Language of document : ECLI:EU:T:2023:315

URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)

7. Juni 2023(*)

„Institutionelles Recht – Kostenerstattungs- und Vergütungsregelung für die Mitglieder des Parlaments – Zulage für parlamentarische Assistenz – Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge – Angemessene Frist – Beweislast – Recht auf Anhörung – Schutz personenbezogener Daten – Art. 9 der Verordnung (EU) 2018/1725 – Art. 26 des Beamtenstatuts“

In der Rechtssache T‑309/21,

TC, vertreten durch Rechtsanwältin D. Aukštuolytė,

Kläger,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch M. Ecker und S. Toliušis als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer),

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni, der Richter L. Madise und P. Nihoul (Berichterstatter), der Richterin R. Frendo sowie des Richters J. Martín y Pérez de Nanclares,

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2022

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift vom 24. Mai 2021 hat der Kläger, TC,  nach Art. 263 AEUV beantragt, den Beschluss des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 16. März 2021, mit dem eine ihm gegenüber bestehende Forderung in Höhe von 78 838,21 Euro, die zu Unrecht als Ausgaben für parlamentarische Assistenz gezahlt worden seien, festgestellt und deren Rückforderung angeordnet wird (im Folgenden: angefochtener Beschluss), sowie die Zahlungsaufforderung Nr. 7010000523 vom 31. März 2021 (im Folgenden: Zahlungsaufforderung) für nichtig zu erklären.

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits und nach Klageerhebung eingetretene Ereignisse

A.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Der Kläger ist Mitglied des Parlaments seit dem [vertraulich](1).

3        Am 22. Mai 2015 schloss das Parlament auf der Grundlage von Art. 5a der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (im Folgenden: BSB) mit A einen Vertrag als vollzeitbeschäftigter akkreditierter parlamentarischer Assistent (im Folgenden: APA) in Brüssel (Belgien) zur Unterstützung des Klägers bis zum Ende der siebten Wahlperiode.

4        Da sich die Qualität der Arbeit des APA ab Dezember 2015 verschlechtert habe, beantragte der Kläger am 25. Februar 2016 bei der zum Abschluss von Dienstverträgen ermächtigten Behörde (im Folgenden: Einstellungsbehörde) des Parlaments, den APA-Vertrag aus verschiedenen Gründen wegen Vertrauensverlusts zu kündigen, wozu unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst und die Nichteinhaltung der Vorschriften über die Genehmigung von Nebentätigkeiten gehörten.

5        Am 31. Mai 2016 fand gemäß Art. 139 Abs. 3a BSB ein Schlichtungsverfahren mit dem APA statt.

6        Am 15. Juni 2016 wurde festgestellt, dass das Schlichtungsverfahren gescheitert war.

7        Mit Schreiben vom 24. Juni 2016 teilte die Einstellungsbehörde dem APA ihre Entscheidung mit, den Vertrag über parlamentarische Assistenz gemäß Art. 139 Abs. 1 Buchst. d BSB wegen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu kündigen, weil er die Vorschriften über die Genehmigung von Nebentätigkeiten nicht eingehalten habe. Die Kündigungsfrist wurde u. a. aufgrund von Krankheitszeiten mehrfach verlängert, so dass der APA-Vertrag erst am 22. November 2016 endete.

8        Am 14. April 2017 erhob der APA vor dem Gericht eine Klage, mit der er die Aufhebung der Entscheidung vom 24. Juni 2016 beantragte.

9        Mit Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140, Rn. 35 bis 45), hob das Gericht die Entscheidung des Parlaments vom 24. Juni 2016 auf. Das Gericht stellte fest, dass ausweislich der Akten die Nebentätigkeiten des APA dem Kläger nicht nur bekannt gewesen seien, sondern darüber hinaus auf dessen unmittelbarer Initiative beruht hätten. Der von der Einstellungsbehörde angegebene Grund zur Rechtfertigung der Kündigungsentscheidung – Zerstörung des Vertrauensverhältnisses – erscheine daher nicht plausibel. Folglich habe die Einstellungsbehörde einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als sie dem auf diesen Grund gestützten Antrag des Klägers auf Kündigung des APA-Vertrags stattgegeben habe. Der Kläger war am Verfahren in dieser Rechtssache nicht beteiligt.

10      Laut Rn. 32 dieses Urteils hatte der APA nach seinem vom Parlament nicht bestrittenen Vorbringen folgende Nebentätigkeiten regelwidrig ausgeübt:

–        „erstens die Stellung von Anträgen auf politisches Asyl bei russischen, französischen, schweizerischen und andorranischen Behörden, um es dem [Kläger] zu ermöglichen, sich einer in [vertraulich] gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe von vier Jahren zu entziehen, einschließlich einer Berufung gegen eine [den Kläger] betreffende ablehnende Asylentscheidung, die der [APA] in dessen Auftrag eingelegt zu haben versichert;

–        zweitens die Anwerbung und anwaltliche Vertretung von [vertraulich] Staatsangehörigen, die sich im Ruhestand befinden oder den Mindestlohn beziehen, im Rahmen von bei den [vertraulich] Gerichten anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten, um [den Kläger] als ‚Verteidiger der Menschenrechte‘ erscheinen zu lassen und so seine Inhaftierung zu erschweren;

–        drittens die Vertretung des [Klägers] vor dem Europäischen Bürgerbeauftragten, dem Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in [ihn] betreffenden Rechtssachen, bei denen es im ersten Fall u. a. um den Widerspruch gegen den Antrag auf Aufhebung der parlamentarischen Immunität ging, den die [vertraulich] Behörden im Anschluss an die in [vertraulich] gegen den [Kläger] verhängte Freiheitsstrafe gestellt hatten, und im zweiten Fall um die Anfechtung eines Hausarrests, den die [vertraulich] Justizbehörden nach einem gegen den [Kläger] eingeleiteten Strafverfahren wegen Bestechung angeordnet hatten.“

11      Mit Schreiben vom 8. Juni 2020, das in Englisch abgefasst war und nach einer ersten erfolglosen Mitteilung vom 22. Juni 2020 am 30. Juli 2020 per E‑Mail versandt wurde, sowie mit Schreiben vom 3. September 2020, das in Litauisch abgefasst war und am 4. September 2020 per E‑Mail versandt wurde, teilte der Generalsekretär des Parlaments dem Kläger mit, dass ein Verfahren zur Rückforderung zu Unrecht ausgezahlter Beträge gemäß Art. 68 des Beschlusses des Präsidiums des Parlaments vom 19. Mai und 9. Juli 2008 über Durchführungsbestimmungen für das Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments (ABl. 2009, C 159, S. 1, im Folgenden: DAP) in Höhe von insgesamt 78 838,21 Euro betreffend die dem Kläger von dem APA geleistete parlamentarische Assistenz eingeleitet worden sei. Mit diesem Schreiben wurde der Kläger nach Art. 68 Abs. 2 DAP aufgefordert, binnen zwei Monaten eine Stellungnahme abzugeben und Beweise vorzulegen, um die vorläufige Einschätzung des Parlaments zu den Nebentätigkeiten, die der APA mit seinem Wissen und unter seiner Leitung vom 22. Mai 2015 bis zum 22. November 2016 ausgeübt habe, zu widerlegen und darzutun, dass der APA in diesem Zeitraum tatsächlich die Aufgaben eines akkreditierten parlamentarischen Assistenten wahrgenommen habe.

12      Dem Schreiben vom 3. September 2020 waren eine Kopie des Urteils vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140), und eine Abrechnung der vom Parlament an den APA gezahlten Beträge beigefügt. Diese Abrechnung wies folgende Beträge aus: für das Jahr 2015 35 003,84 Euro an Dienstbezügen und sozialen Kosten sowie 1 369,60 Euro an Reisekosten und für das Jahr 2016 42 025,57 Euro an Dienstbezügen und sozialen Kosten sowie 439,20 Euro an Reisekosten.

13      Mit E‑Mail vom 4. August 2020 bat der Kläger das Parlament, ihm

–        die Personalakte des APA beim Parlament (alle Unterlagen im Zusammenhang mit dessen Rekrutierung und Arbeit), einschließlich der Informationen darüber, wie oft Schutz des Parlaments für diesen APA beantragt worden sei, sowie der Daten über die Anwesenheit des APA (Daten aus seinem Zugangsausweis zum Parlament),

–        Kopien des Schriftverkehrs, den er mit Vertretern des Parlaments über die Arbeit des APA geführt habe,

–        die vollständigen Akten der Rechtssache, in der das Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140), ergangen sei,

zu übermitteln.

14      Am 22. September 2020 wiederholte der Kläger diese Bitte gegenüber dem Parlament und bat dieses außerdem, das Protokoll des Schlichtungsverfahrens zwischen ihm und dem APA in litauischer Sprache sowie eine Kopie „aller E‑Mails aus den Jahren 2015, 2016 und 2019“ zu übersenden.

15      Mit E‑Mail vom 27. Oktober 2020 leitete das Parlament dem Kläger verschiedene die Beendigung des APA-Vertrags betreffende Unterlagen zu.

16      Mit E‑Mail vom 29. Oktober 2020 übermittelte der Kläger dem Parlament seine vorläufigen Bemerkungen sowie mehrere Dokumente, wies jedoch darauf hin, dass er vom Parlament noch keine detaillierten Unterlagen und Informationen betreffend den Beschäftigungszeitraum des APA erhalten habe und dass er die wenigen Informationen, die ihm mit der E‑Mail vom 27. Oktober 2020 zugeleitet worden seien, noch nicht habe prüfen können. Er bat daher darum, weitere Angaben und Beweise später nachreichen zu dürfen.

17      Mit E‑Mail vom 20. November 2020 verlangte der Kläger vom Parlament erneut, die Informationen zu übermitteln, die er mit seinen E‑Mails vom 4. August und 22. September 2020 angefordert hatte, insbesondere die Daten über den Zugang des APA zum Parlament und eine Kopie der E‑Mails aus den Jahren 2015, 2016 und 2019.

18      Mit E‑Mail vom 24. November 2020 ergänzte der Kläger seine dem Parlament am 29. Oktober 2020 übermittelten Bemerkungen und Beweise.

19      Mit E‑Mail vom 27. November 2020 teilte der Generaldirektor für Finanzen des Parlaments (im Folgenden: Generaldirektor für Finanzen) dem Kläger mit, dass die ihm gesetzte Frist für die Einreichung von Bemerkungen und Beweisen im Rahmen des Rückforderungsverfahrens gemäß Art. 68 DAP am 4. November 2020 abgelaufen sei, dass er sich aber, wenn er Informationen über den APA zu erhalten wünsche, an zwei Personen wenden könne – deren E‑Mail-Adressen er nannte –, ohne dass diese Anfragen das genannte Verfahren beeinflussen könnten.

20      In einem am 1. Dezember 2020 an das Parlament gerichteten Schreiben bestritt der Kläger das Vorbringen in der E‑Mail vom 27. November 2020. Außerdem wandte er sich mit der Bitte um Zusendung von Dokumenten an die in dieser E‑Mail genannten Personen.

21      Mit Schreiben vom 8. Januar 2021 übermittelte der Generaldirektor für Finanzen dem Kläger das Protokoll des Schlichtungsverfahrens in litauischer Sprache, lehnte aber den Zugang zu den anderen angeforderten Dokumenten ab.

22      Darüber hinaus räumte der Generaldirektor für Finanzen dem Kläger, obwohl die ihm für die Einreichung seiner Bemerkungen gesetzte Frist am 4. November 2020 abgelaufen sei und er keine Fristverlängerung beantragt habe, eine Frist von 15 Tagen für weitere Bemerkungen ein.

23      Am 21. Januar 2021 übermittelte der Kläger dem Parlament ergänzende Bemerkungen.

24      Mit dem angefochtenen Beschluss stellte der Generalsekretär des Parlaments fest, dass das Parlament im Rahmen der Beschäftigung des APA für den Zeitraum vom 22. Mai 2015 bis zum 22. November 2016 einen Betrag in Höhe von 78 838,21 Euro zu Unrecht aufgebracht habe und dass dieser Betrag nach Art. 68 Abs. 1 DAP vom Kläger zurückzufordern sei.

25      Am 31. März 2021 stellte der Generaldirektor für Finanzen als bevollmächtigter Anweisungsbefugter die Zahlungsaufforderung aus, mit der angeordnet wurde, den Betrag von 78 838,21 Euro vom Kläger einzuziehen, und der Kläger aufgefordert wurde, diesen Betrag spätestens bis zum 30. Mai 2021 zu zahlen.

26      Am selben Tag stellte der Generaldirektor für Finanzen dem Kläger den angefochtenen Beschluss und die Zahlungsaufforderung zu.

B.      Ereignisse nach Erhebung der vorliegenden Klage

27      Infolge einer Prüfung im Zuge des vorliegenden Verfahrens stellte sich heraus, dass das Parlament im März 2016 beschlossen hatte, die Zahlung der Dienstbezüge und der Reisekosten des APA mit Wirkung vom 1. April 2016 einzustellen.

28      Daraufhin beschloss der Generalsekretär des Parlaments am 8. November 2022, den angefochtenen Beschluss ex tunc insoweit zurückzunehmen, als darin für den Zeitraum vom 1. April bis zum 22. November 2016 die Rückforderung von 27 644,47 Euro für Dienstbezüge und soziale Kosten sowie von 439,20 Euro für Reisekosten, d. h. von insgesamt 28 083,67 Euro, angeordnet war (im Folgenden: Beschluss vom 8. November 2022). Am 15. November 2022 wurde über diesen Betrag eine Gutschrift mit der Nr. 7120000068 ausgestellt.

29      Am 15. November 2022 wurden der Beschluss vom 8. November 2022 und die Gutschrift Nr. 7120000068 dem Kläger vom Generaldirektor für Finanzen zugestellt.

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

30      Der Kläger beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        die Zahlungsaufforderung für nichtig zu erklären;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen;

–        B und C als Zeugen zu vernehmen.

31      Das Parlament beantragt,

–        die vorliegende Klage als unbegründet abzuweisen;

–        dem Kläger die Kosten aufzuerlegen;

–        den Antrag auf Beweiserhebung zurückzuweisen.

32      Mit gesondertem Schriftsatz vom 16. November 2022 beantragt das Parlament gemäß Art. 130 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichts,

–        festzustellen, dass die Klage teilweise gegenstandslos geworden ist und sich eine Entscheidung über den zurückgenommenen Teil des angefochtenen Beschlusses erledigt hat, soweit angenommen worden war, dass das Parlament für den Zeitraum vom 1. April bis zum 22. November 2016 einen Betrag von 27 644,47 Euro für Dienstbezüge und soziale Kosten sowie einen Betrag von 439,20 Euro für Reisekosten zu Unrecht an den APA ausgezahlt habe, und die Rückforderung dieser Beträge angeordnet worden war;

–        zu entscheiden, dass die Parteien jeweils ihre eigenen Kosten für den weggefallenen Teil des Streitgegenstands zu tragen haben.

33      Auf Ersuchen des Gerichts hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 30. November 2022 zu diesem Antrag geäußert.

34      Am 22. November 2022 hat der Kläger die am 18. November 2022 eingeholte schriftliche Zeugenaussage von B vorgelegt.

35      In der mündlichen Verhandlung hat das Parlament vorgetragen, dieser neue Beweis sei unzulässig, weil er entgegen den Vorgaben von Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung nach dem Schriftsatzwechsel vorgelegt worden sei und der Kläger diese verspätete Vorlage nicht begründet habe.

III. Entscheidungsgründe

A.      Zur teilweisen Erledigung der Hauptsache

36      Wie aus Rn. 32 des vorliegenden Urteils hervorgeht, beantragt das Parlament, festzustellen, dass die Klage gegenstandslos geworden ist und sich eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses erledigt hat, soweit er die Dienstbezüge, sozialen Kosten und Reisekosten betrifft, die zwischen dem 1. April und dem 22. November 2016 in Höhe von insgesamt 28 083,67 Euro an den APA ausgezahlt worden waren.

37      In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger bemerkt, die im Beschluss vom 8. November 2022 genannten Beträge seien durch nichts belegt, und beantragt, über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses insgesamt zu entscheiden.

38      Insoweit ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung der Streitgegenstand ebenso wie das Rechtschutzinteresse bis zum Erlass der gerichtlichen Entscheidung weiter vorliegen muss – andernfalls ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt –, was voraussetzt, dass die Klage der Partei, die sie erhoben hat, im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (vgl. Urteil vom 7. Juni 2007, Wunenburger/Kommission, C‑362/05 P, EU:C:2007:322, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Der Gegenstand eines Rechtsstreits kann insbesondere dann wegfallen, wenn die angefochtene Maßnahme während des Verfahrens zurückgenommen oder ersetzt wird (vgl. Beschluss vom 12. Januar 2011, Terezakis/Kommission, T‑411/09, EU:T:2011:4, Rn. 15 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Im vorliegenden Fall ist aufgrund des Beschlusses vom 8. November 2022 festzustellen, dass die Klage gegenstandslos geworden ist, soweit sie darauf gerichtet war, den angefochtenen Beschluss und die Zahlungsaufforderung insoweit für nichtig zu erklären, als dem Kläger darin aufgegeben wurde, einen Betrag von 28 083,67 Euro für die Dienstbezüge, sozialen Kosten und Reisekosten zurückzuzahlen, die zwischen dem 1. April und dem 22. November 2016 an den APA ausgezahlt worden waren.

41      Dabei ist es unerheblich, dass die im Beschluss vom 8. November 2022 genannten Beträge durch keine Belege gestützt waren.

42      Es ist daher festzustellen, dass in dem soeben beschriebenen Umfang die Nichtigkeitsklage gegenstandslos geworden ist und sich eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses sowie der Zahlungsaufforderung erledigt hat.

B.      Zum verbleibenden Teil der Nichtigkeitsklage

43      Der Kläger beruft sich auf die folgenden fünf Klagegründe:

–        eine Verletzung des in Art. 41 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsatzes der angemessenen Frist;

–        das Recht auf Anhörung, das Recht auf Aktenzugang und die Begründungspflicht gemäß Art. 41 Abs. 2 der Grundrechtecharta;

–        einen Beurteilungsfehler und eine Verletzung der Begründungspflicht, da das Parlament nicht die Angaben berücksichtigt habe, die er als Antwort auf das Schreiben vom 3. September 2020 in seinen Bemerkungen vom 29. Oktober und 24. November 2020 sowie vom 21. Januar 2021 übermittelt habe;

–        eine Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Festsetzung der Höhe des zu erstattenden Betrags;

–        die Tatsache, dass ausweislich der von ihm eingereichten Anlagen A.3 bis A.21 der APA seine Aufgaben als parlamentarischer Assistent entgegen der Darstellung im angefochtenen Beschluss zumindest bis zum 15. Dezember 2015 wahrgenommen habe.

44      Vor der Prüfung dieser Klagegründe sind die Vorschriften über die Übernahme der Ausgaben für parlamentarische Assistenz und über die Rückforderung der hierbei zu Unrecht gezahlten Beträge darzustellen.

1.      Zu den Vorschriften über die Übernahme der Ausgaben für parlamentarische Assistenz und über die Rückforderung der hierbei zu Unrecht gezahlten Beträge

45      Nach Art. 33 DAP haben die Abgeordneten Anspruch auf Unterstützung durch persönliche Mitarbeiter, die sie frei auswählen können.

46      Nach dieser Bestimmung übernimmt das Parlament die tatsächlich getätigten Ausgaben, die vollständig und ausschließlich aus der Einstellung eines oder mehrerer Assistenten gemäß den DAP resultieren, wobei nur Ausgaben für Assistenzleistungen übernommen werden können, die für die Ausübung des parlamentarischen Mandats des Abgeordneten erforderlich sind und damit in unmittelbarem Zusammenhang stehen.

47      Art. 62 DAP besagt, dass die gemäß den DAP überwiesenen Beträge ausschließlich für die Finanzierung von Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ausübung des Mandats der Abgeordneten vorgesehen sind und keine Personalausgaben abdecken oder politische Zuschüsse oder Spenden finanzieren dürfen.

48      Nach Art. 68 DAP können alle gemäß den DAP zu Unrecht ausgezahlten Beträge zurückgefordert werden, wobei der Generalsekretär des Parlaments Anweisungen zur Rückforderung dieser Beträge von dem betroffenen Abgeordneten erteilt, den er vorher anhören muss.

49      Art. 33 DAP, dessen Inhalt in den Rn. 45 und 46 des vorliegenden Urteils wiedergegeben wurde, hat das Gericht entnommen, dass es nicht im Ermessen der Abgeordneten liegt, den Begriff der parlamentarischen Assistenz zu definieren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juli 2021, Rochefort/Parlament, T‑171/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:438, Rn. 45, und vom 8. September 2021, Griesbeck/Parlament, T‑10/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:542, Rn. 39).

50      Daraus folgt nach Ansicht des Gerichts, dass der betroffene Abgeordnete nachweisen muss, welche Leistungen die Assistenten für das Parlament tatsächlich erbracht haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2021, Griesbeck/Parlament, T‑10/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:542, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Wird die Verwendung der Ausgaben für parlamentarische Assistenz kontrolliert, muss der betroffene Abgeordnete daher nachweisen können, dass die erhaltenen Beträge zur Deckung der tatsächlich getätigten Ausgaben verwendet wurden, die gemäß Art. 33 DAP vollständig und ausschließlich aus der Einstellung eines oder mehrerer Assistenten resultierten (Urteil vom 14. Juli 2021, Rochefort/Parlament, T‑171/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:438, Rn. 47; vgl. auch Urteil vom 8. September 2021, Griesbeck/Parlament, T‑10/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:542, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

52      In diesem Rahmen muss der Abgeordnete u. a. die Belege, die sich auf die APA-Tätigkeiten beziehen, vorlegen und somit aufbewahren, auch wenn das Unionsrecht keine entsprechende ausdrückliche Verpflichtung enthält (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Juli 2021, Rochefort/Parlament, T‑171/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:438, Rn. 47, und vom 8. September 2021, Griesbeck/Parlament, T‑10/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:542, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53      Diese Rechtsprechung des Gerichts hat der Gerichtshof dahin gehend bestätigt, dass Abgeordnete, die beim Parlament eine Übernahme der Ausgaben für die Assistenz persönlicher Mitarbeiter beantragen, nachweisen müssen, dass diese Ausgaben tatsächlich für Assistenzleistungen getätigt wurden, die für die Ausübung des Mandats erforderlich waren und damit in unmittelbarem Zusammenhang standen. So muss ein solcher Abgeordneter auf eine entsprechende Aufforderung der zuständigen Stelle des Parlaments alle ihm zur Verfügung stehenden Beweise vorlegen, die geeignet sind, zu belegen, welche Arbeit sein Assistent tatsächlich geleistet hat und inwieweit diese Arbeit mit der Ausübung seines Mandats zusammenhängt (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 21. März 2019, Gollnisch/Parlament, C‑330/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:240, Rn. 63, 64 und 88, sowie vom 21. Mai 2019, Le Pen/Parlament, C‑525/18 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:435, Rn. 37 und 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

2.      Zum ersten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes der Einhaltung einer angemessenen Frist

54      Mit dem ersten Klagegrund macht der Kläger u. a. geltend, das Parlament habe mit dem Erlass des angefochtenen Beschlusses den in Art. 41 Abs. 1 der Grundrechtecharta verankerten und in Art. 98 Abs. 2 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. 2018, L 193, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) anerkannten Grundsatz der Einhaltung einer angemessenen Frist verletzt.

55      Im vorliegenden Fall rühre die Überschreitung der angemessenen Frist daher, dass das Parlament den angefochtenen Beschluss auf Daten aus der dem Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140) zugrunde liegenden Rechtssache gestützt habe, in der die Klageschrift am 14. April 2017 eingereicht worden sei. Das Parlament habe ihn aber erst am 30. Juli bzw. 3. September 2020, also mehr als drei Jahre später, um eine Stellungnahme zu der geplanten Rückforderung gebeten.

56      Das Parlament tritt diesem Vorbringen entgegen.

57      Insoweit ist zu beachten, dass jede Person nach Art. 41 Abs. 1 der Grundrechtecharta ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden. Diese Bestimmung stellt somit den Grundsatz der Einhaltung einer angemessenen Frist auf, der integraler Bestandteil des Rechts auf eine gute Verwaltung ist.

58      Nach ständiger Rechtsprechung ist die Einhaltung einer angemessenen Frist dann notwendig, wenn in einem Fall, in dem eine entsprechende Regelung fehlt, die Grundsätze der Rechtssicherheit und des berechtigten Vertrauens es nicht zulassen, dass die Organe der Union und die natürlichen oder juristischen Personen ohne irgendeine zeitliche Begrenzung handeln und damit insbesondere die Beständigkeit erworbener Rechtspositionen gefährden (Urteil vom 5. Oktober 2004, Eagle e. a./Kommission, T‑144/02, EU:T:2004:290, Rn. 57; vgl. auch Urteil vom 12. Juli 2012, Kommission/Nanopoulos, T‑308/10 P, EU:T:2012:370, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung). Handelt die Verwaltung innerhalb der ihr in einer Regelung ausdrücklich gesetzten Frist, kann niemand mit Erfolg geltend machen, dass die Erfordernisse des in Art. 41 der Grundrechtecharta verankerten Rechts auf Behandlung seiner Angelegenheiten innerhalb einer angemessenen Frist missachtet worden seien.

59      In der Regelung, die der im vorliegenden Fall geltenden Regelung vorausging, nämlich der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. 2012, L 298, S. 1) und der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung Nr. 966/2012 (ABl. 2012, L 362, S. 1), fehlte es an einer Bestimmung zur Festsetzung der Frist für die Übersendung der Zahlungsaufforderung an den Schuldner.

60      Deshalb hatte der Gerichtshof im Urteil vom 14. Juni 2016, Marchiani/Parlament (C‑566/14 P, EU:C:2016:437), bei der Prüfung der Frist, innerhalb deren die Zahlungsaufforderung dem Schuldner zugestellt worden war, auf den Grundsatz der Einhaltung einer angemessenen Frist zurückgegriffen.

61      Im Anschluss an dieses Urteil wurde die Regelung jedoch durch die Einführung von Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 2 in die Haushaltsordnung geändert, die nunmehr Folgendes vorsieht:

„Der Anweisungsbefugte übermittelt die Zahlungsaufforderung unmittelbar nach Feststellung der Forderung, spätestens jedoch vor Ablauf einer Frist von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, an dem das Unionsorgan unter normalen Umständen die Schuld hätte einfordern können. Stellt der Anweisungsbefugte fest, dass das verspätete Tätigwerden trotz aller Sorgfalt, die das Unionsorgan aufgewandt hat, dem Verhalten des Schuldners zuzurechnen ist, so gilt diese Frist nicht.“

62      Da eine solche Bestimmung erlassen wurde, ist, anders als der Kläger zu Unrecht meint, für die Prüfung der Frist, innerhalb deren ihm die Zahlungsaufforderung zugesandt wurde, nicht mehr auf den Grundsatz der Einhaltung einer angemessenen Frist zurückzugreifen. Vielmehr ist zu klären, ob das Parlament die Zahlungsaufforderung gemäß dieser Bestimmung zum einen unmittelbar nach Feststellung der Forderung und zum anderen innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, zu dem es die Schuld hätte einfordern können, dem Kläger übermittelt hat.

63      Zur ersten Frist ist darauf hinzuweisen, dass die Zahlungsaufforderung dem Kläger am 31. März 2021 zugestellt wurde, während die Forderung des Parlaments am 16. März 2021 im angefochtenen Beschluss festgestellt worden war. Unter diesen Umständen darf davon ausgegangen werden, dass die Zahlungsaufforderung unmittelbar nach Feststellung der Forderung gemäß Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung dem Kläger übermittelt worden ist.

64      Zur zweiten Frist ist zu bemerken, dass die Parteien sich über den Zeitpunkt uneins sind, zu dem das Parlament die Schuld im Sinne von Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung hätte einfordern können. Während der Kläger meint, dieser Zeitpunkt sei der Tag, an dem der APA die Klageschrift in dem Verfahren eingereicht habe, in dem das Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140), ergangen sei, d. h. der 14. April 2017, meint das Parlament, dass es die Schuld erst ab dem Tag der Verkündung des Urteils in dieser Rechtssache, d. h. ab dem 7. März 2019, habe einfordern können.

65      Da die Zahlungsaufforderung am 31. März 2021 an den Kläger gerichtet wurde, ist festzustellen, dass das Parlament die in Art. 98 Abs. 2 Unterabs. 2 der Haushaltsordnung vorgesehene Frist eingehalten hat, unabhängig davon, ob diese Frist mit der Einreichung der Klageschrift in der dem Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140), zugrunde liegenden Rechtssache, also dem 14. April 2017, oder mit der Verkündung dieses Urteils begonnen hat.

66      Daher ist das Vorbringen des Klägers und folglich der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

3.      Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Anhörung, des Rechts auf Aktenzugang und der Begründungspflicht gemäß Art. 41 Abs. 2 der Grundrechtecharta

67      Der Kläger trägt vor, das Parlament habe seine in Art. 41 Abs. 2 der Grundrechtecharta verankerten Rechte auf Anhörung und auf Aktenzugang verletzt, weil es im angefochtenen Beschluss auf die Feststellungen in dem Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140), verwiesen habe, ohne ihm die Beweise, insbesondere einen Vermerk des APA vom 9. Mai 2016, zu übermitteln, die diese Feststellungen stützten.

68      Der Kläger weist insoweit darauf hin, dass er an dem Verfahren, in dem das Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140), ergangen sei, weder als Partei noch als Zeuge teilgenommen habe und dass das Parlament weder diese Beweise vor Gericht angezweifelt noch ihn gebeten habe, dazu Stellung zu nehmen.

69      Im Übrigen habe sich das Parlament in seinem Schreiben vom 8. Januar 2021 zu Unrecht auf Art. 9 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. 2018, L 295, S. 39) berufen, um ihm Einsicht in die von ihm angeforderten Beweise zu verweigern. Das Recht auf Schutz personenbezogener Daten sei nicht absolut und müsse gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gegen andere Grundrechte abgewogen werden. Im vorliegenden Fall beruhe sein Recht auf Unterrichtung auf den Erwägungsgründen 21 und 28 sowie auf Art. 9 Abs. 1 und 3 der Verordnung 2018/1725. Da es sich bei der Rückforderung der wegen Ausgaben für parlamentarische Assistenz gezahlten Beträge um eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse handle, sei der Zugang des Klägers zu personenbezogenen Daten zulässig, damit er beurteilen könne, ob die Rückforderung der betreffenden Beträge gerechtfertigt sei, und damit er dem Parlament gegenüber Stellung nehmen könne.

70      In diesem Sinne führt der Kläger im Rahmen des ersten Klagegrundes aus, es sei ihm unmöglich gemacht worden, dem Vorbringen des Parlaments mit Beweisen entgegenzutreten. Die zwischen dem 22. Mai 2015 und dem 25. Februar 2016 mit dem APA gewechselten E‑Mails, mit denen er die von Letzterem im Parlament geleistete Arbeit in Zusammenhang mit seiner Funktion als Abgeordneter im Wesentlichen hätte belegen können, seien aufgrund der vom Parlament praktizierten Richtlinien, die die Aufbewahrung dieser E‑Mails grundsätzlich auf 90 Tage beschränkten, gelöscht worden. Abgesehen davon, dass diese Richtlinien im Mai 2019 geändert worden seien, ohne dass er davon informiert worden wäre, könne von ihm nicht verlangt werden, seine eigenen E‑Mails aufzubewahren, weil er nicht deren Eigentümer sei, wie sich aus Art. 17 und Art. 18 Abs. 1 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Beamtenstatut) und den vom Generalsekretär des Parlaments am 19. Februar 2018 beschlossenen Regeln für den Zugang des Sekretariats des Parlaments zum E‑Mail-System und dessen Nutzung ergebe. Durch eine solche Aufbewahrung würde im Übrigen gegen die Verschwiegenheitspflichten und die Datensicherheit verstoßen.

71      Ebenfalls im Rahmen des ersten Klagegrundes beanstandet der Kläger außerdem im Hinblick auf den 22. Erwägungsgrund der Verordnung 2018/1725 die im Parlament geltenden Richtlinien für die Aufbewahrung von E‑Mails insoweit, als das Parlament bei der Anwendung dieser Richtlinien nicht berücksichtigt habe, dass es den Abgeordneten möglich sein müsse, sich gegen Vorwürfe zu verteidigen, denen sie gegebenenfalls ausgesetzt seien.

72      Das Parlament hält dieses Vorbringen für unzulässig und unbegründet.

a)      Zur Zulässigkeit des klägerischen Vorbringens, soweit es sich auf das Schreiben vom 8. Januar 2021 bezieht

73      Das Parlament hält das Vorbringen des Klägers, soweit es sich auf das Schreiben vom 8. Januar 2021 bezieht, für verspätet. Der Kläger könne mit seiner Nichtigkeitsklage gegen den angefochtenen Beschluss und die Zahlungsaufforderung nicht die Antwort anfechten, die ihm der Generaldirektor für Finanzen in seinem Schreiben vom 8. Januar 2021 erteilt habe, da die in Art. 263 Abs. 6 AEUV vorgesehene Frist von zwei Monaten abgelaufen sei.

74      Insoweit ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung nur Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, welche die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen, Gegenstand einer Nichtigkeitsklage im Sinne von Art. 263 AEUV sein können (Urteil vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 9; vgl. auch Beschluss vom 16. Juni 2021, Green Power Technologies/Kommission und Gemeinsames Unternehmen für digitale Schlüsseltechnologien, T‑533/20, nicht veröffentlicht, EU:T:2021:375, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75      Im Fall von Handlungen oder Entscheidungen, die in einem mehrphasigen Verfahren und insbesondere zum Abschluss eines internen Verfahrens ergehen, stellen nur Maßnahmen, die den Standpunkt des Organs zum Abschluss dieses Verfahrens endgültig festlegen, beschwerende und als solche anfechtbare Maßnahmen dar, nicht aber Handlungen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen. Die Mängel solcher vorbereitenden Handlungen kann ein Kläger nur inzident im Rahmen einer Klage gegen die zum Abschluss dieses Verfahrens ergangene Entscheidung rügen (Urteil vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, EU:C:1981:264, Rn. 10; vgl. auch Beschluss vom 20. Januar 2021, ZU/SEAE, C‑266/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:42, Rn. 12 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Im vorliegenden Fall richtet sich die Nichtigkeitsklage in Anbetracht der in Rn. 42 des vorliegenden Urteils festgestellten teilweisen Erledigung der Hauptsache gegen den Beschluss, mit dem der Generalsekretär des Parlaments die Rückforderung eines Betrags von 50 754,54 Euro beim Kläger anordnete, und gegen die darauf folgende Zahlungsaufforderung, die den Abschluss des Rückforderungsverfahrens und folglich die beschwerenden Maßnahmen darstellen, derentwegen die Klage erhoben wurde.

77      Im Rahmen des Verfahrens, zu dessen Abschluss der angefochtene Beschluss und die Zahlungsaufforderung ergehen sollten, hatte der Kläger beim Parlament, wie in den Rn. 13, 14 und 17 des vorliegenden Urteils dargelegt, die Übersendung von Dokumenten beantragt, die er für erforderlich hielt, um nachweisen zu können, dass der APA im Zeitraum vom 22. Mai 2015 bis zum 22. November 2016 tatsächlich die Funktionen eines akkreditierten parlamentarischen Assistenten ausgeübt hatte.

78      Unter diesen Umständen ist die im Schreiben vom 8. Januar 2021 erteilte Antwort auf diesen Antrag Teil des Verfahrens zur Rückforderung der zu Unrecht gezahlten Beträge und konnte den Ausgang dieses Verfahrens beeinflussen.

79      Es ist dem Kläger also nach der in Rn. 75 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung unbenommen, im Rahmen der vorliegenden Klage die Mängel zu rügen, die das Schreiben vom 8. Januar 2021 nach seiner Ansicht aufweist.

80      Daher ist das Vorbringen des Klägers zu dem Schreiben vom 8. Januar 2021 für zulässig zu erklären.

b)      Zur Begründetheit des klägerischen Vorbringens

81      Nach Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Grundrechtecharta umfasst das Recht auf eine gute Verwaltung u. a. das Recht jeder Person, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine für sie nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird.

82      Im Rahmen des Verfahrens zur Rückforderung von gemäß den DAP zu Unrecht gezahlten Beträgen wird das Recht auf Anhörung speziell durch Art. 68 Abs. 2 DAP garantiert, wonach der betroffene Abgeordnete vor jeder Entscheidung in dieser Sache angehört wird.

83      Nach ständiger Rechtsprechung garantiert das Recht, gehört zu werden, jeder Person die Möglichkeit, im Verwaltungsverfahren sachdienlich und wirksam ihren Standpunkt vorzutragen, bevor ihr gegenüber eine für ihre Interessen möglicherweise nachteilige Entscheidung erlassen wird (vgl. Urteil vom 4. April 2019, OZ/EIB, C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

84      Um festzustellen, ob diese Regelungen im vorliegenden Fall eingehalten wurden, ist zu prüfen, welche Schritte die Parteien im Verlauf des Verfahrens unternommen haben, das zum Erlass des angefochtenen Beschlusses und der Zahlungsaufforderung geführt hat.

85      Im vorliegenden Fall forderte der Generalsekretär des Parlaments mit Schreiben vom 3. September 2020, nachdem er dargelegt hatte, weshalb das fragliche Rückforderungsverfahren eingeleitet worden war, den Kläger auf, nachzuweisen, dass der APA zwischen dem 22. Mai 2015 und dem 22. November 2016 die Aufgaben eines akkreditierten parlamentarischen Assistenten wahrgenommen hatte.

86      Zu diesem Zeitpunkt lagen dem Kläger jedoch nicht mehr die E‑Mails vor, die er zwischen dem 22. Mai 2015 und dem 25. Februar 2016 mit dem APA gewechselt hatte und mit denen er den vom Generalsekretär des Parlaments verlangten Nachweis größtenteils hätte erbringen können. Diese E‑Mails waren nämlich aufgrund der Richtlinien des Parlaments für die Aufbewahrung von E‑Mails gelöscht worden. Nach diesen Richtlinien werden E‑Mails in den Ordnern „Inbox“, „Sent Items“, „Deleted Items“, „Junk E‑Mail“ und „Drafts“ grundsätzlich nach 90 Tagen gelöscht.

87      Um die verlangten Nachweise beibringen zu können, beantragte der Kläger deshalb beim Parlament mit E‑Mails vom 4. August, 22. September und 20. November 2020, ihm verschiedene Dokumente zu übermitteln:

–        das Protokoll des Schlichtungsverfahrens zwischen ihm und dem APA in litauischer Sprache;

–        eine Kopie „aller E‑Mails aus den Jahren 2015, 2016 und 2019“;

–        eine Kopie des Schriftverkehrs, den er mit Vertretern des Parlaments über die Arbeit des APA geführt habe;

–        die vollständigen Akten der Rechtssache, in der das Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140), ergangen war;

–        die Personalakte des APA beim Parlament (alle Unterlagen im Zusammenhang mit dessen Rekrutierung und Arbeit), einschließlich der Informationen darüber, wie oft Schutz des Parlaments für diesen APA beantragt worden sei, sowie der Daten über die Anwesenheit des APA, die seinem Zugangsausweis zum Parlament zu entnehmen seien (siehe oben, Rn. 13, 14 und 17).

88      Dem ersten Antrag gab das Parlament statt, und der Kläger erhielt eine Kopie des betreffenden Protokolls. Dagegen wurden die Anträge zu den anderen Kategorien von Dokumenten abgelehnt, mit Ausnahme der die Beendigung des APA-Vertrags betreffenden Unterlagen, die mit E‑Mail vom 27. Oktober 2020 übermittelt wurden (siehe oben, Rn. 15). Ausweislich der Akten erfolgte die Ablehnung am 8. Januar 2021, also fünf Monate nach dem ersten Antrag des Klägers.

89      Nach den in den Rn. 49 bis 53 des vorliegenden Urteils dargestellten Beweisregeln hat der Abgeordnete, falls Zweifel an der ordnungsgemäßen Verwendung der für einen APA gezahlten Ausgaben für parlamentarische Assistenz bestehen, zu beweisen, dass der APA während des gesamten Zeitraums, in dem diese Ausgaben getätigt wurden, für ihn im Rahmen seines parlamentarischen Mandats tätig war.

90      Wird der Abgeordnete aufgefordert, diesen Beweis zu erbringen, muss er dem Parlament innerhalb der gesetzten Frist die ihm verfügbaren Beweisstücke vorlegen. Erscheinen weitere Beweisstücke relevant, kann er aufgrund des Rechts, gehört zu werden, Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union, die über solche Beweisstücke verfügen, um deren Übermittlung ersuchen, wenn sie Daten betreffen, die erforderlich sind, damit er sich sachdienlich und wirksam zu der geplanten Rückforderungsmaßnahme äußern kann. Bei Erhalt eines solchen Antrags darf das Parlament die Herausgabe der angeforderten Daten nicht verweigern, ohne das Recht auf Anhörung zu verletzen, es sei denn, es stützt seine Weigerung auf Gründe, die zum einen in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls und zum anderen im Licht der geltenden Regeln als gerechtfertigt angesehen werden können.

91      Es ist daher zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die Gründe gerechtfertigt sind, die das Parlament in seinem Schreiben vom 8. Januar 2021 angeführt hat, um die Herausgabe der vom Kläger erbetenen Daten abzulehnen.

1)      Zu den Gründen, aus denen das Parlament den klägerischen Antrag auf Übermittlung „aller EMails aus den Jahren 2015, 2016 und 2019“ sowie des Schriftverkehrs zwischen dem Kläger und Vertretern des Parlaments über die Arbeit des APA abgelehnt hat

92      Wie sich aus Rn. 88 des vorliegenden Urteils ergibt, lehnte das Parlament den Antrag des Klägers auf Übermittlung „aller E‑Mails aus den Jahren 2015, 2016 und 2019“ sowie des zwischen seinen Dienststellen und dem Kläger über die Arbeit der APA geführten Schriftverkehrs mit der Begründung ab, nach seinen Richtlinien sei die Aufbewahrung von E‑Mails auf 90 Tage und in Ausnahmefällen auf ein Jahr begrenzt. Das Parlament fügte hinzu, E‑Mails aus der Zeit nach 2019 könnten zwar übermittelt werden, seien hier aber irrelevant, da sie nicht den Zeitraum beträfen, in dem der APA für den Kläger habe tätig sein sollen.

93      Dazu ist festzustellen, dass jedes Organ seine Arbeitsweise unter Einhaltung der einschlägigen Regeln gestaltet, die es selbst erlassen kann. Im vorliegenden Fall durfte das Parlament entgegen dem Vorbringen des Klägers den Zeitraum für die Aufbewahrung von E‑Mails der Abgeordneten begrenzen und ihnen erlauben, diese in persönlichen Ordnern zu speichern. Es ist jedoch zu prüfen, ob die betreffenden Richtlinien im vorliegenden Fall so angewandt wurden, dass die Wahrung des Rechts auf Anhörung gewährleistet war, das die Organe der Union, wie in Rn. 83 des vorliegenden Urteils dargelegt, wann immer sie den Erlass eines möglicherweise beschwerenden Rechtsakts beabsichtigen, zu beachten haben, sofern seine Anwendungsvoraussetzungen gemäß Art. 41 der Grundrechtecharta erfüllt sind.

94      Insoweit ist daran zu erinnern, dass im vorliegenden Fall

–        der APA am 22. Mai 2015 eingestellt wurde;

–        der Kläger im Dezember 2015 feststellte, dass sich die Qualität der Arbeit des APA verschlechtert habe;

–        der Kläger am 25. Februar 2016 beim Parlament die Einleitung eines Verfahrens zur Entlassung des APA beantragte, weil dieser u. a. die Vorschriften über die Genehmigung von Nebentätigkeiten nicht eingehalten habe und unentschuldigt vom Dienst ferngeblieben sei;

–        das Parlament dem APA am 24. Juni 2016 die Entscheidung mitteilte, seinen Vertrag wegen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu kündigen, da er die Vorschriften über die Genehmigung von Nebentätigkeiten nicht eingehalten habe;

–        der APA am 14. April 2017 beim Gericht eine Klage auf Aufhebung der Kündigungsentscheidung erhob;

–        das Parlament den Kläger am 8. Juni und erneut am 3. September 2020 über die Einleitung eines Verfahrens zur Rückforderung der an den APA ausgezahlten Beträge informierte.

95      Aus diesem zeitlichen Ablauf geht hervor, dass dem Parlament seit Anfang 2016 bekannt war, dass zwischen dem Kläger und dem APA ein Konflikt darüber bestand, ob der APA seine Tätigkeiten für den Kläger im Einklang mit den Vorschriften über die parlamentarische Assistenz ausübte oder nicht. In einer solchen Situation war das Parlament deshalb von diesem Zeitpunkt an verpflichtet – zumal öffentliche Mittel der Union auf dem Spiel standen –, die Aufbewahrung der E‑Mails, die die genaue Art der Tätigkeiten des APA belegen konnten, während der Dauer des Kündigungsverfahrens und, falls dieses andere Gerichts- oder Verwaltungsverfahren wie etwa ein Rückforderungsverfahren zur Folge haben sollte, so lange, wie diese anderen Verfahren anhängig waren, sicherzustellen.

96      In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass der Generaldirektor für Finanzen dem Kläger in dem Schreiben vom 8. Januar 2021 mitteilte, dass das Parlament die Möglichkeit habe, E‑Mails ausnahmsweise ein Jahr lang wieder abzurufen.

97      Im Übrigen sieht Art. 5 der am 19. Februar 2018 beschlossenen Regeln für den Zugang des Sekretariats des Parlaments zum E‑Mail-System und dessen Nutzung vor, dass die Aufbewahrungsfrist für E‑Mails von Beamten oder Bediensteten des Parlaments bei deren Ausscheiden aus dem Dienst mehr als drei Monate betragen kann, wenn sie „Gegenstand einer Verwaltungsuntersuchung, einer Beschwerde oder eines Gerichtsverfahrens“ sind.

98      Nach Ansicht des Parlaments ist es Sache der Abgeordneten, ihre E‑Mails über diesen Zeitraum hinaus zu speichern. Hierzu würden die Abgeordneten aufgefordert, selbst persönliche Ordner anzulegen, in denen sie ihre E‑Mails für einen unbestimmten Zeitraum archivieren könnten. Diese Aufforderung sei in drei Mitteilungen – die erste vom 14. Juni 2014, die zweite vom 13. Oktober 2014 und die dritte vom 30. März 2015 – an die Abgeordneten ergangen. Trotz dieser Mitteilungen habe der Kläger keine persönliche Archivierung seiner E‑Mails vorgenommen.

99      Dieses Vorbringen des Parlaments kann nicht durchgreifen.

100    Das Parlament kann nicht deshalb, weil es die Möglichkeit einer persönlichen Archivierung gibt, von der Pflicht entbunden werden, die Aufbewahrung aller E‑Mails sicherzustellen, die für den Nachweis relevant sind, dass ein APA gemäß den Regeln, die das Organ für sich selbst erlassen hat, seine Tätigkeit tatsächlich und ausschließlich für den Abgeordneten, dem er zugewiesen war, in unmittelbarem Zusammenhang mit dessen Mandat ausgeübt hat.

101    Diese Möglichkeit kann das Parlament auch nicht der Pflicht entheben, die derart gespeicherten E‑Mails zu übermitteln, wenn der betroffene Abgeordnete, gegen den wie im vorliegenden Fall ein Rückforderungsverfahren wegen unrechtmäßiger Verwendung der Ausgaben für parlamentarische Assistenz anhängig ist, unter Berufung auf das Recht auf Anhörung, dem im Rahmen der Unionsrechtsordnung grundlegende Bedeutung zukommt, einen entsprechenden Antrag stellt.

102    Das Parlament konnte in seiner Antwort auf das Vorbringen des Klägers – der im Wesentlichen geltend macht, erst am 8. Januar 2021 über die Richtlinien des Parlaments für die Aufbewahrung von E‑Mails informiert worden zu sein – nicht den Nachweis erbringen, dass die in Rn. 98 des vorliegenden Urteils erwähnten Mitteilungen dem Kläger zur Kenntnis gebracht worden waren. So war die Mitteilung der Generaldirektion (GD) Innovation und technologische Unterstützung vom 14. Juni 2014 an die „Neuankömmlinge“ gerichtet, zu denen der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht gehörte, da er ausweislich von Rn. 2 des vorliegenden Urteils seit [vertraulich] Abgeordneter war. Die Mitteilung vom 13. Oktober 2014 hatte die GD „Innovation und technologische Unterstützung“ an sich selbst gerichtet, ohne dass das im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme hierzu befragte Parlament eine Liste der Adressaten vorlegen konnte. Dasselbe gilt für die Mitteilung vom 30. März 2015, die ihrerseits vom „ITEC Service Desk“ für die Abgeordneten herrührte.

103    Zu dem nicht in E‑Mails enthaltenen Schriftverkehr des Klägers mit den zuständigen Dienststellen des Parlaments über die Arbeit des APA ist festzustellen, dass das Parlament in dem Schreiben vom 8. Januar 2021 keinen Grund angeführt hat, der seine Weigerung, diesen Schriftverkehr an den Kläger herauszugeben, konkret rechtfertigen könnte.

104    Infolgedessen können die Gründe, aus denen das Parlament den klägerischen Antrag auf Übermittlung „aller E‑Mails aus den Jahren 2015, 2016 und 2019“ sowie des Schriftverkehrs zwischen dem Kläger und den zuständigen Dienststellen des Parlaments über die Arbeit des APA abgelehnt hat, nicht als stichhaltig angesehen werden.

2)      Zu den Gründen, aus denen das Parlament den klägerischen Antrag bezüglich der „Personalakte“ des APA (alle Unterlagen im Zusammenhang mit dessen Rekrutierung und Arbeit), einschließlich der Informationen darüber, wie oft Schutz des Parlaments für diesen APA beansprucht worden war, sowie der Daten über seine Anwesenheit, die seinem Zugangsausweis zum Parlament zu entnehmen waren, abgelehnt hat

105    In seinem Schreiben vom 8. Januar 2021 lehnte das Parlament es ab, dem Kläger die „Personalakte“ des APA (alle Unterlagen im Zusammenhang mit dessen Rekrutierung und Arbeit), einschließlich der Informationen darüber, wie oft Schutz des Parlaments für diesen APA beansprucht worden war, sowie der Daten über seine Anwesenheit, die seinem Zugangsausweis zum Parlament zu entnehmen waren, zu übermitteln, weil eine Übermittlung dieser Daten gegen die Verordnung 2018/1725 und gegen Art. 26 des Beamtenstatuts verstoßen würde.

106    Zu den Informationen bezüglich der Generaldirektion (GD) Sicherheit und Schutz teilte der Generaldirektor für Finanzen dem Kläger außerdem mit, dass die Einsätze der Sicherheitsbediensteten des Parlaments nicht offiziell registriert und die Daten in Verbindung mit den Zugangsausweisen für einen Zeitraum von höchstens vier Monaten gespeichert würden.

i)      Zu dem auf die Verordnung 2018/1725 gestützten Grund

107    In dem Schreiben vom 8. Januar 2021 erklärte das Parlament, die vom Kläger angeforderten Daten seien personenbezogen im Sinne der Verordnung 2018/1725, wobei der Kläger nicht geltend gemacht habe, dass sie gemäß Art. 9 dieser Verordnung entweder für die Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgenden Aufgabe oder für die Erreichung eines Ziels von öffentlichem Interesse erforderlich seien.

108    In der Klagebeantwortung trägt das Parlament ergänzend vor, der Kläger habe den Zugang zur „Personalakte“ des APA beantragt, um zu verhindern, dass er dem Parlament die Ausgaben für parlamentarische Assistenz, die am Ende des Rückforderungsverfahrens von ihm verlangt werden könnten, zurückzahlen müsse; er habe somit in seinem persönlichen Interesse gehandelt. Daher könne er sich nicht auf ein öffentliches Interesse im Sinne von Art. 9 der Verordnung 2018/1725 berufen.

109    Art. 9 Abs. 1 der Verordnung 2018/1725 lautet wie folgt:

„(1)      Unbeschadet der Artikel 4 bis 6 und 10 werden personenbezogene Daten an in der Union niedergelassene Empfänger, die nicht Organe oder Einrichtungen der Union sind, nur übermittelt, wenn

a)      der Empfänger nachweist, dass die Daten für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich sind, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Empfänger übertragen wurde, oder

b)      wenn der Empfänger nachweist, dass die Übermittlung der Daten für einen bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erforderlich ist, und der Verantwortliche in Fällen, in denen Gründe für die Annahme vorliegen, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden könnten, nachweist, dass die Übermittlung der personenbezogenen Daten für diesen Zweck verhältnismäßig ist, nachdem er die unterschiedlichen widerstreitenden Interessen nachweislich gegeneinander abgewogen hat.

…“

110    Es ist richtig, dass bei den vom Kläger angeforderten Daten, da sie seiner Verteidigung im Rahmen des Rückforderungsverfahrens dienen sollten, nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2018/1725 „für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich [waren], die im öffentlichen Interesse [lag] oder in Ausübung öffentlicher Gewalt [erfolgte], die dem Empfänger übertragen wurde“.

111    Aus diesem Grund lässt sich auch nicht sagen, dass die Übermittlung dieser Daten an den Kläger für einen „bestimmten, im öffentlichen Interesse liegenden Zweck“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2018/1725 erforderlich gewesen wäre.

112    Ausweislich der Akten beruht die Aufforderung zur Stellungnahme, die das Parlament am 3. September 2020 an den Kläger richtete, um ihm die Ausübung seines Rechts auf Anhörung zu ermöglichen, im vorliegenden Fall jedoch auf Daten, die sich im Besitz des Parlaments befanden, ohne möglicherweise dem Kläger bekannt zu sein, oder auf Daten, die dem Kläger zwar bekannt waren, als er Vorgesetzter des APA war, die ihm aber nicht mehr zur Verfügung stehen.

113    Angesichts der Bedeutung, die dem Recht auf Anhörung in der Unionsrechtsordnung zukommt, kann der Umstand, dass sich solche Daten eventuell in der „Personalakte“ des APA befinden, als solcher kein Hindernis dafür sein, dass sie dem Kläger mitgeteilt werden, damit er sich, wie von der Rechtsprechung gefordert, in Wahrnehmung dieses Rechts sachdienlich und wirksam äußern kann.

114    Das Recht auf Schutz personenbezogener Daten ist nämlich kein uneingeschränktes Recht, sondern muss im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen und insofern gegen andere Grundrechte abgewogen werden, wobei jedem der involvierten Rechte der Stellenwert eingeräumt wird, der ihm in Anbetracht des jeweiligen Sachverhalts in der Unionsrechtsordnung gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebührt.

115    Die Unionsgesetzgeber hat im vierten Erwägungsgrund der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. 2016, L 119, S. 1) betont, dass eine solche Abwägung zwischen dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten und den anderen in der Unionsrechtsordnung anerkannten Grundrechten sichergestellt werden muss.

116    Die Verordnung 2018/1725 ist indes das „Äquivalent“ der Verordnung 2016/679, was den Schutz personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union anbelangt (vgl. fünfter Erwägungsgrund der Verordnung 2018/1725).

117    In einem solchen Kontext kann es nicht zulässig sein, dass das Parlament den Kläger auffordert, sich sachdienlich und wirksam zu Daten zu äußern, die eventuell in der Akte des APA enthalten sind, ohne ihm Zugang zu diesen Daten zu gewähren, nachdem es das Interesse des APA, die ihn betreffenden Daten Dritten vorzuenthalten, und das Interesse des Klägers, sich sachdienlich und wirksam im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten Rückforderungsverfahrens zu äußern, gegeneinander abgewogen hat.

118    Das Parlament hat im vorliegenden Fall aber keine derartigen Schritte unternommen.

ii)    Zu dem auf Art. 26 des Beamtenstatuts gestützten Grund

119    In seinem Schreiben vom 8. Januar 2021 argumentierte das Parlament, die „Personalakte“ des APA sei vertraulich und könne nach Art. 26 des Beamtenstatuts nicht übermittelt werden.

120    Dazu ist zu bemerken, dass diese gemäß Art. 127 BSB für parlamentarische Assistenten entsprechend geltende Bestimmung nach ihrem Wortlaut nur die „Personalakten“ der Beamten und Bediensteten betrifft, die „sämtliche [ihr] Dienstverhältnis betreffenden Schriftstücke sowie jede Beurteilung [ihrer] Befähigung, Leistung und Führung“ und „die Stellungnahmen [der Beamten oder Bediensteten] zu [diesen] Vorgängen“ enthalten.

121    Die Vertraulichkeit der fraglichen Schriftstücke kann jedoch dem Kläger, der im Übrigen als Vorgesetzter des APA einige von ihnen selbst verfasst hat, nicht entgegengehalten werden, soweit die Wahrnehmung seines Rechts auf Anhörung davon abhängt.

122    Im vorliegenden Fall hat das Parlament das Interesse des Klägers, Zugang zu bestimmten Schriftstücken in der Personalakte des APA zu erhalten, um in dem gegen ihn eingeleiteten Rückforderungsverfahren sachdienlich Stellung nehmen zu können, zu Unrecht unter Berufung auf Art. 26 des Beamtenstatuts unberücksichtigt gelassen.

iii) Zu dem speziellen Grund bezüglich der Informationen im Besitz der GD „Sicherheit und Schutz“

123    Was den in Rn. 106 des vorliegenden Urteils erwähnten Grund bezüglich der Daten im Zusammenhang mit dem Zugangsausweis des APA angeht, so ist den vorstehenden Ausführungen hinzuzufügen, dass das Parlament aus ähnlichen Gründen wie in den Rn. 100 und 101 des vorliegenden Urteils dargelegt die erforderlichen Maßnahmen treffen musste, damit die GD „Sicherheit und Schutz“ diese Daten für einen längeren Zeitraum als vier Monate aufbewahrte, da die Kündigung des APA zu einem Gerichtsverfahren geführt hatte und ein Verfahren zur Rückforderung der Ausgaben für parlamentarische Assistenz gegen den Abgeordneten eingeleitet worden war, für den das Parlament diesen APA eingestellt hatte.

124    Deshalb können die Gründe, aus denen das Parlament den klägerischen Antrag auf Zugang zur „Personalakte“ des APA (alle Unterlagen im Zusammenhang mit dessen Rekrutierung und Arbeit), einschließlich der Informationen darüber, wie oft Schutz des Parlaments für diesen APA beansprucht worden war, sowie der Daten über seine Anwesenheit, die seinem Zugangsausweis zum Parlament zu entnehmen waren, abgelehnt hat, nicht als stichhaltig angesehen werden.

3)      Zu den Gründen, aus denen das Parlament den klägerischen Antrag bezüglich der Akten in der Rechtssache, in der das Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T59/17), ergangen ist, abgelehnt hat

125    In seinem Schreiben vom 8. Januar 2021 lehnte das Parlament den Antrag des Klägers, der auf die Akten in der Rechtssache gerichtet war, in der das Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140), ergangen ist, mit der Begründung ab, dass er gegen Art. 9 der Verordnung 2018/1725 verstoße und dass der APA im Verfahren vor dem Gericht die Wahrung seiner Anonymität erwirkt habe.

126    Hinsichtlich der Begründung zu Art. 9 der Verordnung 2018/1725 wird auf die Rn. 112 bis 118 des vorliegenden Urteils verwiesen.

127    Soweit das Gericht dem APA in dem Verfahren, in dem das Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140), ergangen ist, Anonymität gewährt hat, ist zu beachten, dass die Anonymität nach Art. 66 der Verfahrensordnung bedeutet, dass der Name einer Partei oder der Name anderer im Rahmen des betreffenden Verfahrens genannter Personen oder andere Angaben in den öffentlich zugänglichen Dokumenten, die die Rechtssache betreffen, weggelassen werden.

128    Dagegen bezieht sich die vom Gericht gewährte Anonymität nicht auf die Vertraulichkeit von Unterlagen, die außerhalb dieses Verfahrens im Rahmen der Beziehungen zwischen den Parteien und Dritten zu den Verfahrensakten gereicht wurden.

129    Infolgedessen war das Parlament entgegen seiner Argumentation in seinem Schreiben vom 8. Januar 2021 durch die Entscheidung des Gerichts über die Anonymität nicht daran gehindert, dem Kläger die Dokumente zu übermitteln, die in der dem Urteil vom 7. März 2019, L/Parlament (T‑59/17, EU:T:2019:140), zugrunde liegenden Rechtssache gewechselt worden waren und die für den Kläger bei der Ausübung seines Rechts auf Anhörung von Bedeutung sein konnten.

c)      Ergebnis

130    Im Ergebnis ist festzustellen, dass die vom Parlament in seinem Schreiben vom 8. Januar 2021 angeführten Gründe aus den vorstehend dargelegten Erwägungen nicht stichhaltig oder unzureichend waren.

131    Da das Parlament seine Weigerung, dem Kläger die Dokumente zu übermitteln, die er angefordert hatte und mit denen er sein in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Grundrechtecharta garantiertes Recht, gehört zu werden, im Rahmen des am 3. September 2020 gegen ihn eingeleiteten Verfahrens zur Rückforderung der als Ausgaben für parlamentarische Assistenz gezahlten Beträge möglicherweise sachdienlich und wirksam hätte ausüben können, nicht gebührend begründet hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Kläger die Chance, sich besser zu verteidigen, genommen wurde, was zwangsläufig den Inhalt des angefochtenen Beschlusses beeinflusst hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Januar 2019, Kommission/United Parcel Service, C‑265/17 P, EU:C:2019:23, Rn. 56, vom 4. April 2019, OZ/EIB, C‑558/17 P, EU:C:2019:289, Rn. 77 und 78, sowie vom 25. Juni 2020, HF/Parlament, C‑570/18 P, EU:C:2020:490, Rn. 73).

132    Unter diesen Umständen ist dem zweiten Klagegrund stattzugeben, soweit mit ihm eine Verletzung des Rechts auf Anhörung gerügt wird.

133    Folglich sind der angefochtene Beschluss und die Zahlungsaufforderung für nichtig zu erklären, soweit sie die Dienstbezüge, sozialen Kosten und Reisekosten für die Beschäftigung des parlamentarischen Assistenten im Zeitraum vom 22. Mai 2015 bis zum 31. März 2016 betreffen, ohne dass es einer Prüfung der anderen im Rahmen des zweiten Klagegrundes vorgebrachten Argumente, des dritten bis fünften Klagegrundes sowie der Zulässigkeit der vom Kläger am 22. November 2022 vorgelegten Beweise und seines Antrags auf Beweiserhebung bedarf.

IV.    Kosten

134    Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Im Übrigen entscheidet das Gericht nach Art. 137 der Verfahrensordnung bei Erledigung der Hauptsache über die Kosten nach freiem Ermessen.

135    Im vorliegenden Fall sind dem Parlament gemäß dem Antrag des Klägers und in Anbetracht der Gründe, aus denen das Gericht eine teilweise Erledigung der Hauptsache festgestellt hat, die gesamten Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Nichtigkeitsklage, soweit diese gegen den Beschluss des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 16. März 2021, mit dem eine Forderung gegen TC wegen eines zu Unrecht als Ausgaben für parlamentarische Assistenz gezahlten Betrags festgestellt und dessen Rückforderung angeordnet wird, und gegen die Zahlungsaufforderung Nr. 7010000523 vom 31. März 2021 gerichtet ist, hat sich insoweit erledigt, als dieser Beschluss und diese Aufforderung die Dienstbezüge, sozialen Kosten und Reisekosten im Zusammenhang mit der Beschäftigung des A im Zeitraum zwischen dem 1. April und dem 22. November 2016 in Höhe von 28 083,67 Euro betreffen.

2.      Der vorgenannte Beschluss des Generalsekretärs des Parlaments vom 16. März 2021 und die Zahlungsaufforderung Nr. 7010000523 vom 31. März 2021 werden insoweit für nichtig erklärt, als damit angeordnet wird, die Dienstbezüge, sozialen Kosten und Reisekosten für die Beschäftigung des A im Zeitraum vom 22. Mai 2015 bis zum 31. März 2016 in Höhe von 50 754,54 Euro von TC zurückzufordern.

3.      Das Parlament trägt die Kosten.

Gervasoni

Madise

Nihoul

Frendo

 

      Martín y Pérez de Nanclares

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Juni 2023.

Unterschriften



*      Verfahrenssprache: Litauisch.


1      Nicht wiedergegebene vertrauliche Daten.