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Vorabentscheidungsersuchen des Symvoulio tis Epikrateias (Griechenland), eingereicht am 4. September 2023 – ZOUGLA AE/Ethniko Symvoulio Radiotileorasis (ESR)

(Rechtssache C-556/23, Zougla)

Verfahrenssprache: Griechisch

Vorlegendes Gericht

Symvoulio tis Epikrateias

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: ZOUGLA AE

Beklagter: Ethniko Symvoulio Radiotileorasis (ESR)

Vorlagefragen

1    Gehört es zu den Zielen der Richtlinie 2010/13/EU1 in der durch die Richtlinie (EU) 2018/18082 geänderten Fassung und damit zum Regelungsbereich der Richtlinie, a) die Achtung und den Schutz des Wertes und der Würde des Menschen zu gewährleisten und b) die Ausstrahlung qualitativ minderwertiger Inhalte, insbesondere von Inhalten mit den Merkmalen der im vorliegenden Fall von der klagenden Gesellschaft ausgestrahlten Inhalte, durch Anbieter von Fernsehdiensten zu verhindern?

2.    Falls a) die Pflicht zur Achtung und zum Schutz des Wertes und der Würde des Menschen und/oder b) das Verbot der Ausstrahlung qualitativ minderwertiger Inhalte, insbesondere von Inhalten mit den Merkmalen der streitigen Sendung, in den Regelungsbereich der Richtlinie fallen, steht dann Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie in Verbindung mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung, der in den Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist, einer nationalen Regelung entgegen, nach der die genannten Pflichten für alle Fernsehdiensteanbieter außer solche vorgesehen sind, die die Fernsehinhalte nur über das Internet übertragen?

3.    Falls die ersten beiden Fragen zu bejahen sind: Muss die nationale Regulierungsbehörde, um die praktische Wirksamkeit der Richtlinie zu gewährleisten, die Vorschriften des nationalen Rechts, die die streitigen Pflichten festlegen, unterschiedslos auf alle Fernsehdiensteanbieter anwenden, obwohl das nationale Recht die Pflichten und die damit verbundenen Sanktionen für alle anderen Fernsehdiensteanbieter vorsieht, nicht aber für solche, die ihre Inhalte ausschließlich über das Internet übertragen, oder verstößt die Verhängung von Verwaltungssanktionen wegen Verletzung der genannten Pflichten durch eine Internetfernsehsendung in weiter Auslegung oder entsprechender Anwendung der die sonstigen Fernsehdienste betreffenden nationalen Vorschriften gegen den Grundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege certa in Art. 49 Abs. 1 Unterabs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Verbindung mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit?

4.    Falls die erste Vorlagefrage zu verneinen und davon auszugehen ist, dass a) die Pflicht zur Achtung und zum Schutz des Wertes und der Würde des Menschen und/oder b) das Verbot der Ausstrahlung qualitativ minderwertiger Inhalte (insbesondere von Inhalten wie denen der streitigen Sendung) in dem Fall, dass das Recht eines Mitgliedstaats diese Pflichten unter Androhung von Verwaltungssanktionen den Anbietern von Fernsehdiensten über terrestrischen Rundfunk, Satellit oder Breitbandnetz auferlegt, aber keine entsprechenden Regeln für die Anbieter von Fernsehdiensten über das Internet enthält, nicht in den Regelungsbereich der Richtlinie im Sinne von Art. 4 Abs. 1 fallen, ist dann Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2010/13 in der geltenden Fassung dahin auszulegen, dass die zuständige nationale Behörde verpflichtet ist, die Möglichkeit einer Verhängung von Verwaltungssanktionen wegen Verstoßes gegen die genannten Regeln auf der Grundlage des Grundsatzes der Gleichbehandlung auch in Bezug auf die Übertragung einer Internetfernsehsendung zu prüfen?

5.    Falls die vierte Frage zu bejahen ist: Ist nach dem Vorstehenden und auf der Grundlage einer Auslegung des nationalen Rechts, die mit dem Unionsrecht und insbesondere mit den genannten Bestimmungen der Richtlinie in Einklang steht, die Verpflichtung der nationalen Regulierungsbehörde, die Vorschriften des nationalen Rechts, die diese Pflichten vorsehen, unterschiedslos auf alle Fernsehdienste unabhängig von ihrem Übertragungsmedium anzuwenden, mit dem Grundsatz nullum crimen, nulla poena sine lege certa und dem Grundsatz der Rechtssicherheit vereinbar, und zwar in Anbetracht dessen, dass diese Pflichten, die im nationalen Recht für alle anderen Anbieter von Fernsehdiensten vorgesehen sind, nicht für das Internetfernsehen gelten?

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1 Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. 2010, L. 95, S. 1).

1 Richtlinie (EU) 2018/1808 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) im Hinblick auf sich verändernde Marktgegebenheiten (ABl. 2018, L. 303, S. 69).