Language of document : ECLI:EU:T:2010:353

BESCHLUSS DES GERICHTS (Große Kammer)

7. September 2010(*)

„Nichtigkeitsklage – Umwelt und Schutz der menschlichen Gesundheit – Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung bestimmter Nickelcarbonate als gefährliche Stoffe – Richtlinie 2008/58/EG – Richtlinie 67/548/EWG – Verordnung (EG) Nr. 790/2009 – Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 – Anpassung der Anträge – Zeitliche Geltung von Art. 263 Abs. 4 AEUV – Fehlende individuelle Betroffenheit – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑532/08

Norilsk Nickel Harjavalta Oy mit Sitz in Espoo (Finnland),

Umicore SA/NV mit Sitz in Brüssel (Belgien),

Prozessbevollmächtigter: K. Nordlander, avocat,

Klägerinnen,

unterstützt durch

Nickel Institute mit Sitz in Toronto (Kanada), Prozessbevollmächtigte: K. Nordlander, avocat, D. Anderson, QC, S. Kinsella und H. Pearson, Solicitors,

Streithelfer,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch P. Oliver und D. Kukovec als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Dänemark, vertreten durch B. Weis Fogh als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

wegen Teilnichtigerklärung der Richtlinie 2008/58/EG der Kommission vom 21. August 2008 zur 30. Anpassung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe an den technischen Fortschritt (ABl. L 246, S. 1) und der Verordnung (EG) Nr. 790/2009 der Kommission vom 10. August 2009 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen zwecks Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt (ABl. L 235, S. 1), soweit damit die Einstufung bestimmter Nickelcarbonatverbindungen geändert wird,

erlässt

DAS GERICHT (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger, der Richter J. Azizi (Berichterstatter), A. W. H. Meij, M. Vilaras und N. J. Forwood, der Richterin E. Martins Ribeiro, des Richters O. Czúcz, der Richterinnen I. Wiszniewska-Białecka, I. Pelikánová, E. Cremona und I. Labucka sowie der Richter S. Frimodt Nielsen und K. O’Higgins,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

1        Mit dieser Klage bestreiten die Klägerinnen, die Norilsk Nickel Harjavalta Oy (vormals OMG Harjavalta Oy, im Folgenden: Norilsk Nickel) und die Umicore SA/NV, die Rechtmäßigkeit der Einstufung bestimmter Nickelcarbonatverbindungen als gefährliche Stoffe (im Folgenden: angegriffene Einstufungen) zunächst in Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (ABl. L 196, S. 1) und dann in Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353, S. 1).

2        Die angegriffenen Einstufungen wurden mit der Richtlinie 2008/58/EG der Kommission vom 21. August 2008 zur 30. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt (ABl. L 246, S. 1, im Folgenden: angefochtene Richtlinie) eingeführt und mit Wirkung vom 25. September 2009 in die Verordnung (EG) Nr. 790/2009 der Kommission vom 10. August 2009 zur Änderung der Verordnung Nr. 1272/2008 (ABl. L 235, S. 1, im Folgenden: angefochtene Verordnung) (im Folgenden gemeinsam: angefochtene Rechtsakte) übernommen.

 Rechtlicher Rahmen

 Bestimmungen des EG-Vertrags und des AEU-Vertrags

3        Art. 230 Abs. 4 EG bestimmt:

„Jede natürliche oder juristische Person kann unter den gleichen Voraussetzungen gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.“

4        Art. 263 Abs. 4 AEUV lautet:

„Jede natürliche oder juristische Person kann unter den Bedingungen nach den Abs. 1 und 2 gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.“

 Richtlinie 67/548

5        Die Richtlinie 67/548 in der insbesondere durch die Richtlinie 92/32/EWG des Rates vom 30. April 1992 zur siebten Änderung der Richtlinie 67/548 (ABl. L 154, S. 1) und die Richtlinie 2006/121/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Änderung der Richtlinie 67/548 im Hinblick auf ihre Anpassung an die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) und zur Schaffung eines Europäischen Amtes für chemische Stoffe (ABl. L 396, S. 850) geänderten Fassung legt die Regeln für das Inverkehrbringen bestimmter „Stoffe“ fest, die definiert werden als: „chemische Elemente und ihre Verbindungen in natürlicher Form oder hergestellt durch ein Produktionsverfahren, einschließlich der zur Wahrung der Produktstabilität notwendigen Zusatzstoffe und der bei der Herstellung unvermeidbaren Verunreinigungen, mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können“.

6        Hierzu werden die Stoffe nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 67/548 aufgrund ihrer Eigenschaften nach den in Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie festgelegten Kategorien eingestuft. Die Einstufung eines Stoffes als „gefährlich“ in Anhang I dieser Richtlinie hat als Vorbedingung für sein Inverkehrbringen das Anbringen einer vorgeschriebenen Kennzeichnung auf seiner Verpackung zur Folge, die u. a. Gefahrensymbole zur Angabe der mit der Verwendung des Stoffes verbundenen Gefahren sowie Standardaufschriften umfasst, die zum einen auf besondere Risiken aufgrund von Gefahren beim Umgang mit dem Stoff hinweisen und zum anderen Sicherheitsratschläge für den Umgang mit dem Stoff erteilen.

7        Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 67/548 bestimmt in der Fassung, die vor der sich aus Art. 55 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1272/2008 ergebenden Fassung galt:

„Anhang I umfasst eine Liste der nach den Grundsätzen der Absätze 1 und 2 eingestuften Stoffe mit ihrer harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung. Der Beschluss zur Aufnahme eines Stoffes in Anhang I mit seiner harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung ist nach dem in Artikel 29 [der Richtlinie] festgelegten Verfahren zu fassen.“

8        Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 67/548 sieht vor, dass „[d]ie allgemeinen Grundsätze der Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Zubereitungen … nach den Kriterien des Anhangs VI angewandt [werden], sofern für gefährliche Zubereitungen in Einzelrichtlinien nichts anderes bestimmt ist“.

9        In Abschnitt 1.2 des Anhangs VI der Richtlinie 67/548 heißt es:

„In diesem Anhang sind die allgemeinen Grundsätze für die Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Zubereitungen festgelegt, auf die in Artikel 4 dieser Richtlinie … Bezug genommen wird.

Dieser Leitfaden richtet sich an alle, die mit Verfahren der Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen befasst sind (Hersteller, Einführer, nationale Behörden).“

10      Abschnitt 4.1.2 des Anhangs VI der Richtlinie 67/548 sieht vor:

„Liegen einem Hersteller, Vertreiber oder Importeur Informationen vor, denen zufolge ein Stoff gemäß den in den Abschnitten 4.2.1, 4.2.2 oder 4.2.3 genannten Kriterien eingestuft und gekennzeichnet werden sollte, so hat er den Stoff auf der Grundlage einer Beurteilung durch eine fachkundige Person vorläufig gemäß diesen Kriterien zu kennzeichnen.“

11      In Abschnitt 4.1.3 des Anhangs VI der Richtlinie 67/548 heißt es: „Der Hersteller, Vertreiber oder Importeur übermittelt einem Mitgliedstaat, in dem der Stoff in den Verkehr gebracht wird, unverzüglich Unterlagen, die alle wichtigen Informationen enthalten. …“

12      Abschnitt 4.1.4 des Anhangs VI der Richtlinie 67/548 lautet:

„Darüber hinaus hat ein Hersteller, Vertreiber oder Importeur, der über neue Daten verfügt, die für die Einstufung und Kennzeichnung eines Stoffes gemäß den Kriterien der Abschnitte 4.2.1, 4.2.2 oder 4.2.3 von Bedeutung sind, diese unverzüglich einem Mitgliedstaat, in dem der Stoff in Verkehr gebracht wird, zu übermitteln.“

13      In Abschnitt 4.1.5 des Anhangs VI der Richtlinie 67/548 heißt es:

„Um innerhalb der Gemeinschaft möglichst schnell eine einheitliche Einstufung nach dem Verfahren in Artikel 28 dieser Richtlinie zu gewährleisten, sollten Mitgliedstaaten, die über relevante Informationen – des Herstellers oder von anderer Seite – verfügen, die die Einstufung eines Stoffes in eine dieser Kategorien rechtfertigen, diese Informationen zusammen mit Vorschlägen zur Einstufung und Kennzeichnung unverzüglich der Kommission vorlegen.

Die Kommission wird die ihr vorgeschlagene Einstufung und Kennzeichnung an die anderen Mitgliedstaaten weiterleiten. Jeder Mitgliedstaat kann an die Kommission herantreten, um die vorliegende Information zu erhalten.

…“

 Verfahren zur Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt

14      Gemäß Art. 28 der Richtlinie 67/548 werden die zur Anpassung der Anhänge an den technischen Fortschritt notwendigen Änderungen nach dem Verfahren des Art. 29 vorgenommen. Im Rahmen dieses Verfahrens wird die Europäische Kommission nach Art. 5 Abs. 1 des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (ABl. L 184, S. 23) in Verbindung mit Nr. 1 des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 807/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (Einstimmigkeit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122, S. 36) von einem Ausschuss unterstützt, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt. Nach Art. 5 Abs. 3 dieses Beschlusses erlässt die Kommission die beabsichtigten Maßnahmen, wenn sie mit der Stellungnahme des Ausschusses übereinstimmen. Stimmen die beabsichtigten Maßnahmen mit der Stellungnahme dieses Ausschusses nicht überein oder liegt keine Stellungnahme vor, sieht Art. 5 Abs. 4 dieses Beschlusses dagegen vor, dass der Rat der Europäischen Union befasst und das Europäische Parlament unterrichtet wird.

 Teilweise Aufhebung, Änderung und Ersetzung der Richtlinie 67/548 durch die Verordnung Nr. 1272/2008

15      Mit Wirkung vom 20. Januar 2009 wurde die Richtlinie 67/548 durch die Verordnung Nr. 1272/2008 teilweise aufgehoben, geändert und ersetzt. Mit dieser Verordnung soll das von den Vereinten Nationen erarbeitete Global Harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien eingeführt werden (Erwägungsgründe 5 bis 8 der Verordnung Nr. 1272/2008).

16      Obwohl Art. 55 Abs. 11 der Verordnung Nr. 1272/2008 bestimmt, dass „Anhang I [der Richtlinie 67/548] … gestrichen [wird]“, enthielt Anhang VI dieser Verordnung zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens nicht die angegriffenen Einstufungen – im Verfahren zu ihrer Annahme war es zu erheblichen Verzögerungen gekommen –, sondern lediglich die mit früheren Anpassungen der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt eingeführten Einstufungen, darunter die in der Richtlinie 2004/73/EG der Kommission vom 29. April 2004 zur 29. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt (ABl. L 152, S. 1, Berichtigung im ABl. 2004, L 216, S. 3) vorgesehenen.

17      Insoweit heißt es im 53. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1272/2008:

„Damit die Arbeit und die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Richtlinie [67/548], einschließlich der Einstufung und Kennzeichnung spezifischer in Anhang I der Richtlinie [67/548] aufgeführter Stoffe, in vollem Umfang berücksichtigt werden, sollten alle bestehenden harmonisierten Einstufungen unter Verwendung der neuen Kriterien in neue harmonisierte Einstufungen umgewandelt werden. Außerdem sollten alle bestehenden harmonisierten Einstufungen unverändert in einen Anhang zu dieser Verordnung aufgenommen werden, da die Verordnung erst zu einem späteren Zeitpunkt anwendbar wird und die harmonisierten Einstufungen gemäß den Kriterien der Richtlinie [67/548] für die Einstufung von Stoffen und Gemischen während der Übergangsphase wichtig sind. Dadurch, dass für alle künftigen Harmonisierungen von Einstufungen diese Verordnung gilt, dürften sich Unstimmigkeiten bei harmonisierten Einstufungen ein und desselben Stoffes gemäß den bestehenden und den neuen Kriterien vermeiden lassen.“

18      Art. 36 („Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen“) der Verordnung Nr. 1272/2008 sieht u. a. vor:

„(1) Ein Stoff, der den Kriterien nach Anhang I in folgenden Punkten entspricht, unterliegt in der Regel den Bestimmungen betreffend die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung nach Artikel 37:

a)      Sensibilisierung der Atemwege, Kategorie 1 (Anhang I Abschnitt 3.4),

b)      Keimzellmutagenität, Kategorien 1A, 1B oder 2 (Anhang I Abschnitt 3.5),

c)      Karzinogenität, Kategorien 1A, 1B oder 2 (Anhang I Abschnitt 3.6),

d)      Reproduktionstoxizität, Kategorien 1A, 1B oder 2 (Anhang I Abschnitt 3.7).

…“

19      Art. 37 („Verfahren zur Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen“) der Verordnung Nr. 1272/2008 bestimmt:

„(1) Eine zuständige Behörde kann der Agentur einen Vorschlag für eine harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und gegebenenfalls für spezifische Konzentrationsgrenzwerte oder M-Faktoren oder einen Vorschlag zu ihrer Überprüfung vorlegen.

(2) Ein Hersteller, Importeur oder nachgeschalteter Anwender eines Stoffes kann der Agentur einen Vorschlag für eine harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung dieses Stoffes und gegebenenfalls für spezifische Konzentrationsgrenzwerte oder M-Faktoren vorlegen, sofern es für einen derartigen Stoff keinen Eintrag in Anhang VI Teil 3 im Zusammenhang mit der Gefahrenklasse oder der Differenzierung gibt, auf die sich dieser Vorschlag bezieht.

(4) Der gemäß Artikel 76 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 eingesetzte Ausschuss für Risikobeurteilung der Agentur gibt zu Vorschlägen gemäß den Absätzen 1 oder 2 innerhalb von 18 Monaten nach Eingang des Vorschlags eine Stellungnahme ab und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Die Agentur leitet diese Stellungnahme sowie etwaige Bemerkungen an die Kommission weiter.

(5) Gelangt die Kommission zu der Auffassung, dass eine Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung des betreffenden Stoffes angezeigt ist, unterbreitet sie unverzüglich einen Entwurf für eine Entscheidung über die Aufnahme dieses Stoffes zusammen mit den relevanten Einstufungs- und Kennzeichnungselementen in Anhang VI Teil 3 Tabelle 3.1 und gegebenenfalls den spezifischen Konzentrationsgrenzwerten oder M-Faktoren.

Bis zum 31. Mai 2015 erfolgt zu denselben Bedingungen ein entsprechender Eintrag in Anhang VI Teil 3 Tabelle 3.2.

Diese Maßnahme zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung wird nach dem in Artikel 54 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen. …

(6) Hersteller, Importeure oder nachgeschaltete Anwender, denen neue Informationen vorliegen, die zu einer Änderung der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnungselemente eines Stoffes in Anhang VI Teil 3 führen könnten, legen der zuständigen Behörde eines der Mitgliedstaaten, in denen der Stoff in Verkehr gebracht wird, einen Vorschlag … vor.“

20      Art. 53 („Anpassungen an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt“) der Verordnung Nr. 1272/2008 sieht vor:

„(1) Die Kommission kann … die Anhänge I bis VII an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt anpassen; dabei berücksichtigt sie gebührend die Weiterentwicklung des [Global Harmonisierten Systems zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien] … Diese Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung werden nach dem in Artikel 54 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen. …“

21      In Art. 54 („Ausschussverfahren“) der Verordnung Nr. 1272/2008 heißt es:

„(1) Die Kommission wird von dem durch Artikel 133 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 eingesetzten Ausschuss unterstützt.

(3) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses [1999/468] unter Beachtung von dessen Artikel 8.

…“

22      In Art. 5a des Beschlusses 1999/486 in der durch den Beschluss 2006/512/EG des Rates vom 17. Juli 2006 (ABl. L 200, S. 11) geänderten Fassung ist das „Regelungsverfahren mit Kontrolle“ geregelt, bei dem die Kommission nach Art. 5a Abs. 1 „von einem Regelungsausschuss unterstützt [wird], der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt“. Nach Art. 5a Abs. 3 dieses Beschlusses unterbreitet die Kommission, wenn die von ihr beabsichtigten Maßnahmen mit der Stellungnahme des Ausschusses im Einklang stehen, dem Europäischen Parlament und dem Rat unverzüglich den Entwurf von Maßnahmen zur Kontrolle; diese Maßnahmen kann sie nur erlassen, wenn sich nach Ablauf einer Frist von drei Monaten weder das Europäische Parlament noch der Rat gegen den Entwurf ausgesprochen haben. Art. 5a Abs. 4 dieses Beschlusses sieht vor, dass die Kommission dem Rat unverzüglich einen Vorschlag für die zu ergreifenden Maßnahmen unterbreitet und diesen gleichzeitig dem Europäischen Parlament übermittelt, wenn die von ihr beabsichtigten Maßnahmen nicht mit der Stellungnahme des Ausschusses im Einklang stehen oder keine Stellungnahme vorliegt.

 Verordnung (EWG) Nr. 793/93 und Verordnung (EG) Nr. 1907/2006

23      Die Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates vom 23. März 1993 zur Bewertung und Kontrolle der Umweltrisiken chemischer Altstoffe (ABl. L 84, S. 1) in geänderter Fassung sieht nach ihrem vierten Erwägungsgrund hinsichtlich der Bewertung der Risiken von Stoffen, die von der Industrie hergestellt, eingeführt und/oder verwendet werden, eine Aufteilung und Koordinierung der Aufgaben zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission und der Industrie vor. So sind die Hersteller und Importeure dieser Stoffe nach den Art. 3 und 4 dieser Verordnung verpflichtet, bestimmte nach Maßgabe des Herstellungs- und Importumfangs relevante Daten zu übermitteln.

24      Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 793/93 erstellt die Kommission Listen von Stoffen, die mit Vorrang auf ihre Risiken zu bewerten sind. Für jeden dieser Stoffe wird zur Bewertung dieser Risiken für Mensch und Umwelt die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats als Berichterstatter benannt (Art. 10 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 793/93).

25      In diesem Zusammenhang sind die Hersteller und die Importeure nach Art. 9, Art. 10 Abs. 2 und Art. 12 der Verordnung Nr. 793/93 verpflichtet, gegebenenfalls weitere Angaben zu übermitteln oder Prüfungen vorzunehmen, um fehlende, zur Bewertung der Risiken erforderliche Daten zu beschaffen. Unter den Voraussetzungen des Art. 12 Abs. 3 dieser Verordnung können die Prüfungen von einem oder mehreren Herstellern oder Importeuren durchgeführt werden, die im Namen anderer betroffener Hersteller oder Importeure handeln. Ferner können die Hersteller oder Importeure nach Art. 9 Abs. 3 der Verordnung – unter Angabe von Gründen – beim Berichterstatter beantragen, dass sie von den zusätzlichen Prüfungen ganz oder teilweise befreit werden, weil eine bestimmte Angabe zur Bewertung des Risikos nicht erforderlich oder nicht zu beschaffen ist. Sie können auch eine längere Frist beantragen, wenn die Umstände dies erfordern.

26      Nachdem der Berichterstatter die Risiken bewertet hat, kann er gegebenenfalls eine Strategie zu ihrer Begrenzung vorschlagen (Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 793/93). Auf der Grundlage der Risikobewertung und der Strategieempfehlung des Berichterstatters legt die Kommission einen Vorschlag in Bezug auf die Ergebnisse der Risikobewertung der prioritären Stoffe sowie erforderlichenfalls eine Empfehlung für eine geeignete Strategie zur Begrenzung dieser Risiken vor, die nach dem in Art. 15 der Verordnung Nr. 793/93 vorgesehenen Ausschussverfahren gebilligt werden. Auf der Grundlage der auf diese Weise gebilligten Risikobewertung und Strategieempfehlung entscheidet die Kommission, ob es erforderlich ist, Maßnahmen der Gemeinschaft im Rahmen der Richtlinie 76/769/EWG des Rates vom 27. Juli 1976 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (ABl. L 262, S. 201) in geänderter Fassung oder im Rahmen anderer bestehender Regelungen der Gemeinschaft vorzuschlagen (Art. 11 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 793/93).

27      Die Verordnung Nr. 793/93 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396, S. 1, Berichtigung im ABl. 2007, L 136, S. 3, im Folgenden: REACH-Verordnung) aufgehoben und ersetzt.

28      Nach Art. 1 Abs. 1 bezweckt die REACH-Verordnung insbesondere, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherzustellen. Hierfür enthält sie Bestimmungen über Stoffe und Zubereitungen im Sinne des Art. 3, die für die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung derartiger Stoffe als solcher, in Zubereitungen oder in Erzeugnissen sowie für das Inverkehrbringen von Zubereitungen gelten (Art. 1 Abs. 2 der REACH-Verordnung). Nach Art. 1 Abs. 3 beruht diese Verordnung auf dem Grundsatz, dass Hersteller, Importeure und nachgeschaltete Anwender sicherstellen müssen, dass sie Stoffe herstellen, in Verkehr bringen und verwenden, die die menschliche Gesundheit oder die Umwelt nicht nachteilig beeinflussen, sowie auf dem Vorsorgeprinzip.

29      Gemäß der in Art. 5 der REACH-Verordnung verankerten Regel „Ohne Daten kein Markt“ und den in den Art. 6 und 7 dieser Verordnung vorgesehenen Pflichten müssen Hersteller und Importeure, die einen Stoff als solchen oder in einer oder mehreren Zubereitungen in einer Menge von mindestens 1 Tonne pro Jahr herstellen oder einführen, diesen bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) anmelden und registrieren lassen. Zu diesem Zweck müssen sie nach den Art. 10 und 13 der REACH-Verordnung ein ausführliches technisches Dossier einreichen, das Informationen über den Stoff, einschließlich seiner Herstellung, seiner Verwendungen, seiner Einstufungen und inhärenten Eigenschaften, enthält, die gegebenenfalls durch geeignete Versuche oder durch die Ergebnisse einschlägiger Studien nachzuweisen sind.

 Sachverhalt

 Klägerinnen und betroffene Stoffe

30      Die eine Klägerin, Norilsk Nickel, ist eine Gesellschaft finnischen Rechts, die Nickel-Hydroxycarbonat und Zwischen- und Endprodukte auf Nickelbasis herstellt, wie z. B. Kathoden, Briquettes und Salze. Sie wird von der OJSC Mining and Metallurgical Company Norilsk Nickel, einer Gesellschaft russischen Rechts, kontrolliert, die einer der weltweit bedeutendsten Nickelhersteller ist. Die andere Klägerin, Umicore, ist eine Gesellschaft belgischen Rechts, die aus Nickel gewonnene Erzeugnisse, einschließlich Nickel-Hydroxycarbonat, aus Drittländern nach Belgien einführt.

31      Die angefochtenen Einstufungen betreffen eine Gruppe von vier Nickelcarbonatverbindungen, nämlich Nickel-Hydroxycarbonat, reines Nickelcarbonat und zwei weitere Verbindungen auf Nickelbasis (im Folgenden: Nickelcarbonate). Der vorwiegend vertriebene Stoff ist Nickel-Hydroxycarbonat, das auch unter der Bezeichnung „basisches Nickelcarbonat“ oder „saures Nickelcarbonat“ bekannt ist.

 Verfahren zur Bewertung der von Nickelcarbonaten ausgehenden Risiken

32      Im Jahr 2000 nahm die Kommission durch den Erlass ihrer Verordnung (EG) Nr. 2364/2000 vom 25. Oktober 2000 zur vierten Prioritätenliste gemäß der Verordnung Nr. 793/93 des Rates (ABl. L 273, S. 5) reines Nickelcarbonat in die vierte Liste prioritärer Stoffe auf. Als Berichterstatter für die Bewertung der von diesem Stoff ausgehenden Risiken wurde die dänische Umweltschutzagentur (Danish Environmental Protection Agency, im Folgenden: DEPA) benannt. Nach Erörterung wurde die Risikobewertung für reines Nickelcarbonat auf vier zur Gruppe der Nickelcarbonate gehörende Verbindungen ausgedehnt. Die Hauptproduzenten von Nickelcarbonaten in Europa waren damals OMG Harjavalta (im Folgenden: OMG), deren Geschäft im Nickelsektor inzwischen von einer der Klägerinnen, Norilsk Nickel, gekauft wurde, die Pharmacie centrale de France SA (im Folgenden: PCF) und schließlich die Königswarter & Ebell GmbH (im Folgenden: Königswarter). Außerdem führte die andere Klägerin, Umicore, Nickelcarbonate nach Belgien ein. OMG war damit beauftragt worden, hinsichtlich der Bewertung der Risiken der Nickelcarbonate nach den einschlägigen Vorschriften der Verordnung Nr. 793/93 auch im Namen der anderen Unternehmen mit der DEPA zu kommunizieren.

33      Am 20. November 2002 teilte OMG der DEPA mit, dass für Nickel-Hydroxycarbonat keine auf den Menschen bezogenen toxikologischen Daten vorlägen und dass sie beabsichtige, eine Ausnahme nach Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 793/93 zu beantragen (siehe oben, Randnr. 25).

34      Mit am 27. Mai 2003 bei der DEPA eingereichtem Schriftsatz beantragten OMG, PCF, Königswarter und Umicore nach Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 793/93, von der Pflicht zur Durchführung bestimmter Versuche und der Pflicht zur Übermittlung von Daten über die Toxizität von Nickel-Hydroxycarbonat für die menschliche Gesundheit und die Umwelt befreit zu werden (im Folgenden: Freistellungsantrag).

 Verfahren, das zu den angefochtenen Einstufungen geführt hat

35      Am 16. April 2004 legte die DEPA dem Europäischen Chemikalienbüro (im Folgenden: ECB), einer durch die ECHA ersetzten Dienststelle der Kommission mit Sitz in Ispra (Italien), und dem technischen Ausschuss für die Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (im Folgenden: TAEK) einen förmlichen Vorschlag zur Neueinstufung der Nickelcarbonate gemäß der Richtlinie 67/548 vor.

36      In einer Sitzung vom 20. und 21. April 2004 erörterte die Arbeitsgruppe von Fachleuten auf dem Gebiet der Karzinogenität, der Mutagenität und der Reproduktionstoxizität die vorgeschlagene Einstufung, soweit sie die Risiken der Karzinogenität und der Mutagenität betraf.

37      Der TAEK erörterte den Einstufungsvorschlag in seinen Sitzungen vom 12. bis zum 14. Mai 2004 und vom 21. bis zum 24. September 2004. In seiner Sitzung vom 21. bis zum 24. September 2004 wurde beschlossen, den Vorschlag zur Neueinstufung der Nickelcarbonate zu empfehlen und ihn in den Entwurf eines Vorschlags der Richtlinie zur 30. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt aufzunehmen, der der Kommission vorzulegen war.

38      Im November 2005 legte die DEPA den Vorschlag zur Neueinstufung der Nickelcarbonate gemäß der Richtlinie 67/548 zum einen in dem Entwurf eines Berichts über die Risikobewertung für Nickelcarbonate und zum anderen in dem Entwurf eines Berichts über die Risikobewertung für Nickel und Nickelverbindungen erneut vor, in dem es u. a. heißt, dass die Einstufung der Nickelcarbonate in die Kategorie 3 der mutagenen Stoffe (R-Satz 68) „durch den Freistellungsantrag gerechtfertigt“ sei.

39      Auf der Grundlage der Empfehlung des TAEK vom September 2004 sprach sich der Ausschuss im Sinne des Art. 29 der Richtlinie 67/548 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 des Beschlusses 1999/468 und Nr. 1 des Anhangs III der Verordnung Nr. 807/2003 (siehe oben, Randnr. 14) in seiner Sitzung vom 16. Februar 2007 für den Vorschlag der Richtlinie zur 30. Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt aus, in den der Vorschlag zur Neueinstufung der Nickelcarbonate aufgenommen worden war.

40      Im März 2007 wurde dieser Vorschlagsentwurf dem Ausschuss für technische Handelshemmnisse der Welthandelsorganisation (WTO) (im Folgenden: WTO-Ausschuss) notifiziert. Am 7. November 2007 antwortete die Kommission schriftlich auf die von Drittländern eingereichten Erklärungen. Nach einer Erörterung in der Sitzung des WTO-Ausschusses vom 9. November 2007 beschloss die Kommission, den Erlass der angefochtenen Richtlinie zu verschieben, damit ihr weitere schriftliche Erklärungen vorgelegt werden konnten und der Vorschlagsentwurf ein zweites Mal im WTO-Ausschuss geprüft werde. Am 12. März 2008 antwortete die Kommission schriftlich auf eine zweite Reihe von schriftlichen Erklärungen, und der Vorschlagsentwurf wurde in der Sitzung des WTO-Ausschusses vom 19. März 2008 erneut geprüft.

41      Am 21. August 2008 nahm die Kommission die angefochtene Richtlinie und insbesondere den Vorschlag zur Neueinstufung der Nickelcarbonate nach dem in den Art. 28 und 29 der Richtlinie 67/548 in Verbindung mit Art. 5 des Beschlusses 1999/468 und Nr. 1 des Anhangs III der Verordnung Nr. 807/2003 (siehe oben, Randnr. 14) vorgesehenen Verfahren an.

42      Die angegriffenen Einstufungen, wie in Anhang 1F der angefochtenen Richtlinie enthalten, stellen sich im Wesentlichen wie folgt dar:


„Index-Nr.

Chemischer Name

Einstufung

Kennzeichnung

028-010-00-0

Nickelcarbonat Basisches Nickelcarbonat Carbonsäure, Nickel(2+)-Salz … Carbonsäure, Nickelsalz …

[μ‑[Carbonato(2-)-O:O']]-dihydroxytrinickel … Carbonato(2-)-tetrahydroxytrinickel …

Carc. Cat. 1; R49

Muta. Cat. 3; R68

Repr. Cat. 2; R61

T; R48/23

Xn; R20/22

Xi; R38

R42/43

N; R50-53

T; N

R: 49-61-20/22-38-42/43-48/23-68-50/53

S: 53-45-60-61

…“


43      Am 10. August 2009 erließ die Kommission die angefochtene Verordnung, insbesondere auf der Grundlage des Art. 53 der Verordnung Nr. 1272/2008.

44      Mit der angefochtenen Verordnung wurden die angegriffenen Einstufungen mit Wirkung vom 25. September 2009 in Anhang VI der Verordnung Nr. 1272/2008 aufgenommen.

45      In den Erwägungsgründen 1 bis 3 der angefochtenen Verordnung heißt es:

„(1) Anhang VI Teil 3 der Verordnung … Nr. 1272/2008 enthält zwei Listen der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe. Tabelle 3.1 enthält die Liste der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe auf der Grundlage der Kriterien gemäß Anhang I Teile 2 bis 5 der Verordnung … Nr. 1272/2008. Tabelle 3.2 enthält die Liste der harmonisierten Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe auf der Grundlage der Kriterien gemäß Anhang VI der Richtlinie [67/548]. Diese beiden Listen müssen aktualisiert werden, um geänderte Einstufungen für Stoffe, die bereits Teil der harmonisierten Einstufung sind, sowie neue harmonisierte Einstufungen aufzunehmen. Darüber hinaus müssen die Eintragungen für bestimmte Stoffe gestrichen werden.

(2) Anhang VI der Verordnung … Nr. 1272/2008 muss geändert werden, um den kürzlich verabschiedeten Änderungen von Anhang I der Richtlinie [67/548] Rechnung zu tragen, die mit der [angefochtenen] Richtlinie … und der Richtlinie 2009/2/EG vom 15. Januar 2009 zur 31. Anpassung der Richtlinie [67/548] eingeführt worden sind. Diese Maßnahmen bilden Anpassungen an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt im Sinne von Artikel 53 der Verordnung … Nr. 1272/2008.

(3) In Erwägungsgrund (53) der Verordnung … Nr. 1272/2008 wird hervorgehoben, dass die Arbeit und die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Richtlinie [67/548] einschließlich der Einstufung und Kennzeichnung spezifischer in Anhang I der Richtlinie [67/548] aufgeführter Stoffe, in vollem Umfang berücksichtigt werden sollten.“

46      Art. 1 der angefochtenen Verordnung sieht u. a. vor:

„Anhang VI Teil 3 der Verordnung … Nr. 1272/2008 wird wie folgt geändert:

(1)      Tabelle 3.1 wird wie folgt geändert:

a)      die den Einträgen in Anhang I entsprechenden Einträge werden durch die Einträge in diesem Anhang ersetzt;

b)      die Einträge in Anhang II werden in der Reihenfolge der Einträge in der Tabelle 3.1 in diese eingefügt;

(2)      Tabelle 3.2 wird wie folgt geändert:

a)      die den Einträgen in Anhang IV entsprechenden Einträge werden durch die Einträge in diesem Anhang ersetzt;

b)      die Einträge in Anhang V werden in der Reihenfolge der Einträge in der Tabelle 3.2 in diese eingefügt;

…“

47      Art. 2 der angefochtenen Verordnung bestimmt:

„1.      Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

2.      Art. 1 gilt ab dem 1. Dezember 2010.

3.      Die mit der vorliegenden Verordnung geänderten harmonisierten Einstufungen gemäß Anhang VI der Verordnung EG (Nr.) 1272/2008 können vor dem 1. Dezember 2010 angewandt werden.“

48      Die angegriffenen Einstufungen, wie in den Anhängen I und IV der angefochtenen Verordnung enthalten, stellen sich im Wesentlichen wie folgt dar:

„Anhang I

Index-Nr.

Internationale chemische Bezeichnung

Einstufung

Kennzeichnung

  

Gefahrenklasse, Gefahrenkategorie und Gefahrenkodierung

Kodierung der Gefahren-hinweise

Piktogramm, Kodierung der Signalworte

Kodierung der Gefahrenhinweise

028-010-00-0

nickel carbonate;

basic nickel carbonate;

carbonic acid, nickel (2+) salt; …

carbonic acid, nickel salt; …

[μ-[carbonato(2-)-O:O’]] dihydroxy trinickel; …

[carbonato(2-)] tetrahydroxytrinickel …

Carc. 1A

Muta. 2

Repr. 1B STOT RE 1 Acute Tox. 4 * Acute Tox. 4 * Skin Irrit. 2

Resp. Sens. 1 Skin Sens. 1 Aquatic Acute 1 Aquatic Chronic 1

H350i H341 H360D*** H372** H332 H302 H315 H334 H317 H400 H410

GHS08 GHS07 GHS09 Dgr

H350i

H341 H360D*** H372**

H332

H302

H315

H334

H317

H410

…“


„Anhang IV

Index-Nr.

Internationale chemische Bezeichnung

Einstufung

Kennzeichnung

028-010-00-0

nickel carbonate;

basic nickel carbonate;

carbonic acid, nickel (2+) salt; …

carbonic acid, nickel salt; …

[μ-[carbonato(2-)-O:O’]] dihydroxy trinickel; …

[carbonato(2-)] tetrahydroxytrinickel …

Carc. Cat. 1; R49

Muta. Cat. 3; R68

Repr. Cat. 2; R61

T; R48/23

Xn; R20/22

Xi; R38

R42/43

N; R50-53

T; N

R: 49-61-20/22-38- 42/43-48/23-68-50/53

S: 53-45-60-61

…“


 Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

49      Die Klägerinnen haben mit Klageschrift, die am 5. Dezember 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

50      Mit am 18. Dezember 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat das Nickel Institute, ein die Interessen von 24 Nickelherstellern europa- und weltweit vertretender Verband, beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 1. April 2009 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts diesen Streitbeitritt zugelassen.

51      Mit am 13. März 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem besonderem Schriftsatz hat die Kommission eine Einrede der Unzulässigkeit nach Art. 114 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben und einen Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache nach Art. 113 dieser Verfahrensordnung gestellt. Die Klägerinnen haben am 29. April 2009 ihre Stellungnahme zu dieser Einrede und zu diesem Antrag eingereicht. Das Nickel Institute hat am 13. Mai 2009 einen auf die Frage der Zulässigkeit beschränkten Streithilfeschriftsatz eingereicht.

52      Mit am 6. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat das Königreich Dänemark beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 17. Juni 2009 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts diesen Streitbeitritt zugelassen.

53      Die Klägerinnen, unterstützt durch das Nickel Institute, beantragen in ihrer Klageschrift und ihren Erklärungen zur Unzulässigkeitseinrede,

–        die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen und die Klage für zulässig zu erklären;

–        den den angegriffenen Einstufungen entsprechenden Eintrag in der Tabelle des Anhangs 1F der angefochtenen Richtlinie (Index-Nr. 028-010-00-0) für nichtig zu erklären;

–        die „Entscheidung“ der Kommission, die angegriffenen Einstufungen auf den Freistellungsantrag zu stützen, für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

54      In ihrer Unzulässigkeitseinrede beantragt die Kommission,

–        die Klage mit der Begründung abzuweisen, dass sie gegenstandslos geworden ist,

–        hilfsweise, die Klage als offensichtlich unzulässig abzuweisen,

–        den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

55      Mit am 3. November 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem besonderem Schriftsatz haben die Klägerinnen in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts beantragt, ihre Anträge und Nichtigkeitsgründe dahin anpassen zu dürfen, dass auch die angegriffenen Einstufungen, wie sie in der angefochtenen Verordnung enthalten sind, erfasst sind.

56      In ihrem Antrag auf Anpassung ihrer Anträge und Nichtigkeitsgründe beantragen die Klägerinnen, unterstützt durch das Nickel Institute,

–        ihrem Antrag auf Anpassung ihrer Anträge und Nichtigkeitsgründe dahin, dass auch die den angegriffenen Einstufungen (Index-Nr. 028-010-00-0) entsprechenden Tabelleneinträge der Anhänge I und IV der angefochtenen Verordnung erfasst sind, stattzugeben;

–        die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

57      Mit am 9. November 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Kommission mitgeteilt, dass sie keine Einwände gegen die Anpassung der Anträge und Nichtigkeitsgründe habe, dass dies aber voraussetze, dass der Anpassungsantrag vor Ablauf der gegen die angefochtene Verordnung eröffneten Klagefrist gestellt worden sei.

58      Mit Schreiben vom 19. November 2009 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts den Klägerinnen mitgeteilt, dass er beschlossen habe, die Anpassung ihrer Anträge und Nichtigkeitsgründe zuzulassen.

59      Mit am 21. Dezember 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz haben die Klägerinnen, unterstützt durch das Nickel Institute, in Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts geltend gemacht, dass die Klage jedenfalls wegen des Inkrafttretens des Art. 263 Abs. 4 AEUV am 1. Dezember 2009 zulässig sei. Mit am selben Tag eingereichtem Schriftsatz ist die Kommission dieser Auffassung entgegengetreten.

60      Das Gericht hat am 14. Januar 2010 nach Art. 14 seiner Verfahrensordnung auf Vorschlag seines Präsidenten nach Anhörung der Parteien gemäß Art. 51 der Verfahrensordnung entschieden, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper (Große Kammer) zur Entscheidung über die Einrede der Unzulässigkeit zu verweisen.

 Rechtliche Würdigung

61      Nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht auf Antrag einer Partei vorab über die Einrede der Unzulässigkeit entscheiden. Nach Art. 114 § 3 der Verfahrensordnung wird über den Antrag mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt.

62      Im vorliegenden Fall hält das Gericht die in den Akten enthaltenen Angaben für ausreichend und beschließt, ohne Eröffnung der mündlichen Verhandlung vorab zu entscheiden.

 Zur Anwendbarkeit des Art. 263 Abs. 4 AEUV

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

63      Die Kommission trägt vor, dass Art. 263 Abs. 4 letzter Satzteil AEUV hier nicht anwendbar sei.

64      Nach ständiger Rechtsprechung sei für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Klage auf die Situation zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift abzustellen. Außerdem hätte die Anwendung des Art. 263 Abs. 4 AEUV auf vor dem 1. Dezember 2009 erhobene Klagen willkürliche Auswirkungen, je nachdem, ob das Gericht vor oder nach diesem Zeitpunkt entscheide.

65      Die Kommission schließt daraus, dass Art. 263 Abs. 4 AEUV nur für nach dem 30. November 2009 erhobene Klagen gelte. Da die ursprüngliche Klage hier am 5. Dezember 2008 erhoben und der Antrag auf Anpassung der Anträge und der Nichtigkeitsgründe vor dem 1. Dezember 2009 gestellt worden sei, sei Art. 263 AEUV im vorliegenden Verfahren nicht einschlägig.

66      Die Klägerinnen, durch das Nickel Institute unterstützt, machen geltend, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 263 Abs. 4 AEUV für alle Rechtsstreitigkeiten gälten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 beim Gericht anhängig gewesen seien.

 Würdigung durch das Gericht

67      Einleitend ist festzustellen, dass die Frist für eine Klage gegen die angefochtene Verordnung nach Art. 230 Abs. 5 EG am 30. November 2009, d. h. unter der Geltung des EG‑Vertrags, abgelaufen ist und die Klägerinnen ihren Antrag auf Anpassung der Anträge und der Nichtigkeitsgründe vor diesem Zeitpunkt gestellt haben. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art. 263 AEUV am 1. Dezember 2009 wäre ein etwaiger Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung jedenfalls wegen Nichteinhaltung der Klagefrist nach Art. 263 Abs. 6 AEUV, dessen Wortlaut Art. 230 Abs. 5 EG entspricht, unzulässig. Diese Erwägungen gelten erst recht für die am 5. Dezember 2008 eingereichten Anträge auf Nichtigerklärung der angefochtenen Richtlinie und der „Entscheidung“, die angegriffenen Einstufungen auf den Freistellungsantrag zu stützen.

68      Die Verfahrensbeteiligten vertreten zur Frage, ob Art. 263 Abs. 4 AEUV, insbesondere sein letzter Satzteil, zeitlich auf den vorliegenden Fall anwendbar ist, unterschiedliche Auffassungen. Im Einzelnen tragen die Klägerinnen, unterstützt durch das Nickel Institute, vor, dass die geänderten Zulässigkeitsvoraussetzungen, die dort für Rechtsakte mit Regelungscharakter vorgesehen seien, unmittelbar anwendbar seien, so dass ihr Antrag auf Teilnichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte zulässig sei, ohne dass sie nachzuweisen hätten, dass sie von den angegriffenen Einstufungen individuell betroffen seien. Die Kommission ist dagegen der Ansicht, dass diese Vorschrift auf das vorliegende Verfahren keine Anwendung finde, da bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Klagen auf die zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift geltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen abzustellen sei.

69      Insoweit ist festzustellen, dass der AEU-Vertrag keine besondere Übergangsbestimmung enthält, die die Frage regelt, ob Art. 263 Abs. 4 AEUV auf am 1. Dezember 2009 anhängige Gerichtsverfahren anwendbar ist.

70      Was insbesondere die Frage der zeitlichen Anwendbarkeit von Vorschriften betrifft, die die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Nichtigkeitsklage regeln, die ein Einzelner bei einem Unionsgericht erhebt, so ist der ständigen Rechtsprechung zum einen zu entnehmen, dass sich die Frage der Zulässigkeit einer Klage gemäß dem Grundsatz tempus regit actum (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1971, Henck, 12/71, Slg. 1971, 743, Randnr. 5) nach den zum Zeitpunkt der Klageerhebung geltenden Vorschriften bestimmt (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 1973, Campogrande/Kommission, 60/72, Slg. 1973, 489, Randnr. 4; vgl. in diesem Sinne entsprechend auch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 22. Februar 2008, Kozlowski, C‑66/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 7), und zum anderen, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, d. h. der Einreichung der Klageschrift, abzustellen ist (Urteil des Gerichtshofs vom 18. April 2002, Spanien/Rat, C‑61/96, C‑132/97, C‑45/98, C‑27/99, C‑81/00 und C‑22/01, Slg. 2002, I‑3439, Randnr. 23; Urteile des Gerichts vom 21. März 2002, Shaw und Falla/Kommission, T‑131/99, Slg. 2002, II‑2023, Randnr. 29, und vom 9. Juli 2008, Alitalia/Kommission, T‑301/01, Slg. 2008, II‑1753, Randnr. 37), wobei ein etwaiger Mangel nur vor Ablauf der Klagefrist behoben werden kann (Urteil des Gerichtshofs vom 27. November 1984, Bensider u. a./Kommission, 50/84, Slg. 1984, 3991, Randnr. 8).

71      Die gegenteilige Lösung würde im Übrigen zu einer Gefahr der Willkür in der Rechtspflege führen, da die Zulässigkeit der Klage dann vom – überdies zufallsbedingten – Zeitpunkt der Verkündung der Endentscheidung des Gerichts abhinge (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 12. November 1981, Salumi u. a., 212/80 bis 217/80, Slg. 1981, 2735, Randnr. 14).

72      Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage zum Zeitpunkt ihrer Erhebung, d. h. der Einreichung sowohl der Klageschrift als auch des Antrags auf Anpassung der Anträge und der Nichtigkeitsgründe, in Art. 230 EG geregelt. Daher ist die Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Klage in Anbetracht der in Randnr. 70 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung auf der Grundlage dieser Vorschrift zu behandeln. Darüber hinaus könnte, selbst wenn Art. 263 Abs. 4 AEUV, insbesondere sein letzter Satzteil, den Klägerinnen hier die ihnen nach Art. 230 Abs. 4 EG fehlende Klagebefugnis hätte verleihen können, diese bei der Beurteilung der Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht berücksichtigt werden, weil die Klagefrist sowohl nach Art. 230 Abs. 5 EG als auch nach Art. 263 Abs. 6 AEUV am 1. Dezember 2009, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art. 263 AEUV, bereits abgelaufen war.

73      Diese Beurteilung wird nicht durch die Auffassung entkräftet, dass Art. 263 AEUV zu den Verfahrensvorschriften gehöre, bei denen die Rechtsprechung anerkannt habe, dass sie im Unterschied zu den materiell-rechtlichen Vorschriften im Allgemeinen auf alle bei ihrem Inkrafttreten anhängigen Rechtsstreitigkeiten anwendbar seien (Urteile des Gerichtshofs Salumi u. a., oben in Randnr. 71 angeführt, Randnr. 9, vom 9. März 2006, Beemsterboer Coldstore Services, C‑293/04, Slg. 2006, I‑2263, Randnr. 19, und vom 28. Juni 2007, Dell’Orto, C‑467/05, Slg. 2007, I‑5557, Randnr. 48). Selbst wenn man nämlich davon ausginge, dass die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit den Bereich der Verfahrensvorschriften betrifft (vgl. in diesem Sinne Urteil Dell’Orto, Randnr. 49), gilt, wie sich der in den Randnrn. 70 und 71 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung entnehmen lässt, bei der Bestimmung der anwendbaren Vorschriften, anhand deren die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage gegen einen Rechtsakt der Union zu beurteilen ist, der Grundsatz tempus regit actum.

74      Daraus folgt, dass Art. 263 Abs. 4 AEUV auf die vorliegende Klage nicht anwendbar ist.

75      Folglich ist die Zulässigkeit der vorliegenden Klage anhand des Art. 230 Abs. 4 EG zu beurteilen.

 Zur Zulässigkeit der vorliegenden Klage

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

76      Zur Stützung der Einrede der Unzulässigkeit und des Antrags auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache nach den Art. 113 und 114 der Verfahrensordnung trägt die Kommission vor, dass Anhang I der Richtlinie 67/548, einschließlich der angegriffenen Einstufungen, wie sie mit der angefochtene Richtlinie eingeführt worden seien, am 20. Januar 2009 durch Art. 55 Abs. 11 der Verordnung Nr. 1272/2008 aufgehoben worden sei, was ohne Weiteres dazu führe, dass die angefochtene Richtlinie, mit der dieser Anhang geändert worden sei, zum gleichen Zeitpunkt aufgehoben worden sei und keine Rechtswirkung mehr entfalte. Damit sei der Antrag auf Teilnichtigerklärung der angefochtenen Richtlinie im Sinne des Art. 113 der Verfahrensordnung gegenstandlos geworden.

77      Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, beträfen die angegriffenen Einstufungen die Klägerinnen weder unmittelbar noch individuell im Sinne des Art. 230 Abs. 4 EG.

78      Schließlich sei der Antrag auf Nichtigerklärung ihrer „Entscheidung“, die angegriffenen Einstufungen auf den Freistellungsantrag zu stützen, offensichtlich unzulässig, da eine solche „Entscheidung“ nicht existiere. Selbst wenn sie aber existierte, wäre sie Bestandteil der angefochtenen Richtlinie und des Verfahrens, das zu deren Erlass geführt habe und in dessen Rahmen sie ihre eigene Risikobewertung vorgenommen habe.

79      Die Klägerinnen, unterstützt durch das Nickel Institute, halten sich von den in den angefochtenen Rechtsakten enthaltenen angegriffenen Einstufungen für im Sinne des Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar und individuell betroffen.

80      Zum Kriterium der individuellen Betroffenheit tragen die Klägerinnen vor, dass sie von den angegriffenen Einstufungen trotz ihrer allgemeinen Geltung aufgrund tatsächlicher Umstände, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushöben, individuell betroffen seien.

81      Erstens seien sie, wie die beiden anderen Unternehmen, die den Freistellungsantrag unterzeichnet hätten, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Rechtsakte eindeutig identifizierbar gewesen und hätten einen beschränkten Kreis von Wirtschaftsteilnehmern im Sinne der Rechtsprechung gebildet. Dies sei darauf zurückzuführen, dass sie sich an der Bewertung der Risiken der Nickelcarbonate beteiligt hätten, auf die die angegriffenen Einstufungen gestützt worden seien. Im Einzelnen ergebe sich diese Individualisierung aus der Vereinbarung der vier unterzeichnenden Unternehmen hinsichtlich des Freistellungsantrags, den die Kommission insoweit verwendet habe.

82      Zweitens verfügten sie als Hersteller und Importeure der betreffenden Stoffe im Rahmen des Risikobewertungsverfahrens über besondere Verfahrensgarantien, nämlich die in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 793/93 vorgesehenen. Nach Art. 9 Abs. 1 und Art. 12 dieser Verordnung seien sie verpflichtet gewesen, an diesem Verfahren mitzuwirken, weil sie zuvor erklärt hätten, Nickelcarbonate hergestellt und eingeführt zu haben. Es sei anerkannt, dass eine Person von einem Rechtsakt individuell betroffen sei, wenn sie an dem Verfahren, das zu seinem Erlass geführt habe, beteiligt gewesen sei und wenn die anwendbare Regelung ihr bestimmte Verfahrensgarantien gewähre. Nach diesen Verfahrensgarantien hätten sie ein Recht darauf gehabt, dass der Berichterstatter sie anhöre, bevor er entscheide, ob für die Bewertung der Risiken der Nickelcarbonate Informationen oder Versuche erforderlich seien.

83      Diese Verfahrensgarantien gälten nicht nur für das Risikobewertungsverfahren, sondern faktisch auch für das Verfahren, das zum Erlass der angefochtenen Richtlinie geführt habe, weil die angegriffenen Einstufungen auf dieser Risikobewertung und insbesondere auf dem Freistellungsantrag beruhten. Nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 793/93 (siehe oben, Randnr. 26) sei die Kommission verpflichtet, den Berichterstatter vor jeder Entscheidung über Maßnahmen zum Management der identifizierten Risiken, wozu auch ein Vorschlag zur Änderung der Einstufung gehören könne, anzuhören. Der Berichterstatter seinerseits müsse nach Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer anhören. Demnach seien die Verfahrensgarantien der Klägerinnen im Rahmen des Risikobewertungsverfahrens integraler Bestandteil des Prozesses der Entscheidungsfindung, der zu einer Einstufungsentscheidung wie derjenigen, die der angefochtenen Richtlinie zugrunde liege, geführt habe, wodurch sie im Hinblick auf die angefochtenen Rechtsakte individualisiert würden. Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass sie sich nicht auf besondere Verfahrensgarantien aus der Richtlinie 67/548 beriefen, so dass die Bezugnahme der Kommission auf den Beschluss des Gerichts vom 14. Dezember 2005, Arizona Chemical u. a./Kommission (T‑369/03, Slg. 2005, II‑5839, Randnr. 76), irrelevant sei. Außerdem befänden sie sich in einer ganz anderen Lage als die Klägerinnen in der Rechtssache, in der dieser Beschluss ergangen sei, weil sie auf der Grundlage des Art. 10 Abs. 1 und des Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 793/93 eng in das Risikobewertungsverfahren einbezogen gewesen seien.

84      Drittens seien die Klägerinnen von den angegriffenen Einstufungen insoweit individuell betroffen, als die Kommission mit deren Annahme ihre Verfahrensrechte verletzt habe, die garantieren sollten, dass die von ihnen vorgelegten Informationen nicht zu anderen Zwecken verwendet würden als denen, zu denen sie vorgelegt worden seien. Der Freistellungsantrag sei im besonderen Rahmen der Bewertung der Risiken der Nickelcarbonate nach der Verordnung Nr. 793/93 und nicht für ihre Einstufung als gefährliche Stoffe erstellt worden. Insbesondere hätten die Klägerinnen in diesem Antrag nicht anerkannt, dass wissenschaftliche Gründe für die Anwendung der ungünstigsten Fallgestaltung („worst case scenario“) auf Nickelsulfate bestünden. Die Kommission hätte die Klägerinnen konsultieren oder zumindest anhören müssen, bevor sie den Freistellungsantrag zu anderen Zwecken als denen, zu denen er erstellt worden sei, verwendete.

85      Viertens berührten die angefochtenen Rechtsakte die Stellung von Norilsk Nickel in ihrer Eigenschaft als Vertreterin der Nickelcarbonatindustrie bei den Diskussionen mit dem Berichterstatter, der DEPA, und mit der Kommission. OMG, die Vorgängerin von Norilsk Nickel, sei als wichtigster Hersteller als das Unternehmen benannt worden, das die Nickelcarbonatindustrie bei den Verhandlungen insbesondere mit der DEPA und dem ECB im Rahmen der Risikobewertung nach der Verordnung Nr. 793/93 vertreten solle, indem es schriftliche Erklärungen, einschließlich des Freistellungsantrags, einreichen und engen Kontakt mit diesen Stellen halten solle. Daraus folge, dass Norilsk Nickel von den angefochtenen Rechtsakten, auch in ihrer Eigenschaft als Vertreterin der Nickelcarbonatindustrie sowie als Gesprächspartnerin der DEPA und der Kommission, individuell betroffen sei. Die Klägerinnen, unterstützt durch das Nickel Institute, bestreiten auch das Vorbringen der Kommission, Norilsk Nickel könne sich nicht auf die Urteile des Gerichtshofs vom 2. Februar 1988, Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission (67/85, 68/85 und 70/85, Slg. 1988, 219, Randnrn. 20 bis 24), und vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission (C‑313/90, Slg. 1993, I‑1125, Randnrn. 29 und 30), berufen, weil sie kein Berufsverband sei. In diesen Urteilen werde nämlich auf die Rolle des beteiligten Verbands als Verhandlungspartner und nicht auf seine Rechtsform abgestellt. In diesem Zusammenhang trägt das Nickel Institute ergänzend vor, dass es die Industrie im Rahmen der Bewertung der Risiken der Nickelcarbonate nicht habe vertreten können, da die Verordnung Nr. 793/93 verlange, dass die Hersteller und Importeure der betreffenden Stoffe mitwirkten.

86      Fünftens seien die Klägerinnen von den angegriffenen Einstufungen individuell betroffen, weil sie in das Verfahren zur Bewertung der mit den Nickelcarbonaten verbundenen Risiken, das direkt – im Rahmen der genannten Rechtsakte – zu den angegriffenen Einstufungen geführt habe, eng eingebunden gewesen seien. Insoweit seien diese Einstufungen vergleichbar mit Durchführungsmaßnahmen im Bereich des Wettbewerbs, des Dumpings oder staatlicher Beihilfen, die von einem Wirtschaftsteilnehmer angefochten werden könnten, der an dem Verfahren, das zu ihrem Erlass geführt habe, aktiv beteiligt gewesen sei. Wie bei diesen Maßnahmen hänge die Einstufung eines Stoffes nach der Richtlinie 67/548 nicht von einer ausschließlich politischen Entscheidung ab, bei deren Erlass die Organe über ein weites Ermessen verfügten, sondern sei zu einem großen Teil auf der Grundlage definierter und objektiver Erwägungen, insbesondere anhand der in Anhang VI dieser Richtlinie vorgesehenen Kriterien und umfassenden wissenschaftlichen Daten, festzulegen. Außerdem befänden sich die Klägerinnen im vorliegenden Fall in einer der Situation eines Herstellers, der an einer Untersuchung mitgewirkt habe, die zum Erlass einer Antidumpingverordnung geführt habe, entsprechenden Lage, weil sie aktiv am Verfahren mitgewirkt hätten, das zu den insbesondere auf den Freistellungsantrag gestützten angegriffenen Einstufungen geführt habe.

87      Schließlich tragen die Klägerinnen vor, dass die in den Randnrn. 80 bis 86 des vorliegenden Beschlusses angeführten Erwägungen entsprechend für die angegriffenen Einstufungen, wie sie in die angefochtene Verordnung aufgenommen worden seien, gälten, weil sie das Ergebnis einer „automatischen Übertragung“ seien und mit den in der angefochtenen Richtlinie enthaltenen identisch seien.

88      Zum Antrag auf Nichtigerklärung der „Entscheidung“, die angegriffenen Einstufungen auf den Freistellungsantrag zu stützen, tragen die Klägerinnen, unterstützt durch das Nickel Institute, vor, dass es der Inhalt des Rechtsakts und nicht dessen Form sei, anhand dessen sich bestimmen lasse, ob er Rechtswirkungen entfalte, die Gegenstand einer Klage sein könnten. Es sei jedoch offensichtlich, dass die Kommission zu einem bestimmten Zeitpunkt beschlossen habe, die Nickelcarbonate allein auf der Grundlage des Freistellungsantrags einzustufen. Zur Stützung der angegriffenen Einstufungen habe die Kommission nämlich keine Daten oder Beweise für ihre eigene Bewertung der mit den intrinsischen Eigenschaften der Nickelcarbonaten verbundenen Risiken vorgelegt, da das insoweit allein maßgebliche Element, nämlich die Studie über die akute orale Toxizität, bereits für die vorherige Einstufung reinen Nickelcarbonats verwendet worden sei.

89      Darüber hinaus habe die Kommission dadurch, dass sie den Freistellungsantrag zu diesem Zweck verwendet habe, den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt. Die Klägerinnen hätten nämlich darauf vertrauen dürfen, dass die Auskünfte, die sie nach der Verordnung Nr. 793/93 erteilt hätten, nicht für ungünstigere Einstufungen nach der Richtlinie 67/548 verwendet würden und dass die Kommission zur Einstufung der Nickelcarbonate ihre eigene wissenschaftliche Bewertung der Gefahren der intrinsischen Eigenschaften dieser Stoffe nach Art. 4 und Anhang VI dieser Richtlinie vornehme.

90      Schließlich sei die angegriffene „Entscheidung“ nicht nur Bestandteil der angefochtenen Richtlinie, sondern entfalte autonome Rechtswirkungen. Daher sei es möglich, dass Dritte, wie die Verwender der Nickelcarbonate, versuchten, die Klägerinnen für die negativen Auswirkungen des Freistellungsantrags, einschließlich derjenigen auf spätere Einstufungen anderer, schwer löslicher Nickelverbindungen, verantwortlich zu machen.

91      In diesem Zusammenhang erläutert das Nickel Institute, dass der Freistellungsantrag schwerwiegende Folgen für die Unternehmen des Verbands gehabt habe und weiter habe, da seine Verwendung viele andere von diesen hergestellte, eingeführte und verwendete Nickelstoffe betreffe. So seien mit der Richtlinie 2009/2/EG der Kommission vom 15. Januar 2009 zur 31. Anpassung der Richtlinie 67/548 (ABl. L 11, S. 6) insbesondere aufgrund dieses Antrags und der angegriffenen Einstufungen Nickelhydroxycarbonat, Nickeldihydroxid und 16 weitere schlecht lösliche Nickelverbindungen als „nachgewiesenermaßen beim Menschen karzinogene“ Stoffe eingestuft worden, ohne dass es eine unabhängige Bewertung ihrer intrinsischen Eigenschaften oder ihrer Fähigkeit, Krebs oder andere gesundheitlich relevante Auswirkungen hervorzurufen, gegeben hätte.

92      Schließlich bestreiten die Klägerinnen, unterstützt durch das Nickel Institute, dass ihre Klage wegen der Aufhebung des Anhangs I der Richtlinie 67/548 durch Art. 55 Abs. 11 der Verordnung Nr. 1272/2008 gegenstandslos geworden sei.

 Würdigung durch das Gericht

–       Zur Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung der „Entscheidung“, die angegriffenen Einstufungen auf den Freistellungsantrag zu stützen

93      Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie gegen die „Entscheidung“, die angegriffenen Einstufungen auf den Freistellungsantrag zu stützen, gerichtet ist, ist lediglich festzustellen, dass, wie die Kommission geltend macht, eine solche Entscheidung, selbst wenn sie existieren sollte, im Rahmen des Verfahrens zur Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt, das zu diesen Einstufungen geführt hat, nur ein Zwischenschritt oder eine vorbereitende Handlung ist. Eine solche Handlung kann jedoch nicht als solche Gegenstand einer Nichtigkeitsklage im Sinne des Art. 230 EG sein, da sie keine verbindlichen Rechtswirkungen erzeugt, die die Interessen der Klägerinnen durch eine qualifizierte Änderung ihrer Rechtsstellung beeinträchtigen können (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofs vom 17. März 2009, Ayyanarsamy/Kommission und Deutschland, C‑251/08 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung; Beschluss vom 14. Dezember 2005, Arizona Chemical u. a./Kommission, oben in Randnr. 83 angeführt, Randnrn. 55 ff.).

94      Einer solchen vorbereitenden Handlung etwa anhaftende rechtliche Mängel müssen nämlich mit einer Klage gegen die endgültige Handlung, deren Vorbereitung sie dienen, geltend gemacht werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 1981, IBM/Kommission, 60/81, Slg. 1981, 2639, Randnr. 12). Die Rechtswidrigkeit dieser „Entscheidung“ kann daher nur inzidenter mit einer Klage gegen die das Verfahren abschließenden Handlungen in Frage gestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juni 2009, Krcova/Gerichtshof, T‑498/07 P, Slg. ÖD 2009, I‑B‑1‑0000 und II‑B‑1‑0000, Randnrn. 55 und 56), d. h. hier gegen die angefochtenen Rechtsakte.

95      Es ist daher zu prüfen, ob die Klägerinnen von den in den angefochtenen Rechtsakten enthaltenen angegriffenen Einstufungen im Sinne des Art. 230 Abs. 4 EG individuell betroffen sind.

–       Zur Zulässigkeit des Antrags auf Teilnichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte

96      Die angefochtenen Rechtsakte, einschließlich der angegriffenen Einstufungen, haben allgemeine Geltung, da sie für objektiv bestimmte Sachverhalte gelten und Rechtswirkungen gegenüber einer Kategorie von allgemein und abstrakt umschriebenen Personen erzeugen, d. h. gegenüber allen natürlichen und juristischen Personen, die die betreffenden Stoffe herstellen und/oder vertreiben. Dass eine Handlung ihrer Natur und ihrer Tragweite nach insoweit allgemeiner Art ist, als sie für sämtliche betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gilt, schließt es jedoch nicht aus, dass sie einige von ihnen individuell betreffen kann (Urteil des Gerichtshofs vom 23. April 2009, Sahlstedt u. a./Kommission, C‑362/06 P, Slg. 2009, I‑2903, Randnr. 29; Beschlüsse des Gerichts vom 10. September 2002, Japan Tobacco und JT International/Parlament und Rat, T‑223/01, Slg. 2002, II‑3259, Randnr. 29, und vom 30. April 2003, Villiger Söhne/Rat, T‑154/02, Slg. 2003, II‑1921, Randnr. 40; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 1994, Codorníu/Rat, C‑309/89, Slg. 1994, I‑1853, Randnr. 19).

97      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Person, die nicht der Adressat einer Maßnahme ist, nur dann geltend machen kann, individuell im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG betroffen zu sein, wenn sie von dieser Maßnahme wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wird wie ein Adressat (Urteile des Gerichtshofs vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg. 1963, 213, 238, und Beschluss des Gerichtshofs vom 26. November 2009, Região autónoma dos Açores/Rat, C‑444/08 P, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 36).

98      Berührt eine Entscheidung eine Gruppe von Personen, deren Identität zum Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme anhand von den Mitgliedern der Gruppe eigenen Merkmalen feststand oder feststellbar war, können diese Personen von dieser Maßnahme insoweit individuell betroffen sein, als sie zu einem beschränkten Kreis von Wirtschaftsteilnehmern gehören (Urteile des Gerichtshofs vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C‑182/03 und C‑217/03, Slg. 2006, I‑5479, Randnr. 60, vom 13. März 2008, Kommission/Infront WM, C‑125/06 P, Slg. 2008, I‑1451, Randnr. 71, und Sahlstedt u. a./Kommission, oben in Randnr. 96 angeführt, Randnr. 30).

99      Jedoch bedeutet der Umstand, dass die Rechtssubjekte, für die eine Maßnahme gilt, nach Zahl oder sogar Identität mehr oder weniger genau bestimmbar sind, keineswegs, dass sie als von der Maßnahme individuell betroffen anzusehen sind, sofern feststeht, dass die Maßnahme aufgrund eines durch sie bestimmten objektiven Tatbestands rechtlicher oder tatsächlicher Art anwendbar ist (Urteil Sahlstedt u. a./Kommission, oben in Randnr. 96 angeführt, Randnr. 31, Beschluss des Gerichtshofs vom 8. April 2008, Saint-Gobain Glass Deutschland/Kommission, C‑503/07 P, Slg. 2008, I‑2217, Randnr. 70).

100    Die Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte ist anhand dieser Grundsätze zu prüfen.

101    Für ihre Auffassung, dass sie von den angegriffenen Einstufungen individuell betroffen seien, tragen die Klägerinnen im Wesentlichen vor, dass sie mit den beiden anderen Unternehmen, die Nickelcarbonate vertrieben, einen beschränkten Kreis von Wirtschaftsteilnehmern bildeten, der im Risikobewertungsverfahren nach der Verordnung Nr. 793/93 auf der Grundlage einer Vereinbarung den Freistellungsantrag gestellt habe, dessen Inhalt die Kommission rechtswidrig für die angegriffenen Einstufungen verwendet habe. Zweitens verfügten die Klägerinnen über besondere Verfahrensgarantien nach dieser Verordnung, die faktisch auch für das Verfahren gälten, das zum Erlass der angefochtenen Richtlinie geführt habe. Drittens habe die Kommission Verfahrensrechte der Klägerinnen, insbesondere ihren Anspruch auf rechtliches Gehör, verletzt, indem sie es unterlassen habe, sie anzuhören, bevor sie den Freistellungsantrag zu anderen Zwecken als denen, zu denen er erstellt worden sei, verwendet habe. Viertens sei Norilsk Nickel in ihrer Eigenschaft als Vertreterin der Nickelcarbonatindustrie bei den Verhandlungen mit der DEPA und dem ECB über die Bewertung der Risiken dieser Stoffe nach der Verordnung Nr. 793/93 individualisiert. Fünftens seien die Klägerinnen von den angegriffenen Einstufungen individuell betroffen, weil sie in dieses Risikobewertungsverfahren, das direkt zu den angegriffenen Einstufungen geführt habe, eng eingebunden gewesen seien.

102    Erstens ist zu prüfen, ob die Klägerinnen im Rahmen des Verfahrens, das zu den angegriffenen Einstufungen geführt hat, über ausdrücklich garantierte Verfahrensrechte verfügten, die sie wie Adressaten individualisieren konnten, weil diese Frage den Kern ihres Vorbringens bildet.

103    In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass eine Person im Verfahren zum Erlass einer Unionshandlung tätig wird, nur dann geeignet ist, diese Person hinsichtlich der fraglichen Handlung zu individualisieren, wenn für sie in der Unionsregelung Verfahrensgarantien vorgesehen sind. Wenn eine Vorschrift des Unionsrechts für den Erlass einer Entscheidung die Anwendung eines Verfahrens vorschreibt, in dessen Rahmen eine natürliche oder juristische Person möglicherweise Rechte wie das Anhörungsrecht geltend machen kann, hat die besondere Rechtsstellung, die dieser Person zusteht, somit deren Individualisierung im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG zur Folge (vgl. Beschluss des Gerichtshofs vom 17. Februar 2009, Galileo Lebensmittel/Kommission, C‑483/07 P, Slg. 2009, I‑959, Randnr. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

104    Sodann ist festzustellen, dass eine solche Individualisierung allerdings nur insoweit anerkannt wird, als die geltend gemachten Verfahrensgarantien diejenigen sind, die in der geltenden Regelung vorgesehen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 1. April 2004, Kommission/Jégo-Quéré, C‑263/02 P, Slg. 2004, I‑3425, Randnr. 47, Beschlüsse des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2006, Polyelectrolyte Producers Group/Kommission und Rat, C‑368/05 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 58, und Galileo Lebensmittel/Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnrn. 46 und 54; Urteile des Gerichts vom 11. September 2002, Pfizer Animal Health/Rat, T‑13/99, Slg. 2002, II‑3305, Randnr. 101, und Alpharma/Rat, T‑70/99, Slg. 2002, II‑3495, Randnr. 93). Es ergibt sich somit aus der Rechtsprechung, dass die aktive Beteiligung des Klägers an einem Verfahren, insbesondere wenn es dem Erlass von Maßnahmen mit allgemeiner Geltung dient, ihn nur insoweit individualisieren kann, als diese Beteiligung auf solchen Verfahrensgarantien beruht (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Gerichts vom 30. Januar 2001, La Conqueste/Kommission, T‑215/00, Slg. 2001, II‑181, Randnrn. 42 und 43 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 14. Dezember 2005, Arizona Chemical u. a./Kommission, oben in Randnr. 83 angeführt, Randnr. 73).

105    Die Klägerinnen räumen jedoch selbst ein, nicht über solche Verfahrensgarantien nach der Richtlinie 67/548 oder der Verordnung Nr. 1272/2008 zu verfügen, die die Zulässigkeit ihrer Klage begründen könnten.

106    In Bezug auf die angefochtene Richtlinie genügt der Hinweis, dass die einschlägigen Verfahrensvorschriften, die das Verfahren zu ihrem Erlass regeln, insbesondere die Nrn. 4.1.2 bis 4.1.5 des Anhangs VI der Richtlinie 67/548, keine solchen Verfahrensgarantien zugunsten von Wirtschaftsteilnehmern vorsehen, die von dem Ergebnis eines Verfahrens zur Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt potenziell betroffen sind (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 14. Dezember 2005, Arizona Chemical u. a./Kommission, oben in Randnr. 83 angeführt, Randnrn. 72 bis 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107    Dasselbe gilt für die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1272/2008, insbesondere Art. 53 Abs. 1 und Art. 54 Abs. 3, in Verbindung mit Art. 5a Abs. 1 bis 4 des Beschlusses 1999/468 (siehe oben, Randnrn. 20 bis 22), die den Erlass der angefochtenen Verordnung regeln. Diese Beurteilung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass Art. 37 der Verordnung Nr. 1272/2008 (siehe oben, Randnr. 19) in seinen Abs. 2 bis 4 vorsieht, dass Hersteller, Importeure oder nachgeordnete Anwender der ECHA einen Vorschlag für eine harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung eines Stoffes vorlegen und – nachdem sie gegebenenfalls Erklärungen abgegeben haben – eine Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung der ECHA erhalten können. Etwaige in Art. 37 der Verordnung Nr. 1272/2008 vorgesehene Verfahrensgarantien sollen nämlich nur für den Fall gelten, dass entweder eine nationale Behörde oder ein Hersteller, Importeur oder nachgeordneter Anwender einen solchen Vorschlag vorlegt, was hier nicht der Fall war.

108    Soweit sich die Klägerinnen auf ihre verfahrensrechtliche Stellung nach der Verordnung Nr. 793/93 berufen, ist darauf hinzuweisen, dass diese Verordnung in ihren Art. 6 bis 10 zwar als besondere Verfahrensrechte und ‑pflichten (siehe oben, Randnrn. 23 bis 28) die aktive Teilnahme der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer am Risikobewertungsverfahren im Hinblick auf die Erstellung einer Prioritätenliste der betreffenden Stoffe und etwaiger Vorschläge für Strategien und Maßnahmen u. a. zur Begrenzung der festgestellten Risiken vorsieht. Doch erstens sind die Bestimmungen der Verordnung Nr. 793/93 nicht auf das Verfahren zur Einstufung eines gefährlichen Stoffes anwendbar, und zweitens hat das Verfahren zur Bewertung der Risiken der Nickelcarbonate, das sich von dem, das zu den angegriffenen Einstufungen geführt hat, unterscheidet, nach Art. 11 Abs. 2 dieser Verordnung mit der Aufnahme dieser Stoffe in die vierte Prioritätenliste durch die Verordnung Nr. 2364/2000 (siehe oben, Randnr. 32) seinen Abschluss gefunden. Diese Beurteilung wird durch Art. 11 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 793/93 bestätigt, wonach die Kommission nur auf der Grundlage der abgeschlossenen Risikobewertung und einer etwaigen, im Ausschussverfahren nach Art. 15 der Verordnung angenommenen Strategieempfehlung erforderlichenfalls beschließen kann, Maßnahmen der Gemeinschaft im Rahmen der Richtlinie 76/769 oder im Rahmen anderer bestehender Regelungen der Gemeinschaft vorzuschlagen (siehe oben, Randnr. 26). In diesen Vorschriften wird jedoch nicht näher bestimmt, unter welchen Voraussetzungen das Ergebnis der Risikobewertung oder die etwaige Strategieempfehlung zu einem Vorschlag zur Einstufung des betreffenden Stoffes nach der Richtlinie 67/548 oder der Verordnung Nr. 1272/2008 führen kann, was die Autonomie des Risikobewertungsverfahrens gegenüber demjenigen zur Einstufung eines Stoffes als gefährlichen Stoff belegt.

109    Die genannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 793/93 verankern daher keine Verfahrensgarantien, die für die Einstufung eines Stoffes als gefährlichen Stoff nach der Richtlinie 67/548 oder der Verordnung Nr. 1272/2008 gelten. Sie schaffen auch keinen Zusammenhang zwischen dem Verfahren zur Bewertung der Risiken eines Stoffes und dem Verfahren zur Einstufung eines solchen Stoffes als gefährlichen Stoff, der den Schluss zuließe, dass die mit der Verordnung Nr. 793/93 gewährten Verfahrensgarantien – und sei es auch nur faktisch, wie die Klägerinnen geltend machen – im letztgenannten Verfahren gälten.

110    Demnach ist das Vorbringen zurückzuweisen, wonach diese Verfahrensgarantien und ihre Ausübung im Risikobewertungsverfahren geeignet seien, die Klägerinnen hinsichtlich der angegriffenen Einstufungen zu individualisieren, da diese Einstufungen nicht das Ergebnis des Risikobewertungsverfahrens nach der Verordnung Nr. 793/93, sondern der davon zu unterscheidenden Verfahren zur Anpassung der Richtlinie 67/548 bzw. der Verordnung Nr. 1272/2008 an den technischen Fortschritt sind, in deren Rahmen die Klägerinnen nicht über derartige Garantien verfügen.

111    In Ermangelung einer mit den letztgenannten Verfahren verbundenen Verfahrensgarantie kann auch das Vorbringen nicht durchgreifen, wonach die Klägerinnen dadurch individualisiert würden, dass sie am Verfahren zur Bewertung der Risiken der Nickelcarbonate aktiv mitgewirkt hätten. Ebenso ist die Auffassung zurückzuweisen, dass die Verfahren zur Anpassung an den technischen Fortschritt mit anderen Verwaltungsverfahren vergleichbar seien, wie denjenigen im Bereich des Wettbewerbs, staatlicher Beihilfen oder des Dumpings, in deren Rahmen bestimmte ausdrücklich vorgesehene Verteidigungsrechte beim Erlass eines Rechtsakts mit individueller oder allgemeiner Geltung zu garantieren und zu wahren sind (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 14. Dezember 2005, Arizona Chemical u. a./Kommission, oben in Randnr. 83 angeführt, Randnrn. 58 und 74 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), was hier aber gerade nicht der Fall ist.

112    Zweitens machen die Klägerinnen nicht geltend, dass Norilsk Nickel in den Verfahren, die zum Erlass der angefochtenen Rechtsakte geführt haben, als Vertreterin und Hauptverhandlungspartnerin der Nickelindustrie aufgetreten sei, wie sie dies im Risikobewertungsverfahren nach der Verordnung Nr. 793/93 getan habe. Außerdem ergibt sich aus den in den Randnrn. 105 bis 111 des vorliegenden Beschlusses angeführten Erwägungen, dass sich eine solche Eigenschaft in dem letztgenannten Verfahren, wäre sie gegeben, nicht zwangsläufig auf die Verfahren zur Anpassung der Richtlinie 67/548 und der Verordnung Nr. 1272/2008 erstreckt. Demnach kann Norilsk Nickel nicht als durch diese Eigenschaft hinsichtlich der angegriffenen Einstufungen individualisiert angesehen werden, ohne dass zu prüfen wäre, ob sie mit ihrer Beteiligung am Risikobewertungsverfahren allein die in den Urteilen Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission (oben in Randnr. 85 angeführt, Randnrn. 20 bis 24) und CIRFS u. a./Kommission (oben in Randnr. 85 angeführt, Randnrn. 29 und 30) aufgestellten Individualisierungskriterien erfüllt.

113    Drittens haben die Klägerinnen nicht belegt, dass ein Anspruch auf rechtliches Gehör besteht, der von der Kommission dadurch verletzt worden wäre, dass sie sie nicht angehört hat, bevor sie den Freistellungsantrag außerhalb des Risikobewertungsverfahrens und/oder zu anderen Zwecken verwendete (siehe oben, Randnr. 84). Weder Art. 9 Abs. 1 und 3 noch Art. 10 Abs. 1 oder Art. 11 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 793/93 sehen nämlich einen solchen Anspruch im Anschluss an die Einreichung und die Annahme eines Antrags von Herstellern und Importeuren, von zusätzlichen Versuchen ganz oder teilweise befreit zu werden, vor. Ferner haben die Klägerinnen nicht geltend gemacht, dass der Freistellungsantrag vertrauliche Bestandteile im Sinne des Art. 16 Abs. 1 dieser Verordnung enthalte, die die Kommission schützen müsse. Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich weder das Verfahren zur Ausarbeitung allgemein geltender Rechtsakte noch die Art dieser Rechtsakte selbst gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts wie etwa dem Anspruch auf rechtliches Gehör eine Beteiligung der Betroffenen erfordert, da davon ausgegangen wird, dass deren Interessen durch die für den Erlass dieser Rechtsakte zuständigen politischen Instanzen wahrgenommen werden (vgl. Beschluss vom 14. Dezember 2005, Arizona Chemical u. a./Kommission, oben in Randnr. 83 angeführt, Randnr. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung). Jedenfalls ergibt sich aus der in den Randnrn. 103 und 104 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung, dass sich die Klägerinnen – selbst wenn davon auszugehen wäre, dass sich die Kommission im Verfahren, das zu den angegriffenen Einstufungen geführt hat, in dem von den Klägerinnen geltend gemachten Sinn auf den Freistellungsantrag gestützt hat – in Anbetracht der Eigenständigkeit des Verfahrens zur Einstufung gefährlicher Stoffe gegenüber dem Verfahren zur Bewertung der Risiken bestimmter Stoffe und des Fehlens eines durch die im vorliegenden Fall anwendbare Regelung garantierten Verfahrensrechts nicht auf eine allein mit dem Risikobewertungsverfahren verbundene Verfahrensgarantie berufen können, um ihre Befugnis zu begründen, gegen die angegriffenen Einstufungen zu klagen.

114    Viertens ist zu prüfen, ob die Vereinbarung zwischen den Klägerinnen, PCF und Königswarter bezüglich des Freistellungsantrags sowie die Existenz dieses Antrags und seine Verwendung durch die Kommission die Klägerinnen als zu einem beschränkten Kreis gehörende Wirtschaftsteilnehmer im Sinne der in Randnr. 98 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung individualisieren können.

115    Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Klägerinnen nicht geltend gemacht haben, die einzigen Wirtschaftsteilnehmer zu sein, die die von den angegriffenen Einstufungen berührten Nickelcarbonate herstellen und vertreiben.

116    Sodann steht zwar fest, dass die Klägerinnen und die beiden anderen Wirtschaftsteilnehmer, die den Freistellungsantrag unterzeichnet haben, die einzigen sind, die sich aktiv am Verfahren zur Bewertung der mit den Nickelcarbonaten verbundenen Risiken beteiligt haben, und dass die DEPA diesen Antrag später zur Stützung ihres Vorschlags zur Einstufung der Nickelcarbonate als gefährliche Stoffe im Sinne der Richtlinie 67/548 verwendet hat. Außerdem war die Identität dieser vier Wirtschaftsteilnehmer im Unterschied zu der anderer potenziell berührter Unternehmen des Nickelsektors eindeutig feststellbar, ja von den Stellen festgestellt worden, die diesen Einstufungsvorschlag prüfen und erörtern und insoweit eine endgültige Entscheidung treffen sollten.

117    Diese Gesichtspunkte reichen jedoch nicht aus, um die Klägerinnen im Hinblick auf die angegriffenen Einstufungen zu individualisieren.

118    Die gemeinsame Einreichung eines Freistellungsantrags schafft kein wohlerworbenes oder subjektives Recht zugunsten dieser Wirtschaftsteilnehmer, da es sich nur um einen nach Art. 9 Abs. 3 der Verordnung Nr. 793/93 gestellten Antrag auf Freistellung von bestimmten ergänzenden Versuchen im Zusammenhang mit der Bewertung der Risiken des betreffenden Stoffes handelt. Dies ist jedoch kein diesen Wirtschaftsteilnehmern eigenes Merkmal, das sich mit der Eigenschaft als Inhaber eines bestehenden ausschließlichen Fernsehübertragungsrechts für ein Sportereignis von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung, wie sie in der Rechtssache Kommission/Infront WM (Urteil oben in Randnr. 98 angeführt, Randnrn. 73 bis 77) in Rede stand, oder mit der Eigenschaft als Partei eines vor dem Erlass der abgegriffenen Maßnahme abgeschlossenen Vertrags, wie sie in der Rechtssache Piraiki-Patraiki u. a./Kommission (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1985, 11/82, Slg. 1985, 207, Randnr. 31) in Rede stand, oder der Eigenschaft als Inhaber einer besonderen steuerrechtlichen Stellung nach einer auf der Grundlage einer Beihilferegelung gewährten staatlichen Zulassung, wie sie in der Rechtssache Belgien und Forum 187/Kommission (Urteil oben in Randnr. 98 angeführt, Randnrn. 59 bis 63) in Rede stand, vergleichen ließe.

119    Zudem hat die Rechtsprechung nur in Ausnahmefällen anerkannt, dass solche besonderen Eigenschaften deshalb individualisierender Art waren, weil die angegriffenen Maßnahmen gerade darauf abzielten, den Umfang und die Ausübung dieser bestehenden Rechte zu beeinträchtigen, von deren Existenz das zuständige Organ gewusst hatte oder deren Inhaber damals ohne Weiteres feststellbar waren (vgl. in diesem Sinne Urteile Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, oben in Randnr. 118 angeführt, Randnr. 31, Belgien und Forum 187/Kommission, oben in Randnr. 98 angeführt, Kommission/Infront WM, oben in Randnr. 98 angeführt, Randnrn. 72 und 76, sowie Beschluss Galileo Lebensmittel/Kommission, oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 46, und Beschluss des Gerichts vom 6. September 2004, SNF/Kommission, T‑213/02, Slg. 2004, II‑3047, Randnrn. 68 bis 70).

120    Im vorliegenden Fall können sich die Klägerinnen jedoch nicht auf bestehende Rechte, die von den angegriffenen Einstufungen beeinträchtigt sein könnten, und somit darauf berufen, dass sie im Verhältnis zu anderen potenziell betroffenen Wirtschaftsteilnehmern besonders berührt seien, weil der Freistellungsantrag einem solchen Recht nicht gleichsteht. Daher sind sie nicht schon deshalb als von den angefochtenen Rechtsakten individuell betroffen anzusehen, weil bei deren Erlass die Wirtschaftsteilnehmer, auf die sie Anwendung finden, aufgrund des Freistellungsantrags an Zahl und Identität feststellbar waren, denn diese Anwendung beruht auf einem durch diese Rechtsakte bestimmten objektiven Tatbestand rechtlicher oder tatsächlicher Art (siehe oben, Randnr. 99), nämlich auf der Eigenschaft der Klägerinnen als Hersteller oder Vertreiber von Nickelcarbonaten. Demnach sind die Klägerinnen – selbst in Anbetracht dieses Antrags – von den angefochtenen Rechtsakten in der gleichen Weise betroffen wie jeder andere Wirtschaftsteilnehmer, der sich tatsächlich oder potenziell in der gleichen Lage befindet, nämlich derjenigen, Nickelcarbonate herzustellen und zu vertreiben.

121    Daraus folgt, dass sich die Klägerinnen zu Unrecht darauf berufen, von den angegriffenen Einstufungen individuell betroffen zu sein.

122    Demnach ist der Antrag auf Teilnichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte als unzulässig zurückzuweisen.

123    Nach alledem ist die Klage insgesamt als unzulässig abzuweisen, ohne dass über den Antrag, die Klage in der Hauptsache insoweit für erledigt zu erklären, als sie die Teilnichtigerklärung der angefochtenen Richtlinie betrifft, entschieden zu werden braucht.

 Kosten

124    Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen unterlegen sind, sind ihnen entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

125    Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Das Königreich Dänemark trägt daher seine eigenen Kosten.

126    Gemäß Art. 87 § 4 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht entscheiden, dass ein Streithelfer seine eigenen Kosten trägt. Im vorliegenden Fall trägt das Nickel Institute, das die Anträge der Klägerinnen unterstützt hat, seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Große Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2.      Die Norilsk Nickel Harjavalta Oy und die Umicore SA/NV tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Das Königreich Dänemark und das Nickel Institute tragen ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 7. September 2010

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       M. Jaeger

Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

Bestimmungen des EG-Vertrags und des AEU-Vertrags

Richtlinie 67/548

Verfahren zur Anpassung der Richtlinie 67/548 an den technischen Fortschritt

Teilweise Aufhebung, Änderung und Ersetzung der Richtlinie 67/548 durch die Verordnung Nr. 1272/2008

Verordnung (EWG) Nr. 793/93 und Verordnung (EG) Nr. 1907/2006

Sachverhalt

Klägerinnen und betroffene Stoffe

Verfahren zur Bewertung der von Nickelcarbonaten ausgehenden Risiken

Verfahren, das zu den angefochtenen Einstufungen geführt hat

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

Rechtliche Würdigung

Zur Anwendbarkeit des Art. 263 Abs. 4 AEUV

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Würdigung durch das Gericht

Zur Zulässigkeit der vorliegenden Klage

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Würdigung durch das Gericht

– Zur Zulässigkeit des Antrags auf Nichtigerklärung der „Entscheidung“, die angegriffenen Einstufungen auf den Freistellungsantrag zu stützen

– Zur Zulässigkeit des Antrags auf Teilnichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte

Kosten


* Verfahrenssprache: Englisch.