Language of document : ECLI:EU:T:2023:833

URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)

20. Dezember 2023(*)

„Außervertragliche Haftung – Staatliche Beihilfen – Beihilfe der italienischen Behörden zugunsten von Banca Tercas – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird – Verjährung – Sukzessiver Schaden – Teilweise Unzulässigkeit – Hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen – Kausalzusammenhang“

In der Rechtssache T‑415/21,

Banca Popolare di Bari SpA mit Sitz in Bari (Italien), vertreten durch Rechtsanwälte A. Zoppini und G. M. Roberti, Rechtsanwältin I. Perego sowie Rechtsanwälte G. Parisi und D. Gallo,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn, I. Barcew, A. Bouchagiar und D. Recchia als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer),

unter Mitwirkung des Präsidenten R. da Silva Passos, des Richters S. Gervasoni sowie der Richterinnen N. Półtorak (Berichterstatterin), I. Reine und T. Pynnä,

Kanzler: V. Di Bucci,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage nach Art. 268 AEUV begehrt die Klägerin, die Banca Popolare di Bari SpA, den Ersatz des Schadens, der ihr infolge des Erlasses des Beschlusses (EU) 2016/1208 der Kommission vom 23. Dezember 2015 über die staatliche Beihilfe Italiens zugunsten der Banca Tercas (SA.39451 [2015/C] [ex 2015/NN]) (ABl. 2016, L 203, S. 1, im Folgenden: Tercas-Beschluss) entstanden sein soll.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 30. April 2012 beschloss das italienische Wirtschafts- und Finanzministerium auf Vorschlag der Banca d’Italia (italienische Zentralbank), die Unregelmäßigkeiten bei der Banca Tercas (im Folgenden: Tercas) festgestellt hatte, diese unter Sonderverwaltung zu stellen.

3        Im Oktober 2013 nahm der von der italienischen Zentralbank bestellte Sonderverwalter nach Prüfung verschiedener Möglichkeiten Verhandlungen mit der Klägerin auf, die ihr Interesse an der Zeichnung einer Kapitalerhöhung von Tercas bekundet hatte, vorbehaltlich einer vorherigen Due-Diligence-Prüfung von Tercas und der vollständigen Abdeckung des Vermögensdefizits dieser Bank durch den Fondo interbancario di tutela dei depositi (Interbankenfonds zur Einlagensicherung, Italien, im Folgenden: FITD).

4        Am 28. Oktober 2013 beschloss der Exekutivausschuss des FITD auf Antrag des Sonderverwalters von Tercas, dieser Bank Unterstützungsmaßnahmen zu gewähren, die von der italienischen Zentralbank genehmigt wurden.

5        Am 18. März 2014 beschloss der FITD, die geplante Intervention aufgrund von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Experten von FITD und BPB auszusetzen. Diese Meinungsverschiedenheiten wurden dann durch ein Schlichtungsverfahren beigelegt.

6        Am 30. Mai 2014 beschlossen der Exekutivausschuss und der Verwaltungsrat des FITD, zur Unterstützung von Tercas tätig zu werden.

7        Am 7. Juli 2014 genehmigte die italienische Zentralbank diese Intervention des FITD zur Unterstützung von Tercas. Diese Intervention sah drei Maßnahmen vor, nämlich erstens einen Zuschuss in Höhe von 265 Mio. Euro zur Deckung des negativen Eigenkapitals von Tercas, zweitens eine Garantie in Höhe von 35 Mio. Euro zur Deckung des Kreditrisikos im Zusammenhang mit bestimmten Engagements von Tercas und drittens eine Garantie in Höhe von 30 Mio. Euro zur Deckung der sich aus der steuerlichen Behandlung der ersten Maßnahme ergebenden Kosten.

8        Der Sonderverwalter von Tercas berief im Einvernehmen mit der italienischen Zentralbank eine Hauptversammlung der Aktionäre von Tercas für den 27. Juli 2014 ein, damit diese Aktionäre über die teilweise Deckung der während der Sonderverwaltung festgestellten Verluste und über eine der Klägerin angebotene Kapitalerhöhung entscheiden konnten. Diese Kapitalerhöhung erfolgte am 27. Juli 2014.

9        Am 1. Oktober 2014 wurde die Sonderverwaltung für Tercas aufgehoben, und die Klägerin setzte eine neue Geschäftsführung ein.

10      Im Dezember 2014 nahm die Klägerin eine Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien vor. Mit der Kapitalerhöhung wollte sie ihre durch die Übernahme von Tercas und deren Tochtergesellschaft, der Banca Caripe SpA (im Folgenden: Caripe), belasteten Kapitalquoten stärken.

11      Im März 2015 zeichnete die Klägerin eine weitere Kapitalerhöhung von Tercas zur Deckung der Verluste im vierten Quartal 2014 und der Umstrukturierungskosten in den Jahren 2015 und 2016 sowie zur Verbesserung der Kapitalquoten von Tercas.

12      Mit Schreiben vom 27. Februar 2015 teilte die Europäische Kommission der Italienischen Republik ihre Entscheidung mit, das in Art. 108 Abs. 2 AEUV vorgesehene Verfahren in Bezug auf die Intervention des FITD zur Unterstützung von Tercas einzuleiten.

13      Am 23. Dezember 2015 erließ die Kommission den Tercas-Beschluss.

14      In diesem Beschluss vertrat die Kommission die Auffassung, dass die von der italienischen Zentralbank am 7. Juli 2014 genehmigte Intervention des FITD zur Unterstützung von Tercas, deren gesamtes Vermögen seit dem 1. Oktober 2014 von der Klägerin gehalten werde, eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstelle, die die Italienische Republik von ihrem Empfänger zurückfordern müsse.

15      Am 4. Februar 2016 nahm der FITD eine „freiwillige“ Intervention zur Unterstützung von Tercas vor, und am 14. Juli 2016 übernahm die Klägerin Tercas.

16      Mit Urteil vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission (T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167), das durch das Urteil des Gerichtshofs vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a. (C‑425/19 P, EU:C:2021:154), bestätigt worden ist, wurde der Tercas-Beschluss für nichtig erklärt.

17      Mit Schreiben vom 28. April 2021 beantragte die Klägerin bei der Kommission gemäß Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union den Ersatz der Schäden, die ihr durch den Erlass des Tercas-Beschlusses entstanden sein sollen, und verlangte eine Entschädigung in Höhe von 228 Mio. Euro.

18      Am 11. Mai 2021 lehnte die Kommission diesen Antrag ab.

 Anträge der Parteien

19      Die Klägerin beantragt,

–        die Europäische Union, vertreten durch die Kommission, zu verurteilen, ihr eine Entschädigung in Höhe von 280 Mio. Euro oder, hilfsweise, in Höhe von 203 Mio. Euro als Ersatz des materiellen Schadens zu zahlen, der ihr durch den Erlass des Tercas-Beschlusses entstanden sein soll, sowie einen angemessenen Betrag als Ersatz des immateriellen Schadens, der ihr durch den Erlass des Tercas-Beschlusses entstanden sein soll;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

20      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig abzuweisen;

–        hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

 Zulässigkeit

21      Die Kommission hat eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 130 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben. Der Schadensersatzanspruch sei gemäß Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union verjährt. Nach der Rechtsprechung, die sich u. a. aus dem Urteil vom 28. Februar 2013, Inalca und Cremonini/Kommission (C‑460/09 P, EU:C:2013:111, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung), ergebe, beginne die Frist für die Verjährung des Anspruchs aus außervertraglicher Haftung zu laufen, wenn die Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhänge, erfüllt seien und sich insbesondere der zu ersetzende Schaden konkretisiert habe.

22      Sie macht im Wesentlichen geltend, dass der Tag der Bekanntgabe des Tercas-Beschlusses, die am 23. Dezember 2015 durch institutionelle Mitteilungen erfolgt und in den folgenden Tagen von der Presse aufgegriffen worden sei, den Zeitpunkt darstelle, zu dem sich der behauptete Schaden konkretisiert habe. Da die fünfjährige Verjährungsfrist am 23. Dezember 2015 begonnen habe, sei diese Frist demzufolge am 23. Dezember 2020 abgelaufen, und der Schadensersatzanspruch sei verjährt, weil der Schadensersatzantrag am 28. April 2021 gestellt worden sei.

23      Außerdem macht die Kommission geltend, dass der behauptete Schaden nicht sukzessiven Charakter habe. Nach der Rechtsprechung und insbesondere dem Urteil vom 19. April 2007, Holcim (Deutschland)/Kommission (C‑282/05 P, EU:C:2007:226, Rn. 35), sei für den sukzessiven Charakter des Schadenseintritts erforderlich, dass sich der Schaden im Verhältnis zur verstrichenen Zeit erhöhe. Doch auch wenn der angeblich erlittene Schaden mit der Zeit habe zunehmen können, sei diese etwaige Zunahme nicht im Verhältnis zur verstrichenen Zeit erfolgt. Vielmehr sei der von der Klägerin geltend gemachte Schaden sofort eingetreten.

24      Folglich könne der Schadensersatzantrag, den sie am 28. April 2021 an die Kommission gerichtet hat, nicht als verjährungsunterbrechende Handlung eingestuft werden.

25      Hierzu trägt die Kommission vor, dass der Zeitpunkt, zu dem sich der behauptete Schaden konkretisiert habe, mit dem Zeitpunkt zusammenfalle, zu dem die nationalen Behörden die im Tercas-Beschluss genannte Beihilfe tatsächlich zurückgefordert hätten. Nach Ansicht der Kommission liegt dem behaupteten Schaden der Tercas-Beschluss zugrunde.

26      Selbst wenn man außerdem davon ausginge, dass der Beginn der Verjährungsfrist der Zeitpunkt sei, zu dem die Klägerin per Einschreiben von dem für den behaupteten Schaden ursächlichen Ereignis offiziell Kenntnis erlangt habe, entspräche dieser Zeitpunkt spätestens dem Datum des Empfangs dieses Einschreibens, das eine Kopie des Tercas-Beschlusses enthalten habe, d. h. dem 29. Februar 2016. Auch in diesem Fall wäre die Fünfjahresfrist bereits dann abgelaufen gewesen, als die Klägerin am 28. April 2021 ihren Antrag auf Schadensersatz eingereicht habe.

27      Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Kommission entgegen.

28      Nach Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der gemäß Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar ist, verjähren die aus außervertraglicher Haftung der Union hergeleiteten Ansprüche in fünf Jahren nach Eintritt des Ereignisses, das ihnen zugrunde liegt.

29      Diese Frist soll zum einen den Schutz der Rechte des Geschädigten gewährleisten, der über genügend Zeit verfügen muss, um im Hinblick auf eine mögliche Klage sachdienliche Informationen zusammenzutragen, und zum anderen verhindern, dass der Geschädigte die Ausübung seines Rechts auf Schadensersatz auf unbegrenzte Zeit hinausschieben kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. November 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑469/11 P, EU:C:2012:705, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 7. Juli 2021, Bateni/Rat, T‑455/17, EU:T:2021:411, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Nach der Rechtsprechung beginnt diese Frist zu laufen, wenn die Voraussetzungen, von denen die Ersatzpflicht abhängt, erfüllt sind und sich insbesondere der geltend gemachte Schaden konkretisiert hat (Urteil vom 17. Juli 2008, Kommission/Cantina sociale di Dolianova u. a., C‑51/05 P, EU:C:2008:409, Rn. 54). Somit beginnt die Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem sich der Schaden tatsächlich verwirklicht hat, und nicht im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses (vgl. Urteil vom 28. Februar 2013, Inalca und Cremonini/Kommission, C‑460/09 P, EU:C:2013:111, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Verjährung durch Einreichung der Klageschrift beim Gerichtshof oder dadurch unterbrochen wird, dass der Geschädigte seinen Anspruch vorher gegenüber dem zuständigen Organ geltend macht (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 14. Dezember 2005, Arizona Chemical u. a./Kommission, T‑369/03, EU:T:2005:458, Rn. 116).

32      Desgleichen ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der Anspruch auf Entschädigung dann, wenn die Schäden nicht sofort verursacht worden sind, sondern sich ihr Eintritt über einen gewissen Zeitraum erstreckt hat, aufeinanderfolgende Zeitabschnitte betrifft. Insbesondere gelten all die Schäden als sukzessiv eingetreten, die im Laufe aufeinanderfolgender Zeiträume erneut eintreten und sich im Verhältnis zur verstrichenen Zeit erhöhen (Beschlüsse vom 4. September 2009, Inalca und Cremonini/Kommission, T‑174/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:306, Rn. 56 und 57, sowie vom 19. Mai 2011, Formenti Seleco/Kommission, T‑210/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:228, Rn. 50).

33      In einem solchen Fall erfasst die Verjährung gemäß Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union den mehr als fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der Unterbrechungshandlung liegenden Zeitraum, ohne die später entstandenen Ansprüche zu berühren (vgl. Beschluss vom 4. September 2009, Inalca und Cremonini/Kommission, T‑174/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:306, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Im vorliegenden Fall macht die Klägerin geltend, dass sich der von ihr erlittene Schaden aus dem Tercas-Beschluss ergebe. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin insbesondere Ersatz für den angeblich durch den Tercas-Beschluss verursachten Schaden, der in einer Beschädigung des Vertrauens der Kundschaft ihr gegenüber bestehe, was zu einem Verlust an Einlagen und Kundschaft (entgangener Gewinn), einer Beeinträchtigung ihres Rufs (immaterieller Schaden) sowie zu Ausgaben für Maßnahmen zur Minderung der negativen Auswirkungen des Tercas-Beschlusses (tatsächlicher Schaden) geführt habe.

35      In diesem Zusammenhang ist zur Beurteilung der Zulässigkeit der Klage zu prüfen, ob die gerügten Schäden einen sukzessiven Charakter im Sinne der oben in den Rn. 32 und 33 angeführten Rechtsprechung aufweisen, wie die Klägerin geltend macht.

36      Was als Erstes den geltend gemachten entgangenen Gewinn betrifft, bestreitet die Klägerin in Bezug auf den Beginn der Verjährungsfrist nicht, dass die Verluste an direkten Einlagen und Kundschaft infolge des Tercas-Beschlusses ab dessen Bekanntgabe am 23. Dezember 2015 eingetreten sind. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der Tercas-Beschluss seine Wirkungen in dieser Hinsicht ab dem 23. Dezember 2015 entfaltet hat.

37      Daraus folgt, dass ab diesem Zeitpunkt die Wirkungen der behaupteten materiellen Schäden tatsächlich eingetreten sind und die in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehene Verjährungsfrist zu laufen begann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. April 2007, Holcim [Deutschland]/Kommission, C‑282/05 P, EU:C:2007:226, Rn. 33, und vom 17. Juli 2008, Kommission/Cantina sociale di Dolianova u. a., C‑51/05 P, EU:C:2008:409, Rn. 63).

38      Die Klägerin macht geltend, sie habe aufgrund eines Verlusts an Einlagen und Kundschaft im Zeitraum von Dezember 2015 bis April 2021 – infolge der Abnahme ihrer Kreditvergabefähigkeit, die sich negativ auf ihre gesamte Geschäftstätigkeit ausgewirkt und ihr Nettobankergebnis verringert habe – nicht die Einnahmen erzielt, die sie vernünftigerweise hätte erwarten können, wenn der Tercas-Beschluss nicht erlassen worden wäre.

39      Somit weist der von der Klägerin geltend gemachte Schaden wegen entgangenen Gewinns infolge des Verlusts an direkten Einlagen einen sukzessiven Charakter im Sinne der oben in Rn. 32 angeführten Rechtsprechung auf, da die insoweit geltend gemachten materiellen Schäden nicht sofort hervorgerufen worden sind, sondern sich ihr Eintritt über einen gewissen Zeitraum erstreckt hat und sie im Laufe aufeinanderfolgender Zeiträume erneut eingetreten sind, so dass sich ihr Betrag aufgrund der Fortdauer der Wirkungen einer rechtswidrigen Handlung, nämlich des Tercas-Beschlusses, im Verhältnis zur verstrichenen Zeit erhöht hat.

40      Darüber hinaus geht die Klägerin davon aus, dass sie bis April 2021 einen Gewinnausfall aufgrund eines Verlusts an Kundschaft erlitten habe. Insbesondere habe sie von 2015 bis 2016 7 783 Kunden verloren. Was außerdem die auf der Grundlage der Markttendenzen erstellten Wachstumsprognosen im Geschäftsplan 2016–2020 angehe, der einen Anstieg der Zahl der Neukunden um 50 000 Einheiten, d. h. 10 000 pro Jahr, vorgesehen habe, habe die Klägerin ab dem Geschäftsjahr 2017 ein Kundenwachstum in Höhe der Hälfte dieser Prognosen erzielt, nämlich 5 000 Kunden pro Jahr.

41      Nach Ansicht der Klägerin hat der Tercas-Beschluss diesen Verlust an Kundschaft verursacht, durch den sie einen Gewinnausfall erlitten habe, der in einem Verlust einer Provisionsspanne im Zeitraum von Dezember 2015 bis April 2021, einem Ausbleiben des im Geschäftsplan 2016–2020 vorgesehenen Kundenwachstums, einer Verschlechterung der Provisionsspanne bei den verbleibenden Kunden und der Nichterreichung der Wachstumsaussichten für das Nettobankergebnis von Dezember 2015 bis April 2021 bestanden habe.

42      Es ist jedoch festzustellen, dass die von der Klägerin vorgelegten Studien, d. h. die technischen Berichte einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und eines Hochschulprofessors, zeigen, dass die angeblichen Schäden im Zusammenhang mit dem Verlust an Kundschaft fortdauerten, bis der Tercas-Beschluss keine Wirkungen mehr entfaltete, nämlich bis April 2021. Insbesondere hat die Klägerin – unbeschadet der nachstehend vorzunehmenden Prüfung des Kausalzusammenhangs – zum einen weiterhin Kunden verloren und ist zum anderen nicht in der Lage gewesen, neue Kunden zu gewinnen. Folglich ist der angebliche Gewinnausfall, der infolge dieses Verlusts entstanden sein soll, im Laufe aufeinanderfolgender Zeiträume erneut eingetreten und hat sich im Verhältnis zur verstrichenen Zeit erhöht. Daher ist festzustellen, dass der geltend gemachte Schaden wegen entgangenen Gewinns infolge des Verlusts an Kundschaft einen sukzessiven Charakter im Sinne der oben in Rn. 32 angeführten Rechtsprechung aufweist.

43      Somit ist der angeblich entgangene Gewinn, der sowohl auf den Verlust an direkten Einlagen als auch auf den Verlust an Kundschaft zurückzuführen sein soll, zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Tercas-Beschlusses nicht sofort und in vollem Umfang eingetreten. Er hat sich auch nicht einfach im Verhältnis zur verstrichenen Zeit erhöht. Es hätten sich nämlich neue Schäden zum einen aus dem Umstand ergeben, dass neue Kunden beschließen könnten, ihre Konten bei der Klägerin zu schließen oder ihre Einlagen abzuziehen, und zum anderen aus neuen Gewinnausfällen im Zusammenhang mit Profiteinbußen. Da die in Rede stehenden Schäden, ihren Nachweis unterstellt, sich im Laufe aufeinanderfolgender Zeiträume akkumuliert hätten und erneut eingetreten wären, ist festzustellen, dass die oben in Rn. 32 genannten Kriterien, mit denen das Vorliegen eines sukzessiv eingetretenen Schadens bestimmt wird, erfüllt sind.

44      Daher kann in Bezug auf die Schäden, die der Klägerin durch den entgangenen Gewinn entstanden sein sollen, angenommen werden, dass sie einen sukzessiven Charakter aufweisen.

45      Im Übrigen kann das Vorbringen der Kommission, die angeblichen Schäden hätten keinen sukzessiven Charakter, da sie durch die Bekanntgabe des Tercas-Beschlusses verursacht worden seien, nicht durchgreifen, da dieser Beschluss – unbeschadet der Prüfung des Kausalzusammenhangs – zwar das für die behaupteten Schäden ursächliche Ereignis sein könnte, diese Schäden jedoch über mehrere Jahre fortgedauert haben.

46      Schließlich trägt die Kommission vor, dass der Schaden, selbst wenn er zum Zeitpunkt des Erlasses des Tercas-Beschlusses nicht genau quantifizierbar gewesen sei, doch tatsächlich und mit Sicherheit eingetreten sei, so dass die Klägerin ihren Schadensersatzantrag vor dem 28. April 2021 hätte stellen können. Insoweit weist die Klägerin darauf hin, dass ihre Kunden, wie sich aus der Analyse in dem technischen Vermerk ergebe, den sie in ihrer Stellungnahme zur Einrede der Unzulässigkeit vorgelegt habe, im Kontext der damals bestehenden Ungewissheit nicht homogen oder sofort hätten reagieren können, da dies von den jeweiligen Bewertungen jedes einzelnen Kunden abhängig gewesen sei, so dass die Schäden nicht vorhersehbar gewesen seien. Aus der Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass der Umstand, dass die geltend gemachten Schäden mit der Bekanntgabe des Tercas-Beschlusses begonnen haben und die Klägerin ab diesem Zeitpunkt eine Schadensersatzklage hätte erheben können, nicht ausschließt, dass diese Schäden einen sukzessiven Charakter aufweisen, wenn die rechtswidrige Handlung, von der die Klägerin behauptet, dass sie die Ursache der angeblich erlittenen Schäden sei, weiter in Kraft ist und das Fortbestehen ihrer Wirkungen zu einem Gewinnausfall führen kann, der sich im Verhältnis zur verstrichenen Zeit akkumuliert (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Juni 2017, Guardian Europe/Europäische Union, T‑673/15, EU:T:2017:377, Rn. 34 bis 38, und vom 21. April 2005, Holcim [Deutschland]/Kommission, T‑28/03, EU:T:2005:139, Rn. 68 und 69).

47      Somit ergibt sich aus den Akten sowie aus den vorstehenden Rn. 38 bis 40, dass sich die behaupteten materiellen Schäden wegen entgangenen Gewinns – ihren Nachweis unterstellt – im Zeitraum von Dezember 2015 bis April 2021 im Verhältnis zur verstrichenen Zeit erhöht haben. Folglich weisen diese Schäden einen sukzessiven Charakter auf.

48      Insoweit geht aus den Akten hervor, dass die Klägerin, wie Art. 46 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union es verlangt, ihren Anspruch auf Ersatz der entstandenen Schäden am 28. April 2021 vorher gegenüber der Kommission geltend gemacht hat und innerhalb von zwei Monaten danach eine Klageschrift eingereicht wurde. Daher kann diese Geltendmachung als eine die Verjährung unterbrechende Handlung im Sinne von Art. 46 der Satzung und der oben in Rn. 31 angeführten Rechtsprechung angesehen werden. Nach der oben in Rn. 33 angeführten Rechtsprechung ist in dem Fall, dass der in Rede stehende Schaden einen sukzessiven Charakter aufweist, der Schadensersatzantrag nicht verjährt, soweit er auf den Ersatz eines Schadens gerichtet ist, der in den letzten fünf Jahren vor der Unterbrechungshandlung – im vorliegenden Fall nach dem 28. April 2016 – entstanden sein soll.

49      Was als Zweites die gerügten immateriellen Schäden angeht, macht die Klägerin geltend, dass diese aus der Beeinträchtigung ihres Rufs durch den Tercas-Beschluss herrührten.

50      Nach der Rechtsprechung hängt es von der Schadensursache ab, ob die immateriellen Schäden, die sich aus einer Rufbeeinträchtigung ergeben, als sofort oder als sukzessiv eingetreten zu qualifizieren sind. Diesbezüglich hat das Gericht zum einen entschieden, dass eine Rufbeeinträchtigung aufgrund der Involvierung in verwaltungs‑, zivil- und strafrechtliche Verfahren in vollem Umfang zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens eintritt und daher nicht mit einem sukzessiv eintretenden Schaden gleichgesetzt werden kann (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse vom 4. September 2009, Inalca und Cremonini/Kommission, T‑174/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2009:306, Rn. 78, und vom 7. Februar 2018, AEIM und Kazenas/Kommission, T‑436/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:78, Rn. 35).

51      Zum anderen hat das Gericht anerkannt, dass der immaterielle Schaden seinem Wesen nach sukzessiv eingetreten ist, wenn die behauptete Rufbeeinträchtigung nicht sofort eingetreten ist, sondern während des gesamten Zeitraums, in dem die Ursache fortbestanden hat, täglich neu eingetreten ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2015, Chart/SEAE, T‑138/14, EU:T:2015:981, Rn. 93). Dies wäre der Fall, wenn die Ursache der Rufbeeinträchtigung entweder ein rechtswidriges Verhalten eines Unionsorgans, wie eine Unterlassung, oder eine Entscheidung der Kommission ist, die zunächst erlassen und mittels einer Pressemitteilung bekannt gemacht wird und anschließend im Amtsblatt der Europäischen Union in Form einer Zusammenfassung veröffentlicht wird (Urteil vom 7. Juni 2017, Guardian Europe/Europäische Union, T‑673/15, EU:T:2017:377, Rn. 42).

52      Im letztgenannten Fall ist nach der Rechtsprechung die Rufbeeinträchtigung, auch wenn sie unterschiedliche Formen annehmen kann, im Allgemeinen nämlich ein Schaden, der täglich aufs Neue entsteht und so lange andauert, bis die Ursache der Rufbeeinträchtigung behoben wird (Urteil vom 7. Juni 2017, Guardian Europe/Europäische Union, T‑673/15, EU:T:2017:377, Rn. 42).

53      Im vorliegenden Fall liegt nach Auffassung der Klägerin dem angeblichen immateriellen Schaden aufgrund der Beeinträchtigung ihres Rufs der Tercas-Beschluss zugrunde, der zunächst erlassen und mittels einer Pressemitteilung bekannt gemacht und anschließend im Amtsblatt veröffentlicht wurde. Folglich weist dieser Schaden – seinen Nachweis unterstellt – einen sukzessiven Charakter auf.

54      Daher ist der Schadensersatzanspruch nur insoweit verjährt, als er den Ersatz einer Rufbeeinträchtigung betrifft, die vor dem 28. April 2016 erfolgte.

55      Als Drittes macht die Klägerin noch geltend, dass sie einen tatsächlichen Schaden erlitten habe, der in den zusätzlichen Kosten bestehe, die ihr für den Einsatz von Maßnahmen zur Minderung der negativen Auswirkungen des Tercas-Beschlusses entstanden seien, und zwar insbesondere für Folgendes: der Plan vom 30. Dezember 2015 zum Anreiz des Abgangs von Mitarbeitern mit einem anvisierten Personalabbau von 85 Mitarbeitern; Geschäfte synthetischer Verbriefungen vom 10. Mai 2019 aufgrund der Notwendigkeit des Einsatzes von Eigenkapitalstützungsmaßnahmen, damit sie infolge des Verlusts an Nettoerträgen aus dem Bankgeschäft wegen des unmittelbar nach dem Erlass des Beschlusses und in den Folgejahren verzeichneten Rückgangs an Einlagen und Kundschaft die Eigenkapitalanforderungen erfüllen kann; Initiativen zur Risikominderung in Form zweier Veräußerungen notleidender Kredite, von denen die erste am 1. August 2016 und die zweite am 16. November 2017 beschlossen und/oder durchgeführt worden sei; Geschäftsmaßnahmen, die sich an die Gesellschafter richten und der Wiederherstellung der Beziehung dienen, insbesondere durch Abschläge auf die Standardkonditionen der Bank für unbesicherte Kredite im Zeitraum von 2016 bis 2019; Auslagen für die Rechtsberater vom 21. Januar 2016, 29. März 2016, 13. Januar 2017, 11. November 2019, 26. Mai 2020 und 7. Juni 2021.

56      Dieser Schaden – sein Vorliegen unterstellt – wäre in mehreren Zeiträumen nach dem Erlass des Tercas-Beschlusses aufgrund der verschiedenen Kosten entstanden, die die Klägerin hätte tragen müssen.

57      Nach der oben in Rn. 30 angeführten Rechtsprechung begann die Verjährungsfrist jedoch in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Tercas-Beschluss für die Klägerin Schadensfolgen entfaltete. Das maßgebliche Kriterium für die Bestimmung des Beginns der Verjährungsfrist besteht nämlich nicht im Eintritt des schadensverursachenden Ereignisses, da dem Kläger insbesondere nicht entgegengehalten werden kann, dass die Verjährung bereits vor Eintritt der Schadensfolgen begonnen hat (Urteil vom 28. Februar 2013, Inalca und Cremonini/Kommission, C‑460/09 P, EU:C:2013:111, Rn. 52).

58      Erstens weisen im vorliegenden Fall die angeblichen Schäden, die in den Kosten des Personalabbaus, den Geschäften synthetischer Verbriefungen und den Initiativen zur Risikominderung bestehen sollen, keinen sukzessiven Charakter im Sinne der oben in Rn. 32 angeführten Rechtsprechung auf. Diese Kosten sind nämlich sofort angefallen, d. h., sie sind tatsächlich zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Handlungen entstanden, und ihre Beträge haben sich nicht im Verhältnis zur verstrichenen Zeit erhöht.

59      Es ist daher der Zeitpunkt zu bestimmen, ab dem die Schadensfolgen des genannten Schadens für die Klägerin im Sinne der oben in Rn. 30 angeführten Rechtsprechung eingetreten sind. Ab diesem Zeitpunkt läuft die in Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgesehene Verjährungsfrist.

60      Wie insoweit aus der vorstehenden Rn. 55 hervorgeht, sind die Schäden, die durch die Geschäfte synthetischer Verbriefungen und die Initiativen zur Risikominderung entstanden sein sollen, am 10. Mai 2019 eingetreten, so dass die fünfjährige Verjährungsfrist nicht abgelaufen war, als die Klägerin ihren Anspruch vorher gegenüber der Kommission machte, d. h. am 28. April 2021. Somit ist die Klage in Bezug auf diese geltend gemachten Schäden zulässig.

61      Der etwaige Schaden aufgrund des Personalabbaus ist hingegen auf den am 30. Dezember 2015 umgesetzten Anreizplan zurückzuführen. Somit ist festzustellen, dass sich der behauptete Schaden genau zu diesem Zeitpunkt konkretisiert hat. Daraus folgt, dass die fünfjährige Verjährungsfrist abgelaufen war, als die Klägerin ihren Anspruch vorher gegenüber der Kommission geltend machte, so dass der Anspruch auf Ersatz dieses Schadens verjährt ist.

62      Was zweitens insbesondere die am 21. Januar 2016, 29. März 2016, 13. Januar 2017, 11. November 2019, 26. Mai 2020 und 7. Juni 2021 aufgewandten Kosten für die Rechtsberater betrifft, geht aus der Rechtsprechung hervor, dass diese Kosten ihrem Wesen nach sofort entstehen. Sie wurden nämlich zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich gezahlt, und ihre Beträge haben sich nicht im Verhältnis zur verstrichenen Zeit erhöht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2015, Chart/SEAE, T‑138/14, EU:T:2015:981, Rn. 82 und 84).

63      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Dokument, in dem die Rechnungen über die Rechtsbeistandskosten im Einzelnen aufgeführt sind, dass diese Rechnungen u. a. Folgendes betreffen: die zwischen Februar und Dezember 2015 geleistete beihilferechtliche Beratung, einschließlich der Prüfung des Tercas-Beschlusses (Rechnungen vom 21. Januar 2016 und vom 29. März 2016), die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Verfahren in der Rechtssache T‑196/16, in der das Urteil vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission (T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167), ergangen ist (Rechnung vom 13. Januar 2017), die Tätigkeiten des Rechtsbeistands in dem den Tercas-Beschluss betreffenden Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof bis zum 31. Oktober 2019 (Rechnung vom 26. Mai 2020) und die Zahlung vom 20. Mai 2020 in Bezug auf die Fortsetzung des den Tercas-Beschluss betreffenden Verfahrens (Rechnung vom 7. Juni 2021).

64      Zum einen ist in Bezug auf die Rechnungen vom 21. Januar 2016 und vom 29. März 2016 betreffend die Kosten der Rechtsberatung zwischen Februar und Dezember 2015 jedoch festzustellen, dass der Schadensersatzanspruch verjährt ist, da die fünfjährige Verjährungsfrist vor dem 28. April 2021, dem Tag, an dem die Klägerin ihren Anspruch vorher geltend machte, abgelaufen ist.

65      Zum anderen betreffen die Rechnungen vom 13. Januar 2017, 26. Mai 2020 und 7. Juni 2021 die Kosten, die der Klägerin für die Aktenführung in den den Tercas-Beschluss betreffenden Rechtssachen vor dem Gericht und dem Gerichtshof entstanden sind. Es ist jedoch festzustellen, dass diese Kosten sofort entstanden sind, da sie spätestens zu dem Zeitpunkt tatsächlich angefallen sind, zu dem der Berater der Klägerin bei der Einleitung jedes der in Rede stehenden Verfahren erstmals tätig geworden ist (Beschluss vom 7. Februar 2018, AEIM und Kazenas/Kommission, T‑436/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:78, Rn. 33).

66      Insbesondere ist festzustellen, dass in der Rechtssache, in der das Urteil vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission (T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167), ergangen ist, die Klageschrift vom Vertreter der Klägerin am 29. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht wurde, während das von der Kommission gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsmittel, das zum Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a. (C‑425/19 P, EU:C:2021:154), geführt hat, am 29. Mai 2019 eingereicht wurde. Da die Klägerin die vorherige Geltendmachung ihres Anspruchs am 28. April 2021 vorgenommen hat, war die fünfjährige Verjährungsfrist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen, so dass der Klageanspruch in Bezug auf den geltend gemachten Schaden wegen der in den in diesen beiden Verfahren aufgewandten Anwaltskosten nicht verjährt ist.

67      Was drittens die im Zeitraum von 2016 bis 2019 durchgeführten Geschäftsmaßnahmen, die sich an die Gesellschafter richteten und in Rabatten auf unbesicherte Kredite bestanden, betrifft, zeigt sich, dass der angebliche Schaden aufgrund dieser Maßnahmen während dieses Zeitraums erneut auftreten konnte und zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Maßnahmen oder ihrer erstmaligen Durchführung nicht vorhersehbar war. Somit kann in Bezug auf den daraus resultierenden Schaden – seinen Nachweis unterstellt – angenommen werden, dass er einen sukzessiven Charakter im Sinne der oben in Rn. 32 angeführten Rechtsprechung aufweist, so dass der Schadensersatzantrag insoweit nicht verjährt ist, als er den nach dem 28. April 2016 entstandenen Schaden betrifft.

68      Daraus folgt, dass die Klage unzulässig ist, soweit sie die geltend gemachten Schäden betrifft, die mit dem Personalabbau und den Rechnungen über die Rechtsbeistandskosten zusammenhängen, mit Ausnahme der Rechnungen, die mit der Einleitung der den Tercas-Beschluss betreffenden gerichtlichen Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof zusammenhängen.

69      Dagegen ist die Klage zulässig, soweit sie die Schäden betrifft, die mit dem entgangenen Gewinn, dem immateriellen Schaden und dem tatsächlichen Schaden zusammenhängen, der den Teil betrifft, der sich auf die Geschäfte synthetischer Verbriefungen und die Initiativen zur Risikominderung sowie auf die Geschäftsmaßnahmen für die Gesellschafter und die Rechtsbeistandskosten im Zusammenhang mit der Einleitung der den Tercas-Beschluss betreffenden gerichtlichen Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof bezieht.

 Begründetheit

70      Art. 340 Abs. 2 AEUV sieht vor, dass die Union im Bereich der außervertraglichen Haftung den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, zu ersetzen hat.

71      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hängen die außervertragliche Haftung der Union und der Anspruch auf Schadensersatz davon ab, dass eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich die Rechtswidrigkeit des den Organen vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden (Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 32).

72      Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union geprüft zu werden bräuchten (Urteil vom 14. Oktober 1999, Atlanta/Europäische Gemeinschaft, C‑104/97 P, EU:C:1999:498, Rn. 65; vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 15. September 1994, KYDEP/Rat und Kommission, C‑146/91, EU:C:1994:329, Rn. 81). Außerdem ist das Unionsgericht nicht verpflichtet, diese Voraussetzungen in einer bestimmten Reihenfolge zu prüfen (vgl. Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Die Begründetheit des Antrags der Klägerin ist im Licht dieser Grundsätze zu prüfen.

74      Das Gericht hält es für zweckmäßig, zunächst die Voraussetzung für die Begründung der außervertraglichen Haftung zu prüfen, die im Sinne der oben in Rn. 71 angeführten Rechtsprechung die Rechtswidrigkeit des vorgeworfenen Verhaltens betrifft.

 Rechtswidrigkeit des Verhaltens

75      Um auf der Grundlage der außervertraglichen Haftung im Sinne von Art. 340 AEUV Rechtswidrigkeit feststellen zu können, ist erforderlich, dass die fragliche Handlung oder das fragliche Verhalten des Unionsorgans als hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm anzusehen ist, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen (Urteil vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 42).

–       Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen

76      Die Klägerin macht geltend, dass Art. 107 Abs. 1 AEUV als Bestimmung mit unmittelbarer Wirkung in Verbindung mit Art. 108 Abs. 3 AEUV vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden könne und daher dem Einzelnen zumindest dann Rechte verleihe, wenn es um nicht angemeldete Beihilfen gehe.

77      Außerdem habe die Kommission gegen den in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerten Grundsatz der guten Verwaltung und insbesondere gegen die Begründungspflicht verstoßen, da sie die von den Parteien beim Erlass des Tercas-Beschlusses vorgetragenen Argumente und Gesichtspunkte außer Acht gelassen habe.

78      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Sie entgegnet, dass Art. 107 Abs. 1 AEUV dem Einzelnen keine Rechte verleihe, sondern lediglich den Mitgliedstaaten verbiete, Unternehmen Beihilfen zu gewähren. Diese Auslegung werde auch dadurch bestätigt, dass nach der Rechtsprechung (Urteil vom 8. Juli 2004, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, T‑198/01, EU:T:2004:222, Rn. 192) andere Beteiligte als der für die Gewährung der Beihilfe verantwortliche Mitgliedstaat keinen Anspruch auf eine streitige Erörterung mit der Kommission hätten.

79      Außerdem habe die Kommission die Gegenargumente, die ihr im Rahmen der Untersuchung des Tercas-Beschlusses unterbreitet worden seien, nicht außer Acht gelassen, sondern sei zu anderen Schlussfolgerungen gelangt, so dass die Begründungspflicht nicht verletzt worden sei.

80      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung eine Rechtsnorm u. a. dann bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, wenn es sich um eine Bestimmung handelt, die Rechte begründet, die die Gerichte zu wahren haben, so dass sie unmittelbare Wirkung entfaltet, oder die dem Einzelnen einen Vorteil verschafft, der als wohlerworbenes Recht einzustufen ist, oder die die Interessen Einzelner schützen soll oder die dem Einzelnen Rechte verleiht, deren Inhalt hinreichend bestimmt werden kann (vgl. Urteile vom 16. Oktober 2014, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T‑297/12, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:888, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 9. Februar 2022, QI u. a./Kommission und EZB, T‑868/16, EU:T:2022:58, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung).

81      Ferner ist festzustellen, dass die genannten Rechte nach gefestigter Rechtsprechung nicht nur entstehen, wenn unionsrechtliche Vorschriften dies ausdrücklich bestimmen, sondern auch aufgrund von eindeutigen positiven oder negativen Verpflichtungen, die diese Vorschriften dem Einzelnen wie auch den Mitgliedstaaten und den Organen der Union auferlegen. Ein Verstoß gegen solche positiven oder negativen Verpflichtungen durch einen Mitgliedstaat kann die Ausübung derjenigen Rechte durch die betroffenen Einzelnen behindern, die die betreffenden unionsrechtlichen Vorschriften ihnen implizit verleihen und auf die sie sich auf nationaler Ebene sollen berufen können, und somit die Rechtsstellung verändern, die diese Vorschriften für diese Einzelnen schaffen sollen. Deshalb verlangen die volle Wirksamkeit dieser unionsrechtlichen Vorschriften und der Schutz der Rechte, die mit ihnen verliehen werden sollen, dass der Einzelne die Möglichkeit hat, eine Entschädigung zu erlangen, und zwar unabhängig davon, ob die betreffenden Vorschriften unmittelbare Wirkung haben, da diese Eigenschaft weder erforderlich noch für sich genommen ausreichend ist, damit die Voraussetzung für die Begründung der Haftung der Union wegen der Verletzung einer unionsrechtlichen Norm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, erfüllt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2022, Ministre de la Transition écologique und Premier ministre [Haftung des Staates für die Luftverschmutzung], C‑61/21, EU:C:2022:1015, Rn. 46 und 47 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

82      Art. 107 Abs. 1 AEUV lautet: „Soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

83      Erstens ist festzustellen, dass Art. 107 Abs. 1 AEUV dadurch, dass er den Begriff der mit dem Binnenmarkt unvereinbaren „staatlichen Beihilfe“ zu dem Zweck definiert, einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, die Interessen Einzelner und insbesondere von Unternehmen schützen soll.

84      Insoweit ist entsprechend darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV, der Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, verbieten soll, in den Beziehungen zwischen Einzelnen unmittelbare Wirkungen erzeugt und in deren Person Rechte entstehen lässt. Insbesondere verleiht diese Bestimmung den Einzelnen Rechte (Urteil vom 6. Juni 2013, Donau Chemie u. a., C‑536/11, EU:C:2013:366, Rn. 21 und 31).

85      Zweitens sind für die Feststellung, ob Art. 107 Abs. 1 AEUV bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, bei der Auslegung dieser Bestimmung nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch der Zusammenhang, in den sie sich einfügt, und die Ziele der Beihilfepolitik der Union zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Januar 2015, T‑Mobile Austria, C‑282/13, EU:C:2015:24, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86      Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass es dem Einzelnen verwehrt ist, sich auf Art. 107 AEUV allein zu berufen, um die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Unionsrecht vor einem nationalen Gericht geltend zu machen und zu beantragen, dieses Gericht möge eine solche Unvereinbarkeit unmittelbar oder inzidenter feststellen. Dieses Recht besteht jedoch dann, wenn die Bestimmungen von Art. 107 AEUV durch die in Art. 109 AEUV vorgesehenen allgemeinen Bestimmungen oder durch besondere Beschlüsse nach Art. 108 Abs. 2 AEUV angewandt worden sind (Urteil vom 22. März 1977, Steinike & Weinlig, 78/76, EU:C:1977:52, Rn. 10).

87      Hierzu ist festzustellen, dass der in Art. 107 Abs. 1 AEUV enthaltene Begriff „staatliche Beihilfe“ anzuwenden ist, um insbesondere zu bestimmen, ob eine staatliche Maßnahme dem in Art. 108 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Vorprüfungsverfahren hätte unterworfen werden müssen, und um gegebenenfalls zu prüfen, ob der betreffende Mitgliedstaat dieser Pflicht nachgekommen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, P, C‑6/12, EU:C:2013:525, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

88      Folglich ist die Anwendung des in Art. 107 Abs. 1 AEUV enthaltenen Begriffs „staatliche Beihilfe“ mit der Anwendung von Art. 108 Abs. 3 AEUV verknüpft. Daher ist darauf hinzuweisen, dass die Anmeldepflicht ein Grundbestandteil des mit dem AEU-Vertrag im Bereich der staatlichen Beihilfen eingerichteten Kontrollsystems ist. Im Rahmen dieses Systems sind die Mitgliedstaaten zum einen verpflichtet, bei der Kommission alle Maßnahmen anzumelden, mit denen eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV eingeführt oder umgestaltet werden soll, und zum anderen, gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV solche Maßnahmen nicht durchzuführen, solange die Kommission nicht abschließend über sie entschieden hat (vgl. Urteil vom 5. März 2019, Eesti Pagar, C‑349/17, EU:C:2019:172, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89      Das dem betreffenden Mitgliedstaat auferlegte Verbot, geplante Beihilfemaßnahmen durchzuführen, gilt für alle Beihilfen, die nicht angezeigt worden sind. Ist die Anzeige erfolgt, so beansprucht es unmittelbare Geltung während der Vorprüfungsphase und – falls die Kommission das in Art. 108 Abs. 2 AEUV vorgesehene Verfahren einleitet – bis zum Erlass der abschließenden Entscheidung. In diesem gesamten Zeitraum begründet es Rechte der Einzelnen, die von den nationalen Gerichten zu beachten sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 1973, Lorenz, 120/73, EU:C:1973:152, Rn. 6 und 7).

90      Denn während für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt ausschließlich die Kommission zuständig ist, die dabei der Kontrolle durch die Unionsgerichte unterliegt, wachen die nationalen Gerichte bis zur endgültigen Entscheidung der Kommission über die Wahrung der Rechte der Einzelnen bei eventuellen Verstößen der staatlichen Behörden gegen das in Art. 108 Abs. 3 AEUV aufgestellte Verbot (vgl. Urteil vom 21. November 2013, Deutsche Lufthansa, C‑284/12, EU:C:2013:755, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

91      Aus der unmittelbaren Wirkung von Art. 108 Abs. 3 AEUV ergibt sich, dass die nationalen Gerichte zugunsten der Einzelnen nach ihrem nationalen Recht sämtliche Konsequenzen aus einer Verletzung dieser Bestimmung sowohl bezüglich der Gültigkeit der Durchführungsakte als auch bezüglich der Beitreibung der unter Verletzung dieser Bestimmung gewährten finanziellen Unterstützungen oder eventueller vorläufiger Maßnahmen ziehen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Juli 1996, SFEI u. a., C‑39/94, EU:C:1996:285, Rn. 39 und 40, vom 16. April 2015, Trapeza Eurobank Ergasias, C‑690/13, EU:C:2015:235, Rn. 52, und vom 11. November 2015, Klausner Holz Niedersachsen, C‑505/14, EU:C:2015:742, Rn. 23 und 24).

92      Der Gerichtshof hat nämlich entschieden, dass das in Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV angeordnete Verbot der Durchführung von Beihilfevorhaben unmittelbare Wirkung hat und dass die unmittelbare Anwendbarkeit des in dieser Bestimmung enthaltenen Durchführungsverbots jede Beihilfemaßnahme betrifft, die durchgeführt wird, ohne dass sie angezeigt worden ist (vgl. Urteil vom 5. März 2019, Eesti Pagar, C‑349/17, EU:C:2019:172, Rn. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

93      Der Einzelne kann sich daher gemäß der in der vorstehenden Rn. 92 angeführten Rechtsprechung auf Art. 108 Abs. 3 AEUV berufen, um seine Rechte, die sich aus dessen Anwendung ergeben, geltend zu machen. Wie oben in Rn. 87 ausgeführt, ist der Kommission für die Zwecke der Anwendung des in Art. 107 Abs. 1 AEUV vorgesehenen Begriffs „staatliche Beihilfe“ nach Art. 108 AEUV die Befugnis zur Entscheidung über die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Binnenmarkt übertragen, wenn sie bestehende Beihilfen prüft, wenn sie über neue oder geänderte Beihilfen entscheidet und wenn sie bei Nichtbeachtung ihrer Beschlüsse oder der Anmeldepflicht Maßnahmen ergreift. Auf der Grundlage dieser Bestimmung kann das nach Art. 108 Abs. 3 AEUV eingeleitete Verfahren die Rechte von Einzelnen als Wettbewerber der Empfänger einer Beihilfe oder als Empfänger einer solchen Beihilfe berühren.

94      Zudem können die Beihilfeempfänger, ihre Wettbewerber und die Mitgliedstaaten die Anwendung von Art. 107 Abs. 1 AEUV durch die Kommission vor den Unionsgerichten anfechten.

95      Im vorliegenden Fall hat die Kommission den Tercas-Beschluss in der Tat unter Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV erlassen, da sie zu Unrecht festgestellt hat, dass die in Rede stehenden Maßnahmen, die unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV genehmigt worden seien, staatliche Beihilfen darstellten (Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 24). Im Einzelnen ergibt sich daraus, dass im vorliegenden Fall die Anwendung von Art. 107 Abs. 1 AEUV die Rechte der Klägerin als Begünstigte der in Rede stehenden, zu Unrecht als staatliche Beihilfe eingestuften und zurückgeforderten Maßnahmen berührt.

96      In Anbetracht dieser Erwägungen ist Art. 107 Abs. 1 AEUV als Rechtsnorm einzustufen, die bezweckt, Einzelnen – wie der Klägerin – im Sinne der oben in Rn. 80 angeführten Rechtsprechung Rechte zu verleihen.

97      Die Klägerin macht ferner geltend, dass der Verstoß der Kommission gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV auch einen Verstoß gegen Art. 41 der Charta und insbesondere gegen die Begründungspflicht darstelle, da die Kommission die Gesichtspunkte, die von den Beteiligten im Rahmen der Untersuchung, die zum Erlass des Tercas-Beschlusses geführt habe, vorgebracht worden seien, ohne Begründung außer Acht gelassen habe.

98      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der Grundsatz der guten Verwaltung, soweit er Ausdruck eines besonderen Rechts ist, nämlich des Rechts auf unparteiische und gerechte Behandlung der Angelegenheiten innerhalb angemessener Frist im Sinne von Art. 41 der Charta, als Rechtsvorschrift der Union anzusehen ist, die bezweckt, Einzelnen Rechte zu verleihen (vgl. Urteil vom 6. Juni 2019, Dalli/Kommission, T‑399/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:384, Rn. 200 und die dort angeführte Rechtsprechung).

99      Folglich kann die Beurteilung einer etwaigen Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Kommission nur im Rahmen eines besonderen Rechts, das den Grundsatz des Rechts auf eine gute Verwaltung zum Ausdruck bringt, geprüft werden.

100    Aus Art. 41 der Charta ergibt sich jedoch, dass das Recht auf eine gute Verwaltung u. a. die Verpflichtung der Verwaltung umfasst, ihre Entscheidungen zu begründen. Somit ist ein etwaiger Verstoß gegen die Begründungspflicht als eine Verletzung einer Rechtsvorschrift der Union anzusehen, die im Sinne von Art. 340 Abs. 2 AEUV bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen.

–       Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes

101    Die Klägerin trägt erstens vor, der bloße Verstoß gegen Art. 107 AEUV könne ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen, da der Ermessensspielraum der Kommission in diesem Rahmen begrenzt sei. Der Gerichtshof und das Gericht hätten jeweils in den Urteilen vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a. (C‑425/19 P, EU:C:2021:154), und vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission (T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167), bestätigt, dass die Kommission bei der Anwendung von Art. 107 Abs. 1 AEUV schwerwiegende offensichtliche Fehler bei der Beurteilung der „rechtlichen und tatsächlichen Umstände“ begangen und dabei die einschlägige Rechtsprechung außer Acht gelassen habe. Es handele sich somit um einen hinreichend qualifizierten Verstoß. Dieser Verstoß wiege umso schwerer, als die Kommission außerdem die ihr obliegende Begründungspflicht verletzt habe.

102    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

103    Was die Voraussetzung des rechtswidrigen Verhaltens eines Organs betrifft, kann die Haftung der Union nur durch ein rechtswidriges Verhalten eines Organs begründet werden, das zu einem hinreichend qualifizierten Verstoß führt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen das Unionsrecht als hinreichend qualifiziert anzusehen ist, darin besteht, dass das Organ die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2000, Bergaderm und Goupil/Kommission, C‑352/98 P, EU:C:2000:361, Rn. 43, und vom 30. Mai 2017, Safa Nicu Sepahan/Rat, C‑45/15 P, EU:C:2017:402, Rn. 30).

104    Mit dem Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht soll verhindert werden, dass durch das Risiko, die von den Betroffenen behaupteten Schäden tragen zu müssen, die Fähigkeit des fraglichen Organs eingeschränkt wird, seine Befugnisse im Rahmen seiner normativen oder seiner wirtschaftliche Entscheidungen einschließenden Tätigkeit wie auch in der Sphäre seiner Verwaltungszuständigkeit in vollem Umfang im Allgemeininteresse auszuüben, ohne dass dabei allerdings die Folgen offenkundiger und unentschuldbarer Pflichtverletzungen Dritten aufgebürdet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. November 2011, Sison/Rat, T‑341/07, EU:T:2011:687, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

105    Die außervertragliche Haftung der Union setzt mithin die Feststellung eines Verstoßes voraus, den eine durchschnittlich umsichtige und sorgfältige Behörde unter vergleichbaren Umständen nicht begangen hätte (Urteil vom 10. September 2019, HTTS/Rat, C‑123/18 P, EU:C:2019:694, Rn. 43).

106    Insbesondere ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass das System, das der Gerichtshof auf dem Gebiet der außervertraglichen Haftung der Union entwickelt hat, u. a. der Komplexität der zu regelnden Sachverhalte, den Schwierigkeiten bei der Anwendung oder Auslegung der Vorschriften und insbesondere dem Ermessensspielraum, über den der Urheber des betreffenden Aktes verfügt, Rechnung trägt (vgl. Urteil vom 28. Februar 2018, Vakakis kai Synergates/Kommission, T‑292/15, EU:T:2018:103, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107    Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass dann, wenn das betreffende Organ nur über einen erheblich verringerten oder gar auf null reduzierten Ermessensspielraum verfügt, die bloße Verletzung des Unionsrechts ausreichen kann, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen. Anders verhält es sich jedoch, wenn dieses Organ über ein weites Ermessen verfügt. In diesem Fall besteht nämlich das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß als hinreichend qualifiziert anzusehen ist, darin, ob das betreffende Organ oder die betreffende Einrichtung der Union die Grenzen, die seinem bzw. ihrem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Dezember 2002, Kommission/Camar und Tico, C‑312/00 P, EU:C:2002:736, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

108    Auch ist darauf hinzuweisen, dass es keinen automatischen Zusammenhang zwischen dem mangelnden Ermessen des betreffenden Organs und der Einstufung der Zuwiderhandlung als hinreichend qualifizierter Verstoß gibt (vgl. Urteil vom 23. November 2011, Sison/Rat, T‑341/07, EU:T:2011:687, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

109    Hierzu ist zum einen festzustellen, dass der Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ein Rechtsbegriff ist und anhand objektiver Kriterien auszulegen ist. Deshalb hat der Unionsrichter die Frage, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt, grundsätzlich unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits und des technischen oder komplexen Charakters der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen umfassend zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C‑487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 111, und vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich und Orange, C‑486/15 P, EU:C:2016:912, Rn. 87).

110    Zum anderen ist die gerichtliche Nachprüfung beschränkt, wenn die Beurteilungen der Kommission in Bezug auf die Frage, ob eine Maßnahme in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 AEUV fällt, technischen oder komplexen Charakter haben (vgl. Urteil vom 30. November 2016, Kommission/Frankreich und Orange, C‑486/15 P, EU:C:2016:912, Rn. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

111    Außerdem ist die Prüfung des Gerichts, ob ein rechtswidriges Verhalten eines Unionsorgans einen hinreichend qualifizierten Verstoß darstellt, als solche anspruchsvoller als die Prüfung im Rahmen einer Nichtigkeitsklage, bei der das Gericht innerhalb der Grenzen der vom Kläger vorgetragenen Klagegründe nur die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung prüft, um festzustellen, ob die Kommission die verschiedenen Faktoren, aufgrund deren sie feststellen konnte, dass die in Rede stehenden Maßnahmen dem Staat im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zurechenbar waren, richtig beurteilt hat. Daher können schlichte Beurteilungsfehler und die Nichtvorlage hinreichender Beweise als solche nicht ausreichen, um eine offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen darzutun, denen das Ermessen der Kommission unterliegt (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil vom 9. September 2008, MyTravel/Kommission, T‑212/03, EU:T:2008:315, Rn. 85).

112    Weiter ist festzustellen, dass das Gericht entschieden hat, dass die Kommission die ihr von den Verträgen übertragene Aufgabe als Wettbewerbshüterin nicht voll und ganz wahrnehmen könnte, wenn der Begriff des qualifizierten Verstoßes dahin zu verstehen wäre, dass er alle Fehler erfasst, die, auch wenn sie ein gewisses Gewicht haben, dem üblichen Verhalten eines Organs, das damit betraut ist, die Anwendung der – komplexen, schwierigen und Raum für einen weiten Auslegungsspielraum lassenden – Wettbewerbsvorschriften zu überwachen, nach ihrer Art oder ihrem Umfang nicht fremd sind. Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht jedoch bei Schäden, die sich aus einem Verhalten des Organs ergeben, wenn dieses Verhalten in einem Rechtsakt Ausdruck findet, der offenkundig der Rechtsvorschrift widerspricht und die Interessen von nicht dem Organ angehörenden Dritten schwerwiegend beeinträchtigt, und mit den besonderen Zwängen, denen die Dienststelle im normalen Dienstbetrieb objektiv unterliegt, weder gerechtfertigt noch erklärt werden kann (Urteile vom 11. Juli 2007, Schneider Electric/Kommission, T‑351/03, EU:T:2007:212, Rn. 122 und 124, vom 9. September 2008, MyTravel/Kommission, T‑212/03, EU:T:2008:315, Rn. 40, und vom 25. Januar 2023, Società Navigazione Siciliana/Kommission, T‑666/21, nicht veröffentlicht, EU:T:2023:20, Rn. 95).

113    Die Art des von der Kommission im vorliegenden Fall begangenen Verstoßes und insbesondere dessen Schwere sind im Licht dieser Erwägungen zu beurteilen. Dabei ist der Komplexität der zu regelnden Sachverhalte Rechnung zu tragen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2009, Kommission/Schneider Electric, C‑440/07 P, EU:C:2009:459, Rn. 161).

114    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Urteilen vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a. (C‑425/19 P, EU:C:2021:154), und vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission (T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167), dass die Kommission beim Erlass des Tercas-Beschlusses den Begriff „staatliche Maßnahme oder Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel“ nicht richtig angewandt hat.

115    Das Gericht und der Gerichtshof haben jedoch entschieden, dass sich die Rechtswidrigkeit des Tercas-Beschlusses aus einem begrifflichen Fehler ergibt, der auf einer Verwechslung der Voraussetzung der Zurechenbarkeit einer Beihilfe mit der Voraussetzung der staatlichen Mittel beruht (Urteile vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 63, und vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission, T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167, Rn. 70). Außerdem ergibt sich die Rechtswidrigkeit daraus, dass die Kommission nicht genügend Hinweise dafür vorgetragen und belegt hat, dass die fragliche Maßnahme dem Staat zuzurechnen war (Urteile vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 67, und vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission, T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167, Rn. 87 bis 90). Im Ergebnis ist entschieden worden, dass die Kommission bei der Beurteilung der berücksichtigten Indizien einen Fehler begangen und nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die italienischen Behörden am Erlass der fraglichen Maßnahme beteiligt waren und diese Maßnahme daher dem Staat im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zuzurechnen ist.

116    Zwar haben das Gericht und der Gerichtshof anerkannt, dass die Kommission gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoßen hat, doch ist dieser Verstoß nicht notwendigerweise allein aufgrund dieses Umstands „hinreichend qualifiziert“ im Sinne der oben in den Rn. 106 und 107 angeführten Rechtsprechung. Der von der Kommission begangene und in den Urteilen vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a. (C‑425/19 P, EU:C:2021:154), und vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission (T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167), festgestellte Beurteilungsfehler reicht nämlich für sich genommen nicht aus, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß im Sinne der oben in Rn. 107 angeführten Rechtsprechung darzustellen.

117    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission bei der Feststellung, ob eine Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens dem Staat zugerechnet werden kann, eine Gesamtheit von Indizien berücksichtigen muss, die sich aus den Umständen des konkreten Falles und aus dem Kontext ergeben, in dem diese Maßnahme ergangen ist (vgl. Urteil vom 17. September 2014, Commerz Nederland, C‑242/13, EU:C:2014:2224, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

118    Der Beurteilungsfehler der Kommission betrifft jedoch die Analyse der Elemente, die für die Feststellung verwendet wurden, dass die italienischen Behörden bei der Festlegung der Intervention des FITD zur Unterstützung von Tercas eine erhebliche öffentliche Kontrolle ausgeübt haben.

119    Wie sich aus den Rn. 68 und 69 des Urteils vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission (T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167), ergibt, musste die Kommission im Rahmen des Erlasses des Tercas-Beschlusses nämlich über einen Komplex von Indizien verfügen, die sich aus den Umständen des Falles ergeben, um das Ausmaß der Beteiligung der Behörden an der Gewährung der fraglichen Maßnahmen, die von einer privaten Einrichtung durchgeführt worden waren, festzustellen.

120    Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission den Begriff „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV in einem besonders komplexen rechtlichen und tatsächlichen Kontext, in dem die Beihilfemaßnahmen von einer privaten Einrichtung gewährt wurden, anwenden und dabei die Umstände und Gesichtspunkte würdigen musste, aus denen die Zurechenbarkeit der Maßnahme, der tatsächliche und rechtliche Kontext der nationalen Maßnahmen, die Gegenstand des Tercas-Beschlusses waren, die Beteiligung der Vertreter des Staates an den verschiedenen Phasen der Intervention und der dem FITD erteilte öffentliche Auftrag abgeleitet werden konnten.

121    Dass entschieden wurde, dass die Kommission im Tercas-Beschluss unter diesen komplexen rechtlichen und tatsächlichen Umständen nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, dass die italienischen Behörden am Erlass der fraglichen Maßnahme beteiligt waren und diese Maßnahme folglich dem Staat im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zuzurechnen war (Urteile vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 84, und vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission, T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167, Rn. 132), reicht nicht aus, um diesen Beurteilungsfehler als eine offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen einzustufen, denen das Ermessen der Kommission unterliegt.

122    Denn die von der Kommission im vorliegenden Fall begangene Unregelmäßigkeit ist dem üblichen, vorsichtigen und sorgfältigen Verhalten eines Organs, das damit betraut ist, die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften zu überwachen, nämlich nicht im Sinne der oben in Rn. 112 angeführten Rechtsprechung fremd.

123    Die Kommission hat daher keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV begangen.

124    Außerdem ist das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 41 der Charta und insbesondere gegen die Begründungspflicht geltend macht, zurückzuweisen, da sie zum einen insoweit keine genauen Angaben macht und zum anderen weder aus dem angefochtenen Beschluss noch aus den Urteilen vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a. (C‑425/19 P, EU:C:2021:154), und vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission (T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167), hervorgeht, dass die Kommission die Gesichtspunkte und Argumente der von der Untersuchung betroffenen Parteien ohne Angabe von Gründen nicht berücksichtigt hätte. Dass die Kommission zu anderen Schlussfolgerungen gelangt ist als die Klägerin, kann nicht zu der Feststellung führen, dass gegen die Begründungspflicht verstoßen wurde. Somit ergibt sich, dass sie auch keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Art. 41 der Charta begangen hat.

125    Folglich ist die Voraussetzung des Vorliegens eines hinreichend qualifizierten Verstoßes nicht erfüllt, so dass festzustellen ist, dass diese erste Voraussetzung für die Begründung der Haftung der Union nicht gegeben ist.

 Bestehen eines Kausalzusammenhangs

126    Das Gericht hält es für angebracht, auch die Voraussetzung des Bestehens eines hinreichend unmittelbaren Kausalzusammenhangs zwischen dem angeblich rechtswidrigen Verhalten der Kommission und den behaupteten Schäden zu prüfen.

127    Die Klägerin macht geltend, dass es zu einer Beschädigung des Vertrauens der Kundschaft gekommen sei, weil die Kunden sich nicht sicher gewesen seien, ob die Bank in der Lage sein werde, die Übernahme von Tercas erfolgreich abzuschließen. Der entscheidende ursächliche Zusammenhang sei – auch unter Berücksichtigung des Fehlens anderer möglicher gleichzeitiger Faktoren – der Tercas-Beschluss gewesen, der zu einer Unterbrechung der Kontinuität bei dem im Geschäftsplan 2015–2019 vorgesehenen Vorhaben der Eingliederung von Tercas und Caripe geführt habe, was im Übrigen durch die technischen Berichte bestätigt worden sei, die sie als Anlage vorlege.

128    Aus den genannten technischen Berichten gehe hervor, dass die Kunden größtenteils Vertrauen in die Solidität der Bank gehabt hätten, doch sei in den Monaten nach dem Erlass des Tercas-Beschlusses ein Verlust an Einlagen und Kundschaft aufgetreten und habe angedauert. Dies habe nicht nur im Widerspruch zur Entwicklung der direkten Einlagen der Klägerin im vorangegangenen Zeitraum, sondern auch zur Entwicklung des italienischen Bankenmarkts in diesem Zeitraum gestanden.

129    Außerdem habe die Kommission im Unterschied zu der Rechtssache, in der das Urteil vom 30. Juni 2021, Fondazione Cassa di Risparmio di Pesaro u. a./Kommission (T‑635/19, EU:T:2021:394), ergangen sei, die Durchführung ihres Geschäftsplans 2015–2019, der zum Zeitpunkt des Erlasses des Tercas-Beschlusses bereits von den nationalen Behörden genehmigt worden sei, verhindert, wodurch eine prekäre und unsichere Situation entstanden sei, da aufgrund dieses Beschlusses weder die nationalen Behörden noch die Bank in der Lage gewesen seien, die Intervention in der vorgesehenen Weise weiterzuverfolgen, da sie über keinen Handlungsspielraum mehr verfügt hätten.

130    Die Klägerin fügt hinzu, dass keine weiteren Gesichtspunkte, wie die Reform der Volksbanken – die durchgeführt worden sei, um den Problemen im Zusammenhang mit der Governance und der Struktur des Bankensystems zu begegnen und die Rechtsform und die Governance betroffen habe –, die gegen ihre Geschäftsführung verhängten Sanktionen, die Involvierung ihrer Geschäftsführung in Strafverfahren, das Vorliegen von Verlusten in der Bilanz 2015 und die Ausfallsituation von Tercas, die behaupteten Schäden beeinflusst hätten. Auch aus dem von der Kommission vorgelegten Dokument der italienischen Zentralbank gehe hervor, dass der von der Klägerin erlittene Schaden auf den Tercas-Beschluss zurückzuführen sei.

131    Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

132    Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass sich die von Art. 340 Abs. 2 AEUV aufgestellte Voraussetzung des Kausalzusammenhangs darauf bezieht, dass ein hinreichend unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Unionsorgane und dem Schaden in der Weise besteht, dass das gerügte Verhalten die entscheidende Ursache des Schadens sein muss, wobei der Kläger die Beweislast für diesen Zusammenhang trägt (vgl. Urteil vom 5. September 2019, Europäische Union/Guardian Europe und Guardian Europe/Europäische Union, C‑447/17 P und C‑479/17 P, EU:C:2019:672, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

133    Genauer gesagt muss sich der Schaden mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem rechtswidrigen Verhalten ergeben, was insbesondere Schäden ausschließt, die nur eine entfernte Folge dieses Verhaltens sind (Urteil vom 5. September 2019, Europäische Union/Guardian Europe und Guardian Europe/Europäische Union, C‑447/17 P und C‑479/17 P, EU:C:2019:672, Rn. 135, und Beschluss vom 12. Dezember 2007, Atlantic Container Line u. a./Kommission, T‑113/04, nicht veröffentlicht, EU:T:2007:377, Rn. 40).

134    Der genannte Schaden muss tatsächlich durch das den Organen vorgeworfene Verhalten verursacht worden sein. Selbst im Fall eines etwaigen Beitrags der Organe zu dem Schaden, dessen Ersatz gefordert wird, könnte dieser Beitrag nämlich wegen einer Verantwortlichkeit anderer, etwa der Kläger, insbesondere im Hinblick auf die von den betroffenen Unternehmen oder anderen Wirtschaftsteilnehmern infolge des rechtswidrigen Verhaltens getroffenen Entscheidungen zu weit entfernt sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. März 2010, Trubowest Handel und Makarov/Rat und Kommission, C‑419/08 P, EU:C:2010:147, Rn. 59).

135    Im Licht dieser Grundsätze der Rechtsprechung ist zu prüfen, ob die Klägerin, die nach der oben in Rn. 132 angeführten Rechtsprechung die Beweislast trägt, das Bestehen eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten der Kommission, nämlich dem Erlass des Tercas-Beschlusses, und den angeblich erlittenen Schäden nachgewiesen hat.

136    Die Klägerin macht im vorliegenden Fall im Wesentlichen geltend, dass der Tercas-Beschluss der Kommission und insbesondere die darauf folgende umfassende Medienberichterstattung aufgrund der Unsicherheit in Bezug auf ihre Fähigkeit, die Verschmelzung durch Aufnahme von Tercas zum Abschluss zu bringen, das Vertrauen der Kundschaft in sie beschädigt habe, was zu einem Verlust an Einlagen und Kundschaft (entgangener Gewinn), einer Beeinträchtigung ihres Rufs (immaterieller Schaden) sowie zu Ausgaben für Maßnahmen zur Minderung der negativen Auswirkungen des Tercas-Beschlusses (tatsächlicher Schaden) geführt habe. Dies sei das Ergebnis einer Verkennung des Begriffs „staatliche Beihilfe“ durch die Kommission, da sie zu Unrecht angenommen habe, dass die Interventionen des FITD zur Unterstützung von Tercas trotz ihres privaten Charakters dem italienischen Staat zurechenbare Maßnahmen darstellten und staatliche Mittel beinhalteten.

137    Zunächst ist klarzustellen, dass die Klägerin ihre Kunden nicht von denen von Tercas unterscheidet und keine spezifischen Argumente für die Prüfung vorbringt, ob der von Tercas erlittene Verlust an Kundschaft und direkten Einlagen auf den Tercas-Beschluss zurückzuführen war. Was den angeblich erlittenen Schaden angeht, so verweist die Klägerin darauf, dass sie, Tercas und Caripe Kunden und direkte Einlagen verloren hätten, ohne jedoch anzugeben, welche Werte welcher Bank zuzurechnen sind. Im Übrigen behauptet sie nicht, durch die von der Kommission rechtswidrig verlangte Rückforderung der Beihilfe einen wirtschaftlichen Schaden erlitten zu haben.

138    Insoweit ist als Erstes darauf hinzuweisen, dass die Kommission mit dem Tercas-Beschluss zwar zu Unrecht verlangt hat, dass die von der italienischen Zentralbank genehmigten Interventionsmaßnahmen des FITD zur Unterstützung von Tercas als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zurückzufordern seien. Die von den Kunden der Klägerin vorgenommenen Entscheidungen, die den behaupteten Schaden verursacht haben sollen, wurden jedoch im Rahmen der von diesen Kunden im Hinblick auf ihre finanziellen Interessen vorgenommenen Beurteilungen und Bewertungen getroffen.

139    Denn die Kunden der Klägerin wurden durch den Tercas-Beschluss, der lediglich die Rückforderung der Beihilfe zur Folge hatte, zu nichts verpflichtet. Außerdem enthielt dieser Beschluss nichts, womit die Klägerin so dargestellt werden sollte, dass sie nicht in der Lage wäre, alternative freiwillige Interventionsmaßnahmen zugunsten von Tercas zu ergreifen, oder die Glaubwürdigkeit der Klägerin und das Vertrauen ihrer Kunden in sie verringert werden sollte. Vielmehr haben die italienische Regierung und die Klägerin bereits bei der Bekanntgabe des Tercas-Beschlusses mitgeteilt, dass freiwillige Interventionsmaßnahmen zur Unterstützung der Klägerin bereitstünden, um die zuvor vorgesehenen Maßnahmen zu ersetzen, so dass der Beschluss keine nachteiligen Auswirkungen haben werde.

140    Hierzu ist festzustellen, dass sich die Umstände der vorliegenden Rechtssache von denen der Rechtssache unterscheiden, in der das ebenfalls den Bereich der staatlichen Beihilfen betreffende Urteil vom 8. November 2011, Idromacchine u. a./Kommission (T‑88/09, EU:T:2011:641, Rn. 60 und 65), ergangen ist, in dem das Gericht das Bestehen eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs mit der Begründung anerkannt hat, dass die Klägerin keine Beeinträchtigung ihres Ansehens und ihres Rufs erlitten hätte, wenn die Kommission in der streitigen Entscheidung nicht Tatsachen und Wertungen veröffentlicht hätte, durch die die Klägerin unter Nennung ihres Namens als Unternehmen dargestellt wurde, das nicht in der Lage gewesen sei, den geltenden Vorschriften entsprechende Produkte zu liefern und seinen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen.

141    Insoweit ist insbesondere in Bezug auf den behaupteten immateriellen Schaden hinzuzufügen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass sich der Tercas-Beschluss negativ auf ihren Ruf ausgewirkt hat. Sie beschränkt sich ohne weitere Erläuterungen auf die Behauptung, dass dies der Fall sei. In den von ihr vorgelegten Presseartikeln wird der Öffentlichkeit jedoch mitgeteilt, dass die Wirkungen dieses Beschlusses durch freiwillige Interventionsmaßnahmen neutralisiert würden.

142    Als Zweites lässt sich mit dem Argument, dass der Verlust an Kundschaft und direkten Einlagen zeitlich mit dem Tercas-Beschluss zusammengefallen sei, nicht belegen, das ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Aus der Tabelle in einem der von der Klägerin vorgelegten technischen Berichte geht nämlich hervor, dass in dem in diesem Bericht berücksichtigten Zeitraum, d. h. von Mai 2015 bis Mai 2016, die direkten Einlagen allmählich zurückgingen und ab Januar 2016 einen starken Rückgang verzeichneten.

143    Wie die Kommission ausführt, hätten allerdings mehrere Faktoren diese Abnahme des Vertrauens der Kundschaft der Klägerin verursachen können, so dass nicht festgestellt werden kann, dass der Tescas-Beschluss die unmittelbare Ursache des von der Klägerin behaupteten Schadens war.

144    Erstens geht aus dem von der Kommission vorgelegten Bericht der italienischen Zentralbank nämlich hervor, dass die im April 2016 veröffentlichten schlechten Ergebnisse der Klägerin im Geschäftsjahr 2015 – in Verbindung mit der durch die Legge n. 33 del 24 marzo 2015, Conversione in legge, con modificazioni, del decreto-legge 24 gennaio 2015, n. 3, recante misure urgenti per il sistema bancario e gli investimenti (Gesetz Nr. 33 vom 24. März 2015 zur Änderung und Umwandlung des Decreto-legge Nr. 3 vom 24. Januar 2015 mit Dringlichkeitsmaßnahmen für das Bankensystem und Investitionen) (GURI Nr. 70 vom 25. März 2015, Supplemento ordinario Nr. 15) erfolgenden Reform der Volksbanken, aufgrund deren sich die Klägerin in eine Aktiengesellschaft umwandeln musste – die Aktionärsversammlung bei der Genehmigung der Bilanz 2015 dazu veranlasste, die Herabsetzung des Nennwerts der Aktien von 9,53 Euro auf 7,50 Euro zu beschließen, was nach dem von der Kommission vorgelegten Bericht der italienischen Zentralbank bei der Kundschaft zu Unzufriedenheit führte. Hierzu ist festzustellen, dass der im Dezember 2015 erlassene Tercas-Beschluss keine Auswirkungen auf die Betriebsergebnisse des Jahres 2015 haben konnte. Außerdem geht aus diesem Bericht der italienischen Zentralbank hervor, dass sich die Finanzindikatoren der Klägerin ab 2014, dem Jahr, in dem sie Tercas erwarb, bis 2015 nur noch verschlechtert haben.

145    Zweitens geht aus den von der Kommission übermittelten Entscheidungen der Commissione Nazionale per le Società e la Borsa (Consob) (Nationale Unternehmens- und Börsenaufsichtsbehörde, Italien) hervor, dass die Klägerin zwischen November 2014 und Juni 2015 im Rahmen der vorgenommenen Kapitalerhöhungen die Investoren nicht über die angewandte Methode informiert und den Aktienpreis auf einem höheren Niveau als dem festgesetzt hat, das von dem mit der Bestimmung des Aktienpreises betrauten Sachverständigen festgelegt worden war, so dass gegen die Geschäftsführung der Klägerin ab dem Jahr 2017 Verwaltungssanktionen verhängt und strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet wurden.

146    Drittens ist mit der Kommission festzustellen, dass der Umstand, dass Tercas eine Bank in Zahlungsschwierigkeiten war, weshalb im Oktober 2013 Verhandlungen mit der Klägerin aufgenommen wurden, die die Kapitalerhöhung von Tercas gezeichnet hat (Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a., C‑425/19 P, EU:C:2021:154, Rn. 15 und 20), Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und ihren Kunden haben konnte. Denn zwischen Dezember 2014 und Dezember 2015, mithin vor dem Erlass des Tercas-Beschlusses, aber nach der Eingliederung von Tercas durch die Klägerin, hatte die Klägerin bereits 4,9 % ihrer direkten Einlagen verloren.

147    Hierzu ist festzustellen, dass die Verschmelzung von Tercas mit der Klägerin im Juli 2016 stattfand und dass die bedeutendsten Abhebungen direkter Einlagen zwischen Juli und September 2016 stattfanden. Daher konnte sich auch diese Verschmelzung auf das Vertrauensverhältnis zu ihrer Kundschaft ausgewirkt haben.

148    Viertens erläutert die Klägerin nicht, warum der Tercas-Beschluss sie daran gehindert haben soll, neue Kunden zu gewinnen, obwohl die freiwillige Intervention, die diejenige des FITD zur Unterstützung von Tercas – die durch diesen Beschluss nicht genehmigt wurde – ersetzt hat, bereits im Februar 2016, mithin zwei Monate nach dem Tercas-Beschluss, beschlossen worden war.

149    Fünftens sind der tatsächliche Schaden und insbesondere die Kosten für Maßnahmen zur Minderung der angeblich negativen Auswirkungen des Tercas-Beschlusses nicht unmittelbar auf diesen Beschluss zurückzuführen. Diese Kosten sind nämlich die Folge von Geschäftsführungsentscheidungen der Klägerin. Außerdem ist festzustellen, dass selbst wenn diese Maßnahmen eine unmittelbare Folge des Verlusts an Kundschaft und Einlagen sein könnten, sich aus dem Vorstehenden ergibt, dass nicht dargetan ist, dass der Tercas-Beschluss die entscheidende Ursache dieser angeblichen Verluste ist.

150    Was im Übrigen das Vorbringen der Klägerin betrifft, das Bestehen eines unmittelbaren Kausalzusammenhangs werde durch das Urteil vom 30. Juni 2021, Fondazione Cassa di Risparmio di Pesaro u. a./Kommission (T‑635/19, EU:T:2021:394), bestätigt, ist festzustellen, dass zwischen der vorliegenden Rechtssache und der Rechtssache, in der jenes Urteil ergangen ist, ein sachlicher Zusammenhang besteht. In der zuletzt genannten Rechtssache machten die Klägerinnen die außervertragliche Haftung der Union nach Art. 340 Abs. 2 AEUV mit der Begründung geltend, dass die Kommission durch ein angeblich rechtswidriges Verhalten, insbesondere durch rechtswidrigen Druck auf die italienischen Behörden, vor allem auf die italienische Zentralbank, die Rettung der Banca delle Marche verhindert habe, hinsichtlich deren die Klägerinnen Anteilseignerinnen und Inhaberinnen nachrangiger Schuldverschreibungen gewesen seien, wodurch ihnen ein Schaden entstanden sei. Konkret habe die Kommission eine solche Rettung durch den FITD verhindert, was die italienischen Behörden, insbesondere die italienische Zentralbank in ihrer Eigenschaft als zuständige nationale Behörde, veranlasst habe, die Abwicklung der Banca delle Marche einzuleiten.

151    In diesem Zusammenhang hat das Gericht entschieden, dass die Stellungnahmen der Kommission, die vor Einleitung des Verfahrens zur Abwicklung der Banca delle Marche erfolgten, nur verfahrensrechtlicher Natur waren und die italienischen Behörden auf die Notwendigkeit der vorherigen Anmeldung hinwiesen sowie darauf, keine etwaigen Beihilfemaßnahmen insbesondere zugunsten dieser Bank durchzuführen. Diese Stellungnahmen enthielten weder eine Aussage über eine konkrete Maßnahme, da noch keine Maßnahme klar definiert oder angemeldet worden war, noch eine Aussage darüber, wie die Kommission den Begriff „staatliche Beihilfe“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV insoweit auslegen würde (Urteil vom 30. Juni 2021, Fondazione Cassa di Risparmio di Pesaro u. a./Kommission, T‑635/19, EU:T:2021:394, Rn. 55). Das Gericht ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzung des Bestehens eines Kausalzusammenhangs nicht erfüllt war.

152    Zwar hat sich die Kommission in der vorliegenden Rechtssache nicht darauf beschränkt, die Vereinbarkeit der geplanten Intervention in Frage zu stellen, sondern den Tercas-Beschluss tatsächlich erlassen, in dem sie entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Auffassung vertrat, dass die fraglichen Interventionsmaßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstellten. Aus den Akten geht jedoch nicht hervor, dass die Kommission mit dem Erlass dieses Beschlusses die Durchführung des Geschäftsplans 2015‑2019 verhindert hätte.

153    Denn es wird – auch in einem von der Klägerin vorgelegten technischen Bericht vom 9. Juli 2021 – klargestellt, dass die Ersetzung dieses Plans durch den Geschäftsplan 2016–2020 nicht ausschließlich durch den Tercas-Beschluss verursacht wurde, sondern die Folge mehrerer, im Jahr 2015 aufgetretener Faktoren war, nämlich die Änderung des Governance-Modells, wobei die Stelle des Generaldirektors abgeschafft und durch die des Geschäftsführers ersetzt wurde, die Genehmigung der Reform der Volksbanken, die zur Änderung der Rechtsform in eine Aktiengesellschaft führte, die Entwicklung des durch einen neuen einheitlichen Aufsichtsmechanismus gekennzeichneten regulatorischen Umfelds, ein „schwieriges“ und sich ständig wandelndes Wirtschafts- und Finanzszenario und die Einleitung eines Prozesses zur Innovation des Geschäftsmodells.

154    Was den angeblichen Schaden wegen der Anwaltskosten, die in den Verfahren in der Rechtssache, in der das Urteil vom 2. März 2021, Kommission/Italien u. a. (C‑425/19 P, EU:C:2021:154), ergangen ist, und in der Rechtssache, in der das Urteil vom 19. März 2019, Italien u. a./Kommission (T‑98/16, T‑196/16 und T‑198/16, EU:T:2019:167), ergangen ist, aufgewandt wurden, anbelangt, ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass diese Kosten keine ersetzbaren Schäden im Sinne von Art. 340 AEUV darstellen (vgl. Urteil vom 8. November 2011, Idromacchine u. a./Kommission, T‑88/09, EU:T:2011:641, Rn. 98 und 99 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzung des Kausalzusammenhangs in Bezug auf diese Kosten erfüllt ist.

155    Was als Drittes die zu den Akten gereichten Beweisstücke betrifft, geht aus den Angaben in den von der Klägerin vorgelegten technischen Berichten nicht hervor, dass sie Beweisstücke dafür vorgelegt hat, dass das vorgeworfene Verhalten die unmittelbare und entscheidende Ursache des Vertrauensverlusts ihrer Kundschaft und damit des geltend gemachten Schadens ist.

156    Zunächst ist nämlich festzustellen, dass sich der technische Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auf drei Überlegungen stützt. Erstens soll der Tercas-Beschluss geeignet gewesen sein, die ausschließliche oder zumindest maßgebliche Ursache des behaupteten Schadens zu sein, da dieser Beschluss das Vertrauen der Kunden der Bank erschüttert und die Umsetzung des Geschäftsplans 2015–2019 verhindert habe, zweitens sei es zwischen Mai 2015 und Mai 2016 zu einem Rückgang der direkten Einlagen gekommen, der zeitlich mit dem Erlass des Tercas-Beschlusses zusammengefallen sei, und drittens ergebe sich weder aus den von der Klägerin vorgelegten Informationen noch aus öffentlich zugänglichen Dokumenten, dass es andere Ereignisse gegeben habe, die den behaupteten Schaden hätten verursachen können. In diesem Bericht wird jedoch darauf hingewiesen, dass ein Teil, mindestens aber 50 % der von der Klägerin zwischen Juni 2016 und Dezember 2016 erlittenen Verluste auf den Tercas-Beschluss zurückzuführen seien. Aber abgesehen davon, dass aus den vorstehenden Rn. 144 und 145 hervorgeht, dass die von der Klägerin geltend gemachten Schäden durch andere Ereignisse verursacht worden sein konnten, besteht dieses Vorbringen aus allgemeinen Erwägungen und bietet keine Beweisstücke dafür, dass der Tercas-Beschluss die unmittelbare und entscheidende Ursache des behaupteten Schadens im Sinne der oben in Rn. 133 angeführten Rechtsprechung darstellt. Außerdem wird in der Einleitung dieses technischen Berichts darauf hingewiesen, dass sich die darin enthaltenen Analysen auf wirtschaftliche, buchhalterische und finanzielle Aspekte beschränkten und keine rechtlichen Erwägungen zum Kausalzusammenhang enthielten.

157    Darüber hinaus wird in der Einleitung dieses Berichts erklärt und anschließend mehrfach wiederholt, dass die technischen Analysen auf der Grundlage von Dokumenten durchgeführt worden seien, die von der Klägerin vorgelegt oder aus öffentlichen Quellen bezogen worden seien, nämlich Auszüge aus den vom Vorstand der Klägerin bereitgestellten Jahresabschlüssen für den Zeitraum von 2015 bis 2016, von der Klägerin verfasste Pressemitteilungen, der Geschäftsplan 2016–2020 und von der Klägerin übermittelte Managementdaten. Es wurde hinzugefügt, dass in Bezug auf die Daten, auf denen diese Analysen beruhten, kein Audit durchgeführt worden sei.

158    Sodann wird im technischen Gutachten des Hochschulprofessors ausgeführt, dass die Klägerin vor der Einleitung des Untersuchungsverfahrens durch die Kommission eine sehr günstige Stellung auf dem italienischen Markt innegehabt habe. Dieses Verfahren und der Tercas-Beschluss hätten sich auf das Ansehen der Klägerin auf dem Markt, das Vertrauen ihrer Kunden und die Wachstumserwartungen ausgewirkt. Das Verhalten der Kommission habe für sich allein zu einem Verlust an Kunden und direkten Einlagen geführt, die im Geschäftsplan 2015–2019 vorgesehene Eingliederung von Tercas und Carpise beeinträchtigt und es erforderlich gemacht, eine andere Lösung für die Fortführung des laufenden Eingliederungsvorhabens zu finden. In diesem Bericht heißt es jedoch auch, dass die Bilanz 2015 der Klägerin für den Zeitraum vor dem Tercas-Beschluss einen Verlust von 296 Mio. Euro ausgewiesen habe und dass dieser Beschluss ab Ende 2016 nur eine der Ursachen des angeblichen Schadens gewesen sei. Folglich wird die Schlussfolgerung, dass der Tercas-Beschluss die unmittelbare und entscheidende Ursache des geltend gemachten Schadens gewesen sei, durch die Anerkennung der genannten Faktoren in diesem Bericht entkräftet. Darüber hinaus wird in der Einleitung dieses Berichts klar darauf hingewiesen, dass die Informationen, auf deren Grundlage er erstellt wurde, von der Klägerin übermittelt worden seien, ohne dass ein Audit durchgeführt worden sei, und dass sich die Analysen auf wirtschaftliche und finanzielle Aspekte beschränkten und rechtliche Aspekte ausschlössen.

159    Schließlich ist demzufolge festzustellen, dass die genannten technischen Berichte nur die von der Klägerin selbst vorgelegten Informationen berücksichtigen, ohne sie in irgendeiner Weise zu überprüfen, und dass sie nicht die Auswirkungen etwaiger anderer Ursachen der behaupteten Schäden untersuchen, wie etwa das Verhalten der Klägerin, so dass sie als solche nicht zum Nachweis dafür ausreichen, dass dieser Schaden eine unmittelbare Folge des Verhaltens der Kommission ist. Daher beweisen diese Berichte nicht, dass der Tercas-Beschluss die unmittelbare und entscheidende Ursache dieser Schäden war.

160    Nach alledem kann dem Vorbringen der Klägerin, dass das angeblich rechtswidrige Verhalten der Kommission die Verwirklichung des Geschäftsplans 2015–2019 verhindert und damit zum Verlust an Einlagen und Kundschaft geführt habe und die unmittelbare Ursache des der Klägerin angeblich entstandenen Schadens sei, nicht gefolgt werden. Die Gesamtwürdigung der relevanten Beweisstücke lässt für das Gericht nämlich den Schluss zu, dass der Tercas-Beschluss beim Vertrauensverlust der Kunden der Klägerin zwar eine gewisse Rolle gespielt haben mag, dieser Verlust aber auch durch andere Faktoren herbeigeführt wurde, so dass der Beschluss nicht als entscheidende und unmittelbare Ursache der geltend gemachten Schäden im Sinne der oben in Rn. 134 angeführten Rechtsprechung angesehen werden kann.

161    Somit hat die Klägerin nicht dargetan, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem angeblich rechtswidrigen Verhalten der Kommission und den geltend gemachten Schäden besteht.

162    Nach alledem ist festzustellen, dass die Voraussetzungen für die außervertragliche Haftung, die zum einen das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes und zum anderen das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem vorgeworfenen Verhalten und dem geltend gemachten Schaden betreffen, nicht erfüllt sind.

163    Daher ist die Klage abzuweisen, ohne dass die Voraussetzung für die Begründung der außervertraglichen Haftung der Union, die das tatsächliche Vorliegen eines Schadens betrifft, geprüft zu werden braucht.

 Kosten

164    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Banca Popolare di Bari SpA trägt die Kosten.

da Silva Passos

Gervasoni

Półtorak

Reine

 

      Pynnä

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 20. Dezember 2023.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Italienisch.