Language of document : ECLI:EU:T:2016:389

Rechtssache T‑518/13

Future Enterprises Pte Ltd

gegen

Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Unionswortmarke MACCOFFEE – Ältere Unionswortmarke McDONALD’S – Art. 53 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Markenfamilie – Unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der älteren Marke – Nichtigerklärung“

Leitsätze – Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 5. Juli 2016

1.      Unionsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Relative Nichtigkeitsgründe – Bestehen einer bekannten, identischen oder ähnlichen älteren Marke – Auf nicht ähnliche Waren oder Dienstleistungen erweiterter Schutz der bekannten älteren Marke – Voraussetzungen

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 5 und 53 Abs. 1 Buchst. a)

2.      Unionsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Relative Nichtigkeitsgründe – Bestehen einer bekannten, identischen oder ähnlichen älteren Marke – Auf nicht ähnliche Waren oder Dienstleistungen erweiterter Schutz der bekannten älteren Marke – Voraussetzung – Zusammenhang zwischen den Marken – Beurteilungskriterien

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 5 und 53 Abs. 1 Buchst. a)

3.      Unionsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Relative Nichtigkeitsgründe – Bestehen einer bekannten, identischen oder ähnlichen älteren Marke – Wortmarken MACCOFFEE und McDONALD’S

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 5 und 53 Abs. 1 Buchst. a)

4.      Unionsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Relative Nichtigkeitsgründe – Bestehen einer bekannten, identischen oder ähnlichen älteren Marke – Auf nicht ähnliche Waren oder Dienstleistungen erweiterter Schutz der bekannten älteren Marke – Voraussetzung – Zusammenhang zwischen den Marken – Beurteilungskriterien – Bestehen einer Familie von älteren Marke – Voraussetzungen

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 5 und 53 Abs. 1 Buchst. a)

5.      Unionsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Prüfung des Antrags – Nachweis der Benutzung von älteren Marken, die eine Markenfamilie bilden könnten – Tatsächliche Benutzung – Beurteilungskriterien

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 42 Abs. 2, Art. 57 Abs. 2 und Art. 78 Abs. 1 Buchst. f; Verordnung Nr. 2868/95 der Kommission, Art. 1, Regel 22 Abs. 4 und 40 Abs. 6)

6.      Unionsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Relative Nichtigkeitsgründe – Bestehen einer bekannten, identischen oder ähnlichen älteren Marke – Auf nicht ähnliche Waren oder Dienstleistungen erweiterter Schutz der bekannten älteren Marke – Voraussetzungen – Unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der älteren Marke – Beurteilungskriterien

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 5 und 53 Abs. 1 Buchst. a)

7.      Unionsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Relative Nichtigkeitsgründe – Bestehen einer bekannten, identischen oder ähnlichen älteren Marke – Auf nicht ähnliche Waren oder Dienstleistungen erweiterter Schutz der bekannten älteren Marke – Voraussetzungen – Unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der älteren Marke – Begriff

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 5 und 53 Abs. 1 Buchst. a)

8.      Unionsmarke – Verzicht, Verfall und Nichtigkeit – Relative Nichtigkeitsgründe – Bestehen einer bekannten, identischen oder ähnlichen älteren Marke – Auf nicht ähnliche Waren oder Dienstleistungen erweiterter Schutz der bekannten älteren Marke – Vom Inhaber zu erbringende Nachweise – Ernsthafte Gefahr einer künftigen unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung

(Verordnung Nr. 207/2009 des Rates, Art. 8 Abs. 5 und 53 Abs. 1 Buchst. a)

1.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 14, 15)

2.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 20, 21, 37)

3.      Es besteht die ernsthafte Gefahr, dass die Benutzung der Wortmarke „MACCOFFEE“, die als Unionsmarke für Waren der Klassen 29, 30 und 32 des Abkommens von Nizza eingetragen ist, die Wertschätzung der älteren Wortmarke McDONALD’S, die zu einem früheren Zeitpunkt als Unionsmarke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30, 32 und 42 dieses Abkommens eingetragen wurde, ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt.

Die Marke McDONALD’S genießt in der Union eine erhebliche Bekanntheit für Schnellrestaurantdienstleistungen. Ihre Bekanntheit erstreckt sich auf die kennzeichnenden Merkmale der Markenfamilie „Mc“. Die Marke McDONALD’S ist nämlich die Ursprungsmarke der Familie, mit der alle abgeleiteten Marken durch ein gemeinsames Merkmal, nämlich das Präfix „mc“, verbunden sind und von der sich diese alle aufgrund eines Endbestandteils derselben Art, der auf eines der Nahrungsmittel auf der Speisekarte von Schnellrestaurants verweist, unterscheiden. Somit hatte das Präfix „mc“ zumindest in einem Teil des Unionsgebiets eine eigene Unterscheidungskraft für Schnellrestaurantdienstleistungen und Waren auf der Speisekarte von Schnellrestaurants erworben, so dass dieses Präfix geeignet ist, die Existenz einer Markenfamilie zu kennzeichnen.

Die Marke MACCOFFEE, die der Marke McDONALD’S begrifflich ähnlich ist und die gleiche Struktur wiedergibt, ist geeignet, mit der Markenfamilie „Mc“ in Verbindung gebracht zu werden.

In Bezug auf die Dienstleistungen und Waren für die die einander gegenüberstehenden Marken eingetragen sind, weisen diese aufgrund der zwischen ihnen bestehenden engen Zusammenhänge einen gewissen Grad an Ähnlichkeit auf.

In diesem Zusammenhang kann das maßgebliche Publikum, nämlich die breite Öffentlichkeit innerhalb der Union, oder ein wesentlicher Teil desselben gedanklich eine Verknüpfung zwischen den einander gegenüberstehenden Marken herstellen, denn es kann davon angezogen werden, dass die angefochtene Marke praktisch dasselbe Präfix wie die Marke McDONALD’S hat und deren Struktur wiedergibt, und es kann diese Marke mit der Markenfamilie „Mc“ in Verbindung bringen.

(vgl. Rn. 31, 63, 64, 67, 85, 99, 101, 102, 104, 105 und 108)

4.      Die Herstellung einer gedanklichen Verknüpfung zwischen den Marken durch das maßgebliche Publikum ist unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren des konkreten Falles umfassend zu beurteilen. Zu den in diesem Zusammenhang relevanten Faktoren gehört das Bestehen einer älteren Markenfamilie. Ist nämlich der Antrag auf Nichtigerklärung auf das Bestehen mehrerer älterer Marken gestützt, die gemeinsame Merkmale aufweisen, infolge deren sie als Teil ein und derselben Markenfamilie angesehen werden können, kann sich die Herstellung einer gedanklichen Verknüpfung zwischen der Marke, deren Nichtigerklärung beantragt wird, und den älteren Marken durch das maßgebliche Publikum aus dem Umstand ergeben, dass die Erstgenannte Merkmale aufweist, die geeignet sind, sie mit der aus den Zweitgenannten bestehenden Familie in Verbindung zu bringen. Mehrere Marken weisen insbesondere dann Merkmale auf, aufgrund deren sie als Teil ein und derselben „Familie“ angesehen werden können, wenn sie insgesamt ein und dasselbe Unterscheidungsmerkmal unter Hinzufügung eines Bild‑ oder Wortbestandteils wiedergeben, der sie voneinander unterscheidet, oder wenn sie durch die Wiederholung ein und desselben Präfixes oder Suffixes aus einer Ursprungsmarke gekennzeichnet sind. Vom maßgeblichen Publikum kann, wenn nicht genügend viele Marken benutzt werden, damit diese eine Familie bilden können, nicht erwartet werden, dass es in dieser Markenfamilie gemeinsame Merkmale entdeckt und eine gedankliche Verknüpfung zwischen dieser Familie und einer anderen Marke herstellt, die Bestandteile enthält, die diesen Merkmalen ähneln. Damit das maßgebliche Publikum eine gedankliche Verknüpfung zwischen der Marke, deren Nichtigerklärung beantragt wird, und einer älteren „Familie“ von Marken herstellen kann, müssen die zu dieser Familie gehörenden Marken auf dem Markt präsent sein. Der Inhaber der älteren Marken, der die Nichtigerklärung der jüngeren Unionsmarke beantragt, muss daher den Nachweis der tatsächlichen Benutzung einer genügenden Anzahl dieser Marken, damit sie eine „Familie“ von Marken bilden können, und demnach des Bestehens einer solchen Familie erbringen, damit beurteilt werden kann, ob das maßgebliche Publikum eine gedankliche Verknüpfung zwischen der Marke, deren Nichtigerklärung beantragt wird, und den älteren Marken, aus denen diese „Familie“ besteht, oder auch nur zwischen der Marke, deren Nichtigerklärung beantragt wird, und der älteren Ursprungsmarke dieser „Familie“ herstellt.

(vgl. Rn. 42-45)

5.      Für die Prüfung, ob Marken, die eine „Familie“ von Marken bilden können, tatsächlich benutzt wurden, ist eine umfassende Beurteilung der vorgelegten Unterlagen vorzunehmen, wobei alle relevanten Faktoren des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Eine solche Beurteilung muss anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände erfolgen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marken belegen können; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch diese Marken geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marken. Die ernsthafte Benutzung von Marken lässt sich nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen. Aus Regel 22 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2868/95 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke, die nach Regel 40 Abs. 6 dieser Verordnung in Nichtigkeitsverfahren entsprechend anwendbar ist, ergibt sich jedoch, dass sich die Benutzungsnachweise grundsätzlich auf die Vorlage von Urkunden und Beweisstücken, wie Verpackungen, Etiketten, Preislisten, Katalogen, Rechnungen, Fotografien, Zeitungsanzeigen und auf die in Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 über die Unionsmarke genannten schriftliche Erklärungen, die unter Eid oder an Eides statt abgegeben werden, beschränken.

(vgl. Rn. 52-54)

6.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 88, 93, 95)

7.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 94)

8.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 96, 97)