Language of document : ECLI:EU:T:2014:424

URTEIL DES GERICHTS (Rechtsmittelkammer)

5. Juni 2014

Rechtssache T‑269/13 P

Markus Brune

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Öffentlicher Dienst – Beamte – Einstellung – Allgemeines Auswahlverfahren – Nichtaufnahme in die Reserveliste – Neue Entscheidung der Kommission nach einer Aufhebung durch das Gericht für den öffentlichen Dienst – Keine Teilnahme an der mündlichen Prüfung“

Gegenstand:      Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (Zweite Kammer) vom 21. März 2013, Brune/Kommission (F‑94/11), wegen Aufhebung dieses Urteils

Entscheidung:      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen. Herr Markus Brune trägt seine eigenen Kosten und die Kosten, die der Europäischen Kommission im vorliegenden Rechtszug entstanden sind.

Leitsätze

1.      Beamtenklage – Aufhebungsurteil – Wirkungen – Verpflichtung zum Erlass von Durchführungsmaßnahmen – Aufhebung der Entscheidung des Prüfungsausschusses für ein Auswahlverfahren, einen Bewerber nicht in die Reserveliste aufzunehmen – Wiedereröffnung des Auswahlverfahrens nur für den Kläger – Angemessene Art und Weise der Durchführung

(Art. 266 AEUV; Beamtenstatut, Art. 27 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 2)

2.      Beamtenklage – Aufhebungsurteil – Wirkungen – Verpflichtung zum Erlass von Durchführungsmaßnahmen – Aufhebung der Entscheidung des Prüfungsausschusses für ein Auswahlverfahren, einen Bewerber nicht in die Reserveliste aufzunehmen – Wiedereröffnung des Auswahlverfahrens nur für den Kläger – Pflichten des Prüfungsausschusses und der Anstellungsbehörde

(Art. 266 AEUV)

3.      Beamtenklage – Aufhebungsurteil – Wirkungen – Verpflichtung zum Erlass von Durchführungsmaßnahmen – Ermessen der Verwaltung – Möglichkeit, in einen Dialog mit der Person einzutreten, der Unrecht zugefügt worden ist

(Art. 266 AEUV)

1.      Im Anschluss an ein Aufhebungsurteil kann das betreffende Organ, wenn die Durchführung des Urteils besonderen Schwierigkeiten begegnet, seiner Verpflichtung aus Art. 266 AEUV durch jede Entscheidung gerecht werden, die einen Nachteil, den der Betroffene durch die aufgehobene Entscheidung erlitten hat, auf billige Weise ausgleicht.

Im Rahmen eines zur Bildung einer Einstellungsreserve durchgeführten allgemeinen Auswahlverfahrens, dessen Prüfungen fehlerhaft waren, ist die Durchführung einer Wiederholungsprüfung unter bestimmten Voraussetzungen geeignet, dem Betroffenen einen billigen Ausgleich für das an ihm begangene Unrecht zu gewähren, auch wenn sie den Rechtsverstoß nicht beseitigt.

Die unmittelbare Aufnahme des Bewerbers in die Reserveliste verstieße hingegen nicht nur gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, den Grundsatz der Objektivität der Bewertungen und die Bekanntmachung des Auswahlverfahrens, sondern auch gegen Art. 27 des Statuts, der vorsieht, dass bei der Einstellung anzustreben ist, dem Organ die Mitarbeit von Beamten zu sichern, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen. Zwar gibt keine Vorschrift des Statuts vor, wie die Eignung der Bewerber zu ermitteln ist. Doch legt das Statut fest, wie Beamte zu rekrutieren sind. In Art. 29 Abs. 1 des Statuts heißt es nämlich, dass die Beamten „auf Grund von Befähigungsnachweisen oder Prüfungen oder auf Grund von Befähigungsnachweisen und Prüfungen“ rekrutiert werden und dass das Verfahren dafür in Anhang III des Statuts geregelt ist. Somit ergibt sich aus Art. 27 in Verbindung mit Art. 29 des Statuts ausdrücklich, dass die Beamten mittels eines Auswahlverfahrens unter den im Anhang III des Statuts vorgesehenen Bedingungen rekrutiert werden, um die Bewerber auszuwählen, die in Bezug auf Befähigung, Leistung und Integrität höchsten Ansprüchen genügen.

(vgl. Rn. 25, 29, 60 und 64)

Verweisung auf:

Gericht: 8. Oktober 1992, Meskens/Parlament, T‑84/91, Slg. 1992, II‑2335, Rn. 80; 26. Juni 2006, De Nil und Impens/Rat, T‑91/95, Slg. ÖD 2006, I‑A‑327 und II‑959, Rn. 34

2.      Beschließt das betreffende Organ in Durchführung eines Urteils, mit dem eine Entscheidung, den Kläger nicht in die Reserveliste aufzunehmen, aufgehoben wird, das Auswahlverfahren wiederzueröffnen und für den Betroffenen eine Wiederholungsprüfung durchzuführen, so ist es Aufgabe der Anstellungsbehörde und des Prüfungsausschusses, mit äußerster Sorgfalt darüber zu wachen, dass das Niveau der Prüfungen und die Beurteilungskriterien denen des ursprünglichen Auswahlverfahrens gleichwertig sind, um zu gewährleisten, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung und der Objektivität der Bewertung des Betroffenen gegenüber den anderen Bewerbern des Ausgangsverfahrens eingehalten wird.

(vgl. Rn. 40)

Verweisung auf:

Meskens/Parlament, Rn. 79

3.      Im Rahmen der Ausübung des Ermessens, das ihr Art. 266 AEUV einräumt, ist die Verwaltung verpflichtet, eine Auswahl unter den verschiedenen möglichen Maßnahmen zu treffen, die mit den Gründen des Aufhebungsurteils und den Grundsätzen und Regeln des Unionsrechts vereinbar sind, um die dienstlichen Interessen mit dem Erfordernis in Einklang zu bringen, die Rechte der Person, der Unrecht zugefügt worden ist, angemessen zu schützen. Der Unionsrichter kann daher nicht anstelle der Behörde die konkreten Maßnahmen festlegen, die die Verwaltung im jeweiligen Fall hätte treffen müssen.

Da die Handlung einseitig von der Verwaltung ausgeht, hat sie die Möglichkeit und nicht die Verpflichtung, in einen Dialog mit dieser Person einzutreten, um zu einer Vereinbarung zu gelangen, mit der das ihr zugefügte Unrecht in billiger Weise ausgeglichen werden kann.

(vgl. Rn. 51 und 52)

Verweisung auf:

Meskens/Parlament, Rn. 78 und 79