Language of document : ECLI:EU:T:2011:621

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

25. Oktober 2011(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Natriumchloratmarkt – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird – Nichtigkeitsklage – Aufteilung des Marktes – Preisfestsetzung – Indizienbündel – Zeitpunkt der Beweise – Aussagen von Wettbewerbern – Geständnis – Dauer der Zuwiderhandlung – Geldbußen – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände“

In der Rechtssache T‑348/08

Aragonesas Industrias y Energía, SAU, mit Sitz in Barcelona (Spanien), Prozessbevollmächtigte: I. S. Forrester, QC, sowie Rechtsanwälte K. Struckmann, P. Lindfelt und J. Garcia-Nieto Esteva,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Biolan, J. Bourke und R. Sauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C (2008) 2626 final der Kommission vom 11. Juni 2008 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38.695 – Natriumchlorat), soweit diese Entscheidung Aragonesas Industrias y Energía betrifft, hilfsweise, Nichtigerklärung oder wesentliche Herabsetzung der in dieser Entscheidung gegen Aragonesas Industrias y Energía verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters S. Soldevila Fragoso,

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2010

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die Aragonesas Industrias y Energía, SAU, ist eine Gesellschaft spanischen Rechts. Sie wurde 1992 gegründet und gehörte damals zu dem Geschäftsbereich Chemische Stoffe der Uralita-Gruppe, der für die Natriumchlorat betreffenden Aktivitäten zuständig war und unter Leitung der Uralita, SA (im Folgenden: Uralita) stand. Bis 1994 war die Klägerin eine 100%ige Tochtergesellschaft von Uralita. Im Dezember 1994 gründete Uralita die Holdinggesellschaft Energia e Industrias Aragonesas EIA, SA (im Folgenden: EIA), auf die das gesamte Chemikaliengeschäft übertragen wurde. Die Klägerin wurde damit eine 100%ige Tochtergesellschaft von EIA. Ursprünglich hielt Uralita 98,84 % des Aktienkapitals von EIA, später, vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 2000, besaß Uralita zwischen 49,44 % und 50,71 % des Aktienkapitals von EIA.

2        Natriumchlorat ist ein hoch wirksames Oxidationsmittel, das durch Elektrolyse einer Natriumchlorid-Wasserlösung in einer membranlosen Zelle hergestellt wird. Natriumchlorat kann in Form von Kristallen oder als Lösung hergestellt werden. Seine Hauptanwendung besteht in der Herstellung von Chlordioxid, das in der Zellstoff- und Papierindustrie zum Bleichen von Zellstoff benötigt wird. Daneben wird Natriumchlorat in weit geringerem Umfang zur Trinkwasseraufbereitung, zum Bleichen von Textilien, bei der Herstellung von Pflanzenschutzmitteln und in der Uranraffination eingesetzt (zweiter Erwägungsgrund der Entscheidung C [2008] 2626 final der Kommission vom 11. Juni 2008 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR-Abkommen [Sache COMP/38.695 – Natriumchlorat] [im Folgenden: angefochtene Entscheidung]).

3        Am 28. März 2003 stellten Vertreter der in Schweden niedergelassenen EKA Chemicals AB (im Folgenden: EKA) in Bezug auf ein Kartell in der Natriumchloratindustrie einen Antrag auf Geldbußenerlass bzw. ‑ermäßigung gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit). Der Antrag von EKA war auf schriftliche Beweismittel gestützt sowie auf mündliche Erklärungen, die ihre Vertreter am 31. März 2003 abgaben (im Folgenden: Erklärungen von EKA von 2003).

4        Am 30. September 2003 erließ die Kommission der Europäischen Gemeinschaften eine Entscheidung, mit der sie EKA einen bedingten Geldbußenerlass gemäß Randnr. 15 der Mitteilung über Zusammenarbeit gewährte.

5        Am 10. September 2004 richtete die Kommission Auskunftsverlangen gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) an die Finnish Chemicals Oy mit Sitz in Finnland (im Folgenden: FC), die Arkema France SA mit Sitz in Frankreich, die in der angefochtenen Entscheidung Atochem genannt wird (im Folgenden: Arkema France), und an die Klägerin.

6        Am 24. September 2004 hörte die Kommission den Angestellten L. von Arkema France (im Folgenden: Herr L. [Arkema France]) an (im Folgenden: Erklärungen von Arkema France).

7        Am 18. Oktober 2004 stellte Arkema France in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen der Kommission einen Antrag auf Geldbußenerlass bzw. ‑ermäßigung gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit.

8        Am 29. Oktober 2004 stellte FC während einer Zusammenkunft in den Räumlichkeiten der Kommission bei dieser einen Antrag auf Geldbußenermäßigung gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit und gab ihr mündliche Auskünfte zu der Untersuchung über Natriumchlorat. Mit Schreiben vom 2. November 2004 bekräftigte FC ihren Antrag auf Geldbußenermäßigung und übermittelte gleichzeitig schriftliche Beweismittel über ihre Beteiligung an der von der Kommission behaupteten Zuwiderhandlung.

9        Am 4. November 2004 fand eine Zusammenkunft der Kommission mit Vertretern von EKA statt. Am 11. November 2004 übermittelte EKA der Kommission weitere Informationen zu den jüngsten Entwicklungen auf dem Natriumchloratmarkt.

10      Am 3. und 9. Dezember 2004 antwortete die Klägerin auf die Auskunftsverlangen der Kommission vom 10. September 2004.

11      Am 6. Juli 2006 gab EKA eine weitere mündliche Erklärung bei der Kommission ab, auf die am 19. und 20. Juli 2006 Gespräche mit zwei ihrer Mitarbeiter folgten. Am 29. August 2006 gab EKA während einer Zusammenkunft in den Räumlichkeiten der Kommission weitere mündliche Erklärungen ab (im Folgenden: Erklärungen von EKA von 2006).

12      Zwischen dem 13. November 2006 und dem 11. April 2008 richtete die Kommission Auskunftsverlangen gemäß Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 an mehrere Unternehmen, darunter am 13. November 2006, 8. Februar und 12. März 2007 und 11. April 2008 an die Klägerin.

13      Am 27. Juli 2007 erließ die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die u. a. an EKA, FC, Arkema France, die Klägerin und Uralita gerichtet war.

14      Die Klägerin übermittelte der Kommission fristgerecht ihre Stellungnahme zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte. Sie erhielt von der Kommission zur Akteneinsicht zum einen eine DVD, die öffentliche Dokumente enthielt, und zum anderen die Niederschrift der mündlichen Erklärungen, die die Antragsteller im Untersuchungsverfahren bei der Kommission zu den Anträgen auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit abgegeben hatten.

15      Am 20. November 2007 machten mehrere der betroffenen Unternehmen, darunter Uralita, nicht aber die Klägerin, von ihrem Recht auf mündliche Anhörung durch die Kommission Gebrauch.

16      Am 11. Juni 2008 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung, die der Klägerin am 16. Juni 2008 zugestellt wurde.

17      Im 69. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission im Wesentlichen aus, dass EKA, FC, Arkema France und die Klägerin sich an Zusammenkünften und Kontakten beteiligt hätten mit dem Ziel, die Märkte unter Zuweisung von Verkaufsmengen aufzuteilen und die Preise für Natriumchlorat auf dem Markt des Europäischen Wirtschaftsraums (im Folgenden: EWR) festzusetzen. Sie stellte hierzu eine Liste von 72 wettbewerbswidrigen Kontakten auf, die entweder als Treffen oder Telefonate stattgefunden hätten (im Folgenden: 72 wettbewerbswidrige Kontakte). Diese Liste ist der angefochtenen Entscheidung als Anhang I beigefügt. Außerdem ist der angefochtenen Entscheidung eine Liste der in ihr genannten Personen in Anhang II beigefügt. Unter den darin aufgeführten Namen sind die der EKA-Angestellten S. und W. (im Folgenden: Herr S. [EKA] bzw. Herr W. [EKA]), der FC‑Angestellten A. und S. (im Folgenden: Herr S. [FC]), von Herrn L. (Arkema France) sowie des Angestellten A. der Klägerin (im Folgenden: Herr A. [Aragonesas]). Weiter nennt die Kommission im 69. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung als Zeitpunkt des Beginns der betreffenden wettbewerbswidrigen Praktiken für EKA und FC den 21. September 1994, für Arkema France den 17. Mai 1995 und für die Klägerin den 16. Dezember 1996. Sie hätten für EKA, FC, Arkema France und die Klägerin mindestens bis zum 9. Februar 2000 gedauert.

18      In den Erwägungsgründen 70 und 71 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, die Einhaltung der im Rahmen des Kartells gefassten Beschlüsse sei überwiegend in zweiseitigen Zusammenkünften und durch Telefonate sichergestellt worden, in denen die Parteien sensible Geschäftsinformationen über die Verhandlungen mit Kunden, darunter insbesondere die verkauften Mengen und Preise, ausgetauscht hätten. Die Kartellteilnehmer hätten eine auf die Stabilisierung des Natriumchloratmarkts gerichtete Strategie verfolgt, die letztlich darauf abgezielt habe, Liefermengen untereinander aufzuteilen, die Preispolitik gegenüber den Kunden abzustimmen und auf diese Weise die Gewinne zu maximieren.

19      Ferner beschreibt die Kommission in den Erwägungsgründen 73 bis 78 der angefochtenen Entscheidung in großen Zügen die Grundprinzipien und die Funktionsweise des Kartells. Sie nennt insoweit die zahlreichen Kontakte zwischen den großen Natriumchloratherstellern, deren Hauptzweck darin bestanden habe, die Aufteilung ihrer jeweiligen Liefermengen auf den betroffenen räumlichen Märkten und die in den Verträgen mit den Kunden anzustrebenden Zielpreise untereinander auszuhandeln. Der Austausch sensibler Geschäftsinformationen sei ein wesentlicher Bestandteil des kollusiven Verhaltens gewesen, da die Beteiligten dadurch das Marktverhalten ihrer Wettbewerber hätten vorhersehen können. Zur Funktionsweise des Kartells führt die Kommission aus, die Natriumchlorathersteller hätten häufige Kontakte durch zwei- und mehrseitige Zusammenkünfte sowie durch Telefonate unterhalten, ohne jedoch einem vorher festgelegten Schema zu folgen. Auf der höchsten Führungsebene hätten die Gespräche jedoch in mehrseitigen Zusammenkünften, häufig am Rande von Sitzungen der Arbeitsgruppe Natriumchlorat des Rates der Europäischen Chemieindustrie (Conseil européen de l’industrie chimique, im Folgenden: CEFIC), stattgefunden. Schließlich führt die Kommission zum zeitlichen Ablauf aus, die Kontakte zwischen den Wettbewerbern seien gewöhnlich jeweils gegen Ende eines Kalenderjahrs (zwischen Oktober und Dezember) intensiviert worden; in dieser Zeit hätten die Natriumchlorathersteller jeweils mit ihren Kunden Vertragsverhandlungen über das Folgejahr geführt. Im untersuchten Zeitraum seien diese Verhandlungen jedoch häufig über den Beginn des Folgejahrs hinaus, insbesondere noch im Januar und Februar, fortgesetzt worden.

20      Zu dem der Klägerin vorgeworfenen rechtswidrigen Verhalten geht aus den Erwägungsgründen 350 und 356 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass sich die Kommission bei ihrer Würdigung der Beteiligung der Klägerin an den rechtswidrigen Vereinbarungen auf Folgendes stützte: auf die Anträge auf Geldbußenerlass bzw. ‑ermäßigung, auf die schriftlichen Beweise aus dem betreffenden Zeitraum für die Gespräche zwischen der Klägerin und anderen Kartellmitgliedern und schließlich darauf, dass die Klägerin selbst eingestanden habe, an einer rechtswidrigen Zusammenkunft am Rande einer offiziellen Sitzung des CEFIC am 28. Januar 1998 in Brüssel (im Folgenden: rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998) teilgenommen zu haben.

21      Was insbesondere die Beweismittel aus dem Zeitraum der Zuwiderhandlung angeht, macht die Kommission in den Erwägungsgründen 349 und 350 der angefochtenen Entscheidung Folgendes geltend:

„(349) In den Notizen von [Herrn S. (FC)] ist an drei Stellen ein Telefonat mit [der Klägerin] erwähnt. Erstens bestätigt [Herr S. (FC)] am 16. Dezember 1996 in einem Gespräch mit [Herrn S. (EKA)], dass [FC] sich an die für Spanien und Portugal vereinbarten Preise halten würde. Gleichzeitig verweist er auf Gespräche mit [der Klägerin]: ‚[VERTRAULICH]‘(1) (Hervorhebung nur hier, vgl. 130. Erwägungsgrund). Das Zitat ‚[VERTRAULICH]‘ zeigt, dass [Herr S. (FC)] zuvor mit [der Klägerin] ein persönliches Gespräch über Preise geführt hatte, das Teil der Gesamtabsprache unter den Kartellmitgliedern war. Zweitens erwähnt [Herr S. (FC)] in seinen Notizen ein Telefonat zwischen ihm und [Herrn S. (EKA)]: ‚[VERTRAULICH]‘ (Hervorhebung nur hier, vgl. 219. Erwägungsgrund). Das Zitat belegt, dass [Arkema France] direkt mit [der Klägerin] über Preise gesprochen hatte und dass auch dies Teil der Gesamtkoordinierung der Preise war. Und drittens notiert [Herr S. (FC)] zu einem Telefonat vom 9. Dezember 1999: ‚[VERTRAULICH]‘ (Hervorhebung nur hier, vgl. 258. Erwägungsgrund). Diesem Zitat lässt sich entnehmen, dass [Herr S. (FC)] entweder festhält, was [Herr L. (Arkema France)] ihm am Telefon berichtet hat, oder dass er [Herrn L. (Arkema France)] von seinem Gespräch mit [der Klägerin] berichtet. Ob es nun [Herr S. (FC)] oder [Herr L. (Arkema France)] war, der mit [der Klägerin] gesprochen hatte, ist unerheblich, da aus dem Inhalt der Notiz hervorgeht, dass das Gespräch mit [der Klägerin] rechtswidrig war.

(350) Diese Indizien zeigen eindeutig, dass es direkte telefonische Kontakte zu [der Klägerin] gab und dass [diese] somit einen unmittelbaren Beitrag zu den Gesamtabsprachen über die Preise geleistet hat. Zudem hat [die Klägerin] bestätigt, an der [rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998] teilgenommen zu haben, bei der rechtswidrige Gespräche unter den Wettbewerbern geführt wurden (vgl. die Erwägungsgründe 182 und 184). Auf der Grundlage der in dieser Sache abgegebenen mündlichen Erklärungen und der Beweismittel aus dem betreffenden Zeitraum, die auf wettbewerbswidriges Verhalten auf Seiten [der Klägerin] schließen lassen, kommt die Kommission daher zu dem Ergebnis, dass [die Klägerin] an der Gesamtzuwiderhandlung beteiligt war. Unter diesen Umständen ist es an [der Klägerin], Beweise beizubringen, die den wettbewerbskonformen Charakter ihres Verhaltens belegen.“

22      Im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung weist die Kommission auf Folgendes hin:

„Was die anderen Stellen in [der angefochtenen] Entscheidung angeht, an denen [die Klägerin] erwähnt wird, so lässt die Kommission das von [der Klägerin] angeführte Argument gelten, dass die betreffenden Informationen möglicherweise von Dritten stammten und nicht von [der Klägerin] selbst. Die in den Akten der Kommission vorhandenen Beweismittel reichen nicht aus, um schlüssig nachweisen zu können, dass die Informationen in diesen Fällen unmittelbar von [der Klägerin] stammten. Dies wird sich in der Dauer der Zuwiderhandlung niederschlagen, für die [die Klägerin] zur Verantwortung gezogen wird.“

23      Zu der Dauer der Zuwiderhandlung, insbesondere den Zeitpunkten des Beginns und des Endes der Beteiligung der Klägerin, führt die Kommission in den Erwägungsgründen 487 bis 489 der angefochtenen Entscheidung aus:

„(487) EKA und [FC] waren mindestens ab … an den wettbewerbswidrigen Vereinbarungen beteiligt, … und [die Klägerin] mindestens seit dem 16. Dezember 1996 (siehe [Erwägungsgrund 130]). …

(488) Was das Ende der Zuwiderhandlung anbetrifft, so fand nach Wissen der Kommission das letzte wettbewerbswidrige Treffen, an dem EKA, Atochem und [die Klägerin] teilnahmen, am 9. Februar 2000 statt. Bei diesem Treffen distanzierte sich EKA offen von dem Kartell, indem sie bekannt gab, dass sie eine Beteiligung an weiteren Gesprächen mit den Wettbewerbern ablehne. Dies war eine eindeutige Botschaft eines der Teilnehmer, sich nicht mehr an dem Kartell zu beteiligen, und nach Kenntnis der Kommission der letzte maßgebliche Kontakt unter den Natriumchloratherstellern (siehe auch [Erwägungsgrund 283]). Während EKA, Atochem und [die Klägerin] an dem Treffen vom 9. Februar 2000 unmittelbar teilnahmen, enthält die Akte der Kommission keine Beweise dafür, dass [FC] sich vor diesem Tag offen von dem Kartell distanziert hätte (was auch von keiner der Parteien behauptet wird). Folglich ist nach Auffassung der Kommission der 9. Februar 2000 das Datum, an dem das Kartell für alle beteiligten Unternehmen, d. h. EKA, [FC], Atochem und [die Klägerin], endete.

(489) Somit beträgt die Gesamtdauer der in … [der angefochtenen] Entscheidung geschilderten Zuwiderhandlung … im Falle [der Klägerin] und [von] Uralita drei Jahre und einen Monat.“

24      In den Erwägungsgründen 444 und 455 bis 468 der angefochtenen Entscheidung befindet die Kommission zum einen, dass Uralita bestimmenden Einfluss auf die geschäftliche Ausrichtung sowie die generelle Geschäftspolitik der Klägerin ausgeübt habe, und zum anderen, dass die Haftung, die EIA als einziger Aktionärin der Klägerin für die Zuwiderhandlung obliege, infolge der Übernahme von EIA durch Uralita auf diese übergegangen sei. Somit zieht die Kommission in den Erwägungsgründen 469 und 487 bis 489 der angefochtenen Entscheidung die Klägerin und Uralita gesamtschuldnerisch für die Zuwiderhandlung zur Verantwortung, die die Klägerin zwischen dem 16. Dezember 1996 und dem 9. Februar 2000 begangen habe (im Folgenden: fragliche Zuwiderhandlung), d. h. für eine Gesamtdauer von drei Jahren und einem Monat.

25      Hinsichtlich der Bemessung der zu verhängenden Geldbußen geht aus dem 498. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass sich die Kommission auf die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) stützt. Zudem ergibt sich im vorliegenden Fall aus dem 509. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission bei der Berechnung des Umsatzes den Natriumchloratumsatz jedes beteiligten Unternehmens im EWR in dem Geschäftsjahr, das dem letzten vollen Geschäftsjahr des Zeitraums der Zuwiderhandlung entspricht und das am 31. Dezember 1999 endete, zugrunde legt.

26      Hinsichtlich der Ermittlung des Grundbetrags der Geldbuße geht aus den Erwägungsgründen 509 bis 524 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission, was erstens die Schwere der fraglichen Zuwiderhandlung angeht, diese als besonders schwer einstuft, da ihr Marktaufteilungs- und Preisfestsetzungsvereinbarungen zugrunde lägen (512. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass sich der gemeinsame Marktanteil der an dieser Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im Jahr 1999 auf 90 % im EWR belaufen habe (513. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), dass sich diese Zuwiderhandlung auf einen wesentlichen Teil des EWR-Gebiets ausgewirkt habe (514. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und dass schließlich die Vereinbarungen zwar nicht immer uneingeschränkt erfolgreich, aber im Großen und Ganzen doch umgesetzt worden seien (515. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission setzt folglich den bei der Ermittlung des Grundbetrags zugrunde zu legenden Anteil des Umsatzes der beteiligten Unternehmen auf 19 % fest.

27      Zweitens setzt die Kommission den Multiplikationsfaktor für die Dauer der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung nach Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 auf 3,5 fest.

28      Drittens erhöht die Kommission nach dem 523. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, um die Unternehmen von der Beteiligung an horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen wie im vorliegenden Fall abzuschrecken, den Grundbetrag der zu verhängenden Geldbuße gemäß Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 um einen Zusatzbetrag, den sie unter Berücksichtigung der in den Erwägungsgründen 512 bis 515 der angefochtenen Entscheidung erörterten Faktoren auf 19 % festsetzt.

29      Die Kommission gelangt in Art. 1 Buchst. g und h der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Klägerin und Uralita gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen hätten, indem sie sich vom 16. Dezember 1996 bis zum 9. Februar 2000 an Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt hätten, deren Gegenstand die Aufteilung von Liefermengen, die Festsetzung von Preisen, der Austausch sensibler Geschäftsinformationen über Preise und Liefermengen und die Überwachung der Durchführung wettbewerbswidriger Absprachen in Verbindung mit Natriumchlorat im EWR gewesen seien.

30      In Art. 2 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung verhängt die Kommission gegen die Klägerin und Uralita gesamtschuldnerisch eine Geldbuße von 9 900 000 Euro.

31      In Art. 3 der angefochtenen Entscheidung gibt die Kommission den in Art. 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Unternehmen auf, die Zuwiderhandlung einzustellen, soweit dies nicht bereits geschehen ist, und künftig von der Wiederholung der in Art. 1 genannten Handlungen oder Verhaltensweisen sowie von allen Handlungen oder Verhaltensweisen abzusehen, die denselben oder einen ähnlichen Zweck bzw. dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben.

32      In Art. 4 der angefochtenen Entscheidung sind die Adressaten der angefochtenen Entscheidung genannt, darunter die Klägerin.

 Verfahren und Anträge der Parteien

33      Mit Klageschrift, die am 26. August 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

34      Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Außerdem hat das Gericht den Parteien einige Fragen gestellt und die Kommission zur Vorlage bestimmter Unterlagen aufgefordert. Die Parteien haben innerhalb der gesetzten Fristen diese Fragen beantwortet und diesen Aufforderungen Folge geleistet.

35      Mit Schreiben vom 3. September 2010 hat die Kommission eine Stellungnahme zum Sitzungsbericht in der Rechtssache T‑348/08 eingereicht.

36      In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht den Parteien eine Kopie der Seiten 1159 und 1160 der Kommissionsakte übergeben. Die Parteien haben die strikte Übereinstimmung dieser Kopie – abgesehen von der vom Gericht handschriftlich hinzugefügten Nummerierung der Gedankenstriche auf diesen beiden Seiten – mit dem Original auf den Seiten der Kommissionsakte bestätigt.

37      Die mündliche Verhandlung ist am 10. September 2010 geschlossen worden.

38      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung der Kommission für nichtig zu erklären, soweit sie sie betrifft;

–        hilfsweise, die Art. 1 und 2 der Entscheidung dahin abzuändern, dass die gegen sie verhängte Geldbuße für nichtig erklärt oder erheblich herabgesetzt wird;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

39      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Entscheidungsgründe

A –  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

40      Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe. Mit dem ersten rügt sie Rechts- und Beurteilungsfehler, die darin bestehen sollen, dass die Kommission die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen habe. Mit dem zweiten Klagegrund rügt sie Rechts- und Beurteilungsfehler der Kommission bei der Berechnung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße.

1.     Zum ersten Klagegrund: Rechts- und Beurteilungsfehler der Kommission, soweit sie eine Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung vom 16. Dezember 1996 bis 9. Februar 2000 angenommen habe

41      Als ersten Klagegrund macht die Klägerin geltend, dass die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Beweismittel kein rechtlich hinreichender Nachweis für ihre Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung seien. Dieser erste Klagegrund besteht aus zwei Teilen: Die Kommission habe weder nachgewiesen, erstens, dass die Klägerin vom 16. Dezember 1996 bis 9. Februar 2000 unmittelbar an der fraglichen Zuwiderhandlung teilgenommen habe, noch, zweitens, dass sie an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilgenommen habe, die den gesamten EWR betroffen habe.

a)     Vorbringen der Parteien

42      Die Klägerin trägt vor, das Indizienbündel, das die Kommission anführe, um ihr die fragliche Zuwiderhandlung zuzurechnen, beruhe auf dreierlei Beweisen: Der erste bestehe darin, dass die Klägerin eingeräumt habe, an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 mit EKA, FC und Arkema France teilgenommen zu haben. Als zweiter Beweis würden die handschriftlichen Notizen von Herrn S. (FC) (im Folgenden: Notizen von Herrn S. [FC]) herangezogen. Dem dritten lägen die Erklärungen von EKA von 2003 und 2006 zugrunde. Diese drei Beweise reichten jedoch weder einzeln noch zusammen betrachtet für den zweifelsfreien Nachweis ihrer Beteiligung an einem rechtswidrigen Kartell aus.

43      Was als Erstes die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 angeht, bestreitet die Klägerin nicht, an dieser teilgenommen zu haben. Es habe sich um eine völlig informelle Zusammenkunft in den Gängen eines Hotels gehandelt. Sie weist jedoch darauf hin, dass die Anführer des Kartells, wie dies aus den Notizen von Herrn S. (FC) hervorgehe, die auf Seite 1159 der Kommissionsakte zu finden seien, den Angestellten der Klägerin kurz nach Bildung der Gruppe aufgefordert hätten, wegzugehen. Somit könne ihr wegen ihrer teilweisen Teilnahme an einem einzigen Treffen unter den von der Kommission ermittelten 72 wettbewerbwidrigen Kontakten zwischen den Teilnehmern des Kartells nicht eine Beteiligung an den häufigen, hochkomplexen Vereinbarungen zwischen den anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung zugerechnet werden.

44      Was als Zweites die auf die Notizen von Herrn S. (FC) gestützten Beweise aus dem Zeitraum der Zuwiderhandlung angeht, bestünden diese lediglich in drei mittelbaren Hinweisen auf die Klägerin, die im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführt seien. Aus diesem wie auch aus dem 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung gehe nämlich zum einen hervor, dass diese drei in den Notizen von Herrn S. (FC) enthaltenen Hinweise die einzigen Beweise aus dem Zeitraum des Sachverhalts seien, die die Klägerin belasteten. Zum anderen gehe aus dem Wortlaut des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission es selbst nicht für möglich gehalten habe, schlüssig nachzuweisen, dass die anderen Informationen in den die Klägerin betreffenden Notizen von Herrn S. (FC) unmittelbar von der Klägerin stammten.

45      Die anderen in den Anträgen auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit enthaltenen Erklärungen, denen die Kommission in ihren Schriftsätzen höheren Stellenwert als den drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Hinweisen einräumen wolle, könnten anders ausgelegt werden, als die Kommission meine, und ließen nicht den Schluss zu, dass die Klägerin an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilgenommen habe. Schließlich stütze sich die Kommission auch auf andere Beweismittel, die zum einen nicht in der angefochtenen Entscheidung angeführt seien und zum anderen keinerlei Verschulden der Klägerin bewiesen, was erkläre, warum sie in der angefochtenen Entscheidung übergangen worden seien. Insbesondere macht die Klägerin geltend, die Kommission behaupte in der Klagebeantwortung, dass die angefochtene Entscheidung nicht nur auf die drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Stellen gestützt sei, sondern auch auf andere sie betreffende Stellen der Notizen von Herrn S. (FC). Dies laufe darauf hinaus, dass jeder Hinweis auf die Klägerin als unmittelbar gegen sie gerichtete Behauptung anzusehen sei. Die Kommission verweise zwar, was diese anderen Stellen der Notizen von Herrn S. (FC) angehe, für die gegen die Klägerin erhobenen Anschuldigungen auf den „eindeutigen Wortlaut der [angefochtenen] Entscheidung“, doch seien diese Stellen entweder Beweismittel, die die Klägerin entlasteten, oder sie seien kein Beweis für ihre Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung.

46      Schließlich habe die Kommission – entgegen dem 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wo es in Bezug darauf, dass die anderen Informationen, die auf den Notizen von Herrn S. (FC) beruhten, möglicherweise von Dritten stammten und nicht von der Klägerin selbst, heiße: „Dies wird sich in der Dauer der Zuwiderhandlung niederschlagen, für die [die Klägerin] zur Verantwortung gezogen wird“ – die Dauer der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung nicht anders berechnet als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte. Folglich gebe die in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Dauer den Umfang ihrer angeblichen Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung nicht zutreffend wieder, und die Kommission habe insoweit keine Anpassungen vorgenommen oder Zugeständnisse gemacht, um der dürftigen Beweislage Rechnung zu tragen.

47      Der erste Hinweis auf die Klägerin im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung beziehe sich auf ein Telefonat, das am 16. Dezember 1996 zwischen Herrn S. (FC) und Herrn S. (EKA) geführt worden sei, in dem Herr S. (FC) ein Gespräch zwischen ihm und der Klägerin über die Preise in Spanien erwähnt habe. Dieser erste Hinweis sei kein zweifelsfreier Beweis dafür, dass sie an einem Kartell beteiligt gewesen sei. Denn zum einen habe der betroffene Angestellte verneint, mit Herrn S. (FC) außerhalb der offiziellen allgemeinen Mitgliederversammlungen des CEFIC in Kontakt gewesen zu sein. Zum anderen entspreche dieser Hinweis lediglich dem Inhalt eines Gesprächs mit EKA über die Klägerin. Schließlich sprächen die anderen Beweismittel nicht für eine Teilnahme der Klägerin an einer Vereinbarung über die Preise während des Zeitraums der Verhandlungen vor Unterzeichnung der Verträge über Natriumchlorat für das erste Quartal 1997. Wäre die Klägerin damals an einem Kartell beteiligt gewesen, wäre dies in den Notizen von Herrn S. (FC) öfter und nicht nur mittelbar erwähnt worden.

48      Der zweite Hinweis auf die Klägerin beziehe sich auf ein Telefonat, das am 4. Dezember 1998 zwischen Herrn S. (FC) und Herrn S. (EKA) geführt worden sei, in dem Herr S. (EKA) ein Gespräch zwischen ihm und Arkema France über die Preise in Portugal erwähnt habe. In diesem Gespräch habe Arkema France gegenüber Herrn S. (EKA) angegeben, dass sie sich an einen Angestellten der Klägerin gewandt habe. Dieser Gesprächsauszug sei kein Hinweis auf ihre Beteiligung an dem Kartell, sondern könnte vielmehr als Anhaltspunkt dafür zu verstehen sein, dass die Klägerin aufgefordert worden sei, ihre Preise nicht zu senken. Im Übrigen weist die Klägerin darauf hin, dass ihr Name in dem Antrag von Arkema France auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit (gestellt in der Anhörung von Herrn L. [Arkema France] am 24. September 2004) im Rahmen der Gespräche, die ab Mitte 1998 bis Mai 2000 stattgefunden hätten, nicht vorkomme. Zudem gebe dieser Gesprächsauszug eine Erklärung von Arkema France wieder, die mit FC in unmittelbarem Wettbewerb stehe. Der Klägerin erscheint es daher vorstellbar, dass Arkema France als aggressive Wettbewerberin von FC bei dem Gespräch mit Herrn S. (EKA) möglicherweise ein Interesse daran gehabt habe, ihn zu der Annahme zu bewegen, dass der Preis nicht sinken werde und FC das Vorjahresniveau einzuhalten habe. Schließlich habe sie im Jahr 1998 ihre Lieferpreise für Natriumchlorat in Portugal gesenkt. Somit sei der zweite Hinweis nicht nur kein Beweis dafür, dass die Klägerin an den Gesprächen in dem betreffenden Zeitraum teilgenommen habe, sondern entlaste die Klägerin überdies, da er dafür spreche, dass sie ihr Verhalten nicht mit dem der Kartellmitglieder koordiniert habe.

49      Der dritte Hinweis auf die Klägerin beziehe sich auf ein Telefonat vom 9. Dezember 1999 zwischen Herrn S. (FC) und Herrn L. (Arkema France), in dem einer von diesen angegeben habe, mit der Klägerin gesprochen zu haben. Der Umstand, dass jemand mit ihr gesprochen habe, bedeute für sich allein nicht, dass sie sich rechtswidrig verhalten habe. Da sie nämlich als ein Unternehmen angesehen worden sei, das sich weigere, zu kooperieren, könnten die anderen Kartellmitglieder es für erforderlich gehalten haben, mit ihr zu sprechen, um sie „auf Linie zu bringen“. Überdies werde auch dieser dritte Hinweis durch die in der Anhörung von Herrn L. (Arkema France) abgegebenen Erklärungen widerlegt, in denen dieser die Klägerin für die Zeit ab Mitte 1998 bis Mai 2000 nicht mehr als Kartellbeteiligte anführe.

50      Was als Drittes die Erklärungen von EKA von 2003 und 2006 angeht, weist die Klägerin darauf hin, dass in diesen der Kommission zufolge „die Beteiligung [der Klägerin] hinsichtlich der Kunden in Spanien, Frankreich und Portugal“ erläutert werde. FC und Arkema France erhöben jedoch keine solche Anschuldigung.

51      Erstens gehe aus den Erklärungen von EKA von 2003 hervor, dass die Hauptbeteiligten des Kartells EKA, FC und Arkema France gewesen seien. Die Klägerin habe sich an den Vereinbarungen in einem geringeren Umfang beteiligt. Zudem nenne die Kommission im 358. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und der dazugehörigen Fn. 391 spezifisch die Erklärungen von EKA von 2003. Die Klägerin zitiert und kommentiert insoweit drei Stellen dieser Erklärungen, die sich auf Spanien, Frankreich und Portugal beziehen. Diese drei Stellen seien die maßgeblichen Stellen der Erklärung von EKA, die deren Behauptung erklärten, dass die Klägerin entsprechend ihrer Marktposition und ihren Geschäftsinteressen auf dem Markt der Kunden in Spanien, Frankreich und Portugal an dem Kartell beteiligt gewesen sei.

52      Nach der ersten Stelle, die Spanien betreffe, habe EKA insbesondere erklärt, dass „[VERTRAULICH]“. Die Klägerin macht hierzu geltend, es sei nur natürlich, dass sie, wenn sie in Spanien Marktanteile verliere, versuche, Kunden auf Nachbarmärkten, wie etwa Frankreich und Portugal, zu gewinnen. Dies sei ein normales Verhalten auf einem Markt, der den Wettbewerbsregeln unterliege. Es gebe somit eine andere Auslegung als die der Kommission, eine Auslegung, die dem normalen Marktverhalten entspreche.

53      Der zweiten Stelle zufolge, die Frankreich betreffe, habe EKA insbesondere erklärt, dass „[VERTRAULICH]“. Die Kommission leite aus dieser Erklärung her, dass es in Frankreich zweiseitige Vereinbarungen über die Aufteilung der Mengen zwischen Arkema France und den anderen Herstellern als EKA gegeben habe. Die Klägerin macht daher geltend, diese Erklärung von EKA sei nur auf ein Gerücht gestützt, da EKA die Beteiligung der Klägerin an Vereinbarungen behaupte, an denen sie selbst nicht beteiligt gewesen sei. Die in dieser Erklärung enthaltenen Informationen könnten somit nur von Dritten, wie etwa Arkema France, stammen. Arkema France habe jedoch in ihrem Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit keine gesonderte Vereinbarung mit der Klägerin erwähnt. Die Erklärung eines Dritten, der behaupte, dass es eine Vereinbarung gebe, die „offenbar“ von anderen Herstellern geschlossen worden sei, könne nicht die Überzeugung begründen, dass es eine solche Vereinbarung gebe. Somit sei diese Stelle der Erklärung von EKA nicht hinreichend klar, um daraus die Beteiligung der Klägerin an der Begehung der fraglichen Zuwiderhandlung herzuleiten.

54      Nach der dritten Stelle, die Portugal betreffe, habe EKA insbesondere erklärt, dass „[VERTRAULICH]“. Weiter habe EKA die Mengen angegeben, die EKA, Arkema France und FC untereinander aufgeteilt hätten. Die Klägerin behauptet, sie verstehe nicht, inwiefern diese Erklärung einen Beweis gegen sie darstellen könne, wo sich daraus doch nur die Beteiligung von EKA, Arkema France und FC an einer Vereinbarung über die Mengen ergebe.

55      Zweitens seien die Erklärungen von EKA von 2006 nach einer Aufforderung der Kommission formuliert worden. Die Klägerin bleibt trotz des Gegenvorbringens der Kommission bei ihrer Behauptung, dass in diesen Erklärungen von 2006 einige Fehler korrigiert würden und sogar einigen Behauptungen widersprochen werde, die in den früheren Erklärungen von EKA, insbesondere jenen von 2003, enthalten seien. So habe EKA in ihren Erklärungen von 2006 angegeben, dass die Klägerin nur an einer statt fünf Zusammenkünften teilgenommen habe. Außerdem gebe EKA nicht mehr an, dass die Klägerin und Arkema France ihre Marktanteile in Frankreich in einer gesonderten Vereinbarung aufgeteilt hätten. Im Übrigen weist die Klägerin darauf hin, dass die neue Erklärung von EKA, was den spanischen Markt angehe, ihre Auffassung stütze, dass die von der Kommission beanstandeten Verhaltensweisen völlig natürlich seien. Auch sei die Klägerin in den Erklärungen von EKA von 2006 in Bezug auf die Märkte von Spanien, Portugal und Frankreich nicht spezifisch erwähnt. EKA habe zwar erklärt, dass die Klägerin an den Vereinbarungen beteiligt gewesen sei, mache aber insoweit keine spezifische Angabe. Während die Erklärungen von EKA zu Unrecht Anschuldigungen gegen die Klägerin enthielten, an fünf Zusammenkünften teilgenommen zu haben, habe die Kommission es sorgfältig vermieden, dies in der angefochtenen Entscheidung zugrunde zu legen. Dass sie lediglich namentlich erwähnt werde, entlaste die Klägerin, da dies bedeute, dass EKA und FC beschlossen hätten, ihre Preise nicht zu erhöhen, sofern die Klägerin, Arkema France und [VERTRAULICH] ihnen nicht folgten.

56      Die Klägerin zieht daraus den Schluss, dass die Unstimmigkeiten zwischen den Erklärungen von EKA von 2003 und von 2006 geeignet seien, die Zweifel an der Richtigkeit und dem Beweiswert dieser Erklärungen noch zu verstärken. Sie könnten daher das Gericht nicht zu der festen Überzeugung gelangen lassen, dass die Klägerin eine Zuwiderhandlung begangen habe. Überdies würden in diesen Erklärungen keine Zusammenkünfte oder Telefonate mit der Klägerin erwähnt. Sie reichten somit nicht aus, um der Klägerin die Verantwortlichkeit für eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG zuzurechnen.

57      Im Übrigen macht die Klägerin als Viertes geltend, die Kommission habe zu Unrecht den 9. Februar 2000 als Endzeitpunkt ihrer angeblichen Kartellbeteiligung zugrunde gelegt. Die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweise zeigten lediglich, dass die Klägerin an der offiziellen CEFIC‑Sitzung vom 9. Februar 2000 teilgenommen habe, was sie nicht bestreite. Dagegen habe die Kommission nicht bewiesen, dass die Klägerin an einer rechtswidrigen Zusammenkunft teilgenommen habe, die am Rande der CEFIC‑Sitzung vom 9. Februar 2000 stattgefunden habe (im Folgenden: rechtswidrige Zusammenkunft vom 9. Februar 2000). So sei erstens die Erklärung von Herrn S. (EKA) in der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000, dass EKA eine Beteiligung an weiteren Gesprächen mit den Wettbewerbern ablehne, kein hinreichender Beweis dafür, dass sie selbst an dieser Zusammenkunft teilgenommen habe. Zweitens hätten zum einen weder Arkema France noch FC eine solche Erklärung erwähnt, und zum anderen habe ihr Angestellter bekräftigt, keine solche Erklärung vernommen zu haben. Drittens könnten die Gespräche vom 20., 21. und 24. Januar 2000, auf die die Kommission im 283. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung verweise, nicht als Beweis gegen die Klägerin oder als tauglich angesehen werden, um ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 zu beweisen. Viertens ergebe sich aus Anhang I der angefochtenen Entscheidung, dass sie nicht als Teilnehmerin der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 genannt worden sei; diese Nichtnennung könne nicht auf einem bloßen Schreibfehler beruhen.

58      Die Klägerin gelangt im ersten Teil des ersten Klagegrundes zu dem Ergebnis, dass die in der angefochtenen Entscheidung gegen sie herangezogenen Beweismittel nicht hinreichend genau und übereinstimmend seien, um zu der festen Überzeugung zu führen, dass sie an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei.

59      Unter diesen Umständen hätte die Kommission erstens, da im vorliegenden Fall noch Zweifel an der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung bestünden, nach dem Grundsatz in dubio pro reo davon absehen müssen, ihr eine Beteiligung an dieser Zuwiderhandlung zuzurechnen.

60      Zweitens sei die Befugnis der Kommission zur Feststellung von Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG mittlerweile gestärkt worden. So würden ihr durch die Verordnung Nr. 1/2003 neue, stärkere Befugnisse verliehen. Zudem könne sie durch die neuen Kronzeugenprogramme nunmehr wesentliches schriftliches Beweismaterial beschaffen. Überdies ermögliche der technische Fortschritt auf dem Gebiet der Informatik auch der Kommission komplexe elektronische Suchvorgänge. Schließlich habe es die Kommission im vorliegenden Fall nicht für erforderlich gehalten, ihre Untersuchung zu vertiefen und hierzu eine Nachprüfung in ihren Räumlichkeiten oder denen anderer Adressaten der angefochtenen Entscheidung durchzuführen.

61      Angesichts dieser stärkeren Befugnisse hätte die Kommission hohe Beweisanforderungen einhalten müssen. Da sie dieses Anforderungsniveau nicht eingehalten habe, hätte sie im vorliegenden Fall, wie sie dies bei kleinen Herstellern, die sich in einer ähnlichen Lage wie die Klägerin befunden hätten, getan habe, den verbleibenden Zweifel zugunsten der Klägerin gehen lassen müssen. Die Kommission hätte ihr somit weder eine Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung zurechnen noch gegen sie eine Geldbuße festsetzen dürfen. Jedenfalls habe die Kommission, obwohl zwischen den drei Hauptherstellern über [VERTRAULICH] in vergleichbarem Umfang Informationen ausgetauscht worden seien wie über die Klägerin, nur gegen sie eine Geldbuße festgesetzt. Infolgedessen habe die Kommission gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen.

62      Die Kommission hält das Vorbringen der Klägerin für nicht stichhaltig.

63      Die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweise zeigten, dass die Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung teilgenommen habe. Es handele sich dabei um dreierlei Beweise, nämlich die Klägerin belastende Erklärungen von Kartellmitgliedern, umfangreiche Notizen von Herrn S. (FC) aus dem Zeitraum des Sachverhalts und schließlich das Eingeständnis der Klägerin, an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 teilgenommen zu haben, das durch andere diese Zusammenkunft betreffende Beweise gestützt werde.

64      Was als Erstes die Erklärungen von Kartellmitgliedern angeht, seien diese kurz nach Beendigung des Kartells abgegeben worden, und sie stimmten weitgehend untereinander und mit den Notizen von Herrn S. (FC) aus dem betreffenden Zeitraum überein. Anders als die Klägerin vortrage, bestehe für Unternehmen, die die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit beantragten, nicht zwangsläufig ein Anreiz, in Bezug auf die anderen Beteiligten des beanstandeten Kartells verfälschte Beweise vorzulegen.

65      Was als Zweites die Notizen von Herrn S. (FC) aus dem betreffenden Zeitraum angeht, bestreitet die Kommission die Behauptung der Klägerin in Bezug auf den 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass gegen die Klägerin lediglich drei Stellen der Notizen von Herrn S. (FC) herangezogen worden seien, so dass jeglicher sonstige Hinweis unbeachtlich sei. Sie stütze sich nämlich zusätzlich zu den drei Auszügen, auf die sich die Klägerin beziehe, wiederholt auf andere Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC), so z. B. in den Erwägungsgründen 150, 220, 229, 256, 305, 319 und 347 der angefochtenen Entscheidung. In der Erwiderung habe die Klägerin lediglich ihre Beanstandung der Stichhaltigkeit dieser Beweise auf den im 150. Erwägungsgrund erwähnten Auszug aus den Notizen von Herrn S. (FC) eingegrenzt und diesen Auszug dabei verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen. Hinsichtlich der sechs anderen Erwägungsgründe räume die Klägerin den unmittelbar belastenden Charakter ein, behaupte jedoch, dass sie in der angefochtenen Entscheidung nicht unter den das Jahr 1997 betreffenden Tatsachenfeststellungen genannt sei. Diese letztgenannte Behauptung sei falsch, und die Kommission habe in der Klagebeantwortung zu Recht davon ausgehen dürfen, dass 1997 zwischen der Klägerin und den Kartellmitgliedern regelmäßig Telefonate geführt worden seien.

66      Im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung würden die Argumente der Klägerin, mit denen sie ihre Nichtbeteiligung am Kartell dartun wolle, widerlegt, und dieser Erwägungsgrund dürfe nicht mit den Erwägungsgründen, etwa den Erwägungsgründen 305 und 319, in denen die Kommission ihre Argumentation zulasten der Klägerin ausführlich darlege, vermengt werden. Überdies habe die Kommission diese drei im 349. Erwägungsgrund angeführten Hinweise hervorgehoben, weil es sich um besonders überzeugende und damit wesentliche Beweismittel handele, mit denen sich zeigen lasse, dass die Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung, nämlich einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung mit europaweiter Ausdehnung, teilgenommen habe, weil die Klägerin diese Erklärungen nicht bestritten habe und weil diese Beweise aus dem Zeitraum des Sachverhalts die Klägerin besonders belasteten, wobei sie jedoch nicht das einzige von der Kommission gesammelte Beweismaterial darstellten.

67      Was als Drittes den 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeht, habe die Kommission dort ausdrücklich zwischen den verschiedenen Auszügen aus den Notizen von Herrn S. (FC) nach ihrem Beweiswert differenziert, um u. a. die Dauer der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung zu bestimmen. Sie habe jedoch in diesem 352. Erwägungsgrund ausgeführt, dass es für sie schwer geworden wäre, das kollusive Verhalten schlüssig nachzuweisen, wenn sie sich auf andere Hinweise auf die Klägerin als die im 349. Erwägungsgrund genannten beschränkt hätte. Aus diesem Grund habe sie beschlossen, sie nicht zu berücksichtigen, um die Dauer der Beteiligung der Klägerin an dem Kartell auszuweiten. Aber auch wenn diese anderen Hinweise auf die Klägerin für sich allein betrachtet nicht schlüssig sein sollten, gehörten sie doch jedenfalls zu einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien, die die Kommission bei ihrer Analyse der Beteiligung der Klägerin an dem Kartell habe heranziehen dürfen.

68      In der Gegenerwiderung trägt die Kommission zum 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung noch vor, die Klägerin übersehe die Erwägungsgründe 305 und 319 der angefochtenen Entscheidung, in denen die anderen Auszüge aus den Notizen von Herrn S. (FC) ausdrücklich als Beweismittel gegen sie erwähnt seien. Ferner berücksichtige sie nicht die Erwägungsgründe 357 und 358 der angefochtenen Entscheidung, die belegten, dass die Kommission ihre Vorwürfe gegen die Klägerin auf die Notizen von Herrn S. (FC) in ihrer Gesamtheit und nicht nur auf die drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Hinweise stütze. Nach der Rechtsprechung habe der Umstand, dass eine Information nicht aus erster Hand stamme oder von zweitrangiger Bedeutung sei, keine Auswirkung auf die Möglichkeit, sie als Beweismittel zu verwenden. Die in den Notizen von Herrn S. (FC) bestehenden Beweise aus dem Zeitraum der Zuwiderhandlung seien gegenüber den anderen in den Akten vorhandenen Beweismitteln gegen die Klägerin stimmig und von den Parteien, auch der Klägerin, weitgehend akzeptiert worden.

69      Schließlich enthalte der 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung keinerlei Zusage, dass für die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung eine andere Dauer als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte zugrunde gelegt werde. Im Übrigen seien die in der angefochtenen Entscheidung verwendeten Beweismittel entgegen den Behauptungen der Klägerin dieselben wie die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte herangezogenen.

70      Als Viertes macht die Kommission an erster Stelle geltend, die angefochtene Entscheidung beruhe auf allgemeinen Beweisen von EKA, Arkema France und FC, aus denen sich die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell sowie dessen Merkmale zweifelsfrei ergäben.

71      An zweiter Stelle zählt die Kommission eine Reihe von spezifischen Beweisen für die Kontakte zwischen der Klägerin und den anderen Kartellmitgliedern auf.

72      Erstens gehe aus den Notizen von Herrn S. (FC) über sein Telefonat vom 16. Dezember 1996 mit Herrn S. (EKA) hervor, dass er vorher mit der Klägerin gesprochen habe. Diese habe diesen Beweis in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht bestritten. Zudem bestreite die Kommission die von der Klägerin gegen diesen Beweis nunmehr erhobenen Einwände.

73      Zweitens zeigten in Bezug auf die Beweise für das Kalenderjahr 1997 die auf den 10. und 14. Januar 1997 datierten Auszüge aus den Notizen von Herrn S. (FC) aus dem betreffenden Zeitraum die Irritation der Klägerin angesichts der Versuche von FC, sich in Spanien und Portugal einen höheren Marktanteil zu sichern. Weiter ergebe sich aus einer Notiz von Herrn S. (FC) vom 14. Oktober 1997 über eine zweiseitige Zusammenkunft vom selben Tag zwischen EKA und FC in Turku (Finnland) (im Folgenden: Zusammenkunft von Turku vom 14. Oktober 1997), dass FC und EKA Mühe hatten, insbesondere der Klägerin die Notwendigkeit einer Erhöhung der Preise um 1,5 % zum Inflationsausgleich zu erklären. Ebenfalls in Bezug auf diese Zusammenkunft von Turku gehe aus einer Erklärung von EKA hervor, dass angesichts der Steigerung des Absatzes von FC in Spanien mit Vergeltungsmaßnahmen der spanischen Hersteller zu rechnen gewesen sei und EKA und FC vereinbart hätten, ihre Preise nicht zu erhöhen, falls ihnen insbesondere die Klägerin nicht folgen würde.

74      Drittens habe die Klägerin, wie bereits erwähnt, eingeräumt, an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 teilgenommen zu haben. Die Notizen von Herrn S. (FC) zeigten, dass die Parteien über die Natriumchloratmärkte in mehreren Ländern sowie über Marktanteile und Preise gesprochen hätten. Zunächst habe die Kommission in ihren Schriftsätzen die Auffassung vertreten, die Akten enthielten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Teilnahme der Klägerin an dieser Zusammenkunft ein neuer oder außergewöhnlicher Gesichtspunkt sei. Dann habe die Kommission jedoch in ihrer Stellungnahme zum Sitzungsbericht ausdrücklich anerkannt, dass diese Teilnahme der Klägerin einen neuen Gesichtspunkt darstelle. Die Klägerin habe allerdings nicht dargetan, dass sie an dieser Zusammenkunft unter einem anderen Blickwinkel als die anderen Kartellmitglieder teilgenommen und sich offen distanziert habe. Die Behauptung der Klägerin zum informellen Charakter der Zusammenkunft werde zum einen durch die Tatsache widerlegt, dass sie mehrere Wochen vorher anberaumt worden sei, und zum anderen durch die ausführlichen Notizen von Herrn S. (FC). Anders als die Klägerin fälschlich annehme, gehe aus dem 183. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Parteien über Belgien, Spanien, Frankreich und Portugal erschöpfend (und nicht ausschließlich) gesprochen hätten. Aus den Notizen von Herrn S. (FC) gehe nicht hervor, dass die Anführer des Kartells die Klägerin aufgefordert hätten, wegzugehen. Vielmehr zeigten die Notizen von Herrn S. (FC), dass die Prüfung der Märkte Spaniens, Frankreichs und Portugals während eines großen Teils der Zusammenkunft durch Gespräche über andere Märkte unterbrochen worden sei, so dass es wahrscheinlich sei, dass die Klägerin während der gesamten Zusammenkunft anwesend gewesen sei. Schließlich seien in Anhang I der angefochtenen Entscheidung zwangsläufig nur die Kontakte aufgeführt, von denen der Kommission das tatsächliche Datum bekannt sei, so dass es weitere Kontakte unter Beteiligung der Klägerin gebe, für die Beweismittel vorhanden seien, aber kein genaues Datum genannt sei.

75      Viertens hätten Herr L. (Arkema France) und Herr S. (FC) im Oktober und November 1998 wiederholt am Telefon über den Marktanteil der Klägerin in Portugal gesprochen.

76      Fünftens erkläre die Klägerin in Bezug auf das Telefonat vom 4. Dezember 1998 zwischen Herrn S. (FC) und Herrn S. (EKA) nicht, wie solche Kontakte im Rahmen des normalen Geschäftsgangs hätten stattfinden können, und sie räume im Übrigen ein, dass sie aufgefordert worden sei, ihre Preise nicht zu senken, eine wettbewerbswidrige Aufforderung, der sie nachgekommen sei. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin gehe aus der Erklärung von Herrn L. (Arkema France) nicht hervor, dass die Klägerin das Kartell am Ende des ersten Zeitraums Oktober 1994 bis Mitte 1998 – gegenüber einem angeblichen zweiten Zeitraum Mitte 1998 bis Mai 2000 – verlassen habe, zumal dieser Auslegung umfangreiches Beweismaterial entgegenstehe.

77      Sechstens habe die Klägerin nur die Preissenkungen in Portugal in den Jahren 1999 und 2000 erwähnt, ohne anzugeben, dass ihre Preise von 1993 bis 1997 gestiegen und 1998 beibehalten worden seien. Die Preissenkung im Jahr 1999 könne durch den Preiskrieg zu erklären sein, der in Portugal nach einem Konflikt wegen eines Kunden ausgebrochen sei. Erneut sei die Klägerin trotz der Schwächung des Kartells im Jahr 1999 aktiv geblieben und habe sich, wie aus den Notizen von Herrn S. (FC) über seine Telefonate vom 16. Juni und 6., 9. und 22. Dezember 1999 mit Herrn L. (Arkema France) hervorgehe, weiter daran beteiligt. Diesen drei Notizen zufolge habe ein unmittelbarer Kontakt mit der Klägerin bestanden, und entgegen deren Vorbringen deute nichts darauf hin, dass sie nicht kooperiert habe, so dass die anderen Mitglieder versucht hätten, sie auf Linie zu bringen.

78      Siebtens ergebe sich aus den Notizen von Herrn S. (FC) über sein Telefonat vom 22. Dezember 1999 mit Herrn L. (Arkema France), dass die Klägerin noch Ende Dezember 1999 an rechtswidrigen Kontakten mit ihren Wettbewerbern beteiligt gewesen sei. Ebenso zeigten die Notizen von Herrn S. (FC) über die Telefonate vom Januar 2000, wie sie in der angefochtenen Entscheidung zusammengefasst seien, dass die Kartellmitglieder ihre Standpunkte weiter koordinierten.

79      Achtens schließlich beruhe der Umstand, dass die Klägerin in Anhang I der angefochtenen Entscheidung nicht unter den Teilnehmern der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 angeführt sei, auf einem Schreibfehler, da die Kommission ihre Anwesenheit bei dieser Zusammenkunft in den Erwägungsgründen 283 und 488 der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe. Dass die Klägerin die Erklärung von EKA am Rande der offiziellen CEFIC‑Sitzung, dass sie eine Beteiligung an weiteren Gesprächen mit den Wettbewerbern ablehne, nicht vernommen habe, sei unerheblich, da das Kartell an diesem Tag beendet worden sei. Im Übrigen stelle die Angabe, dass sie diese Erklärung nicht vernommen habe, ein wichtiges Indiz für ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 dar.

80      An dritter Stelle bestreitet die Kommission die Stichhaltigkeit der Argumente der Klägerin zu den mündlichen Erklärungen von EKA.

81      Erstens habe sie im 319. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung umfassend auf die Erklärungen von EKA von 2003 verwiesen und nicht auf die drei Stellen, die die Klägerin in ihrer Klageschrift entsprechend ihren Interessen genannt habe.

82      Was die erste von der Klägerin genannte Stelle betreffend den spanischen Markt angehe, entspreche das Verhalten der Klägerin auf dem französischen Markt, das die Klägerin als bei Verlusten von Marktanteilen in Spanien vertretbar beschreibe, nicht einem normalen Marktverhalten, sondern stelle eine Drohung im Rahmen der kollusiven Vereinbarungen dar, was offensichtlich eine allgemeine Vereinbarung über die Marktanteile voraussetze. Zudem verweist die Kommission auf die Rechtsprechung, wonach zum einen der Umstand, dass ein Unternehmen die im Rahmen des Kartells getroffenen Vereinbarungen punktuell nicht einhalte, nicht geeignet sei, es von seiner Verantwortung zu entlasten, sofern es sich von den Vereinbarungen nicht offen distanziere, und zum anderen der Umstand, dass es die anderen Kartellmitglieder bewusst habe täuschen können, es nicht von der Haftung für die Begehung einer Zuwiderhandlung befreie.

83      Was die zweite von der Klägerin genannte Stelle betreffend den französischen Markt angehe, behaupte die Klägerin zu Unrecht, dass die Erklärungen von EKA auf einem Gerücht beruhten, das diese verbreitet habe. Die genannte Stelle zeige nämlich insgesamt betrachtet, dass EKA bekannt war, dass über den französischen Markt eine separate zweiseitige Abmachung bestanden habe.

84      Die dritte von der Klägerin genannte Stelle betreffend den portugiesischen Markt sei in der angefochtenen Entscheidung nicht erwähnt, und die Klägerin werde durch sie weder be‑ noch entlastet.

85      Zweitens würden, anders als die Klägerin behaupte, die Erklärungen von EKA von 2003 nicht durch die Erklärungen von EKA von 2006 berichtigt. Deren Zweck sei es gewesen, einige frühere Erklärungen im Detail zu bestätigen. Sie stimmten sämtlich mit jenen von 2003 überein, die umfassendere Informationen gäben. Aus den Erklärungen von EKA von 2006 gehe hervor, dass EKA erneut die Klägerin als eine der Kartellbeteiligten erwähne, ausführlich beschreibe, wie diese die Preisziele festsetzten und den Markt aufteilten, andeute, dass die Klägerin schon vor dem in der angefochtenen Entscheidung als Beginn ihrer Beteiligung angenommenen Zeitpunkt teilgenommen habe, und bestätige, dass die Klägerin als Antwort auf das Verhalten von FC Vergeltungsmaßnahmen auf dem französischen Markt ergriffen habe. Die Erklärungen von EKA von 2006 enthielten somit nichts, was die Klägerin entlasten könnte.

86      An vierter Stelle bestreitet die Kommission, durch Verhängung der Sanktion gegen die Klägerin gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen zu haben. Die Lage der Klägerin sei nämlich nicht mit der anderer kleiner Natriumchlorathersteller vergleichbar. Insbesondere habe sie zum einen eingeräumt, an einem Kartelltreffen teilgenommen zu haben, zum anderen hätten die anderen Kartellmitglieder sie als Kartellmitglied genannt, und schließlich könnten ihr anhand der Notizen von Herrn S. (FC) aus dem Zeitraum der Zuwiderhandlung Tatsachen zur Last gelegt werden, was bei anderen kleinen Unternehmen nicht der Fall sei. Jedenfalls berechtige nach der Rechtsprechung der Umstand, dass die Kommission gegenüber einem Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer ähnlichen Lage wie ein Kläger befinde, keine Zuwiderhandlung festgestellt habe, nicht dazu, von der Feststellung der Beteiligung dieses Klägers an der ihm zur Last gelegten Zuwiderhandlung, sofern diese ordnungsgemäß nachgewiesen worden sei, abzusehen.

87      Das angeführte Indizienbündel reiche somit zum Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung aus; der erste Teil des ersten Klagegrundes sei daher zurückzuweisen.

b)     Würdigung durch das Gericht

88      Ihren Schriftsätzen zufolge streiten die Parteien zum einen darüber, welche Beweismittel die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung herangezogen hat, und zum anderen darüber, welcher Beweiswert diesen Beweismitteln für diese Beteiligung zukommt.

89      Erstens sind einige allgemeine Erwägungen zum Beweis anzustellen, zweitens ist festzustellen, welche Beweismittel in der angefochtenen Entscheidung für die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung herangezogen wurden, drittens ist deren Beweiswert zu beurteilen, und viertens ist anhand dieser Beurteilung darüber zu befinden, ob das Indizienbündel, auf das sich die Kommission für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung stützt, genau und übereinstimmend ist.

 Allgemeine Erwägungen zum Beweis

90      Was den Nachweis eines Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG betrifft, hat die Kommission die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen und die Beweismittel beizubringen, die das Vorliegen der eine Zuwiderhandlung darstellenden Tatsachen rechtlich hinreichend beweisen (Urteile des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 58, und vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 86).

91      Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG nur die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Handlung nachzuprüfen hat (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 174).

92      Demnach besteht die Rolle des Richters, der mit einer Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung der Kommission befasst wird, mit der eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt worden ist und den Adressaten der Entscheidung Geldbußen auferlegt worden sind, in der Prüfung, ob die von der Kommission in ihrer Entscheidung angeführten Beweise und sonstigen Darlegungen genügen, um das Vorliegen der festgestellten Zuwiderhandlung zu beweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, „PVC II“, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, Randnr. 891).

93      Dem Richter verbleibende Zweifel müssen dem Unternehmen, an das die eine Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung gerichtet ist, zugutekommen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1978, United Brands und United Brands Continentaal/Kommission, 27/76, Slg. 1978, 207, Randnr. 265). Der Richter kann also, besonders im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung einer eine Geldbuße verhängenden Entscheidung, nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kommission die betreffende Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn ihm in dieser Frage ein Zweifel verbleibt (Urteil des Gerichts JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 177).

94      In diesem Fall ist nämlich die Unschuldsvermutung zu berücksichtigen, die sich u. a. aus Art. 6 Abs. 2 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergibt und die zu den Grundrechten gehört, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, die im Übrigen durch die Präambel der Einheitlichen Europäischen Akte, durch Art. 6 Abs. 2 des Vertrags über die Europäische Union und durch Art. 47 der am 7. Dezember 2000 in Nizza verkündeten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) bekräftigt worden ist, in der Rechtsordnung der Union geschützt sind. Angesichts der Art der fraglichen Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt die Unschuldsvermutung auch in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, in denen Geldbußen oder Zwangsgelder verhängt werden können (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteile Öztürk vom 21. Februar 1984, Serie A Nr. 73, und Lutz vom 25. August 1987, Serie A Nr. 123-A; Urteile des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hüls/Kommission, C‑199/92 P, Slg. 1999, I‑4287, Randnrn. 149 und 150, und Montecatini/Kommission, C‑235/92 P, Slg. 1999, I‑4539, Randnrn. 175 und 176).

95      Daher muss die Kommission genaue und übereinstimmende Beweise beibringen, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die Zuwiderhandlung begangen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 28. März 1984, CRAM und Rheinzink/Kommission, 29/83 und 30/83, Slg. 1984, 1679, Randnr. 20, und vom 31. März 1993, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, C‑89/85, C‑104/85, C‑114/85, C‑116/85, C‑117/85 und C‑125/85 bis C‑129/85, Slg. 1993, I‑1307, Randnr. 127; Urteile des Gerichts vom 10. März 1992, SIV u. a./Kommission, T‑68/89, T‑77/89 und T‑78/89, Slg. 1992, II‑1403, Randnrn. 193 bis 195, 198 bis 202, 205 bis 210, 220 bis 232, 249, 250 und 322 bis 328, und vom 6. Juli 2000, Volkswagen/Kommission, T‑62/98, Slg. 2000, II‑2707, Randnrn. 43 und 72).

96      Jedoch muss nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendigerweise hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei seiner Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (vgl. in diesem Sinne Urteil PVC II, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnrn. 768 bis 778, insbesondere Randnr. 777, in dieser konkreten Frage vom Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren bestätigt im Urteil vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnrn. 513 bis 523).

97      Ferner kann in Anbetracht der Bekanntheit des Verbots wettbewerbswidriger Vereinbarungen von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie Beweisstücke vorlegt, die eine Kontaktaufnahme zwischen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern explizit bestätigen. Die lückenhaften und vereinzelten Beweiselemente, über die die Kommission gegebenenfalls verfügt, müssen jedenfalls durch Schlussfolgerungen ergänzt werden können, die die Rekonstruktion der relevanten Umstände ermöglichen. Das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung kann folglich aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnrn. 55 bis 57, sowie Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Dresdner Bank u. a./Kommission, T‑44/02 OP, T‑54/02 OP, T‑56/02 OP, T‑60/02 OP und T‑61/02 OP, Slg. 2006, II‑3567, Randnrn. 64 und 65).

98      Hinsichtlich der Beweismittel, die zum Nachweis einer Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen herangezogen werden dürfen, gilt im Unionsrecht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, Slg. 2004, II‑2395, Randnr. 72).

99      Folglich wird das etwaige Fehlen von schriftlichen Beweisen nur im Rahmen der Gesamtwürdigung des Beweiswerts des von der Kommission beigebrachten Bündels von Beweisen relevant. Dagegen kann das betroffene Unternehmen nicht allein seinetwegen die Behauptungen der Kommission durch eine andere Erklärung des Sachverhalts wirksam in Frage stellen. Dies ist nur dann der Fall, wenn aufgrund der von der Kommission beigebrachten Beweise das Vorliegen der Zuwiderhandlung nicht eindeutig und nur durch Auslegung dieser Beweise nachgewiesen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. September 2007, Coats Holdings und Coats/Kommission, T‑36/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 74).

100    Im Übrigen ist es der Kommission nach keiner Bestimmung und keinem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verboten, gegen ein Unternehmen die Erklärungen anderer beschuldigter Unternehmen zu verwenden. Andernfalls wäre die der Kommission obliegende Beweislast für Verhaltensweisen, die den Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen zuwiderlaufen, nicht tragbar und mit ihrer Aufgabe, die richtige Anwendung dieser Bestimmungen zu überwachen, nicht zu vereinbaren (vgl. entsprechend Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnr. 192).

101    Allerdings kann eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einem Kartell beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen beschuldigten Unternehmen bestritten wird, nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweise untermauert wird, wobei jedoch der erforderliche Grad der Erhärtung aufgrund der Glaubhaftigkeit der fraglichen Erklärungen geringer sein kann (Urteil JVE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnrn. 219 und 220).

102    Was den Beweiswert der verschiedenen Beweisstücke anbelangt, ist das alleinige Kriterium für die Beurteilung der beigebrachten Beweise ihre Glaubhaftigkeit (Urteil Dalmine/Kommission, oben in Randnr. 98 angeführt, Randnr. 72).

103    Nach den allgemeinen Beweisgrundsätzen hängt die Glaubhaftigkeit eines Schriftstücks und damit sein Beweiswert von seiner Herkunft, den Umständen seiner Entstehung, seinem Adressaten und davon ab, ob sein Inhalt vernünftig und glaubhaft ist (Urteil des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnrn. 1053 und 1838).

104    Erklärungen kann im Übrigen ein besonders hoher Beweiswert beigemessen werden, wenn sie erstens verlässlich sind, zweitens im Namen eines Unternehmens abgegeben wurden, drittens von einer Person stammen, die beruflich verpflichtet ist, im Interesse dieses Unternehmens zu handeln, viertens den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, fünftens von einem unmittelbaren Zeugen der Vorgänge stammen, auf die sie sich beziehen, und sechstens bedacht sowie nach reiflicher Überlegung schriftlich abgegeben werden (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnrn. 205 bis 210).

105    Auch wenn gegenüber den freiwilligen Angaben der Hauptbeteiligten an einem rechtswidrigen Kartell im Allgemeinen ein gewisses Misstrauen angebracht ist, da gegebenenfalls die Möglichkeit besteht, dass diese Beteiligten die Neigung haben, die Bedeutung ihres eigenen Tatbeitrags als so klein wie möglich und den der anderen als so groß wie möglich darzustellen, so ändert dies nichts daran, dass ein Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit, um einen Erlass oder eine Herabsetzung der Geldbuße zu erreichen, nicht zwangsläufig einen Anreiz schafft, verfälschte Beweise für die Beteiligung der übrigen Mitglieder des inkriminierten Kartells vorzulegen. Jeder Versuch einer Irreführung der Kommission könnte nämlich die Aufrichtigkeit und Vollständigkeit der Kooperation des Antragstellers in Frage stellen und damit die Möglichkeit gefährden, dass er in den vollen Genuss der Mitteilung über Zusammenarbeit gelangt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission, T‑120/04, Slg. 2006, II‑4441, Randnr. 70).

106    Die Übermittlung unrichtiger Angaben an die Kommission ist möglicherweise insofern folgenreicher, als eine bestrittene Erklärung eines Unternehmens, wie oben in Randnr. 101 ausgeführt, durch andere Beweismittel erhärtet werden muss. Dadurch erhöht sich nämlich das Risiko, dass unrichtige Erklärungen sowohl von der Kommission als auch von den anderen der Beteiligung an der Zuwiderhandlung beschuldigten Unternehmen erkannt werden.

107    Die vorgenannte Rechtsprechung gilt für Art. 53 Abs. 1 EWR-Abkommen entsprechend.

 In der angefochtenen Entscheidung für die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung herangezogene Beweismittel

–       Vorbemerkungen

108    Im Licht der oben in Randnr. 92 angeführten Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass das Gericht bei der ihm obliegenden Beurteilung, ob die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweise und sonstigen Darlegungen genügen, um das Vorliegen einer der Klägerin zugerechneten Zuwiderhandlung zu beweisen, nach eingehender Prüfung der Begründung der angefochtenen Entscheidung auch festzustellen hat, welche Beweismittel die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung herangezogen hat.

109    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsverfahren nach der Verordnung Nr. 1/2003 vor der Kommission in zwei unterschiedliche, aufeinanderfolgende Abschnitte unterteilt ist, die jeweils einer eigenen inneren Logik folgen, nämlich einen Abschnitt der Voruntersuchung und einen kontradiktorischen Abschnitt. Der Abschnitt der Voruntersuchung, in dem die Kommission von ihren in der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Untersuchungsbefugnissen Gebrauch macht und der bis zur Mitteilung der Beschwerdepunkte währt, soll es der Kommission ermöglichen, alle relevanten Elemente zusammenzutragen, durch die das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsvorschriften bestätigt oder nicht bestätigt wird, und eine erste Position zur Ausrichtung und zum weiteren Gang des Verfahrens einzunehmen. Dagegen hat es der kontradiktorische Abschnitt, der sich von der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass der abschließenden Entscheidung erstreckt, der Kommission zu ermöglichen, sich abschließend zu der gerügten Zuwiderhandlung zu äußern (vgl. entsprechend Urteile des Gerichtshofs Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, oben in Randnr. 96 angeführt, Randnr. 183, und vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, Slg. 2006, I‑8725, Randnr. 38).

110    Nach der oben in Randnr. 109 angeführten Rechtsprechung muss das Gericht seine Prüfung, welche Beweismittel herangezogen wurden, auf den Teil der Begründung der angefochtenen Entscheidung beschränken, in dem die Kommission den kontradiktorischen Abschnitt des Verwaltungsverfahrens beschreibt. Die Kommission kann nämlich erst dann, wenn sie in diesem letzten Abschnitt die Stellungnahme der Klägerin zu ihrer am Ende der Voruntersuchung eingenommenen, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte wiedergegebenen ersten Position erhalten hat, beschließen, diese erste Position aufrechtzuerhalten oder nicht, und sich somit abschließend zu der gerügten Zuwiderhandlung äußern.

111    Insoweit ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Ziff. 5.4.1.1 „Würdigung durch die Kommission und Schlussfolgerung“ (Erwägungsgründe 347 bis 360) der angefochtenen Entscheidung zum Titel „5. Anwendung des Artikels 81 [EG] und des Artikels 53 EWR-Abkommen“ gehört. Auf dessen Unterabschnitt 5.3.2 betreffend die Art der Zuwiderhandlung folgt der Abschnitt 5.4 „Argumentation der Beteiligten in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte in Bezug auf den Sachverhalt und die Würdigung durch die Kommission“. Dieser Abschnitt 5.4 enthält einen Unterabschnitt 5.4.1 mit einer Zusammenfassung der „Argumente [der Klägerin]“. Dieser Unterabschnitt enthält seinerseits nur eine einzige Ziffer, nämlich Ziff. 5.4.1.1 „Würdigung durch die Kommission und Schlussfolgerung“. Auf diese Ziffer folgt keine Ziff. 5.4.1.2, sondern unmittelbar ein Unterabschnitt 5.4.2 „Argumente von Uralita“.

112    Folglich betrifft die in Ziff. 5.4.1.1 enthaltene Würdigung der Kommission ausschließlich die Stellungnahme der Klägerin in der Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte. Zudem stellen die in Ziff. 5.4.1.1 gezogenen Schlussfolgerungen am Ende des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens die abschließenden Schlussfolgerungen der Kommission in Bezug auf die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung dar.

113    Aus den vorstehenden Erwägungen und der in Randnr. 109 angeführten Rechtsprechung geht hervor, dass jeglicher unmittelbare oder auch nur mittelbare Verweis in Ziff. 5.4.1.1 auf Erwägungsgründe der Entscheidung, die den Erwägungsgründen in dieser Ziffer, d. h. den Erwägungsgründen 347 bis 360, vorausgehen, die Kommission dazu berechtigt, Beweismittel, die in der angefochtenen Entscheidung vorher angeführt wurden, in diesem Teil der Begründung der angefochtenen Entscheidung, d. h. dem über den kontradiktorischen Abschnitt, aufzugreifen. Dagegen ist, soweit Ziff. 5.4.1.1 keinen unmittelbaren oder auch nur mittelbaren Verweis auf Beweismittel enthält, die in anderen Erwägungsgründen als denen in dieser Ziffer angeführt sind, davon auszugehen, dass die Kommission am Ende des kontradiktorischen Verfahrens, das sie zu den der Klägerin möglicherweise zuzurechnenden Tatsachen geführt hat, abschließend beschlossen hat, diese Beweismittel nicht für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung heranzuziehen. Wenn schließlich die Kommission, nachdem sie die Stellungnahme eines Unternehmens zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte erhalten hat, bei der Würdigung der Beweismittel, über die sie am Ende der Voruntersuchung verfügte, um über die Beteiligung dieses Unternehmens an einer Zuwiderhandlung zu befinden, selbst den Beweiswert dieser Beweismittel in Frage stellt, kann das Gericht nicht umhin, diese Würdigung der Kommission zu berücksichtigen.

114    Im Licht dieser Vorbemerkungen sind die Anhaltspunkte zu ermitteln, deren Heranziehung die Kommission im vorliegenden Fall am Ende des kontradiktorischen Verfahrens beschlossen hat, um den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung zu führen; diese Anhaltspunkte sind somit in dem von ihr angeführten Indizienbündel enthalten.

115    Insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung verwendete Indizienbündel auf dreierlei Beweisen beruht, nämlich

–        dem Eingeständnis der Klägerin, an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 teilgenommen zu haben,

–        den Notizen von Herrn S. (FC) und

–        den die Klägerin belastenden Erklärungen von anderen Kartellmitgliedern.

116    Dagegen streiten die Parteien u. a. im Hinblick auf den Wortlaut des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung über den Beweiswert dieser Beweise für die Beurteilung, ob die Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt war.

–       In der angefochtenen Entscheidung herangezogene, von der Kommission ursprünglich in der Voruntersuchungsphase des Verwaltungsverfahrens verwendete Beweismittel

117    Eine eingehende Prüfung der Begründung in Abschnitt 4.3 der angefochtenen Entscheidung, in dem die Entwicklung des Kartells in dem Zeitraum der behaupteten Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung, nämlich vom 16. Dezember 1996 bis zum 9. Februar 2000, geschildert wird, ergibt, dass der Name der Klägerin bzw. eines ihrer Beschäftigten unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang mit 21 von der Kommission angeführten Ereignissen (im Folgenden: 21 Ereignisse) genannt wird.

118    Unter dem Blickwinkel der Bemerkungen oben in Randnr. 110 ist zu prüfen, welche dieser 21 Ereignisse die Kommission nach Ziff. 5.4.1.1 am Ende der Voruntersuchungsphase des Verwaltungsverfahrens für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung mittels eines Indizienbündels heranzuziehen beschlossen hat.

119    Insoweit ist nach der Feststellung, welche Beweismittel in Ziff. 5.4.1.1 explizit herangezogen wurden, der Wortlaut des 352. Erwägungsgrundes auszulegen, um festzustellen, ob die Kommission ihr Ergebnis hinsichtlich der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung implizit auf andere Beweismittel gestützt hat.

–       In der angefochtenen Entscheidung von der Kommission am Ende des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens explizit herangezogene Beweismittel

120    Aus der Begründung in Ziff. 5.4.1.1 der angefochtenen Entscheidung – in dieser Ziffer, d. h. den Erwägungsgründen 347 bis 360, gibt die Kommission ihre Würdigung am Ende des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen wieder – geht hervor, dass sich die Kommission von den 21 Ereignissen, die ursprünglich in der Voruntersuchungsphase des Verwaltungsverfahrens als Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung betrachtet wurden, unmittelbar oder mittelbar auf fünf Ereignisse explizit bezieht, nämlich

–        insbesondere im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung durch Anführung der Notizen von Herrn S. (FC): das Telefonat vom 16. Dezember 1996 zwischen Herrn S. (FC) und Herrn S. (EKA), erstmals erwähnt im 130. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung;

–        in den Erwägungsgründen 350 und 356 der angefochtenen Entscheidung durch Verweisung auf die erhaltenen mündlichen Erklärungen: die Zusammenkunft von Turku vom 14. Oktober 1997, erstmals erwähnt in den Erwägungsgründen 162 bis 164 der angefochtenen Entscheidung;

–        in den Erwägungsgründen 350 und 356 der angefochtenen Entscheidung durch Bezugnahme auf das Eingeständnis der Klägerin sowie mittels Verweisung auf die Erwägungsgründe 182 und 184 der angefochtenen Entscheidung auf die Notizen von Herrn S. (FC): die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998, erstmals erwähnt in den Erwägungsgründen 182 bis 186 der angefochtenen Entscheidung;

–        insbesondere im 349. Erwägungsgrund durch Anführung der Notizen von Herrn S. (FC): das Telefonat vom 4. Dezember 1998, erstmals angeführt im 219. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung;

–        und schließlich in den Erwägungsgründen 347 und 349 durch Anführung der Notizen von Herrn S. (FC): das Telefonat vom 9. Dezember 1999, erstmals angeführt im 258. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung.

121    Es ist festzustellen, ob sich die Kommission in Ziff. 5.4.1.1 der angefochtenen Entscheidung implizit auf weitere Ereignisse bezieht, durch die die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung nachgewiesen werden kann; dies erfordert eine Auslegung des Wortlauts des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung.

–       Auslegung des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung

122    Wie aus den Schriftsätzen der Parteien hervorgeht, ist die Auslegung des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung maßgeblich für die Feststellung, welche anderen Beweismittel als die in Ziff. 5.4.1.1 der angefochtenen Entscheidung explizit angeführten die Kommission gegebenenfalls für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung herangezogen hat.

123    Nach Auffassung der Klägerin hat die Kommission im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung neben den drei Hinweisen in deren 349. Erwägungsgrund jeglichen zusätzlichen Hinweis in den Notizen von Herrn S. (FC) ausgeschlossen. Die Kommission widerspricht dieser Auslegung.

124    In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission auf die Fragen des Gerichts betreffend die Auslegung des Wortlauts des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung insbesondere Folgendes ausgeführt.

125    Erstens habe sie in diesem Erwägungsgrund unterschieden zwischen den im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung explizit angeführten drei Hinweisen in den Notizen von Herrn S. (FC) einerseits und den anderen gegen die Klägerin herangezogenen Beweismitteln andererseits.

126    Die im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung explizit angeführten drei Hinweise in den Notizen von Herrn S. (FC) auf die drei Ereignisse, die in den Erwägungsgründen 130, 219 und 258 der angefochtenen Entscheidung beschrieben seien, stellten Beweismittel von besonderer Beweiskraft dar, da sie die Feststellung von unmittelbaren Kontakten zwischen den Kartellmitgliedern und der Klägerin ermöglichten.

127    Die anderen gegen die Klägerin herangezogenen Beweismittel stammten zwar nicht unmittelbar von dieser. Sie seien aber in Anbetracht der Rechtsprechung nicht aus dem von der Kommission für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung verwendeten Indizienbündel ausgeschlossen worden.

128    Zweitens sei der den 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung einleitende Satzteil „Was die anderen Stellen in [der angefochtenen] Entscheidung angeht, an denen [die Klägerin] erwähnt wird“ als Verweisung auf die in den Erwägungsgründen 220, 256, 305 und 319 enthaltenen Hinweise auf die Klägerin sowie auf die anderen in den Erwägungsgründen 305 und 319 genannten Erwägungsgründe zu verstehen.

129    Was drittens die Bedeutung der Sätze 2 und 3 des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung angehe, soweit darin von Unzulänglichkeiten der Akten der Kommission die Rede sei und davon, dass sich dies in der Dauer der Zuwiderhandlung niederschlagen werde, hätten die Beweismittel, über die die Kommission verfügt habe, entgegen den Behauptungen der Klägerin für den Nachweis der Dauer der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung, d. h. von Dezember 1996 bis Februar 2000, genügt. Sie habe zwar über andere Beweismittel verfügt, mit denen eine solche Beteiligung in den Jahren 1994 und 1995 sowie Anfang des Jahres 1996 hätte nachgewiesen werden können, doch habe sie beschlossen, nur ihre besten Beweise, nämlich „die drei Hinweise“ bzw. „die drei Stellen“ – zuvorderst das „Telefonat vom 16. Dezember 1996“ –, heranzuziehen.

130    Angesichts des Vorbringens der Parteien in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung ist zunächst festzustellen, dass 19 der oben in Randnr. 117 genannten 21 Ereignisse auf der Grundlage der Notizen von Herrn S. (FC) angeführt werden.

131    Sodann sind von diesen 19 auf die Notizen von Herrn S. (FC) gestützten Ereignissen drei, wie oben in Randnr. 120 festgestellt und von der Kommission in der mündlichen Verhandlung angegeben, im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung explizit angeführt. In Bezug auf diese drei Hinweise stimmen die Parteien darin überein, dass sie nicht zu den „anderen Stellen in [der angefochtenen] Entscheidung, an denen [die Klägerin] erwähnt wird“, im Sinne von deren 352. Erwägungsgrund gehören.

132    Wie schließlich aus Randnr. 120 des vorliegenden Urteils hervorgeht, sind die Notizen von Herrn S. (FC), soweit sie sich auf die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 beziehen, in Ziff. 5.4.1.1, und zwar den Erwägungsgründen 350 und 356, der angefochtenen Entscheidung mittels Verweisung auf deren Erwägungsgründe 182 und 184 explizit angeführt. Somit kann auch dieser vierte auf die Notizen von Herrn S. (FC) gestützte Hinweis nicht zu den „anderen Stellen in [der angefochtenen] Entscheidung, an denen [die Klägerin] erwähnt wird“, im Sinne von deren 352. Erwägungsgrund gehören.

133    Dagegen sind die 15 anderen auf die Notizen von Herrn S. (FC) gestützten Ereignisse (im Folgenden: 15 andere Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. [FC]) in Ziff. 5.4.1.1 der angefochtenen Entscheidung nicht explizit angeführt.

134    Als Erstes ist nämlich in Bezug auf die Erklärung der Kommission, der den 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung einleitende Satzteil „Was die anderen Stellen in [der angefochtenen] Entscheidung angeht, an denen [die Klägerin] erwähnt wird“ verweise auf die Erwägungsgründe 220, 256, 305 und 319 der angefochtenen Entscheidung sowie auf die anderen in den Erwägungsgründen 305 und 319 genannten Erwägungsgründe (d. h. die Erwägungsgründe 130, 150, 184, 219, 229, 256 und 258), einzuräumen, dass diese Auslegung zwar plausibel ist, da in den Erwägungsgründen 305 und 319 der angefochtenen Entscheidung u. a. vier andere Erwägungsgründe dieser Entscheidung angeführt sind, in denen der Inhalt der Notizen von Herrn S. (FC) zu vier Ereignissen, nämlich den in den Erwägungsgründen 150, 220, 229 und 256 der angefochtenen Entscheidung genannten, wiedergegeben wird. Doch ist eine solche Erklärung für die Auslegung des Satzteils „Was die anderen Stellen in [der angefochtenen] Entscheidung angeht, an denen [die Klägerin] erwähnt wird“ entweder unvollständig, da sie nur vier der 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) erfasst, oder irrelevant, da in den genannten Erwägungsgründen 305 und 319 auch auf die Erwägungsgründe 130, 184, 219 und 258 der angefochtenen Entscheidung verwiesen wird; von diesen sind drei die im 349. Erwägungsgrund angeführten drei expliziten Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC), und im 184. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wird der Inhalt der Notizen von Herrn S. (FC) betreffend die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 wiedergegeben, an der zumindest teilweise teilgenommen zu haben die Klägerin ausdrücklich eingeräumt hat. Somit ist der Erklärung der Kommission, der genannte Satzteil verweise nur auf die Erwägungsgründe 130, 150, 184, 219, 220, 229, 256, 258, 305 und 319 der angefochtenen Entscheidung, nicht zu folgen, da sie teils unvollständig, teils irrelevant ist.

135    Folglich ist die einzige in Betracht kommende Auslegung des den 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung einleitenden Satzteils „Was die anderen Stellen in [der angefochtenen] Entscheidung angeht, an denen [die Klägerin] erwähnt wird“ die, dass mit diesem Satzteil auf die 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) verwiesen wird.

136    Als Zweites ist festzustellen, dass die Kommission, wie dem Hauptteil des ersten Satzes des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, mit der Klägerin auch hinsichtlich der – bezogen auf diese – wahrscheinlich mittelbaren Herkunft der Informationen übereinstimmt, die in den 15 anderen Hinweisen auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) enthalten sind. Denn bereits nach dem Wortlaut dieses Hauptteils „lässt die Kommission das von [der Klägerin] angeführte Argument gelten, dass die betreffenden Informationen möglicherweise von Dritten stammten und nicht von [der Klägerin] selbst“. Damit akzeptiert die Kommission ausdrücklich das Argument der Klägerin, wie es im 345. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung (im Unterabschnitt 5.4.1 „Argumente [der Klägerin]“) wiedergegeben ist und von der Klägerin erstmals in Randnr. 44 ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgetragen wurde.

137    In diesem letztgenannten Punkt kommt dem klaren Wortlaut dieses Hauptteils des ersten Satzes des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung für den vorliegenden Fall entscheidende Bedeutung zu, da dieser Satz zu dem kontradiktorischen Abschnitt des Verwaltungsverfahrens gehört, der es, wie oben in Randnr. 109 ausgeführt, der Kommission ermöglicht, sich abschließend zu der gerügten Zuwiderhandlung zu äußern, und dieses Verfahren abschließt, im vorliegenden Fall zugunsten eines Arguments der Klägerin in deren Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte.

138    Als Drittes ist festzustellen, dass der zweite Satz des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung diese Beurteilung der Bedeutung des ersten Satzes bestätigt. Die Kommission weist darin nämlich ebenso klar darauf hin, dass die in ihren Akten vorhandenen „Beweismittel … nicht aus[reichen], um schlüssig nachweisen zu können, dass die Informationen in diesen Fällen“, d. h. die 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC), „unmittelbar von [der Klägerin] stammten“. Somit ist davon auszugehen, dass die Kommission mit dieser Feststellung angibt, dass es ihr die Beweismittel in ihren Akten nicht ermöglichten, die 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) rechtlich hinreichend zu untermauern.

139    Diese Feststellung wird im Übrigen teilweise durch die oben in Randnr. 129 wiedergegebenen Ausführungen der Kommission bestätigt, mit denen sie ihren Ansatz betreffend die Beweismittel, über die sie verfügt habe, beschreibt. Die Kommission gibt darin nämlich ausdrücklich an, dass sie beschlossen habe, entsprechend diesen Beweismitteln bei der Klägerin von einer kürzeren Zuwiderhandlungsdauer auszugehen und sich nur auf ihre besten Beweise, nämlich die drei Hinweise, zuvorderst das Telefonat vom 16. Dezember 1996, zu stützen, d. h., genauer und deutlicher gesagt, die im 349. Erwägungsgrund explizit angeführten drei Hinweise.

140    Die Kommission räumt damit ein, dass sie, anders als im Fall dieser letztgenannten drei Hinweise und der Notizen von Herrn S. (FC) über die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998, diese 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) nicht für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung heranziehen konnte.

141    Somit ist festzustellen, dass die Kommission im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung selbst Zweifel geäußert hat, ob die Glaubhaftigkeit dieser 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) für den Vorwurf der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung genügt.

142    Als Viertes ist festzustellen, dass diese letztgenannte Erwägung durch den Wortlaut des dritten Satzes des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung bestätigt wird, in dem die Kommission selbst in aller Klarheit die Konsequenzen aus ihren eigenen Feststellungen zur fehlenden Glaubhaftigkeit dieser 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung zieht. So erläutert die Kommission: „Dies wird sich in der Dauer der Zuwiderhandlung niederschlagen, für die [die Klägerin] zur Verantwortung gezogen wird.“ Eine solche Schlussfolgerung macht offensichtlich, dass die Kommission meinte, angesichts der Beweismittel in ihren Akten stellten die 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) keine hinreichend glaubwürdigen Anhaltspunkte dar, um die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung nachzuweisen.

143    An dieser Beurteilung können die von der Kommission in der mündlichen Verhandlung auf Fragen des Gerichts gegebenen Erläuterungen zu der Bedeutung des dritten Satzes des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung nichts ändern. Die Kommission hat darin die Ansicht vertreten, der letzte Satz des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung „Dies wird sich in der Dauer der Zuwiderhandlung niederschlagen, für die [die Klägerin] zur Verantwortung gezogen wird“ habe tatsächliche Folgen gehabt, da sie die Beweise, über die sie in Bezug auf den Zeitraum vor dem 16. Dezember 1996 für die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung zwischen 1994 und Anfang 1996 verfügt habe, nicht verwendet habe.

144    Einer solchen Auslegung, dass die nach dem Wortlaut des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung ausgeschlossenen Beweismittel sich auf einen Zeitraum vor dem 16. Dezember 1996 bezogen hätten, kann aus den beiden folgenden Gründen nicht gefolgt werden.

145    Erstens ist festzustellen, dass keiner der in den Erwägungsgründen 305 und 319 der angefochtenen Entscheidung genannten Erwägungsgründe, auf die die Kommission für die Auslegung des Satzteils „Was die anderen Stellen in [der angefochtenen] Entscheidung angeht, an denen [die Klägerin] erwähnt wird“ verweist, ein Ereignis betrifft, das vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem nach Auffassung der Kommission die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung begonnen hat, d. h. dem 16. Dezember 1996. Aus ihren Ausführungen im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor, dass die Kommission sehr wohl aufgrund der Unzulänglichkeiten ihrer Akten in Bezug auf „die anderen Stellen in [der angefochtenen] Entscheidung …, an denen [die Klägerin] erwähnt wird“, ausgeführt hat, dass sich diese Unzulänglichkeiten „in der Dauer der Zuwiderhandlung niederschlagen [werden], für die [die Klägerin] zur Verantwortung gezogen wird“.

146    Zweitens widerspricht diese Auslegung dem von der Kommission zuletzt in der mündlichen Verhandlung beschriebenen Ansatz, wie er insbesondere oben in Randnr. 139 dargelegt ist.

147    Somit ergibt sich aus den eindeutigen Formulierungen der Kommission im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission in diesem Begründungsabschnitt, der nach der Überschrift der Ziff. 5.4.1.1 die Würdigung und die Schlussfolgerungen der Kommission zu den Stellungnahmen der Klägerin zum Gegenstand hat und zu der Begründung gehört, mit der die kontradiktorische Phase des Verwaltungsverfahrens endet, beschlossen hatte, diese 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) nicht als gegen die Klägerin verwendbare Beweismittel zu betrachten.

148    Als Fünftes ist hinzuzufügen, dass die Kommission, anders als von ihr behauptet, zu keiner Zeit, weder im 352. noch in den anderen Erwägungsgründen der Ziff. 5.4.1.1, ausgeführt hat, dass sie die 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) trotz dieses Mangels an Glaubhaftigkeit als Teil des Indizienbündels angesehen hätte, auf das sie sich für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung gestützt habe.

149    Im Gegenteil geht aus dem allgemeinen Kontext der Begründung von Ziff. 5.4.1.1 hervor, dass die Kommission zunächst in den Erwägungsgründen 349 bis 351 der angefochtenen Entscheidung, wie oben in Randnr. 131 festgestellt, zwischen den im 349. Erwägungsgrund genannten drei Hinweisen und den Hinweisen auf die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 einerseits und den 15 anderen Hinweisen auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) andererseits unterscheidet. Weiter nimmt sie im 351. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu den Reaktionen der Klägerin auf die in deren 349. Erwägungsgrund genannten drei Hinweise Stellung.

150    Sodann verweist die Kommission im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ganz deutlich auf die „anderen Stellen …, an denen [die Klägerin] erwähnt wird“, d. h. auf die 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC), so dass aus dieser den ersten Satz dieses Erwägungsgrundes einleitenden Formulierung eine klare Absicht der Kommission hervorgeht, eine andere Kategorie von Hinweisen auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) zu nennen. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission in ihren Schriftsätzen angegeben hat, sie bestreite nicht, die Hinweise in den Notizen von Herrn S. (FC) „nach ihrem Beweiswert“ gruppiert zu haben (siehe oben, Randnr. 67). Weiter bekräftigt sie in ihren Schriftsätzen, wie oben in Randnr. 147 ausgeführt, dass die 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) als die im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten ausgeschlossen worden seien, da sie für den Nachweis des kollusiven Verhaltens der Klägerin nicht genügt hätten.

151    Dennoch meint die Kommission, sie habe die 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) trotz dieses Mangels an Glaubhaftigkeit im Rahmen des Indizienbündels, auf das sie sich gestützt habe, verwenden können.

152    Zur Unterstützung dieser Behauptung hat sie erstens in der mündlichen Verhandlung insbesondere auf die Erwägungsgründe 305 und 319 der angefochtenen Entscheidung verwiesen, in denen die anderen Auszüge aus den Notizen von Herrn S. (FC) ausdrücklich als Beweismittel gegen die Klägerin angeführt seien.

153    Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden, da die genannten Erwägungsgründe 305 und 319 der angefochtenen Entscheidung der Stellungnahme der Klägerin zur Mitteilung der Beschwerdepunkte vorausgehen (Unterabschnitt 5.4.1) und die Kommission im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf diese Stellungnahme der Klägerin hin, wie sie in ihren Schriftsätzen bekräftigt, einräumt, dass sie diese 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) nicht für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung verwenden konnte. Somit ist festzustellen, dass der Wortlaut des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung keinen Zweifel hinsichtlich der Behandlung dieser anderen Hinweise durch die Kommission am Ende des kontradiktorischen Verwaltungsverfahrens lässt.

154    Zweitens weist die Kommission darauf hin, dass sie in den Erwägungsgründen 357 und 358 der angefochtenen Entscheidung ihre Vorwürfe gegen die Klägerin auf die Notizen von Herrn S. (FC) allgemein und nicht nur auf die drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Stellen stütze.

155    Insoweit ist zum 357. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zunächst festzustellen, dass dort tatsächlich ausdrücklich auf die Notizen von Herrn S. (FC) verwiesen wird. Jedoch berechtigt eine solche Verweisung nicht zu der Annahme, dass die Kommission damit alle 19 Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) meinte. Angesichts der Schlussfolgerung der Kommission im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genügt nämlich ein solcher allgemeiner Verweis nicht den Erfordernissen der Bestimmtheit, die nach der oben in Randnr. 96 angeführten Rechtsprechung für das Indizienbündel gelten, auf das sich die Kommission stützte. Im vorliegenden Fall gilt dies umso mehr, als die Notizen von Herrn S. (FC) einen beträchtlichen Teil der von der Kommission gegen die Klägerin herangezogenen Beweismittel ausmachen, nämlich 19 von 21 Ereignissen, bei denen die Klägerin namentlich genannt wurde. Aber selbst wenn diesem Vorbringen der Kommission im 357. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu dem Verweis auf die Notizen von Herrn S. (FC) zu folgen wäre, würde es zu einem unauflösbaren Widerspruch zwischen diesen beiden Erwägungsgründen und dem klaren Wortlaut des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung führen.

156    Folglich ist davon auszugehen, dass der Verweis im 357. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf die Notizen von Herrn S. (FC) nur die im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten drei Stellen und die Notizen von Herrn S. (FC) zu der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 betrifft.

157    Sodann verweist die Kommission im 358. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung abstrakt und allgemein auf sämtliche „(in Abschnitt 4.3 aufgeführten) Unterlagen aus dem betreffenden Zeitraum“. Aus den oben in Randnr. 117 genannten 21 Ereignissen geht jedoch hervor, dass in dem von der Kommission gegenüber der Klägerin zugrunde gelegten Zeitraum der Zuwiderhandlung nur die Notizen von Herrn S. (FC) solche Unterlagen aus dem betreffenden Zeitraum darstellen, die sich unmittelbar oder mittelbar explizit auf die Klägerin beziehen. Die Stellen der Notizen von Herrn W. (EKA), auf die sich die Kommission in den Erwägungsgründen 162 bis 164 der angefochtenen Entscheidung stützt und die die Zusammenkunft von Turku vom 14. Oktober 1997 betreffen, enthalten nämlich keinen Bezug auf die Klägerin. Daher ist wie bei dem Verweis auf die Notizen von Herrn S. (FC) im 357. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung davon auszugehen, dass ein solcher Verweis auf die Notizen von Herrn S. (FC) aufgrund seiner Abstraktheit und Allgemeinheit nicht zu der Annahme berechtigt, dass die Kommission damit, wie sie behauptet, sämtliche Hinweise in diesen Notizen für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung heranzog, einschließlich der aber doch im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeschlossenen 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC). Selbst wenn aber dem Vorbringen der Kommission zu folgen wäre, ergäbe sich daraus aus denselben Gründen wie den zum 357. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung dargelegten ein unauflösbarer Widerspruch zwischen ihren Schlussfolgerungen aus dem 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und der anderen in deren Ziff. 5.4.1.1 dargelegten Begründung.

158    Folglich ist davon auszugehen, dass der Verweis im 358. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung auf sämtliche „(in Abschnitt 4.3 aufgeführten) Unterlagen aus dem betreffenden Zeitraum“ nur die im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten drei Stellen und die Notizen von Herrn S. (FC) zu der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 betrifft.

159    Drittens schließlich macht die Kommission geltend, nach der Rechtsprechung habe der Umstand, dass eine Information nicht aus erster Hand stamme oder von zweitrangiger Bedeutung sei, keine Auswirkung auf die Möglichkeit, sie als Beweismittel zu verwenden. Wie jedoch im vorliegenden Fall aus dem klaren Wortlaut des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung und den eigenen Schriftsätzen der Kommission hervorgeht, hatte diese im kontradiktorischen Abschnitt des Verwaltungsverfahrens ohne jeglichen Vorbehalt beschlossen, diese 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) auszuschließen.

160    Somit hätte die Kommission, da sie im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung nicht nur in den Sätzen 1 und 2 den geringen Beweiswert der 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) einräumt, sondern vor allem in Satz 3 zu dem Ergebnis gelangt, dass sie diese Hinweise in den Notizen von Herrn S. (FC) nicht für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung heranziehen könne, klar darauf hinweisen müssen, sofern dies ihrer Absicht entsprach, dass nach ihrer Ansicht eben diese Hinweise dann doch im Rahmen des Indizienbündels berücksichtigt werden könnten.

161    Die Kommission hat jedoch in den Erwägungsgründen 353 bis 356 der angefochtenen Entscheidung die 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) nicht solchermaßen wieder in das Indizienbündel für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung aufgenommen.

162    Nach alledem ist zutreffend vorgetragen worden, dass die Kommission im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung beschlossen hat, die 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) nicht als Beweismittel gegen die Klägerin heranzuziehen, auch nicht im Rahmen des von ihr verwendeten Indizienbündels.

–       Ergebnis der Prüfung, welche Beweismittel zum Nachweis der behaupteten Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung herangezogen wurden

163    Was als Erstes den Endzeitpunkt der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung angeht, ist erstens festzustellen, dass die Kommission in Ziff. 5.4.1.1 der angefochtenen Entscheidung an keiner Stelle den 9. Februar 2000 als Enddatum erwähnt. Ebenso wenig erbringt sie dort einen Anfangsbeweis für das Enddatum.

164    Zweitens hat die Kommission auf das Vorbringen der Klägerin zu diesem Punkt (siehe oben, Randnr. 57) erwidert, dass die Klägerin die Erklärung von EKA am Rande der offiziellen CEFIC‑Sitzung nicht vernommen habe, sei unerheblich, da das Kartell an diesem Tag beendet worden sei. Jedenfalls stelle die Angabe der Klägerin, dass sie diese Erklärung nicht vernommen habe, ein wichtiges Indiz für ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 dar.

165    Es ist jedoch zunächst festzustellen, dass diese Argumentation, mit der die Kommission die Bedeutung der Datierung des Endzeitpunkts der behaupteten Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung zu relativieren sucht, keinen Erfolg haben kann. Die Dauer einer Zuwiderhandlung – dieser Begriff setzt die Kenntnis ihres Enddatums voraus – stellt nämlich eines ihrer wesentlichen Tatbestandsmerkmale dar, für deren Verwirklichung die Kommission die Beweislast trägt (Urteil Peróxidos Orgánicos/Kommission, oben in Randnr. 105 angeführt, Randnr. 52). Es oblag daher im vorliegenden Fall der Kommission, den Nachweis für die Teilnahme der Klägerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 zu erbringen.

166    Zudem war es im vorliegenden Fall umso mehr geboten, dass die Kommission den Endzeitpunkt der behaupteten Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung datierte, als die Klägerin, wie aus ihrer Stellungnahme zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte und ihren Schriftsätzen in dieser Rechtssache hervorgeht, ausdrücklich bestritten hatte, an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 teilgenommen zu haben. Somit ist festzustellen, dass die Kommission es versäumt hat, in Ziff. 5.4.1.1, in der sie die Stellungnahme der Klägerin zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu würdigen und die Schlussfolgerungen aus dem Verwaltungsverfahren zu ziehen hatte, die Gründe darzulegen, aus denen sie schließlich trotz der Stellungnahme der Klägerin zu dem Ergebnis gelangte, dass diese an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 teilgenommen habe.

167    Drittens ist jedenfalls festzustellen, dass die Kommission, wie sie selbst einräumt, schließlich erst im 488. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der im Abschnitt 7.1 „Anfangs- und Enddaten“ des Titels 7 „Dauer der Zuwiderhandlung“ steht, behauptet, unter Verweis insbesondere auf den 283. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der im Abschnitt 4.3 „Die Entwicklung des Kartells“ steht, das Datum bestimmt zu haben, an dem die Beteiligung der Kartellmitglieder an der Zuwiderhandlung endete, und daraus ihre Schlussfolgerungen zieht.

168    Sowohl im 488. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung als auch im 283. Erwägungsgrund, auf den er verweist, führt die Kommission den 9. Februar 2000 als das Datum einer rechtswidrigen Zusammenkunft der Kartellmitglieder am Rande der an diesem Tag in Brüssel abgehaltenen offiziellen CEFIC‑Sitzung an. Die von der Kommission solchermaßen gegebene Begründung dafür, den 9. Februar 2000 für die Klägerin als Endzeitpunkt der Zuwiderhandlungsdauer anzusehen, ist jedoch unklar und widersprüchlich.

169    So führt die Kommission im 283. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus, dass am 9. Februar 2000 in Brüssel eine offizielle CEFIC‑Sitzung stattgefunden habe, an der die Klägerin teilgenommen habe. Am Rande dieser Sitzung habe Herr S. (EKA) „seinen Kollegen mitgeteilt, dass er eine Beteiligung an weiteren Gesprächen mit Wettbewerbern ablehne“. Daher ist festzustellen, dass die Kommission in diesem 283. Erwägungsgrund zwar klar darauf hinweist, dass die Teilnahme von EKA, Arkema France und der Klägerin an der offiziellen CEFIC‑Sitzung in ihren Akten belegt ist, aber für die Teilnahme der Klägerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000, in der Herr S. (EKA) seine Erklärung im Namen von EKA abgegeben habe, kein Beweismittel anführt. Im Übrigen erwähnt die Kommission in dem genannten 283. Erwägungsgrund nicht einmal, dass eine rechtswidrige Zusammenkunft am Rande der offiziellen CEFIC‑Sitzung vom 9. Februar 2000 stattgefunden habe. Sie erwähnt nämlich nur eine Erklärung im Namen von EKA „am Rande [der offiziellen] CEFIC‑Sitzung“ vom selben Tag.

170    Aus den vorstehenden Randnummern geht folglich hervor, dass die Kommission im 283. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung lediglich vermutet hat, dass sich die Teilnahme der Klägerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 aus ihrer Teilnahme an der offiziellen CEFIC-Sitzung vom 9. Februar 2000 ergebe. Eine solche Vermutung reicht jedoch im Hinblick darauf nicht aus, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich bestritt, an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 teilgenommen zu haben. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht behauptet, dass die Teilnehmer an offiziellen CEFIC‑Sitzungen zwangsläufig an deren Rande an Kartelltreffen teilnahmen. Sie weist lediglich im 76. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass auf der höchsten Führungsebene Gespräche in mehrseitigen Zusammenkünften, häufig am Rande von Sitzungen der Arbeitsgruppe Natriumchlorat des CEFIC, stattgefunden hätten.

171    Diese Vermengung der offiziellen CEFIC-Sitzung vom 9. Februar 2000 mit der rechtswidrigen Zusammenkunft desselben Tages findet sich erneut im 488. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, wo die Kommission, ohne ihren Standpunkt zu belegen, allein unter Verweis auf den 283. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung behauptet, „… das letzte wettbewerbswidrige Treffen, an dem EKA, Atochem und [die Klägerin] teilnahmen, [fand] am 9. Februar 2000 statt“ und „[die Klägerin nahm] an dem Treffen vom 9. Februar 2000 unmittelbar teil …“. Auch hier ist jedoch festzustellen, dass angesichts dessen, dass die Kommission an keiner Stelle behauptet, geschweige denn nachweist, dass die Teilnahme an offiziellen CEFIC‑Sitzungen eine Anwesenheit bei wettbewerbswidrigen Zusammenkünften, die an deren Rande stattfinden, impliziert, die Klägerin zu Recht geltend macht, dass die Kommission keinen Nachweis für ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000, dem einzigen Kartelltreffen an diesem Tag, erbracht hat.

172    Schließlich ist die Klägerin in Anhang I der angefochtenen Entscheidung eindeutig nicht als Teilnehmerin der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 erfasst. Die Kommission macht in ihren Schriftsätzen insoweit geltend, es handele sich um einen bloßen Schreibfehler. Wie jedoch aus dem 69. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung und Fn. 114 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, enthält dieser Anhang I eine Liste von 72 wettbewerbswidrigen Kontakten, an denen die Mitglieder des fraglichen Kartells beteiligt gewesen seien. Folglich muss es sich bei dem Eintrag in der letzten Zeile der Tabelle im Anhang I der angefochtenen Entscheidung um die von der Kommission angeführte rechtswidrige Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 und nicht die offizielle CEFIC‑Sitzung vom selben Tag handeln. In der Begründung der angefochtenen Entscheidung und in den Akten findet sich jedoch nichts, was die Feststellung zuließe, dass die Klägerin, wie die Kommission behauptet, an diesem Kartelltreffen teilgenommen hat, und damit zu der Annahme berechtigte, dass die Nichtnennung der Klägerin in Anhang I der angefochtenen Entscheidung als Teilnehmerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 auf einem bloßen Schreibfehler beruht.

173    Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission, da sie insoweit keinen Nachweis erbringt, zu Unrecht geltend macht, dass die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung am 9. Februar 2000 geendet habe. Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 9. Februar 2000 nicht nachgewiesen, als begründet anzusehen. Die Kommission durfte somit dieses Datum nicht als Endzeitpunkt der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung zugrunde legen.

174    Als Zweites ist, was erstens die schriftlichen Beweise aus dem Zeitraum des Sachverhalts angeht, aufgrund der vorstehenden Erwägungen zum einen festzustellen, dass es sich nur um die Hinweise in den Notizen von Herrn S. (FC) handelt. Zum anderen wurden von den ursprünglich am Ende der Voruntersuchungsphase des Verwaltungsverfahrens berücksichtigten 19 Hinweisen auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC), was den Zeitraum der fraglichen Zuwiderhandlung angeht, von der Kommission am Ende des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens in dem Indizienbündel für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung nur die im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten drei Hinweise in den Notizen von Herrn S. (FC) und der Hinweis auf die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 explizit herangezogen. Hinsichtlich der 15 anderen Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) ist davon auszugehen, dass sie im 352. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wegen unzureichenden Beweiswerts aus dem genannten Indizienbündel ausgeschlossen wurden.

175    Was zweitens die Erklärungen der Wettbewerber der Klägerin angeht, die die Kommission in das Indizienbündel aufnahm, weil mit ihnen die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung nachgewiesen werden könne, ergibt sich aus den oben in den Randnrn. 117 und 120 angeführten von der Kommission herangezogenen Beweismitteln, dass es sich in dem von dieser zulasten der Klägerin zugrunde gelegten Zuwiderhandlungszeitraum um die Erklärungen von EKA und von FC und nicht die anderer Unternehmen handelt. Die Kommission hat nämlich die Erklärungen von Arkema France, wie sie oben in Randnr. 6 angeführt und der Klageschrift im Anhang 3 beigefügt sind, weder in der Voruntersuchungsphase noch im kontradiktorischen Abschnitt des Verwaltungsverfahrens für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung herangezogen.

176    Drittens hat die Kommission das Eingeständnis der Klägerin berücksichtigt, an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 teilgenommen zu haben. Für die Feststellung des Umfangs dieser Teilnahme stützt sich die Kommission auf die Notizen von Herrn S. (FC) betreffend diese Zusammenkunft und auf die Erklärungen von FC und von EKA.

177    Angesichts der in den vorstehenden Randnrn. 163 bis 176 dargelegten Ergebnisse ist zunächst der Beweiswert der von der Kommission herangezogenen Beweismittel zu beurteilen und dann zu prüfen, ob diese Beweise für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung genügen.

 Zum Beweiswert der zulasten der Klägerin herangezogenen Beweismittel

–       Schriftliche Beweise aus dem betreffenden Zeitraum für die unmittelbare Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung

178    Vorab ist für die Prüfung des Beweiswerts der Notizen von Herrn S. (FC) in Bezug auf die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 auf die Prüfung des Beweiswerts des Eingeständnisses der Klägerin betreffend ihre Teilnahme an dieser Zusammenkunft zu verweisen (siehe unten, Randnrn. 216 bis 218).

179    Was die drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) angeht, ist als Erstes unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Parteien in ihren Schriftsätzen und ihrer Antworten auf die Fragen, die ihnen das Gericht schriftlich und in der mündlichen Verhandlung gestellt hat, festzustellen, dass die Notizen von Herrn S. (FC), wie sie in der Kommissionsakte enthalten sind, nämlich als maschinengeschriebene Vermerke, sowohl auf einer Übertragung in dieses Format als auch auf einer Übersetzung aus dem Finnischen ins Englische durch Herrn S. (FC) beruhen, und zwar ausgehend von den handschriftlichen Notizen, die er selbst jeweils bei den Anlässen, auf die sie sich beziehen und die sie beschreiben, auf Finnisch verfasst hatte. Insoweit ist ungeachtet einiger formaler bzw. terminologischer Anpassungen bestimmter Stellen, auf die das Gericht die Kommission in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, davon auszugehen, dass, soweit es sich bei den in den Akten befindlichen Notizen um eine getreue Übersetzung und Übertragung der handschriftlichen Originalnotizen von Herrn S. (FC) handelt, ihre ins Englische übertragene Abschrift als schriftlicher Beweis aus dem Zeitraum der Zuwiderhandlung anzusehen ist, weil Herr S. (FC) die handschriftlichen Originalnotizen in der Zeit des Sachverhalts verfasst hatte. Daher stellen die drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Hinweise in den Notizen von Herrn S. (FC) solche Beweise dar.

180    Was im Einzelnen erstens die Notizen von Herrn S. (FC) zu seinem Telefonat vom 16. Dezember 1996 mit Herrn S. (EKA) angeht, soll Herr S. (FC) auf Gespräche zwischen ihm und der Klägerin hingewiesen haben. An der von der Kommission im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Stelle der Abschrift von Herrn S. (FC) heißt es in seinen Notizen zu diesem Telefonat vom 16. Dezember 1996: „[VERTRAULICH]“. In dem dieses Telefonat betreffenden Teil des 349. Erwägungsgrundes wird auch auf den 130. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Dort führt die Kommission aus, sie betrachte dies als Beleg für die Beteiligung der Klägerin am Kartell, da sie an einem rechtswidrigen Kontakt mit einem Wettbewerber beteiligt gewesen sei.

181    Was zweitens die Notizen von Herrn S. (FC) zu seinem Telefonat vom 4. Dezember 1998 mit Herrn S. (EKA) angeht, soll Herr S. (EKA) auf ein Gespräch zwischen Arkema France und der Klägerin hingewiesen haben. An der von der Kommission im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Stelle der Abschrift von Herrn S. (FC) heißt es in seinen Notizen zu diesem Telefonat vom 4. Dezember 1998: „[VERTRAULICH]“. In dem dieses Telefonat betreffenden Teil des 349. Erwägungsgrundes wird auch auf den 219. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung verwiesen, wo dasselbe Zitat wiederholt wird.

182    Was drittens die Notizen von Herrn S. (FC) zu seinem Telefonat vom 9. Dezember 1999 mit Herrn L. (Arkema France) angeht, soll einer von diesen angegeben haben, mit der Klägerin gesprochen zu haben. Zu diesem Telefonat führt die Kommission im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus, sie habe nicht bestimmen können, wer von den beiden Gesprächsteilnehmern mit der Klägerin gesprochen habe. Entgegen der von der Kommission in diesem 349. Erwägungsgrund vertretenen Auffassung ist eine solche Unbestimmtheit aber nicht unerheblich. Je mehr Mittelspersonen es nämlich gibt, desto geringer wird die Glaubhaftigkeit des Beweismittels für den fraglichen Kontakt. Wenn tatsächlich Herr S. (FC) dieses Gespräch mit der Klägerin geführt hätte, wäre folglich diese Abschrift glaubhafter, als wenn Herr L. (Arkema France) dies getan hätte.

183    Sodann ist ebenfalls zu diesem Telefonat vom 9. Dezember 1999 festzustellen, dass die einschlägige Stelle der Notizen von Herrn S. (FC), wie sie die Kommission im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wiedergibt, wie folgt lautet: „[VERTRAULICH]“. In dem dieses Telefonat betreffenden Teil des 349. Erwägungsgrundes wird auch auf den 258. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung verwiesen. Dort weist die Kommission darauf hin, dass die beiden Gesprächsteilnehmer bei dieser Gelegenheit über die Notwendigkeit einer neuen allgemeinen Regelung für die Wettbewerber gesprochen hätten. Zusätzlich zu der genannten Stelle, wie sie die Kommission im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wiedergibt, soll nach dem 258. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung in den Notizen von Herrn S. (FC) Folgendes festgehalten sein:

„[VERTRAULICH].“

184    Als Zweites ist hervorzuheben, dass die Kommission, wie aus dem 350. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, der Auffassung ist, die drei in deren 349. Erwägungsgrund angeführten Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) zeigten eindeutig, dass es direkte telefonische Kontakte mit der Klägerin gegeben habe und dass diese somit einen unmittelbaren Beitrag zu den Gesamtabsprachen über die Preise geleistet habe. Zudem meint die Kommission in ihren Schriftsätzen und ihren Antworten auf die vom Gericht in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen zum einen, dass diese drei Beweismittel besonders aufschlussreich seien und daher die Hauptbeweismittel gegen die Klägerin darstellten für den Nachweis ihrer Beteiligung an der einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung mit europaweiter Ausdehnung, die die Kommission verfolge, zum anderen, dass die Klägerin diese Aussagen nicht bestritten habe, und schließlich, dass diese Beweise aus dem Zeitraum des Sachverhalts die Klägerin besonders stark belasteten, aber nicht die einzigen Beweise seien, die die Kommission gesammelt habe. Dagegen bestreitet die Klägerin den Beweiswert dieser Beweismittel aus dem Zeitraum des Sachverhalts für ihre angebliche Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung.

185    Hierzu ist erstens festzustellen, dass die Klägerin, anders als von der Kommission vorgetragen, in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (vgl. dort u. a. Randnr. 76) den Beweiswert der Notizen von Herrn S. (FC) bestritten hat, insbesondere derjenigen zu dem Telefonat vom 16. Dezember 1996.

186    Zweitens ist allgemein festzustellen, dass diese im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten drei Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC), anders als von der Kommission vorgetragen, mittelbare Beweise für die behauptete Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung darstellen.

187    Nach diesen drei Hinweisen wurde nämlich in Telefonaten zwischen Herrn S. (FC) und Herrn S. (EKA) (Telefonate vom 16. Dezember 1996 und vom 4. Dezember 1998) oder zwischen Herrn S. (FC) und Herrn L. (Arkema France) (Telefonat vom 9. Dezember 1999) entweder ein Gespräch zwischen Herrn S. (FC) und der Klägerin (vgl. die Notizen von Herrn S. [FC] über seine Telefonate vom 16. Dezember 1996 und vom 9. Dezember 1999 – soweit, ungeachtet der in dieser Hinsicht von der Kommission geäußerten Zweifel, dieses letztgenannte Telefonat zwischen Herrn S. [FC] und der Klägerin stattgefunden hat) oder ein Gespräch zwischen Arkema France und der Klägerin (vgl. die Notizen von Herrn S. [FC] über sein Telefonat vom 4. Dezember 1998) erwähnt.

188    Folglich beziehen sich, wie von der Klägerin vorgetragen, diese drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Hinweise in den Notizen von Herrn S. (FC) lediglich mittelbar auf ein Gespräch zwischen einem der Wettbewerber der Klägerin und dieser, das vor dem Ereignis, auf das sich diese Hinweise jeweils unmittelbar beziehen, stattgefunden haben soll. Dadurch wird der Beweiswert dieser Beweise beeinträchtigt, da sie nicht selbst unmittelbar den Nachweis für die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung darstellen. Solche Notizen können einen unmittelbaren Beweis für diese Beteiligung nur darstellen, wenn die Kommission dieses Beweismittel unmittelbar bei der Klägerin beschafft hat (etwa bei einer Durchsuchung der Geschäftsräume der Klägerin, die im vorliegenden Fall nicht vorgenommen wurde) oder wenn es sich zumindest um eine handschriftliche Notiz aus dem Zeitraum des Sachverhalts (wie jene von Herrn S. [FC]) handelt, in der der Inhalt eines Gesprächs zwischen dem Verfasser der Notiz und der Klägerin wiedergegeben wird. Im vorliegenden Fall stellt jedoch keiner der drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Hinweise in den Notizen von Herrn S. (FC) einen solchen unmittelbaren Beweis für die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung dar.

189    Die drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) stellen somit zwar Beweise aus der Zeit der Zuwiderhandlung für Ereignisse dar, die für diese charakteristisch sind, doch handelt es sich keineswegs um Hinweise aus der Zeit von Ereignissen, an denen die Klägerin unmittelbar beteiligt war. Daher ist, obwohl sich diese drei Hinweise auf im Zeitraum der Zuwiderhandlung eingetretene Ereignisse beziehen, für die Beurteilung ihrer Beweiskraft zu prüfen, ob sie durch andere Beweismittel hinreichend bestätigt werden.

190    Drittens erscheint es, was die behaupteten Gespräche zwischen Herrn S. (FC) und der Klägerin angeht, von denen in den Notizen von Herrn S. (FC) zu den Telefonaten vom 16. Dezember 1996 und vom 9. Dezember 1999 die Rede ist – auch hier soweit, ungeachtet der von der Kommission in dieser Hinsicht geäußerten Zweifel, dieses letztgenannte Telefonat zwischen Herrn S. (FC) und der Klägerin stattgefunden hat – überraschend, dass deren Inhalt in diesen Notizen von Herrn S. (FC) nicht festgehalten wurde.

191    Wie nämlich aus den Akten und ganz besonders aus den Auszügen der Notizen von Herrn S. (FC) hervorgeht, pflegte dieser offensichtlich seine Kontakte (telefonisch oder bei Sitzungen) mit den Wettbewerbern von FC in Notizen festzuhalten. Dies deutet übrigens auch die Kommission im letzten Satz des 351. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung an, wenn sie behauptet: „Die Notizen von [Herrn S. (FC)] sind Protokolle oder Aufzeichnungen über Zusammenkünfte und Telefonate, an denen er selbst teilgenommen hat.“ Es gibt aber in diesen Notizen weder ein Protokoll noch eine Aufzeichnung über ein unmittelbares Telefonat zwischen Herrn S. (FC) und der Klägerin.

192    Viertens ergibt sich aus dem Protokoll der Anhörung von Herrn S. (FC) durch die Kommission, dass er die beiden Gespräche mit der Klägerin, wie sie in seinen Notizen über seine Telefonate vom 16. Dezember 1996 und vom 9. Dezember 1999 angeführt sind, bei dieser Gelegenheit nicht erwähnt und folglich nicht bestätigt hat. Die Kommission hielt es bei dieser Anhörung nicht einmal für erforderlich, Herrn S. (FC) um Aufklärung zu bitten, weder hinsichtlich des Fehlens eines Protokolls in seinen Notizen betreffend diese behaupteten Telefonate noch hinsichtlich ihres Inhalts und noch nicht einmal hinsichtlich der Bedeutung der drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Hinweise auf die Klägerin in seinen Notizen.

193    Als Drittes ist angesichts der Erwägungen in den vorstehenden Randnrn. 184 bis 192 zu prüfen, welcher Beweiswert diesen drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung genannten Hinweisen beigemessen werden kann.

194    Was erstens die Notizen von Herrn S. (FC) über das Telefonat vom 16. Dezember 1996 angeht, kann zwar in dem von der Kommission im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgehobenen Hinweis in dieser Notiz „[VERTRAULICH]“ ein Anfangsbeweis für das Bestehen von unmittelbaren Kontakten zwischen einem Kartellmitglied und der Klägerin gesehen werden.

195    Doch ist, wie in den allgemeinen Erwägungen in den vorstehenden Randnrn. 186 bis 192 hervorgehoben, festzustellen, dass es keine Notizen von Herrn S. (FC) gibt, die unmittelbar sein behauptetes Gespräch mit der Klägerin betreffen, auf das in seinen Notizen über das Telefonat vom 16. Dezember 1996 verwiesen wird. Auch das Protokoll seiner Anhörung enthält keine Information über das Telefonat vom 16. Dezember 1996 oder über das behauptete vorherige Gespräch mit der Klägerin. Ferner führt die Kommission im 130. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der dieses Telefonat betrifft, keinen weiteren Nachweis an, der den Notizen von Herrn S. (FC) insoweit hinreichenden Beweiswert verleihen könnte. Im Übrigen ergibt sich aus den Erklärungen von EKA nichts, was den Inhalt des Telefonats vom 16. Dezember 1996, wie er in dieser Notiz von Herrn S. (FC) wiedergegeben wird, bestätigen könnte.

196    Mithin stellt in Ermangelung eines Beweismittels, das den Wortlaut der Notizen von Herrn S. (FC) betreffend das Telefonat vom 16. Dezember 1996 bestätigt, bei dem der Name der Klägerin gefallen sein soll, an dem diese aber nicht unmittelbar beteiligt war, dieser Hinweis auf die Klägerin in den genannten Notizen kein hinreichend verlässliches Beweismittel für den Beweis ihrer Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung dar.

197    Zweitens kann, was die Notizen von Herrn S. (FC) über das Telefonat vom 4. Dezember 1998 zwischen ihm und Herrn S. (EKA) angeht, trotz des vagen Charakters der Begriffe, mit denen die Kommission das behauptete Gespräch zwischen Arkema France und der Klägerin beschreibt, in dem von der Kommission im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgehobenen Hinweis in dieser Notiz, nämlich „[VERTRAULICH]“, ebenfalls ein Anfangsbeweis für das Bestehen von unmittelbaren Kontakten zwischen einem Kartellmitglied und der Klägerin gesehen werden.

198    Gleichwohl ist jedoch zunächst festzustellen, dass diese Notiz nicht ein Gespräch zwischen einem der Teilnehmer dieses Telefonats vom 4. Dezember 1998 und der Klägerin, sondern ein Gespräch zwischen einem Dritten, Arkema France, und der Klägerin wiedergibt. Sodann ergibt sich aus dem Protokoll der Anhörung von Herrn S. (FC) durch die Kommission keine Information, die zusätzlichen Aufschluss über den Wortlaut dieses Telefonats vom 4. Dezember 1998, wie es in den Notizen festgehalten ist, gäbe. Ferner führt die Kommission im 219. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der sich auf dieses Telefonat bezieht, keinen weiteren Nachweis an, der den Notizen von Herrn S. (FC) insoweit hinreichenden Beweiswert verleihen könnte. Auch hier ergibt sich wiederum aus den Erklärungen von EKA nichts, was den Inhalt des Telefonats vom 4. Dezember 1998, wie er in dieser Notiz von Herrn S. (FC) wiedergegeben wird, bestätigen könnte. Schließlich ergibt sich aus den Erklärungen von Arkema France (Herr L. [Arkema France]) in der Anhörung am 24. September 2004 durch die Kommission nichts, was den Inhalt des Telefonats vom 4. Dezember 1998 bestätigen könnte, wie er in den Notizen von Herrn S. (FC) wiedergegeben ist, nämlich dass Arkema France mit der Klägerin gesprochen habe. Diese Feststellung überrascht im Übrigen nicht, da, wie die Klägerin geltend macht, aus dem Protokoll der genannten Anhörung von Arkema France hervorgeht, dass diese die Klägerin nur für einen ersten Zeitraum von Oktober 1994 bis Mitte 1998 und nicht mehr für den zweiten Zeitraum von Mitte 1998 bis Mai 2000 als Kartellmitglied nennt.

199    Mithin stellt in Ermangelung jeglichen Beweismittels, das den Wortlaut der Notizen von Herrn S. (FC) betreffend das Telefonat vom 4. Dezember 1998 bestätigt, dieser Hinweis auf die Klägerin in den genannten Notizen kein hinreichend verlässliches Beweismittel für den Beweis ihrer Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung dar.

200    Drittens kann auch im Fall der Notizen von Herrn S. (FC) über das Telefonat vom 9. Dezember 1999 in dem von der Kommission im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgehobenen Hinweis in dieser Notiz „[VERTRAULICH]“ ein Anfangsbeweis für das Bestehen von unmittelbaren Kontakten zwischen einem Kartellmitglied und der Klägerin gesehen werden.

201    Gleichwohl ist zum einen, sofern Herr S. (FC) mit der Klägerin gesprochen haben sollte, wie bereits in den allgemeinen Erwägungen oben in den Randnrn. 186 bis 192 hervorgehoben, festzustellen, dass es keine Notizen von Herrn S. (FC) gibt, die unmittelbar sein behauptetes Gespräch mit der Klägerin betreffen, auf das in seinen Notizen verwiesen wird. Auch das Protokoll seiner Anhörung enthält keine Information über dieses behauptete Gespräch mit der Klägerin. Im Übrigen führt die Kommission im 258. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung, der dieses Telefonat betrifft, keinen weiteren Nachweis an, der den Notizen von Herrn S. (FC) in Bezug auf das Telefonat vom 9. Dezember 1999 hinreichenden Beweiswert verschaffen könnte. Schließlich ergibt sich wie bei dem Telefonat vom 4. Dezember 1998 aus den Erklärungen von Arkema France (Herr L. [Arkema France]) in der Anhörung am 24. September 2004 durch die Kommission nichts, was dem Gericht hinsichtlich der von Herrn S. (FC) während seines Telefonats vom 9. Dezember 1999 gemachten Notizen Klarheit verschaffen könnte.

202    Zum anderen wäre, selbst wenn es Herr L. (Arkema France) gewesen sein sollte, der mit der Klägerin gesprochen hat, festzustellen, dass zwischen dem Inhalt dieses Gesprächs, wie es von Herrn S. (FC) in seinen Notizen festgehalten wurde, und den Erklärungen von Herrn L. (Arkema France) in seiner Anhörung vom 24. September 2004 ein Widerspruch bestünde. Denn nach den Erklärungen von Arkema France in dieser Anhörung hat es nicht nur keinen Kontakt zwischen ihr und der Klägerin gegeben, sondern vor allem ist auch hier zu berücksichtigen, dass die Klägerin, wie von ihr geltend gemacht, von Arkema France nur für einen ersten Zeitraum von Oktober 1994 bis Mitte 1998 und nicht mehr für den Zeitraum von Mitte 1998 bis Mai 2000 als Kartellmitglied genannt wird.

203    Mithin stellt in Ermangelung eines Beweismittels, das den Wortlaut der Notizen von Herrn S. (FC) betreffend das Telefonat vom 9. Dezember 1999 bestätigen kann, dieser Hinweis auf die Klägerin in den genannten Notizen kein hinreichend verlässliches Beweismittel für den Beweis ihrer Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung dar.

204    Aus den oben in den Randnrn. 178 bis 203 dargelegten Erwägungen ist in Ermangelung eines Beweismittels, das den Inhalt der drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Hinweise auf die Klägerin in den Notizen von Herrn S. (FC) bestätigt, davon auszugehen, dass diese drei von der Kommission herangezogenen Beweismittel nicht hinreichend verlässlich sind, um für sich allein als Beweismittel dienen zu können, mit denen das rechtswidrige Verhalten der Klägerin nachgewiesen wird.

–       Zu den Erklärungen von FC und von EKA

205    Was die Erklärungen der Wettbewerber der Klägerin angeht, sind, wie oben in Randnr. 175 ausgeführt, nur die Erklärungen von EKA und von FC zu prüfen.

206    Als Erstes ist das Vorbringen der Klägerin gegen die Glaubhaftigkeit der Erklärungen der Wettbewerber zu prüfen, mit denen diese die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit erreichen wollen. Insoweit genügt der Hinweis, dass es, wie aus der oben in den Randnrn. 100 bis 106 angeführten Rechtsprechung hervorgeht, der Kommission nach keiner Bestimmung und keinem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verboten ist, gegen ein Unternehmen Erklärungen anderer beschuldigter Unternehmen zu verwenden, auch wenn sie bei der Kommission im Rahmen eines Antrags auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit abgegeben wurden, um einen Erlass oder eine Herabsetzung der Geldbuße zu erwirken. Jedoch kann, wie aus diesen Randnummern hervorgeht, eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einem Kartell beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen beschuldigten Unternehmen bestritten wird, nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden, wenn sie nicht durch andere Beweise untermauert wird, wobei jedoch der erforderliche Grad der Erhärtung aufgrund der Glaubhaftigkeit der fraglichen Erklärungen geringer sein kann. Ein solches Erfordernis der Untermauerung der Erklärung eines Unternehmens gilt auch dann, wenn diese Erklärung von einem anderen beschuldigten Unternehmen bestritten wird. Im vorliegenden Fall steht jedoch fest, dass die Klägerin die Richtigkeit der Erklärungen von EKA und von FC bestreitet.

207    Als Zweites ist daher die Glaubhaftigkeit der Erklärungen von EKA und von FC zu prüfen.

208    Was erstens die Erklärungen von EKA angeht, werden diese von der Kommission im Abschnitt 4.3 in Bezug auf die Zusammenkunft von Turku vom 14. Oktober 1997 und die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 angeführt.

209    Die Erklärungen von EKA über die Zusammenkunft von Turku vom 14. Oktober 1997 von FC und EKA sind im 162. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung im Abschnitt 4.3 angeführt. An dieser im 162. Erwägungsgrund wiedergegebenen Stelle der Erklärungen von EKA wird darauf hingewiesen, dass FC die eigenen Lieferungen nach Portugal und Spanien ständig ausgeweitet habe und daher die Gefahr bestanden habe, dass spanische Hersteller auch auf den französischen Markt drängten. EKA habe dann erklärt: „[VERTRAULICH].“

210    Weiter führt die Kommission in den Erwägungsgründen 163 und 164 der angefochtenen Entscheidung die Notizen von Herrn S. (FC) und die von Herrn W. (EKA) an. Es ist jedoch hervorzuheben, dass in diesen Notizen zwar von Besorgnissen von Arkema France und EKA wegen der Aussichten auf dem spanischen Markt die Rede ist, der Name der Klägerin darin aber nicht unmittelbar oder mittelbar vorkommt.

211    Schließlich stellt die Kommission in ihrer Schlussfolgerung im 165. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zur Zusammenkunft von Turku vom 14. Oktober 1997 Folgendes fest:

„Gesprochen wurde auch darüber, dass [FC] die Marktanteile in Portugal, Spanien und Frankreich nicht respektiert habe. EKA und [FC] vereinbarten Preiserhöhungen auch in diesen Ländern vorbehaltlich entsprechender Unterstützung durch andere Wettbewerber.“

212    Dieser von der Kommission vertretenen Auslegung der im 162. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Erklärungen von EKA kann nicht gefolgt werden. Aus dem Wortlaut dieser Erklärung geht nämlich nur hervor, dass EKA und FC sich darauf geeinigt hatten, zu beobachten, wie die anderen Wettbewerber auf etwaige Preiserhöhungen ihrerseits reagieren würden. Dagegen lässt sich daraus angesichts der Aktenunterlagen entgegen der von der Kommission im 165. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geäußerten Ansicht nicht herleiten, dass eine Preiserhöhung von der Unterstützung von Wettbewerbern wie der Klägerin abhängig gemacht worden sei. Zudem ist, wie oben bereits hervorgehoben, in diesen in den Erwägungsgründen 163 und 164 der angefochtenen Entscheidung angeführten Notizen von Herrn S. (FC) und Herrn W. (EKA) zwar von Störungen auf den Märkten in Spanien und Portugal und der Gefahr von Auswirkungen auf den französischen Markt die Rede, doch wird in ihnen weder eine Beteiligung der Klägerin erwähnt noch die Erklärung von EKA hinsichtlich des Bestehens einer Vereinbarung über eine Preiserhöhung bestätigt, die von einer Unterstützung von Wettbewerbern wie der Klägerin abhängig sei.

213    Schließlich lässt sich, wie die Klägerin vorträgt, im Rahmen des normalen Verhaltens der Akteure auf einem wettbewerbsbestimmten Markt nicht ausschließen, dass, wenn einer von ihnen aufgrund des Vordringens eines Wettbewerbers Marktanteile verliert, er versucht, Kunden auf Nachbarmärkten zu gewinnen. Daher kann entgegen dem Vortrag der Kommission der Umstand, dass FC und EKA bei der Zusammenkunft von Turku vom 14. Oktober 1997 möglicherweise davon gesprochen haben, dass eine Erhöhung der Liefermengen von FC auf dem spanischen Markt Rückwirkungen auf den französischen Markt haben könne, nicht ohne zusätzliche Beweismittel als Nachweis dafür betrachtet werden, dass ein Wettbewerber wie die Klägerin an einer Zuwiderhandlung im Sinne von Art. 81 EG beteiligt war. Somit ist in Ermangelung zusätzlicher Beweismittel, durch die diese Erklärung von EKA gestützt wird, davon auszugehen, dass die Klägerin die Glaubhaftigkeit dieser Erklärung zu Recht in Frage stellt.

214    Die Erklärungen von EKA über die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 werden von der Kommission im Abschnitt 4.3 der angefochtenen Entscheidung angeführt. Im Einzelnen stellt sie im 182. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest: „In ihren Einlassungen haben EKA, [FC] und [die Klägerin] erklärt, [Herr S. (EKA)], [Herr L. (Arkema France)], [Herr A. (Aragonesas)] und [Herr S. (FC)] seien an dieser Zusammenkunft beteiligt gewesen.“ Folglich ist, da, wie oben ausgeführt, der Beweis der dritten Kategorie, über den die Kommission verfügt, in dem Eingeständnis der Klägerin besteht, an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 teilgenommen zu haben, die Prüfung der Glaubhaftigkeit der Erklärungen von EKA über diese Zusammenkunft zurückzustellen, um sie im Rahmen der Würdigung des Beweiswerts dieses Eingeständnisses vorzunehmen.

215    Was zweitens die Erklärungen von FC angeht, werden diese von der Kommission im Abschnitt 4.3 nur in Bezug auf die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 angeführt. Im Einzelnen stellt sie auch insoweit im 182. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest: „In ihren Einlassungen haben EKA, [FC] und [die Klägerin] erklärt, [Herr S. (EKA)], [Herr L. (Arkema France)], [Herr A. (Aragonesas)] und [Herr S. (FC)] seien an dieser Zusammenkunft beteiligt gewesen.“ Folglich ist aus den gleichen Gründen wie den oben in Randnr. 214 zu den Erklärungen von EKA über die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 angeführten die Prüfung der Glaubhaftigkeit der Erklärungen von FC über diese Zusammenkunft zurückzustellen, um sie im Rahmen der Würdigung des Beweiswerts dieses Eingeständnisses vorzunehmen.

–       Zum Eingeständnis der Klägerin betreffend ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998

216    Die Klägerin bestreitet nicht, an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 teilgenommen zu haben. Sie macht jedoch geltend, dass diese Teilnahme, wie aus den Notizen von Herrn S. (FC) hervorgehe, eine partielle gewesen sei und dass eine solche Teilnahme an einem einzigen von den im Anhang I der angefochtenen Entscheidung aufgelisteten 72 wettbewerbswidrigen Kontakten für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung nicht ausreiche.

217    Was das Eingeständnis der Klägerin betreffend ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 angeht, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung das ausdrückliche oder stillschweigende Eingeständnis tatsächlicher oder rechtlicher Gesichtspunkte durch ein Unternehmen während des Verwaltungsverfahrens vor der Kommission ein ergänzendes Beweismittel bei der Beurteilung der Begründetheit einer Klage darstellen kann (Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, Slg. 2010, I‑6375, Randnr. 90).

218    Daher ist, um ein solches Eingeständnis als verlässliches Beweismittel heranziehen zu können, bei der Beurteilung der Begründetheit einer Klage zu prüfen, ob der Wortlaut dieses Eingeständnisses die sonstigen von der Kommission zusammengetragenen Beweise betreffend die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 ergänzt.

219    Was als Erstes die Teilnahme der Klägerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 angeht, steht zunächst fest, dass die Klägerin während des Verwaltungsverfahrens vor der Kommission ausdrücklich eingeräumt hat, daran teilgenommen zu haben.

220    Sodann ist festzustellen, dass – anders als von der Kommission in ihren Schriftsätzen ursprünglich behauptet und wie von ihr in ihrer Stellungnahme vom 3. September 2010 zum Sitzungsbericht ausdrücklich eingeräumt – die Teilnahme der Klägerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 ihre erste Teilnahme an einem Treffen des fraglichen Kartells war. Diese Feststellung ergibt sich im Übrigen ausdrücklich aus den Erklärungen von FC, wie sie in der Kommissionsakte enthalten sind. Aus dem Wortlaut dieser Erklärungen geht in Bezug auf die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 hervor, dass dieses Kartelltreffen mit den vorausgegangenen vergleichbar war „mit dem Unterschied, dass daran auch [die Klägerin] beteiligt war“.

221    Als Zweites geht aus den Erwägungsgründen 182 bis 186 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission neben diesem ausdrücklichen Eingeständnis der Klägerin betreffend ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 ausdrücklich auf weitere Beweismittel verwiesen hat, die die Feststellung dieser Teilnahme ermöglichen. So hat sie zum einen auf die Notizen von Herrn S. (FC) zu dieser Zusammenkunft, wiedergegeben auf den Seiten 1159 und 1160 der Kommissionsakte, und zum anderen auf die Erklärungen von EKA verwiesen.

222    Zu den genannten Seiten der Akte mit den Notizen von Herrn S. (FC) hat die Klägerin auf eine Frage in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie sich nicht mehr sicher sei, dass die auf diesen Seiten wiedergegebenen Notizen sich tatsächlich auf die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 bezögen, und dass sie, wenn dies der Fall sein sollte, eine Zusammenkunft beschrieben, an der Herr A. (Aragonesas) nicht teilgenommen habe.

223    Erstens stellt das Gericht hierzu fest, dass die Klägerin in Randnr. 24 ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte klar ersichtlich aus den Notizen von Herrn S. (FC) übernommene Stellen in Klammern anführt, insbesondere die Stellen aus den Gedankenstrichen 14 bis 22 und 24 bis 32 dieser Notizen. Zudem bezieht sich die Klägerin in dieser Randnr. 24 ausdrücklich auf die Randnr. 163 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, die den Wortlaut der Notizen von Herrn S. (FC) betreffend die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 wiedergebe. Schließlich äußert sich die Klägerin in Randnr. 25 ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zu dem Inhalt der in Randnr. 163 dieser Mitteilung angeführten Notizen, bestreitet aber zu keiner Zeit, dass diese Notizen die Gespräche während der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998, bei der Herr A. (Aragonesas) anwesend war, betreffen.

224    Zweitens geht aus dem zweiten Absatz der Einleitung der Notizen von Herrn S. (FC) betreffend die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998, wie oben auf der Seite 1159 der Kommissionsakte wiedergegeben, hervor, dass Herr S. (FC) und Herr L. (Arkema France) die Teilnahme der Klägerin an dieser Zusammenkunft vorgesehen hatten.

225    Drittens geht aus den von Herrn S. (FC) bei der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 gemachten Notizen, wie sie auf den Seiten 1159 und 1160 der Kommissionsakte wiedergegeben sind, hervor, ohne dass die Klägerin dies in ihren Schriftsätzen oder in der mündlichen Verhandlung bestritten hätte, dass ihr Name implizit in Form von Abkürzungen, nämlich „Arag“ oder „Ara“, oder mittelbar durch den Namen ihres Vertreters Herrn A. (Aragonesas) in den Gesprächen vorkommt, die während dieser Zusammenkunft zwischen den Teilnehmern stattfanden.

226    Daher ist davon auszugehen, dass die Notizen von Herrn S. (FC), wie sie auf den Seiten 1159 und 1160 der Kommissionsakte aufgeführt sind, entgegen der Behauptung der Klägerin die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 betreffen, an der teilgenommen zu haben sie eingeräumt hat. Diese Notizen stammen somit aus der Zeit eines Ereignisses, an dem die Klägerin unmittelbar beteiligt war.

227    Da das Eingeständnis der Klägerin betreffend ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 die Notizen von Herrn S. (FC) und die Erklärungen von EKA und von FC betreffend die Teilnahme der Klägerin an dieser Zusammenkunft (siehe oben, Randnrn. 214 und 215) im Sinne der oben in Randnr. 217 angeführten Rechtsprechung ergänzt, stellen dieses Eingeständnis und die genannten Notizen und Erklärungen hinreichend verlässliche Beweise dar, so dass sie der Klägerin zu Recht entgegengehalten werden können.

 Genauigkeit und Übereinstimmung des Indizienbündels, auf das sich die Kommission für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung stützt

228    Im Licht der oben in den Randnrn. 95 und 96 angeführten Rechtsprechung und der vorstehenden Feststellungen zu den von der Kommission zusammengetragenen Beweismitteln und zu ihrem jeweiligen Beweiswert ist an dieser Stelle umfassend zu würdigen, ob das Indizienbündel, auf das die Kommission den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung stützt, den Anforderungen an Genauigkeit und Übereinstimmung genügt, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung beteiligt war.

229    Als Erstes ist festzustellen, dass in Bezug auf die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998, an der teilgenommen zu haben die Klägerin einräumt, sowohl aus den Notizen von Herrn S. (FC) als auch aus den Erklärungen von FC und von EKA hervorgeht, dass die Teilnehmer dieser Zusammenkunft bei dieser Gelegenheit zum einen sensible Informationen über ihre Tätigkeiten im gesamten EWR-Gebiet ausgetauscht und zum anderen ihre Marktanteile und Lieferpreise untereinander ausgehandelt haben.

230    Insoweit haben die Teilnehmer erstens, wie die Kommission zutreffend in den Erwägungsgründen 183 bis 186 der angefochtenen Entscheidung hervorhebt, die Natriumchloratmärkte in Spanien, Frankreich und Portugal eingehend untersucht und dabei auch über ihre Situation auf dem Markt in Belgien gesprochen.

231    So ergibt sich zunächst aus den Gedankenstrichen 9 bis 32 der Notizen von Herrn S. (FC), dass die Teilnehmer in Bezug auf diese Märkte insbesondere für die Jahre 1996 und 1997 Daten über ihre Produktionsmengen, ihre Lieferpreise und ihre Marktanteile ausgetauscht haben. Die Klägerin bestreitet zwar die sie betreffende Menge, wie sie in den Gedankenstrichen 14 und 19 der Notizen von Herrn S. (FC) zu der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 angegeben ist. Es ist jedoch festzustellen, dass die Klägerin einräumt, an dieser Zusammenkunft teilgenommen zu haben, dass sie nicht den Gegenstand der in den Gedankenstrichen 9 bis 28 dieser Notizen erwähnten Gespräche bestreitet, dass sie nicht ihre Teilnahme an den in den Gedankenstrichen 14 und 19 dieser Notizen erwähnten Gesprächen, sondern nur die dort in Bezug auf sie angegebenen Mengen bestreitet, und schließlich, dass sie auch nicht die im 21. Gedankenstrich wiedergegebene Aussage „[VERTRAULICH]“ und die im 22. Gedankenstrich wiedergegebene Aussage „[VERTRAULICH]“ bestreitet.

232    Sodann haben die Teilnehmer, wie aus den Notizen von Herrn S. (FC) zu der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998, seinen Erklärungen und den Erklärungen von EKA von 2003 hervorgeht, auch Verhandlungen über die Aufteilung von Marktanteilen und sogar über die Preisfestsetzung aufgenommen. So wird im 23. Gedankenstrich der Notizen von Herrn S. (FC) über die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 darauf hingewiesen, dass in Bezug auf den spanischen Markt bei einer ersten Verhandlung FC größere Mengen erhalten habe und bei einer zweiten Verhandlung „[VERTRAULICH]“. Weiter geht aus den Gedankenstrichen 29 und 30 der Notizen von Herrn S. (FC) hervor, dass, hier in Bezug auf den französischen Markt, [VERTRAULICH].

233    Folglich ergibt sich aus diesen Notizen, dass, wie die Erklärungen von FC und von EKA bestätigen, der Zweck der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 wettbewerbswidrig war und die Verhandlungen mehrere Märkte im Gebiet des EWR betrafen. Die Klägerin kann somit angesichts ihrer wesentlichen Teilnahme an der genannten Zusammenkunft und insbesondere der von ihr beanspruchten Mengen auf den Märkten in Spanien und Frankreich sowie der Bestätigung, auf dem letztgenannten Markt ihre Preise beizubehalten, nicht behaupten, dass sie den wettbewerbswidrigen Zweck dieser Zusammenkunft nicht erkannt habe oder nicht habe erkennen können. Schließlich war die Teilnahme der Klägerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 offensichtlich von ihr gewollt, und es gibt keinen Nachweis dafür, dass sie sich öffentlich von dem wettbewerbswidrigen Zweck dieser Zusammenkunft distanziert hätte.

234    Zweitens können diese Feststellungen nicht durch die Behauptung der Klägerin in Frage gestellt werden, dass ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 nur eine partielle gewesen sei. Denn auf die Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung betreffend den Zweck ihrer Teilnahme und ob diese vollständig oder partiell war, hat die Klägerin weder dargetan, dass sie mit ihrer Teilnahme ein anderes Ziel als die anderen Teilnehmer dieser Zusammenkunft verfolgte, noch, dass sie sich von deren Inhalt öffentlich distanziert hatte, noch hat sie einen sonstigen Beweis erbracht, der mit einem gewissen Grad an Sicherheit dafür spräche, dass ihre Teilnahme an dieser Zusammenkunft, wie von ihr behauptet, eine partielle war.

235    Die Klägerin stützt ihre Behauptung, ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 sei eine partielle gewesen, lediglich zum einen darauf, dass diese Zusammenkunft ganz informell und sehr kurz gewesen sei, zum anderen auf den Wortlaut des zweiten Absatzes der Einleitung oben auf der Seite 1159 der Akte, und hat schließlich in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass Herr A. (Aragonesas) die Zusammenkunft, bei der er sie vertreten habe, verlassen habe, um nach Madrid zu reisen.

236    Was den informellen Charakter der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 betrifft, genügt der Hinweis, dass, wie aus den vorstehenden Randnrn. 230 bis 233 hervorgeht, ihr Zweck unabhängig von ihrer Form wettbewerbswidrig war und die Klägerin sowohl diesen Zweck als auch die räumliche Ausdehnung der fraglichen Zuwiderhandlung kennen musste.

237    Was den Wortlaut des zweiten Absatzes der Einleitung angeht, ist zunächst festzustellen, dass, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, dieser Absatz nicht in den handschriftlichen Originalnotizen von Herrn S. (FC) enthalten, sondern von diesem bei der Erstellung der Abschrift in englischer Sprache hinzugefügt worden war. Sodann ergibt sich aus diesem Wortlaut offenkundig, dass Herr S. in diesem zweiten Absatz der Einleitung den Inhalt eines Telefonats wiedergab, das zwischen ihm und Herrn L. (Arkema France) am 14. Januar 1998 stattgefunden hatte.

238    Sowohl aus diesem Absatz als auch aus den bei diesem Telefonat vom 14. Januar 1998 von Herrn S. (FC) gemachten Notizen, die auf Seite 1147 der Kommissionsakte wiedergegeben sind, geht zwar hervor, dass Herr S. (FC) und Herr L. (Arkema France) über die Teilnahme der Klägerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 gesprochen und vorgesehen hatten, dass diese Teilnahme auf die Gespräche über die Märkte in Spanien, Frankreich und Portugal beschränkt sein sollte. Doch ergibt sich weder aus den Notizen von Herrn S. (FC) noch den Erklärungen von EKA, dass die Teilnahme der Klägerin tatsächlich eine partielle war.

239    Mit ihrer in der mündlichen Verhandlung auf Fragen des Gerichts geäußerten Behauptung, Herr A. (Aragonesas) habe die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 wegen seines Rückflugs nach Madrid sehr bald verlassen, vermag die Klägerin nicht darzutun, dass sie an dieser Sitzung nur partiell teilnahm. Wie von der Kommission in der mündlichen Verhandlung – seitens der Klägerin unwidersprochen – vorgetragen, geht aus den schriftlichen Antworten der Klägerin (auf den Seiten 12856 und 12857 der Kommissionsakte, vgl. Anhang E.1) auf Fragen der Kommission betreffend die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 nämlich hervor, dass diese ausdrücklich angegeben hat, dass zum einen aus einer Aufstellung für eine Bankkarte von Herrn A. (Aragonesas) hervorgehe, dass dieser am Abend des 28. Januar 1998 im Brüsseler Sheraton Hotel gewesen sei, und zum anderen Anmerkungen auf der genannten Aufstellung zufolge erstens der Zweck seiner Reise nach Brüssel die Teilnahme an einer offiziellen CEFIC‑Sitzung gewesen sei und er zweitens am Rande dieser offiziellen Sitzung an einer Zusammenkunft teilgenommen habe, die am selben Tag wie diese offizielle Sitzung stattfinden sollte. Infolgedessen greift das Vorbringen der Klägerin nicht durch, dass Herr A. (Aragonesas) diese Zusammenkunft wegen seines Rückflugs noch am selben Abend nach Madrid habe verlassen müssen.

240    Schließlich hat die Klägerin ebenso zu Unrecht in ihren Antworten auf Fragen des Gerichts ausgeführt, aus dem 40. Gedankenstrich der Notizen von Herrn S. (FC) betreffend die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 ergebe sich, dass Herr A. (Aragonesas) bei der Zusammenkunft nicht zugegen gewesen sei. In diesem 40. Gedankenstrich heißt es: „[VERTRAULICH]“. Denn auch wenn in den Notizen dieses Gedankenstrichs tatsächlich hinsichtlich der Kapazitäten der Klägerin eine Schätzung eines Dritten wiedergegeben wird, so ist doch festzustellen, dass aus ihnen insoweit nicht geschlossen werden kann, dass Herr A. (Aragonesas) die Zusammenkunft bereits verlassen hatte, zumal der einzige von der Klägerin angeführte Anhaltspunkt für ihre behauptete teilweise Teilnahme, wie oben in Randnr. 239 festgestellt, offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht.

241    Daher ist das Vorbringen der Klägerin, ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 sei eine partielle gewesen, als unbegründet zurückzuweisen.

242    Drittens ist angesichts der Teilnahme der Klägerin an der gesamten rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 festzustellen, dass, da die Teilnehmer dieser Zusammenkunft dabei entsprechend ihrer Präsenz auf den fraglichen Märkten Informationen nicht nur über ihre Aktivitäten außerhalb des EWR (vgl. Gedankenstriche 1 bis 7, 33 bis 38 der Notizen von Herrn S. [FC] betreffend die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998), sondern auch über mehrere Märkte innerhalb des EWR, nämlich Belgien, Frankreich und Portugal (vgl. Gedankenstriche 9 bis 32 der Notizen von Herrn S. [FC] betreffend die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998) sowie Finnland, Schweden, Vereinigtes Königreich und Norwegen (vgl. Gedankenstriche 26 und 42 bis 48 der Notizen von Herrn S. [FC] betreffend die rechtswidrige Zusammenkunft vom 28. Januar 1998) austauschten, die Klägerin, wie die Kommission insbesondere im 347. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung geltend macht, wissen musste, dass das Kartell, an dem sie beteiligt war, einen wesentlichen Teil des EWR abdeckte.

243    Aus den vorstehend als Erstes dargelegten Erwägungen geht hervor, dass die Kommission angesichts der von ihr zusammengetragenen Beweismittel über den Inhalt der Gespräche während der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998, an denen die Klägerin teilgenommen hat, und angesichts des Eingeständnisses der Klägerin, an dieser Zusammenkunft teilgenommen zu haben, die Teilnahme der Klägerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 rechtlich hinreichend nachgewiesen hat. Da nach dem 78. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Randnr. 19), ohne dass dies im Verwaltungsverfahren oder vor dem Gericht bestritten worden wäre, die auf Festlegung des Marktverhaltens der Kartellmitglieder abzielenden Kontakte im Hinblick auf die jährlichen Vertragsverhandlungen zwischen den Natriumchloratherstellern und deren Kunden jeweils gegen Ende des Vorjahrs intensiviert und auch noch über den Beginn des in Rede stehenden Jahres hinaus fortgesetzt wurden, ist davon auszugehen, dass der erbrachte Nachweis der Teilnahme der Klägerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 ausreichte, um der Kommission den Schluss zu erlauben, dass die Klägerin an dem Kartell im Jahr 1998 beteiligt war.

244    Als Zweites ist zu den anderen Beweismitteln, die zu dem Indizienbündel gehören, nämlich den drei im 349. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angeführten Hinweisen auf die Klägerin und den Erklärungen von EKA, festzustellen, dass die Kontakte zwischen den Kartellmitgliedern, wie aus dem 78. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, zum einen gewöhnlich jeweils gegen Ende eines Kalenderjahrs oder auch noch zu Beginn des in Rede stehenden Jahres stattfanden und zum anderen eine Aufteilung der fraglichen Märkte von Jahr zu Jahr bezweckten. Aus dieser Erwägung, die die Klägerin nicht in Frage gestellt hat, ergibt sich, dass die anderen Beweismittel, die zu dem Indizienbündel gehören, punktuelle und verhältnismäßig weit auseinanderliegende Kontakte (nämlich zum einen die Telefonate vom 16. Dezember 1996, 4. Dezember 1998 und 9. Dezember 1999 und zum anderen die Zusammenkunft vom 14. Oktober 1997) betreffen, die sich auf unterschiedliche Jahre der Zuwiderhandlung beziehen konnten (nämlich im Fall der vorstehend genannten Telefonate die Jahre 1997, 1999 und 2000, im Fall der Zusammenkunft vom 14. Oktober 1997 jedoch das Jahr 1998).

245    Somit sind, abgesehen von der Feststellung in den vorstehenden Randnrn. 204, 212 und 213, dass die anderen Beweismittel nicht verlässlich sind, und trotz der Erwägungen oben in Randnr. 243 betreffend die Beweise für das Kalenderjahr 1998, die genannten Beweismittel überaus vereinzelt und lückenhaft.

246    Folglich ist angesichts der vorstehend in den Randnrn. 96 und 97 angeführten Rechtsprechung festzustellen, dass das von der Kommission herangezogene Indizienbündel bei seiner Gesamtwürdigung nicht hinreichend genau und übereinstimmend ist und insbesondere weder Koinzidenzen noch Indizien erkennen lässt, um, und sei es im Wege der Deduktion, die feste Überzeugung zu begründen, dass die Klägerin an der gesamten fraglichen Zuwiderhandlung, d. h. vom 16. Dezember 1996 bis zum 9. Februar 2000, beteiligt war. Dagegen ist der Beweis für die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell im Kalenderjahr 1998 als von der Kommission erbracht anzusehen.

247    Demnach ist der erste Teil des ersten Klagegrundes teilweise begründet, soweit die Kommission in der angefochtenen Entscheidung fehlerhaft die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung zum einen vom 16. Dezember 1996 bis 27. Januar 1998 und zum anderen vom 1. Januar 1999 bis 9. Februar 2000 festgestellt hat. Im Übrigen ist der erste Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

248    Im Ergebnis ist, ohne dass das Vorbringen der Klägerin zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes zu prüfen ist, mit dem gerügt wird, dass ihre behauptete Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung als einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die den gesamten EWR betroffen habe, nicht hinreichend nachgewiesen worden sei, und der gegenstandslos geworden ist, dem ersten Klagegrund teilweise stattzugeben, soweit die Kommission die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung zum einen vom 16. Dezember 1996 bis 27. Januar 1998 und zum anderen vom 1. Januar 1999 bis 9. Februar 2000 festgestellt hat. Im Übrigen, d. h., soweit die Kommission die Beteiligung an der Zuwiderhandlung vom 28. Januar 1998 bis 31. Dezember 1998 festgestellt hat, ist der erste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

249    Daher ist Art. 1 Buchst. g der angefochtenen Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung in den Zeiträumen 16. Dezember 1996 bis 27. Januar 1998 und 1. Januar 1999 bis 9. Februar 2000 festgestellt hat.

2.     Zum zweiten Klagegrund: Rechts- und Beurteilungsfehler der Kommission bei der Berechnung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße

a)     Vorbringen der Parteien

250    Die Klägerin trägt vor, der Kommission seien bei der Berechnung der gegen sie verhängten Geldbuße Rechts- und Beurteilungsfehler unterlaufen. Dieser zweite Klagegrund gliedert sich in drei Teile: Die festgesetzte Geldbuße sei unverhältnismäßig und diskriminierend, die Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung sei fehlerhaft berechnet, und schließlich seien für die Klägerin spezifische mildernde Umstände nicht berücksichtigt worden.

251    Was als Erstes das Vorbringen angeht, dass die festgesetzte Geldbuße unverhältnismäßig und diskriminierend sei, rügt die Klägerin erstens einen Beurteilungsfehler bei der Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung, der darin liege, dass die Kommission bei ihr den gleichen Schweregrad wie bei den Anführern, die Adressaten der angefochtenen Entscheidung seien, angewandt habe. Die von der Klägerin begangene Zuwiderhandlung sei nämlich ihrer Natur nach nicht mit der der anderen Beteiligten an dem fraglichen Kartell vergleichbar. So habe die Kommission nicht berücksichtigt, dass die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung nach den eigenen Feststellungen der Kommission nicht länger als dreieinhalb Jahre gedauert habe, dass sie sich nur auf drei nationale räumliche Märkte des EWR erstreckt habe, dass die Klägerin nur einen Marktanteil von 5 % gehabt habe, dass sie nicht an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilgenommen habe und dass es mehrere Anhaltspunkte dafür gebe, dass sie die behaupteten Vereinbarungen tatsächlich nicht eingehalten habe.

252    Zweitens hätte die Kommission aus denselben Erwägungen wie den vorstehend in Randnr. 251 dargelegten in den Grundbetrag ihrer Geldbuße keinen Zusatzbetrag gemäß Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 oder jedenfalls nicht den gleichen Zusatzbetrag wie bei allen anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung einbeziehen dürfen.

253    Somit habe die Kommission drittens, indem sie bei der Zuwiderhandlung der Klägerin zum einen denselben Schweregrad und zum anderen denselben Zusatzbetrag wie bei den anderen Beteiligten des fraglichen Kartells zugrunde gelegt habe, um den Grundbetrag der verhängten Geldbuße festzusetzen, nicht die Besonderheiten der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung gegenüber der der anderen Beteiligten berücksichtigt. Folglich habe sie gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen.

254    Was als Zweites die Behauptung angeht, dass der Kommission bei der Berechnung der Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung ein Fehler unterlaufen sei, wiederholt die Klägerin ihre zu demselben Vorwurf im Rahmen des ersten Klagegrundes vorgetragenen Argumente. Sie fügt hinzu, sofern das Gericht eine Beteiligung der Klägerin an dem fraglichen Kartell feststellen sollte, sei für das Anfangsdatum dieser Beteiligung das Datum ihrer ersten und einzigen Teilnahme an einem Treffen mit den Wettbewerbern, nämlich der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998, maßgeblich und das Enddatum dieser Beteiligung sei Dezember 1998.

255    Als Drittes wirft die Klägerin der Kommission vor, dass sie ihr nicht gemäß den Bestimmungen des Abschnitts 2 B der Leitlinien von 2006 mildernde Umstände zugutegehalten habe, die eine Herabsetzung des Grundbetrags der gegen sie verhängten Geldbuße rechtfertigten.

256    Insbesondere ergebe sich aus mehreren Stellen der Unterlagen, die von den Unternehmen, die einen Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit gestellt hätten, vorgelegt worden seien, dass sie die Vereinbarungen, die von den Kartellanführern geschlossen worden seien, nicht wirklich eingehalten habe. Im Übrigen entsprächen einige der von diesen Unternehmen übermittelten Informationen über die Preise und die ihr zugeteilten Mengen nicht ihrem Marktverhalten.

257    Die Kommission tritt dem gesamten Vorbringen der Klägerin zum zweiten Klagegrund entgegen.

b)     Würdigung durch das Gericht

258    Angesichts der Feststellungen oben in Randnr. 247 ist zunächst der zweite Teil des zweiten Klagegrundes, wonach der Kommission bei der Berechnung der Dauer der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung ein Fehler unterlaufen sei, bereits als begründet anzusehen.

 Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Diskriminierungsverbot bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße

259    Mit dem ersten Teil des zweiten Klagegrundes rügt die Klägerin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Diskriminierungsverbot bei der Ermittlung des Grundbetrags der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße gegenüber den Grundbeträgen der gegen die anderen Beteiligten des fraglichen Kartells verhängten Geldbußen.

260    Als Erstes ist darauf hinzuweisen, dass gemäß den Ziff. 9 bis 11 der Leitlinien von 2006 die Methode der Kommission für die Festsetzung der Geldbußen zwei Stufen umfasst. Zuerst wird für jedes einzelne Unternehmen und jede einzelne Unternehmensvereinigung ein Grundbetrag festgesetzt. Anschließend wird dieser Betrag unter Berücksichtigung etwaiger erschwerender oder mildernder Umstände, die die Beteiligung des betreffenden Unternehmens kennzeichnen, nach oben oder unten angepasst.

261    Was im Einzelnen die erste Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbußen angeht, wird insbesondere gemäß den Ziff. 13 bis 25 der Leitlinien von 2006 zur Bestimmung des Grundbetrags ein bestimmter Anteil am Umsatz – d. h. dem Wert der von dem betreffenden Unternehmen im letzten vollen Geschäftsjahr, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen – festgelegt, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet und mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert wird. Dieser Umsatzanteil, der den Grad der Schwere der Zuwiderhandlung widerspiegelt, kann grundsätzlich auf bis zu 30 % festgesetzt werden, wobei Umstände berücksichtigt werden wie die Art der Zuwiderhandlung, der kumulierte Marktanteil sämtlicher beteiligten Unternehmen, der Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis. Gemäß Ziff. 23 der Leitlinien von 2006 gehören horizontale, üblicherweise geheime Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung der Märkte oder Einschränkung der Erzeugung ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen, so dass bei solchen Zuwiderhandlungen grundsätzlich ein Umsatzanteil von annähernd 30 % angesetzt wird. Schließlich kann die Kommission gemäß Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 unabhängig von der Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an der Zuwiderhandlung dem Grundbetrag der Geldbuße einen Zusatzbetrag („entry right“, im Folgenden: Eintrittsgebühr) zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes hinzufügen. Diese Eintrittsgebühr wird im Fall von horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung von Märkten oder Mengeneinschränkungen hinzugefügt, um die Unternehmen von der Beteiligung an solchen Vereinbarungen abzuschrecken. Die Kommission kann sie aber auch in Fällen anderer Zuwiderhandlungen erheben. Ferner werden gemäß dieser Ziff. 25 der Leitlinien von 2006 bei der Bemessung der Eintrittsgebühr, gleich ob sie im Fall von Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, zur Aufteilung der Märkte oder zur Einschränkung der Erzeugung oder in anderen Fällen erhoben wird, mehrere Umstände, u. a. die in Ziff. 22 der Leitlinien von 2006 genannten, berücksichtigt.

262    Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 lautet:

„Um der Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der Zuwiderhandlung in voller Länge Rechnung zu tragen, wird der nach dem Umsatz ermittelte Wert (siehe oben, Ziffern 20 bis 23) mit der Anzahl der Jahre multipliziert, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war. Zeiträume bis zu sechs Monaten werden mit einem halben, Zeiträume von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr mit einem ganzen Jahr angerechnet.“

263    Als Zweites wirft die Klägerin der Kommission im vorliegenden Fall im Wesentlichen vor, dass sie unter Berücksichtigung mehrerer sie betreffender Besonderheiten bei der Bestimmung des Grundbetrags ihrer Geldbuße zum einen für die Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung denselben Koeffizienten, d. h. 19 % (vgl. den 521. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung), und zum anderen dieselbe Eintrittsgebühr von 19 % (vgl. den 523. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) wie bei den anderen Beteiligten des fraglichen Kartells zugrunde gelegt habe.

264    Hierzu ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung sowie den Leitlinien von 2006, deren Grundsätze dort angewandt worden sind, und schließlich der Rechtsprechung, dass die Schwere der Zuwiderhandlung zwar in einem ersten Schritt anhand der Merkmale der Zuwiderhandlung selbst, wie etwa ihrer Art, des kumulierten Marktanteils sämtlicher beteiligten Unternehmen, des Umfangs des von ihr betroffenen räumlichen Marktes und ihrer etwaigen Umsetzung in der Praxis, beurteilt wird, diese Beurteilung in einem zweiten Schritt aber jeweils entsprechend den erschwerenden oder mildernden Umständen, die jedem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen zuzurechnen sind, modifiziert wird (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2001, Tate & Lyle u. a./Kommission, T‑202/98, T‑204/98 und T‑207/98, Slg. 2001, II‑2035, Randnr. 109, vom 19. März 2003, CMA CGM u. a./Kommission, T‑213/00, Slg. 2003, II‑913, Randnr. 401, und vom 30. September 2003, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑191/98, T‑212/98 bis T‑214/98, Slg. 2003, II‑3275, Randnr. 1530).

265    Somit soll nach den Hinweisen in den vorstehenden Randnrn. 261 bis 264 auf der ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbußen durch die Kommission der Grundbetrag der Geldbuße gegen jedes betroffene Unternehmen in der Weise bestimmt werden, dass auf den Wert der in seinem relevanten räumlichen Markt verkauften fraglichen Waren oder Dienstleistungen ein erster Multiplikationsfaktor, der die Schwere der Zuwiderhandlung widerspiegelt, und ein zweiter Multiplikationsfaktor, um die Unternehmen von der Beteiligung an solchen rechtswidrigen Verhaltensweisen abzuschrecken, angewandt werden. Wie jedoch aus den Leitlinien von 2006 hervorgeht, wird jeder dieser Multiplikationsfaktoren anhand von Umständen bestimmt, die die Merkmale der Zuwiderhandlung als Gesamtheit betrachtet widerspiegeln, d. h. die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen aller an ihr Beteiligten insgesamt.

266    Daher sind entgegen der Auffassung der Klägerin bei der Bemessung dieser beiden Multiplikationsfaktoren die spezifischen Merkmale der von jedem Beteiligten begangenen Zuwiderhandlung jeweils einzeln betrachtet nicht zu berücksichtigen. Diese Feststellung wird zudem durch den Gegenstand der zweiten Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbußen bestätigt, auf der erschwerende oder mildernde Umstände berücksichtigt werden sollen, die das wettbewerbswidrige Verhalten jedes einzelnen der Beteiligten der fraglichen Zuwiderhandlung individuell kennzeichnen. Somit ist die von der Klägerin vorgetragene Auslegung der Kriterien für die Festsetzung der beiden Multiplikationsfaktoren, wie sie auf der ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbußen angewendet werden, offenkundig falsch, da sie darauf hinausliefe, dass auf beiden Stufen dieser Methode die spezifischen Merkmale jedes der Beteiligten berücksichtigt würden.

267    Folglich dienen alle Umstände, die in Ziff. 22 der Leitlinien von 2006 aufgezählt sind, um sowohl den Multiplikationsfaktor „Schwere der Zuwiderhandlung“ (Ziff. 21 der Leitlinien von 2006) als auch den Multiplikationsfaktor „Eintrittsgebühr“ (Ziff. 25 der Leitlinien von 2006) zu bestimmen, zur Bewertung des Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Union in seiner Gesamtheit betrachtet.

268    So stellt die Kommission im vorliegenden Fall zunächst in Bezug auf die Art der von den Wettbewerbern insgesamt begangenen Zuwiderhandlung im 512. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass sie Marktaufteilungs- und Preisfestsetzungsvereinbarungen getroffen hätten, Vereinbarungen, die zu den schädlichsten Wettbewerbsbeschränkungen überhaupt gehörten. Sodann stellt sie in Bezug auf den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligter Unternehmen im 513. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, dass dieser Marktanteil sich auf 90 % im EWR belaufen habe. Weiter verweist die Kommission zur räumlichen Ausdehnung der Zuwiderhandlung im 514. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf, dass sie sich auf einen wesentlichen Teil des EWR-Gebiets ausgewirkt habe. Schließlich stellt die Kommission, was die Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis angeht, im 515. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung fest, die Umsetzung der Vereinbarungen sei zwar nicht immer uneingeschränkt erfolgreich gewesen, im Großen und Ganzen seien die Vereinbarungen aber umgesetzt und die Umsetzung sei im Rahmen des Kartells generell überwacht worden.

269    Im Übrigen ist festzustellen, dass bestimmte Parameter für die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße, die bereits in der ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbußen herangezogen werden, die spezifische Situation jedes einzelnen der Beteiligten berücksichtigen. Es handelt sich um die beiden objektiven Parameter, zum einen den Wert der im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen, und zum anderen die Dauer der Mitwirkung der einzelnen Unternehmen an der fraglichen Zuwiderhandlung insgesamt. Somit ermöglicht es, wie aus Ziff. 6 der Leitlinien von 2006 hervorgeht, die Verbindung des Umsatzes auf den von dem Verstoß der einzelnen Unternehmen betroffenen Märkten mit der Dauer ihrer jeweiligen Mitwirkung, dass bereits auf der ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbußen sowohl die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung als Gesamtheit als auch das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens wiedergegeben werden.

270    Als Drittes ist auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen die Begründetheit der Rügen zu prüfen, mit denen die Klägerin geltend macht, dass auf der ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße mehrere Besonderheiten ihrer Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung nicht berücksichtigt worden seien.

271    Was erstens die Dauer der Mitwirkung der Klägerin an der Zuwiderhandlung und ihr wirtschaftliches Gewicht auf dem relevanten Markt, wie es in ihren Marktanteilen und ihrer Präsenz auf lediglich drei nationalen EWR-Märkten zum Ausdruck kommt, angeht, hat die Kommission dadurch, dass sie den Umsatz, den die Klägerin mit den Produkten im Jahr 1999 im EWR und damit in den drei nationalen EWR-Märkten erzielt hatte, mit der Dauer ihrer Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung, wie sie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung entsprechend Ziff. 24 der Leitlinien von 2006 festgestellt hatte, nämlich dreieinhalb Jahre, multiplizierte, bereits auf der ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbußen das in Marktanteilen, Präsenz im EWR-Gebiet und Dauer der Mitwirkung an der Zuwiderhandlung ausgedrückte relative Gewicht der Klägerin bezogen auf die Zuwiderhandlung als Gesamtheit berücksichtigt. Zudem wird auf der Grundlage der Schlussfolgerungen oben in Randnr. 247 bei der Prüfung des Antrags auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung der Beurteilungsfehler zu berücksichtigen sein, der der Kommission bei der Bestimmung der Dauer der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung unterlaufen ist.

272    Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, dass die Kommission auf der ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der gegen sie festgesetzten Geldbuße das relative Gewicht der Klägerin bezogen auf die Zuwiderhandlung als Gesamtheit nicht berücksichtigt habe, als unbegründet zurückzuweisen.

273    Was zweitens die Rügen der Klägerin angeht, dass die Kommission auf der ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbuße nicht die Umstände berücksichtigt habe, die darin lägen, dass sie zum einen nur an einem von 72 wettbewerbswidrigen Kontakten teilgenommen habe und zum anderen die zwischen den Anführern des fraglichen Kartells getroffenen Vereinbarungen nicht umgesetzt habe, genügt angesichts der Erwägungen oben in Randnr. 264 die Feststellung, dass die Kommission nach den Leitlinien von 2006 solche für einen der Beteiligten eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Europäischen Union spezifischen Umstände auf dieser ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbußen nicht berücksichtigen muss. Solche Umstände werden nämlich von der Kommission erst auf der zweiten Stufe dieser Methode berücksichtigt, und zwar als erschwerende oder mildernde Umstände, die jedem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen zuzurechnen sind. Daher sind die genannten Rügen als unerheblich zurückzuweisen.

274    Schließlich ist jedenfalls die Behauptung der Klägerin betreffend den gerügten Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung sachlich unzutreffend, da die Kommission bei der Bemessung des jeweiligen Grundbetrags hinsichtlich aller Adressaten der angefochtenen Entscheidung für die Schwere der Zuwiderhandlung und für die Eintrittsgebühr dieselben Multiplikationsfaktoren angewandt hat.

275    Nach alledem ist das Vorbringen, auf das die Klägerin den ersten Teil des zweiten Klagegrundes stützt und mit dem sie einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Diskriminierungsverbot rügt, als teils unerheblich und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zu den mildernden Umständen

276    Es ist zu prüfen, ob der dritte Teil des zweiten Klagegrundes, dass die Kommission mildernde Umstände zugunsten der Klägerin nicht berücksichtigt habe, begründet ist.

277    Insoweit ist nach der Rechtsprechung, wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen worden ist, die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen von ihnen zu prüfen (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Slg. 1975, 1663, Randnr. 623, und Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 90 angeführt, Randnr. 150), um festzustellen, ob bei ihnen erschwerende oder mildernde Umstände vorliegen (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473, Randnr. 165).

278    Dies ist die logische Folge des Grundsatzes der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, wonach ein Unternehmen nur für Handlungen bestraft werden darf, die ihm individuell zur Last gelegt werden; dieser Grundsatz gilt für alle Verwaltungsverfahren, die zu Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft führen können (Urteil Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 277 angeführt, Randnr. 185, vgl. zur Verhängung einer Geldbuße Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T‑45/98 und T‑47/98, Slg. 2001, II‑3757, Randnr. 63).

279    Die Ziff. 28 und 29 der Leitlinien von 2006 sehen eine Abstufung des Grundbetrags der Geldbuße nach bestimmten erschwerenden und mildernden Umständen vor, die dem jeweils betroffenen Unternehmen zuzuordnen sind.

280    Insbesondere enthält Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 eine nicht abschließende Aufzählung von mildernden Umständen, die unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße führen können.

281    In dieser Aufzählung ist zwar die passive Rolle eines Unternehmens nicht mehr als in Betracht kommender mildernder Umstand aufgeführt. Da jedoch die Aufzählung in Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 nicht abschließend ist, kann ein solcher Fall grundsätzlich nicht von den Umständen ausgeschlossen werden, die zu einer Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße führen können.

282    Im vorliegenden Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission zu Recht zu dem Schluss gelangt ist, dass die Klägerin vom 28. Januar bis 31. Dezember 1998 an der Zuwiderhandlung beteiligt war.

283    Sodann führt die Klägerin als in Betracht kommende mildernde Umstände zum einen an, dass sie ein unbedeutender Akteur gewesen sei und damit im Rahmen ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung eine passive Rolle gespielt habe, und zum anderen, dass sie die von den Anführern des Kartells getroffenen Vereinbarungen nicht wirklich umgesetzt habe

–       Zur passiven Rolle der Klägerin

284    Nach der Rechtsprechung impliziert die passive Mitwirkung eines Unternehmens bei der Zuwiderhandlung, dass sich das betroffene Unternehmen „nicht hervorgetan“ hat, d. h. nicht aktiv an der Ausarbeitung der wettbewerbswidrigen Absprache oder Absprachen teilgenommen hat (Urteil Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 277 angeführt, Randnr. 167).

285    Des Weiteren kann nach der Rechtsprechung bei den Gesichtspunkten, die die passive Mitwirkung eines Unternehmens an einem Kartell offenbaren können, berücksichtigt werden, dass es deutlich seltener als die gewöhnlichen Mitglieder des Kartells an den Zusammenkünften teilgenommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, BPB de Eendracht/Kommission, T‑311/94, Slg. 1998, II‑1129, Randnr. 343), dass es spät in den Markt, auf dem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat, eingetreten ist, unabhängig davon, wie lange es an der Zuwiderhandlung mitgewirkt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 10. Dezember 1985, Stichting Sigarettenindustrie u. a./Kommission, 240/82 bis 242/82, 261/82, 262/82, 268/82 und 269/82, Slg. 1985, 3831, Randnr. 100), oder dass es entsprechende ausdrückliche Aussagen von Vertretern dritter an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen gibt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998, Weig/Kommission, T‑317/94, Slg. 1998, II‑1235, Randnr. 264).

286    Im vorliegenden Fall ergibt sich zwar aus der angefochtenen Entscheidung, dass vor und nach der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 zwischen mehreren Kartellbeteiligten Kontakte, an denen die Klägerin nicht beteiligt war, stattfanden, um ihre Verhandlungen für das Jahr 1998 betreffend die Märkte in Spanien, Portugal und Frankreich untereinander abzustimmen.

287    So gelangt die Kommission im 172. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass „… EKA, Finnish Chemicals und Atochem Ende 1997 ihre Liefermengen und Marktanteile in Portugal, Spanien und Frankreich überprüft haben …“. In den Erwägungsgründen 177 bis 180 der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission auf der Grundlage der Notizen von Herrn S. (FC) den Inhalt von vier Telefonaten zwischen Herrn S. (EKA) und Herrn S. (FC) bzw. Herrn L. (Arkema France) und Herrn S. (FC) in den Monaten Januar, Februar und März 1998 an, in denen, wie die Kommission im 181. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung befindet, zum einen „[VERTRAULICH]“, und zum anderen „[VERTRAULICH]“.

288    Die Kommission macht jedoch zutreffend geltend, dass während der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 die Teilnehmer, darunter die Klägerin, sensible Informationen austauschten und zumindest versuchten, die Preise der Produkte festzusetzen und Marktanteile auf den verschiedenen EWR-Märkten untereinander zu verteilen, so dass der Gegenstand dieser Zusammenkunft eine besonders schwere Wettbewerbsbeschränkung darstellt.

289    Sowohl aus der angefochtenen Entscheidung als auch aus Unterlagen der Kommissionsakte geht nämlich hervor, dass, was das Jahr 1998 angeht, die Gespräche während der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 eine entscheidende Rolle in den Verhandlungen zwischen den auf den Märkten in Spanien, Portugal und Frankreich präsenten Kartellbeteiligten, darunter insbesondere die Klägerin, über die Aufteilung ihrer Liefermengen auf diesen Märkten und ihre Preispolitik auf den Märkten in Spanien und Portugal spielten.

290    Außerdem geht aus den Notizen von Herrn S. (FC) hervor, dass zwar die Teilnahme der Klägerin an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 insofern, als sie zum ersten Mal an einem Kartelltreffen teilnahm, ein neues Ereignis darstellte, dass diese Teilnahme jedoch in dem Sinne eine aktive war, als Herr A. (Aragonesas), wie sich aus den Feststellungen oben in den Randnrn. 230 bis 233 ergibt, eindeutig Stellung bezog und nicht nur geringfügig, jedenfalls in einem vergleichbaren Umfang wie die anderen Teilnehmer der Zusammenkunft, zu den Verhandlungen beitrug, die auf jeweils die drei Märkte in Spanien, Portugal und Frankreich betreffende wettbewerbswidrige Vereinbarungen abzielten. Somit ist, obwohl die Klägerin nicht unmittelbar an anderen das Jahr 1998 betreffenden Kontakten mit den Kartellbeteiligten beteiligt war, festzustellen, dass die Merkmale ihrer Beteiligung offensichtlich nicht erkennen lassen, dass sie daran nur passiv mitgewirkt hätte.

291    Im Übrigen ist festzustellen, dass weder aus den Unterlagen in der Kommissionsakte noch aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, dass es von Vertretern dritter an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen ausdrückliche Aussagen gäbe, die die passive Mitwirkung der Klägerin an dem Kartell im Jahr 1998 erkennen ließen.

292    Zudem wäre, unterstellt, die Klägerin hätte als mildernden Umstand einen späten Eintritt eines an dem Kartell beteiligten Unternehmens in den von der Zuwiderhandlung betroffenen Markt im Sinne der oben in Randnr. 285 angeführten Rechtsprechung geltend gemacht, ein solches Vorbringen im vorliegenden Fall offensichtlich unerheblich. Denn auch wenn die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung, wie oben festgestellt, erst am 28. Januar 1998 begann, während die Beteiligung der anderen Adressaten der angefochtenen Entscheidung nach deren Wortlaut auf den 21. September 1994 zurückreicht, ergibt sich doch weder aus den Aktenunterlagen noch aus der angefochtenen Entscheidung, dass die Klägerin erst spät in den Natriumchloratmarkt eingetreten wäre. Vielmehr geht aus den Erwägungsgründen 25 bis 33 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Klägerin bei ihrer Gründung im Jahr 1992 zu dem Geschäftsbereich Chemische Stoffe der Uralita-Gruppe, der für die Natriumchlorat betreffenden Aktivitäten zuständig war, gehörte.

293    Auch die Berufung der Klägerin auf die frühere Entscheidungspraxis der Kommission greift nicht durch. Nach ständiger Rechtsprechung verfügt die Kommission nämlich bei der Festsetzung der Geldbußen über ein Ermessen, damit sie die Unternehmen dazu anhalten kann, die Wettbewerbsregeln einzuhalten (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995, Martinelli/Kommission, T‑150/89, Slg. 1995, II‑1165, Randnr. 59, vom 11. Dezember 1996, Van Megen Sports/Kommission, T‑49/95, II‑1799, Randnr. 53, und vom 21. Oktober 1997, Deutsche Bahn/Kommission, T‑229/94, Slg. 1997, II‑1689, Randnr. 127). Daher ist die Kommission dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten von Zuwiderhandlungen Geldbußen in bestimmter Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses Niveau innerhalb der in der Verordnung Nr. 1/2003 gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen (Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 109; Urteile des Gerichts vom 10. März 1992, Solvay/Kommission, T‑12/89, Slg. 1992, II‑907, Randnr. 309, und vom 14. Mai 1998, Europa Carton/Kommission, T‑304/94, Slg. 1998, II‑869, Randnr. 89). Die wirksame Anwendung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft verlangt vielmehr, dass die Kommission das Niveau der Geldbußen jederzeit den Erfordernissen dieser Politik anpassen kann (Urteil Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnr. 109, und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnr. 237).

294    Jedenfalls hat die Klägerin im vorliegenden Fall anders als andere Unternehmen, die nach Angabe der Klägerin möglicherweise an dem Kartell beteiligt waren, ausdrücklich eingeräumt, an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 teilgenommen zu haben, und keinen Nachweis dafür vorgelegt, dass sie sich von dem wettbewerbswidrigen Zweck dieser Zusammenkunft distanziert hat.

295    Folglich ist das Vorbringen der Klägerin, sie habe als unbedeutender Akteur in dem Kartell im Jahr 1998 eine passive Rolle gespielt, zurückzuweisen.

–       Zur Nichtumsetzung der Vereinbarungen

296    Es ist zu prüfen, ob die von der Klägerin vorgetragenen Umstände belegen können, dass sie sich der Durchführung der rechtswidrigen Vereinbarungen in dem Zeitraum, in dem sie ihnen beigetreten war, nämlich vom 28. Januar bis 31. Dezember 1998, tatsächlich durch wettbewerbskonformes Verhalten auf dem Markt entzogen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile Cimenteries CBR u. a./Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnrn. 4872 bis 4874, und Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 277 angeführt, Randnr. 192).

297    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Tatsache, dass sich ein Unternehmen, dessen Beteiligung an einer Preisabsprache mit seinen Konkurrenten erwiesen ist, nicht in der mit ihnen vereinbarten Weise auf dem Markt verhalten hat, bei der Bestimmung der Höhe der zu verhängenden Geldbuße nicht zwangsläufig als mildernder Umstand zu berücksichtigen. Denn ein Unternehmen, das trotz der Absprache mit seinen Konkurrenten eine mehr oder weniger unabhängige Marktpolitik verfolgt, versucht möglicherweise nur, das Kartell zu seinem Vorteil auszunutzen (Urteile des Gerichts vom 14. Mai 1998, Cascades/Kommission, T‑308/94, Slg. 1998, II‑925, Randnr. 230, und Cheil Jedang/Kommission, oben in Randnr. 277 angeführt, Randnr. 190).

298    Im vorliegenden Fall genügt der Hinweis, dass die von der Klägerin vorgetragenen Anhaltspunkte nicht den Schluss zulassen, dass ihr tatsächliches Marktverhalten geeignet war, die wettbewerbswidrigen Wirkungen der festgestellten Zuwiderhandlung aufzuheben. Insbesondere macht die Klägerin zur Stützung des vorliegenden Einwands geltend, aus mehreren Stellen der Erklärungen der Unternehmen, die Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit gestellt hätten, gehe hervor, dass sie die angeblich zwischen den Marktführern getroffenen Vereinbarungen nicht wirklich eingehalten habe.

299    Die einzige von der Klägerin angeführte Stelle dieser Erklärungen, der sich der Inhalt eines Kontakts entnehmen lässt, der sich auf das Jahr 1998 hätte auswirken können, ist in den Erklärungen von EKA von 2006 enthalten und betrifft die Zusammenkunft von Turku vom 14. Oktober 1997 von EKA und FC, bei der die Teilnehmer vereinbart haben sollen, „[VERTRAULICH]“. Wie oben in den Randnrn. 209 bis 213 bereits festgestellt, geht jedoch zum einen aus dem Wortlaut dieser Erklärung nur hervor, dass EKA und FC sich darauf geeinigt hatten, zu beobachten, wie die anderen Wettbewerber auf etwaige Preiserhöhungen ihrerseits reagieren würden, und zum anderen lässt sich im Rahmen des Verhaltens der Akteure auf einem wettbewerbsbestimmten Markt nicht ausschließen, dass es, wenn einer von ihnen aufgrund des Vordringens eines Wettbewerbers Marktanteile verliert, natürlich ist, dass er versucht, Kunden auf Nachbarmärkten zu gewinnen.

300    Außerdem ist festzustellen, dass die Klägerin in ihren Schriftsätzen, wie oben in Randnr. 254 wiedergegeben, ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass, sofern das Gericht eine Beteiligung der Klägerin an dem fraglichen Kartell feststellen sollte, diese Beteiligung erst am 28. Januar 1998 habe beginnen können und im Dezember 1998 geendet habe. Sie hat dem Gericht jedoch keinerlei Nachweis dafür vorgelegt, dass sie sich der Durchführung in dem Zeitraum vom 28. Januar bis 31. Dezember 1998 tatsächlich durch wettbewerbskonformes Verhalten auf dem Markt entzogen hat. Die einzigen hierzu von der Klägerin vorgelegten Unterlagen betreffen lediglich ihre Liefermengen an ihre Kunden in Frankreich, Portugal und Spanien in den Jahren 1999 und 2000 sowie ihre in diesen Jahren gegenüber ihren Kunden in Spanien und Portugal praktizierten Preise.

301    Somit ist das Vorbringen zur Nichtumsetzung der Vereinbarungen in dem Zeitraum, in dem die Klägerin an der Zuwiderhandlung beteiligt war, zurückzuweisen.

302    Nach alledem ist dem zweiten Klagegrund teilweise stattzugeben, soweit die Dauer der von der Klägerin begangenen Zuwiderhandlung, wie sie die Kommission für die Bemessung der gegen sie verhängten Geldbuße zugrunde gelegt hat, unzutreffend ist. Im Übrigen ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

303    Im Ergebnis ist dem Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung teilweise stattzugeben, soweit die Kommission in deren Art. 1 feststellt, dass sich die Klägerin vom 16. Dezember 1996 bis zum 27. Januar 1998 und vom 1. Januar 1999 bis zum 9. Februar 2000 an der Zuwiderhandlung beteiligt hat, und in Art. 2 dieser Entscheidung den Betrag der Geldbuße auf 9,9 Mio. Euro festsetzt.

B –  Zum Antrag auf Abänderung der Art. 1 und 2 der angefochtenen Entscheidung

1.     Vorbringen der Parteien

304    Mit ihrem zweiten Antrag begehrt die Klägerin hilfsweise, für den Fall, dass dem Antrag auf Nichtigerklärung nicht in vollem Umfang stattgegeben wird, die Art. 1 und 2 der angefochtenen Entscheidung so abzuändern, dass die gegen sie verhängte Geldbuße wesentlich herabgesetzt wird.

305    Die Kommission tritt den Anträgen der Klägerin entgegen.

2.     Würdigung durch das Gericht

306    Nach der Rechtsprechung befreit die Tatsache, dass die Prüfung der Klagegründe, die gegen die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung angeführt wurden, mit der wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln der Union eine Geldbuße verhängt wurde, einen Rechtsmangel ergeben hat, das Gericht nicht von der Prüfung, ob es die angefochtene Entscheidung in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entsprechend den Folgen dieses Rechtsmangels abändern muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑59/02, Slg. 2006, II‑3627, Randnr. 443).

307    Angesichts des in Bezug auf die Dauer der Beteiligung der Klägerin an dem fraglichen Kartell festgestellten Rechtsmangels und des Ergebnisses der teilweisen Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, zu dem das Gericht in vorstehender Randnr. 303 gelangt ist und aus dem die Kommission im Rahmen der Durchführung des vorliegenden Urteils alle Konsequenzen zu ziehen hat, ist dem Antrag der Klägerin auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im vorliegenden Fall nicht stattzugeben.

308    Folglich hat das Gericht im vorliegenden Fall nicht von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung durch Abänderung von Art. 2 Buchst. f der angefochtenen Entscheidung Gebrauch zu machen.

 Kosten

309    Nach Art. 87 § 3 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

310    Da im vorliegenden Fall die Klägerin die teilweise Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung annähernd in dem Umfang erwirkt hat, wie sie es im Rahmen ihrer Klage begehrt hat, ist festzustellen, dass das Gericht ihrer Klage zu einem erheblichen Teil stattgegeben hat.

311    Daher ist angesichts der Umstände des vorliegenden Falles zu entscheiden, dass die Kommission zwei Drittel der Kosten der Klägerin und die Hälfte ihrer eigenen Kosten trägt. Die Klägerin hat ein Drittel ihrer eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Kommission zu tragen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Art. 1 Buchst. g der Entscheidung C (2008) 2626 final der Kommission vom 11. Juni 2008 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38.695 – Natriumchlorat) wird für nichtig erklärt, soweit die Kommission der Europäischen Gemeinschaften darin eine Zuwiderhandlung der Aragonesas Industrias y Energía, SAU, in den Zeiträumen 16. Dezember 1996 bis 27. Januar 1998 und 1. Januar 1999 bis 9. Februar 2000 festgestellt hat.

2.      Art. 2 Buchst. f der Entscheidung C (2008) 2626 final wird für nichtig erklärt, soweit darin der Betrag der Geldbuße auf 9,9 Mio. Euro festgesetzt wird.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Aragonesas Industrias y Energía trägt ein Drittel ihrer eigenen Kosten und die Hälfte der Kosten der Kommission.

5.      Die Kommission trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten und zwei Drittel der Kosten der Klägerin.

Pelikánová

Jürimäe

Soldevila Fragoso

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. Oktober 2011.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Verfahren und Anträge der Parteien

Entscheidungsgründe

A –  Zum Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung

1.  Zum ersten Klagegrund: Rechts- und Beurteilungsfehler der Kommission, soweit sie eine Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung vom 16. Dezember 1996 bis 9. Februar 2000 angenommen habe

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

Allgemeine Erwägungen zum Beweis

In der angefochtenen Entscheidung für die Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung herangezogene Beweismittel

–  Vorbemerkungen

–  In der angefochtenen Entscheidung herangezogene, von der Kommission ursprünglich in der Voruntersuchungsphase des Verwaltungsverfahrens verwendete Beweismittel

–  In der angefochtenen Entscheidung von der Kommission am Ende des kontradiktorischen Abschnitts des Verwaltungsverfahrens explizit herangezogene Beweismittel

–  Auslegung des 352. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung

–  Ergebnis der Prüfung, welche Beweismittel zum Nachweis der behaupteten Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung herangezogen wurden

Zum Beweiswert der zulasten der Klägerin herangezogenen Beweismittel

–  Schriftliche Beweise aus dem betreffenden Zeitraum für die unmittelbare Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung

–  Zu den Erklärungen von FC und von EKA

–  Zum Eingeständnis der Klägerin betreffend ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998

Genauigkeit und Übereinstimmung des Indizienbündels, auf das sich die Kommission für den Nachweis der Beteiligung der Klägerin an der fraglichen Zuwiderhandlung stützt

2.  Zum zweiten Klagegrund: Rechts- und Beurteilungsfehler der Kommission bei der Berechnung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße

a)  Vorbringen der Parteien

b)  Würdigung durch das Gericht

Zum Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Diskriminierungsverbot bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße

Zu den mildernden Umständen

–  Zur passiven Rolle der Klägerin

–  Zur Nichtumsetzung der Vereinbarungen

B –  Zum Antrag auf Abänderung der Art. 1 und 2 der angefochtenen Entscheidung

1.  Vorbringen der Parteien

2.  Würdigung durch das Gericht

Kosten


* Verfahrenssprache: Englisch.


1 –       Nicht wiedergegebene vertrauliche Angabe.