Language of document : ECLI:EU:T:2012:713

BESCHLUSS DES GERICHTS (Rechtsmittelkammer)

19. März 2012(*)

„Rechtsmittel – Antrag auf Zulassung als Streithelfer, der nach Ablauf der in Art. 149 der Verfahrensordnung vorgesehenen Frist eingereicht wird – Zurückweisung“

In der Rechtssache T‑268/11 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 9 des Anhangs I der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 26. Mai 2011,

Europäische Kommission, vertreten durch B. Eggers und J. Currall als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Guido Strack, ehemaliger Beamter der Europäischen Kommission, wohnhaft in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Tettenborn,

Kläger im ersten Rechtszug,

erlässt

DAS GERICHT (Rechtsmittelkammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richter J. Azizi und S. Papasavvas,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

1        Die Europäische Kommission beantragt mit ihrem gemäß Art. 9 des Anhangs I der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union eingelegten Rechtsmittel die Aufhebung des Urteils des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (Zweite Kammer) vom 15. März 2011, Strack/Kommission (F‑120/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), mit dem dieses ihre ablehnende Entscheidung vom 15. März 2007 über den Antrag von Herrn Strack auf Übertragung seines im Jahr 2004 nicht genommenen Jahresurlaubs aufgehoben hat.

2        Mit Schriftsatz, der am 26. September 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat der Europäischen Union beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

3        Gemäß Art. 116 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist der Antrag auf Zulassung als Streithelfer den Verfahrensbeteiligten zugestellt worden, die aufgefordert worden sind, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen.

4        Im Rahmen ihrer Stellungnahmen, die am 4. Januar 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Verfahrensbeteiligten keine Einwände gegen den Antrag erhoben. Sie haben außerdem keinen Kostenantrag gestellt.

5        Nach Art. 116 § 1 Abs. 3 der Verfahrensordnung hat der Präsident die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung als Streithelfer dem Gericht übertragen.

6        Es ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach Art. 149 der Verfahrensordnung Anträge auf Zulassung als Streithelfer in einem Rechtsmittelverfahren binnen einem Monat nach der in Art. 24 § 6 der Verfahrensordnung bezeichneten Veröffentlichung zu stellen sind. Diese Bestimmung stellt eine lex specialis gegenüber Art. 115 § 1 der Verfahrensordnung dar, wonach Anträge auf Zulassung als Streithelfer nur binnen sechs Wochen nach der genannten Veröffentlichung oder vorbehaltlich des Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung vor dem in deren Art. 53 vorgesehenen Beschluss zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung gestellt werden können.

7        Zweitens nennt Art. 144 der Verfahrensordnung unter den Bestimmungen, die auf das Verfahren vor dem Gericht, das ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Gerichts für den öffentlichen Dienst zum Gegenstand hat, entsprechende Anwendung finden, Art. 115 §§ 2 und 3 sowie Art. 116 der Verfahrensordnung. Dagegen erwähnt er nicht Art. 115 § 1 der Verfahrensordnung, der die Einreichung eines Antrags auf Zulassung als Streithelfer bis zu der in Art. 53 der Verfahrensordnung vorgesehenen Eröffnung der mündlichen Verhandlung zulässt.

8        Zwar sieht Art. 144 der Verfahrensordnung vor, dass Art. 116 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ohne dass zwischen seinen Bestimmungen unterschieden wird. Jedoch ist festzustellen, dass der ausdrückliche Ausschluss der Anwendbarkeit von Art. 115 § 1 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren in Art. 144 der Verfahrensordnung implizit, aber notwendig dazu führt, dass Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung in diesem Rahmen nicht anwendbar ist.

9        Zum einen sind nämlich diese beiden Bestimmungen untrennbar miteinander verbunden, da Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung ausdrücklich auf den Fall eines nach Ablauf der in Art. 115 § 1 der Verfahrensordnung vorgesehenen Frist von sechs Wochen gestellten Antrags auf Zulassung als Streithelfer abstellt. Zum anderen führt die Nichtanwendbarkeit von Art. 115 § 1 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren dazu, dass Art. 149 der Verfahrensordnung die einzige Bestimmung darstellt, die für die Einreichung eines Antrags auf Zulassung als Streithelfer in einem Rechtsmittelverfahren gilt. Nach dieser Bestimmung ist aber der Antrag auf Zulassung als Streithelfer binnen einem Monat nach der in Art. 24 § 6 der Verfahrensordnung bezeichneten Veröffentlichung zu stellen, während die in Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung vorgeschriebene Frist sechs Wochen beträgt, was der Anwendung dieser Bestimmung stricto sensu entgegensteht. Außerdem sieht Art. 149 der Verfahrensordnung, dessen Wortlaut klar und nicht an Bedingungen geknüpft ist, in keiner Weise die Möglichkeit einer Streithilfe erst im Verfahrensabschnitt der mündlichen Verhandlung vor, wenn der Antrag auf Zulassung als Streithelfer nach Ablauf der in dieser Bestimmung vorgesehenen Frist gestellt wird.

10      Somit führt eine grammatikalische und systematische Auslegung der Verfahrensordnung zu dem Ergebnis, dass, wer einen Antrag auf Zulassung als Streithelfer im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens stellt, sich nicht auf Art. 116 § 6 der Verfahrensordnung berufen kann.

11      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die in Art. 24 § 6 der Verfahrensordnung bezeichnete Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 6. August 2011 erfolgt ist, während der Antrag nach Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs, der nach Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung auf das Rechtsmittelverfahren vor dem Gericht Anwendung findet, auf Zulassung als Streithelfer am 26. September 2011 und damit nach Ablauf der in Art. 149 der Verfahrensordnung vorgeschriebenen Frist, verlängert um die pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen nach Art. 102 § 2 der Verfahrensordnung, gestellt worden ist.

12      Nach allem ist der Antrag auf Zulassung als Streithelfer als unzulässig zurückzuweisen.

 Kosten

13      Nach Art. 87 § 1 der Verfahrensordnung, der nach Art. 144 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, wird im Endurteil oder in dem Beschluss, der das Verfahren beendet, über die Kosten entschieden. Da der vorliegende Beschluss für den Rat das Verfahren beendet, ist über die Kosten im Zusammenhang mit dessen Antrag auf Zulassung als Streithelfer zu entscheiden.

14      Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensverordnung, der nach Art. 144 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

15      Nach Art. 88 der Verfahrensordnung, der nach Art. 148 Abs. 2 der Verfahrensordnung auf ein Rechtsmittel Anwendung findet, wenn es von einem Organ eingelegt worden ist, tragen in den Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten die Organe ihre Kosten selbst; Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung bleibt unberührt.

16      Da im vorliegenden Fall der Antrag auf Zulassung als Streithelfer zurückgewiesen wird, sind dem Rat seine eigenen Kosten aufzuerlegen. Herr Strack, der keinen Kostenantrag gestellt hat, hat seine eigenen mit dem Antrag auf Zulassung als Streithelfer verbundenen Kosten zu tragen. Der Kommission sind ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Rechtsmittelkammer)

beschlossen:

1.      Der Antrag des Rates der Europäischen Union auf Zulassung als Streithelfer wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.      Der Rat der Europäischen Union trägt die mit seinem Antrag auf Zulassung als Streithelfer verbundenen Kosten.

3.      Die Europäische Kommission und Guido Strack tragen ihre eigenen mit dem Antrag auf Zulassung als Streithelfer verbundenen Kosten.

Luxemburg, den 19. März 2012

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       M. Jaeger


* Verfahrenssprache: Deutsch.