Language of document : ECLI:EU:T:2015:682

URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

24. September 2015(*)

„EAGFL – Abteilung Garantie – EGFL und ELER – Von der Finanzierung ausgeschlossene Ausgaben – Im Rahmen der europäischen Kontingentierungsregelung für die Herstellung von Kartoffelstärke getätigte Ausgaben – Verteidigungsrechte“

In der Rechtssache T‑557/13

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,

Klägerin,

unterstützt durch

Königreich der Niederlande, vertreten durch M. Bulterman, C. Schillemans und J. Langer als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch B. Eggers und P. Rossi als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses 2013/433/EU der Kommission vom 13. August 2013 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union (ABl. L 219, S. 49), soweit darin gegenüber der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der europäischen Kontingentierungsregelung für die Herstellung von Kartoffelstärke für die Jahre 2003 bis 2005 eine finanzielle Berichtigung in Höhe eines Gesamtbetrags von 6 192 951,34 Euro vorgenommen wird,

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie der Richter O. Czúcz und A. Popescu (Berichterstatter),

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2015

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Die Grundregelung über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik für die ab dem 1. Januar 2000 getätigten Ausgaben ist die Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 160, S. 103), die die Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 94, S. 13) ersetzt hat, die für die vor diesem Zeitpunkt getätigten Ausgaben galt.

2        Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b und Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1258/1999 finanziert die Abteilung Garantie des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) die Interventionen zur Regulierung der Agrarmärkte, die nach Unionsvorschriften im Rahmen der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte vorgenommen werden.

3        Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999 bestimmt:

„Die Kommission entscheidet, welche Ausgaben von der in den Artikeln 2 und 3 genannten gemeinschaftlichen Finanzierung auszuschließen sind, wenn sie feststellt, dass Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsvorschriften getätigt worden sind.

Vor jeder Entscheidung über eine Ablehnung der Finanzierung werden die Ergebnisse der Überprüfungen der Kommission sowie die Antworten des betreffenden Mitgliedstaats jeweils schriftlich übermittelt; danach bemühen sich beide Parteien, zu einem Einvernehmen über das weitere Vorgehen zu gelangen.

Wird kein Einvernehmen erzielt, so kann der Mitgliedstaat die Einleitung eines Verfahrens beantragen, um die jeweiligen Standpunkte innerhalb von vier Monaten miteinander in Einklang zu bringen; die Ergebnisse dieses Verfahrens werden in einem Bericht erfasst, der an die Kommission übermittelt und von dieser geprüft wird, bevor sie eine Finanzierung ablehnt.

Die Kommission bemisst die auszuschließenden Beträge insbesondere unter Berücksichtigung der Tragweite der festgestellten Nichtübereinstimmung. Sie trägt dabei der Art und Schwere des Verstoßes sowie dem der Gemeinschaft entstandenen finanziellen Schaden Rechnung.

Die Ablehnung der Finanzierung kann folgende Ausgaben nicht betreffen:

a)      Ausgaben gemäß Artikel 2, die über vierundzwanzig Monate vor dem Zeitpunkt getätigt wurden, zu dem die Kommission dem betroffenen Mitgliedstaat die Ergebnisse ihrer Überprüfungen schriftlich mitgeteilt hat,

b)      Ausgaben für eine Maßnahme oder Tätigkeit nach Artikel 3, für die die abschließende Zahlung früher als vierundzwanzig Monate vor dem Zeitpunkt getätigt wurde, zu dem die Kommission dem betroffenen Mitgliedstaat die Ergebnisse ihrer Überprüfungen schriftlich mitgeteilt hat.

Unterabsatz 5 gilt jedoch nicht für die finanziellen Auswirkungen

a)      der Unregelmäßigkeiten im Sinne von Artikel 8 Absatz 2,

b)      von einzelstaatlichen Beihilfen oder Verstößen, für die das Verfahren nach Artikel 88 [EG] oder nach Artikel 226 [EG] eingeleitet wurde.“

4        Art. 8 der Verordnung Nr. 1258/1999 sieht vor:

„(1)      Die Mitgliedstaaten treffen gemäß ihren Rechts- und Verwaltungsvorschriften die erforderlichen Maßnahmen, um

a)      sich zu vergewissern, dass die durch den [EAGFL] finanzierten Maßnahmen tatsächlich und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind,

b)      Unregelmäßigkeiten zu verhindern und zu verfolgen,

c)      die infolge von Unregelmäßigkeiten oder Versäumnissen abgeflossenen Beträge wiedereinzuziehen.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die zu diesem Zweck getroffenen Maßnahmen, insbesondere den Stand der Verwaltungs- und Gerichtsverfahren, mit.

(2)      Erfolgt keine vollständige Wiedereinziehung, so trägt die Gemeinschaft die finanziellen Folgen der Unregelmäßigkeiten oder Versäumnisse; dies gilt nicht für Unregelmäßigkeiten oder Versäumnisse, die den Verwaltungen oder Einrichtungen der Mitgliedstaaten anzulasten sind.

Die wiedereingezogenen Beträge fließen den zugelassenen Zahlstellen zu, die sie von den durch den [EAGFL] finanzierten Ausgaben abziehen. Die Zinsen für wiedereingezogene oder zu spät entrichtete Beträge fließen dem [EAGFL] zu.

(3)      Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit die Grundregeln für die Anwendung dieses Artikels.“

5        In Art. 9 der Verordnung Nr. 1258/1999 heißt es:

„(1)      Die Mitgliedstaaten stellen der Kommission alle für das reibungslose Funktionieren des [EAGFL] erforderlichen Auskünfte zur Verfügung und treffen alle Maßnahmen, die geeignet sind, etwaige Kontrollen – einschließlich Prüfungen vor Ort – zu erleichtern, deren Durchführung die Kommission im Rahmen der Abwicklung der gemeinschaftlichen Finanzierung für zweckmäßig erachtet.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die Rechts- und Verwaltungsvorschriften mit, die sie zur Durchführung der gemeinschaftlichen, sich auf die gemeinsame Agrarpolitik beziehenden Rechtsakte erlassen haben, sofern diese Rechtsakte finanzielle Auswirkungen für den [EAGFL] haben.

(2)      Unbeschadet der von den Mitgliedstaaten nach einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften durchgeführten Kontrollen und unbeschadet des Artikels 248 [EG] und aller aufgrund von Artikel 279 Buchstabe c) [EG] durchgeführten Kontrollen können die von der Kommission mit Prüfungen vor Ort beauftragten bevollmächtigten Vertreter die Bücher und alle sonstigen Unterlagen, einschließlich der auf elektronischen Datenträgern erstellten oder gespeicherten Angaben, einsehen, die sich auf die vom [EAGFL] finanzierten Ausgaben beziehen.

Sie können insbesondere prüfen,

a)      ob die Verwaltungspraxis mit den Gemeinschaftsvorschriften im Einklang steht,

b)      ob die erforderlichen Belege vorhanden sind und mit den vom [EAGFL] finanzierten Maßnahmen übereinstimmen,

c)      unter welchen Bedingungen die vom [EAGFL] finanzierten Maßnahmen durchgeführt und geprüft werden.

Die Kommission benachrichtigt rechtzeitig vor der Prüfung den betreffenden Mitgliedstaat bzw. den Mitgliedstaat, auf dessen Hoheitsgebiet diese Prüfung vorgenommen wird. Bedienstete des betreffenden Mitgliedstaats können sich an der Prüfung beteiligen.

Auf Ersuchen der Kommission und im Einvernehmen mit dem betreffenden Mitgliedstaat führen die zuständigen Stellen dieses Mitgliedstaats Prüfungen oder Nachforschungen in Bezug auf die Maßnahmen im Sinne dieser Verordnung durch. Bedienstete der Kommission können sich an diesen Prüfungen oder Nachforschungen beteiligen.

Zur Verbesserung der Prüfungsmöglichkeiten kann die Kommission im Einvernehmen mit den betreffenden Mitgliedstaaten Verwaltungsbehörden dieser Mitgliedstaaten an bestimmten Prüfungen oder Nachforschungen beteiligen.

(3)      Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit erforderlichenfalls die Grundregeln für die Anwendung dieses Artikels fest.“

6        Die Verordnung Nr. 1258/1999 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 209, S. 1) aufgehoben, die nach ihrem Art. 49 am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft trat, also am 18. August 2005.

7        Art. 47 der Verordnung Nr. 1290/2005 sah jedoch vor, dass „[d]ie Verordnung … Nr. 1258/1999 … bis zum 15. Oktober 2006 für die Ausgaben der Mitgliedstaaten und bis zum 31. Dezember 2006 für die Ausgaben der Kommission [gilt]“. Ab dem 16. Oktober 2006 wurden die Bestimmungen von Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999 somit durch die entsprechenden Bestimmungen von Art. 31 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 1290/2005 ersetzt.

8        Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1663/95 der Kommission vom 7. Juli 1995 mit Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates bezüglich des Rechnungsabschlussverfahrens des EAGFL, Abteilung Garantie (ABl. L 158, S. 6) in der u. a. durch die Verordnung (EG) Nr. 2245/1999 der Kommission vom 22. Oktober 1999 (ABl. L 273, S. 5) geänderten Fassung sieht vor:

„Kommt die Kommission aufgrund von Nachforschungen zu dem Schluss, dass bestimmte Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsvorschriften getätigt wurden, so teilt sie dem betreffenden Mitgliedstaat ihre Feststellungen mit und gibt die zu treffenden Korrekturmaßnahmen an, die künftig die Beachtung der vorgenannten Vorschriften sicherstellen sollen.

Diese Mitteilung muss auf die vorliegende Verordnung Bezug nehmen. Der Mitgliedstaat antwortet innerhalb von zwei Monaten. Die Kommission kann einer Verlängerung dieser Frist in begründeten Fällen zustimmen.

Nach Ablauf dieser Frist führt die Kommission bilaterale Besprechungen. Beide Parteien versuchen einvernehmlich, die zu ergreifenden Maßnahmen festzulegen, die Schwere des Verstoßes und den der Europäischen Union entstandenen finanziellen Schaden zu schätzen. Nach Abschluss dieser Besprechungen und nach Ablauf einer Frist, die die Kommission im Einvernehmen mit dem Mitgliedstaat nach den bilateralen Besprechungen der Mitteilung zusätzlicher Angaben setzt, oder wenn der Mitgliedstaat der betreffenden Aufforderung in der gesetzten Frist nicht nachkommt, teilt die Kommission dem Mitgliedstaat ihre Schlussfolgerung unter Bezugnahme auf die Entscheidung 94/442/EG der Kommission förmlich mit. Unbeschadet von Unterabsatz 4 dieses Absatzes legt sie in dieser Mitteilung die Ausgaben fest, die sie gemäß Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c) der Verordnung … Nr. 729/70 auszuschließen beabsichtigt.

Der Mitgliedstaat setzt die Kommission schnellstmöglich über die von ihm zur Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften getroffenen Korrekturmaßnahmen und über das Datum ihrer tatsächlichen Anwendung in Kenntnis. In Anwendung von Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c) der Verordnung … Nr. 729/70 beschließt die Kommission gegebenenfalls den Aussch[l]uss der wegen der Nichteinhaltung der Gemeinschaftsvorschriften in Frage stehenden Ausgaben bis zur tatsächlichen Anwendung der Korrekturmaßnahmen.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

9        In der Zeit vom 6. bis zum 10. September 2004 führten die Dienststellen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Deutschland einen Kontrollbesuch durch, um zu überprüfen, ob die in den Jahren 2002 und 2003 getätigten Ausgaben den gemeinschaftsrechtlichen Beihilferegelungen für die Erzeugung von Kartoffelstärke entsprochen hatten (im Folgenden: Kontrolle von 2004).

10      Im Anschluss an diese Kontrolle teilte die Kommission den deutschen Behörden mit Schreiben vom 14. Dezember 2004 die Ergebnisse der Kontrolle von 2004 mit (im Folgenden: Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004) und wies darauf hin, dass ihnen dieses Schreiben gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 zugehe.

11      Mit Schreiben vom 17. Februar 2005 antworteten die deutschen Behörden, dass sie die positive allgemeine Bewertung des Kontrollsystems zur Kenntnis nähmen, aber den von der Kommission erhobenen Bedenken widersprächen. Sie wiesen insbesondere darauf hin, dass die Beihilfeanträge und ‑zahlungen, die im Laufe des Wirtschaftsjahrs in Tranchen stattgefunden hätten, nicht in Widerspruch zum Unionsrecht gestanden hätten. Es sei zu jedem Zeitpunkt die Zahlung des Mindestpreises für die Menge, für welche Leistungen beantragt worden seien, gewährleistet worden. Diese Verfahrensweise garantiere Landwirten, dass sie rechtzeitig über den Mindestpreis und die Beihilfen verfügten.

12      Am 19. Mai 2005 fand in Brüssel (Belgien) ein bilaterales Gespräch zwischen den Dienststellen der Kommission und den deutschen Behörden statt, über das am 30. Juni 2005 eine Zusammenfassung der erörterten Punkte erstellt wurde (im Folgenden: Zusammenfassung vom 30. Juni 2005).

13      Aus Abschnitt 2 („Erörterte Punkte“) dieser Zusammenfassung vom 30. Juni 2005 ergibt sich Folgendes:

„…

2.2 Kontrollen

Die Dienststellen der [Generaldirektion (GD)] Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sehen die von den deutschen Behörden getroffenen Maßnahmen zur Umstrukturierung der Kontrollen als zufrieden stellend an. Allerdings könnten ihrer Ansicht nach die Kontrollen vor allem hinsichtlich ihres Zeitplans noch weiter verstärkt werden.

2.3      Zahlung des Mindestpreises und des Beihilfebetrags an den Kartoffelerzeuger und Beantragung von Erzeugerbetrag und Verarbeitungsprämie durch das Stärkeunternehmen

Die Dienststellen der GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung betonen, dass ihre Bemerkungen zu den Zahlungen sich ausschließlich auf das Stärkeunternehmen AVEBE (Brandenburg) beziehen. Sie vertreten weiterhin die Auffassung, dass die Methode einer Zahlung in Tranchen nicht mit Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 97/95 im Einklang steht.

Die deutschen Behörden sind der Meinung, dass hier ein Missverständnis vorliegt. Für jede Lieferung erfolgt unverzüglich eine entsprechende Zahlung des Mindestpreises und des Beihilfebetrags an den Kartoffelerzeuger und dies wiederholt sich so im Laufe des Wirtschaftsjahres. Die Lieferungen des Erzeugers verteilen sich nämlich über das gesamte Wirtschaftsjahr.

Die Dienststellen der GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung vertreten demgegenüber den Standpunkt, dass das Unternehmen AVEBE mit dieser Zahlungsmethode seine Wirtschaftstätigkeiten vorfinanziert; denn für die erhaltenen Lieferungen zahlt es nur 46 % des Mindestpreises zum Lieferzeitpunkt und den Restbetrag zum Ende des Wirtschaftsjahres … Ihrer Ansicht nach muss bei jeder Lieferung der Mindestpreis für die gesamte Liefermenge bezahlt werden, bevor das Stärkeunternehmen die Gemeinschaftsbeihilfen beantragen kann.

Die deutschen Behörden sind dagegen weiterhin überzeugt, dass der Mindestpreis in seiner Gesamtheit erst zum Ende des Wirtschaftsjahres gezahlt zu werden braucht und dass in den Rechtsvorschriften kein Datum für die Zahlungsverpflichtung festgesetzt ist. Der Nachweis über die Zahlung des Mindestpreises ist für sämtliche Lieferungen erst zum Ende des Wirtschaftsjahres zu führen und die vom Unternehmen AVEBE praktizierte Zahlungsweise des Mindestpreises und des Beihilfebetrags an den Kartoffelerzeuger stellt in der Sichtweise der deutschen Behörden eine Art von Vorschuss dar.

Die Dienststellen der GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung stellen daraufhin die konkrete Frage nach der Zahlung an Klaus Detjen und möchten wissen, auf welche Weise die im August gelieferten 25 Tonnen Kartoffeln bezahlt worden sind und auf welche Weise das Stärkeunternehmen den Beihilfebetrag für den Kartoffelerzeuger und die Verarbeitungsprämie für das Unternehmen selbst beantragt hat.

Anhand dieses Beispiels wird deutlich, dass dem Kartoffelerzeuger am 1. Oktober 2003 der Mindestpreis und der Beihilfebetrag für 11,6 Tonnen gezahlt wurden und dass im Anschluss an diese Zahlung die Gemeinschaftsbeihilfen bei der Zahlstelle beantragt wurden. Der Mindestpreis wurde zunächst für 46 % der Lieferung gezahlt … Die deutschen Behörden weisen nachdrücklich darauf hin, dass anhand dieses Beispiels auch zu erkennen ist, dass die Beihilfen nur für 46 % beantragt wurden, d. h. also für die Menge, für die der Mindestpreis vollständig gezahlt wurde. Ferner machen sie auf mögliche Unterschiede in den einzelnen Sprachfassungen der betreffenden Verordnung aufmerksam und betonen für den deutschen Text von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a), dass hier von der Menge, für die die Zahlung an die Erzeuger beantragt wurde, und nicht von der gesamten Erzeugungsmenge die Rede ist.

So beharren die deutschen Behörden auf ihrem Standpunkt, dass die Zahlung in Tranchen keinen Verstoß gegen die Rechtsvorschriften darstellt. Ihrer Ansicht nach müssen auch die Buchstaben a) und b) von Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung … Nr. 97/95 getrennt betrachtet werden, da für sie hier zwei unterschiedliche Dinge geregelt sind. Demgegenüber vertreten die Dienststellen der GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung die Auffassung, dass Artikel 11 der Verordnung als Ganzes zu lesen ist, was zu dem Ergebnis führt, dass die Voraussetzungen für den Bezug der Gemeinschaftsbeihilfen durch das Stärkeunternehmen nicht erfüllt waren.

Allerdings stimmen die deutschen Behörden der Auslegung zu, dass im Fall einer Stellung des Beihilfeantrags vor Zahlung des Mindestpreises das Stärkeunternehmen AVEBE die in den Rechtsvorschriften festgelegten Beihilfevoraussetzungen nicht eingehalten hat.

Die Dienststellen der GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung werden ihre zuständigen internen Stellen zu den etwaigen Unterschieden in den Sprachfassungen konsultieren, bevor sie ihre endgültige Haltung zu dem Zahlungsaspekt festlegen.“

14      Mit Schreiben vom 22. Juli 2005 übermittelten die deutschen Behörden der Kommission ihre Stellungnahme zur Zusammenfassung vom 30. Juni 2005, wobei sie nochmals unterstrichen, dass das Zahlungsverfahren für den Mindestpreis nicht in Widerspruch zu Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 97/95 der Kommission vom 17. Januar 1995 mit den Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 1766/92 des Rates hinsichtlich des Mindestpreises und des den Kartoffelerzeugern zu zahlenden Ausgleichsbetrags sowie zur Verordnung (EG) Nr. 1868/94 des Rates zur Einführung einer Kontingentierungsregelung für die Kartoffelstärkeerzeugung (ABl. L 16, S. 3) stehe.

15      Die deutschen Behörden erhielten in der Folge während eines Zeitraums von fünf Jahren und sechs Monaten keine Benachrichtigung oder förmliche Stellungnahme seitens der Kommission.

16      Mit Schreiben vom 8. Februar 2011 übermittelte die Kommission der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 11 Abs. 2 ihrer Verordnung (EG) Nr. 885/2006 vom 21. Juni 2006 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates hinsichtlich der Zulassung der Zahlstellen und anderen Einrichtungen sowie des Rechnungsabschlusses für den EGFL und den ELER (ABl. L 171, S. 90) eine förmliche Mitteilung (im Folgenden: förmliche Mitteilung vom 8. Februar 2011).

17      In Abschnitt 1 („Gründe für den Ausschluss“) der förmlichen Mitteilung vom 8. Februar 2011 führte die Kommission insbesondere aus:

„Bei der Prüfung wurde festgestellt, dass das Unternehmen AVEBE

–        den Stärkekartoffeln liefernden Erzeugern den Mindestpreis in Tranchen zahlt,

–        die Beihilfe an den Erzeuger und die Prämie an das Stärkeunternehmen in Tranchen beantragt.

Für zu Beginn des Wirtschaftsjahres (August bis Oktober) erfolgende Lieferungen erhalten die Erzeuger nur 46 % des Mindestpreises und 46 % der [Unions]beihilfe. Dementsprechend erhält auch das Stärkeunternehmen 46 % seiner Prämie.

Für die restlichen 54 % seiner Zahlungen (Mindestpreis und Beihilfe) muss der Erzeuger bis zum 1. April (29 %) und dann noch bis zum 30. Juni (25 %) des Folgejahres warten. Dieses Zahlungsverfahren gilt bis zum Ende des Wirtschaftsjahres.

Diese Vorgehensweise von AVEBE hat zur Folge, dass der Erzeuger erst dann über den gesamten Mindestpreis frei verfügen kann, wenn die Zahlstelle dem Stärkeunternehmen die Prämien und den Erzeugern die Direktbeihilfe gezahlt hat. Indem das Unternehmen einen Teil des Mindestpreises zurückhält, kann es so seine Wirtschaftstätigkeiten vorfinanzieren.

Angesichts der oben genannten Abfolge der Vorgänge kommt die GD [Landwirtschaft und ländliche Entwicklung] zu dem Schluss, dass das von den deutschen Behörden eingeführte Zahlungsverfahren mit den Rechtsvorschriften nicht in Einklang steht. Wenngleich bei der Prüfung keine Fälle zutage traten, in denen die Begünstigten letztlich weniger als den Mindestpreis erhalten hätten, bleibt die Tatsache bestehen, dass dem Stärkeunternehmen die Prämien und den Erzeugern die Direktbeihilfen gezahlt werden, bevor der gesamte Mindestpreis den Erzeugern (uneingeschränkt) zur Verfügung steht. Dies bedeutet, dass die deutschen Behörden ein Schlüsselkriterium für die Beihilfefähigkeit nicht richtig überprüft haben, das in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft im Hinblick auf die Ansprüche ausdrücklich vorgesehen ist.

Dieses Versäumnis stellt die Nichtanwendung einer Schlüsselkontrolle dar. Gemäß dem Dokument VI/5330/97 sind Schlüsselkontrollen ‚die körperlichen und administrativen Kontrollen, die erforderlich sind, um die wesentlichen Elemente eines Antrags zu überprüfen, insbesondere die Existenz der Person, die den Antrag stellt, die Erzeugnismenge und die qualitativen Merkmale einschließlich der Einhaltung der Fristen …‘“

18      Im Übrigen vertrat die Kommission in Abschnitt 2 („Finanzielle Auswirkungen“) der förmlichen Mitteilung vom 8. Februar 2011 die Ansicht, dass der Zahlungsmechanismus den Erzeugern nicht nur ihre Einkommenssicherheit nehme, sondern auch ein hohes Risiko für den Fonds berge, da Prämien und Beihilfen ausgezahlt werden könnten, ohne dass gewährleistet sei, dass AVEBE ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkomme. Die Kommission schlug daher vor, eine finanzielle Berichtigung von 10 % ab dem 17. Dezember 2002 bis zum Wirtschaftsjahr 2005/2006 (dieses ausgeschlossen) anzuwenden.

19      Mit Schreiben vom 15. März 2011 stellte die Bundesrepublik Deutschland einen Antrag auf Einleitung eines Schlichtungsverfahrens gemäß Art. 16 der Verordnung Nr. 885/2006.

20      In ihrer endgültigen Stellungnahme vom 14. Juli 2011 führte die Schlichtungsstelle – nach einer Zusammenfassung der Standpunkte der Parteien – in Rn. 6 aus, dass ihrer Ansicht nach die Möglichkeit bestehe, die Standpunkte der Parteien in Einklang zu bringen. Insoweit hob sie zunächst hervor: „Die von [AVEBE] und den deutschen Behörden geübte Praxis steht, wie die Dienststellen der Kommission anerkannt haben, im Einklang mit der deutschen Fassung von Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung … Nr. 97/95. Die Schlichtungsstelle ist der Ansicht, dass dies ausreichend sein sollte, um von einer Korrektur der Ausgaben abzusehen, da die deutschen Behörden sich auf diese Sprachfassung verlassen dürfen.“ Anschließend erläuterte die Schlichtungsstelle, dass diese Praxis keine Gefahr für den Fonds mit sich bringe, wenn, wie die deutschen Behörden ausgeführt hätten, eine Parallele zwischen der Zahlung des Mindestpreises und der erhaltenen Beihilfe bestehe. Schließlich schlug sie vor, die Kommission möge die Frage, ob im vorliegenden Fall eine finanzielle Berichtigung gerechtfertigt sei, nochmals überdenken und das Verfahren, das bereits außergewöhnlich lange gedauert habe, so schnell wie möglich beenden.

21      Mit Schreiben vom 1. März 2012 übermittelte die Kommission der Bundesrepublik Deutschland ihren endgültigen Standpunkt (im Folgenden: endgültiger Standpunkt vom 1. März 2012). Darin bestritt sie, vor der Schlichtungsstelle erklärt zu haben, dass die Vorgehensweise von AVEBE und den deutschen Behörden mit der deutschen Fassung von Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 97/95 vereinbar sei. Darüber hinaus hielt die Kommission in diesem endgültigen Standpunkt an ihrer förmlichen Mitteilung vom 8. Februar 2011 sowie an ihrem Vorschlag fest, eine finanzielle Berichtigung in Höhe von 6 192 951,34 Euro vorzunehmen.

22      Am 1. Juni 2013 erstellte die Kommission den Zusammenfassenden Bericht, der u. a die Ergebnisse der durchgeführten Kontrollen, ihre Rügen und die Antworten der Behörden enthält und in dem unter Nr. 9.1.1.1 („Einführung“) hervorgehoben wird, dass „[b]eim Kontrollbesuch im Jahr 2004 … ein Mangel im deutschen Kontrollsystem der Beihilferegelung für Kartoffelstärke beobachtet [wurde]. Dieser Mangel liegt in der Überprüfung der Forderung, dass die nationalen Behörden vor Auszahlung der Direktbeihilfen an die Erzeuger und der Prämie an die Stärkeproduzenten gewährleisten, dass die Erzeuger für die gelieferten Kartoffeln einen Betrag erhalten haben, der dem Mindestpreis entspricht oder über diesem Mindestpreis liegt.“

23      Zunächst gab die Kommission unter Nr. 9.1.1.3 („Feststellungen und Bewertung“) des Zusammenfassenden Berichts an:

„Bei ihrem Kontrollbesuch im Jahr 2004 haben die Kommissionsdienststellen festgestellt, dass [AVEBE]

–        den Mindestpreis an die Erzeuger von Stärkekartoffeln in Teilbeträgen auszahlt,

–        die Beihilfe für den Erzeuger und die Prämie für [AVEBE] in Teilbeträgen beantragt.

Für Lieferungen zu Beginn der Vermarktungssaison (August bis Oktober) erhalten die Erzeuger nur 46 % des Mindestpreises und 46 % der [Unions]beihilfe. Entsprechend erhält auch [AVEBE] 46 % seiner Prämie.

Auf die verbleibenden 54 % ihrer Zahlungen – bestehend aus Mindestpreis und Beihilfe – müssen die Erzeuger bis zum 1. April (29 %) und 30. Juni (25 %) des Folgejahres warten. Diese Zahlungsmethode gilt bis zum Ende des Wirtschaftsjahres.

Aufgrund dieser Vorgehensweise können die Erzeuger nicht frei über den gesamten Mindestpreis verfügen, bevor die Zahlstelle die Prämien an das Stärkeunternehmen und die Direktbeihilfen an die Erzeuger auszahlt. Die Einbehaltung eines Teils des Mindestpreises erlaubt es dem Unternehmen, seine Tätigkeiten vorzufinanzieren.

Unter den beschriebenen Umständen kamen die Kommissionsdienststellen zu dem Schluss, dass der von den deutschen Behörden eingerichtete Zahlungsmechanismus nicht mit den Vorschriften übereinstimmt. Obwohl sich bei der Prüfung keine Einzelfälle fanden, in denen die Empfänger unter dem Strich weniger als den Mindestpreis erhielten, ist es dennoch so, dass die Prämie [AVEBE] und die Direktbeihilfe den Erzeugern gewährt wird, bevor der gesamte Mindestpreis den Erzeugern (ohne weitere Bedingung) zur Verfügung steht. Dies bedeutet, dass die Behörden die angemessene Prüfung eines wichtigen Förderfähigkeitskriteriums für die Zahlung der Ansprüche unterlassen haben, die ausdrücklich in den [Unionsvorschriften] geregelt ist.“

24      Anschließend nahm die Kommission unter Nr. 9.1.3 („Standpunkt der Kommission vor der Schlichtung“) des Zusammenfassenden Berichts wie folgt Stellung:

„Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen und unter Berücksichtigung aller von den deutschen Behörden vorgelegten Erläuterungen stellen die Kommissionsdienststellen fest, dass im Falle [von AVEBE] die Prämie [ihr] und die Direktbeihilfe den Erzeugern gewährt wird, bevor der gesamte Mindestpreis den Erzeugern (ohne weitere Bedingung) zur Verfügung steht. Der geltende Zahlungsmechanismus läuft nicht nur der Einkommenssicherung der Erzeuger zuwider, sondern verursacht auch ein hohes Risiko für den [Unionsf]onds[, da] Prämien und Beihilfen … ausgezahlt werden [könnten], ohne dass garantiert ist, dass [AVEBE ihre] rechtlichen Auflagen erfüllt.

Hinsichtlich der Kontrolle legt der zeitliche Ablauf [bei AVEBE] nahe, dass die deutschen Behörden es versäumt haben, in Bezug auf die berücksichtigten Beihilfeanträge ein – in den [Unionsv]orschriften ausdrücklich vorgesehenes – wesentliches Kriterium für die Beihilfefähigkeit zu überprüfen.

Dieser Mangel stellt effektiv die Nichtdurchführung einer Schlüsselkontrolle dar. Gemäß dem Dokument VI/5330/97 sind ‚Schlüsselkontrollen … die körperlichen und administrativen Kontrollen, die erforderlich sind, um die wesentlichen Elemente eines Antrags zu überprüfen, insbesondere die Existenz der Person, die den Antrag stellt, die Erzeugnismenge und die qualitativen Merkmale einschließlich der Einhaltung der Fristen …‘“

25      Schließlich erläuterte die Kommission, nachdem sie auf die Stellungnahme der Schlichtungsstelle hingewiesen hatte, ihren Standpunkt unter Bezugnahme auf „eine gleichzeitige Untersuchung desselben Mangels [d. h. des Mangels, der auch der Bundesrepublik Deutschland vorgeworfen wurde] und desselben Unternehmens/Begünstigten in den Niederlanden“ dahin, dass sie „zum Zwecke der Kohärenz zwischen der deutschen und der niederländischen Untersuchung … in diesem Fall denselben Standpunkt ein[nimmt], nämlich die ‚niederländische Lesart‘“. Sie betonte weiter, dass sie sich mit ihrem abschließenden Standpunkt auf die deutsche und die niederländische Fassung von Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 97/95 berufe. Obwohl ausschließlich die Verordnung Nr. 97/95 zugrunde gelegt werde, folge im Übrigen eine ähnliche Begründung aus der Lektüre der Verordnung (EG) Nr. 2236/2003 der Kommission vom 23. Dezember 2003 mit Durchführungsbestimmungen für die Verordnung (EG) Nr. 1868/94 zur Einführung einer Kontingentierungsregelung für die Kartoffelstärkeerzeugung (ABl. L 339, S. 45), der Verordnung (EG) Nr. 2237/2003 der Kommission vom 23. Dezember 2003 mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Stützungsregelungen gemäß Titel IV der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. L 339, S. 52) und der Verordnung (EG) Nr. 1973/2004 der Kommission vom 29. Oktober 2004 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates hinsichtlich der Stützungsregelungen nach Titel IV und IVa der Verordnung und der Verwendung von Stilllegungsflächen für die Erzeugung von Rohstoffen (ABl. L 345, S. 1).

26      Unter diesen Umständen erließ die Kommission den Durchführungsbeschluss 2013/433/EU vom 13. August 2013 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union (ABl. L 219, S. 49, im Folgenden: angefochtener Beschluss). In diesem Beschluss wird gegenüber der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der europäischen Kontingentierungsregelung für die Herstellung von Kartoffelstärke für die Jahre 2003 bis 2005 eine finanzielle Berichtigung in Höhe von insgesamt 6 192 951,34 Euro vorgenommen.

 Verfahren und Anträge der Parteien

27      Mit Klageschrift, die am 24. Oktober 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Bundesrepublik Deutschland die vorliegende Klage erhoben.

28      Mit Schriftsatz, der am 21. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Königreich der Niederlande beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Bundesrepublik Deutschland zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 9. April 2014 hat der Präsident der Neunten Kammer des Gerichts diesen Streitbeitritt zugelassen.

29      Die Bundesrepublik Deutschland, unterstützt durch das Königreich der Niederlande, beantragt,

–        Art. 1 und den Anhang des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären, soweit darin im Rahmen der europäischen Kontingentierungsregelung für die Herstellung von Kartoffelstärke für die Jahre 2003 bis 2005 eine finanzielle Berichtigung in Höhe von insgesamt 6 192 951,34 Euro vorgenommen wird,

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

30      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen,

–        der Bundesrepublik Deutschland die Kosten aufzuerlegen.

31      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Neunte Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren ohne vorherige Maßnahmen der Beweisaufnahme zu eröffnen. Die Parteien haben in der Sitzung vom 22. April 2015 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet, mit Ausnahme des Königreichs der Niederlande. Dieses wünschte nicht, an der Sitzung teilzunehmen, was zu Protokoll genommen worden ist.

 Rechtliche Würdigung

32      Die Bundesrepublik Deutschland stützt ihre Klage auf fünf Gründe.

33      Erstens rügt sie eine Verletzung von Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999 und des Art. 31 der Verordnung Nr. 1290/2005 in Verbindung mit Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1868/94 des Rates vom 27. Juli 1994 zur Einführung einer Kontingentierungsregelung für die Kartoffelstärkeerzeugung (ABl. L 197, S. 4), Art. 11 der Verordnung Nr. 97/95, Art. 10 der Verordnung Nr. 2236/2003 und Art. 26 der Verordnung Nr. 2237/2003, die darin liege, dass die Kommission gewisse Ausgaben von der Finanzierung ausgeschlossen habe, obwohl die Voraussetzungen für die Gewährung der Prämie und der Direktbeihilfe erfüllt gewesen seien, weil der Mindestpreis für die beantragte Menge gezahlt worden sei.

34      Zweitens rügt die Bundesrepublik Deutschland einen Verstoß gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV, weil die Kommission nicht ausreichend und frei von Widersprüchen begründet habe, weshalb sich aus Art. 11 der Verordnung Nr. 97/95, aus Art. 10 der Verordnung Nr. 2236/2003 und aus Art. 26 der Verordnung Nr. 2237/2003 unter Berücksichtigung aller Sprachfassungen als Voraussetzung für die Zahlung der Prämie oder der Beihilfe ergeben solle, dass AVEBE bereits den Mindestpreis für die gesamte in einem Wirtschaftsjahr gelieferte Kartoffelmenge entrichtet habe.

35      Drittens rügt sie u. a. eine Verletzung von Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 1 in Verbindung mit Unterabs. 5 Buchst. a der Verordnung Nr. 1258/1999 sowie Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 und Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 1290/2005, da die Kommission die Beanstandung (Nichtdurchführung einer „Schlüsselkontrolle“), auf die sie den Ausschluss der Ausgaben gestützt habe, der Bundesrepublik Deutschland nicht wirksam binnen 24 Monaten nach dem Zeitpunkt schriftlich mitgeteilt habe, zu dem die Ausgaben getätigt worden seien.

36      Viertens macht sie u. a. eine Verletzung von Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999, Art. 8 der Verordnung Nr. 1663/95 und Art. 31 der Verordnung Nr. 1290/2005 in Verbindung mit den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, nach denen ein Verwaltungsverfahren in angemessener Frist durchzuführen ist, sowie eine Verletzung der Verteidigungsrechte geltend, da das Verfahren vor der Kommission übermäßig lange gedauert habe.

37      Fünftens rügt sie eine Verletzung von Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999, Art. 31 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1290/2005 und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, weil die Kommission durch die pauschale Berichtigung von 10 % die Art und die allenfalls geringe Tragweite eines etwaigen Verstoßes nicht angemessen gewürdigt und den Umstand außer Acht gelassen habe, dass der Union tatsächlich weder ein finanzieller Schaden entstanden sei noch jemals das reale Risiko eines Schadenseintritts bestanden habe.

 Einleitende Bemerkungen

38      Vor der Prüfung der oben angeführten fünf Klagegründe ist darauf hinzuweisen, dass, wie sich aus der förmlichen Mitteilung vom 8. Februar 2011, dem endgültigen Standpunkt vom 1. März 2012 und dem Zusammenfassenden Bericht ergibt, die Beanstandung, auf deren Grundlage die Kommission beschlossen hat, eine pauschale Berichtigung von 10 % vorzunehmen, ausschließlich auf die Nichtdurchführung einer Schlüsselkontrolle gestützt wird.

39      Zwar hat die Kommission – wie in der Rechtssache T‑16/11, in der das Urteil vom 3. Juli 2014, Niederlande/Kommission (T‑16/11, EU:T:2014:603), ergangen ist – in dem Schriftwechsel während des Verwaltungsverfahrens nahezu systematisch darauf hingewiesen, dass die Methode der Zahlung des Mindestpreises in Teilbeträgen nicht im Einklang mit Art. 11 der Verordnung Nr. 97/95 stehe. Doch hat sie die finanzielle Berichtigung in den oben genannten drei Dokumenten unmissverständlich untrennbar daran geknüpft, dass eine Schlüsselkontrolle, nämlich die Kontrolle der Erfüllung der Voraussetzung der Zahlung des Mindestpreises, nicht durchgeführt worden sei.

40      Zunächst geht aus der förmlichen Mitteilung vom 8. Februar 2011 (vgl. oben, Rn. 17) hervor, dass die Kommission festgestellt hat, dass AVEBE die Prämien und den Erzeugern die Direktbeihilfen unmittelbar gezahlt worden seien, bevor den Erzeugern der gesamte Mindestpreis zur Verfügung gestanden habe. Daraus hat sie indessen den Schluss gezogen, dass die deutschen Behörden ein Schlüsselkriterium für die Beihilfefähigkeit nicht richtig überprüft hätten, was eine Nichtdurchführung einer Schlüsselkontrolle im Sinne des Dokuments VI/5330/97 der Kommission vom 23. Dezember 1997 „Leitlinien zur Berechnung der finanziellen Auswirkungen im Rahmen der Vorbereitung der Entscheidung über den Rechnungsabschluss des EAGFL-Garantie“ darstelle, die eine finanzielle Berichtigung von 10 % rechtfertige.

41      Sodann ist dem endgültigen Standpunkt vom 1. März 2012 zu entnehmen, dass die Kommission, nachdem sie die in der endgültigen Stellungnahme vom 14. Juli 2011 enthaltenen Schlussfolgerungen der Schlichtungsstelle und den Standpunkt ihrer Generaldirektion (GD) „Landwirtschaft und ländliche Entwicklung“ geschildert hat, in Abschnitt 2.2.3 des endgültigen Standpunkts vom 1. März 2012 zu folgender Schlussfolgerung gelangt ist:

„Im Interesse der Einheitlichkeit des deutschen und des niederländischen Rechnungsabschlussverfahrens und in Anbetracht der Tatsache, dass es sich in beiden Fällen um dasselbe Unternehmen bzw. denselben Begünstigten handelt, vertritt die GD [Landwirtschaft und ländliche Entwicklung] denselben Standpunkt, den sie bereits im niederländischen Fall angenommen hat. …

[D]ie GD [Landwirtschaft und ländliche Entwicklung kommt] zu dem Schluss, dass das Zahlungsverfahren der deutschen Behörden mit den Bestimmungen der Verordnung nicht vereinbar ist. Die Prämien werden dem Stärkeunternehmen und die Direktbeihilfen werden den Erzeugern gewährt, bevor der gesamte Mindestpreis (ohne weitere Bedingung) den Erzeugern zur Verfügung steht. Folglich haben es die Behörden versäumt, in Bezug auf die berücksichtigten Beihilfeanträge ein – in den EU-Vorschriften ausdrücklich vorgesehenes – wesentliches Kriterium für die Beihilfefähigkeit zu überprüfen.“

42      Schließlich geht aus dem Zusammenfassenden Bericht hervor, dass die Kommission darauf hingewiesen hat, dass zum einen bei der Kontrolle von 2004 ein Mangel im deutschen Kontrollsystem der Beihilferegelung für Kartoffelstärke beobachtet worden sei (vgl. oben, Rn. 22) und zum anderen die Prämie AVEBE und die Direktbeihilfe den Erzeugern gewährt worden sei, bevor der gesamte Mindestpreis den Erzeugern zur Verfügung stehe. Dies bedeute, dass die Behörden die angemessene Prüfung eines wichtigen Förderfähigkeitskriteriums unterlassen hätten, die ausdrücklich in den Unionsvorschriften geregelt sei (vgl. oben, Rn. 23).

43      Diesen drei Dokumenten lässt sich somit entnehmen, dass die Kommission wegen des Ablaufs des Verfahrens der Zahlung des Mindestpreises in Teilbeträgen für in Deutschland gelieferte Stärkekartoffeln der Auffassung war, die deutschen Behörden könnten die angemessene Prüfung eines wichtigen Förderfähigkeitskriteriums, die ausdrücklich in den Unionsvorschriften geregelt sei, nicht vorgenommen haben.

44      Somit ist zu berücksichtigen, dass die Kommission, obwohl sie während des gesamten Verwaltungsverfahrens Vorbehalte gegen die Methode der Zahlung des Mindestpreises in Teilbeträgen geäußert hat, die Beanstandung, aufgrund deren sie beschlossen hat, eine pauschale Berichtigung vorzunehmen, darauf gestützt hat, dass die Kontrollen der Erfüllung der die Zahlung des Mindestpreises betreffenden Voraussetzung nicht durchgeführt worden oder unzureichend gewesen seien.

45      Auf der Grundlage dieser Erwägung ist zu prüfen, ob die von der Bundesrepublik Deutschland in der vorliegenden Klage geltend gemachten Gründe stichhaltig sind, wobei als Erstes der dritte Klagegrund zu prüfen ist.

 Zum dritten Nichtigkeitsgrund

46      Zur Stützung ihres dritten Klagegrundes unterstreicht die Bundesrepublik Deutschland, unterstützt durch das Königreich der Niederlande, dass die Kommission eine finanzielle Berichtigung vorgenommen habe, die auf eine Beanstandung bezüglich der Nichtdurchführung einer Schlüsselkontrolle gestützt werde, den deutschen Behörden aber nicht die Verfahrensgarantie zugutegekommen sei, die ihnen nach Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999 und Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 zustehe.

47      Hierzu macht sie geltend, dass sich aus dem endgültigen Standpunkt vom 1. März 2012 und dem Zusammenfassenden Bericht klar ergebe, dass der angefochtene Beschluss ausschließlich auf einer Rüge der Nichtdurchführung einer Schlüsselkontrolle beruhe, die die Kommission erst in einem sehr späten Stadium des Verwaltungsverfahrens erhoben habe. Zwar enthalte die Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 einen Abschnitt mit der Überschrift „Schwachstellen betreffend Schlüssel- und Zusatzkontrollen“, in dem in diesem Abschnitt enthaltenen Text finde sich jedoch nicht die geringste Erläuterung, inwiefern die Kontrollen nicht ausgereicht haben oder nicht durchgeführt worden sein sollten. Vielmehr befassten sich die Ausführungen der Kommission ausschließlich mit einer angeblichen Unregelmäßigkeit, die – wie die Verwendung der Wörter „könnte“ und „möglicherweise“ zeige – sehr vage formuliert sei, in Bezug auf die materielle Voraussetzung für die Gewährung der Prämien und Beihilfen. Außerdem habe die Kommission in der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 auch nicht die geringste Angabe zu den Abhilfemaßnahmen gemacht, die zu treffen seien, um die angebliche Unregelmäßigkeit zu beheben.

48      Die Kommission hält diesen Klagegrund für nicht stichhaltig. Im Wesentlichen trägt sie vor, dass die Rüge bezüglich der Nichtdurchführung einer Schlüsselkontrolle unbestreitbar im Verwaltungsverfahren, insbesondere in der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004, entsprechend den Vorschriften des Unionsrechts und der Rechtsprechung erhoben worden sei.

49      Die Bundesrepublik Deutschland sei bereits durch die Überschrift des Abschnitts 1.2 dieser Mitteilung davon in Kenntnis gesetzt worden, dass es sich um „Schwachstellen betreffend Schlüssel- und Zusatzkontrollen“ gehandelt habe. Außerdem seien in Punkt 4 dieses Abschnitts zum einen alle wesentlichen Elemente der beanstandeten Unregelmäßigkeit knapp, aber vollständig angeführt worden, nämlich dass „die [Unionsb]eihilfe für die Erzeuger und die Prämien für das Unternehmen bei der Zahlstelle in Tranchen beantragt [wird], unabhängig von den an das Verarbeitungsunternehmen gelieferten Mengen“, und zum anderen sei erläutert worden, dass diese Vorgehensweise nicht mit Art. 11 der Verordnung Nr. 97/95 übereinstimme. Die Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 enthalte somit drei Indizien für mangelnde Kontrollen, nämlich erstens Inkongruenz zwischen gelieferter Menge, bezahlter Menge und beantragter Menge, zweitens ein Problem der Vorfinanzierung und drittens die mangelnde Kontrolle des Schlüsselkriteriums, dass der gesamte Mindestpreis gezahlt worden sein müsse, bevor die Prämie und die Ausgleichszahlung gewährt würden.

50      Mit ihrem dritten Klagegrund wirft die Bundesrepublik Deutschland der Kommission im Wesentlichen vor, eine finanzielle Berichtigung vorgenommen zu haben, die auf eine Beanstandung bezüglich der Kontrollen gestützt sei, obwohl sie in der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 weder auf diese Beanstandung hingewiesen noch Abhilfemaßnahmen vorgeschlagen habe und der Bundesrepublik Deutschland dadurch die Verfahrensgarantie vorenthalten habe, die ihr nach Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999 und Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 gewährt werde.

51      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die abschließende, endgültige Entscheidung über den Rechnungsabschluss nach einem besonderen kontradiktorischen Verfahren ergeht, das den betroffenen Mitgliedstaaten die Möglichkeit einer sachdienlichen Äußerung gewährleisten muss (Urteile vom 29. Januar 1998, Griechenland/Kommission, C‑61/95, Slg, EU:C:1998:27, Rn. 39, und vom 14. Dezember 2000, Deutschland/Kommission, C‑245/97, Slg, EU:C:2000:687, Rn. 47).

52      Außerdem ist die Kommission nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet, gegenüber den Mitgliedstaaten die Bedingungen zu erfüllen, die sie sich durch Durchführungsverordnungen selbst auferlegt hat. Eine Nichterfüllung dieser Bedingungen kann nämlich je nach ihrer Bedeutung die den Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999 gewährte Verfahrensgarantie aushöhlen (vgl. entsprechend Urteil vom 17. Juni 2009, Portugal/Kommission, T‑50/07, EU:T:2009:206, Rn. 27).

53      Darüber hinaus beziehen sich Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 5 der Verordnung Nr. 1258/1999 und Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 auf dasselbe Stadium des Rechnungsabschlussverfahrens des EAGFL, und zwar auf die erste Mitteilung der Kommission an den Mitgliedstaat nach Abschluss der von ihr durchgeführten Kontrollen (vgl. entsprechend Urteile vom 24. Januar 2002, Finnland/Kommission, C‑170/00, Slg, EU:C:2002:51, Rn. 27, und Portugal/Kommission, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2009:206, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 definiert die verschiedenen Etappen, die im Rechnungsabschlussverfahren des EAGFL einzuhalten sind. Insbesondere präzisiert diese Bestimmung den Inhalt der ersten schriftlichen Mitteilung, mit der die Kommission den Mitgliedstaaten das Ergebnis ihrer Überprüfungen mitteilt, bevor sie die bilateralen Besprechungen organisiert (vgl. entsprechend Urteile vom 24. Februar 2005, Griechenland/Kommission, C‑300/02, Slg, EU:C:2005:103, Rn. 68, und vom 24. März 2011, Griechenland/Kommission, T‑184/09, EU:T:2011:120, Rn. 40). Nach dieser Bestimmung sind in der ersten Mitteilung dem betreffenden Mitgliedstaat die Feststellungen der Kommission mitzuteilen und die zu treffenden Korrekturmaßnahmen anzugeben, die künftig die Beachtung der Unionsvorschriften sicherstellen sollen. Zudem sieht Art. 8 Abs. 1 vor, dass die Kommission und der betreffende Mitgliedstaat bilaterale Besprechungen auf der Grundlage der Ausgaben, die die Kommission von der Finanzierung auszuschließen beabsichtigt, abhalten und versuchen, zu einem Einvernehmen zu gelangen.

55      Im Übrigen wurde bereits entschieden, dass die schriftliche Mitteilung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 geeignet sein muss, dem Mitgliedstaat eine umfassende Kenntnis von den Vorbehalten der Kommission zu vermitteln, so dass sie den Warnzweck erfüllen kann, der ihr nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 und Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999 zukommt (Urteil Portugal/Kommission, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2009:206, Rn. 39, vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 7. Oktober 2004, Spanien/Kommission, C‑153/01, Slg, EU:C:2004:589, Rn. 93, und vom 3. Mai 2012, Spanien/Kommission, C‑24/11 P, Slg, EU:C:2012:266, Rn. 27).

56      Daraus folgt, dass die Kommission in der ersten Mitteilung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 den Gegenstand der von ihren Dienststellen durchgeführten Überprüfungen und die dabei festgestellten Mängel hinreichend genau angeben muss. Diese können nämlich später angeführt werden, um darzulegen, dass an den von den nationalen Verwaltungen durchgeführten Kontrollen oder den von diesen vorgelegten Zahlen ernsthafte und vernünftige Zweifel bestehen, und so die finanziellen Berichtigungen rechtfertigen, die in der endgültigen Entscheidung vorgenommen werden, mit der bestimmte von dem betreffenden Mitgliedstaat im Rahmen des EAGFL getätigte Ausgaben von der Finanzierung durch die Union ausgeschlossen werden (Urteil Portugal/Kommission, oben in Rn. 52 angeführt, EU:T:2009:206, Rn. 40).

57      Darüber hinaus ist die Verfahrensgarantie, die den Mitgliedstaaten in Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 5 der Verordnung Nr. 1258/1999 mit der zeitlichen Begrenzung der Ausgaben, deren Finanzierung vom EAGFL abgelehnt werden kann, gewährt wird, wertlos, wenn die entsprechende, in Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 aufgestellte Bedingung nicht beachtet wird (vgl. Urteil Spanien/Kommission, oben in Rn. 55 angeführt, EU:C:2012:266, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Somit ist Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 5 der Verordnung Nr. 1258/1999 zu lesen. Nach diesen Bestimmungen darf die Kommission keine Ausgaben ausschließen, die über 24 Monate vor dem Zeitpunkt getätigt wurden, zu dem sie dem betroffenen Mitgliedstaat die Ergebnisse der Überprüfungen schriftlich mitgeteilt hat. Daraus folgt, dass die schriftliche Mitteilung nach Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 ihren Empfänger davor warnen soll, dass Ausgaben, die in dem der Zustellung dieser Mitteilung vorausgehenden Zeitraum von 24 Monaten getätigt wurden, von der Finanzierung durch den EAGFL ausgeschlossen werden können, und dass diese Mitteilung daher den Bezugspunkt für die Berechnung dieser 24-Monats-Frist bildet (Urteil Spanien/Kommission, oben in Rn. 55 angeführt, EU:C:2012:266, Rn. 30).

59      Die Mitteilung nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 muss folglich, um ihren Warnzweck zu erfüllen, insbesondere im Licht von Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 5 der Verordnung Nr. 1258/1999, zunächst sämtliche dem betroffenen Mitgliedstaat zur Last gelegten Unregelmäßigkeiten, die die finanzielle Berichtigung letztlich begründet haben, hinreichend genau angeben. Nur eine solche Mitteilung kann eine umfassende Kenntnis von den Vorbehalten der Kommission garantieren und den Bezugspunkt für die Berechnung der in Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 5 der Verordnung Nr. 1258/1999 und Art. 31 der Verordnung Nr. 1290/2005 vorgesehenen Frist von 24 Monaten bilden (Urteil Spanien/Kommission, oben in Rn. 55 angeführt, EU:C:2012:266, Rn. 31).

60      Gemäß der oben in den Rn. 51 bis 59 angeführten Rechtsprechung ist zu prüfen, ob die Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 die Anforderungen von Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 5 der Verordnung Nr. 1258/1999 erfüllte und damit eine nach diesen Bestimmungen ordnungsgemäße Mitteilung darstellte. Hierzu ist zu klären, ob die Kommission in dieser Mitteilung den Gegenstand und die Ergebnisse ihrer Untersuchung, d. h. die festgestellten Mängel, auf die die finanzielle Berichtigung zulasten der Bundesrepublik Deutschland für die Wirtschaftsjahre 2003 bis 2005 gestützt ist, hinreichend angegeben und die künftig zu treffenden Abhilfemaßnahmen bezeichnet hat.

61      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die deutschen Behörden im Einleitungsteil der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 darauf aufmerksam gemacht hat, dass sie die Bestimmungen der einschlägigen Verordnungen möglicherweise nicht in vollem Umfang beachtet hätten, und dass die Kommission die in Anlage II dieser Mitteilung genannten Abhilfemaßnahmen für erforderlich halte, um zu gewährleisten, dass die Bestimmungen dieser Verordnungen in Zukunft eingehalten würden. Darüber hinaus enthält Anlage I der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 einen Abschnitt 1.1 („Bewertung des Systems“), in dessen Punkt 1.1.1 („Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften [grundsätzlich]“) die Kommission ausführt:

„Grundsätzlich werden alle administrativen Verpflichtungen erfüllt. Das Quotensystem wird eingehalten. Das Preis- und Prämiensystem wird entsprechend Anhang II der Verordnung … Nr. 97/95 angewendet, Preise und Prämien werden vor Ausführung der Zahlungen noch einmal neu berechnet. Die Verträge entsprechen den Bestimmungen der Verordnung … Nr. 97/95 ebenso wie die Lieferscheine, das Zahlungsverzeichnis und die Abnahmescheine.“

62      Ferner heißt es in demselben Punkt 1.1.1:

„Die technischen Kontrolleure haben klare Anweisungen erhalten und werden ausreichend überwacht. Kontrolliert werden in allen Fällen mehr als 10 % der angelieferten Kartoffeln. Es werden auch mehr Kontrollen vorgenommen als unbedingt notwendig: Für 2 bis 5 % der Verträge werden vor Beginn des Wirtschaftsjahrs Vor-Ort-Kontrollen der Anbauflächen vorgenommen. Die einzigen Kritikpunkte sind, dass die Prüfer in den meisten Fällen immer dieselben sind und dass vor allem in Brandenburg die Kontrollen nicht die gesamte Zeitspanne abdecken, in der die Kartoffeln angeliefert werden.

Die Zahlungsanträge der Stärkeunternehmen werden zuerst von den Kontrolleuren nachgeprüft und genehmigt und dann vor jeder Zahlung noch einmal systematisch nachgerechnet. Die Erklärungen des Kontrolleurs zu den Zahlungsflüssen zeigen, dass hier sehr sorgfältig vorgegangen wird.“

63      In Abschnitt 1.2 („Schwachstellen betreffend Schlüssel- und Zusatzkontrollen“) der Anlage I der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 führt die Kommission zunächst aus:

„Die Unternehmen AVEBE … und Emsland Stärke GmbH sind Genossenschaftsverbände, denen Kartoffelerzeuger, die gleichzeitig Mitglieder/Teilhaber sind, und private Firmen angehören. Eine wesentliche Voraussetzung für die Zahlung der Beihilfen an die Kartoffelerzeuger und die Stärkehersteller ist, dass zwischen den Parteien ein Anbauvertrag geschlossen wurde. In [Deutschland] gehören die meisten Kartoffelerzeuger Genossenschaftsverbänden an. Aus diesem Grund kann die rechtliche Geltung dieser Verträge bezweifelt werden, weil beide Parteien durch rechtliche Verpflichtungen gebunden sind. Die deutschen Behörden werden gebeten, sich zu diesem Sachverhalt zu äußern.“

64      Des Weiteren stellt sie fest:

„Die technischen Kontrollen werden stets von der bzw. den gleichen Personen und auch stets etwa zur gleichen Tageszeit durchgeführt. Einige der amtlichen Kontrolleure, speziell in den zur AVEBE-Gruppe gehörenden Fabriken in Dallmin und Lüchow, kontrollieren anscheinend nie nach 17.30 Uhr. Die Lieferungen erfolgen aber zwischen 6 Uhr und 22 Uhr und auch an Samstagen. Dies bedeutet, dass während eines nicht unerheblichen Teils des Lieferzeitraums (3,5 Stunden) nie Kontrollen stattfinden. Die Kontrollen sollten jedoch die gesamte Zeitspanne abdecken, in der Kartoffeln angeliefert werden, damit keine Gewohnheiten oder Erwartungen entstehen. Die deutschen Behörden werden gebeten, für die betreffenden Wirtschaftsjahre (2002 und 2003) nachzuweisen, dass in Brandenburg Kontrollen während der gesamten Zeit der Anlieferung (zwischen 6 Uhr und 22 Uhr) und auch an Samstagen durchgeführt wurden.

Die Behörden in Niedersachsen räumen ein, dass immer derselbe Kontrolleur dieselbe Stärkefabrik kontrolliert, was unter Umständen Zweifel an der Unparteilichkeit der Kontrollen aufkommen lässt, umso mehr, als einige Kontrolleure in der Stärkefabrik, die sie kontrollieren sollen, ein eigenes Büro haben, nur während der offiziellen Arbeitszeiten arbeiten und Mitarbeiter und Management der Firmen, die sie eigentlich unangekündigt und völlig unparteiisch kontrollieren sollen, zu genau kennen. Die niedersächsischen Behörden haben angekündigt, dass im nächsten Wirtschaftsjahr mehr Kontrolleure eingesetzt werden sollen, um unabhängige, unangekündigte und unparteiische Kontrollen gewährleisten zu können.“

65      Zum Mindestpreis führt die Kommission schließlich aus:

„Es ist nicht klar, ob AVEBE tatsächlich den Mindestpreis zahlt, da das Unternehmen diesen in Tranchen zahlt und auch die [Unions]beihilfe für die Erzeuger und die Prämien für das Unternehmen bei der Zahlstelle in Tranchen beantragt, unabhängig von den an das Verarbeitungsunternehmen gelieferten Mengen. Für Partien, die zu Beginn des Wirtschaftsjahres (August, September, Oktober) geliefert werden, wenn die Kartoffeln die höchste Qualität aufweisen, erhält der Erzeuger lediglich 46 % des Mindestpreises und 46 % der [Unions]beihilfe. Das Stärkeunternehmen erhält ebenfalls 46 % der Prämie. Die restlichen Zahlungen (Mindestpreis und [Unions]beihilfe) erhält der Erzeuger erst am 1. April (29 %) bzw. am 30. Juni (25 %) des folgenden Jahres. Diese Zahlungsmethode gilt bis zum Ende des Wirtschaftsjahres. Diese von der Zahlstelle genehmigte Vorgehensweise könnte gegen eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Beantragung der [Unions]beihilfe und der Prämie verstoßen, da sie möglicherweise nicht mit Artikel 11 der Verordnung … Nr. 97/95 übereinstimmt, wonach die [Unions]beihilfe erst beantragt werden kann, wenn der Mindestpreis für die gesamte gelieferte Kartoffelmenge gezahlt worden ist.

Diese Zahlung in mehreren Tranchen führt dazu, dass der Mitgliedstaat in einigen Fällen die Beihilfe nicht innerhalb von vier Monaten an die Erzeuger zahlt, wie es in Artikel 12 der Verordnung … Nr. 97/95 vorgesehen ist. Diese Art der Zahlung ist also eigentlich eine Art Vorfinanzierung der Tätigkeit der Stärkeunternehmen. Die deutschen Behörden werden gebeten, zu erklären, auf welche Rechtsgrundlage sich diese Zahlungsweise stützt.

In beiden Bundesländern zahlen die Stärkeunternehmen und nicht die Zahlstelle die [Unions]beihilfe an die Erzeuger aus. Dies dürfte im Widerspruch zu den Vorschriften über die direkte Zahlung der [Unions]beihilfen in Artikel 12 der Verordnung … Nr. 97/95 stehen. Die niedersächsischen Behörden und die Stärkefabrik in Emlichheim (Emsland Stärke) waren mit dieser Zahlungsweise nicht glücklich, und es ist vorgesehen, ab dem nächsten Wirtschaftsjahr (2004/2005) zu direkten Zahlungen an die Begünstigten überzugehen.“

66      Zu den Abhilfemaßnahmen, die zu treffen sind, um sicherzustellen, dass die Unionsvorschriften in Zukunft eingehalten werden, hat die Kommission in Anlage II („Abhilfemaßnahmen und verfahrenstechnische Verbesserungen“) der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 festgehalten, dass „[d]ie deutschen Behörden … gebeten [werden], alle notwendigen Maßnahmen in Bezug auf die in Anlage I dargestellten Feststellungen zu treffen, um zu gewährleisten, dass künftig alle Anforderungen eingehalten werden“.

67      Im vorliegenden Fall wird in der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 zwar auf Probleme hinsichtlich der Methode der Zahlung des Mindestpreises in Teilbeträgen hingewiesen. Wie von der Bundesrepublik Deutschland, unterstützt durch das Königreich der Niederlande, zutreffend vorgetragen und anders als von der Kommission in ihren Schriftsätzen (vgl. oben, Rn. 48 und 49) und in der mündlichen Verhandlung behauptet, werden darin jedoch weder Vorbehalte noch Abhilfemaßnahmen bezüglich der behördlichen Kontrollen der Erfüllung der Voraussetzung der Zahlung des Mindestpreises genannt.

68      Die Kommission trägt weder vor, dass die Zahlstelle keine Kontrollen bezüglich des Mindestpreises durchgeführt habe, noch, dass diese Kontrollen mangelhaft gewesen seien. Wie in der Rechtssache T‑16/11, in der das Urteil Niederlande/Kommission (oben in Rn. 39 angeführt, EU:T:2014:603) ergangen ist, stellte die Durchführung von Kontrollen indessen einen wichtigen Gesichtspunkt der Kontrolle von 2004 dar, und die Kommission erstattete einen ausführlichen Bericht über ihre Feststellungen zu den Kontrollen. Darin äußerte sie sich positiv, außer hinsichtlich des Umstands, dass die Kontrolleure in den meisten Fällen immer dieselben seien und die Kontrollen, vor allem in Brandenburg, nicht die gesamte Zeitspanne der Anlieferung von Kartoffeln abdeckten, und hinsichtlich der Unparteilichkeit der technischen Kontrolleure (vgl. oben, Rn. 62 bis 64).

69      Zwar enthält die Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, einen Abschnitt 1.2 „Schwachstellen betreffend Schlüssel- und Zusatzkontrollen“, in dem die Frage der Zahlung des Mindestpreises erwähnt wird. Wie die Bundesrepublik Deutschland zutreffend geltend gemacht hat, kann diese Passage der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 jedoch entgegen der von der Kommission in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auslegung trotz der Überschrift des Abschnitts 1.2, in dem sie enthalten ist, nicht als kritische Bewertung der von der Zahlstelle durchgeführten Kontrollen aufgefasst werden. Die Formulierung dieser Passage lässt nämlich klar erkennen, dass die Kommission ausschließlich Zweifel bezüglich der Methode der Zahlung des Mindestpreises als solcher hat und nicht bezüglich der durchgeführten Verwaltungskontrollen. Anders als in späteren Phasen des Verwaltungsverfahrens verwendet die Kommission in den Ausführungen zur Zahlung des Mindestpreises weder die Begriffe „Kontrolle“ oder „Überprüfungen“ noch einen anderen Begriff, der auf eine Unzulänglichkeit der Verwaltungskontrollen hindeutet. Folglich enthält die Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 keinen Hinweis auf etwaige mangelhafte Schlüsselkontrollen in Bezug auf die Zahlung des Mindestpreises.

70      Im Übrigen stützt der Inhalt der Zusammenfassung vom 30. Juni 2005 diese Schlussfolgerung voll und ganz. Dass sich Abschnitt 2.2 auf „Kontrollen“ im Allgemeinen und Abschnitt 2.3 auf die „Zahlung des Mindestpreises und des Beihilfebetrags an den Kartoffelerzeuger und Beantragung von Erzeugerbetrag und Verarbeitungsprämie durch das Stärkeunternehmen“ bezieht, bestätigt klar, dass die Zahlung des Mindestpreises nicht als Problem der Kontrolle erkannt und erörtert wurde. Diese Feststellung gilt auch im Hinblick auf den Inhalt des Abschnitts 2.3 der Zusammenfassung vom 30. Juni 2005, aus dem ebenfalls klar hervorgeht, dass die einzige Unzulänglichkeit, die bei der bilateralen Besprechung hinsichtlich der Zahlung des Mindestpreises aufgeworfen und erörtert wurde, mit der Methode der Zahlung in Teilbeträgen zusammenhängt und nicht mit den Verwaltungskontrollen. Die Kommission weist nämlich darauf hin, dass ihre Dienststellen „weiterhin die Auffassung [vertreten], dass die Methode einer Zahlung in Tranchen nicht mit Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 97/95 im Einklang steht“, und dass „AVEBE mit dieser Zahlungsmethode [ihre] Wirtschaftstätigkeiten vorfinanziert“ (vgl. oben, Rn. 13). Auch hier verwendet die Kommission weder die Begriffe „Kontrolle“ oder „Überprüfungen“ noch einen anderen Begriff, der auf eine Unzulänglichkeit der Kontrollen hindeutet.

71      Angesichts der vorstehenden Erwägungen kann nicht – mit Erfolg – geltend gemacht werden – wie es die Kommission in der mündlichen Verhandlung erneut wiederholt getan hat –, dass der den Mindestpreis betreffende Abschnitt der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 als – jedenfalls hinreichend genaue – Bezeichnung der der Bundesrepublik Deutschland vorgeworfenen, die finanzielle Berichtigung begründenden Unregelmäßigkeiten im Sinne u. a. des Urteils Spanien/Kommission (oben in Rn. 55 angeführt, EU:C:2012:266) angesehen werden könne.

72      Daher ist in Bezug auf die Wirtschaftsjahre 2003 bis 2005, auf die sich die Einwendungen der Bundesrepublik Deutschland beziehen, festzustellen, dass die dem Mitgliedstaat vorgeworfenen Unregelmäßigkeiten, die der finanziellen Berichtigung im vorliegenden Fall zugrunde liegen, in der Mitteilung der Ergebnisse vom 14. Dezember 2004 nicht im Sinne der oben in den Rn. 51 bis 59 angeführten Rechtsprechung hinreichend genau bezeichnet werden. Somit kann diese Mitteilung nicht zur Begründung der finanziellen Berichtigung angeführt werden, die mit dem angefochtenen Beschluss gegenüber der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen wurde. Es steht daher fest, dass das Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, wenn die Bundesrepublik Deutschland von diesen Unregelmäßigkeiten Kenntnis und die Gelegenheit gehabt hätte, ihnen abzuhelfen.

73      Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist dem dritten Klagegrund stattzugeben und der angefochtene Beschluss daher für nichtig zu erklären, soweit die Kommission eine finanzielle Berichtigung vorgenommen hat, die auf eine Beanstandung bezüglich der Nichtdurchführung einer Schlüsselkontrolle, nämlich der Kontrolle der Erfüllung der Voraussetzung der Zahlung des Mindestpreises, gestützt ist, den deutschen Behörden aber nicht die ihnen nach Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1258/1999 und Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1663/95 gewährte Verfahrensgarantie zugutekam.

74      Da der dritte Klagegrund begründet ist, sind der zweite, der vierte und der fünfte Klagegrund nicht zu prüfen. Dasselbe gilt für den ersten Klagegrund, der jedenfalls ins Leere geht. Da dieser Klagegrund gegen eine Rüge gerichtet ist, die der finanziellen Berichtigung nicht zugrunde liegt, könnte er nämlich, selbst wenn er begründet wäre, nicht zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses führen.

75      Nach alledem ist der Klage stattzugeben und der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, soweit die Kommission gegenüber der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der europäischen Kontingentierungsregelung für die Herstellung von Kartoffelstärke für die Jahre 2003 bis 2005 eine finanzielle Berichtigung vorgenommen hat.

 Kosten

76      Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Bundesrepublik Deutschland die Kosten aufzuerlegen. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen indessen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Folglich trägt das Königreich der Niederlande seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Durchführungsbeschluss 2013/433/EU der Kommission vom 13. August 2013 über den Ausschluss bestimmter von den Mitgliedstaaten zulasten des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) getätigter Ausgaben von der Finanzierung durch die Europäische Union wird für nichtig erklärt, soweit darin gegenüber der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der europäischen Kontingentierungsregelung für die Herstellung von Kartoffelstärke für die Jahre 2003 bis 2005 eine finanzielle Berichtigung vorgenommen wird.

2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

3.      Das Königreich der Niederlande trägt seine eigenen Kosten.

Berardis

Czúcz

Popescu

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. September 2015.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

Verfahren und Anträge der Parteien

Rechtliche Würdigung

Einleitende Bemerkungen

Zum dritten Nichtigkeitsgrund

Kosten


* Verfahrenssprache: Deutsch.