Language of document : ECLI:EU:C:2016:890

Rechtssache C-442/14

Bayer CropScience SA-NV
und
Stichting De Bijenstichting

gegen

College voor de toelating van gewasbeschermingsmiddelen en biociden

(Vorabentscheidungsersuchen des College van Beroep voor het bedrijfsleven)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Übereinkommen von Århus – Richtlinie 2003/4/EG – Art. 4 Abs. 2 – Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen – Begriff ‚Informationen über Emissionen in die Umwelt‘ – Richtlinie 91/414/EWG – Richtlinie 98/8/EG – Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 – Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und Biozid-Produkten – Vertraulichkeit – Schutz betrieblicher und kommerzieller Interessen“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 23. November 2016

1.        Gerichtliches Verfahren – Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung – Antrag mit dem Ziel, zu den Rechtsausführungen in den Schlussanträgen des Generalanwalts Stellung zu nehmen – Voraussetzungen für die Wiedereröffnung

(Art. 252 Abs. 2 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 23; Verfahrensordnung des Gerichtshofs, Art. 83)

2.        Umwelt – Freier Zugang zu Informationen – Richtlinie 2003/4 – Gründe, die eine Verweigerung der Mitteilung von Informationen über die Umwelt rechtfertigen können – Antrag auf Zugang zu Informationen, die in einem Verfahren für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels oder Biozid-Produkts eingereicht wurden – Pflicht zur Offenlegung der Informationen, wenn in Bezug auf sie kein Antrag auf vertrauliche Behandlung gestellt wird – Fehlen

(Verordnung Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 33 Abs. 4 und 63; Richtlinie 98/8 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 19 und 2003/4, Art. 4 Abs. 2; Richtlinie 91/414 des Rates, Art. 14)

3.        Umwelt – Freier Zugang zu Informationen – Richtlinie 2003/4 – Gründe, die eine Verweigerung der Mitteilung von Informationen über die Umwelt rechtfertigen können – Informationen über Emissionen in die Umwelt – Begriff – Weite Auslegung

(Übereinkommen von Århus, Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2; Richtlinie 2003/4 des Europäischen Parlaments und des Rates, 16. Erwägungsgrund und Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2)

4.        Umwelt – Freier Zugang zu Informationen – Richtlinie 2003/4 – Gründe, die eine Verweigerung der Mitteilung von Informationen über die Umwelt rechtfertigen können – Informationen über Emissionen in die Umwelt – Begriff – Notwendigkeit, zwischen Emissionen, Ableitungen und sonstigen Freisetzungen zu unterscheiden – Fehlen

(Übereinkommen von Århus, Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d; Richtlinie 2003/4 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 2 Nr. 1 Buchst. b und 4 Abs. 2 Unterabs. 2)

5.        Internationale Übereinkommen – Übereinkommen der Gemeinschaft – Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Übereinkommen von Århus) – Leitfaden zur Umsetzung des genannten Übereinkommens – Bindungswirkung – Fehlen

(Übereinkommen von Århus; Beschluss 2005/370 des Rates)

6.        Umwelt – Freier Zugang zu Informationen – Richtlinie 2003/4 – Gründe, die eine Verweigerung der Mitteilung von Informationen über die Umwelt rechtfertigen können – Informationen über Emissionen in die Umwelt – Begriff – Begrenzung auf Emissionen von bestimmten Industrieanlagen – Unzulässigkeit

(Übereinkommen von Århus, Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d; Richtlinie 2003/4 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2)

7.        Umwelt – Freier Zugang zu Informationen – Richtlinie 2003/4 – Gründe, die eine Verweigerung der Mitteilung von Informationen über die Umwelt rechtfertigen können – Informationen über Emissionen in die Umwelt – Begriff – Informationen über tatsächliche oder vorhersehbare Emissionen in die Umwelt – Einbeziehung

(Richtlinie 2003/4 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2)

8.        Recht der Europäischen Union – Auslegung – Vorschriften in mehreren Sprachen – Einheitliche Auslegung – Abweichungen zwischen den verschiedenen Sprachfassungen – Berücksichtigung der allgemeinen Systematik und des Zwecks der fraglichen Regelung

9.        Umwelt – Freier Zugang zu Informationen – Richtlinie 2003/4 – Gründe, die eine Verweigerung der Mitteilung von Informationen über die Umwelt rechtfertigen können – Informationen über Emissionen in die Umwelt – Begriff – Daten in den Akten über eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten – Einbeziehung – Voraussetzung – Bezug zu Emissionen in die Umwelt – Unverhältnismäßige Einschränkung der unternehmerischen Freiheit und des Eigentumsrechts – Fehlen

(Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 16 und 17; TRIPS-Übereinkommen, Art. 39 Abs. 3; Verordnung Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 63; Richtlinie 2003/4 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2)

10.      Umwelt – Freier Zugang zu Informationen – Richtlinie 2003/4 – Gründe, die eine Verweigerung der Mitteilung von Informationen über die Umwelt rechtfertigen können – Unanwendbarkeit bestimmter Gründe, wenn Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt beantragt wird – Antrag auf Zugang zu Informationen, die zum Teil unter andere Verweigerungsgründe fallen – Offenlegung nur von Informationen, die unter nicht anwendbare Gründe fallen – Voraussetzung

(Richtlinie 2003/4 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a, d, f bis h und Abs. 2)

1.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 37, 38)

2.      Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen ist dahin auszulegen, dass der Umstand, dass die Person, die einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels oder Biozid-Produkts gestellt hat, in dem für die Erteilung dieser Genehmigung vorgesehenen Verfahren nicht um vertrauliche Behandlung der im Rahmen dieses Verfahrens vorgelegten Informationen gemäß Art. 14 der Richtlinie 91/414 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, Art. 19 der Richtlinie 98/8 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten oder Art. 33 Abs. 4 und Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln ersucht hat, die zuständige Behörde, bei der ein Dritter nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens Zugang zu diesen Informationen auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 beantragt, nicht daran hindert, den gegen diesen Zugangsantrag gerichteten Widerspruch der Person, die den Genehmigungsantrag gestellt hat, zu prüfen und gegebenenfalls den Zugangsantrag gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2003/4 mit der Begründung abzulehnen, dass die Bekanntgabe dieser Informationen negative Auswirkungen auf die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse hätte.

Der Unionsgesetzgeber wollte Anträge von Dritten auf Zugang zu den Informationen, die in den Akten über die Anträge auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten enthalten sind und für die nach den genannten Bestimmungen eine vertrauliche Behandlung beantragt werden kann, nämlich offenbar den allgemeinen Bestimmungen der Richtlinie 2003/4 unterwerfen. Nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4 können die Mitgliedstaaten insoweit vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen auf ein in dem Artikel genanntes Interesse hätte, insbesondere auf die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse. Diese Bestimmung macht diese Möglichkeit nicht davon abhängig, dass vor dem Antrag auf Bekanntgabe ein Antrag auf vertrauliche Behandlung gestellt wird.

(vgl. Rn. 44-46, 49, Tenor 1)

3.      Die Richtlinie 2003/4 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen hat das Ziel, einen grundsätzlichen Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, zu gewährleisten und, wie aus ihrem neunten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 hervorgeht, eine möglichst umfassende und systematische Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen in der Öffentlichkeit zu erreichen. Folglich muss die Bekanntgabe von Informationen, wie Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten sowie der 16. Erwägungsgrund und Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 ausdrücklich vorsehen, die allgemeine Regel sein und sind die in diesen Bestimmungen genannten Ablehnungsgründe eng auszulegen.

Indem Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 vorsieht, dass Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse der Bekanntgabe von Informationen über Emissionen in die Umwelt nicht entgegengehalten werden können, ermöglicht er eine konkrete Umsetzung dieser Regel und des Grundsatzes eines möglichst umfassenden Zugangs zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für diese bereitgehalten werden. Daraus ergibt sich, dass die Begriffe „Emissionen in die Umwelt“ und „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 nicht eng auszulegen sind.

(vgl. Rn. 55-58)

4.      Für die Auslegung des Begriffs „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen ist zwischen diesem Begriff und den Begriffen Ableitungen und Freisetzen in die Umwelt nicht zu unterscheiden.

Zum einen ist diese Unterscheidung dem Übereinkommen von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten nämlich fremd, das in seinem Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d lediglich vorsieht, dass der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen einer Bekanntgabe von Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, nicht entgegengehalten werden kann. Zum anderen hat eine Unterscheidung zwischen Emissionen, Ableitungen und sonstigen Freisetzungen keine Bedeutung für das mit der Richtlinie 2003/4 verfolgte Ziel, Umweltinformationen bekannt zu geben, und wäre künstlich. Denn sowohl Emissionen von Gas oder anderen Stoffen in die Atmosphäre als auch ein sonstiges Freisetzen oder sonstige Ableitungen wie das Freisetzen von Stoffen, Zubereitungen, Organismen, Mikroorganismen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in die Umwelt, insbesondere in die Luft, das Wasser oder den Boden, können diese verschiedenen Umweltbestandteile beeinflussen. Zudem decken sich die Begriffe „Emissionen“, „Ableitungen“ und „Freisetzen“ weitgehend, wie die Verwendung des Ausdrucks „sonstiges Freisetzen“ in Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/4 zeigt, woraus sich ergibt, dass Emissionen und Ableitungen ebenfalls ein Freisetzen von Stoffen in die Umwelt darstellen.

(vgl. Rn. 62-65, 67)

5.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 69, 70)

6.      Weder im Übereinkommen von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten noch in der Richtlinie 2003/4 findet sich irgendein Anhaltspunkt für die Annahme, dass der Begriff „Emissionen in die Umwelt“ auf die Emissionen von bestimmten Industrieanlagen zu begrenzen wäre.

Eine solche Begrenzung widerspräche schon dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d dieses Übereinkommens. Denn nach dieser Bestimmung sind Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, bekannt zu geben. Informationen über Emissionen aus anderen Quellen als Industrieanlagen, wie Emissionen aufgrund der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten, sind aber für den Umweltschutz ebenso bedeutend wie Informationen über Emissionen aus industriellen Quellen. Zudem verstieße eine Begrenzung des Begriffs „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 auf Emissionen von bestimmten Industrieanlagen gegen das mit dieser Richtlinie verfolgte Ziel einer möglichst umfassenden Verbreitung von Umweltinformationen.

(vgl. Rn. 71-73)

7.      Der Begriff „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen ist dahin auszulegen, dass er u. a. das Freisetzen von Produkten oder Stoffen wie Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten und in diesen Produkten enthaltenen Stoffen in die Umwelt erfasst, sofern dieses Freisetzen unter normalen oder realistischen Anwendungsbedingungen tatsächlich stattfindet oder vorhersehbar ist.

Dieser Begriff muss nämlich auf Emissionen beschränkt sein, die nicht nur hypothetisch sind, d. h. auf tatsächliche oder vorhersehbare Emissionen des fraglichen Produkts oder Stoffes unter normalen oder realistischen Anwendungsbedingungen. Insoweit genügt das bloße Inverkehrbringen eines Produkts im Allgemeinen zwar nicht für die Annahme, dass dieses Produkt zwangsläufig in die Umwelt freigesetzt wird und die Informationen zu diesem Produkt Informationen über Emissionen in die Umwelt sind. Etwas anderes gilt jedoch bei einem Produkt wie einem Pflanzenschutzmittel oder Biozid-Produkt, das im Rahmen einer normalen Anwendung schon aufgrund seiner Funktion dazu bestimmt ist, in die Umwelt freigesetzt zu werden. Somit sind die vorhersehbaren Emissionen dieses Produkts in die Umwelt in dem zuletzt genannten Fall nicht nur hypothetisch. Unter den Begriff „Emissionen in die Umwelt“ fallen daher Emissionen, die bei der Anwendung des fraglichen Produkts oder Stoffes tatsächlich in die Umwelt freigesetzt werden, sowie Emissionen dieses Produkts oder Stoffes in die Umwelt, die vorhersehbar sind, wenn das Produkt oder der Stoff unter normalen oder realistischen Bedingungen angewandt wird, die denen entsprechen, für die die Genehmigung für das Inverkehrbringen des fraglichen Produkts erteilt wird, und in dem Gebiet vorherrschen, in der dieses Produkt angewandt werden soll.

(vgl. Rn. 77-79, 81, 103, Tenor 2)

8.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 84)

9.      Die Angaben über Art, Zusammensetzung, Menge, Zeitpunkt und Ort der „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen, die von Pflanzenschutzmitteln und Biozid-Produkten und den in diesen Produkten enthaltenen Stoffen ausgehen, sowie die Daten über die mehr oder weniger langfristigen Auswirkungen dieser Emissionen auf die Umwelt, insbesondere Informationen über die Rückstände in der Umwelt nach der Anwendung des betreffenden Produkts und Studien zur Messung der Stoffdrift bei dieser Anwendung, fallen unabhängig davon, ob diese Daten aus (Semi‑)Feldstudien, aus Laboruntersuchungen oder aus Translokationsstudien stammen, unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“.

Eine solche Auslegung führt keineswegs dazu, dass alle Daten in den Akten über eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten, insbesondere alle Daten aus den Studien, die zur Erteilung dieser Genehmigung durchgeführt wurden, unter diesen Begriff fallen und immer offenzulegen wären. Denn nur die sich auf Emissionen in die Umwelt beziehenden Daten werden von diesem Begriff erfasst, was insbesondere nicht nur die Informationen ausschließt, die nicht die Emissionen des fraglichen Produkts in die Umwelt betreffen, sondern auch die Daten, die sich auf hypothetische Emissionen beziehen, d. h. Emissionen, die unter Umständen, die für normale oder realistische Anwendungsbedingungen repräsentativ sind, nicht tatsächlich stattfinden oder vorhersehbar sind. Diese Auslegung führt daher nicht zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des Schutzes der durch die Art. 16 und 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und durch Art. 39 Abs. 3 des Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, im Folgenden: TRIPS-Übereinkommen) gewährleisteten Rechte.

Ebenso wenig nimmt diese Auslegung Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln seine praktische Wirksamkeit. Die in seinem Abs. 2 aufgestellte Vermutung gestattet es der zuständigen Behörde nämlich, davon auszugehen, dass die unter diese Bestimmung fallenden Informationen, die eine Person, die den Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen gestellt hat, vorgelegt hat, grundsätzlich vertraulich sind und der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung gestellt werden können, wenn nicht ein Antrag auf Zugang zu diesen Informationen auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 gestellt wurde. Diese Vermutung gewährleistet es diesem Antragsteller auch, dass die zuständige Behörde in dem Fall, dass ein Zugangsantrag gestellt wird, diese Informationen nur offenlegen kann, nachdem sie bezüglich jeder einzelnen Information geprüft hat, ob es sich um Informationen über Emissionen in die Umwelt handelt oder ob diese Offenlegung durch ein anderes überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt ist.

(vgl. Rn. 96, 100, 102, 103, Tenor 2)

10.    Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen ist dahin auszulegen, dass bei einem Antrag auf Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt, deren Bekanntgabe negative Auswirkungen auf ein in Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a, d, f bis h der Richtlinie genanntes Interesse hätte, nur die aus der Informationsquelle abzuleitenden einschlägigen Daten, die Emissionen in die Umwelt betreffen, bekannt zu geben sind, wenn sich diese Daten von den übrigen in dieser Quelle enthaltenen Informationen trennen lassen, was das nationale Gericht zu prüfen hat.

(vgl. Rn. 106, Tenor 3)