandlung gehandelt hat, insbesondere das Argument, zwischen den in Rede stehenden Zuwiderhandlungen bestehe keine zeitliche Kongruenz, entkräften nicht die Feststellung, dass die Kommission im vorliegenden Fall zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass ein gemeinsames Ziel vorlag.

71      Die Kommission hat nämlich keineswegs die Auffassung vertreten, dass sämtliche rechtswidrigen Verhaltensweisen in Bezug auf die drei Produktuntergruppen in allen Mitgliedstaaten frühestens vom 27. September 1994 bis zum 9. November 2004 begangen worden seien, sondern, dass sich die einheitliche Zuwiderhandlung entwickelt und im Laufe der Zeit angepasst habe, je nach den betroffenen Mitgliedstaaten und Produktuntergruppen. Dies geht aus Art. 1 des angefochtenen Beschlusses hervor, in dem die Kommission die Zeiträume und Gebiete genau angegeben hat, in denen sich die belangten Unternehmen an den verschiedenen rechtswidrigen Verhaltensweisen beteiligt haben, die alle drei Produktuntergruppen betrafen und Bestandteile der einheitlichen Zuwiderhandlung waren. Dass die in Rede stehenden rechtswidrigen Verhaltensweisen zu verschiedenen Zeitpunkten begonnen haben, je nach den betroffenen Mitgliedstaaten und Produktuntergruppen, ändert im Übrigen nichts daran, dass es zwischen den rechtswidrigen Verhaltensweisen, die die in Rede stehenden Produkte betrafen, in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht zahlreiche Überschneidungen gab, wie sich aus Art. 1 des angefochtenen Beschlusses ergibt.

72      Die dritte Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Mithin ist der erste Klagegrund insgesamt teils als ins Leere gehend, teils als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht hinsichtlich der Einstufung des Kartells als einheitliche, komplexe und fortgesetzte Zuwiderhandlung

73      Für den Fall, dass dem ersten Klagegrund nicht stattgegeben werden sollte, machen die Klägerinnen mit zwei Hauptrügen hilfsweise geltend, die Kommission habe gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV verstoßen.

74      Die Kommission tritt beiden Rügen entgegen.

75      Mit ihrer ersten Rüge machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe insoweit gegen ihre Begründungspflicht verstoßen, als sie die in Rede stehenden relevanten Märkte nicht abgegrenzt habe, wozu sie nach dem Urteil Adriatica di Navigazione/Kommission (oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 32) aber verpflichtet gewesen sei.

76      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission nach der in Randnr. 53 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung in einer Entscheidung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV den relevanten Markt nur dann abgrenzen muss, wenn ohne eine solche Abgrenzung nicht bestimmt werden kann, ob die Vereinbarung, der Beschluss der Unternehmensvereinigung oder die abgestimmte Verhaltensweise, um die es geht, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezweckt oder bewirkt. Außerdem lässt sich aus dem Urteil Adriatica di Navigazione/Kommission (oben in Randnr. 57 angeführt, Randnr. 32), wie in Randnr. 58 des vorliegenden Urteils ausgeführt, entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht ableiten, dass die Kommission im vorliegenden Fall die von den in Rede stehenden Verhaltensweisen betroffenen relevanten Märkte hätte abgrenzen müssen. Schließlich hat die Kommission, wie in Randnr. 53 des vorliegenden Urteils ausgeführt, in den Randnrn. 907 und 981 des angefochtenen Beschlusses begründet, warum die in Rede stehenden Verhaltensweisen ihrer Auffassung nach geeignet waren, den Handel zu beeinträchtigen, und eine Verfälschung des Wettbewerbs bezweckten oder bewirkten, ohne dass dies von den Klägerinnen bestritten wird.

77      Die erste Rüge der Klägerinnen ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.

78      Mit der zweiten Rüge machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, der angefochtene Beschluss sei nicht ausreichend begründet. Ihm lasse sich nicht entnehmen, welche Zuwiderhandlung den einzelnen Unternehmen bei den verschiedenen Märkten jeweils vorgeworfen werde und welche Rolle den einzelnen Unternehmen bei der in Rede stehenden einheitlichen Zuwiderhandlung zukomme.

79      Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss zunächst festgestellt hat, dass eine einheitliche Zuwiderhandlung vorliege (Randnrn. 784 bis 849 des angefochtenen Beschlusses); sie hat dann die Umstände nachgewiesen, aufgrund deren sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass sich jedes der in Rede stehenden Unternehmen an dieser Zuwiderhandlung beteiligt habe (Randnrn. 850 bis 879 des angefochtenen Beschlusses); schließlich ist sie auf das entsprechende Vorbringen der Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte eingegangen (Randnrn. 880 bis 905 des angefochtenen Beschlusses). Was speziell die Klägerinnen angeht, hat die Kommission in den Randnrn. 861 bis 863 des angefochtenen Beschlusses sodann begründet, warum bei ihnen ihrer Auffassung nach die Voraussetzungen für die Feststellung, dass sie sich an der festgestellten Zuwiderhandlung beteiligt hätten, erfüllt seien. Sie hat insofern insbesondere in den Randnrn. 861 bis 863 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, die Klägerinnen hätten wegen ihrer Mitgliedschaft in den Dachorganisationen ASI in Österreich, SFP in den Niederlanden und IFS/DSI in Deutschland Kenntnis von den Zuwiderhandlungen in Bezug auf die drei Produktuntergruppen haben müssen, sie hätten sich in fünf von sechs betroffenen Mitgliedstaaten an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen beteiligt und sie hätten eine zentralisierte Preispolitik verfolgt. Schließlich hat die Kommission für jeden der genannten Mitgliedstaaten angegeben, welche Adressaten des angefochtenen Beschlusses sich an den in Rede stehenden wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen beteiligt hätten.

80      Die zweite Rüge und somit der zweite Klagegrund insgesamt sind daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: keine Beweise für eine Zuwiderhandlung auf den in Rede stehenden Märkten

81      Die Klägerinnen machen geltend, sie hätten auf den Produktmärkten und den räumlichen Märkten, die Gegenstand des angefochtenen Beschlusses seien, keine Zuwiderhandlung begangen. Dieser Klagegrund ist in sechs Teile zu gliedern.

82      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

 Zum ersten Teil: keine Zuwiderhandlung in Deutschland

83      Villeroy & Boch macht mit drei Hauptrügen geltend, sie habe in Deutschland in Bezug auf die drei Produktuntergruppen keine Zuwiderhandlung begangen.

84      Die Kommission tritt diesen drei Rügen entgegen.

–       Zur ersten Rüge: keine Zuwiderhandlung in Deutschland in Bezug auf Armaturen

85      Mit der ersten Rüge macht Villeroy & Boch geltend, sie könne sich nicht an einer Zuwiderhandlung auf dem Markt für Armaturen beteiligt haben, da sie auf diesem überhaupt nicht tätig sei.

86      Hierzu genügt die Feststellung, dass Villeroy & Boch, wie die Kommission in Randnr. 285 des angefochtenen Beschlusses zu deren Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte ausgeführt hat, nicht aufgrund ihrer Beteiligung „an den Preisabsprachen in den für Armaturen zuständigen Verbänden“ in Deutschland, sondern aufgrund ihrer Beteiligung an einer einheitlichen Zuwiderhandlung, die sich u. a. auf diese Produktuntergruppe und auf diesen Mitgliedstaat erstreckte, in Art. 1 Abs. 7 Nr. 3 des angefochtenen Beschlusses wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell im Badezimmerausstattungssektor belangt wurde. Aus Tabelle D des angefochtenen Beschlusses, in der die Produkte und Gebiete aufgeführt sind, in Bezug auf die nach Auffassung der Kommission alle im angefochtenen Beschluss beschuldigten Unternehmen ein wettbewerbswidriges Verhalten gezeigt haben, geht nämlich hervor, dass die Kommission nicht festgestellt hat, dass Villeroy & Boch an rechtswidrigen Gesprächen in Deutschland über Armaturen teilgenommen hätte.

87      Die erste Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

–       Zur zweiten Rüge: keine Zuwiderhandlung in Deutschland in Bezug auf Duschabtrennungen

88      Mit ihrer zweiten Rüge macht Villeroy & Boch geltend, sie selbst sei in Deutschland auf dem Markt für Duschabtrennungen überhaupt nicht tätig gewesen. Sie könne daher nicht für die rechtswidrigen Handlungen, die Ucosan begangen haben soll, verantwortlich gemacht werden. Erstens habe sie von 1989 bis zum 1. November 1999 nur 50 % der Anteile von Ucosan gehalten. Sie habe folglich zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich keinen Einfluss auf Ucosan ausüben können. Zweitens habe sie ab dem 1. November 1999, dem Tag, ab dem sie alleinige Anteilseignerin von Ucosan gewesen sei, nur an sechs von 24 ADA/ABD-Treffen teilgenommen. Sie habe sich demnach nicht an einer dauernden Zuwiderhandlung beteiligt und nicht der von der Kommission identifizierten „zentralen Gruppe von Unternehmen“ angehört. Außerdem könne ihr ein etwaiges wettbewerbswidriges Verhalten von Ucosan nicht zugerechnet werden, da dieses Unternehmen autonom auf dem Markt gehandelt habe. Im Übrigen habe die Kommission weder im angefochtenen Beschluss noch in ihren Schriftsätzen dargetan, dass sie an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen oder Treffen in Bezug auf Duschabtrennungen teilgenommen hätte.

89      Zu den Duschabtrennungen ist zunächst festzustellen, dass die Kommission in den Randnrn. 1104 und 1106 bis 1111 des angefochtenen Beschlusses ausführt:

„1104 Villeroy & Boch hält seit 1989 eine 50%ige Beteiligung an Ucosan. Ucosan ist tätig im Bereich Duschabtrennungen. Am 1. November 1999 erwarb Villeroy & Boch den verbleibenden 50%-Anteil an Ucosan und wurde damit 100%iger Eigentümer. Ucosan bestand aus der Ucosan Holding B.V. mit Sitz in den Niederlanden, die u. a. 100% der Anteile an der deutschen Tochtergesellschaft Sanitrend Sanitär Handelsgesellschaft mbH hielt. Diese Tochtergesellschaft wurde zuerst in Ucosan GmbH, dann in Villeroy & Boch Wellness umbenannt, bis sie schließlich am 24. März 2003 mit der Villeroy & Boch AG fusioniert wurde. Ucosan Holding B.V. und seine 100%ige niederländische Tochter Ucosan B.V. bestehen weiterhin.

1106      [Villeroy & Boch] hat nicht versucht, die Vermutung zu widerlegen, dass sie Einfluss auf ihre (nahezu) 100%igen Tochtergesellschaften Villeroy & Boch [Österreich], Villeroy & Boch [Belgien], Villeroy & Boch [Luxemburg], Villeroy & Boch Nederland B.V. und Villeroy & Boch [Frankreich] ausgeübt hat. Die nationalen Tochtergesellschaften waren in der Preisgestaltung nicht autonom und stellten die Rechnungen zum Teil sogar im Namen [von Villeroy & Boch] aus. Die Handlungen der Ucosan Gruppe … wurden in der Mitteilung der Beschwerdepunkte Villeroy & Boch zugerechnet, da sie seit dem 1. November 1999 100%ige Tochtergesellschaften [von Villeroy & Boch] ist.

1107      In der gemeinsamen Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte haben die Adressaten die Verantwortung für die Handlungen von Ucosan nicht in Frage gestellt, sondern sie implizit sogar übernommen.

1108      In dem gemeinsamen Vorbringen vom 10. Juli 2009 zu dem Sachverhaltsschreiben bestritt Villeroy & Boch jedoch die Verantwortung für das Verhalten von Ucosan. Darin heißt es, dass [Herr W.], der vor der 100%igen Übernahme im Jahr 1999 den verbleibenden 50%-Anteil an der Ucosan Holding B.V. hielt, vor 2001 alleiniger Geschäftsführer des Unternehmens war. Von 2001 bis 2003 habe das Unternehmen einen weiteren Geschäftsführer gehabt, doch sei gemäß einer Vereinbarung vom 16. Januar 1989 bei Unstimmigkeiten zwischen den beiden Geschäftsführern die Meinung von [Herrn W.] maßgeblich gewesen.

1109      Dieses Vorbringen ist nicht stichhaltig. Erstens lässt Villeroy & Boch die Tatsache unberücksichtigt, dass es ab 1999, wie vorstehend beschrieben, 100 % des Gesellschaftskapitals der Ucosan Holding B.V. hielt. Der Umstand, dass einer der Geschäftsführer von Ucosan angeblich zuvor Anteile an dem Unternehmen besaß (wofür kein weiterer Nachweis erbracht wird, denn die von Villeroy & Boch zur Unterstützung seines Vorbringens beigebrachte Vereinbarung aus dem Jahr 1989 wurde zwischen der juristischen Person B.E.M. Wientjes Beheer B.V. und Villeroy & Boch als Anteilseignern von Ucosan geschlossen), kann als solcher die Vermutung nicht widerlegen, dass Villeroy & Boch Einfluss auf seine 100%ige Tochtergesellschaft ausübte. Zweitens kann die von Villeroy & Boch vorgelegte Vereinbarung aus dem Jahr 1989, die zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als Ucosan noch ein Gemeinschaftsunternehmen von B.E.M. Wientjes Beheer B.V. und Villeroy & Boch war, nicht als Grundlage herangezogen werden, um Villeroy & Boch von seiner Verantwortung für die Tochtergesellschaft zu einem Zeitpunkt zu entbinden, als es alleiniger Anteilseigner des Unternehmens war.

1110      Ucosan B.V. übernahm die gesamten Tätigkeiten der niederländischen Tochtergesellschaft Villeroy & Boch Nederland B.V., die anschließend liquidiert wurde. Somit war Ucosan B.V. der rechtliche und wirtschaftliche Nachfolger der Villeroy & Boch Nederland B.V. [Villeroy & Boch] kann für das Verhalten des Unternehmens Villeroy & Boch Nederland B.V. und seines wirtschaftlichen und juristischen Nachfolgers Ucosan B.V. während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung haftbar gemacht werden, da sie 100 % der Anteile sowohl an der Villeroy & Boch Nederland B.V. als auch an seinem Nachfolger Ucosan B.V hielt und keinerlei Argumente oder Nachweise zur Widerlegung der Vermutung beigebracht hat, dass sie mit diesen Gesellschaften ein Unternehmen bildet.

1111      Aus diesen Gründen sind [Villeroy & Boch], Villeroy & Boch [Belgien], Villeroy & Boch [Österreich], Villeroy & Boch [Frankreich] Adressaten dieses Beschlusses, denn sie haften gesamtschuldnerisch für ihr eigenes Verhalten sowie für das Verhalten von Villeroy & Boch Nederland B.V und ab dem 1. November 1999 das Verhalten von Ucosan, die alle Teil des Unternehmens sind, das die Zuwiderhandlung begangen hat.“

90      In Tabelle D des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass sich Villeroy & Boch vom 1. November 1999 bis zum 9. November 2004 an einem Kartell in Bezug auf Duschabtrennungen beteiligt habe.

91      Die drei Hauptargumente, die Villeroy & Boch insoweit anführt, sind im Licht der Erwägungsgründe und von Tabelle D des angefochtenen Beschlusses, die in den Randnrn. 89 und 90 des vorliegenden Urteils dargestellt sind, zu prüfen.

92      Als Erstes ist das Vorbringen von Villeroy & Boch als nicht stichhaltig zurückzuweisen, die Kommission habe ihr das wettbewerbswidrige Verhalten von Ucosan vor dem 1. November 1999 nicht zurechnen können, da sie nur 50 % der Anteile dieser Gesellschaft gehalten habe. Es kann dahinstehen, ob der Wortlaut von Randnr. 1111 des angefochtenen Beschlusses mehrdeutig ist und dahin missverstanden werden könnte, dass die Kommission Villeroy & Boch Nederland BV mit einer Sanktion habe belegen wollen; aus den in Randnr. 89 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Randnrn. 1106 und 1110 und Tabelle D des angefochtenen Beschlusses geht jedenfalls eindeutig hervor, dass die Kommission die Beteiligung von Ucosan an dem Kartell erst ab dem 1. November 1999 berücksichtigt hat, dem Tag, an dem Villeroy & Boch alleinige Anteilseignerin dieser Gesellschaft geworden war, was die Kommission im Übrigen in ihren Schriftsätzen bestätigt. Das Vorbringen von Villeroy & Boch, es ergebe sich aus Randnr. 285 des angefochtenen Beschlusses, dass die Kommission zu Unrecht angenommen habe, dass sie sich vor 1999 an der Zuwiderhandlung beteiligt habe, ist als nicht stichhaltig zurückzuweisen; in dieser Randnummer stellt die Kommission nämlich lediglich fest, dass „Villeroy & Boch ab der Übernahme von Ucosan aktiv [war] und … an [ADA/ABD]-Treffen teilgenommen [hat]“.

93      Allerdings ist festzustellen, dass Tabelle D in Anhang 3 des angefochtenen Beschlusses mit den Daten der Teilnahme der Unternehmen an den ADA/ABD-Treffen einen Fehler enthält, worauf auch Villeroy & Boch hinweist; nach dieser Tabelle soll nämlich „Villeroy & Boch (Ucosan)“ in der Zeit vom 17. September 1996 bis zum 9. Juni 1999 – also vor dem Erwerb von Ucosan durch Villeroy & Boch – an sechs ADA/ABD-Treffen teilgenommen haben. Da die Tabelle aber im Licht der Randnrn. 285, 1106 und 1110 des angefochtenen Beschlusses auszulegen ist, ist festzustellen, dass es sich um einen Schreibfehler der Kommission handelt; denn Villeroy & Boch war erst ab 1999 alleinige Anteilseignerin von Ucosan. Dieser Schreibfehler ist nicht geeignet, die Analyse der Kommission in den Randnrn. 285, 1106 und 1110 des angefochtenen Beschlusses zu entkräften und die materielle Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses insoweit in Frage zu stellen.

94      Das erste Argument von Villeroy & Boch ist daher zurückzuweisen.

95      Als Zweites macht Villeroy & Boch mit drei Argumenten geltend, dass die Kommission ihr das wettbewerbswidrige Verhalten von Ucosan nach dem 1. November 1999 nicht habe zurechnen können.

96      Erstens könne ihr das wettbewerbswidrige Verhalten von Ucosan nicht zugerechnet werden, weil dieses Unternehmen autonom auf dem Markt gehandelt habe. Dem Gründer und Geschäftsführer von Ucosan sei vertraglich die operative Endverantwortung eingeräumt worden; für Marketing und Verkauf sei allein er verantwortlich gewesen.

97      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass einer Muttergesellschaft das Verhalten einer Tochtergesellschaft nach der Rechtsprechung insbesondere dann zugerechnet werden kann, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen den beiden Rechtssubjekten (Urteile des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Akzo Nobel u. a./Kommission, C‑97/08 P, Slg. 2009, I‑8237, Randnr. 58, und vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg. 2011, I‑8974, Randnr. 54). Der Gerichtshof hat entschieden, dass in dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die sich wettbewerbswidrig verhalten hat, zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann und zum anderen eine widerlegbare Vermutung besteht, dass diese Gesellschaft tatsächlich einen solchen Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt (im Folgenden: Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses) (vgl. in diesem Sinne Urteile Akzo Nobel u. a./Kommission, Randnr. 60, und Elf Aquitaine/Kommission, Randnr. 56). Demnach durfte die Kommission im vorliegenden Fall, da Villeroy & Boch alleinige Anteilseignerin von Ucosan war, vermuten, dass diese beiden Gesellschaften eine wirtschaftliche Einheit darstellten; es oblag ihnen, diese Vermutung zu widerlegen, und zwar mit dem Beweis, dass Ucosan autonom auf dem Markt gehandelt hat.

98      Die Argumente, die Villeroy & Boch zur Widerlegung der Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses auf Ucosan vorgebracht hat, sind von der Kommission in den Randnrn. 1109 und 1110 des angefochtenen Beschlusses mit einer Begründung zurückgewiesen worden, die Villeroy & Boch vor dem Gericht nicht beanstandet. Wie die Kommission aber in diesen Randnummern zu Recht festgestellt hat, beweisen die Behauptungen von Villeroy & Boch, Ucosan sei durch ihren Gründer geleitet worden und diesem sei 1989, als ihre Anteile zu 50 % von ihrem Gründer und zu 50 % von Villeroy & Boch gehalten worden seien, die operative Endverantwortung eingeräumt worden, nicht, dass Ucosan ab 1999, als ihre Anteile zu 100 % von Villeroy & Boch gehalten wurden, autonom auf dem Markt gehandelt hätte.

99      Das Vorbringen von Villeroy & Boch, die Kommission habe ihr das wettbewerbswidrige Verhalten von Ucosan nicht zurechnen dürfen, ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

100    Zweitens macht Villeroy & Boch geltend, sie habe weder selbst noch über Ucosan an Treffen teilgenommen, bei denen eine regelmäßige Koordinierung von Preiserhöhungen vorgenommen worden wäre.

101    Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Kommission in den Randnrn. 173, 174 und 176 des angefochtenen Beschlusses Folgendes festgestellt hat:

„173      Ähnliche Absprachen wurden zwischen Herstellern von Duschabtrennungen getroffen, und zwar vorwiegend im Rahmen des [ADA/ABD]. Die Akten der Kommission enthalten Beweise für die systematische und kontinuierliche Koordinierung geplanter Preiserhöhungen (und anderer Preisgestaltungselemente wie Rabatte) zwischen Herstellern von Duschabtrennungen seit mindestens 1994. Laut den [Erklärungen] von Masco [im Rahmen ihres Antrags auf Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002] bezüglich Duschabtrennungen besprachen die Mitglieder ihre geplanten Preiserhöhungen zwischen Mai und Juli eines jeden Jahres (also vor der Ankündigung an die Kunden im Herbst). Die Wettbewerber unterbreiteten konkrete Vorschläge für eine Preiserhöhung oder eine Mindestpreiserhöhung oder eine höhere Preisspanne, auf deren Grundlage eine Vereinbarung getroffen wurde. Da sich die Wettbewerber der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst waren, wurden diese Vorgänge in den offiziellen Sitzungsprotokollen nicht festgehalten. Es wurde auch vereinbart, wann die Preisankündigungsschreiben an die Kunden versandt werden sollten und welches Unternehmen die Schreiben als erstes versenden würde. Während der internen Preisfestsetzung telefonierten die Wettbewerber gelegentlich auch miteinander, um die beabsichtigten Preiserhöhungen zu erörtern.

174      Die Preisabsprachen zwischen den Herstellern von Duschabtrennungen erreichten eine sehr hohe Intensität. Besonders hervorzuheben ist, dass die Mitglieder des ADA/ABD sehr enge Verbindungen zueinander entwickelt hatten. So ergriff die Gruppe z. B. zur Lösung des Problems gelegentlicher Unaufrichtigkeit zwischen den Mitgliedern vertrauensbildende Maßnahmen wie ein Wochenende in Wien zusammen mit den Gattinnen der Vertreter der Verbandsmitglieder. Gelegentlich verwendete die Gruppe sogar den Decknamen ‚Wiener Blut‘ (als Anspielung auf eine Blutsbrüderschaft), was bedeutet, dass die Mitglieder im Fall einer Abweichung von einer Vereinbarung die anderen Mitglieder absolut ehrlich darüber in Kenntnis setzen sollten. Im Zusammenhang mit der Überwachung der Umsetzung von Preiserhöhungen sandten die Beteiligten einander ihre Ankündigungsschreiben nicht an die Büroadresse, sondern an die Privatadresse. Ergänzend dazu fanden intensive bilaterale Kontakte zwischen Wettbewerbern statt. Wenn z. B. ein Handelsvertreter eines anderen Herstellers von Duschabtrennungen einen erheblich niedrigeren Preis als Masco anbot, fragte Masco telefonisch nach, warum der Preis so niedrig war. Solche Kontakte kamen nach Schätzung von Masco rund zehnmal pro Jahr vor.

176      Schließlich fanden Preisdiskussionen auch im Rahmen des [DSI/IFS] … statt. Dabei ging es um die Preispolitik insgesamt oder um Preisgestaltungsfragen von allgemeinem Interesse für alle Hersteller (z. B. zeitliche Koordinierung im Hinblick auf Preislisten).“

102    Villeroy & Boch bestreitet bei den meisten ADA/ABD-Treffen ihre Teilnahme. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission festgestellt hat, dass Villeroy & Boch oder Ucosan nur an sieben ADA/ABD-Treffen teilgenommen hätten; diese sind in Anhang 3 des angefochtenen Beschlusses bezeichnet und fanden in der Zeit vom 9. Juni 1999, d. h. einige Monate vor dem 1. November 1999, dem Tag, an dem Villeroy & Boch 100 % der Anteile von Ucosan erwarb, bis zum 9. November 2004, dem Tag, an dem die Kommission ihre Nachprüfungen durchführte, statt. Die sieben Treffen, an denen Ucosan teilgenommen haben soll, sollen am 9. Juni 1999, 24. Mai 2000, 30. Mai 2001, 15. Mai 2002, 16. Mai und 7. November 2003 und 4. Juni 2004 stattgefunden haben, wie aus der Tabelle in Anhang 3 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht. Außerdem weist die Kommission in ihren Schriftsätzen darauf hin, dass sie in Randnr. 176 des angefochtenen Beschlusses festgestellt habe, dass im Rahmen des DSI/IFS rechtswidrige Gespräche über die drei Produktuntergruppen, darunter die Duschabtrennungen, geführt worden seien, an denen Villeroy & Boch teilgenommen habe. Die DSI/IFS-Treffen, an denen Villeroy & Boch teilgenommen habe, seien in Anhang 1 des angefochtenen Beschlusses aufgeführt und hätten ab 1998 am 10. November 1998, 10. Februar und 5. Oktober 2000, 24. April, 23. Mai und 14. November 2001, 11. und 30. April und 4. Juli 2002, 9. April 2003 und 20. Juli 2004 stattgefunden.

103    Es ist unstreitig, dass im Badezimmerausstattungssektor jährliche Preisrunden erfolgten, wie die Kommission u. a. in den Randnrn. 157 und 158 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat; daher ist zu prüfen, ob die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass Villeroy & Boch oder Ucosan in den fünf Jahren vom 1. November 1999 bis zum 9. November 2004 an den ADA/ABD- oder DSI/IFS-Treffen teilgenommen haben. Die Kommission hat in Tabelle D des angefochtenen Beschlusses nämlich in Bezug auf diesen Zeitraum festgestellt, dass sich Villeroy & Boch durch ihre eigenen Handlungen oder die ihrer Tochtergesellschaft Ucosan an einer Zuwiderhandlung beteiligt habe.

104    Wie sich den Randnrn. 173 und 174 des angefochtenen Beschlusses entnehmen lässt, hat sich die Kommission zum Nachweis des Vorliegens eines Kartells in Bezug auf Duschabtrennungen nicht nur auf die in den Randnrn. 105 ff. des vorliegenden Urteils untersuchten schriftlichen Beweismittel gestützt, sondern auch auf die mündliche Aussage von Masco, die Gespräche zur Koordinierung der Preiserhöhungen bei Duschabtrennungen hätten im Rahmen des ADA/ABD stattgefunden. Entgegen dem Vorbringen von Villeroy & Boch, die Erklärungen von Masco seien nach dem Grundsatz testis unus, testis nullus (ein Zeuge, kein Zeuge) überhaupt nicht verwertbar, ist festzustellen, dass nach der Rechtsprechung die Aussage eines Unternehmens, das eine vollständige oder teilweise Ermäßigung der Geldbuße beantragt hat, wenn sie bestritten wird, für einen rechtlich hinreichenden Nachweis des Vorliegens und der Tragweite der gemeinsamen Übereinkunft durch andere Beweismittel untermauert werden muss (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Enso-Gutzeit/Kommission, T‑337/94, Slg. 1998, II‑1571, Randnr. 91, und Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 53 angeführt, Randnr. 285). Die Frage, ob die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass Villeroy & Boch oder Ucosan in der Zeit vom 1. November 1999 bis zum 9. November 2004 in Deutschland an rechtswidrigen Gesprächen über Duschabtrennungen teilgenommen haben, ist also im Licht der genannten Aussage von Masco und der von der Kommission beigebrachten materiellen Beweise zu prüfen, die im Folgenden untersucht werden.

105    Was die Beteiligung von Villeroy & Boch oder Ucosan an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Bezug auf Duschabtrennungen ab dem 1. November 1999 angeht, ist zu prüfen, ob die Kommission über Beweise für die Beteiligung vor oder ab diesem Zeitpunkt von Ucosan im Rahmen des ADA/ABD oder von Villeroy & Boch im Rahmen des DSI/IFS verfügte.

106    Die Kommission hat in Randnr. 197 und Anhang 1 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass Ucosan an der ADA/ABD-Generalversammlung vom 9. Juni 1999 teilgenommen habe, bei der nach den Aufzeichnungen von Masco keiner der anwesenden Duschabtrennungshersteller den unteren Preispunkt von 460 DM für ein bestimmtes Produkt habe in Frage stellen wollen. Die Klägerinnen bestreiten nicht, dass die beiden Vertreter von Ucosan die Anwesenheitsliste dieses Treffens paraphiert haben, wie die Kommission festgestellt hat. Villeroy & Boch macht im Wesentlichen geltend, die genannten Absprachen seien nicht eingehalten worden und in der mündlichen Aussage von Masco im Rahmen ihres Antrags auf Ermäßigung der Geldbuße sei von einer Anwesenheit von Villeroy & Boch keine Rede; dieses Vorbringen ist als ins Leere gehend zurückzuweisen. Es stellt nämlich nicht die Feststellung der Kommission in Frage, dass Ucosan bei diesem Treffen an Gesprächen über die Festlegung von Preisen teilgenommen hat und sich diese Gespräche ab diesem Zeitpunkt auf das folgende Jahr ausgewirkt haben.

107    Folglich hat die Kommission die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, an denen sich Ucosan im Rahmen des ADA/ABD zumindest ab dem 9. Juni 1999 beteiligt hat, für die Zeit ab dem 1. November 1999 zu Recht Villeroy & Boch zugerechnet. Daher kann dahinstehen, ob Villeroy & Boch 1999 im Rahmen des DSI/IFS an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat.

108    Was die Beteiligung von Villeroy & Boch oder Ucosan an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Bezug auf Duschabtrennungen im Jahr 2000 angeht, ist in Randnr. 203 des angefochtenen Beschlusses und in den Schriftsätzen der Kommission von einem DSI/IFS-Treffen am 5. Oktober 2000 die Rede.

109    Wie sich Randnr. 203 des angefochtenen Beschlusses entnehmen lässt, stützt sich die Kommission insoweit nicht nur auf einen Vermerk von Hansgrohe, in dem es heißt, dass die ADA/ABD-Mitglieder eine Preiserhöhung von 7,5 % vereinbart hätten, sondern auch auf die solche Gespräche untermauernde Aussage von Masco. Das Vorbringen von Villeroy & Boch, kein Schriftstück beweise ihre Teilnahme an dem genannten Treffen, ist als in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend zurückzuweisen. Wie die Kommission geltend macht, geht aus dem Vermerk von Hansgrohe zu dem genannten Treffen nämlich hervor, dass Villeroy & Boch das einzige Unternehmen sei, das eine Erhöhung seines Umsatzes zu verzeichnen habe. Auch das Vorbringen von Villeroy & Boch, die Aussage von Masco reiche allein nicht als Beweis aus, ist zurückzuweisen; denn die genannte Beurteilung der Kommission ist auch auf Notizen von Hansgrohe aus der Zeit der Zuwiderhandlung gestützt.

110    Die Kommission hat daher rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass Villeroy & Boch 2000 im Rahmen des DSI/IFS an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat. Folglich braucht nicht geprüft zu werden, ob in diesem Jahr auch Ucosan im Rahmen des ADA/ABD an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat, was von Villeroy & Boch bestritten wird.

111    Was die Beteiligung von Villeroy & Boch und Ucosan an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Bezug auf Duschabtrennungen im Jahr 2001 angeht, wird von Villeroy & Boch nicht bestritten, dass die DSI/IFS-Mitglieder bei ihrem Treffen vom 14. November 2001, an dem Villeroy & Boch teilgenommen hat, festgestellt haben, dass ihre Versuche, sich auf eine gemeinsame Vorgehensweise hinsichtlich des Zeitplans für Preiserhöhungen im Zusammenhang mit der Einführung des Euro, über die sie beim Treffen vom 5. Oktober 2000 zu diskutieren begonnen hatten, gescheitert seien, wie die Kommission in Randnr. 635 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat. Den rechtswidrigen Gegenstand dieser Gespräche über Preiserhöhungen, an denen die DSI/IFS-Mitglieder am 14. November 2001 teilgenommen haben, belegen das Schreiben des DSI/IFS an Ideal Standard vom 29. Juni 2001 und ein interner Vermerk von Ideal Standard, aus dem im Wesentlichen hervorgeht, dass hinsichtlich der „Euro-Preisumstellung 2002“ „auch die IFS-Mitglieder selbst … durchgängig folgenden Umsetzungsplan [beabsichtigen]: [u. a.] Bekanntgabe der Preiserhöhung in Euro zum 31. Juli 2001, differenziert nach Waren- und Produktgruppen“.

112    Die Kommission hat daher rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass Villeroy & Boch 2001 im Rahmen des DSI/IFS an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat. Folglich braucht nicht geprüft zu werden, ob in diesem Jahr auch Ucosan im Rahmen des ADA/ABD an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat, was von Villeroy & Boch bestritten wird.

113    Was die Beteiligung von Villeroy & Boch oder Ucosan an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Bezug auf Duschabtrennungen im Jahr 2002 angeht, ist festzustellen, dass es nach der Rechtsprechung zwar erforderlich ist, dass die Kommission aussagekräftige und übereinstimmende Beweise beibringt, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die behauptete Zuwiderhandlung stattgefunden hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1993, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, C‑89/85, C‑104/85, C‑114/85, C‑116/85, C‑117/85 und C‑125/85 bis C‑129/85, Slg. 1993, I‑1307, Randnr. 127, und Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, Slg. 2000, II‑2707, Randnrn. 43 und 72); jedoch muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei einer Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, im Folgenden: PVC II, Randnrn. 768 bis 778, insbesondere Randnr. 777, im Rechtsmittelverfahren vom Gerichtshof speziell in diesem Punkt bestätigt mit Urteil vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnrn. 513 bis 523).

114    In Anbetracht der Bekanntheit des Verbots wettbewerbswidriger Vereinbarungen kann von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie Beweisstücke vorlegt, die eine Kontaktaufnahme zwischen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen. Die lückenhaften und vereinzelten Beweiselemente, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, müssen jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung kann folglich aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 32 angeführt, Randnrn. 55 bis 57, und Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T‑44/02 OP, T‑54/02 OP, T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP, Slg. 2006, II‑3567, Randnrn. 64 und 65).

115    Im Übrigen muss die Kommission nach der Rechtsprechung, soweit es an Beweismaterialien fehlt, mit denen die Dauer der Zuwiderhandlung direkt belegt werden kann, zumindest Beweismaterialien beibringen, die sich auf Fakten beziehen, die zeitlich so nahe beieinanderliegen, dass sie vernünftigerweise den Schluss zulassen, dass die Zuwiderhandlung zwischen zwei konkreten Zeitpunkten ohne Unterbrechung erfolgt ist (vgl. Urteile des Gerichts vom 7. Juli 1994, Dunlop Slazenger/Kommission, T‑43/92, Slg. 1994, II‑441, Randnr. 79, und vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).

116    Im vorliegenden Fall geht aus den Notizen von Hansgrohe über die Gespräche der DSI/IFS-Mitglieder im Rahmen des Treffens vom 11. April 2002, an dem Villeroy & Boch teilgenommen hat, hervor, dass die neuen, ab 2003 gültigen Preislisten für Duschabtrennungen im Oktober 2002 an die Kunden verschickt würden. Wie die Kommission in Randnr. 217 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, bestätigen diese Gespräche den Inhalt eines Treffens des Lenkungsausschusses der AGSI, an dem Villeroy & Boch nicht teilgenommen hat und bei dem sich bestimmte Hersteller von Duschabtrennungen darauf geeinigt haben sollen, ab dem 1. Januar 2003 neue Preise anzuwenden, wie sich aus handschriftlichen Notizen ergibt. Es kann dahinstehen, ob, wie Villeroy & Boch behauptet, Gespräche über die Auswirkungen der Einführung des Euro auf den Zeitplan der Preiserhöhungen für sich genommen keinen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellten, weil sie nicht bewiesen, dass sich die DSI/IFS-Mitglieder über ihre Preiserhöhungen abgestimmt hätten; jedenfalls stellen diese Gespräche einen Beweis dafür dar, dass Villeroy & Boch und ihre Wettbewerber zwischen 2001 und 2003 weiter sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht haben, wie aus den Randnrn. 111 und 118 des vorliegenden Urteils hervorgeht.

117    Die Kommission hat daher rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass Villeroy & Boch zumindest 2002 ihre Beteiligung an den rechtswidrigen Verhaltensweisen im Rahmen der DSI/IFS, die 2001 stattgefunden haben und 2003 fortgesetzt wurden, nicht unterbrochen hat. Folglich braucht nicht geprüft zu werden, ob in diesem Jahr auch Ucosan im Rahmen des ADA/ABD an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat, was von Villeroy & Boch bestritten wird.

118    Was die Beteiligung von Villeroy & Boch oder Ucosan an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Bezug auf Duschabtrennungen im Jahr 2003 angeht, hat die Kommission in Randnr. 228 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die bei der ADA/ABD-Versammlung vom 7. November 2003 anwesenden Unternehmen, darunter Villeroy & Boch, an rechtswidrigen Gesprächen über Preiserhöhungen teilgenommen hätten. Nach Nr. 4 des Protokolls dieses Treffens kündigte Villeroy & Boch eine Preiserhöhung ab dem 1. Januar 2004 von 2,5 % an. Die Behauptung von Villeroy & Boch hierzu, es gebe keine Beweise für ihre Teilnahme an dieser ADA/ABD-Versammlung vom 7. November 2003, wird widerlegt durch die Anwesenheitsliste dieser Versammlung, die von dem Vertreter dieser Gesellschaft unterschrieben ist.

119    Die Kommission hat daher rechtlich hinreichend bewiesen, dass Villeroy & Boch 2003 im Rahmen des ADA/ABD an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat. Folglich braucht nicht geprüft zu werden, ob in diesem Jahr auch Ucosan im Rahmen des DSI/IFS an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat.

120    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch oder Ucosan an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Bezug auf Duschabtrennungen im Jahr 2004 angeht, geht, wie Villeroy & Boch im Wesentlichen geltend macht, zwar aus keinem Beweismittel, das die Kommission zu den beiden Treffen beigebracht hat, an denen Villeroy & Boch im Rahmen des ADA/ABD am 4. Juni 2004 und im Rahmen des DSI/IFS am 20. Juli 2004 teilgenommen hat, hervor, dass die Mitglieder dieser Verbände ihre Preiserhöhungen koordiniert hätten.

121    Wie die Kommission im Wesentlichen in Randnr. 238 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, lässt sich aber dem handschriftlichen Bericht über das DSI/IFS-Treffen vom 20. Juli 2004 entnehmen, dass die Mitglieder dieses Dachverbands, darunter Villeroy & Boch, detaillierte Geschäftsinformationen über die einzelnen Unternehmen hinsichtlich der Entwicklung des Umsatzes in Deutschland, der Ausfuhren und der Wachstumsprognosen austauschten. In diesem Bericht wird z. B. zu Villeroy & Boch ausgeführt, dass ihr Umsatz um 5,5 % gestiegen sei, dass die Ausfuhren stiegen und dass hinsichtlich des Umsatzes in Deutschland eine Steigerung von 5 % prognostiziert werde. Der Informationsaustausch betraf also sensible Geschäftsinformationen, die geeignet waren, die Ungewissheit hinsichtlich des zukünftigen Verhaltens der Wettbewerber auf dem Markt zu senken.

122    Im Übrigen heißt es in einem in Randnr. 237 des angefochtenen Beschlusses angeführten Schreiben des ADA/ABD an seine Mitglieder vom 19. Mai 2004, dessen Inhalt von Villeroy & Boch nicht bestritten wird, jedenfalls, dass „der Sinn der schon seit vielen Jahren durchgeführten Absatz- und Umsatzmeldungen Duschabtrennungen war, dass die einzelnen Mitgliedsunternehmen des früheren ADA möglichst zeitnah Kenntnis darüber erhielten, wie sich ihr eigener Marktanteil im Verhältnis zu den Kollegenfirmen entwickelt hat“.

123    Entgegen dem Vorbringen von Villeroy & Boch hat die Kommission daher zu Recht festgestellt, dass der genannte Austausch vertraulicher Informationen nicht nur deshalb wettbewerbswidrig war, weil er die 2003 für das Jahr 2004 beschlossene Koordinierung der Preiserhöhungen begleitete, sondern auch, weil er insofern gegen die Wettbewerbsregeln verstieß, als über alle Wettbewerber Angaben gemacht wurden, so dass diese ihr zukünftiges geschäftliches Verhalten auf dem Markt mit größerer Sicherheit vorhersehen konnten.

124    Nach den Feststellungen in den Randnrn. 88 bis 123 des vorliegenden Urteils hat die Kommission mithin zu Recht festgestellt, dass sich Villeroy & Boch vom 1. November 1999 bis zum 9. November 2004 an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Deutschland in Bezug auf Duschabtrennungen beteiligt hat.

125    Die zweite Rüge des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

–       Zur dritten Rüge: keine Zuwiderhandlung in Deutschland in Bezug auf Sanitärkeramik

126    Mit ihrer dritten Rüge macht Villeroy & Boch im Wesentlichen geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass sie sich an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Deutschland in Bezug auf Sanitärkeramik beteiligt hätte. Sie wendet sich gegen die entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Beschluss und in den Schriftsätzen der Kommission.

127    Vorab ist festzustellen, dass Villeroy & Boch in der Erwiderung zur Kenntnis nimmt, dass die Kommission in ihren Schriftsätzen feststellt, dass ihr ein Schreibfehler bei der Bezeichnung eines Dokuments unterlaufen ist, auf das in Randnr. 175 des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen wird; Villeroy & Boch bestreitet nicht, Zugang zu diesem Dokument gehabt zu haben. Daher ist das Vorbringen von Villeroy & Boch in der Klageschrift, sie habe keinen Zugang zu bestimmten mündlichen Erklärungen gehabt, auf die in der genannten Randnummer Bezug genommen werde, zurückzuweisen.

128    Soweit Villeroy & Boch ihre Beteiligung an vor dem 7. Juli 2000 begonnenen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Bezug auf Sanitärkeramik bestreitet, ist ihr Vorbringen als ins Leere gehend zurückzuweisen. Denn die Kommission hat in Randnr. 286 des angefochtenen Beschlusses zwar festgestellt, dass von September 1994 bis November 2004 wettbewerbswidrige Gespräche geführt worden seien; wie eindeutig aus Randnr. 285 und Tabelle D des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, hat sie Villeroy & Boch aber wegen ihrer Beteiligung an diesen Verhaltensweisen nur für die Zeit vom 7. Juli 2000 bis zum 9. November 2004 zur Verantwortung gezogen.

129    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch an den Sanitärkeramik betreffenden Treffen in Deutschland angeht, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission festgestellt hat, dass dieses Unternehmen in der Zeit vom 5. Oktober 2000 bis zum 20. Juli 2004 an neun DSI/IFS-Treffen (vgl. Anhang 1 des angefochtenen Beschlusses) und in der Zeit vom 7. und 8. Juli 2008 bis zum 4. und 5. Juli 2003 an den sieben Treffen des FSKI, des auf Sanitärkeramik spezialisierten Verbands (vgl. Anhang 4 des angefochtenen Beschlusses), teilgenommen hat.

130    Es ist unstreitig, dass es im Badezimmerausstattungssektor jährliche Preisrunden gab, wie in Randnr. 103 des vorliegenden Urteils ausgeführt; daher ist für jedes der fünf Jahre des Zeitraums vom 7. und 8. Juli 2000 bis zum 9. November 2004, dem Tag, an dem die Kommission ihre unangekündigten Nachprüfungen durchführte, zu prüfen, ob die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass Villeroy & Boch im Rahmen eines DSI/IFS- oder FSKI-Treffens an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat.

131    Was das erste FSKI-Treffen vom 7. und 8. Juli 2000 angeht, bezüglich dessen die Kommission davon ausgegangen ist, dass Villeroy & Boch an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Deutschland teilgenommen hat, wird von Villeroy & Boch bestritten, dass dort solche Gespräche geführt worden seien.

132    Wie in Randnr. 200 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, geht aus dem von Ideal Standard erstellten Protokoll des FSKI-Treffens vom 12. Juli 2000, bei dem die deutschen Vertreter der wichtigsten Hersteller von Sanitärkeramik in Deutschland zusammenkamen, hervor, dass nach Aussage eines Vertreters der Duravit AG „der französische Markt eine außerordentliche Preiserhöhung mit einem TZ von +3 % bekanntgegeben“ habe und demgemäß „die Regel Preiserhöhung von +4 % weiter [fortgesetzt]“ werden solle.

133    Insofern macht Villeroy & Boch geltend, das Protokoll des FSKI-Treffens vom 12. Juli 2000 stelle keinen Beweis für die Zuwiderhandlung in Deutschland dar und die Kommission könne sich nicht auf ein einziges Beweismittel stützen, ohne gegen den Grundsatz testis unus, testis nullus zu verstoßen.

134    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Protokoll des FSKI-Treffens vom 12. Juli 2000 entgegen dem Vorbringen von Villeroy & Boch eindeutig beweist, dass bei einem Gespräch der deutschen Vertreter der Sanitärkeramikhersteller im FSKI von einer zukünftigen Preiserhöhung von 4 % die Rede war. Wie die Kommission geltend macht, geht aus diesem Protokoll entgegen dem Vorbringen von Villeroy & Boch ebenfalls eindeutig hervor, dass die Bezugnahme auf den französischen Markt bei diesem Treffen nur zu Vergleichszwecken erfolgte, das in Rede stehende Gespräch aber Preiserhöhungen in Deutschland betraf.

135    Außerdem genügt dieses Protokoll des FSKI-Treffens vom 12. Juli 2000, bei dem unstreitig ist, dass es in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Treffen erstellt wurde, bereits für den Beweis, dass rechtswidrige Gespräche über zukünftige Preiserhöhungen stattfanden. Es stellt nämlich einen direkten Beweis der Tatsachen dar, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, und seine Beweiskraft wird nicht bereits dadurch in Frage gestellt, dass es von Ideal Standard erstellt worden ist, die eine Ermäßigung der Geldbuße im Rahmen der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 beantragt hat. Im Übrigen tritt Villeroy & Boch dem Vorbringen der Kommission, aus dem angefochtenen Beschluss gehe hervor, dass in dem betreffenden Sektor die Preiserhöhung im Regelfall bei etwa 4 % gelegen habe, nicht entgegen, was die Beweiskraft des in Rede stehenden Protokolls verstärkt.

136    Ferner ist das Vorbringen von Villeroy & Boch als nicht stichhaltig zurückzuweisen, sie habe sich persönlich an keiner rechtswidrigen Vereinbarung beteiligt, da aus dem genannten Protokoll nicht hervorgehe, dass sich die Teilnehmer des genannten Treffens mit ihr auf irgendetwas geeinigt hätten. Die bloße Anwesenheit von Villeroy & Boch bei einem Treffen, bei dem Wettbewerber über die zukünftigen Erhöhungen der Preise für Sanitärkeramik gesprochen haben, genügt nämlich für den Beweis der Beteiligung dieses Unternehmens an einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV.

137    Die Kommission hat daher rechtlich hinreichend bewiesen, dass Villeroy & Boch 2000 im Rahmen des FSKI bei den Treffen vom 7. und 8. Juli 2000 an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik teilgenommen hat. Folglich braucht nicht geprüft zu werden, ob Villeroy & Boch in diesem Jahr auch im Rahmen des DSI/IFS an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat, was von ihr bestritten wird.

138    Zu dem FSKI-Treffen vom 13. Juli 2001, an dem Villeroy & Boch teilgenommen hat, hat die Kommission in Randnr. 215 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass sich die Teilnehmer bei diesem Treffen u. a. darauf geeinigt hätten, einen einheitlichen Rabatt für bei Großhändlern ausgestellte Produkte in Höhe von 50 % festzulegen, und darauf, dass bei Sanitärkeramik „Limitpreise fixiert werden [sollten]“. Aus Fn. 183 des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass sich die Kommission zum Nachweis dieser Tatsachen auf Unterlagen gestützt hat, die im Rahmen der unangekündigten Nachprüfungen der Kommission erlangt wurden.

139    Hierzu ist festzustellen, dass Villeroy & Boch nicht dargetan hat, dass die Kommission hinsichtlich der rechtswidrigen Gespräche, die bei dem genannten Treffen geführt worden sein sollen, einen Fehler begangen hätte; Villeroy & Boch macht nämlich lediglich geltend: „Was die dort angesprochenen ‚Ausstellungsrabatte‘ und Angaben zu Preiserhöhungen angeht, so ist der Klägerin keine diesbezügliche Absprache bekannt“. Das Vorbringen von Villeroy & Boch zum FSKI-Treffen vom 13. Juli 2001 ist daher zurückzuweisen.

140    Die Kommission hat somit rechtlich hinreichend bewiesen, dass Villeroy & Boch 2001 im Rahmen des FSKI beim Treffen vom 13. Juli 2001 an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik teilgenommen hat. Folglich braucht nicht geprüft zu werden, ob Villeroy & Boch in diesem Jahr auch im Rahmen des DSI/IFS an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat, was von ihr bestritten wird.

141    Zur Teilnahme von Villeroy & Boch an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik im Jahr 2002 ist zunächst festzustellen, dass aus Anhang 4 des angefochtenen Beschlusses zwar hervorgeht, dass dieses Unternehmen an den beiden DSI/IFS-Treffen vom 23. Januar und 5. Juli 2002 teilgenommen hat, die Kommission im angefochtenen Beschluss aber nicht festgestellt hat, dass bei diesen Treffen rechtswidrige Gespräche geführt worden wären.

142    Außerdem geht aus Anhang 1 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass Villeroy & Boch im Jahr 2002 an drei DSI/IFS-Treffen teilgenommen hat, nämlich an den beiden Treffen vom 11. und 30. April 2002 und an dem Treffen vom 4. Juli 2002, nicht aber an dem Treffen vom 20. November 2002, was die Kommission in Beantwortung der an sie gerichteten prozessleitenden Maßnahmen des Gerichts bestätigt hat. Zu den drei Treffen, an denen Villeroy & Boch teilgenommen hat, hat die Kommission in Randnr. 217 des angefochtenen Beschlusses aber lediglich festgestellt, dass beim Treffen vom 11. April 2002 die Erhöhung der Preise für die drei Produktuntergruppen im Jahr 2003 erörtert worden sei. Dem Protokoll des DSI/IFS-Treffens und den handschriftlichen Notizen des Vertreters von Hansgrohe über dieses Treffen vom 11. April 2002, auf die die Kommission in Fn. 189 des angefochtenen Beschlusses verweist, lässt sich aber nicht entnehmen, dass die in Rede stehenden Gespräche speziell Sanitärkeramik betroffen hätten.

143    Nach den Ausführungen in den Randnrn. 141 und 142 des vorliegenden Urteils und der in den Randnrn. 113 bis 115 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung ist festzustellen, dass zwar keine unmittelbaren Beweise dafür vorliegen, dass 2002 rechtswidrige Treffen stattgefunden hätten, bei denen die Sanitärkeramikhersteller ihre Preiserhöhungen koordiniert hätten; wegen der Teilnahme von Villeroy & Boch im Jahr 2001 an rechtswidrigen Gesprächen über Erhöhungen der Preise für Sanitärkeramik im Jahr 2002 haben sich die wettbewerbswidrigen Wirkungen dieser Gespräche aber im Laufe des Jahres 2002 entfaltet (vgl. Randnrn. 138 bis 140 des vorliegenden Urteils). Außerdem hat die Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass im vorausgegangenen (vgl. Randnr. 140 des vorliegenden Urteils) und im folgenden Jahr (vgl. Randnrn. 144 bis 146 des vorliegenden Urteils) innerhalb desselben Verbands von denselben Teilnehmern rechtswidrige Gespräche geführt wurden, zu Recht festgestellt, dass Villeroy & Boch, da sie sich von den geführten rechtswidrigen Gesprächen nicht offen distanziert hatte, ihre Beteiligung an den rechtswidrigen Verhaltensweisen 2002 nicht unterbrochen hat.

144    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch an rechtswidrigen Gesprächen im Jahr 2003 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass dieses Unternehmen an den FSKI-Treffen vom 17. Januar und 4. und 5. Juli 2003 teilgenommen habe. Hierzu hat die Kommission in den Randnrn. 753 und 754 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, die Sanitärkeramikhersteller hätten sich dem Protokoll dieses Treffens zufolge darauf geeinigt, dass die Erhöhung der Mautkosten nicht nur von ihnen getragen werde, sondern an ihre Kunden weitergegeben werde, was von Villeroy & Boch nicht bestritten wird. Außerdem heißt es in diesem Protokoll, dessen Glaubhaftigkeit von Villeroy & Boch nicht in Zweifel gezogen wird, eine solche Erhöhung, die zwischen 0,2 % und 0,4 % des Umsatzes betrage, müsse behutsam angegangen werden.

145    Das Vorbringen von Villeroy & Boch, es sei eine „ökonomische Binsenweisheit“, dass die Erhöhung der Straßenmaut zu einer Erhöhung der Preise führe, und der deutsche Bundesverkehrsminister habe im Internet erklärt, dass diese Erhöhung an die Verbraucher weitergegeben werde, lässt nicht den Schluss zu, dass die Kommission fehlerhaft festgestellt hätte, dass die in Rede stehenden Gespräche rechtswidrig waren. Einigen sich Wettbewerber darauf, die Erhöhung ihrer Kosten weiterzugeben, stellt dies nämlich unabhängig davon, ob eine solche geschäftliche Reaktion bei einer Erhöhung der Rohstoff- oder Vertriebskosten vorhersehbar ist oder nicht, eine wettbewerbswidrige Verhaltensweise dar. Außerdem beseitigt ein solcher Informationsaustausch die zwischen den Wettbewerbern bestehende Unsicherheit hinsichtlich der Frage, ob die genannten Kosten teilweise oder ganz getragen oder an die Kunden weitergegeben werden; er kommt einer Koordinierung einer Preiserhöhung in Höhe der an die Kunden der Keramikhersteller weitergegebenen Mehrkosten gleich.

146    Die Kommission hat daher rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass Villeroy & Boch im Jahr 2003 am 17. Januar und am 4. und 5. Juli im Rahmen des FSKI an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik teilgenommen hatte. Folglich braucht nicht geprüft zu werden, ob Villeroy & Boch in diesem Jahr auch im Rahmen des DSI/IFS an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat, was von ihr bestritten wird.

147    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Deutschland im Jahr 2004 angeht, lässt sich den Beweismitteln, die die Kommission zum DSI/IFS-Treffen vom 20. Juli 2004 beigebracht hat, an dem Villeroy & Boch teilgenommen hat, nicht entnehmen, dass die Mitglieder dieses Dachverbands ihre Preiserhöhungen koordiniert hätten.

148    Wie bereits in Randnr. 121 des vorliegenden Urteils ausgeführt, geht aus dem handschriftlichen Bericht über das DSI/IFS-Treffen vom 20. Juli 2004 allerdings hervor, dass die Mitglieder dieses Dachverbands, darunter Villeroy & Boch, detaillierte Geschäftsinformationen über die einzelnen Unternehmen hinsichtlich der Entwicklung des Umsatzes in Deutschland, der Ausfuhren und der Wachstumsprognosen austauschten, wie die Kommission im Wesentlichen in Randnr. 238 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat. In diesem Bericht wird z. B. zu Villeroy & Boch ausgeführt, dass ihr Umsatz um 5,5 % gestiegen sei, dass die Ausfuhren stiegen und dass hinsichtlich des Umsatzes in Deutschland eine Steigerung von 5 % prognostiziert werde. Das Vorbringen von Villeroy & Boch, es habe sich dabei nicht um einen rechtswidrigen Informationsaustausch gehandelt, ist als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

149    Entgegen dem Vorbringen von Villeroy & Boch hat die Kommission daher zu Recht festgestellt, dass dieser Austausch vertraulicher Informationen nicht nur deshalb wettbewerbswidrig war, weil er die 2003 für das Jahr 2004 beschlossene Koordinierung der Preiserhöhungen begleitete, sondern auch, weil er einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln darstellte; aufgrund der ausgetauschten Informationen konnten Villeroy & Boch und ihre Wettbewerber nämlich ihr zukünftiges geschäftliches Verhalten auf dem Markt mit größerer Sicherheit vorhersehen.

150    Die Kommission hat also keinen Fehler begangen, indem sie festgestellt hat, dass Villeroy & Boch in der Zeit vom 7. und 8. Juli 2000 bis zum 9. November 2004, dem Tag, an dem die Kommission ihre Nachprüfungen durchführte, an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Deutschland teilgenommen hatte.

151    Aus den Randnrn. 124 bis 150 des vorstehenden Urteils ergibt sich somit, dass die dritte Rüge des ersten Teils des dritten Klagegrundes und somit der erste Teil des dritten Klagegrundes insgesamt als unbegründet zurückzuweisen sind.

 Zum zweiten Teil: keine Zuwiderhandlung in Österreich

152    Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich machen geltend, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass sie sich an einem Kartell auf dem österreichischen Markt beteiligt hätten. Der zweite Teil des vorliegenden Klagegrundes lässt sich in zwei Hauptrügen unterteilen.

153    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

–       Zur ersten Rüge: Zurechnung des Verhaltens von Villeroy & Boch Österreich an Villeroy & Boch

154    Villeroy & Boch macht geltend, sie könne nicht für die von Villeroy & Boch Österreich begangene Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden. Die Rechtsprechung der europäischen Gerichte zur Zurechnung des wettbewerbswidrigen Verhaltens einer 100%igen Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft verstoße gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen und die Unschuldsvermutung, die in der mit der Annahme des Vertrags von Lissabon in Kraft getretenen Charta der Grundrechte anerkannt seien, sowie gegen den Grundsatz, dass Einschränkungen der in der Charta der Grundrechte anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein müssten, und nicht nur durch eine Verwaltungspraxis oder durch die Rechtsprechung. Die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses komme einer Schuldvermutung gleich. Die Rechtsprechung der europäischen Gerichte müsse sich insoweit also fortentwickeln.

155    Hierzu ist festzustellen, dass einer Muttergesellschaft nach der in Randnr. 97 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung das Verhalten einer 100%igen Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden kann, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen den beiden Rechtssubjekten. Der Gerichtshof hat insoweit präzisiert, dass in dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft 100 % des Kapitals ihrer Tochtergesellschaft hält, die einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln der Union begangen hat, zum einen diese Muttergesellschaft einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten dieser Tochtergesellschaft ausüben kann und zum anderen eine widerlegbare Vermutung besteht, dass diese Muttergesellschaft tatsächlich einen solchen Einfluss ausübt.

156    Mit der Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses soll u. a. ein Gleichgewicht zwischen der Bedeutung des Ziels, Verhaltensweisen, die gegen die Wettbewerbsregeln, insbesondere gegen Art. 101 AEUV, verstoßen, zu unterbinden und ihre Wiederholung zu verhindern, einerseits und den Anforderungen bestimmter allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts wie etwa der Unschuldsvermutung, der Grundsätze der individuellen Zumessung von Strafen und der Rechtssicherheit sowie der Verteidigungsrechte einschließlich des Grundsatzes der Waffengleichheit andererseits hergestellt werden. Insbesondere aus diesem Grund ist die Vermutung widerlegbar (Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Randnr. 97 angeführt, Randnr. 59).

157    Aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen folgt, dass das Gesetz die Straftaten und die für sie angedrohten Strafen klar definieren muss. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Rechtsunterworfene anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung und nötigenfalls mit Hilfe ihrer Auslegung durch die Gerichte erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine strafrechtliche Verantwortung begründen (Urteil des Gerichtshofs vom 22. Mai 2008, Evonik Degussa/Kommission, C‑266/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 39). Dieser Grundsatz wird durch Art. 49 Abs. 1 der Charta der Grundrechte bekräftigt.

158    Der Grundsatz der Unschuldsvermutung bedeutet, dass jede beschuldigte Person bis zum rechtsförmlich erbrachten Beweis ihrer Schuld als unschuldig gilt. Sie verbietet damit jede ausdrückliche Feststellung und selbst jede Anspielung auf die Verantwortlichkeit einer eines bestimmten Verstoßes beschuldigten Person in einer verfahrensbeendenden Entscheidung, wenn diese Person nicht alle im Rahmen eines normalen, mit einer Sachentscheidung abzuschließenden Verfahrensablaufs zur Ausübung der Verteidigungsrechte erforderlichen Garantien in Anspruch nehmen konnte (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Oktober 2007, Pergan Hilfsstoffe für industrielle Prozesse/Kommission, T‑474/04, Slg. 2007, II‑4225, Randnr. 76). Dieser Grundsatz wird in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte bekräftigt.

159    Im vorliegenden Fall hat die Kommission in Randnr. 1101 des angefochtenen Beschlusses zunächst festgestellt, dass Villeroy & Boch im gesamten Zeitraum der festgestellten Zuwiderhandlung 100%ige Eigentümerin der Villeroy & Boch Österreich gewesen sei, dann in Randnr. 1106 des angefochtenen Beschlusses, dass Villeroy & Boch nicht „versucht [hat], die Vermutung zu widerlegen, dass sie Einfluss auf ihre … Tochtergesellschaften … ausgeübt hat“, bei denen es sich um 100%ige oder nahezu 100%ige Tochtergesellschaften gehandelt habe, die in der Preisgestaltung nicht autonom gewesen seien und Rechnungen bei einem Teil der Produkte sogar im Namen von Villeroy & Boch ausgestellt hätten – Feststellungen, die von Villeroy & Boch nicht bestritten würden.

160    Die Kommission kann nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 gegen Unternehmen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, u. a., wenn sie gegen Art. 101 AEUV verstoßen haben; da Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich ein einheitliches Unternehmen darstellen, hat die Kommission, indem sie Villeroy & Boch das wettbewerbswidrige Verhalten ihrer Tochtergesellschaft zugerechnet hat, also nicht gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit verstoßen. Das Vorbringen von Villeroy & Boch, der Begriff des einheitlichen Unternehmens könne die Zurechnung des wettbewerbswidrigen Verhaltens einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft nicht erklären, ist somit als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

161    Außerdem hat Villeroy & Boch im Verwaltungsverfahren nichts vorgebracht, um die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen, obwohl sie hierzu im Rahmen der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte und bei der Anhörung im Verwaltungsverfahren Gelegenheit hatte. Folglich ist festzustellen, dass die Kommission nicht gegen die Unschuldsvermutung verstoßen hat, indem sie Villeroy & Boch das Verhalten von Villeroy & Boch Österreich zugerechnet hat.

162    Villeroy & Boch kann auch mit ihrem übrigen Vorbringen zu diesem Punkt keinen Erfolg haben.

163    Entgegen dem Vorbringen von Villeroy & Boch ändert die Tatsache, dass der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen und die Unschuldsvermutung in der Charta der Grundrechte verankert sind, nichts daran, dass es sich dabei um allgemeine Rechtsgrundsätze handelt, die bereits vor dem Inkrafttreten der Charta der Grundrechte gegolten haben, wie sich aus der in den Randnrn. 156 und 157 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung ergibt. Das bloße Inkrafttreten der Charta der Grundrechte ist daher nicht geeignet, die Auslegung der genannten Grundsätze durch die Unionsgerichte in Frage zu stellen.

164    Ferner ist das Vorbringen von Villeroy & Boch als nicht stichhaltig zurückzuweisen, die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses stelle eine Schuldvermutung dar, die gegen den Grundsatz in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten) verstoße. Die genannte Vermutung geht nämlich dahin, dass eine Muttergesellschaft, die alleinige Anteilseignerin ihrer Tochtergesellschaft ist, einen bestimmenden Einfluss auf diese ausübt, und nicht etwa dahin, dass diese oder jene eine Zuwiderhandlung begangen hätte.

165    Folglich ist die erste Rüge des zweiten Teils des dritten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

–       Zur zweiten Rüge: keine Beweise für eine Zuwiderhandlung in Österreich

166    Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich machen mit drei Rügen geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass sie sich an einer Zuwiderhandlung in Österreich beteiligt hätten.

167    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

168    Was als Erstes eine Zuwiderhandlung in Österreich in Bezug auf Armaturen angeht, bestreiten Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich ihre Teilnahme an rechtswidrigen Gesprächen über diese Produktuntergruppe, die Produkte umfasse, die sie überhaupt nicht herstellten. Dieses Vorbringen ist aus den in Randnr. 86 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen als nicht stichhaltig zurückzuweisen. Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich sind nämlich nicht wegen ihrer Beteiligung an den Preisabsprachen in den für Armaturen zuständigen Verbänden in Österreich, sondern wegen ihrer Beteiligung an einer einheitlichen Zuwiderhandlung, die sich u. a. auf diese Produktuntergruppe und auf diesen Mitgliedstaat erstreckte, u. a. in Art. 1 Abs. 7 Nr. 3 des angefochtenen Beschlusses wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell im Badezimmerausstattungssektor belangt worden. Aus Tabelle D des angefochtenen Beschlusses, in der die Produktuntergruppen und Gebiete aufgeführt sind, in Bezug auf die nach Auffassung der Kommission alle im angefochtenen Beschluss beschuldigten Unternehmen ein wettbewerbswidriges Verhalten gezeigt haben, lässt sich nämlich entnehmen, dass die Kommission nicht festgestellt hat, dass Villeroy & Boch an rechtswidrigen Gesprächen in Österreich über Armaturen teilgenommen hätte.

169    Was als Zweites eine Zuwiderhandlung in Österreich in Bezug auf Duschabtrennungen angeht, verweisen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich auf ihr Vorbringen im Rahmen der zweiten Rüge des ersten Teils des dritten Klagegrundes (vgl. Randnr. 88 des vorliegenden Urteils), dass die von Ucosan begangenen rechtswidrigen Handlungen ihnen nicht zugerechnet werden könnten.

170    Wie in Randnr. 92 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat die Kommission das wettbewerbswidrige Verhalten von Ucosan, dessen alleinige Anteilseignerin Villeroy & Boch ab dem 1. November 1999 war, Villeroy & Boch, und nicht Villeroy & Boch Österreich zugerechnet. Wie bereits in den Randnrn. 96 bis 99 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist unstreitig, dass Villeroy & Boch während der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung alleinige Anteilseignerin von Ucosan war und weder Argumente noch Beweismittel vorgebracht hat, um die dadurch begründete Vermutung der Ausübung eines bestimmenden Einflusses zu widerlegen; die Kommission hat Villeroy & Boch das wettbewerbswidrige Verhalten von Ucosan ab dem 1. November 1999 daher zu Recht zugerechnet.

171    Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich ist folglich als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

172    Was als Drittes ein Kartell in Österreich in Bezug auf Sanitärkeramik angeht, bestreiten Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich, dass sie selbst oder Ucosan sich an einer Zuwiderhandlung auf diesem Markt beteiligt hätten. Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass rechtswidrige Gespräche über sensible Geschäftsinformationen hinsichtlich ihrer zukünftigen Preise geführt worden wären. Außerdem enthalte der angefochtene Beschluss einen Widerspruch: Die behauptete Zuwiderhandlung könne nicht zehn Jahre gedauert haben, da die rechtswidrigen Gespräche nach den Feststellungen der Kommission am 16. November 1995 begonnen und am 22. Januar 2004 geendet haben sollen. Außerdem werde ihnen für die Zeit vom 15. Oktober 1997 bis zum 5. Mai 1999 keine rechtswidrige Verhaltensweise zur Last gelegt.

173    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass unstreitig ist, dass in Österreich im Badezimmerausstattungssektor jährliche Preisrunden erfolgten, wie die Kommission insbesondere in Randnr. 293 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat; daher ist zu prüfen, ob die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass sich Villeroy & Boch Österreich wegen ihrer Teilnahme an den ASI-Treffen vom 12. Oktober 1994 bis zum 9. November 2004 an einem Kartell in Bezug auf die drei Produktuntergruppen beteiligt hat. Die Kommission hat in Tabelle D des angefochtenen Beschlusses nämlich in Bezug auf diesen Zeitraum festgestellt, dass sich Villeroy & Boch Österreich an einem Kartell beteiligt habe.

174    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 1994 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass dieses Unternehmen u. a. am 12. Oktober und 29. November 1994 an zwei ASI-Treffen teilgenommen habe.

175    Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich machen geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass es bei den Gesprächen im Rahmen der ASI-Treffen vom 12. Oktober und 29. November 1994 um Sanitärkeramik gegangen sei.

176    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich nicht gegen die Feststellung der Kommission in Randnr. 300 des angefochtenen Beschlusses wenden, dass beim ASI-Treffen vom 12. Oktober 1994 protokolliert worden sei, dass „– zur Abstimmung der Preise zwischen Österreich und Deutschland – keine kurzfristigen Rabattkorrekturen vorgenommen werden sollten“. Außerdem hat die Kommission in Randnr. 301 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass bei einem ASI-Treffen am 29. November 1994 „erwähnt wurde, dass am 1. Januar oder am 1. April 1995 neue Preislisten erstellt werden sollten“. Im Übrigen wird die Feststellung, dass es bei den Gesprächen im Rahmen des ASI-Treffens vom 12. Oktober 1994 um die Sanitärkeramikpreise gegangen ist, dadurch bestätigt, dass in Punkt 2 des Protokolls dieses Treffens auf Anhänge zur „Bruttopreisgestaltung KERAMIK“ Bezug genommen wird.

177    Daher ist das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass es bei den in Rede stehenden Gesprächen um Sanitärkeramik gegangen sei, zurückzuweisen. Im Übrigen betrafen die in Rede stehenden Gespräche, wie die Kommission festgestellt hat, unmittelbar die zukünftigen Preise und möglichen Rabatte für die genannte Produktuntergruppe.

178    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 1995 angeht, hat dieses Unternehmen Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses zufolge an fünf ASI-Treffen teilgenommen, und zwar am 2. März, 30. Mai, 1. September, 6. November und 16. November 1995.

179    Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich machen zunächst geltend, dass es bei den Gesprächen im Rahmen der ASI-Treffen vom 2. März, 30. Mai und 1. September 1995 nicht um Sanitärkeramik gegangen sei. Außerdem lasse sich aus dem ASI-Treffen vom 16. November 1995 nicht schließen, dass sich Villeroy & Boch Österreich aktiv an der Preiskoordinierung in Österreich beteiligt hätte, da in dem Protokoll dieses Treffens lediglich die Daten der Umstellung der Preise angegeben seien, von einer Koordinierung aber keine Rede sei. Schließlich räume die Kommission ein, dass sie eine Beteiligung von Villeroy & Boch Österreich an einem Kartell erst ab diesem Treffen habe feststellen können.

180    Hierzu ist festzustellen, dass bereits beim ASI-Treffen vom 16. November 1995 aus dem in Randnr. 304 des angefochtenen Beschlusses teilweise wiedergegebenen Protokoll dieses Treffens hervorgeht, dass sich die Teilnehmer, darunter Villeroy & Boch Österreich, ausdrücklich auf eine neue, nach Produktuntergruppen, darunter Sanitärkeramik, aufgeschlüsselte Preisliste geeinigt haben und auf den Grundsatz, dass nicht mehr als 3 % bis 5 % Rabatt gewährt würden. Was speziell Sanitärkeramik angeht, heißt es in dem genannten Protokoll u. a., dass sich Villeroy & Boch und zwei weitere ASI-Mitglieder darauf geeinigt hätten, dass die neue Preisliste am 1. April in Kraft treten werde.

181    Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich zu diesem Punkt kann die Feststellung in Randnr. 180 des vorliegenden Urteils nicht entkräften.

182    Zunächst ist das Vorbringen, die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass sich Villeroy & Boch Österreich „aktiv“ an einer Preiskoordinierung beteiligt habe, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Es kann nämlich dahinstehen, ob sich Villeroy & Boch „aktiv“ an einer Preiskoordinierung beteiligt hat oder nicht; jedenfalls hat Villeroy & Boch Österreich überhaupt an rechtswidrigen Gesprächen über zukünftige Preise teilgenommen.

183    Sodann ist das Vorbringen als nicht stichhaltig zurückzuweisen, die Kommission habe nicht allein deshalb annehmen können, dass sich Villeroy & Boch Österreich an einer Zuwiderhandlung beteiligt habe, weil dieses Unternehmen bei dem genannten ASI-Treffen vom 16. November 1995 anwesend gewesen sei. Mit dem Beweis, dass Villeroy & Boch Österreich bei einem Treffen anwesend war, bei dem rechtswidrige Gespräche geführt wurden, ist bereits nachgewiesen, dass sich dieses Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt hat. Im vorliegenden Fall wurde das Verhalten von Villeroy & Boch Österreich auf dem Markt bereits dadurch möglicherweise beeinflusst, dass sie sensible Geschäftsinformationen über ihre Wettbewerber erhielt.

184    Schließlich ist das Vorbringen als nicht stichhaltig zurückzuweisen, aus dem in Randnr. 180 des vorliegenden Urteils genannten Protokoll gehe nicht eindeutig hervor, dass die in Rede stehenden Rabatte für Sanitärkeramik gegolten hätten. In diesem Protokoll heißt es nämlich, dass die Gespräche die einzelnen „Produkt[unter]gruppe[n]“ betrafen, auch wenn diese „[R]abatte … zwischen den verschiedenen Warengruppen unterschiedlich sein werden“.

185    In Anbetracht der vorstehenden Feststellungen zum ASI-Treffen vom 16. November 1995 hat Villeroy & Boch Österreich 1995 unabhängig davon, ob die in diesem Jahr bei anderen ASI-Treffen geführten Gespräche ein wettbewerbswidriges Ziel hatten oder nicht, an wettbewerbswidrigen Gesprächen teilgenommen. Das entsprechende Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich ist somit als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

186    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 1996 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass dieses Unternehmen an fünf ASI-Treffen teilgenommen hat, und zwar am 11. und 23. April, 13. Juni, 1. August und 5. November 1996.

187    In Randnr. 307 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass beim ASI-Treffen vom 23. April 1996 ein Faktor von 1,25 für die spezialisierten Einkaufspreislisten vereinbart worden sei, die bis zum 6. Mai des Jahres bei den Großhändlern hätten vorliegen müssen. Diese Faktoren hätten die von den Klempnern gegenüber den Endabnehmern veranschlagten Preise betroffen; das habe bedeutet, dass der Klempner dem Endabnehmer 125 % des von ihm selbst für das Produkt gezahlten Preises habe berechnen sollen.

188    Insoweit machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich geltend, dem von der Kommission herangezogenen Protokoll lasse sich nicht entnehmen, dass Villeroy & Boch Österreich an dem genannten Treffen teilgenommen habe, und wie von ihnen im Verwaltungsverfahren erläutert, seien von den Installateuren bestimmte Aufschläge gefordert worden.

189    Hierzu ist festzustellen, dass aus den Protokollen der ASI-Treffen vom 23. April und 1. August 1996 eindeutig hervorgeht, dass der Vertreter von Villeroy & Boch Österreich bei diesen Treffen anwesend war und dass die Teilnehmer über die Festlegung eines Faktors von 1,25 gesprochen und diese gebilligt haben. Wie die Kommission geltend macht, hat Villeroy & Boch in der Erwiderung auf das ihr zugestellte Sachverhaltsschreiben selbst eingeräumt, dass beim Treffen vom 23. April 1996 über „de[n] Margenaufschlag auf die Bruttopreise der Hersteller, um die empfohlenen Endverbraucherpreise in diesen Industriepreislisten zu bestimmen“, gesprochen worden sei. Es kann dahinstehen, ob dieses Gespräch auf Verlangen der Großhändler organisiert worden ist, wie Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich behaupten; jedenfalls bezweckte eine Vereinbarung zwischen den Herstellern von Badezimmerausstattungen einschließlich Sanitärkeramik, mittels deren die Weiterverkaufspreise der Großhändler an die Klempner nach einem Faktor von 1,25 festgelegt werden sollten, die Verfälschung des Wettbewerbs zwischen diesen Herstellern.

190    In Anbetracht der vorstehenden Feststellungen zum ASI-Treffen vom 23. April 1996 hat Villeroy & Boch Österreich 1996 unabhängig davon, ob die im Rahmen anderer Treffen geführten Gespräche ein wettbewerbswidriges Ziel gehabt haben oder nicht, an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen. Das entsprechende Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich ist somit als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

191    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 1997 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass dieses Unternehmen an fünf ASI-Treffen teilgenommen habe, und zwar am 16. April, 19. Juni, 11. September und 15. Oktober 1997.

192    In Randnr. 313 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass die Badezimmerausstattungshersteller beim ASI-Treffen vom 15. Oktober 1997 bekräftigt hätten, dass der Aufschlagsfaktor trotz Forderungen der Klempner nach Neukalkulation in Kraft bleiben werde.

193    Zum ASI-Treffen vom 15. Oktober 1997 machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass sie bei diesem Treffen anwesend gewesen seien; außerdem beziehe sich die Kommission auf den Aufschlagsfaktor, ohne den Vorwurf zu substantiieren.

194    Hierzu ist festzustellen, dass der Inhalt der bei dem genannten Treffen geführten Gespräche von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich nicht bestritten wird. Im Übrigen hat die Kommission festgestellt (Randnrn. 295 oder 307 des angefochtenen Beschlusses), dass mit dem Aufschlagsfaktor der von den Installateuren gegenüber den Endabnehmern in Rechnung gestellte Preis festgelegt werden sollte; die genannte Randnummer und Randnr. 313 des angefochtenen Beschlusses stellen zusammen also eine hinreichende Begründung dar, so dass Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich den angefochtenen Beschluss verstehen und sich dagegen verteidigen können und das Gericht seine Kontrolle ausüben kann.

195    Im Übrigen ist zu dem Vorbringen von Villeroy & Boch, sie habe an dem ASI-Treffen vom 15. Oktober 1997 nicht teilgenommen, festzustellen, dass aus dem Protokoll dieses Treffens eindeutig hervorgeht, dass der Vertreter von Villeroy & Boch Österreich anwesend war. Die Kommission hat Villeroy & Boch die von ihrer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung mithin zu Recht zugerechnet.

196    In Anbetracht der vorstehenden Feststellungen zum ASI-Treffen vom 15. Oktober 1997 hat Villeroy & Boch Österreich 1997, unabhängig davon, ob die in diesem Jahr im Rahmen anderer ASI-Treffen geführten Gespräche ein wettbewerbswidriges Ziel hatten oder nicht, an wettbewerbswidrigen Gesprächen teilgenommen. Das entsprechende Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich ist somit als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

197    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 1998 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass diese Gesellschaft an zwei von sieben in diesem Jahr abgehaltenen ASI-Treffen teilgenommen habe, und zwar am 30. April und 18. Juni 1998.

198    Die Kommission ist im angefochtenen Beschluss nicht auf die ASI-Treffen vom 30. April und 18. Juni 1998 eingegangen; sie hat zum Jahr 1998 in Randnr. 314 des angefochtenen Beschlusses aber festgestellt, dass sich dem Antrag von Masco auf Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 zufolge bestimmte Sanitärkeramikhersteller „mindestens zwischen 1998 und 2000 über die von ihnen geplanten Preiserhöhungen aus[tauschten]“, was in ihrem Besitz befindliche Beweise untermauerten. Am 30. Januar 1998 habe Laufen Masco über eine geplante Preiserhöhung um 4,9 % informiert.

199    Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Kommission, wie Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich geltend machen, weder im angefochtenen Beschluss noch in ihren Schriftsätzen dargetan hat, dass bei den ASI-Treffen vom 30. April und 18. Juni 1998 – den beiden von insgesamt sieben in diesem Jahr abgehaltenen Treffen, an denen Villeroy & Boch Österreich 1998 teilgenommen hat − wettbewerbswidrige Gespräche geführt worden wären.

200    Die verschiedenen Elemente, die die Kommission im angefochtenen Beschluss und in ihren Schriftsätzen anführt, können die in Randnr. 199 des vorliegenden Urteils genannte Feststellung nicht entkräften.

201    Das Vorbringen, Laufen habe Masco bei einer telefonischen Bestätigung über eine geplante Preiserhöhung um 4,9 % informiert, lässt nicht den Schluss zu, dass Villeroy & Boch Österreich an diesem Informationsaustausch teilgenommen hätte.

202    Auch die mündliche Aussage von Masco, die Sanitärkeramikhersteller, darunter Villeroy & Boch Österreich, hätten sich gegenseitig über geplante Preiserhöhungen von spätestens 1998 bis 2000 informiert, genügt, wie Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich im Wesentlichen geltend machen, rechtlich nicht für den Nachweis, dass sich Villeroy & Boch Österreich an einer Zuwiderhandlung beteiligt hätte. Diese mündliche Aussage von Masco, der die Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 erlassen wurde, ist nicht durch weitere Beweismittel untermauert. Im Übrigen stützt sich die Kommission auf mündliche Aussagen von Masco, in denen lediglich von einem „Informationsaustausch“ die Rede ist, ohne dass dessen wettbewerbswidriger Charakter präzisiert würde.

203    Nach den vorstehenden Ausführungen und der in den Randnrn. 113 bis 115 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung ist aber festzustellen, dass es zwar keine unmittelbaren Beweise für die Treffen im Jahr 1998 gibt, bei denen die Sanitärkeramikhersteller ihre Preiserhöhungen in Österreich koordiniert haben; da sich die Sanitärkeramikhersteller aber am 15. Oktober 1997 darauf geeinigt haben, dass der geltende Aufschlagsfaktor 130 im Jahr 1998 in Kraft bleibe (vgl. oben, Randnrn. 194 bis 196) und die Preisrunden jährlich erfolgten, haben sich die wettbewerbswidrigen Wirkungen dieses Treffens, wie die Kommission geltend macht, 1998 entfaltet. Außerdem fanden von 1994 bis 1997 (vgl. oben, Randnrn. 174 bis 194) und 1999 (vgl. unten, Randnrn. 205 bis 208) im Rahmen desselben Verbands, des ASI, unter Beteiligung derselben Teilnehmer rechtswidrige Gespräche statt; die Kommission hat daher zu Recht angenommen, dass Villeroy & Boch, die sich in keiner Weise offen von den geführten rechtswidrigen Gesprächen distanziert hat, ihre Beteiligung an den rechtswidrigen Verhaltensweisen im Jahr 1998 nicht unterbrochen hatte, was Masco in ihren mündlichen Aussagen, die sie gemacht hat, um eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 zu erhalten, zumindest bestätigt hat.

204    Die Kommission hat mithin zu Recht angenommen, dass Villeroy & Boch Österreich 1998 im Rahmen des ASI weiter an wettbewerbswidrigen Gesprächen teilgenommen hatte.

205    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 1999 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass diese Gesellschaft an fünf von zehn in diesem Jahr abgehaltenen ASI-Treffen teilgenommen habe, und zwar am 8. April, 24. Juni, 26. August, 6. September und 11. Oktober 1999.

206    In Randnr. 314 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass beim ASI-Treffen vom 6. September 1999 die Teilnehmer, darunter Villeroy & Boch Österreich, ihre für 2000 geplanten Preiserhöhungen in Prozentzahlen oder Prozentspannen, das Einführungsdatum der Preislisten und die anwendbaren Preise für einige Sanitärkeramikprodukte koordiniert hätten. Sie stützt sich insoweit auf ein von dem Vertreter von Ideal Standard erstelltes handschriftliches Protokoll dieses Treffens.

207    Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich, nach dem Grundsatz testis unus, testis nullus könne sich die Kommission nicht auf das Protokoll von Ideal Standard stützen, ist als nicht stichhaltig zurückzuweisen. Es handelt sich bei diesem Schriftstück nämlich um einen Beweis aus der Zeit der Zuwiderhandlung, dessen Beweiskraft nicht bereits dadurch in Frage gestellt wird, dass es von Ideal Standard erstellt wurde, die eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 beantragt hat.

208    Mit den von der Kommission beigebrachten Beweismitteln wird der Inhalt der beim ASI-Treffen vom 6. September 1999 geführten rechtswidrigen Gespräche also rechtlich hinreichend nachgewiesen. Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich, die Kommission habe rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen, dass Villeroy & Boch Österreich 1999 an den rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen habe, ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

209    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 2000 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass dieses Unternehmen an fünf von insgesamt zehn in diesem Jahr abgehaltenen ASI-Treffen teilgenommen habe, und zwar am 4. Februar, 5. Juli sowie 12. und 13. Oktober 2000.

210    Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich machen geltend, bei den im Jahr 2000 abgehaltenen ASI-Treffen habe kein rechtswidriger Informationsaustausch stattgefunden.

211    Wie Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich zu Recht geltend machen, hat die Kommission in den Randnrn. 314 bis 325 des angefochtenen Beschlusses nicht festgestellt, dass bei den Treffen vom 4. Februar, 5. Juli sowie 12. und 13. Oktober, an denen Villeroy & Boch Österreich teilgenommen hat, ein rechtswidriger Austausch von Informationen stattgefunden hätte.

212    Auch wenn anzunehmen wäre, dass in den Protokollen der im Jahr 2000 abgehaltenen ASI-Treffen, an denen Villeroy & Boch Österreich nicht teilgenommen hat, von einem rechtswidrigen Informationsaustausch die Rede ist, wie die Kommission im angefochtenen Beschluss meint (Randnrn. 317 bis 321 des angefochtenen Beschlusses), genügt die Tatsache, dass diese Protokolle grundsätzlich allen ASI-Mitgliedern übermittelt werden sollten, entgegen dem Vorbringen der Kommission allein nicht für den Nachweis, dass Villeroy & Boch Österreich davon tatsächlich Kenntnis genommen hat. Die Kommission weist im angefochtenen Beschluss nicht nach, dass Villeroy & Boch Österreich im Besitz der Protokolle gewesen wäre; dabei hätte sie im Rahmen der von ihr vorgenommenen Nachprüfungen und der Auskunftsverlangen, die sie hätte versenden können, den Nachweis führen können, dass diese Schriftstücke tatsächlich vom ASI an Villeroy & Boch gesandt wurden oder diesem Unternehmen zugegangen waren.

213    Schließlich hat die Kommission zum ASI-Treffen vom 12. und 13. Oktober 2000 in Randnr. 321 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass Unternehmen aller drei Produktuntergruppen ihre künftigen Preiserhöhungen für 2001 erörtert hätten. Jedoch hat die Kommission weder in dieser Randnummer noch in ihrer Antwort auf die vom Gericht im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gestellten Fragen einen unmittelbaren Beweis dafür erbracht, dass die in Rede stehenden rechtswidrigen Gespräche Sanitärkeramik betroffen hätten.

214    Unabhängig davon haben die 1999 geführten Gespräche (vgl. oben, Randnrn. 205 bis 208) aber 2000 ihre Wirkungen entfaltet. Außerdem hat die Kommission aufgrund der Indizien, über die sie verfügte, in Anbetracht des ASI-Treffens vom 12. und 13. Oktober 2000 zu Recht angenommen, dass Villeroy & Boch ihre Teilnahme an rechtswidrigen Gesprächen über die Erhöhungen der Sanitärkeramikpreise nicht unterbrochen hatte. Wie die Kommission geltend macht, ist im Protokoll dieses Treffens nämlich in der Tat nicht festgehalten, dass die erörterten prozentualen Preiserhöhungen nicht für Sanitärkeramik gegolten hätten. Nach seinem Wortlaut lässt sich dieses Protokoll vielmehr dahin auslegen, dass es die Preise aller im Rahmen des ASI erörterten Produktuntergruppen betrifft. Im Übrigen stellten bestimmte der bei diesem Treffen anwesenden Unternehmen, wie etwa Ideal Standard, auch Sanitärkeramik her und teilten auch ihre zukünftigen Preiserhöhungen mit, wie die Kommission geltend macht. Schließlich ändert die Tatsache, dass Ideal Standard in ihrem Antrag auf Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 angegeben hat, dass Villeroy & Boch am 23. Juli 2000 angekündigt habe, aus dem ASI-Produktausschuss Keramik auszuscheiden, nichts daran, dass die rechtswidrigen Gespräche, an denen dieses Unternehmen 2000 teilgenommen hat, 2001 ihre Wirkungen entfalteten und dieses Unternehmen beim ASI-Treffen vom 12. und 13. Oktober 2000 an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat.

215    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 2001 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass dieses Unternehmen an zwei von vier ASI-Treffen teilgenommen habe, nämlich an denen vom 21. Juni und 21. September 2001.

216    Zum ASI-Treffen vom 21. Juni 2001, an dem Villeroy & Boch Österreich teilgenommen hat, hat die Kommission in Randnr. 322 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Großhändler die Preislisten bis zum 1. Oktober 2001 erhalten sollten. Ferner hat sie in Randnr. 652 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass sich die ASI-Mitglieder im Rahmen ihrer Gespräche über die Einführung des Euro darauf geeinigt hätten, dass die Preiserhöhung nicht wie in den vorausgegangenen Jahren am 1. April, sondern am 1. Januar 2002 erfolgen solle. Sie stützt sich hierbei auf die Aussagen, die Masco im Rahmen ihres Antrags auf Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 gemacht hat, und auf das Protokoll des genannten Treffens. Die Kommission präzisiert im Übrigen, dass dieses Treffen unmittelbar auf die ASI-Treffen vom 23. November 2000 und 2. März 2001 gefolgt sei, bei denen die ASI-Mitglieder über Preiserhöhungen von 5 % bis 7 % ab dem 1. Januar 2002 gesprochen hätten.

217    Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich, die Gespräche über die Einführung des Euro verstießen nicht gegen die Wettbewerbsregeln, ist als nicht stichhaltig zurückzuweisen. Wie die Kommission in den Randnrn. 652 und 658 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, ist die Entscheidung, die Preiserhöhungen zum 1. Januar 2002 in Verbindung mit der Einführung des Euro vorzunehmen, ein Beweis für die jährliche Preiskoordinierung zwischen den ASI-Mitgliedern.

218    Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich, die Kommission habe rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen, dass Villeroy & Boch Österreich 2001 an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hätte, ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

219    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 2002 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass dieses Unternehmen an sechs von acht ASI-Treffen teilgenommen habe, nämlich an denen vom 28. Februar, 26. April, 21. Juni, 11. September, 19. September und 7. November 2002.

220    Von diesen sechs ASI-Treffen, an denen Villeroy & Boch teilgenommen hat, hat die Kommission nur zu den bei den Treffen vom 19. September und 7. November 2002 geführten Gesprächen genaue Angaben gemacht. In Randnr. 327 des angefochtenen Beschlusses hat sie nämlich festgestellt, dass beim Treffen vom 19. September 2002 die Entscheidung, die Preise zu erhöhen, mit großer Mehrheit getroffen worden sei. In Randnr. 328 des angefochtenen Beschlusses führt sie weiter aus, dass ein Vorschlag der Großhändler zur Erhöhung der Preise um 1,5 % mittels eines Teuerungszuschlags von 1,5 % und Aufteilung des Gewinns 50 : 50 mit den Herstellern im ersten Quartal 2003 erörtert worden sei.

221    Hierzu ist festzustellen, dass Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich zwar zu Recht geltend machen, die Kommission weise nicht nach, dass die Teilnehmer des ASI-Treffens vom 19. September 2002 Informationen über ihre Preiserhöhungen ausgetauscht hätten; die Kommission weist aber nach, dass Villeroy & Boch Österreich, indem sie beim Treffen vom 7. November 2002 eine Erhöhung der Bruttopreise um 1,5 % erörtert hatte, an einem Gespräch zur Koordinierung der Preiserhöhungen teilgenommen hat. Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich, die Feststellungen der Kommission seien vage, ist daher als nicht stichhaltig zurückzuweisen. Auch deren Vorbringen, die genannte Vereinbarung sei nicht umgesetzt worden, ist zurückzuweisen; aus dem Protokoll des genannten Treffens geht nämlich hervor, dass die Mitglieder die genannte Erhöhung nicht abgelehnt, sondern als „eine der möglichen Lösungen“ betrachtet haben. Es kann dahinstehen, ob die Erhöhung umgesetzt worden ist oder nicht; jedenfalls hat Villeroy & Boch Österreich an wettbewerbswidrigen Gesprächen teilgenommen.

222    Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich, die Kommission habe rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen, dass Villeroy & Boch Österreich 2002 an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen habe, ist in Anbetracht der Gespräche, die im Rahmen des ASI-Treffens vom 7. November 2002 geführt wurden, mithin als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

223    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 2003 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass dieses Unternehmen an drei ASI-Treffen teilgenommen habe, die am 23. Januar, 26. Juni und 25. September 2003 stattfanden.

224    Was das ASI-Treffen vom 25. September 2003 angeht, hat die Kommission in Randnr. 337 des angefochtenen Beschlusses zu den Rabatten und der Gewinnspanne der Hersteller und Großhändler festgestellt: „Im Protokoll des ASI-Treffens vom 25. September 2003 ist vermerkt, dass mit den Großhändlern ein Kompromiss für eine Preissenkung um maximal 12 % auf einmal gefunden worden war und dass dieser Kompromiss allem Anschein nach nur für Keramik sowie Armaturen galt.“ Die Kommission hat weiter ausgeführt: „Die Großhändler entschieden sich dann jedoch gegen die Umsetzung der Bruttopreisabsenkung zu diesem Zeitpunkt. Somit wurde vom ASI beschlossen, dass das aktuelle Preisniveau beizubehalten sei und künftige Anpassungen angestrebt werden sollten …“

225    Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich machen insoweit geltend, die Kommission habe keine konkreten Preise angegeben. Villeroy & Boch Österreich einigte sich mit ihren Wettbewerbern und den Großhändlern aber auf Höchstrabatte für deren Kunden, die Klempner; wie die Kommission geltend macht, zeigt eine solche Vereinbarung die „Detailliertheit der Gespräche über die Preise“, da diese Gespräche zu einer Harmonisierung der Höchstrabatte geführt und somit zu der Preiserhöhung beigetragen haben.

226    Die Kommission hat folglich rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass Villeroy & Boch Österreich beim ASI-Treffen vom 25. September 2003 an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hat. Es braucht daher nicht geprüft zu werden, ob in diesem Jahr bei anderen ASI-Treffen weitere rechtswidrige Gespräche geführt worden sind.

227    Was die Teilnahme von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen über Sanitärkeramik in Österreich im Jahr 2004 angeht, hat die Kommission in Anhang 5 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass dieses Unternehmen nur an einem von sechs ASI-Treffen teilgenommen habe, nämlich an dem vom 15. September 2004. In Randnr. 339 des angefochtenen Beschlusses hat sie allerdings angegeben, dass beim ASI-Treffen vom 22. Januar 2004 rechtswidrige Gespräche geführt worden seien, bei denen die Sanitärkeramikhersteller die am 1. April 2004 anstehende jährliche Preiserhöhung festgelegt hätten.

228    Aus dem Protokoll des ASI-Treffens vom 22. Januar 2004, bei dem die Kommission nachgewiesen hat, dass es an Villeroy & Boch Österreich versandt wurde, geht hervor, dass die beschlossene Preiserhöhung für den 1. April 2004 bestätigt wurde. Villeroy & Boch Österreich wurde durch dieses Protokoll also von der Entscheidung ihrer Mitbewerber über den Prozentsatz und den Zeitpunkt der geplanten Preiserhöhung, den 1. April 2004, unterrichtet.

229    Die Kommission hat für das Jahr 2004 also rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass Villeroy & Boch Österreich an den wettbewerbswidrigen Gesprächen teilgenommen hatte, die bis zu ihren Nachprüfungen am 9. November 2004 fortwirkten.

230    Der zweite Teil des dritten Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Teil des dritten Klagegrundes: keine Zuwiderhandlung in Italien

231    Villeroy & Boch macht geltend, Art. 1 des angefochtenen Beschlusses sei insoweit rechtswidrig, als sie wegen Beteiligung an einer Zuwiderhandlung in Italien mit einer Sanktion belangt worden sei. Sie könne nicht bereits deshalb für die Begehung einer Zuwiderhandlung in diesem Mitgliedstaat verantwortlich gemacht werden, weil sie dort einen einzigen Kunden habe.

232    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

233    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission, wie aus Art. 1 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, nicht festgestellt hat, dass Villeroy & Boch in Italien wettbewerbswidrige Verhaltensweisen gezeigt habe, sondern dass diese Gesellschaft an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, die sich u. a. auf diesen Mitgliedstaat erstrecke. Im Übrigen bestreitet Villeroy & Boch nicht, dass sie von der Durchführung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen in diesem Mitgliedstaat Kenntnis hatte, die Teil des in Randnr. 66 des vorliegenden Urteils beschriebenen Gesamtplans waren.

234    Der dritte Teil des dritten Klagegrundes ist mithin als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Teil des dritten Klagegrundes: keine Zuwiderhandlung in Belgien

235    Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien machen mit zwei Hauptrügen geltend, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass sie sich an einer Zuwiderhandlung in Belgien beteiligt hätten.

236    Die Kommission tritt diesen beiden Rügen entgegen.

237    Mit ihrer ersten Rüge machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien geltend, dass weder sie noch Villeroy & Boch Luxemburg für eine Zuwiderhandlung in Belgien verantwortlich gemacht werden könnten. Der Begründung des angefochtenen Beschlusses lasse sich nicht entnehmen, ob für die Zeit ab Ende 2002 das Verhalten von Villeroy & Boch Belgien oder das von Villeroy & Boch Luxemburg beanstandet werde. Außerdem habe Villeroy & Boch Belgien ab Januar 2003 keine Sanitärkeramik mehr vertrieben; diese Tätigkeit sei ab diesem Zeitpunkt auf Villeroy & Boch Luxemburg übertragen worden.

238    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in den Randnrn. 1102 und 1106 des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass Villeroy & Boch Belgien, eine 100%ige Tochtergesellschaft von Villeroy & Boch, bis 2002 Sanitärkeramik vertrieben habe. Dann sei diese Tätigkeit im Konzern von Villeroy & Boch Luxemburg, einer weiteren 100%igen Tochtergesellschaft von Villeroy & Boch, fortgeführt worden. Villeroy & Boch habe die beiden Tochtergesellschaften kontrolliert und die Vermutung der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses nicht widerlegt. In Fn. 1539 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission weiter ausgeführt, dass trotz der Übernahme der Tätigkeiten von Villeroy & Boch Belgien durch Villeroy & Boch Luxemburg nach wie vor derselbe Mitarbeiter „Kontaktperson“ für das Kartell gewesen sei. In dieser Fußnote heißt es schließlich weiter, dass Villeroy & Boch Belgien Adressat des angefochtenen Beschlusses sei, weil diese Gesellschaft als rechtliche Einheit fortbestehe. Im Übrigen geht aus Tabelle B und Randnr. 1155 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission wegen einer Zuwiderhandlung in Bezug auf Sanitärkeramik in Belgien nur Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien zur Verantwortung gezogen hat. Hingegen wurde der angefochtene Beschluss nicht an Villeroy & Boch Luxemburg gerichtet.

239    Nach den Ausführungen in der vorstehenden Randnummer hat sich Villeroy & Boch Belgien nach Auffassung der Kommission also wegen der Teilnahme ihres Mitarbeiters an den rechtswidrigen Treffen an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung beteiligt. Die Kommission bestätigt diese Analyse in ihren Schriftsätzen: Zwar sei der Vertrieb von Sanitärkeramik ab 1. Januar 2003 von Villeroy & Boch Luxemburg übernommen worden. Die Kommission verfüge jedoch über Beweismaterial, aus dem hervorgehe, dass Herr Z., ein Mitarbeiter von Villeroy & Boch Belgien, auch nach 2002 noch an VCG-Treffen teilgenommen habe.

240    Zum ersten Argument von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien, nämlich, dass die Kommission den angefochtenen Beschluss insoweit rechtlich nicht ausreichend begründet habe, als daraus nicht eindeutig hervorgehe, auf welcher Grundlage Villeroy & Boch Belgien belangt worden sei, ist zunächst festzustellen, dass die entsprechende Begründung der Kommission im angefochtenen Beschluss zwar knapp ausfällt, sich Fn. 1539 und den Randnrn. 1102 und 1106 des angefochtenen Beschlusses aber eindeutig entnehmen lässt, dass die Kommission der Auffassung war, dass sich Villeroy & Boch Belgien nach dem 1. Januar 2003 wegen der Anwesenheit ihres Mitarbeiters bei den rechtswidrigen VCG-Treffen weiter an dem Kartell im Rahmen des VCG beteiligt habe und diese Zuwiderhandlung Villeroy & Boch auch deshalb zugerechnet werden könne, weil sie alleinige Anteilseignerin dieser Gesellschaft gewesen sei.

241    Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien, die Kommission habe insofern gegen ihre Begründungspflicht verstoßen, ist mithin zurückzuweisen.

242    Was das zweite Argument von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien angeht, nämlich, dass die Kommission zu Unrecht angenommen habe, dass sie Villeroy & Boch Belgien die Zuwiderhandlung zurechnen könne, obwohl dieses Unternehmen ab 2003 jegliche Tätigkeit in Bezug auf Sanitärkeramik aufgegeben habe, ist festzustellen, dass ein Unternehmen nach der Rechtsprechung gegen das in Art. 101 Abs. 1 AEUV vorgesehene Verbot verstoßen kann, wenn sein mit dem anderer Unternehmen koordiniertes Verhalten die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist (vgl. entsprechend Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2008, AC‑Treuhand/Kommission, T‑99/04, Slg. 2008, II‑1501, Randnr. 122, und Gütermann/Kommission, oben in Randnr. 54 angeführt, Randnr. 53).

243    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien nicht bestreiten, dass Herr Z., ein Mitarbeiter von Villeroy & Boch Belgien, vor und nach dem 1. Januar 2003 an den VCG-Treffen teilnahm. Villeroy & Boch Belgien hat auch nicht behauptet, dass Herr Z. nach dem 1. Januar 2003 ohne ihr Wissen, gegen ihren Willen oder für ein drittes Unternehmen an den rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hätte. Daher ändert allein die Tatsache, dass Villeroy & Boch Belgien nicht mehr auf dem Sanitärkeramiksektor tätig war, nichts daran, dass ihr Mitarbeiter für Villeroy & Boch Belgien weiter an rechtswidrigen Gesprächen im Rahmen des VCG teilnahm.

244    Wie die Kommission in ihrer Antwort auf die ihr vom Gericht in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen bemerkt hat, setzt die Anwendung von Art. 23 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der die Kommission ermächtigt, gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Geldbußen festzusetzen, wenn diese vorsätzlich oder fahrlässig Zuwiderhandlungen begangen haben, keine Handlung, nicht einmal Kenntnisse der Inhaber oder Geschäftsführer des betreffenden Unternehmens voraus; vielmehr genügt die Handlung einer Person, die berechtigt ist, für das Unternehmen tätig zu werden (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 97). Dass Herr Z. vor und nach dem 1. Januar 2003 ununterbrochen für Villeroy & Boch Belgien an den rechtswidrigen Tätigkeiten des VCG teilgenommen hat, beweist im vorliegenden Fall also die Beteiligung dieses Unternehmens an der Zuwiderhandlung.

245    Die Kommission hat daher keinen Rechtsfehler begangen, indem sie Villeroy & Boch Belgien belangt hat und Villeroy & Boch die von Villeroy & Boch Belgien begangene Zuwiderhandlung zugerechnet hat.

246    Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien können auch mit den anderen Argumenten, die sie insoweit geltend machen, nicht durchdringen.

247    Das Vorbringen, ein Unternehmen könne nicht für von seiner Rechtsnachfolgerin begangene Handlungen verantwortlich gemacht werden, ist als ins Leere gehend zurückzuweisen. Wie in Randnr. 240 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat die Kommission Villeroy & Boch nämlich wegen der Beteiligung von Villeroy & Boch Belgien an der begangenen Zuwiderhandlung, die durch die Anwesenheit von deren Mitarbeiter bei wettbewerbswidrigen Treffen bewiesen ist, zur Verantwortung gezogen, und nicht, weil Villeroy & Boch Belgien Rechtsvorgängerin von Villeroy & Boch Luxemburg gewesen wäre.

248    Im Übrigen ist das Vorbringen, nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a. (C‑8/08, Slg. 2009, I‑4529, Randnr. 51), könne nur dann vermutet werden, dass ein Informationsaustausch den Wettbewerb beschränke, wenn die Unternehmen, die daran teilnähmen, weiter auf dem Markt aktiv seien, so dass eine Zurechnung der begangenen Zuwiderhandlung an Villeroy & Boch nur in Frage gekommen wäre, wenn Villeroy & Boch Belgien auf dem Sanitärkeramikmarkt geblieben wäre, als nicht stichhaltig zurückzuweisen. In Randnr. 51 des genannten Urteils hat der Gerichtshof nämlich insbesondere entschieden, dass „vorbehaltlich des den betroffenen Unternehmen obliegenden Gegenbeweises die Vermutung [gilt], dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen“, nicht aber etwa, dass der Teilnehmer an einem wettbewerbswidrigen Informationsaustausch weiterhin auf dem Markt bleiben müsste, wenn die in Rede stehende Verhaltensweise eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellen solle. Im Übrigen beweist die Tatsache, dass sich der Mitarbeiter von Villeroy & Boch Belgien auch nach der Übertragung der Tätigkeiten von Villeroy & Boch Belgien auf Villeroy & Boch Luxemburg weiter an den rechtswidrigen Verhaltensweisen beteiligte, dass sich Villeroy & Boch Belgien weiter in ihrem eigenen Interesse und dem des Unternehmens im Sinne des Wettbewerbsrechts, zu dem es gehörte, aktiv an der Zuwiderhandlung beteiligte.

249    Nach all diesen Erwägungen ist die erste Rüge teils als unbegründet, teils als ins Leere gehend zurückzuweisen.

250    Mit ihrer zweiten Rüge machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien geltend, weder sie noch Villeroy & Boch Luxemburg hätten sich auf dem belgischen Sanitärkeramikmarkt an einer Zuwiderhandlung beteiligt. Die Kommission habe nicht bewiesen, dass sie sich an einer systematischen und regelmäßigen Preiskoordinierung auf dem genannten Markt beteiligt oder an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen hätten. Sie stütze ihre Feststellungen zu Unrecht auf im Rahmen der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 gemachte Aussagen und lege keine materiellen Beweise für die Zuwiderhandlung vor. Beweise aus einer einzigen Quelle könnten nach dem Grundsatz testis unus, testis nullus aber nicht als ausreichend angesehen werden. Im vorliegenden Fall hätten in der Beweisführung der Kommission allein die Erklärungen von Ideal Standard eine bestimmende Rolle gespielt.

251    Als Erstes ist das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien als ins Leere gehend zurückzuweisen, die Kommission habe zu Recht festgestellt, dass Villeroy & Boch Belgien weder an rechtswidrigen Treffen im Rahmen der Verbände Home Comfort Team und Amicale du sanitaire noch an bilateralen Treffen teilgenommen habe. Aus dem angefochtenen Beschluss geht nämlich eindeutig hervor, dass die Kommission keine Feststellung zu einer Teilnahme von Villeroy & Boch Belgien im Rahmen dieser Verbände oder im Rahmen bilateraler Beziehungen getroffen hat.

252    Als Zweites machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien geltend, Villeroy & Boch Belgien habe bei den VCG-Treffen nicht an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen.

253    Die Kommission hat in Anhang 10 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass Villeroy & Boch Belgien an acht der neun in der Zeit vom 28. August 2001 bis zum 13. September 2004 abgehaltenen VCG-Treffen teilgenommen habe. In Randnr. 505 des angefochtenen Beschlusses hat sie ausgeführt: „Laut Ideal Standard erörterten die Teilnehmer üblicherweise die Entwicklung ihres Absatzvolumens sowie ihre Verkaufs- und Zahlungsbedingungen. Ferner diskutierten sie auf den Treffen am Jahresende die prozentualen Preiserhöhungen, die jeder Hersteller für das nächste Jahr für ‚Basic‘-, ‚Economy‘- und ‚Luxus‘-Produkte plante, sowie die Termine dieser Erhöhungen.“ Ideal Standard habe erklärt, dass die Hersteller vereinbart hätten, Diskussionen über Preise und Preiserhöhungen nicht in den Protokollen der VCG-Treffen zu erwähnen.

254    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission in Anhang 10 des angefochtenen Beschlusses zwar feststellt, dass Villeroy & Boch Belgien an acht der neun VCG-Treffen teilgenommen habe, im angefochtenen Beschluss aber nur den Inhalt bestimmter dieser neun Treffen darstellt. Sie weist allerdings darauf hin, dass in jedem der Jahre von 2001 bis 2004, für die sie eine Zuwiderhandlung festgestellt habe, im Rahmen des VCG rechtswidrige Gespräche geführt worden seien. Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien, mit dem diese Gesellschaften bestreiten, dass Villeroy & Boch Belgien im Rahmen der Treffen, zu denen der Haupttext des angefochtenen Beschlusses keine Einzelheiten enthält, z. B. der Treffen vom 29. Januar und 13. Mai 2002, an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen habe, ist folglich als ins Leere gehend zurückzuweisen, wenn die Kommission im Übrigen zu Recht festgestellt hat, dass in den Jahren 2001 bis 2004 jeweils zumindest bei einem Treffen rechtswidrige Gespräche geführt worden sind. Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission nicht einen Fehler begangen hat, indem sie festgestellt hat, dass in dem genannten Zeitraum zumindest einmal im Jahr rechtswidrige Gespräche geführt worden seien, an denen Villeroy & Boch Belgien teilgenommen habe.

255    Was das Jahr 2001, insbesondere das erste VCG-Treffen vom 30. Oktober 2001 angeht, ziehen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien die Beweiskraft der von der Kommission beigebrachten Beweise in Zweifel, da diese „sich bei ihrer Beweisführung auf eine einzelne Quelle verlässt“, nämlich die im Rahmen des Antrags auf Erlass der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 gemachten mündlichen Aussagen von Ideal Standard.

256    In Randnr. 507 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission unter Berufung auf die handschriftlichen Notizen eines Mitarbeiters von Ideal Standard, der am VCG-Treffen vom 30. Oktober 2001 teilgenommen habe, u. a. festgestellt, dass sich Ideal Standard und vier weitere Unternehmen, darunter Villeroy & Boch Belgien, gegenseitig den genauen Prozentsatz des Skontos mitgeteilt hätten, den sie ihren Kunden bei Zahlung innerhalb von zehn Tagen hätten gewähren wollen.

257    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass nach der Rechtsprechung im Unionsrecht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, Slg. 2004, II‑2395, Randnr. 72). Im Übrigen ist die Kommission durch keinen Grundsatz des Unionsrechts daran gehindert, sich bei der Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV auf ein einziges Schriftstück zu stützen, wenn an dessen Beweiskraft keine Zweifel bestehen und das Schriftstück allein sicher das Vorliegen der Zuwiderhandlung beweist. Wie die Kommission zu Recht geltend macht, gilt das Erfordernis der Untermauerung durch weitere Beweismittel nur für im Rahmen eines Antrags auf Ermäßigung der Geldbuße gemachte mündliche Aussagen, wenn diese von anderen Parteien in Zweifel gezogen werden (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 219, und vom 24. März 2011, IBP und International Building Products France/Kommission, T‑384/06, Slg. 2011, II‑1177, Randnr. 69).

258    Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Kommission die in Randnr. 507 des angefochtenen Beschlusses beschriebenen Gespräche, bei denen sich die VCG-Mitglieder gegenseitig ihre Sätze und Bedingungen mitgeteilt haben, indem sie sich u. a. über die Prozentsätze des Rabatts bei Zahlung innerhalb von zehn Tagen informiert haben, zu Recht als rechtswidrigen Austausch sensibler Geschäftsinformationen über die Verkaufsbedingungen der in Rede stehenden Produkte angesehen hat. Dieser Austausch ist geeignet, das Verhalten der Wettbewerber auf dem Markt zu beeinflussen. Außerdem bringen weder Villeroy & Boch noch Villeroy & Boch Belgien Argumente oder Beweismittel vor, die geeignet wären, den Inhalt der mündlichen Aussage von Ideal Standard und die aus der Zeit der Zuwiderhandlung stammenden handschriftlichen Notizen des Mitarbeiters dieses Unternehmens, auf die sich die Kommission im angefochtenen Beschluss stützt, in Zweifel zu ziehen. Schließlich wird die Beweiskraft dieser Beweismittel entgegen dem Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien nicht bereits dadurch in Frage gestellt, dass sie von Ideal Standard stammen, die eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 beantragt und erhalten hat.

259    An diesem Ergebnis ändern auch die anderen Argumente, die Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien vorbringen, nichts.

260    Zunächst ist das Vorbringen als nicht stichhaltig zurückzuweisen, allein die mündliche Aussage von Ideal Standard spiele im vorliegenden Fall beim Beweis der rechtswidrigen Gespräche eine bestimmende Rolle. Aus den handschriftlichen Notizen, deren Inhalt in Randnr. 507 des angefochtenen Beschlusses wiedergegeben ist, geht nämlich eindeutig hervor, dass die VCG-Mitglieder wie Villeroy & Boch untereinander genaue Angaben über den Prozentsatz der beabsichtigten Rabatte ausgetauscht haben. Die genannte mündliche Aussage und die genannten Notizen genügen zusammengenommen für den rechtlich hinreichenden Nachweis des rechtswidrigen Charakters der in Rede stehenden Gespräche.

261    Sodann ist das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien als nicht stichhaltig zurückzuweisen, es habe keine „abgestimmte Verhaltensweise mit Auswirkungen auf dem Markt“ in dem Sinne gegeben, dass die Teilnehmer eine Vereinbarung getroffen hätten. Die VCG-Mitglieder haben nämlich Informationen über den Prozentsatz der geplanten Rabatte ausgetauscht, also sensible Geschäftsinformationen, die geeignet waren, ihr geschäftliches Verhalten auf dem Markt zu beeinflussen. Ein solcher Informationsaustausch ist nach Art. 101 Abs. 1 AEUV verboten.

262    Die Kommission hat folglich keinen Fehler begangen, indem sie festgestellt hat, dass Villeroy & Boch Belgien im Rahmen des ersten VCG-Treffens vom 30. Oktober 2001 an wettbewerbswidrigen Gesprächen teilgenommen hat.

263    Was das Jahr 2002, insbesondere das VCG-Treffen vom 17. September 2002, angeht, hat die Kommission in Randnr. 509 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass in der Einladung zu diesem Treffen „Preiserhöhungen 2003“ unter den zu diskutierenden Tagesordnungspunkten genannt gewesen seien und sich die VCG-Mitglieder bei diesem Treffen darauf geeinigt hätten, dass die Preiserhöhungen ab 1. Januar 2003 umgesetzt werden sollten. Sie stützte sich auf die handschriftlichen Notizen eines Mitarbeiters von Masco, in denen die Prozentsätze der für die Economy-Produkte, die Luxusprodukte und die Produkte der unteren Preisklasse vorgesehenen Preiserhöhungen angegeben waren.

264    Zunächst ist das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien, die Kommission könne sich nicht auf Informationen stützen, die ausschließlich von einem Unternehmen stammten, dem eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 gewährt worden sei, aus denselben Gründen wie den in Randnr. 257 des vorliegenden Urteils genannten zurückzuweisen. Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien bringen nämlich kein Argument und kein Indiz dafür vor, dass die Aussagen von Ideal Standard und die von diesem Unternehmen zur Zeit der Zuwiderhandlung erstellten Notizen nicht glaubwürdig wären. Insofern ist das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien, aus der mündlichen Aussage des Mitarbeiters von Ideal Standard gehe hervor, dass die Kartellmitglieder nicht über Preiserhöhungen gesprochen hätten, als nicht stichhaltig zurückzuweisen. Ideal Standard gibt in der genannten Aussage zwar an, zwei- bis dreimal jährlich sei nicht über mögliche Preiserhöhungen, sondern über allgemeine Daten wie Zahlungsbedingungen gesprochen worden; sie gibt in derselben Aussage aber auch an, Gegenstand der Gespräche am Ende eines Jahres seien die prozentualen Preiserhöhungen für das folgende Jahr gewesen.

265    Sodann ist das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien als nicht stichhaltig zurückzuweisen, nach den Urteilen Kommission/Anic Partecipazioni (oben in Randnr. 41 angeführt, Randnr. 124) und T‑Mobile Netherlands u. a. (oben in Randnr. 248 angeführt, Randnr. 51) liege bei Fehlen eines Abstimmungserfolgs im Sinne eines angepassten Marktverhaltens keine Zuwiderhandlung vor.

266    Die Rechtsprechung, auf die sich Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien berufen, stützt ihre Argumentation nicht. In Randnr. 124 des Urteils Kommission/Anic Partecipazioni (oben in Randnr. 41 angeführt) hat der Gerichtshof nämlich entschieden, dass der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise zwar ein Marktverhalten der beteiligten Unternehmen voraussetze, aber nicht notwendigerweise verlange, dass dieses Verhalten sich konkret in einer Einschränkung, Verhinderung oder Verfälschung des Wettbewerbs auswirke. In Randnr. 51 des Urteils T‑Mobile Netherlands u. a. (oben in Randnr. 248 angeführt) hat der Gerichtshof entschieden, dass vorbehaltlich des den betroffenen Unternehmen obliegenden Gegenbeweises die Vermutung gelte, dass die an der Abstimmung beteiligten und weiterhin auf dem Markt tätigen Unternehmen die mit ihren Wettbewerbern ausgetauschten Informationen bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigten.

267    Außerdem behaupten Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien lediglich, dass Villeroy & Boch Belgien die ihren Kunden in Rechnung gestellten Preise autonom bestimmt habe; sie untermauern ihre Behauptung nicht durch Beweise.

268    Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien haben also nicht bewiesen, dass die Kommission dadurch einen Fehler begangen hätte, dass sie angenommen hat, dass sich Villeroy & Boch Belgien 2002 im Rahmen des VCG an einer Zuwiderhandlung beteiligt hat.

269    Was das Jahr 2003, insbesondere das VCG-Treffen vom 28. und 29. April 2003, angeht, hat die Kommission in Randnr. 511 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass über die Prozentsätze von „Preiserhöhungen, die bereits auf dem Markt umgesetzt waren (oder kurz vor der Umsetzung standen)“, gesprochen worden sei, und in Randnr. 512 des angefochtenen Beschlusses, dass über die Prozentsätze der „Jahresabschluss-Boni, die Großhändlern gewährt werden sollten“, gesprochen worden sei.

270    Insoweit machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien geltend, die von der Kommission beigebrachten Beweise zeigten, dass es keine abgestimmten Verhaltensweisen gegeben habe. Sie belegten lediglich, dass „… alle Hersteller unterschiedliche Erhöhungen … vorgenommen [haben]“.

271    Dieses Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien ist jedoch als nicht stichhaltig zurückzuweisen. Dass kein einheitlicher Prozentsatz für die Boni für die Großhändler festgesetzt worden ist, heißt nämlich noch nicht, dass der Wettbewerb durch den Austausch der entsprechenden Informationen nicht verfälscht worden wäre.

272    Im Übrigen ändert die Tatsache, dass Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien nicht an dem VCG-Treffen vom 8. September 2003 teilgenommen haben, nichts daran, dass die am 28. und 29. April 2003 im Rahmen des VCG geführten Gespräche wettbewerbswidriger Art waren, wie die Kommission festgestellt hat. Und dass zwischen dem VCG-Treffen vom 28. und 29. April 2003 und dem vom 13. September 2004 ein Zeitraum von fast eineinhalb Jahren lag, in dem Villeroy & Boch nicht „an den behaupteten Zuwiderhandlungen beteiligt [war] oder diese gar initiiert [hat]“, bedeutet entgegen dem Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien nicht, dass die Beteiligung an dieser Zuwiderhandlung unterbrochen worden wäre; die in Rede stehenden Gespräche betrafen nämlich die Preise für das gesamte Jahr 2003 und umfassten auch den den Großhändlern gewährten Jahresabschlussbonus 2003.

273    Die Kommission hat daher rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass sich Villeroy & Boch Belgien 2003 im Rahmen des VCG an einer Zuwiderhandlung beteiligt hatte.

274    Was das Jahr 2004, insbesondere das VCG-Treffen vom 13. September 2004, angeht, hat die Kommission in Randnr. 514 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Teilnehmer über ihre geplanten Preiserhöhungen für 2005 diskutiert hätten. Sie hat sich insoweit u. a. auf die mündlichen Aussagen und die handschriftlichen Notizen von Ideal Standard gestützt, in denen von Preiserhöhungsspannen die Rede ist, und auf eine E‑Mail von Sphinx, mit der Preiserhöhungen bestätigt wurden.

275    Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien machen geltend, die Kommission könne sich nicht auf Beweismittel stützen, die alle von einem einzigen Unternehmen geliefert worden seien, dem eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 gewährt worden sei. Dieses Vorbringen ist als nicht stichhaltig zurückzuweisen. Dass Beweismittel nur von einem einzigen Unternehmen stammen, das eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 beantragt hat, hindert die Kommission nämlich nicht daran, sie bei der Feststellung einer Zuwiderhandlung zu verwerten.

276    Die Kommission hat also fehlerfrei festgestellt, dass sich Villeroy & Boch Belgien zumindest bis zum 9. November 2004, dem Tag, an dem sie ihre unangekündigten Nachprüfungen durchführt, an einer Zuwiderhandlung in Bezug auf Sanitärkeramik beteiligt hat.

277    Das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien, es sei nicht nachgewiesen, dass Villeroy & Boch Belgien an weiteren VCG-Treffen teilgenommen habe, dass bei diesen Treffen rechtswidrige Gespräche geführt worden seien oder dass ein weiterer Austausch vertraulicher Informationen stattgefunden habe, ist als ins Leere gehend zurückzuweisen, da es für die in Randnr. 276 des vorliegenden Urteils getroffene Feststellung unerheblich ist.

278    Mithin sind die zweite Rüge des vierten Teils des dritten Klagegrundes und somit der vierte Teil des dritten Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen.

 Zum fünften Teil des dritten Klagegrundes: keine Zuwiderhandlung in Frankreich

279    Im Rahmen des fünften Teils des dritten Klagegrundes machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich mit drei Hauptrügen geltend, in Frankreich sei keine Zuwiderhandlung begangen worden.

280    Die Kommission tritt diesen drei Rügen jeweils entgegen.

281    Mit der ersten Rüge machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich geltend, sie hätten wie bei der Zuwiderhandlung, die ihnen in Bezug auf Belgien zur Last gelegt werde, auch in Frankreich keine Armaturen verkauft und dort nur sehr geringe Verkäufe von Duschabtrennungen getätigt.

282    Hierzu genügt die Feststellung, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht festgestellt hat, dass sich Villeroy & Boch Frankreich an einem Kartell in Bezug auf Armaturen und Duschabtrennungen in Frankreich beteiligt hätte; vielmehr hat die Kommission in diesem Beschluss festgestellt, dass sich Villeroy & Boch Frankreich an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt habe, die sich auf die genannten Produkte und den genannten Mitgliedstaat erstreckt habe, und dass sich Villeroy & Boch als alleinige Anteilseignerin dieser Gesellschaft an dieser Zuwiderhandlung beteiligt habe. Daher ist die Rüge von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich aus denselben Gründen wie den in Randnr. 86 des vorliegenden Urteils genannten als unbegründet zurückzuweisen.

283    Mit der zweiten Rüge machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich geltend, Villeroy & Boch könne das wettbewerbswidrige Verhalten von Villeroy & Boch Frankreich nicht zugerechnet werden. Sie verweisen insoweit auf ihr Vorbringen im Rahmen des ersten Teils des dritten Klagegrundes: Der Rechtsbegriff der wirtschaftlichen Einheit verstoße gegen die Charta der Grundrechte.

284    Diese zweite Rüge ist als unbegründet zurückzuweisen. Villeroy & Boch hat nämlich nicht dargetan, dass sie keinen bestimmenden Einfluss auf ihre 100%ige Tochtergesellschaft Villeroy & Boch Frankreich ausgeübt hätte; nach der in den Randnrn. 97 und 98 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung konnte die Kommission Villeroy & Boch das wettbewerbswidrige Verhalten von Villeroy & Boch Frankreich daher zurechnen.

285    Mit der dritten Rüge machen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich geltend, Villeroy & Boch sei in Frankreich zwar über ihre Tochtergesellschaft Villeroy & Boch Frankreich in der Produktion und im Vertrieb von Sanitärkeramik aktiv und Villeroy & Boch Frankreich sei Mitglied des AFICS gewesen; die Kommission habe aber nicht nachgewiesen, dass sich Villeroy & Boch Frankreich an Preisabsprachen beteiligt hätte.

286    Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission in Tabelle B des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, dass sich Villeroy & Boch Frankreich vom 25. Februar bis zum 9. November 2004 an einer Zuwiderhandlung beteiligt habe. In Randnr. 556 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass sie über Beweise für die Teilnahme der AFICS-Mitglieder an Preiskoordinierungsgesprächen erst für die Zeit ab dem AFICS-Treffen vom 25. Februar 2004 verfüge. In Randnr. 572 des angefochtenen Beschlusses führt die Kommission aus, die Teilnehmer dieses Treffens seien sich laut Ideal Standard einig gewesen, dass die Mindestpreise zu niedrig seien und angehoben werden sollten, insbesondere durch eine Erhöhung der Katalogpreise um 3 %. In Randnr. 573 des angefochtenen Beschlusses heißt es, diese Informationen seien durch Roca bestätigt worden. In Randnr. 574 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass die Teilnehmer nach dem genannten Treffen vertrauliche Informationen über Preise und Umsätze ausgetauscht hätten.

287    Erstens ist das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich als nicht stichhaltig zurückzuweisen, die Kommission habe keine Beweise für die Teilnahme von Villeroy & Boch Frankreich an den drei 2004 abgehaltenen AFICS-Treffen (vgl. Anhang 11 des angefochtenen Beschlusses) beigebracht. Wie nämlich aus den Randnrn. 572 und 573 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, hat sich die Kommission zum Nachweis der Teilnahme von Villeroy & Boch Frankreich an diesen Treffen auf die Aussagen von Ideal Standard und Roca gestützt.

288    Zweitens ist das Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich als nicht stichhaltig zurückzuweisen, die Kommission habe rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen, dass beim AFICS-Treffen vom 25. Februar 2004 rechtswidrige Gespräche geführt worden seien, da sie sich nämlich auf mündliche Erklärungen gestützt habe, die nachträglich abgegeben worden und vage und widersprüchlich seien, was sie im Übrigen im angefochtenen Beschluss einräume.

289    Nach der Rechtsprechung muss die Erklärung eines Unternehmens, dem eine vollständige oder teilweise Ermäßigung der Geldbuße gewährt wird, wenn sie von einer Partei bestritten wird, untermauert werden (Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 257 angeführt, Randnr. 219); eine solche Untermauerung kann aber durch das Zeugnis eines anderen an dem Kartell beteiligten Unternehmens erfolgen, auch wenn ihm ebenfalls eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt worden ist. Auch die Führung von Gesprächen über die Mindestpreise wird auf diese Weise untermauert; von solchen Gesprächen ist nämlich im Protokoll des AFICS-Treffens vom 25. Februar 2004 die Rede.

290    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Erklärung von Roca insoweit vager ist als die von Ideal Standard, als es darin lediglich heißt, dass die genannten Gespräche in der Zeit von „2002 bis 2004“ geführt worden seien, und insoweit differenzierter als die von Ideal Standard, als Roca erwähnt, dass die Teilnehmer zwei Lösungen in Betracht gezogen hätten, eine Erhöhung der Mindestpreise der Produkte um 3 % und einen Höchstpreis. Das ändert aber nichts daran, dass die Zeugenaussage von Roca im Wesentlichen den Zeitraum, den Ort, die Teilnehmer und den Gegenstand der in Rede stehenden rechtswidrigen Gespräche bestätigt, wie aus einem Tagesordnungspunkt hervorgeht. Daher ist festzustellen, dass die Aussage von Ideal Standard, untermauert durch die von Roca, rechtlich hinreichend beweist, dass die in Rede stehenden rechtswidrigen Gespräche geführt worden sind.

291    Das weitere Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich kann diese Feststellung nicht in Frage stellen.

292    Zunächst ist das Vorbringen als ins Leere gehend zurückzuweisen, Villeroy & Boch Frankreich habe kein Interesse an der Beteiligung an einer Vereinbarung wie der genannten gehabt. Dass Villeroy & Boch Frankreich, wie die Kommission festgestellt hat, in geringem Umfang Produkte der unteren Preisklasse vertrieb, ist nicht bereits geeignet, die Aussagen von Ideal Standard und Roca zu entkräften, wonach Villeroy & Boch Frankreich an rechtswidrigen Gesprächen über diese Produkte teilgenommen habe.

293    Zum Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich, insbesondere der Aussage von Duravit im Rahmen ihres Antrags auf Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 lasse sich nicht entnehmen, dass am 25. Februar 2004 rechtswidrige Gespräche geführt worden wären, ist festzustellen, dass, abgesehen davon, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss überhaupt nicht auf diese Aussage stützt, Duravit entgegen dem Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich ebenfalls die Aussage von Ideal Standard hinsichtlich des Inhalts der rechtswidrigen Gespräche, die „wahrscheinlich“ am 25. Februar 2004 geführt worden seien, bestätigt hat.

294    Schließlich ist zum Vorbringen von Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass die beim Treffen vom 25. Februar 2004 geführten rechtswidrigen Gespräche bis zum 9. November 2004 fortgewirkt hätten, festzustellen, dass, wie die Kommission geltend macht, Villeroy & Boch Frankreich in ihrer Antwort auf ein Auskunftsersuchen der Kommission betreffend das Verfahren der Preiserhöhung selbst angegeben hat, dass die Preiserhöhungen jährlich erfolgt seien. Das Vorbringen, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass das Kartell zumindest bis zum 9. November 2004 gedauert habe, ist mithin als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

295    Die Aussagen von Ideal Standard und Roca genügen für die Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV; daher braucht nicht auf die Frage eingegangen zu werden, ob auch die Gespräche über die anderen zwischen den Kartellmitgliedern ausgetauschten Informationen wettbewerbswidriger Natur waren, wie Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich geltend machen. Auch wenn dies nicht der Fall wäre, änderte dies nämlich nichts daran, dass wegen der Teilnahme an dem AFICS-Treffen vom 25. Februar 2004 eine Zuwiderhandlung vorliegt.

296    Somit ist festzustellen, dass die Kommission, indem sie festgestellt hat, dass Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich an rechtswidrigen Gesprächen über den französischen Sanitärkeramikmarkt teilgenommen haben, keinen Fehler begangen hat. Der fünfte Teil des dritten Klagegrundes ist demnach als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum sechsten Teil des dritten Klagegrundes: keine Zuwiderhandlung in den Niederlanden

297    Villeroy & Boch macht mit vier Hauptrügen geltend, sie habe sich nicht an einer Zuwiderhandlung in den Niederlanden beteiligt.

298    Die Kommission tritt diesen Rügen jeweils entgegen.

299    Die Kommission hat im angefochtenen Beschluss in den Randnrn. 593 bis 595 angenommen, dass die SFP-Mitglieder an einem rechtswidrigen Austausch von Informationen über ihre Preise für das folgende Jahr teilgenommen hätten. Sie sei im Besitz von Beweisen für eine Zuwiderhandlung ab dem SFP-Treffen vom 28. September 1994; diese Zuwiderhandlung habe bis Dezember 1999 gedauert. Die geplanten Erhöhungen seien in Form einer prozentualen Spanne ausgedrückt worden; eine Preiserhöhungsspanne von 4 % bis 7 % habe eine Preiserhöhung um 4 % bei Produkten der unteren Preisklasse und eine Erhöhung um 7 % bei Produkten der Luxusklasse bedeutet. Der Austausch im Rahmen des SFP habe die drei Produktuntergruppen betroffen. Außerdem stellt die Kommission in den Randnrn. 596 bis 601 des angefochtenen Beschlusses fest, dass fünf Treffen stattgefunden hätten, bei denen im Rahmen des SFP rechtswidrige Gespräche geführt worden seien, nämlich die Treffen vom 28. September und 30. November 1994, 26. November 1996, 13. Mai 1998 und 20. Januar 1999.

300    Mit ihrer ersten Rüge macht Villeroy & Boch geltend, die Kommission habe im Sinne der Rechtsprechung kein legitimes Interesse an der Feststellung rechtswidriger Verhaltensweisen in den Niederlanden gehabt, da, wie sie festgestellt habe, gegen Villeroy & Boch insoweit wegen Verjährung keine Geldbuße habe verhängt werden können.

301    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission in Randnr. 1179 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt hat: „Da [der angefochtene Beschluss] nach 31. Dezember 2009 erlassen wird, ist … die Zuwiderhandlung hinsichtlich der Kartelltreffen in den Niederlanden im Rahmen der SFP verjährt. Es … [besteht] ein gerechtfertigtes Interesse daran …, diesen Teil der Zuwiderhandlung festzustellen, da er Teil eines umfassenderen Gesamtverstoßes darstellt, und daher hilft, das wahre Ausmaß und die Kontinuität des wettbewerbswidrigen Verhaltens zu erklären.“

302    Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 kann die Kommission, soweit sie ein berechtigtes Interesse hat, eine Zuwiderhandlung feststellen, nachdem diese beendet ist. Nach der Rechtsprechung steht die Tatsache, dass die Kommission Verstoßenden keine Geldbußen auferlegen kann, weil die Verjährungsfrist von Art. 25 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 bereits abgelaufen ist, für sich der Feststellung dieses Verstoßes nicht entgegen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 2005, Sumitomo Chemical und Sumika Fine Chemicals/Kommission, T‑22/02 und T‑23/02, Slg. 2005, II‑4065, Randnr. 131).

303    Bei einer Zuwiderhandlung, die das Unternehmen bereits abgestellt hat und wegen der gegen es aufgrund von Verjährung keine Geldbuße verhängt werden darf, hat die Kommission aber im Einzelfall ihr legitimes Interesse an der Ahndung nachzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile Sumitomo Chemical und Sumika Fine Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 302 angeführt, Randnrn. 137 bis 139 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Pergan Hilfsstoffe für industrielle Prozesse/Kommission, oben in Randnr. 158 angeführt, Randnr. 72).

304    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission im Sinne der in Randnr. 303 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ein legitimes Interesse an der Feststellung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen in den Niederlanden hatte. Zur Bekräftigung ihrer Feststellung, dass eine einheitliche Zuwiderhandlung begangen worden sei, wie in Randnr. 79 des vorliegenden Urteils dargelegt, hatte die Kommission nämlich ein legitimes Interesse daran, alle rechtswidrigen Verhaltensweisen festzustellen, an denen Unternehmen wie Villeroy & Boch, die Duscholux GmbH & Co KG und Grohe (Randnrn. 20 und 58 des angefochtenen Beschlusses) beteiligt waren, die sie als Mitglieder der „zentralen Gruppe von Unternehmen“, die diese Zuwiderhandlung umgesetzt haben, angesehen hat (Randnr. 796 erster Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses), einschließlich derjenigen Verhaltensweisen, bei denen nach Auffassung der Kommission wegen Verjährung keine Geldbuße verhängt werden durfte.

305    Insoweit ist das Vorbringen von Villeroy & Boch als nicht stichhaltig zurückzuweisen, dass die Kommission das Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung anhand von rechtswidrigen Verhaltensweisen in anderen Mitgliedstaaten hätte beweisen können, ohne rechtswidrige Verhaltensweisen in den Niederlanden festzustellen, und dass jedenfalls die genannten Verhaltensweisen in den Niederlanden auf dieselbe Art begangen worden seien wie in den anderen Mitgliedstaaten, nämlich durch das Führen von Gesprächen bei von den Berufsverbänden veranstalteten Treffen. Auch wenn die Kommission im vorliegenden Fall in Anbetracht der rechtswidrigen Verhaltensweisen in anderen Mitgliedstaaten als den Niederlanden das Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung hätte feststellen können, ist die Feststellung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen in den Niederlanden nämlich geeignet, die Schlussfolgerung der Kommission in dieser Hinsicht zu stützen, sei es auch nur, indem sie bestätigt, dass die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in allen Mitgliedstaaten, auf die sich die einheitliche Zuwiderhandlung bezog, vergleichbar waren, wie die Klägerinnen geltend machen.

306    Die erste Rüge von Villeroy & Boch ist daher zurückzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die Kommission, wie sie im Übrigen in der mündlichen Verhandlung in ihrer Antwort auf die Fragen des Gerichts anders als in Randnr. 1179 des angefochtenen Beschlusses geltend gemacht hat, nicht verpflichtet war, ihr legitimes Interesse nachzuweisen, weil die rechtswidrigen Verhaltensweisen in den Niederlanden Bestandteil der einheitlichen Zuwiderhandlung waren, wegen der sie, da nicht verjährt, eine Geldbuße verhängen konnte.

307    Mit der dritten Rüge macht Villeroy & Boch geltend, weder Villeroy & Boch Nederland noch Ucosan, die die Kommission in den Art. 1 und 2 des angefochtenen Beschlusses nicht belangt habe, noch sie selbst hätten sich an einer Zuwiderhandlung in Bezug auf die drei Produktuntergruppen in den Niederlanden beteiligt.

308    Die Kommission hat in Fn. 846 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass ihre Feststellung der Zuwiderhandlung in dem genannten Zeitraum ausschließlich auf der unmittelbaren Beteiligung von Villeroy & Boch basiere, und nicht auf der von Ucosan, da Villeroy & Boch bis November 1999 nur 50 % der Anteile dieser Gesellschaft gehalten habe. Ferner hat die Kommission in Randnr. 617 des angefochtenen Beschlusses zwar festgestellt, dass Villeroy & Boch von 1994 bis mindestens 2009 regelmäßig an den SFP-Treffen teilgenommen habe; sie gibt aber nicht an, ob Villeroy & Boch bei den Gesprächen über die Preiserhöhungen bei den SFP-Treffen vom 28. September 1994, 26. November 1996 und 20. Januar 1999, deren Inhalt sie im angefochtenen Beschluss wiedergibt, anwesend war.

309    Somit ist die Frage, ob die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass sich Villeroy & Boch, und nicht Ucosan, unmittelbar an einer Zuwiderhandlung in Bezug auf die drei Produktuntergruppen in den Niederlanden beteiligt hat, im Hinblick auf die SFP-Treffen vom 28. September 1994, 26. November 1996 und 20. Januar 1999 zu prüfen.

310    Was erstens das SFP-Treffen vom 28. September 1994 angeht, ist zunächst festzustellen, dass die Begründung des angefochtenen Beschlusses insoweit widersprüchlich ist. Die Kommission stellt in Randnr. 617 des angefochtenen Beschlusses nämlich fest, dass Villeroy & Boch an dem SFP-Treffen vom 28. September 1994 teilgenommen habe, jedoch ist diese Teilnahme in der Tabelle in Anhang 13 des angefochtenen Beschlusses nicht verzeichnet.

311    Zum Beweis der Tatsache, dass die Teilnehmer beschlossen hätten, ihre Preise wegen der Erhöhung der Rohstoffpreise zu erhöhen, verweist die Kommission in Randnr. 596 des angefochtenen Beschlusses auf das Protokoll des SFP-Treffens vom 28. September 1994 und eine mündliche Aussage von Ideal Standard im Rahmen ihres Antrags auf Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002. In diesem Protokoll sind zwar die anwesenden Personen aufgelistet; aus ihm geht aber nicht hervor, dass bei diesem Treffen jemand Villeroy & Boch vertreten hätte. Die Kommission hat im Übrigen weder im angefochtenen Beschluss noch in ihren Schriftsätzen den Vertreter von Villeroy & Boch benannt, der an dem genannten Treffen teilgenommen haben soll. Sie hat in ihren Schriftsätzen zwar ausgeführt, dass Herr T. Villeroy & Boch beim SFP-Treffen vom 26. November 1996 vertreten habe, ohne dass dieses Unternehmen dem widersprochen hat; allerdings ist im Protokoll des SFP-Treffens vom 28. September 1994 vermerkt, dass diese Person nicht anwesend gewesen sei. Außerdem heißt es in diesem Protokoll zwar, dass über die Preiserhöhungen gesprochen worden sei, wie die Kommission in Randnr. 596 des angefochtenen Beschlusses feststellt; jedoch enthält das Protokoll keinen Anhaltspunkt dafür, dass Villeroy & Boch an dem genannten Treffen teilgenommen hätte.

312    Schließlich hat die Kommission dem Gericht zur Stützung ihrer Behauptungen nicht die mündlichen Erklärungen von Ideal Standard vorgelegt, auf die sie sich bei der in Fn. 847 des angefochtenen Beschlusses getroffenen Feststellung gestützt hat, dass Villeroy & Boch, und nicht Ucosan, an dem SFP-Treffen vom 28. September 1994 teilgenommen habe. Auch wenn Ideal Standard in diesen mündlichen Erklärungen angegeben hätte, dass Villeroy & Boch an diesem Treffen teilgenommen habe, genügte diese Aussage allein nicht für den Beweis dieser Tatsache; Villeroy & Boch bestreitet nämlich seine Teilnahme, und in dem Protokoll des genannten Treffens heißt es, dass ihr Vertreter nicht anwesend gewesen sei. Wie in Randnr. 257 des vorliegenden Urteils ausgeführt, muss die mündliche Aussage eines Unternehmens, das eine Ermäßigung der Geldbuße beantragt hat, aber untermauert werden, wenn sie bestritten wird.

313    Die Kommission hat daher rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen, dass Villeroy & Boch an dem SFP-Treffen vom 28. September 1994 teilgenommen habe.

314    Was zweitens das SFP-Treffen vom 26. November 1996 angeht, ist zunächst festzustellen, dass Villeroy & Boch nach der Tabelle des Anhangs 13 des angefochtenen Beschlusses an diesem Treffen teilgenommen haben soll. In Randnr. 598 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission festgestellt, dass im Protokoll dieses Treffens festgehalten sei, dass mehrere Badezimmerausstattungshersteller ihre Preise innerhalb einer Spanne von 2 % bis 6 % ab Januar 1997 erhöhen würden. Sie hat sich insoweit auf die mündlichen Erklärungen von Ideal Standard und das Protokoll des genannten Treffens gestützt, in dem es unter der Überschrift „Verschiedenes“ ausdrücklich heißt, einer der Teilnehmer habe geäußert, dass verschiedene Hersteller ihre Preise ab Januar 1997 etwa um 2 % bis 6 % erhöhen würden und dass Preiserhöhungen spätestens im Laufe des Jahres zu erfolgen hätten.

315    Das Vorbringen von Villeroy & Boch, aus dem Protokoll des SFP-Treffens vom 26. November 1996 gehe nicht hervor, dass sich ihr Vertreter zu etwa beabsichtigten Preiserhöhungen geäußert hätte, ändert jedoch nichts daran, dass dieses Unternehmen an Gesprächen über Preiserhöhungen teilgenommen hat, die geeignet waren, den Wettbewerb auf den in Rede stehenden Märkten zu beeinträchtigen.

316    Die Kommission hat daher rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die Gespräche beim SFP-Treffen vom 26. November 1996, an denen Villeroy & Boch teilgenommen hat, wettbewerbswidrig waren.

317    Was drittens das SFP-Treffen vom 20. Januar 1999 angeht, hat die Kommission in Randnr. 600 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass die Teilnehmer dieses Treffens, darunter Villeroy & Boch, ihre Preiserhöhungen ab dem 1. April 1999 mitgeteilt hätten. Im Protokoll sei nichts über Gespräche über die Preise vermerkt, was dadurch zu erklären sei, dass die Teilnehmer gewusst hätten, dass die in Rede stehenden Gespräche rechtswidrig seien; in den handschriftlichen Notizen von Hansgrohe sei aber der Prozentsatz der Erhöhung der genannten Preise ab dem 1. April 1994 festgehalten: bei Villeroy & Boch 2,5 %, bei Grohe 3 %, bei Hansa 3,6 % und bei Ucosan 4 %.

318    Insoweit ist das Vorbringen von Villeroy & Boch, die Notizen von Hansgrohe seien kein Beleg für eine Zuwiderhandlung, als nicht stichhaltig zurückzuweisen; diese Notizen, bei denen unstreitig ist, dass sie im Rahmen der unangekündigten Nachprüfungen der Kommission erlangt wurden, entsprechen nämlich hinsichtlich ihrer Struktur und zum Teil auch ihres Inhalts dem ebenfalls von Hansgrohe erstellten Protokoll.

319    Die Kommission hat somit nachgewiesen, dass sich Villeroy & Boch bei den SFP-Treffen vom 26. November 1996 und 20. Januar 1999 an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in den Niederlanden beteiligt hat. Da unstreitig ist, dass jährliche Preisrunden erfolgten, kann aber nicht angenommen werden, dass die wettbewerbswidrigen Gespräche des Treffens vom 26. November 1996 über das Jahr 1997 hinaus fortgewirkt hätten. Die Kommission hat daher nicht nachgewiesen, dass sich Villeroy & Boch 1998 an einer Zuwiderhandlung beteiligt hätte. Die rechtswidrigen Verhaltensweisen, an denen sich Villeroy & Boch beteiligt hat, haben also vom 26. November 1996 bis Dezember 1997 und vom 20. Januar 1999 bis Dezember 1999 gedauert, dem von der Kommission festgestellten Zeitpunkt des Endes der von Villeroy & Boch in den Niederlanden begangenen Zuwiderhandlung.

320    Im Übrigen ist das Vorbringen von Villeroy & Boch zurückzuweisen, sie könne nicht für eine einheitliche Zuwiderhandlung belangt werden, die einerseits Duschabtrennungen betreffe, die Ucosan in dem beanstandeten Zeitraum hergestellt habe, und andererseits Armaturen, die sie nicht hergestellt habe. Da unstreitig ist, dass im Rahmen des SFP zwischen den Herstellern Gespräche über die drei Produktuntergruppen geführt wurden, hat die Kommission zu Recht festgestellt, dass sich Villeroy & Boch an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt hat, die sich in den in Randnr. 319 des vorliegenden Urteils genannten Zeiträumen auf diese drei Produktuntergruppen erstreckte.

321    Somit ist festzustellen, dass dem dritten Klagegrund insoweit teilweise stattzugeben ist, als die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass sich Villeroy & Boch in den Niederlanden vom 28. September 1994 bis zum 1. Dezember 1999 an der einheitlichen Zuwiderhandlung in Bezug auf die drei Produktuntergruppen beteiligt hätte. Villeroy & Boch konnte wegen einer solchen Zuwiderhandlung nur für die Zeit vom 26. November 1996 bis zum 1. Dezember 1997 und vom 20. Januar bis zum 1. Dezember 1999, dem von der Kommission als Ende der von Villeroy & Boch in den Niederlanden begangenen Zuwiderhandlung festgestellten Zeitpunkt, belangt werden. Der dritte Klagegrund ist im Übrigen zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: keine Rechtsgrundlage für eine gesamtschuldnerische Verurteilung zur Zahlung von Geldbußen

322    Die Klägerinnen machen geltend, es gebe keine Rechtsgrundlage, die es der Kommission erlaubte, gesamtschuldnerische Geldbußen gegen sie zu verhängen. Die Festsetzung solcher Geldbußen verstoße gegen die in der Charta der Grundrechte und Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 verankerten Grundsätze der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen und des schuldangemessenen Strafens und gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts. Eine Muttergesellschaft und ihre Tochtergesellschaften könnten nicht deshalb als gesamtschuldnerisch verantwortlich angesehen werden, weil sie eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Stelle die Kommission fest, dass eine wirtschaftliche Einheit vorliege, habe sie im Einzelfall die Schwere der Schuld der Tochter- und der Muttergesellschaft zu beurteilen, so dass gegen diese getrennte Geldbußen festzusetzen seien. Im Übrigen machen die Klägerinnen wie die Klägerin in der Rechtssache, in der das Urteil des Gerichts vom 3. März 2011, Siemens und VA Tech Transmission & Distribution/Kommission (T‑122/07 bis T‑124/07, Slg. 2011, II‑793), ergangen ist, geltend, dass die gegen sie gesamtschuldnerisch verhängten Geldbußen insoweit rechtswidrig seien, als die Kommission nicht angegeben habe, in welcher Höhe sie jeweils hafteten.

323    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

324    Nach der Rechtsprechung sind dann, wenn mehrere Personen für die Beteiligung an einer Zuwiderhandlung ein und desselben Unternehmens im wettbewerbsrechtlichen Sinne persönlich haftbar gemacht werden können, diese Personen als für die Zuwiderhandlung gesamtschuldnerisch verantwortlich anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 6. März 1974, Istituto Chemioterapico Italiano und Commercial Solvents/Kommission, 6/73 und 7/73, Slg. 1974, 223, Randnr. 41, und vom 16. November 2000, Metsä-Serla u. a./Kommission, C‑294/98 P, Slg. 2000, I‑10065, Randnrn. 33 und 34; Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Metsä-Serla u. a./Kommission, T‑339/94 bis T‑342/94, Slg. 1998, II‑1727, Randnrn. 42 bis 44).

325    Die Einheitlichkeit des Marktverhaltens des Unternehmens rechtfertigt es, bei der Anwendung des Wettbewerbsrechts die Gesellschaften oder – allgemeiner – die Rechtssubjekte, die persönlich haftbar gemacht werden können, als Gesamtschuldner zu verpflichten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1972, Geigy/Kommission, 52/69, Slg. 1972, 787, Randnr. 45, und Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑71/03, T‑74/03, T‑87/03 und T‑91/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 62). Da die gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung von Geldbußen, die wegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen verhängt werden, dazu beiträgt, die tatsächliche Einziehung dieser Geldbußen sicherzustellen, dient sie der Verwirklichung des vom Wettbewerbsrecht allgemein verfolgten Ziels der Abschreckung (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juli 1970, ACF Chemiefarma/Kommission, 41/69, Slg. 1970, 661, Randnrn. 172 und 173, sowie vom 29. Juni 2006, Showa Denko/Kommission, C‑289/04 P, Slg. 2006, I‑5859, Randnr. 61), und zwar unter Wahrung des Grundsatzes ne bis in idem, eines – auch in Art. 4 des Protokolls Nr. 7 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankerten – grundlegenden Prinzips des Unionsrechts, wonach es untersagt ist, ein und dasselbe Marktverhalten eines Unternehmens mehr als einmal gegenüber Rechtssubjekten zu ahnden, die dafür persönlich haftbar gemacht werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 32 angeführt, Randnr. 338; Urteile des Gerichts PVC II, oben in Randnr. 113 angeführt, Randnrn. 95 bis 99, und vom 13. Dezember 2006, FNCBV/Kommission, T‑217/03 und T‑245/03, Slg. 2006, II‑4987, Randnr. 340).

326    Dass mehrere Gesellschaften für die Beteiligung ein und desselben Unternehmens an einer Zuwiderhandlung nicht in gleichem Umfang persönlich verantwortlich sind, steht der Verhängung einer gesamtschuldnerisch zu tragenden Geldbuße gegen sie nicht entgegen, da die Gesamtschuld in Bezug auf die Zahlung der Geldbuße nur den Zuwiderhandlungszeitraum betrifft, in dem sie eine wirtschaftliche Einheit und damit ein Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts gebildet haben.

327    Die gesamtschuldnerische Haftung ist somit eine normale Folge, wenn einer Gesellschaft die Verantwortung für das Verhalten einer anderen Gesellschaft zugerechnet wird, insbesondere wenn diese beiden Gesellschaften ein einheitliches Unternehmen bilden (Urteil des Gerichts vom 31. März 2009, ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission, T‑405/06, Slg. 2009, II‑771, Randnr. 117).

328    Nach der in den Randnrn. 323 bis 326 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung ist zu beachten, dass die gesamtschuldnerische Haftung von Gesellschaften für die Zahlung von Geldbußen wegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen eine Folge ist, die sich von Rechts wegen aus den materiell-rechtlichen Bestimmungen dieser Artikel ergibt.

329    Das Vorbringen der Klägerinnen, die Kommission habe im vorliegenden Fall, indem sie gegen sie gesamtschuldnerisch eine Geldbuße verhängt habe, gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen, ist somit als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

330    Die Klägerinnen können auch mit ihren weiteren Argumenten nicht durchdringen.

331    Erstens ist das Vorbringen zurückzuweisen, die Kommission habe gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Die Klägerinnen legen nämlich in keiner Weise dar, warum sie die Auffassung vertreten, dass die gegen Villeroy & Boch verhängten Geldbußen unverhältnismäßig wären. Dieses Vorbringen ist daher gemäß Art. 44 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen.

332    Zweitens ist das Vorbringen als nicht stichhaltig zurückzuweisen, die gegen die Klägerinnen gesamtschuldnerisch verhängten Geldbußen seien insoweit rechtswidrig, als die Kommission nicht angegeben habe, in welchem Verhältnis sie diese untereinander zu tragen hätten. Hierzu ist festzustellen, dass das Gericht in Randnr. 158 des Urteils Siemens und VA Tech Transmission & Distribution/Kommission (oben in Randnr. 322 angeführt) festgestellt hat, dass, sofern in der Entscheidung, mit der die Kommission wegen der Zuwiderhandlung eines Unternehmens, dem mehrere Gesellschaften angehören, eine Geldbuße festsetzt, für deren Zahlung diese Gesellschaften als Gesamtschuldner haften, nichts anderes bestimmt ist, davon auszugehen ist, dass diese Gesellschaften gleichermaßen haften und zu gleichen Teilen zur Zahlung der wegen dieser Zuwiderhandlung verhängten Geldbuße beitragen müssen. Die Geldbußen, die Villeroy & Boch gesamtschuldnerisch mit Villeroy & Boch Österreich, Villeroy & Boch Belgien bzw. Villeroy & Boch Frankreich zu zahlen hat, stehen somit in Einklang mit der Rechtsprechung.

333    Drittens ist das Vorbringen der Klägerinnen als nicht stichhaltig zurückzuweisen, die Kommission habe insoweit gegen den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts verstoßen, als sich der Betrag der Geldbuße, den jede zu einer wirtschaftlichen Einheit gehörende Gesellschaft zu tragen habe, endgültig und eindeutig allein aus der Entscheidung der Kommission ergeben müsse, und nicht aus der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften. Wie aus den in Randnr. 332 des vorliegenden Urteils angeführten Ausführungen des Gerichts hervorgeht, ergibt sich nämlich ausdrücklich oder implizit aus der Entscheidung der Kommission, mit der eine gesamtschuldnerische Geldbuße festgesetzt wird, in welchem Verhältnis die Gesamtschuldner diese untereinander zu tragen haben.

334    Der vierte Klagegrund ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Klagegrund: Einbeziehung von nicht mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehenden Umsätzen bei der Berechnung der Geldbuße

335    Die Klägerinnen machen hilfsweise geltend, auch wenn anzunehmen sein sollte, dass sie eine Zuwiderhandlung begangen hätten und die Verhängung einer Geldbuße gegen sie gerechtfertigt sei, seien die gegen sie festgesetzten Geldbußen herabzusetzen. Die Kommission habe nämlich zu Unrecht Umsätze einbezogen, die nicht mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang gestanden hätten.

336    Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 lautet: „Zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen.“

337    Im angefochtenen Beschluss war die Kommission der Auffassung, dass der bei der Festsetzung der gegen die betroffenen Gesellschaften zu verhängenden Geldbußen zu berücksichtigende Umsatz in Zusammenhang steht mit allen Verkäufen dieser Gesellschaften an die Großhändler, die dann an die jeweiligen Endabnehmer weiterverkauften, entweder direkt oder über Installateure (Randnrn. 1203 und 1207 des angefochtenen Beschlusses). Von den zu berücksichtigenden Umsätzen hat sie jedoch erstens an Großhändler verkaufte Produkte ausgeschlossen, die von diesen unter ihren Eigenmarken verkauft worden seien (Randnr. 1203 des angefochtenen Beschlusses), zweitens nicht über den Großhandel erfolgte Verkäufe an Baumärkte (Randnr. 1205 des angefochtenen Beschlusses) und drittens nicht über den Großhandel erfolgte Verkäufe an Endverbraucher im Rahmen spezieller Projekte wie der Ausstattung von Krankenhäusern oder Hotels (Randnr. 1206 des angefochtenen Beschlusses). Sie verfüge zwar über Beweise dafür, dass die diese drei Tätigkeiten Gegenstand rechtswidriger Gespräche gewesen seien; die Zuwiderhandlung habe ihrer Auffassung nach aber im Wesentlichen die Verkäufe von Badezimmerausstattungsherstellern an Großhändler betroffen (vgl. Randnr. 1206 des angefochtenen Beschlusses).

338    Die Klägerinnen meinen, die Kommission dürfe bei der Berechnung der Geldbuße nur den Umsatz mit Produkten berücksichtigen, die im Rahmen des dreistufigen Vertriebs auf der Grundlage der Bruttopreisliste unter bestimmten Marken an die Großhändler, Klempner und Verbraucher verkauft worden seien. Bestimmte Umsätze, darunter bestimmte Umsätze mit Produkten, die unter ihren Zweitmarken, wie etwa Saval, Gustavsberg und Voltane, verkauft worden seien, und Umsätze mit Produkten, die unter Eigenmarken der Großhändler verkauft worden seien, dürften nicht berücksichtigt werden, da sie nicht in der Bruttopreisliste enthalten gewesen seien.

339    Was erstens die Zweitmarken der Klägerinnen angeht, ist zunächst festzustellen, dass die Klägerinnen nichts vortragen, was geeignet wäre, die Feststellungen der Kommission, z. B. in den Randnrn. 509 und 511 des angefochtenen Beschlusses, dass die Teilnehmer der VCG-Treffen vom 17. September 2002 und 28. und 29. April 2003 über zukünftige Preiserhöhungen bei den unter den Marken Saval und Alfudi vertriebenen Produkten gesprochen haben, in Frage zu stellen. Die Kommission war somit nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 berechtigt, bei der Berechnung der Geldbuße die Umsätze mit unter den Zweitmarken der Klägerinnen vertriebenen Produkten zu berücksichtigen. Dass die Kommission sich hingegen dafür entschieden hat, die Umsätze mit unter den „Eigenmarken der Großhändler“ vertriebenen Produkten nicht zu berücksichtigen, ändert nichts daran, dass sie berechtigt war, die Zweitmarken betreffenden Umsätze der Klägerinnen zu berücksichtigen.

340    Zweitens ist das Vorbringen der Klägerinnen nicht stichhaltig, die Kommission hätte nur auf der Grundlage der Bruttopreisliste erfolgte Verkäufe an Großhändler berücksichtigen dürfen.

341    Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen geltend macht, geht aus den Akten hervor, dass die an der festgestellten Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen bei einigen Gesprächen Preiserhöhungen für alle ihre Verkäufe vorgesehen haben, unabhängig davon, ob diese auf der Grundlage der Bruttopreisliste erfolgen oder nicht. Dies trifft, wie die Kommission geltend macht, auf die beim FSKI-Treffen vom 17. Januar 2003 getroffene Entscheidung zu, die Mautkosten unterschiedslos über alle Preise weiterzugeben.

342    Soweit die Klägerinnen geltend machen, die in Rede stehende Preiskoordinierung habe nur die Verkäufe an Großhändler auf der Grundlage der Bruttopreisliste im Rahmen des dreistufigen Vertriebs betroffen, nicht aber die Verkäufe an Großhändler auf der Grundlage anderer Preislisten, ist jedenfalls festzustellen, dass die Klägerinnen nicht beweisen, dass sich die Koordinierung der Preise für die Verkäufe an die Großhändler auf der Grundlage der genannten Preislisten nicht auf die Festlegung anderer Preislisten ausgewirkt hätte. Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen geltend macht, ohne dass die Klägerinnen dagegen Argumente oder Beweise vorbringen, konnten die für die Verkäufe von Produkten an die Großhändler geltenden Bruttopreislisten, die Gegenstand einer Koordinierung waren, von den Badezimmerausstattungsherstellern beim Verkauf ihrer nicht für den dreistufigen Vertrieb bestimmten Produkte an Großhändler als Referenzpreislisten herangezogen werden.

343    Die Kommission hat also in Einklang mit Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 die Verkäufe an Großhändler insgesamt berücksichtigt; diese waren nämlich alle unmittelbar oder mittelbar von der in Rede stehenden Zuwiderhandlung betroffen. Das Vorbringen der Klägerinnen, die Kommission verfüge hinsichtlich des zu berücksichtigenden Umsatzes nicht über ein weites Ermessen, ist zurückzuweisen; der Kommission ist insoweit nämlich kein Beurteilungsfehler unterlaufen.

344    Der fünfte Klagegrund ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer

345    Die Klägerinnen machen geltend, die Kommission hätte ihnen wegen der überlangen Dauer des Verwaltungsverfahrens eine Ermäßigung der Geldbuße gewähren müssen. Das Recht auf eine angemessene Verfahrensdauer sei in der Rechtsprechung anerkannt und in Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte verankert worden. Im vorliegenden Fall habe das gesamte Verfahren ab Eingang des Antrags von Masco auf Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 am 15. Juli 2004 über sechs Jahre gedauert. Zwischen der Anhörung und dem Erlass des angefochtenen Beschlusses seien 31 Monate vergangen. Ein Vergleich mit anderen Beschlüssen der Kommission oder Urteilen des Gerichts zeige, dass die Verfahrensdauer im vorliegenden Fall überlang gewesen sei, was auch der Anhörungsbeauftragte der Kommission so gesehen habe. Es sei eine Ermäßigung der Geldbuße zwischen 8 % und 43 %, d. h. zwischen 8 und 31 Mio. Euro, angemessen.

346    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen.

347    Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Einhaltung einer angemessenen Frist bei der Abwicklung des Verwaltungsverfahrens auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, dessen Wahrung die Unionsgerichte zu sichern haben (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2012, Heineken Nederland und Heineken/Kommission, C‑452/11 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 98 und die dort angeführte Rechtsprechung).

348    Der Grundsatz der angemessenen Dauer eines Verwaltungsverfahrens ist bestätigt worden durch Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte, der lautet: „Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden.“

349    Ein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer kann nach der Rechtsprechung zwei Arten von Rechtsfolgen haben. Hat der Verstoß Auswirkungen auf den Ausgang des Verfahrens gehabt, kann er zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 2006, Technische Unie/Kommission, C‑113/04 P, Slg. 2006, I‑8831, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

350    Hat er keine Auswirkungen auf den Ausgang des Verfahrens gehabt, kann sich das Gericht veranlasst sehen, in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den auf der Überschreitung der angemessenen Dauer des Verwaltungsverfahrens beruhenden Verstoß in angemessener Weise wiedergutzumachen, gegebenenfalls, indem es die verhängte Geldbuße herabsetzt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, Heineken Nederland und Heineken/Kommission, T‑240/07, Slg. 2011, II‑3355, Randnrn. 429 und 434).

351    Die Angemessenheit der Verfahrensdauer beurteilt sich nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls, insbesondere nach dessen Kontext, dem Verhalten der Beteiligten im Laufe des Verfahrens, der Bedeutung der Angelegenheit für die verschiedenen betroffenen Unternehmen und der Komplexität der Sache (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II, oben in Randnr. 113 angeführt, Randnr. 126).

352    Zu prüfen ist sowohl die Dauer des ersten Abschnitts des Verfahrens von der Zustellung der Nachprüfungen bis zum Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch die des zweiten Abschnitts des Verfahrens vom Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass des angefochtenen Beschlusses (vgl. in diesem Sinne Urteile Heineken Nederland und Heineken/Kommission, oben in Randnr. 350 angeführt, Randnrn. 290 und 293, und PVC II, oben in Randnr. 113 angeführt, Randnr. 124).

353    Im vorliegenden Fall hat der erste Abschnitt des Verwaltungsverfahrens zwei Jahre und fünf Monate gedauert, nämlich vom 9. November 2004, dem Tag, an dem die Nachprüfungen der Kommission vorgenommen wurden, bis zum 26. März 2007, dem Tag, an dem die Mitteilung der Beschwerdepunkte angenommen wurde.

354    In Anbetracht der sehr hohen Zahl an zusammengetragenen Informationen, erstens im Rahmen der von der Kommission in fünf Mitgliedstaaten bei 25 Gesellschaften und fünf Berufsverbänden vorgenommenen Nachprüfungen (Randnr. 129 des angefochtenen Beschlusses), zweitens im Rahmen von sechs Anträgen auf Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002, von denen nach Auffassung der Kommission aber nur drei einen erheblichen Mehrwert aufwiesen, und drittens im Rahmen der sehr großen Zahl an Auskunftsverlangen der Kommission, auf die die Adressaten geantwortet haben, ist diese Dauer von zwei Jahren und fünf Monaten nicht unangemessen.

355    Außerdem war der erste Abschnitt des Verfahrens nicht durch längere Phasen der Untätigkeit gekennzeichnet. Es ist nämlich erstens unstreitig, dass die Kommission am 9. und 10. November 2004 in fünf Mitgliedstaaten bei mehreren Unternehmen Nachprüfungen vornahm (Randnr. 129 des angefochtenen Beschlusses). Zweitens gingen bei ihr am 15. und 19. November 2004 Anträge von Grohe und Masco auf Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über die Zusammenarbeit von 2002 ein (Randnrn. 131 und 132 des angefochtenen Beschlusses). Drittens versandte sie von November 2005 bis Mai 2006 Auskunftsverlangen (Randnr. 133 des angefochtenen Beschlusses). Viertens gingen bei ihr über den Antrag von Masco auf Erlass der Geldbuße gemäß der genannten Mitteilung über die Zusammenarbeit hinaus fünf weitere Anträge auf Ermäßigung der Geldbuße gemäß dieser Mitteilung ein (Randnrn. 135 bis 137 des angefochtenen Beschlusses). Fünftens erließ sie am 26. März 2007 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte.

356    Im vorliegenden Fall kann die Dauer des ersten Abschnitts des Verfahrens daher nicht als überlang angesehen werden.

357    Zum zweiten Abschnitt des Verfahrens ist zunächst festzustellen, dass die Unternehmen nach der Rechtsprechung ein besonderes Interesse daran haben, dass die Kommission diesen zweiten Verfahrensabschnitt besonders sorgfältig durchführt, da die Kommission mit der Annahme der Mitteilung der Beschwerdepunkte ihren Willen zum Ausdruck bringt, zu einer Entscheidung zur Feststellung einer Zuwiderhandlung zu gelangen, und ein Unternehmen erst mit Eingang der Mitteilung der Beschwerdepunkte von dem Gegenstand des gegen es eingeleiteten Verfahrens und den ihm von der Kommission vorgeworfenen Verhaltensweisen Kenntnis erlangen kann (Urteil PVC II, oben in Randnr. 113 angeführt, Randnr. 132).

358    Im vorliegenden Fall hat der zweite Abschnitt des Verwaltungsverfahrens drei Jahre und drei Monate gedauert, nämlich vom 26. März 2007, dem Tag, an dem die Mitteilung der Beschwerdepunkte angenommen wurde, bis zum 23. Juni 2010, dem Tag, an dem der angefochtenen Beschluss erlassen wurde.

359    Erstens ist festzustellen, dass die Kommission in diesem Zeitraum nicht untätig geblieben ist, da sie nach der Annahme der Mitteilung der Beschwerdepunkte am 26. März 2007 vom 12. bis zum 14. November 2007 eine Anhörung durchführte (Randnrn. 139 und 143 des angefochtenen Beschlusses), von April bis November 2008 an sehr viele Unternehmen Auskunftsverlangen versandte (Randnrn. 144 und 145 des angefochtenen Beschlusses), am 9. Juli 2009 ein Sachverhaltsschreiben erstellte (Randnr. 147 des angefochtenen Beschlusses), von Juni 2009 bis März 2010 weitere Auskunftsverlangen versandte (Randnrn. 149 bis 151 des angefochtenen Beschlusses) und am 23. Juni 2010 den angefochtenen Beschluss erließ.

360    Zweitens erfolgten die Untersuchungshandlungen der Kommission in kurzen Zeitabständen. Außerdem bestreiten die Klägerinnen nicht die Behauptung der Kommission, dass die Untersuchung zu einer Verwaltungsakte von mehr als 170 000 Seiten geführt hat, die 70 Gesellschaften und zehn Berufsverbände sowie Zuwiderhandlungen in Bezug auf drei Produktuntergruppen in sechs Mitgliedstaaten der Union betrifft. Unter diesen Umständen kann die Dauer des zweiten Abschnitts des Verfahrens nicht als überlang angesehen werden.

361    Nach den Feststellungen in den Randnrn. 353 bis 360 des vorliegenden Urteils ist insgesamt festzustellen, dass die Dauer der beiden Abschnitte des Verwaltungsverfahrens für sich betrachtet und dieses Verfahrens insgesamt in Anbetracht der Umstände des Falles nicht überlang war.

362    Die Klägerinnen können auch mit ihren beiden anderen Argumenten nicht durchdringen.

363    Das Vorbringen, dass die Entscheidung der Kommission, eine Untersuchung wegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung und nicht wegen mehrerer gesonderter Zuwiderhandlungen durchzuführen, wodurch die Verfahrensdauer verlängert worden sei, nicht zulasten der Klägerinnen gehen dürfe, ist zurückzuweisen. Da die Kommission Anhaltspunkte für das Vorliegen einer sich auf mehrere Mitgliedstaaten und mehrere Produktuntergruppen erstreckenden einheitlichen Zuwiderhandlung hatte, hat sie keinen Fehler begangen, indem sie eine einheitliche, auf alle in Rede stehenden Mitgliedstaaten und Produktuntergruppen bezogene Untersuchung durchgeführt hat.

364    Auch das Vorbringen der Klägerinnen, der Anhörungsbeauftragte habe die Auffassung vertreten, dass das Verwaltungsverfahren im vorliegenden Fall überlang gedauert habe, ist als unzutreffend zurückzuweisen. Aus dem Bericht des Anhörungsbeauftragten geht nämlich hervor, dass dieser folgende Auffassung vertreten hat:

„In jedem Fall bleibt offen, ob die Zeit, die die Kommission für die Verabschiedung der vorliegenden Entscheidung benötigt hat, gegen den Grundsatz der angemessenen Frist verstoßen hat, da es keinen Hinweis darauf gibt, dass die benötigte Zeit die tatsächliche Ausübung der Verteidigungsrechte beeinträchtigt hat. Nach meiner Ansicht betrifft der Entscheidungsentwurf nur Beschwerdepunkte, zu denen die Verfahrensbeteiligten Stellung nehmen konnten. Ich bin der Auffassung, dass das Recht aller Verfahrensbeteiligten auf Anhörung in diesem Fall gewahrt wurde.“

365    Im Übrigen ist die in der vorstehenden Randnummer wiedergegebene Analyse des Anhörungsbeauftragten jedenfalls nicht geeignet, die Feststellung in Randnr. 361 des vorliegenden Urteils in Frage zu stellen, dass die Kommission in Anbetracht der spezifischen Umstände des vorliegenden Falles nicht gegen den Grundsatz der angemessenen Frist verstoßen hat.

366    Der sechste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

 Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 wegen Festsetzung unverhältnismäßiger Geldbußen

367    Die Klägerinnen machen geltend, die gegen sie verhängten Geldbußen seien unverhältnismäßig. Der vorliegende Klagegrund gliedert sich in zwei Teile.

368    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

 Zum ersten Teil des siebten Klagegrundes betreffend die Anwendung der Leitlinien von 2006 auf den vorliegenden Fall

369    Die Klägerinnen wenden sich gegen die Anwendung der Leitlinien von 2006 auf den vorliegenden Fall. Sie verstoße gegen das in der Charta der Grundrechte verankerte strafrechtliche Rückwirkungsverbot, da diese Leitlinien zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung nicht anwendbar gewesen seien.

370    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

371    Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das in Art. 49 der Charta der Grundrechte niedergelegte und insbesondere in Art. 7 EMRK verankerte Verbot der Rückwirkung von Strafvorschriften, dessen Beachtung der Unionsrichter sicherzustellen hat, eine Handhabe gegen die rückwirkende Anwendung der neuen Auslegung einer Norm, die einen Zuwiderhandlungstatbestand aufstellt, gibt, wenn das Ergebnis dieser Auslegung zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung nicht hinreichend vorhersehbar war (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Randnrn. 87 bis 89 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil des Gerichts vom 2. Februar 2012, Denki Kagaku Kogyo und Denka Chemicals/Kommission, T‑83/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 120).

372    Zweitens ist nach gleichermaßen ständiger Rechtsprechung die Kommission ungeachtet des Art. 23 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1/2003, wonach die Entscheidungen, mit denen Geldbußen wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht verhängt werden, keinen strafrechtlichen Charakter haben, verpflichtet, das Rückwirkungsverbot in allen Verwaltungsverfahren zu beachten, die in Anwendung der Wettbewerbsregeln des Vertrags zu Sanktionen führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 202, und Urteil Denki Kagaku Kogyo und Denka Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 371 angeführt, Randnr. 122). Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Kommission die Änderung einer repressiven Politik, im konkreten Fall ihrer allgemeinen Wettbewerbspolitik im Bereich von Geldbußen, beschließt. Eine solche Änderung kann nämlich, vor allem, wenn sie durch den Erlass von Verhaltensnormen wie den Leitlinien erfolgt, Auswirkungen im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot haben (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 372 angeführt, Randnr. 222).

373    Drittens ist nach der Rechtsprechung im Rahmen der Kontrolle der Beachtung des Rückwirkungsverbots zu prüfen, ob die betreffende Änderung zur Zeit der Begehung der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen hinreichend vorhersehbar war (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 372 angeführt, Randnr. 224). Die Bedeutung des Begriffs der Vorhersehbarkeit hängt in hohem Maß vom Inhalt der jeweiligen Vorschriften, von dem durch sie geregelten Bereich sowie von der Zahl und der Eigenschaft ihrer Adressaten ab. Der Vorhersehbarkeit des Gesetzes steht nicht entgegen, dass der Betroffene gezwungen ist, fachkundigen Rat einzuholen, um unter den Umständen des konkreten Falles angemessen zu beurteilen, welche Folgen sich aus einer bestimmten Handlung ergeben können. Das gilt insbesondere für berufsmäßig tätige Personen, die gewohnt sind, sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sehr umsichtig verhalten zu müssen. Von ihnen kann daher erwartet werden, dass sie die Risiken ihrer Tätigkeit besonders sorgfältig beurteilen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 372 angeführt, Randnr. 219).

374    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die wirksame Anwendung der Wettbewerbsregeln, wie sie sich aus der Verordnung Nr. 1/2003 ergeben, erfordert, dass die Kommission innerhalb der durch Art. 23 Abs. 2 dieser Verordnung festgelegten Grenze jederzeit das Niveau der Geldbußen anheben kann, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der Wettbewerbspolitik zu sichern. Dementsprechend können Unternehmen, die von einem Verwaltungsverfahren betroffen sind, das zu einer Geldbuße führen kann, ein berechtigtes Vertrauen weder darauf, dass die Kommission das zuvor praktizierte Geldbußenniveau nicht überschreiten wird, noch in eine bestimmte Methode für die Berechnung der Geldbußen setzen, sondern sie müssen im Gegenteil mit der Möglichkeit rechnen, dass die Kommission zu einem beliebigen Moment beschließt, das Niveau der Geldbußen gegenüber dem in der Vergangenheit praktizierten anzuheben, indem sie es entweder durch die Verhängung von Geldbußen in Einzelentscheidungen erhöht oder Verhaltensnormen mit allgemeiner Geltung wie die Leitlinien auf konkrete Fälle anwendet (Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 372 angeführt, Randnrn. 227 bis 230, und Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 371 angeführt, Randnrn. 90 und 91).

375    Somit ist festzustellen, dass die Leitlinien von 2006, insbesondere die darin enthaltene neue Methode für die Berechnung der Geldbußen, unter der Annahme, dass diese zu höheren Geldbußen führt als die der Leitlinien von 1998, für Unternehmen wie die Klägerinnen zum Zeitpunkt der Begehung der festgestellten Zuwiderhandlung hinreichend vorhersehbar waren und die Kommission, indem sie im angefochtenen Beschluss die Leitlinien von 2006 auf eine vor deren Erlass begangene Zuwiderhandlung angewandt hat, nicht gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 372 angeführt, Randnrn. 231 und 232, und des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnr. 25).

376    Als nicht stichhaltig zurückzuweisen ist das Vorbringen der Klägerinnen, der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache unterscheide sich insoweit von demjenigen der Rechtssache, in der das Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission (oben in Randnr. 372 angeführt) ergangen sei, als die Unternehmen in der letztgenannten Rechtssache kein berechtigtes Vertrauen hinsichtlich der festzusetzenden Geldbuße hätten bilden können, da es vor 1998 keine Leitlinien über die Berechnung der Geldbußen gegeben habe. Letzteres ändert nämlich nichts daran, dass die Kommission berechtigt ist, die Methode der Berechnung der Geldbußen im Rahmen der Schwelle von 10 % jederzeit zu ändern, um ihre Sanktionen den Anforderungen ihrer Wettbewerbspolitik anzupassen, und die Unternehmen daher kein berechtigtes Vertrauen darauf bilden können, dass die Kommission keine solche Änderung vornehmen werde.

377    Der erste Teil des siebten Klagegrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des siebten Klagegrundes betreffend die Unverhältnismäßigkeit der Geldbußen

378    Die Klägerinnen machen mit zwei Hauptrügen geltend, selbst wenn die Anwendung der Leitlinien von 2006 auf den Sachverhalt des vorliegenden Falles für rechtmäßig erachtet werden sollte, seien die gegen sie verhängten Geldbußen herabzusetzen. Sie stünden nicht in einem angemessenen Verhältnis zur festgestellten Zuwiderhandlung und deren Auswirkungen auf den Markt.

379    Die Kommission tritt diesen Rügen jeweils entgegen.

380    Mit ihrer ersten Rüge machen die Klägerinnen geltend, die Kommission habe dadurch einen Beurteilungsfehler begangen, dass sie die Multiplikatoren gemäß den Ziff. 21 bis 23 (im Folgenden: Koeffizient für die Schwere der Zuwiderhandlung) und Ziff. 25 (im Folgenden: Koeffizient für den Zusatzbetrag) der Leitlinien von 2006 auf 15 % ihres Umsatzes festgesetzt habe. Ihre Rolle bei der Zuwiderhandlung sei nämlich im Verhältnis zu der anderer Unternehmen wie Ideal Standard oder Roca begrenzt gewesen.

381    Die Ziff. 19 bis 24 der Leitlinien von 2006 über die Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße lauten:

„19.      Zur Bestimmung des Grundbetrags wird ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert.

20.      Die Schwere der Zuwiderhandlung wird in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände beurteilt.

21.      Grundsätzlich kann ein Betrag von bis zu 30 % des Umsatzes festgesetzt werden.

22.      Bei der Bestimmung der genauen Höhe innerhalb dieser Bandbreite berücksichtigt die Kommission mehrere Umstände, u. a. die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligten Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis.

23.      Horizontale, üblicherweise geheime Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung der Märkte oder Einschränkung der Erzeugung gehören ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen und müssen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten streng geahndet werden. Für solche Zuwiderhandlungen ist daher grundsätzlich ein Betrag am oberen Ende dieser Bandbreite anzusetzen.

24.      Um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, wird der nach dem Umsatz ermittelte Wert (siehe oben Ziffern 20 bis 23) mit der Anzahl der Jahre multipliziert, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. …“

382    Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 sieht zum Koeffizienten für den Zusatzbetrag Folgendes vor:

„Zusätzlich, unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung, fügt die Kommission einen Betrag zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes im Sinne von [Abschnitt 1 A der Leitlinien von 2006] hinzu, um die Unternehmen von vornherein an der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten oder Mengeneinschränkungen abzuschrecken. Dieser Zusatzbetrag kann auch in Fällen anderer Zuwiderhandlungen erhoben werden. Bei der Entscheidung, welcher Anteil am Umsatz zugrunde zu legen ist, berücksichtigt die Kommission mehrere Umstände, u. a. die in Ziffer 22 [der Leitlinien von 2006] genannten.“

383    Die Kommission hat in Randnr. 1195 des angefochtenen Beschlusses zunächst die Methode der Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße dargelegt, dann in Randnr. 1211 des angefochtenen Beschlusses festgestellt, dass horizontale Preisabsprachen ihrer Art nach eine der schädlichsten Wettbewerbsbeschränkungen darstellten und dass es sich bei der Zuwiderhandlung um eine einheitliche, komplexe und fortgesetzte Zuwiderhandlung handele, die sich auf sechs Mitgliedstaaten und drei Produktuntergruppen erstreckt habe. Daher seien die Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung und den Zusatzbetrag auf 15 % festzusetzen.

384    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Festsetzung der Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung und den Zusatzbetrag auf jeweils 15 % in Anbetracht der besonderen Schwere der Zuwiderhandlung, die in der Durchführung eines Kartells bestand, und der Tragweite dieses Kartells, das sich auf sechs Mitgliedstaaten und drei Produktuntergruppen erstreckte, in Einklang mit den Ziff. 21 bis 23 und 25 der Leitlinien von 2006 erfolgt ist. Das Gericht ist nämlich der Ansicht, dass der im vorliegenden Fall angesetzte Umsatzanteil von 15 % in Anbetracht der Art der in Rede stehenden Zuwiderhandlung dem Mindestmaß entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, Team Relocations/Kommission, T‑204/08 und T‑212/08, Slg. 2011, II‑3569, Randnrn. 94, 100 und 118).

385    Das Vorbringen der Klägerinnen, sie hätten bei der Zuwiderhandlung eine begrenzte Rolle gespielt, ist als nicht stichhaltig zurückzuweisen. Die Klägerinnen gehörten nämlich zur „zentralen Gruppe von Unternehmen“, die die festgestellte Zuwiderhandlung umgesetzt haben; bei ihnen kann daher nicht angenommen werden, dass sie dabei eine begrenzte Rolle gespielt hätten.

386    Die erste Rüge ist mithin als unbegründet zurückzuweisen.

387    Mit ihrer zweiten Rüge machen die Klägerinnen im Wesentlichen geltend, die gegen sie verhängten Geldbußen seien auch in absoluter Höhe unverhältnismäßig. Die Höchststrafe gemäß der Verordnung Nr. 1/2003 von 10 % des Umsatzes dürfe nicht in durchschnittlichen oder wie im vorliegenden Fall allenfalls unterdurchschnittlich schweren Fällen verhängt werden. Die Leitlinien von 2006 und die aufgrund dieser Leitlinien getroffenen Feststellungen seien daher unverhältnismäßig. Der in der Charta der Grundrechte verankerte Grundsatz nulla poena sine lege verlange nämlich eine gesetzliche Festlegung des Strafmaßes.

388    Hierzu genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung, wonach die in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 genannte Grenze von 10 % des Umsatzes nur für den Endbetrag der verhängten Geldbuße gilt und diese Bestimmung der Kommission nicht verbietet, bei den verschiedenen Schritten der Berechnung der Höhe der Geldbuße zu einem Zwischenbetrag zu gelangen, der über der genannten Grenze liegt, sofern der Endbetrag der Geldbuße diese Grenze nicht überschreitet (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 372 angeführt, Randnrn. 277 und 278, und vom 29. Juni 2006, SGL Carbon/Kommission, C‑308/04 P, Slg. 2006, I‑5977, Randnr. 82).

389    Somit ist, wenn sich herausstellt, dass am Ende der Berechnung der Endbetrag der Geldbuße in dem Umfang zu senken ist, in dem er die genannte Grenze übersteigt, die Tatsache, dass sich einige Faktoren wie die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung nicht effektiv auf den Betrag der verhängten Geldbuße auswirken, eine bloße Folge der Anwendung dieser Grenze auf den Endbetrag (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 372 angeführt, Randnr. 279).

390    Durch die genannte Grenze soll nämlich die Verhängung von Geldbußen verhindert werden, die die Unternehmen aufgrund ihrer Größe, wie sie, wenn auch nur annähernd und unvollständig, anhand ihres Gesamtumsatzes ermittelt wird, voraussichtlich nicht werden zahlen können (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 372 angeführt, Randnr. 280).

391    Es handelt sich somit um eine Grenze, die einheitlich für alle Unternehmen gilt, von deren jeweiliger Größe abhängt und überhöhte und unverhältnismäßige Geldbußen verhindern soll. Diese Grenze dient folglich einem gegenüber dem Zweck der Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung gesonderten und eigenständigen Zweck (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 372 angeführt, Randnrn. 281 und 282).

392    Ihre einzig mögliche Folge ist, dass die anhand dieser Kriterien berechnete Geldbuße auf den zulässigen Höchstbetrag gesenkt wird. Ihre Anwendung führt dazu, dass das betreffende Unternehmen nicht die Geldbuße zahlt, die an sich bei einer auf diese Kriterien gestützten Beurteilung verhängt werden müsste (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 372 angeführt, Randnr. 283).

393    Nach der in den Randnrn. 388 bis 392 des vorliegenden Urteils dargestellten Rechtsprechung hat die Kommission dadurch, dass sie gegen die Klägerinnen Geldbußen verhängt hat, die 10 % des Umsatzes von Villeroy & Boch entsprechen (vgl. Randnr. 1264 des angefochtenen Beschlusses), weder gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch gegen den Grundsatz nulla poena sine lege verstoßen. Die Geldbußen, die deutlich unter den Beträgen liegen, die den Klägerinnen in Anbetracht der Dauer und Schwere der Zuwiderhandlung, an der sie sich beteiligt hatten, drohten, stellen nämlich keine maximalen Geldbußen dar, sondern eine Senkung ihrer Geldbußen auf den gesetzlichen Höchstbetrag.

394    Somit ist die zweite Rüge und damit der siebte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

395    Nach alledem ist dem ersten Klageantrag in der Rechtssache T‑374/10 auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses insoweit stattzugeben, als in dessen Art. 1 Abs. 1 festgestellt wird, dass sich Villeroy & Boch vor dem 12. Oktober 1994 an einem Kartell im Badezimmerausstattungssektor in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich beteiligt hat. Die Kommission hat nämlich nicht nachgewiesen, dass sich Villeroy & Boch vor diesem Zeitpunkt an dieser einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt hätte (vgl. oben, Randnrn. 176, 177 und 321). Diese teilweise Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses wirkt sich jedoch nicht auf die Berechnung der in Art. 2 Abs. 8 des angefochtenen Beschlusses gegen Villeroy & Boch verhängten Geldbuße aus. Bei dieser Berechnung hat die Kommission nämlich die Beteiligung von Villeroy & Boch an einer Zuwiderhandlung erst ab dem 12. Oktober 1994 berücksichtigt, wie eindeutig aus Tabelle D des angefochtenen Beschlusses hervorgeht. Im Übrigen ist der erste Klageantrag in der Rechtssache T‑374/10 zurückzuweisen.

396    Bei den von Villeroy & Boch Österreich, Villeroy & Boch Frankreich und Villeroy & Boch Belgien in den Rechtssachen T‑373/10, T‑382/10 und T‑402/10 erhobenen Klagen ist jeweils der erste Klageantrag auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses in vollem Umfang zurückzuweisen.

2.     Zu den hilfsweise gestellten Anträgen auf Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen

397    Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht nach der Rechtsprechung im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung seine eigene Beurteilung vorzunehmen hat, unter Berücksichtigung aller Fallumstände und unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts, wie etwa des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. in diesem Sinne Urteil Romana Tabacchi/Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnrn. 179 und 280) oder des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Randnr. 187).

398    Die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung kommt nicht einer Prüfung von Amts wegen gleich. Mit Ausnahme der Gründe zwingenden Rechts, die der Unionsrichter von Amts wegen zu berücksichtigen hat, wie etwa eine fehlende oder unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung, ist es daher Sache des Klägers, gegen die Entscheidung Klagegründe geltend zu machen und für sie Beweise beizubringen (vgl. in diesem Sinne Urteil Chalkor/Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 64).

399    Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass die Klägerinnen zur Stützung ihres zweiten Klageantrags auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen (vgl. oben, Randnr. 24) außer den im Rahmen ihrer Anträge auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses geltend gemachten Argumenten, die vom Gericht in diesem Rahmen oben geprüft worden sind, keine spezifischen Argumente vorbringen.

400    Zweitens kann die zweite Rüge des siebten Klagegrundes (vgl. oben, Randnr. 378), die im Wesentlichen dahin geht, dass die gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen auch in absoluter Höhe unverhältnismäßig seien, soweit sie dahin zu verstehen sein sollte, dass mit ihr der zweite Klageantrag der Klägerinnen gestützt wird, nicht durchgreifen. Die Klägerinnen haben sich nämlich an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt, die sich auf sechs Mitgliedstaaten der Union erstreckt, drei Produktuntergruppen betroffen und etwa zehn Jahre gedauert hat. Unter diesen Umständen kann eine gegen die Klägerinnen festgesetzte Geldbuße, die insgesamt 10 % des Umsatzes von Villeroy & Boch entspricht, nicht als unangemessen angesehen werden.

401    In Anbetracht der Feststellungen in den Randnrn. 399 und 400 des vorliegenden Urteils befindet das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, dass nichts von dem, was die Klägerinnen in der vorliegenden Rechtssache in irgendeiner Weise geltend gemacht haben, und auch kein von Amts wegen zu berücksichtigender Grund es rechtfertigt, von dieser Befugnis dahin Gebrauch zu machen, dass der von der Kommission festgesetzte Betrag der Geldbußen herabgesetzt wird. Außerdem hält das Gericht unter Berücksichtigung all dessen, was vor ihm vorgebracht worden ist, die Geldbußen, deren Beträge in Randnr. 19 des vorliegenden Urteils wiedergegeben sind, in Anbetracht der Dauer und der Schwere der Zuwiderhandlung, an der sich die Klägerinnen beteiligt haben, für eine Sanktion, die deren wettbewerbswidriges Verhalten in verhältnismäßiger und abschreckender Weise ahndet.

402    Der zweite, hilfsweise geltend gemachte Klageantrag auf Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

403    Nach den Feststellungen in den Randnrn. 396 und 402 des vorliegenden Urteils sind die Klagen in den Rechtssachen T‑373/10, T‑382/10 und T‑402/10 insgesamt abzuweisen. Ferner ist der Klage in der Rechtssache T‑374/10 insoweit stattzugeben, als die Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses, soweit darin festgestellt wird, dass sich Villeroy & Boch vor dem 12. Oktober 1994 an einem Kartell im Badezimmerausstattungssektor in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich beteiligt hat, beantragt wird. Im Übrigen ist die Klage in der Rechtssache T‑374/10 abzuweisen.

 Kosten

404    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach § 3 Abs. 1 dieses Artikels kann das Gericht die Kosten teilen, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

405    Im vorliegenden Fall sind in den Rechtssachen T‑373/10, T‑382/10 und T‑402/10 Villeroy & Boch Österreich, Villeroy & Boch Frankreich und Villeroy & Boch Belgien, da sie unterlegen sind, auf Antrag der Kommission zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

406    In der Rechtssache T‑374/10 ist es, da der Klage teilweise stattgegeben wird, unter den Umständen des vorliegenden Falles angemessen, dass Villeroy & Boch sieben Achtel ihrer eigenen Kosten und sieben Achtel der Kosten der Kommission und Letztere ein Achtel ihrer eigenen Kosten und ein Achtel der Kosten von Villeroy & Boch trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      In den Rechtssachen T‑373/10, T‑382/10 und T‑402/10 werden die Klagen abgewiesen.

2.      In der Rechtssache T‑374/10 wird Art. 1 Abs. 7 des Beschlusses K(2010) 4185 endg. der Kommission vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39092 – Badezimmerausstattungen) insoweit für nichtig erklärt, als darin festgestellt wird, dass sich die Villeroy & Boch AG vor dem 12. Oktober 1994 an einem Kartell im Badezimmerausstattungssektor in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich beteiligt hat.

3.      In der Rechtssache T‑374/10 wird die Klage im Übrigen abgewiesen.

4.      Die Villeroy & Boch Austria GmbH, die Villeroy et Boch SAS und die Villeroy & Boch – Belgium tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission in den Rechtssachen T‑373/10, T‑382/10 und T‑402/10.

5.      Die Villeroy & Boch AG trägt sieben Achtel ihrer eigenen Kosten und sieben Achtel der Kosten der Kommission in der Rechtssache T‑374/10.

6.      Die Kommission trägt ein Achtel ihrer eigenen Kosten und ein Achtel der Kosten der Villeroy & Boch AG in der Rechtssache T‑374/10.

Pelikánová

Jürimäe

van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. September 2013.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Verfahren und Anträge der Parteien

Würdigung

1.  Zu den Anträgen auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen wegen Einstufung des Kartells als einheitliche, komplexe und fortgesetzte Zuwiderhandlung

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht hinsichtlich der Einstufung des Kartells als einheitliche, komplexe und fortgesetzte Zuwiderhandlung

Zum dritten Klagegrund: keine Beweise für eine Zuwiderhandlung auf den in Rede stehenden Märkten

Zum ersten Teil: keine Zuwiderhandlung in Deutschland

–  Zur ersten Rüge: keine Zuwiderhandlung in Deutschland in Bezug auf Armaturen

–  Zur zweiten Rüge: keine Zuwiderhandlung in Deutschland in Bezug auf Duschabtrennungen

–  Zur dritten Rüge: keine Zuwiderhandlung in Deutschland in Bezug auf Sanitärkeramik

Zum zweiten Teil: keine Zuwiderhandlung in Österreich

–  Zur ersten Rüge: Zurechnung des Verhaltens von Villeroy & Boch Österreich an Villeroy & Boch

–  Zur zweiten Rüge: keine Beweise für eine Zuwiderhandlung in Österreich

Zum dritten Teil des dritten Klagegrundes: keine Zuwiderhandlung in Italien

Zum vierten Teil des dritten Klagegrundes: keine Zuwiderhandlung in Belgien

Zum fünften Teil des dritten Klagegrundes: keine Zuwiderhandlung in Frankreich

Zum sechsten Teil des dritten Klagegrundes: keine Zuwiderhandlung in den Niederlanden

Zum vierten Klagegrund: keine Rechtsgrundlage für eine gesamtschuldnerische Verurteilung zur Zahlung von Geldbußen

Zum fünften Klagegrund: Einbeziehung von nicht mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehenden Umsätzen bei der Berechnung der Geldbuße

Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer

Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 wegen Festsetzung unverhältnismäßiger Geldbußen

Zum ersten Teil des siebten Klagegrundes betreffend die Anwendung der Leitlinien von 2006 auf den vorliegenden Fall

Zum zweiten Teil des siebten Klagegrundes betreffend die Unverhältnismäßigkeit der Geldbußen

2.  Zu den hilfsweise gestellten Anträgen auf Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen

Kosten


* Verfahrenssprachen: Deutsch, Französisch und Niederländisch.