Language of document : ECLI:EU:T:2023:704

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

8. November 2023(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke NIVEA SKIN‑IDENTICAL Q10 – Ältere nationale Wortmarke und ältere internationale Registrierung einer Wortmarke SKINIDENT – Älteres Unternehmenskennzeichen Skinident – Relative Eintragungshindernisse – Keine Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001 – Benutzung eines Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung im geschäftlichen Verkehr – Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 – Branchennähe – Anwendung nationalen Rechts durch das EUIPO – Anspruch auf rechtliches Gehör – Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001“

In der Rechtssache T‑665/22,

SkinIdent AG mit Sitz in Freienbach (Schweiz), vertreten durch Rechtsanwalt U. Hildebrandt,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Stoyanova-Valchanova und E. Markakis als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

Beiersdorf AG mit Sitz in Hamburg (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwältin V. von Bomhard, Rechtsanwalt J. Fuhrmann und Rechtsanwältin A. Malkmes,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin A. Marcoulli sowie der Richter R. Norkus und W. Valasidis (Berichterstatter),

Kanzler: V. Di Bucci,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und der Entscheidung gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 263 AEUV begehrt die Klägerin, die SkinIdent AG, die Aufhebung der Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 18. August 2022 (Sache R 1499/2021-5) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 27. März 2019 meldete die Streithelferin, die Beiersdorf AG, beim EUIPO das Wortzeichen NIVEA SKIN‑IDENTICAL Q10 als Unionsmarke an.

3        Die Marke wurde für die Waren „Nicht medizinische Kosmetika und Präparate für die Körper- und Schönheitspflege“ der Klasse 3 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

4        Am 9. August 2019 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für die vorstehend in Rn. 3 genannten Waren.

5        Der Widerspruch wurde auf folgende ältere Rechte gestützt:

–        die deutsche Wortmarke SKINIDENT, eingetragen am 16. Mai 2003 unter der Nr. 30317555 für folgende Waren der Klasse 3: „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“;

–        die Internationale Registrierung SKINIDENT mit Schutzerstreckungen für Österreich, die Beneluxländer, Dänemark, Spanien, Finnland, Frankreich, das Vereinigte Königreich, Griechenland, die Tschechische Republik, Kroatien, Ungarn, Portugal, Polen, Slowakei, Slowenien, Irland, Estland, Litauen, Lettland, Bulgarien, Zypern, Rumänien und Schweden, eingetragen am 28. August 2003 unter der Nr. 812547 für folgende Waren der Klasse 3: „Kosmetikprodukte“;

–        das im geschäftlichen Verkehr in Deutschland für die Entwicklung und den Vertrieb von „Schönheitspflegeprodukten“ und „kosmetischen Produkten“, „Konsum- /Luxusgütern“ im Bereich „Schönheitspflegeprodukte“ und „kosmetische Produkte“ benutzte Unternehmenskennzeichen Skinident.

6        Als Widerspruchsgründe wurden die Eintragungshindernisse nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) geltend gemacht.

7        Am 1. Juli 2021 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch für sämtliche oben in Rn. 3 genannten Waren zurück.

8        Am 31. August 2021 legte die Klägerin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

9        Die Beschwerdekammer wies die Beschwerde mit der angefochtenen Entscheidung zurück. Zu dem auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 gestützten Eintragungshindernis führte sie im Wesentlichen aus, dass trotz der Identität der in Rede stehenden Waren und der für einen – im Übrigen geringen – Teil der maßgeblichen Verkehrskreise normalen originären Kennzeichnungskraft der älteren Marken angesichts der geringfügigen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr in Bezug auf diese bestehe. Hinsichtlich der Anwendung von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 befand die Beschwerdekammer trotz Anerkennung einer Branchennähe zwischen den von dem älteren Unternehmenskennzeichen erfassten Tätigkeiten und den mit der angemeldeten Marke bezeichneten Waren, dass auch in Bezug auf diese beiden Zeichen keine Verwechslungsgefahr bestehe, da ihre Unterschiede ausreichten, um die Gefahr einer Störung der Identifikations- oder Unterscheidungsfunktion des älteren Kennzeichens auszuschließen.

 Anträge der Parteien

10      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 1. Juli 2021 aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

11      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        die Klägerin – im Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung – zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

12      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin macht im Wesentlichen drei Klagegründe geltend, mit denen sie erstens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001, zweitens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 und drittens eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt.

 Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001

14      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe die einander gegenüberstehenden Zeichen im Vergleich fehlerhaft beurteilt. Die Beschwerdekammer hätte zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen hochgradig oder zumindest durchschnittlich ähnlich seien, und unter Berücksichtigung der Identität der in Rede stehenden Waren und der normalen originären Kennzeichnungskraft der älteren Marken das Bestehen einer Verwechslungsgefahr in Bezug auf die einander gegenüberstehenden Marken feststellen müssen.

15      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

16      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die angemeldete Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

17      Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. ii und iv der Verordnung 2017/1001 gehören im Übrigen zu den älteren Marken die in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marken sowie die aufgrund internationaler Vereinbarungen mit Wirkung in der Union eingetragenen Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke.

18      Verwechslungsgefahr liegt dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Sie ist umfassend, gemäß der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen sowie der betreffenden Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen gegeben ist. Hierbei handelt es sich um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 Vorbemerkungen

20      Die Klägerin beanstandet nicht die von der Beschwerdekammer vorgenommene Definition der maßgeblichen Verkehrskreise, nämlich, dass diese zum Teil aus den allgemeinen Verkehrskreisen und zum Teil aus Fachverkehrskreisen bestehen, die beim Erwerb der in Rede stehenden Waren einen durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad an den Tag legen.

21      In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdekammer, ohne dass ihr in diesem Punkt entgegengetreten würde, präzisiert, dass zu prüfen sei, ob für die Verkehrskreise in dem Gebiet, in dem die älteren Marken geschützt seien, d. h. in den oben in Rn. 5 aufgezählten Mitgliedstaaten, die Gefahr einer Verwechslung der einander gegenüberstehenden Zeichen bestehe.

22      Die Klägerin wendet sich auch nicht gegen die Beurteilung der Beschwerdekammer, dass die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten „nicht medizinischen Kosmetika und Präparate für die Körper- und Schönheitspflege“ mit den von den älteren Marken erfassten „Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege“ und „Kosmetikprodukten“ identisch seien.

23      Sie bestreitet ebenfalls nicht, dass die älteren Marken, wie von der Beschwerdekammer angenommen, für einen geringen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise normal kennzeichnungskräftig sind.

24      Es gibt keinen Anlass, diese Beurteilungen in Frage zu stellen.

 Zum Zeichenvergleich und zur Verwechslungsgefahr

25      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Es kommt dabei entscheidend darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen wirken. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad an Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

27      Die Beschwerdekammer verglich die angemeldete Wortmarke NIVEA SKIN‑IDENTICAL Q10 mit den älteren Wortmarken SKINIDENT.

28      Sie stellte im Wesentlichen fest, dass sich die einander gegenüberstehenden Marken durch den Wortbestandteil „nivea“, die vier Buchstaben „ical“, den Bindestrich und die Buchstaben-Zahlen-Kombination „q10“ unterschieden, die nur in der angemeldeten Marke vorhanden seien.

29      Zum einen befand sie, dass der Bestandteil „nivea“ normal kennzeichnungskräftig sei, dass der Bestandteil „q10“ für die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren beschreibend sei und dass die Elemente „skin“ und „identical“, die im Bestandteil „skin-identical“ der angemeldeten Marke durch einen Bindestrich deutlich voneinander getrennt seien, für einen großen Teil der der englischen Sprache mächtigen maßgeblichen Verkehrskreise im Kern wenig kennzeichnungskräftig seien, da sie auf Merkmale der mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren verwiesen. Sie stellte fest, dass dem Wortbestandteil „nivea“ in der angemeldeten Marke aufgrund seiner Stellung am Zeichenanfang besondere Bedeutung zukomme, und war unter diesen Umständen im Wesentlichen der Auffassung, dass er in dieser Marke eine dominierende Stellung einnehme.

30      Zum anderen ging die Beschwerdekammer davon aus, dass der einzige Wortbestandteil „skinident“ der älteren Marken ein Phantasiebegriff mit normaler Kennzeichnungskraft sei. Für die maßgeblichen Verkehrskreise habe er keine besondere Bedeutung, da der Bestandteil „skin“ innerhalb der homogenen Einheit, die er mit dem Bestandteil „ident“, von dem er nicht getrennt sei, bilde, schwer erkennbar sei. Dieser Begriff werde im Gegensatz zum Bestandteil „skin-identical“ der angemeldeten Marke in einem Wort mit lediglich einer Betonung ausgesprochen.

31      Folglich gelangte die Beschwerdekammer nach der Feststellung, dass sich der Anfangsbestandteil „nivea“ der angemeldeten Marke in jeglicher Hinsicht vom Anfangsbestandteil „skini“ der älteren Marken unterscheide, zu dem Ergebnis, dass die angemeldete Marke nur einen geringen Grad an visueller, phonetischer und begrifflicher Ähnlichkeit mit den älteren Marken aufweise.

32      Unter diesen Umständen befand sie unter Berücksichtigung insbesondere des Wortes „nivea“ am Anfang der angemeldeten Marke sowie der in jeglicher Hinsicht bestehenden Unterschiede zwischen den älteren Marken einerseits und dem Wortbestandteil „skin-identical“ der angemeldeten Marke andererseits, dass trotz der Identität der in Rede stehenden Waren und der normalen originären Kennzeichnungskraft der älteren Marken keine Gefahr einer Verwechslung der einander gegenüberstehenden Marken bestehe.

33      Gegen die Beurteilung seitens der Beschwerdekammer wendet sich die Klägerin mit drei Rügen.

–       Zur ersten Rüge: Vorliegen einer selbständig kennzeichnenden Stellung des Wortbestandteils „skin-identical“ in der angemeldeten Marke

34      Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Wortbestandteil „skin-identical“ in der angemeldeten Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehme, so dass der „unstreitig bekannte“ Bestandteil „nivea“ und der Bestandteil „q10“, der für die von der angemeldeten Marke erfassten Waren beschreibend sei, bei der Beurteilung der Gefahr einer Verwechslung der einander gegenüberstehenden Marken nicht zu berücksichtigen seien. Von der Beschwerdekammer wäre daher nur der Wortbestandteil „skin-identical“ mit den älteren Marken SKINIDENT zu vergleichen gewesen.

35      Insoweit genügt jedoch der Hinweis, dass sich der Vergleich auf die Zeichen als Ganzes beziehen muss. Bei der Beurteilung ihrer Identität oder Ähnlichkeit müssen die Zeichen nämlich in der Form verglichen werden, in der sie geschützt sind, d. h. in der Form, in der sie eingetragen oder angemeldet wurden (Urteil vom 9. April 2014, Pico Food/HABM – Sobieraj [MILANÓWEK CREAM FUDGE], T‑623/11, EU:T:2014:199, Rn. 38).

36      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist daher hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind, wie oben in Rn. 25 ausgeführt worden ist.

37      Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken darf also entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht nur ein Bestandteil einer komplexen Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen werden (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und 41 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Es kann für die Beurteilung der Ähnlichkeit nur dann auf den dominierenden Bestandteil allein ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 42).

38      Im vorliegenden Fall nimmt der Bestandteil „q10“ beim Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen zwar eine nachrangige Stellung ein, da er sich zum einen am Ende der angemeldeten Marke befindet und zum anderen die maßgeblichen Verkehrskreise diesen Bestandteil der angemeldeten Marke als Hinweis auf einen Inhaltsstoff der Hautpflegeprodukte erkennen werden, was ihm einen beschreibenden Charakter für die mit der angemeldeten Marke gekennzeichneten Waren verleiht (Urteil vom 7. September 2016, Beiersdorf/EUIPO [Q10], T‑4/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:447, Rn. 31). Dies kann jedoch, wie von der Beschwerdekammer zutreffend ausgeführt, nicht ausreichen, um den Bestandteil „q10“ in der Gesamtwahrnehmung der angemeldeten Marke als vernachlässigbar anzusehen.

39      Da dem Wortbestandteil „nivea“ der angemeldeten Marke, wie von der Beschwerdekammer zutreffend angenommen, eine zumindest normale Kennzeichnungskraft zukommt, darf ein solcher Bestandteil beim Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken nicht vernachlässigt werden.

40      Die Klägerin kann sich insoweit nicht mit Erfolg auf das Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594), berufen.  Nach der aus jenem Urteil hervorgegangenen Rechtsprechung ist ein den einander gegenüberstehenden Zeichen gemeinsamer Bestandteil, auch wenn er nicht als den Gesamteindruck dominierend angesehen werden kann, doch bei der Beurteilung der Ähnlichkeit dieser Zeichen zu berücksichtigen, soweit er selbst die ältere Marke bildet und eine selbständig kennzeichnende Stellung in der u. a. aus diesem Bestandteil zusammengesetzten angemeldeten Marke behält. Wenn nämlich ein gemeinsamer Bestandteil in dem zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, kann der von diesem Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck die Verkehrskreise zu der Annahme veranlassen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen, was dann dazu führen muss, das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zu bejahen (Urteil vom 22. Oktober 2015, BGW, C‑20/14, EU:C:2015:714, Rn. 38).

41      Jedenfalls genügt die Feststellung, dass der Wortbestandteil „skin-identical“ der angemeldeten Marke für sich keiner der älteren Marken SKINIDENT entspricht. Insoweit geht entgegen dem Vorbringen der Klägerin aus dem Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594), nicht hervor, dass der Gerichtshof eine Verwechslungsgefahr als gegeben angesehen hätte, wenn etwa, wie im vorliegenden Fall, die ältere Marke „abgewandelt“ in das beanstandete Zeichen übernommen wird und in dem so zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält.

42      Das Urteil vom 18. September 2014, Herdade de S. Tiago II/HABM – Polo/Lauren (V) (T‑90/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:778, Rn. 32), auf das sich die Klägerin ebenfalls bezieht, kann diese Auslegung nicht in Frage stellen. Die Rechtssache, in der jenes Urteil erging, betrifft jedenfalls nicht das Bestehen einer Verwechslungsgefahr in dem Fall, dass die angemeldete Marke etwa – wie die Klägerin behauptet – aus der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und der abgewandelten älteren Marke zusammengesetzt ist. Das Gericht leitete in jener Rechtssache aus dem Vorliegen einer selbständig kennzeichnenden Stellung des den einander gegenüberstehenden Marken gemeinsamen Bildbestandteils auch nicht ab, dass der andere Bestandteil der angemeldeten Marke für den Vergleich dieser Marke mit den älteren Marken nicht zu berücksichtigen sei.

43      Zwar durfte das Gericht davon ausgehen, dass eine Verwechslungsgefahr auch dann bestehen konnte, wenn die ältere Marke in die jüngere Marke nicht in identischer Weise übernommen wurde (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2012, Bimbo/HABM – Panrico [BIMBO DOUGHNUTS], T‑569/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2012:535, Rn. 96 und die dort angeführte Rechtsprechung). Seitens des im Rechtsmittelverfahren angerufenen Gerichtshofs erfuhr dieser Ansatz jedoch keine ausdrückliche Bestätigung. Vielmehr befand der Gerichtshof, dass das Gericht eine Verwechslungsgefahr nicht aufgrund der bloßen Feststellung angenommen habe, dass die abgewandelte ältere Marke in der angemeldeten Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehme, sondern dass es die Verwechslungsgefahr aus einer umfassenden Beurteilung unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren des damaligen Falls hergeleitet habe (Urteil vom 8. Mai 2014, Bimbo/HABM, C‑591/12 P, EU:C:2014:305, Rn. 24 bis 29).

44      Die Klägerin beruft sich für ihren Standpunkt jedoch auch auf die nationale Rechtsprechung. Insoweit genügt der Hinweis, dass das Unionsmarkenrecht ein autonomes System bildet und die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ausschließlich auf der Grundlage der Verordnung 2017/1001 zu beurteilen ist, so dass das EUIPO oder – im Fall einer Klage – das Gericht nicht zu den gleichen Ergebnissen gelangen muss wie die nationalen Behörden oder Gerichte in einem gleichartigen Fall (vgl. Urteil vom 15. Dezember 2015, LTJ Diffusion/HABM – Arthur et Aston [ARTHUR & ASTON], T‑83/14, EU:T:2015:974, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Außerhalb von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001, in dessen Rahmen das EUIPO zur Anwendung des nationalen Rechts einschließlich der dazu ergangenen nationalen Rechtsprechung verpflichtet ist, kann das EUIPO oder das Gericht daher durch die Entscheidungen der nationalen Behörden oder Gerichte nicht gebunden sein (Urteil vom 18. März 2016, Karl-May-Verlag/HABM – Constantin Film Produktion [WINNETOU], T‑501/13, EU:T:2016:161, Rn. 37).

46      Auch wenn das EUIPO durch die Entscheidungen der nationalen Behörden nicht gebunden ist, können diese Entscheidungen – ohne bindend oder gar ausschlaggebend zu sein – von ihm doch als Anhaltspunkte im Rahmen der Beurteilung des Sachverhalts berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 18. März 2016, WINNETOU, T‑501/13, EU:T:2016:161, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Klägerin erläutert aber jedenfalls nicht, inwiefern die Urteile des Bundesgerichtshofs (Deutschland), auf die sie sich für ihr Vorbringen beruft, ohne sie überhaupt der Klageschrift beigefügt zu haben, für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts relevant sein sollen.

47      Folglich hat die Beschwerdekammer bei ihrem Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken zu Recht sämtliche Bestandteile der angemeldeten Marke berücksichtigt, ohne dass sich die Klägerin auf das Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594), berufen könnte, um mit ihrer Auffassung durchzudringen, dass der Wortbestandteil „skin-identical“ – der, wie oben in Rn. 41 festgestellt, jedenfalls keiner der älteren Marken entspricht – eine selbständig kennzeichnende Stellung behalten habe, mit der die Gefahr einer Verwechslung dieser Marken mit der angemeldeten Marke einhergehen könnte.

48      Daher ist der Umstand, dass ein Bestandteil mit schwacher Kennzeichnungskraft in einer zusammengesetzten Marke gleichwohl eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehmen kann (Urteil vom 22. Oktober 2015, BGW, C‑20/14, EU:C:2015:714, Rn. 40), den die Klägerin auf der Grundlage der auf das Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594), zurückgehenden Rechtsprechung anführt, für die von der Beschwerdekammer vorgenommene Beurteilung betreffend den Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen und das Bestehen einer Verwechslungsgefahr ohne Belang.

49      Ebenso kann, da der Bestandteil „skin-identical“ für sich keiner der älteren Marken entspricht, auch der Umstand, dass er umgekehrt für den Teil der Verkehrskreise, der die Bedeutung der englischen Wörter „skin“ und „identical“ nicht versteht, nicht mit schwacher Kennzeichnungskraft versehen sein kann, keinerlei Auswirkung auf die Anwendung der auf das Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594), zurückgehenden Rechtsprechung im vorliegenden Rechtsstreit haben.

50      Jedenfalls kann der Bestandteil „skin-identical“, der sich, wie von der Beschwerdekammer in Rn. 40 der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt, vom Wortbestandteil „skinident“ durch einen Bindestrich und die Endung „ical“ deutlich unterscheidet, innerhalb der angemeldeten Marke keine selbständige Stellung einnehmen, auch nicht für den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, der etwa der englischen Sprache nicht mächtig ist. Dem Bestandteil „nivea“ kommt nämlich aufgrund seiner Stellung am Zeichenanfang besondere Bedeutung zu, und er prägt, wie die Beschwerdekammer in Rn. 60 der angefochtenen Entscheidung zu Recht annehmen konnte, den von der angemeldeten Marke bei den maßgeblichen Verkehrskreisen hervorgerufenen Gesamteindruck. Unter diesen Umständen kann die angemeldete Marke unabhängig davon, wie diese Verkehrskreise ihre einzelnen Bestandteile verstehen würden, nur als Ganzes und nicht anders wahrgenommen werden.

51      Da der Bestandteil „skin-identical“, wie vorstehend ausgeführt, für sich keiner der älteren Marken entspricht, ist insoweit ohne Belang, dass einem Wortbestandteil in einer zusammengesetzten Marke, in der ein bekanntes Zeichen – wie vorliegend das Wort „nivea“ – den von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Gesamteindruck etwa dominiert, eine selbständig kennzeichnende Stellung im Sinne der auf das Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594), zurückgehenden Rechtsprechung zuerkannt werden können mag.

52      Nach alledem ist die erste Rüge des ersten Klagegrundes zu verwerfen.

–       Zur zweiten Rüge: keine Auswirkung des Bindestrichs in der angemeldeten Marke auf den Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken

53      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, der Bindestrich zwischen den Bestandteilen „skin“ und „identical“ der angemeldeten Marke erzeuge keine unterscheidende Wirkung und könne daher den bildlichen und klanglichen Unterschied zu den älteren Marken nicht verstärken.

54      Insoweit ist aber festzustellen, dass dieses Interpunktionszeichen die maßgeblichen Verkehrskreise dazu veranlassen wird, den Wortbestandteil „skin-identical“ in zwei klar voneinander gesonderte Begriffe aufzuspalten – unabhängig davon, wie diese Verkehrskreise die beiden Begriffe verstehen könnten.

55      Die Einfügung eines Bindestrichs bewirkt nämlich innerhalb der angemeldeten Marke eine optische Trennung und hat daher keinen bloß dekorativen Charakter. Im Übrigen liegt darin ein bedeutender Unterschied, der im vorliegenden Fall eine umso größere Rolle bei der bildlichen Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Zeichen spielen wird, als diese von begrenzter Länge sind.

56      Dass manche Wörter etwa mit oder ohne Bindestrich geschrieben werden können, genügt insoweit nicht für die Feststellung, dass die Bestandteile „skin“ und „identical“ in bestimmten Sprachen eine grammatikalische Kombination bilden würden, die unterschiedslos mit oder ohne Bindestrich geschrieben werden könnte, so dass dieses Interpunktionszeichen einfach außer Acht gelassen werden könnte.

57      Unter diesen Umständen hat die Beschwerdekammer ohne Beurteilungsfehler befunden, dass sich der Bestandteil „skin-identical“ bildlich von dem Bestandteil „skinident“ durch die Verwendung eines Bindestrichs unterscheide, wobei der bildliche Unterschied zwischen diesen beiden Bestandteilen umso deutlicher ist, als der erste dieser Bestandteile gegenüber dem zweiten vier zusätzliche Buchstaben enthält.

58      Selbst bei der Annahme, dass der Bindestrich nicht ausreichen sollte, um den Bestandteil „skin-identical“ der angemeldeten Marke von den älteren, aus dem einzigen Bestandteil „skinident“ bestehenden Marken zu unterscheiden, genügen im Übrigen, da der – angesichts seiner Stellung am Zeichenanfang besonders bedeutsame – Bestandteil „nivea“ und der – nicht zu vernachlässigende – Bestandteil „q10“ der angemeldeten Marke in den älteren Marken keine Entsprechungen finden, die bildlichen Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen jedenfalls, um die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer zu bestätigen, dass die Zeichen nur einen niedrigen Grad an visueller Ähnlichkeit aufweisen.

59      In klanglicher Hinsicht hat die Beschwerdekammer in der Folge ebenfalls zu Recht befunden, dass der Bindestrich die maßgeblichen Verkehrskreise dazu veranlasse, die Bestandteile „skin“ und „identical“ deutlich gesondert auszusprechen. Dieser Umstand ist geeignet, den klanglichen Unterschied zwischen der angemeldeten Marke und den älteren Marken zu verstärken, und zwar unabhängig davon, wie die maßgeblichen Verkehrskreise diese Bestandteile verstehen mögen.

60      Außerdem genügen die klanglichen Unterschiede, die durch die nur in der angemeldeten Marke vorhandenen Bestandteile „nivea“ und „q10“ sowie durch die Endung „ical“, die in den älteren Marken keine Entsprechung hat, entstehen, um die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer zu bestätigen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen einen niedrigen Grad an phonetischer Ähnlichkeit aufweisen.

61      Nach alledem ist die zweite Rüge des ersten Klagegrundes zu verwerfen.

–       Zur dritten Rüge: lückenhafte Prüfung des Bestandteils „identical“ und fehlende Bedeutung dieses Bestandteils für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise

62      Die Klägerin trägt vor, der Bestandteil „identical“ werde dem nicht Englisch sprechenden Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in Griechenland, Zypern oder Ungarn, wahrscheinlich auch in Finnland, als Phantasiebegriff erscheinen. Die Beschwerdekammer habe aber diesen Teil der Verkehrskreise bei ihrer Prüfung nicht berücksichtigt. Somit sei ihre Prüfung lückenhaft gewesen, und ihr sei infolgedessen ein Beurteilungsfehler unterlaufen, indem sie zu dem Ergebnis gekommen sei, dass ein großer Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die Bedeutung des Bestandteils „identical“ als Bezugnahme auf „etwas vollkommen Gleiches“ verstehe.

63      Aus Rn. 62 der angefochtenen Entscheidung geht jedoch hervor, dass die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, wie sie vorstehend in Rn. 62 wiedergegeben ist, auf der – von der Klägerin nicht bestrittenen – Feststellung beruht, dass das englische Adjektiv „identical“ in einem Dutzend Sprachen der Union sehr ähnlich sei, was in der Tat einem Großteil der Verbraucher in der Union entspricht. Der Beschwerdekammer kann daher kein Beurteilungsfehler unterlaufen sein, als sie aus diesem Grund davon ausging, dass „ein Großteil der Verbraucher in den relevanten Mitgliedstaaten“ bei diesem Adjektiv an „etwas vollkommen Gleiches“ denke.

64      Jedenfalls genügt es, mit der Beschwerdekammer festzustellen, dass der Bestandteil „nivea“, der keine bestimmte Bedeutung hat, in den älteren Marken fehlt. Wie oben in Rn. 38 ausgeführt, ist die Abkürzung „q10“ für die in Rede stehenden Waren beschreibend, so dass sie beim begrifflichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken keine entscheidende Rolle spielt. Unter diesen Umständen und unabhängig vom Verständnis sowohl des Bestandteils „identical“ als auch des Wortes „skin“ durch die maßgeblichen Verkehrskreise ist die Beschwerdekammer ebenfalls beurteilungsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen allenfalls einen niedrigen Grad an begrifflicher Ähnlichkeit aufwiesen.

65      Dies gilt auch für den Teil der Verkehrskreise, der den Bestandteil „skin“, der den einander gegenüberstehenden Marken gemeinsam ist, als für die in Rede stehenden Waren beschreibend verstünde, da die Endung „ident“ der älteren Marken selbst für den englischsprachigen Teil der Verkehrskreise anders als der Bestandteil „identical“ keine eindeutige und bestimmte Bedeutung haben kann. Insoweit konnte die Beschwerdekammer zu Recht feststellen, dass „ident“ begrifflich genauso auf den Gedanken eines „Verfahrens zur Identifikation“ verweisen könne, der somit nicht mit dem durch das Adjektiv „identical“ vermittelten Begriff der Identität verwechselt werden könne, oder, was manche der in Rede stehenden Waren betreffe, auf das Wort „dental“, das im Unterschied zum Adjektiv „identical“ der angemeldeten Marke die Vorstellung von Waren für „Zahnpflege“ vermittle.

66      Während also der einzige Bestandteil „skinident“ der älteren Marken in seiner Gesamtheit für die maßgeblichen Verkehrskreise, einschließlich des Teils dieser Verkehrskreise, der etwa die Bedeutung des Wortes „skin“ versteht, keine bestimmte Bedeutung hat, setzt sich der Wortbestandteil „skin-identical“ der älteren Marke aus zwei gesonderten Begriffen zusammen, die jeweils für einen Großteil der maßgeblichen Verkehrskreise eine eindeutige und bestimmte Bedeutung haben.

67      Nach alledem sind die von der Klägerin für ihren ersten Klagegrund erhobenen Rügen allesamt nicht geeignet, die von der Beschwerdekammer im Rahmen von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 vorgenommene Beurteilung in Frage zu stellen.

68      Unter diesen Umständen konnte die Beschwerdekammer, obwohl feststeht, dass die älteren Marken mit normaler Kennzeichnungskraft versehen sind, und trotz der Identität der in Rede stehenden Waren in Anbetracht des geringen Grads an bildlicher, klanglicher und begrifflicher Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken ohne Beurteilungsfehler annehmen, dass im vorliegenden Fall keine Verwechslungsgefahr bestehe.

69      Demnach ist die dritte Rüge des ersten Klagegrundes zu verwerfen und mithin der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001

70      Gemäß Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung von der Eintragung ausgeschlossen, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Union oder des Mitgliedstaats zum einen Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke, gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Unionsmarke in Anspruch genommenen Priorität, erworben worden sind und zum anderen dieses Kennzeichen seinem Inhaber das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.

71      Nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 kann der Inhaber einer nicht eingetragenen Marke der Eintragung einer Unionsmarke widersprechen, wenn diese nicht eingetragene Marke kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt. Die nicht eingetragene Marke muss im geschäftlichen Verkehr benutzt werden, sie muss von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung sein, das Recht an dieser Marke muss nach dem Recht des Mitgliedstaats erworben worden sein, in dem die Marke vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke benutzt wurde, und die Marke muss schließlich ihrem Inhaber das Recht verleihen, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, so dass, wenn eine nicht eingetragene Marke oder ein Zeichen eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, einem Widerspruch, der auf eine nicht eingetragene Marke oder andere im geschäftlichen Verkehr benutzte Zeichen im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 gestützt wird, der Erfolg versagt bleibt (vgl. Urteil vom 24. Oktober 2018, Bacardi/EUIPO – Palírna U zeleného stromu [42 BELOW], T‑435/12, EU:T:2018:715, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Inwieweit ein in einem Mitgliedstaat geschütztes Kennzeichen das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen, ist anhand des anwendbaren nationalen Rechts zu prüfen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die angeführte innerstaatliche Regelung und die im betreffenden Mitgliedstaat ergangenen gerichtlichen Entscheidungen zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage muss der Widersprechende belegen, dass das in Rede stehende Kennzeichen in den Anwendungsbereich des geltend gemachten Rechts des Mitgliedstaats fällt und es erlaubt, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen (vgl. Urteil vom 10. Juli 2014, Peek & Cloppenburg/HABM, C‑325/13 P und C‑326/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:2059, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Insoweit obliegt nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. d der Delegierten Verordnung (EU) 2018/625 der Kommission vom 5. März 2018 zur Ergänzung der Verordnung 2017/1001 und zur Aufhebung der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1430 (ABl. 2018, L 104, S. 1) dem Widersprechenden, wenn der Widerspruch auf ein älteres Recht im Sinne von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 gestützt wird, u. a. der Nachweis des Schutzumfangs dieses Rechts; wenn das ältere Recht nach dem Gesetz eines Mitgliedstaats geltend gemacht wird, ist auch eine eindeutige Angabe des Inhalts des zugrunde liegenden nationalen Gesetzes durch Beifügung von Veröffentlichungen der relevanten Bestimmungen oder Rechtsprechung erforderlich.

74      Was die von der Klägerin vor dem EUIPO geltend gemachten deutschen Rechtsvorschriften betrifft, so bestimmt § 5 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz – MarkenG) vom 25. Oktober 1994 (BGBl. 1994 I S. 3082 und BGBl. 1995 I S. 156):

„(1)      Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.

(2)      Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen oder sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

…“

75      § 15 Absatz 2 MarkenG lautet:

„Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.“

76      § 15 Abs. 2 MarkenG stellt für die Bestimmung des Schutzumfangs für „geschäftliche Bezeichnungen“ als wesentliches Kriterium auf die Verwechslungsgefahr ab. Die „Verwechslungsgefahr“ im Sinne dieser Vorschrift ist begrifflich ähnlich strukturiert wie im harmonisierten Markenrecht in § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und folglich wie in Art. 8 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 (Urteil vom 20. Februar 2018, Deutsche Post/EUIPO – bpost [BEPOST], T‑118/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:86, Rn. 101).

77      Im vorliegenden Fall stellte die Beschwerdekammer fest, dass sich die Klägerin auf das in Deutschland als geschäftliche Bezeichnung geschützte ältere Unternehmenskennzeichen Skinident berufe. Sie befand, für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des anwendbaren deutschen Rechts komme es auf „die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Bezeichnungen und auf die Tätigkeitsgebiete an, für welche die konkurrierenden Bezeichnungen verwendet werden (Branchennähe)“.

78      Nach der Feststellung, dass zwischen den Tätigkeitsgebieten, für die das Unternehmenskennzeichen beansprucht werde, und den mit der angemeldeten Marke bezeichneten Waren „Branchenidentität“ vorliege, befand sie, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen „in jeglicher Hinsicht nur entfernt ähnlich“ seien, und verwies insofern auf ihre Analyse des Zeichenvergleichs nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001. Unter diesen Umständen verneinte die Beschwerdekammer die Gefahr einer Verwechslung der einander gegenüberstehenden Zeichen und verwies insoweit auf ihre im Rahmen von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 vorgenommene Prüfung der Verwechslungsgefahr. Mit der Feststellung, dass das geltend gemachte ältere Recht eine der Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 nicht erfülle, wies sie den Widerspruch zurück, soweit er auf diese Vorschrift gestützt war.

79      Die Klägerin ist der Ansicht, die Beschwerdekammer habe im Wesentlichen einen Rechtsfehler begangen, indem sie bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung 2017/1001 erfüllt seien, die Besonderheiten des vorliegend einschlägigen nationalen Rechts und der vorliegend einschlägigen nationalen Rechtsprechung nicht berücksichtigt habe.

80      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

81      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass zwar die Klageschrift in bestimmten Punkten durch Bezugnahmen auf ihr beigefügte Auszüge von Unterlagen untermauert und ergänzt werden kann, die Anlagen aber eine bloße Beweis- und Hilfsfunktion haben. Die Anlagen können deshalb nicht der näheren Ausführung eines in der Klageschrift gedrängt dargestellten Klagegrundes unter Anführung in der Klageschrift nicht enthaltener Rügen oder Argumente dienen (vgl. entsprechend Urteil vom 31. Januar 2019, Thun/EUIPO [Fisch], T‑604/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:42, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung). Somit ist es nicht Sache des Gerichts, sich an die Stelle der Parteien zu setzen, indem es versucht, die einschlägigen Einzelheiten in den Schriftstücken ausfindig zu machen, auf die sie sich beziehen (Urteil vom 17. April 2008, Dainichiseika Colour & Chemicals Mfg./HABM – Pelikan [Darstellung eines Pelikans], T‑389/03, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:114, Rn. 19). Entsprechende Erfordernisse gelten für ein zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachtes Argument (vgl. Urteil vom 9. März 2018, Recordati Orphan Drugs/EUIPO – Laboratorios Normon [NORMOSANG], T‑103/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:126, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

82      Im vorliegenden Fall erläutert die Klägerin zur Stützung ihres Klagegrundes die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht näher, die die Beschwerdekammer ihres Erachtens verkannt haben soll, sondern beschränkt sich auf den Verweis „ausführlich die Beschwerdebegründung“, in der sie „ausführlich vorgetragen“ habe.

83      Daraus folgt, dass das Gericht im vorliegenden Fall die Argumente, die von der Klägerin ihrer Aussage nach im Verfahren vor dem EUIPO vorgebracht wurden, während sie für ihren Klagegrund nicht angeführt werden, nicht berücksichtigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Dezember 2022, Eurol/EUIPO – Pernsteiner [eurol LUBRICANTS], T‑636/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:804, Rn. 20).

84      Sollte davon auszugehen sein, dass sich die Klägerin mit dem Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den zweiten Klagegrund auf die von ihr für den ersten Klagegrund angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berufen wollte, genügt die Feststellung, dass sie entgegen den Anforderungen von Art. 7 Abs. 2 Buchst. d der Delegierten Verordnung 2018/625 diese Rechtsprechung, wie oben in Rn. 46 festgestellt, der Klageschrift nicht beigefügt hat und ihr Vorbringen in diesem Punkt nicht rechtlich hinreichend substantiiert hat.

85      Darüber hinaus ist jedenfalls nach Art. 95 der Verordnung 2017/1001 die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern anhand des tatsächlichen und rechtlichen Rahmens des Rechtsstreits vorzunehmen, mit dem die Beschwerdekammer befasst war (vgl. Urteil vom 1. Februar 2005, SPAG/HABM – Dann und Backer [HOOLIGAN], T‑57/03, EU:T:2005:29, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung). Hierzu ist jedoch festzustellen, dass aus der Beschwerde der Klägerin vor der Beschwerdekammer nicht hervorgeht, dass sie sich vor dem EUIPO auf die Urteile des Bundesgerichtshofs berufen hätte, auf die sie sich in der Klageschrift beruft, mit Ausnahme zum einen des Urteils vom 11. Mai 2006 (I ZB 28/04, Malteserkreuz) und zum anderen des Urteils vom 28. Juni 2007 (I ZR 132/04, INTERCONNECT/T‑InterConnect).

86      Was aber zunächst das Urteil vom 11. Mai 2006 (I ZB 28/04, Malteserkreuz) betrifft, geht aus dessen von der Klägerin angeführter Rn. 23 hervor, dass nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die angegriffene Marke vor allem aufgrund der trotz einiger unbedeutender Unterschiede gegebenen Übereinstimmung des gemeinsamen Bildbestandteils, der Darstellung eines achtzackigen Kreuzes, einen hohen Grad an Ähnlichkeit mit der älteren Bildmarke aufwies und dieser Bestandteil innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnahm. Er schloss daraus auf die Gefahr einer Verwechslung der in Rede stehenden Marken. Aus dieser Beurteilung lässt sich jedoch nicht, wie die Klägerin unterstellt, ableiten, dass die auf das Urteil vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, EU:C:2005:594), zurückgehende Rechtsprechung dahin auszulegen wäre, dass die ältere Marke bei „abgewandelter“ Übernahme in die angemeldete Marke aus diesem Grund innerhalb der angemeldeten Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehmen könnte, die geeignet wäre, die Gefahr einer Verwechslung dieser Marke mit der älteren Marke hervorzurufen.

87      Hierzu führte der Bundesgerichtshof in Rn. 23 des Urteils vom 11. Mai 2006 (I ZB 28/04, Malteserkreuz) aus, dass nach nationalem Recht eine selbständig kennzeichnende Stellung im Wesentlichen nicht ausreiche, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen, wenn keine bildliche Ähnlichkeit der den betreffenden Marken gemeinsamen Bestandteile bestehe. Im Übrigen erläutert die Klägerin nicht, inwiefern eine Rechtsprechung zu Bildbestandteilen auf den vorliegenden Fall übertragbar wäre, in dem es um den Vergleich der Wortbestandteile geht, die den einander gegenüberstehenden Marken gemeinsam sein sollen. Jedenfalls können die bildlichen Unterschiede, die durch das Vorhandensein eines Bindestrichs und der Endung „ical“ in der angemeldeten Marke – die in den älteren Marken keine Entsprechungen finden – entstehen, nicht den Schluss auf einen hohen Grad an bildlicher Ähnlichkeit dieser Marken zulassen, anders als es bei den Marken der Fall war, die in der Rechtssache, in der das von der Klägerin angeführte Urteil erging, in Rede standen.

88      Was sodann das Urteil vom 28. Juni 2007 (I ZR 132/04, INTERCONNECT/T‑InterConnect, Rn. 35) betrifft, aus dem hervorgehe, dass ein Bestandteil trotz seiner schwachen Kennzeichnungskraft innerhalb einer Marke, die aus einem kennzeichnungskräftigen Zeichen und einer bekannten Marke zusammengesetzt sei, eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehmen könne, was auch vorliegend das Ergebnis sein müsse, genügt der Hinweis, dass aus der von der Klägerin angeführten Randnummer jenes Urteils nicht hergeleitet werden kann, dass die selbständige Stellung eines solchen kennzeichnungskräftigen Zeichens innerhalb der angemeldeten Marke ausreichen würde, um eine Gefahr der Verwechslung mit der älteren Marke herbeizuführen. Aus jener Rechtsprechung ergibt sich lediglich, dass „grundsätzlich jeder unterscheidungskräftige Bestandteil über selbständige Kennzeichnungskraft verfügen kann“. Jedenfalls geht aus der angefochtenen Entscheidung nicht hervor, dass die Beschwerdekammer dem Wortbestandteil „skin-identical“ eine selbständig kennzeichnende Stellung deshalb abgesprochen hätte, weil er etwa eine schwache Kennzeichnungskraft habe.

89      Schließlich macht die Klägerin zwar geltend, dass die Beschwerdekammer die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs übergangen habe, die „berücksichtigt, … wenn ein älteres Zeichen bereits intensiv benutzt wurde“, doch zieht sie daraus jedenfalls keine Schlussfolgerung und beanstandet nicht die von der Beschwerdekammer in den Rn. 49 bis 52 der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Analyse, aus der sich ergibt, dass nach Prüfung der von der Klägerin im Verfahren vor dem EUIPO vorgelegten Beweise keine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marken festgestellt werden konnte.

90      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Klägerin jedenfalls nicht nachgewiesen hat, dass die Beschwerdekammer einen Beurteilungsfehler begangen hätte, als sie befand, dass trotz der bestehenden Ähnlichkeiten die Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Gesamtzeichen ausreichten, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.

91      Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

92      Die Klägerin macht geltend, die Beschwerdekammer habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da sie die aus dem nationalen Recht abgeleiteten Aspekte, auf die sie sich im Verfahren vor dem EUIPO berufen habe, nicht gebührend berücksichtigt habe.

93      Im Kontext des Unionsmarkenrechts bestimmt Art. 94 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001, dass die Entscheidungen des EUIPO nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Darin findet der allgemeine Grundsatz des Schutzes der Verteidigungsrechte Ausprägung, der im Übrigen in Art. 41 Abs. 2 Buchst. a der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist. Nach diesem Grundsatz müssen die Adressaten behördlicher Entscheidungen, durch die ihre Interessen spürbar berührt werden, Gelegenheit erhalten, ihren Standpunkt gebührend darzulegen (vgl. Urteil vom 26. März 2020, Armani/EUIPO – Asunción [GIORGIO ARMANI le Sac 11], T‑653/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:121, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

94      Der Anspruch auf rechtliches Gehör erstreckt sich auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage für die Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (vgl. Urteil vom 13. Mai 2020, Clatronic International/EUIPO [PROFI CARE], T‑5/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:191, Rn. 102 und die dort angeführte Rechtsprechung).

95      Im vorliegenden Fall macht die Klägerin jedoch weder geltend, dass die angefochtene Entscheidung auf einen Grund gestützt worden sei, den sie nicht hätte erörtern können, noch, dass sie keine Gelegenheit erhalten habe, ihren Standpunkt gebührend darzulegen.

96      Insoweit kann die behauptete Nichtberücksichtigung des Vortrags der Klägerin keine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte darstellen. Auch wenn nämlich die Achtung des Verteidigungsrechts verlangt, dass das EUIPO der Klägerin Gelegenheit gibt, ihren Standpunkt gebührend darzulegen, kann es nicht deshalb gezwungen sein, sich diesem Standpunkt anzuschließen. Damit der Standpunkt der Klägerin gebührend zum Ausdruck kommt, ist lediglich erforderlich, dass er so rechtzeitig geäußert werden kann, dass das EUIPO davon Kenntnis nehmen und seine Relevanz für den Inhalt der zu erlassenden Maßnahme mit der gebotenen Sorgfalt prüfen kann (vgl. Urteil vom 14. September 2022, Privatbrauerei Eichbaum/EUIPO – Anchor Brewing Company [STEAM], T‑609/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2022:563, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

97      Daraus folgt, dass das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem sie manche ihrer Argumente übergangen habe, zu verwerfen ist.

98      Nach alledem ist, da keiner der von der Klägerin für ihre Anträge geltend gemachten Klagegründe durchgreift, die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

99      Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

100    Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Streithelferin deren Kosten aufzuerlegen. Da das EUIPO hingegen nur für den Fall der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen, ist mangels Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden, dass das EUIPO seine eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die SkinIdent AG trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Beiersdorf AG.

3.      Das EUIPO trägt seine eigenen Kosten.

Marcoulli

Norkus

Valasidis

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 8. November 2023.

Der Kanzler

 

Der Präsident

V. Di Bucci

 

S. Papasavvas


*      Verfahrenssprache: Deutsch.