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Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal judiciaire d’Auch (Frankreich), eingereicht am 9. Dezember 2020 – EP/Préfet du Gers, Institut National de la Statistique et des Études Économiques

(Rechtssache C-673/20)

Verfahrenssprache: Französisch

Vorlegendes Gericht

Tribunal judiciaire d’Auch

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: EP

Beklagte: Préfet du Gers, Institut National de la Statistique et des Études Économiques

Beteiligter: Bürgermeister von Thoux

Vorlagefragen

Sind Art. 50 des Vertrags über die Europäische Union und das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie die Unionsbürgerschaft britischer Staatsangehöriger aufheben, die vor dem Ende des Übergangszeitraums von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben, sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats frei zu bewegen und niederzulassen, insbesondere solcher, die seit über 15 Jahren in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft sind, unter die sogenannte britische „15 year rule“ fallen und folglich jegliches Wahlrecht verlieren?

Wenn diese Frage bejaht wird: Ist aufgrund des Zusammenspiels der Art. 2, 3, 10, 12 und 127 des Austrittsabkommens, Nr. 6 seiner Präambel und der Art. 18, 20 und 21 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union davon auszugehen, dass diese britischen Staatsangehörigen die Rechte aus der Unionsbürgerschaft, die sie vor dem Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union innehatten, ohne Einschränkung behalten?

Falls die zweite Frage verneint wird: Ist das Austrittsabkommen nicht teilweise ungültig, da es gegen Grundsätze verstößt, die Teil der Identität der Europäischen Union sind, insbesondere gegen die Art. 18, 20 und 21 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, aber auch gegen die Art. 39 und [40] der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, und verkennt es nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, soweit es keine Bestimmung enthält, die es britischen Staatsbürgern erlaubt, ihre Rechte ohne Einschränkung zu behalten?

Ist Art. 127 Abs. 1 Buchst. b des Austrittsabkommens nicht jedenfalls teilweise ungültig, da er gegen die Art. 18, 20 und 21 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und auch gegen die Art. 39 und 40 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstößt, soweit er den Unionsbürgern, die von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben, sich im Vereinigten Königreich frei zu bewegen und niederzulassen, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen in diesem Land nimmt und, falls das Gericht und der Gerichtshof dies genauso sehen wie der französische Conseil d’État, erstreckt sich dieser Verstoß nicht auf die Staatsangehörigen des Vereinigten Königreichs, die von ihrer Freizügigkeit und ihrer Niederlassungsfreiheit im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats seit mehr als 15 Jahren Gebrauch gemacht haben, unter die britische „15 year rule“ fallen und folglich jegliches Wahlrecht verlieren?

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