Language of document : ECLI:EU:C:2023:548

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)

6. Juli 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer – Richtlinie 2002/14/EG – Anwendungsbereich – Begriff ‚Unternehmen, das eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt‘ – Juristische Person des Privatrechts im öffentlichen Sektor – Abberufung von auf leitende Posten ernannte Arbeitnehmer – Keine vorherige Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter“

In der Rechtssache C‑404/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Dioikitiko Protodikeio Athinon (Verwaltungsgericht Athen, Griechenland) mit Entscheidung vom 3. Mai 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Juni 2022, in dem Verfahren

Ethnikos Organismos Pistopoiisis Prosonton & Epangelmatikou Prosanatolismou (Eoppep)

gegen

Elliniko Dimosio

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin M. L. Arastey Sahún sowie der Richter F. Biltgen (Berichterstatter) und N. Wahl,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        des Ethnikos Organismos Pistopoiisis Prosonton & Epangelmatikou Prosanatolismou (Eoppep), vertreten durch K. Ithakisios und M. Papasaranti, Dikigoroi,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch A. Dimitrakopoulou, K. Georgiadis und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Katsimerou und B.‑R. Killmann als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Buchst. a und Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft (ABl. 2002, L 80, S. 29).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Ethnikos Organismos Pistopoiisis Prosonton & Epangelmatikou Prosanatolismou (Eoppep) (Nationale Agentur für die Anerkennung von Befähigungsnachweisen und für Berufsberatung [Eoppep], Griechenland) und dem Elliniko Dimosio (griechischer Staat) wegen einer gegen diese Agentur verhängten Geldbuße, weil sie es unterlassen hat, der zuständigen Verwaltung die Unterlagen vorzulegen, die belegen, dass die Arbeitnehmervertreter des Eoppep vor der Abberufung zweier Arbeitnehmerinnen von ihren Posten unterrichtet und angehört worden waren.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        In den Erwägungsgründen 7 bis 10 der Richtlinie 2002/14 heißt es:

„(7)      Die Stärkung des Dialogs und die Schaffung eines Klimas des Vertrauens im Unternehmen sind notwendig, um Risiken frühzeitig zu erkennen, bei gleichzeitiger Absicherung der Arbeitnehmer[,] die Arbeitsorganisation flexibler zu gestalten und den Zugang der Arbeitnehmer zur Fortbildung im Unternehmen zu fördern, die Arbeitnehmer für die Notwendigkeit von Anpassungen zu sensibilisieren, die Bereitschaft der Arbeitnehmer zur Teilnahme an Maßnahmen und Aktionen zur Verbesserung ihrer Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen, die Arbeitnehmer stärker in die Unternehmensabläufe und in die Gestaltung der Zukunft des Unternehmens einzubeziehen und dessen Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

(8)      Es ist insbesondere notwendig, die Unterrichtung und Anhörung zu Beschäftigungssituation und wahrscheinlicher Beschäftigungsentwicklung im Unternehmen und – für den Fall, dass die vom Arbeitgeber vorgenommene Bewertung auf eine potenzielle Bedrohung der Beschäftigung im Unternehmen schließen lässt – zu etwaigen geplanten antizipativen Maßnahmen, insbesondere in den Bereichen Ausbildung und Qualifizierung der Arbeitnehmer, zu fördern und zu intensivieren, um so mögliche negative Auswirkungen zu vermeiden oder ihre Konsequenzen abzumildern und die Beschäftigungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der möglicherweise betroffenen Arbeitnehmer zu verbessern.

(9)      Eine rechtzeitige Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer ist eine Vorbedingung für die erfolgreiche Bewältigung der Umstrukturierungsprozesse und für eine erfolgreiche Anpassung der Unternehmen an die im Zuge der Globalisierung der Wirtschaft – insbesondere durch die Entstehung neuer Formen der Arbeitsorganisation – geschaffenen neuen Bedingungen.

(10)      Die [Europäische] Gemeinschaft hat eine Beschäftigungsstrategie entwickelt, die sie nun umsetzt und in deren Mittelpunkt die Begriffe ‚Antizipation‘, ‚Prävention‘ und ‚Beschäftigungsfähigkeit‘ stehen, wobei diese zentralen Konzepte in sämtliche staatlichen Maßnahmen integriert werden sollen, mit denen positive Beschäftigungseffekte erzielt werden können, einschließlich der Maßnahmen einzelner Unternehmen; dies soll durch einen Ausbau des sozialen Dialogs geschehen, damit bei der Förderung des Wandels das übergeordnete Ziel der Beschäftigungssicherung im Auge behalten wird.“

4        Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2002/14 bestimmt:

„Ziel dieser Richtlinie ist die Festlegung eines allgemeinen Rahmens mit Mindestvorschriften für das Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer von in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmen oder Betrieben.“

5        In Art. 2 der Richtlinie 2002/14 heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)      ‚Unternehmen‘ ein öffentliches oder privates Unternehmen, das eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, unabhängig davon, ob es einen Erwerbszweck verfolgt oder nicht, und das im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ansässig ist;

f)      ‚Unterrichtung‘ die Übermittlung von Informationen durch den Arbeitgeber an die Arbeitnehmervertreter, um ihnen Gelegenheit zur Kenntnisnahme und Prüfung der behandelten Frage zu geben;

g)      ‚Anhörung‘ die Durchführung eines Meinungsaustauschs und eines Dialogs zwischen Arbeitnehmervertretern und Arbeitgeber.“

6        Art. 4 („Modalitäten der Unterrichtung und Anhörung“) Abs. 2 der Richtlinie 2002/14 bestimmt:

„Unterrichtung und Anhörung umfassen

a)      die Unterrichtung über die jüngste Entwicklung und die wahrscheinliche Weiterentwicklung der Tätigkeit und der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens oder des Betriebs;

b)      die Unterrichtung und Anhörung zu Beschäftigungssituation, Beschäftigungsstruktur und wahrscheinlicher Beschäftigungsentwicklung im Unternehmen oder Betrieb sowie zu gegebenenfalls geplanten antizipativen Maßnahmen, insbesondere bei einer Bedrohung für die Beschäftigung;

c)      die Unterrichtung und Anhörung zu Entscheidungen, die wesentliche Veränderungen der Arbeitsorganisation oder der Arbeitsverträge mit sich bringen können, einschließlich solcher, die Gegenstand der in Artikel 9 Absatz 1 genannten Gemeinschaftsbestimmungen sind.“

 Griechisches Recht

 Präsidialdekret 240/2006

7        Mit dem Proedriko Diatagma 240/2006, Peri thespiseos genikou plaisiou enimeroseos kai diavoulefseos ton ergasomenon, simfona me tin Odigia 2002/14/ΕΚ tis 11.3.2002 tou Evropaikou Koivovouliou kai tou Simvouliou (Präsidialdekret 240/2006 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer gemäß der Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002) vom 9. November 2006 (FEK A' 252/16.11.2006, im Folgenden: Präsidialdekret 240/2006) wurde die Richtlinie 2002/14 in die griechische Rechtsordnung umgesetzt.

8        Art. 2 des Präsidialdekrets 240/2006 übernimmt die in Art. 2 der Richtlinie 2002/14 enthaltenen Begriffsbestimmungen.

9        Art. 4 („Praktische Modalitäten der Unterrichtung und Anhörung“) dieses Präsidialdekrets übernimmt in seinen Abs. 2 bis 4 die Regelungen von Art. 4 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 2002/14.

 Gesetz 4115/2013

10      Der Nomos 4115/2013, Organosi kai leitourgia Idrimatos Neolaias kai Dia Viou Mathisis kai Ethnikou Organismou Pistopoiisis Prosonton & Epangelmatikou Prosanatolismou kai alles diatakseis (Gesetz 4115/2013, Organisation und Betrieb der Stiftung für Jugend und lebenslanges Lernen und der Nationalen Agentur für die Anerkennung von Befähigungsnachweisen und für Berufsberatung sowie andere Bestimmungen) vom 29. Januar 2013 (FEK A' 24/30.1.2013, im Folgenden: Gesetz 4115/2013) legt u. a. die Zuständigkeiten und Aufgaben des Eoppep fest.

11      Art. 13 des Gesetzes 4115/2013 bestimmt:

„(1)      Durch den Gemeinsamen Erlass 119959/H/20.10.2011 … [des Ministers für Finanzen und des Ministers] für Erziehung und Bildung, lebenslanges Lernen und religiöse Angelegenheiten …, wurden die juristische Person des Privatrechts ‚Ethniko Kentro Pistopoiisis Domon Dia Viou Mathisis‘ [(Ekepis)] (Nationales Zentrum für die Anerkennung von Strukturen für lebenslanges Lernen) und die juristische Person des Privatrechts ‚Εthniko Kentro Epangelmatikou Prosanatolismou‘ [(ΕΚΕP)] (Nationales Zentrum für Berufsberatung) … in der juristischen Person des Privatrechts ‚Ethnikos Organismos Pistopoiisis Prosonton‘ [(ΕΟPP)] (Nationale Agentur für die Anerkennung von Befähigungsnachweisen) verschmolzen … und als eigenständige juristische Personen aufgelöst. Durch diesen Gemeinsamen Erlass wurde die juristische Person des Privatrechts mit dem Namen ‚Ethnikos Organismos Pistopoiisis Prosonton‘ [(EOPP)] umbenannt in ‚Ethnikos Organismos Pistopoiisis Prosonton & Epangelmatikou Prosanatolismou‘ [(Eoppep)] (Nationale Agentur für die Anerkennung von Befähigungsnachweisen und für Berufsberatung).

(2)      Der Eoppep ist eine juristische Person des Privatrechts, die dem öffentlichen Sektor im weiten Sinne zugeordnet ist; er verfügt über Autonomie in administrativer und finanzieller Hinsicht, ist gemeinnützig und verfolgt keinen Erwerbszweck, arbeitet im öffentlichen Interesse und steht unter der Aufsicht des Ministers für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport. …“

12      Art. 14 des Gesetzes 4115/2013 sieht vor:

„(1)      Der Eoppep ist eine nationale Einrichtung zur Anerkennung des Einsatzes [(Input)] und der Ergebnisse [(Output)] der nicht formalen Bildung und des nicht formalen Lernens; er handelt als nationale Struktur der europäischen Netze zur Verwaltung der Befähigungsnachweise und der europäischen Transparenz- und Mobilitätsinstrumente, wie die nationale Koordinierungsstelle für den Europäischen Qualifikationsrahmen, das nationale Zentrum für den Europass, das nationale griechische Informationszentrum für berufliche Orientierung; er ist Mitglied des europäischen Netzes Euroguidance, die nationale Referenzstelle für den Europäischen Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung (EQA-VET) und für das Europäische Leistungspunktesystem für die Berufsbildung (ECVET).

(2)      Die Ziele, die der Eoppep verfolgt, sind u. a. folgende:

a)      Anerkennung des Inputs der nicht formalen Bildung, insbesondere:

aa)      Anerkennung von Strukturen, beruflichen Kursen und Programmen der Grundqualifikation und Weiterbildung und allgemein der nicht formalen Bildung, einschließlich der allgemeinen Erwachsenenbildung,

bb)      Anerkennung von Einrichtungen, die begleitende Dienstleistungen erbringen, und von Einrichtungen, die Beratungsdienstleistungen im Bereich der beruflichen Orientierung erbringen, und

cc)      gegebenenfalls Erteilung einer Betriebslizenz an diese Einrichtungen,

b)      Gewährleistung der Voraussetzungen und Verfolgung der Ziele – im Bereich der Anerkennung des Inputs und des Outputs der nicht formalen Bildung – um die es in den nationalen, europäischen oder kofinanzierten Programmen für berufliche Bildung geht,

c)      Einführung und Entwicklung des Nationalen Qualifikationsrahmens und Abstimmung mit dem Europäischen Qualifikationsrahmen, Abstimmung der im Wege der formalen oder nicht formalen Bildung sowie des nicht formalen Lernens erworbenen Befähigungsnachweise mit den Niveaus des Nationalen Qualifikationsrahmens, Abstimmung des letztgenannten Rahmens mit internationalen sektoriellen Befähigungsnachweisen und Erstellung von beschreibenden sektoriellen Indikatoren im Bereich von Kenntnissen, Kompetenzen und Fähigkeiten, die den Niveaus des Nationalen Qualifikationsrahmens entsprechen,

d)      Anerkennung des Outputs der nicht formalen Bildung und des nicht formalen Lernens, insbesondere:

aa)      Einführung eines Systems der Anerkennung und Validierung der im Wege der nicht formalen Bildung und des nicht formalen Lernens erworbenen Befähigungsnachweise, Anerkennung dieser Befähigungsnachweise und Abstimmung dieser Befähigungsnachweise mit den Niveaus des Nationalen Qualifikationsrahmens,

bb)      Anerkennung von Ausbildern für Erwachsene, von Führungskräften, die unterstützende Dienstleistungen begleiten, sowie von Führungskräften, die Beratungsdienstleistungen erbringen, und

cc)      Erteilung von Lizenzen, Kontrolle und Überwachung der Funktionsweise der Einrichtungen zur Anerkennung von im Wege der nicht formalen Bildung oder des nicht formalen Lernens erworbenen Befähigungsnachweisen,

e)      Erarbeitung und Umsetzung eines Systems der Übertragung von Leistungspunkten [(Credit Points)] der beruflichen Bildung und Ausbildung;

f)      Gewährleistung der Qualität der Weiterbildung und der Beratung zur beruflichen Orientierung (BBO) während des ganzen Lebens, in Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Akteuren,

g)      Vorschlag der Festlegung der beruflichen Rechte von Inhabern von im Rahmen der Weiterbildung, mit Ausnahme der Hochschulbildung, erworbenen Befähigungsnachweisen,

h)      Anerkennung der Gleichwertigkeit der von nicht mehr bestehenden griechischen Einrichtungen der beruflichen Bildung und Ausbildung erteilten Diplomen sowie Anerkennung der Gleichwertigkeit ausländischer Diplome der beruflichen Bildung und Ausbildung, mit Ausnahme der Diplome der Hochschulbildung,

i)      Erbringung einer wissenschaftlichen und technischen Unterstützung für die zuständigen Stellen des Ministeriums für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport und des Ministeriums für Arbeit, Soziale Sicherheit und Vorsorge im Rahmen der Planung und Umsetzung der nationalen Politik über die Beratung zur beruflichen Orientierung,

j)      Entwicklung der Kommunikation und Koordinierung der Tätigkeiten der öffentlichen und privaten Akteure, die Dienstleistungen der ‚Beratung zur beruflichen Orientierung‘ erbringen, um bereits erbrachte Dienstleistungen durch fortgesetzte Information und fortgesetzten Informationsaustausch zu verbessern,

k)      Aufbau eines nationalen Netzes, das alle interessierten Einrichtungen und Personen über Bildungs- und Ausbildungsfragen sowie über den Austausch mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union informieren und aufklären soll,

l)      Erbringung von Dienstleistungen der Berufsberatung jeder Art und Form zugunsten der zuständigen Stellen des Ministeriums für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport und des Ministeriums für Arbeit, Soziale Sicherheit und Vorsorge, der Zentren und Einrichtungen für berufliche Bildung und Ausbildung, der Unternehmen sowie der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen,

m)      Bildung, Ausbildung und Weiterbildung der Führungskräfte des Sektors ‚Beratung zur beruflichen Orientierung‘ in Zusammenarbeit mit und/oder in Ergänzung zu den Stellen (Strukturen), die im Ministerium für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport und im Ministerium für Arbeit, Soziale Sicherheit und Vorsorge bestehen,

n)      Festlegung einerseits der Bedingungen und Regeln für die Funktionsweise der Einrichtungen der Beratung zur beruflichen Orientierung und andererseits der Mindestqualifikationen der Führungskräfte, die diese Dienstleistungen erbringen, sowie Führung entsprechender Register,

o)      Festlegung der Voraussetzungen, die für die Erbringung von Dienstleistungen der Beratung zur beruflichen Orientierung durch natürliche oder juristische Personen erforderlich sind, der Spezifikationen für die Anerkennung der ausreichenden Befähigung der Führungskräfte, die Dienstleistungen der Beratung zur beruflichen Orientierung erbringen, der Verfahren, die einzuhalten sind, um die Qualität der erbrachten Dienstleistungen zu gewährleisten, und Führung der entsprechenden Register.

(6)      Der Eoppep fungiert als Verwaltungsorgan der Weiterbildung …“

13      Art. 20 des Gesetzes 4115/2013 bestimmt:

„(1)      Der Eoppep erhebt gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes Gebühren für die Bewertung und die Aufnahme in die in Art. 21 genannten Register, für die Zulassung der privaten Zentren und Agenturen der Berufsberatung, für die Zulassung und Anerkennung der Dienstleister für Weiterbildung, für die Zulassung der Einrichtungen, die Befähigungsnachweise anerkennen, für die Anerkennung von Befähigungsnachweisen natürlicher Personen, für die Anerkennung von berufsbildenden Kursen und Programmen sowie für die Gleichwertigkeit von Diplomen. Die Natur und die Höhe der Gebühren, ihre Entsprechung in Bezug auf die Kosten der speziell erbrachten Dienstleistungen nach Satz 1 dieses Absatzes sowie die Modalitäten der Erhebung dieser Gebühren werden durch einen Gemeinsamen Erlass [des Ministers für Finanzen und des Ministers] für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport auf Vorschlag des Verwaltungsrats des [Eoppep] festgelegt.

(2)      Die Gebühren sollen die Kosten decken für die Kontrolle, die Bewertung, die Anerkennung, die Führung spezieller Register, die Förderung der Verwendung der gemäß den Zuständigkeiten des [Eoppep] anerkannten Befähigungsnachweise sowie für Aktionen zur Information der Bürger über diese Dienstleistungen.

(3)      Kosten für die Überwachung werden bei den Einrichtungen erhoben, die gemäß Art. 19 dieses Gesetzes der Überwachung durch den [Eoppep] unterstellt sind. Diese Kosten werden durch einen Gemeinsamen Erlass [des Ministers für Finanzen und des Ministers] für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport auf Vorschlag des Verwaltungsrats des [Eoppep] festgelegt.

(4)      Die Gebühren und die Kosten für die Überwachung werden auf Konten des [Eoppep] eingezahlt und zur Deckung aller in Abs. 2 genannten Kosten verwendet.“

14      Art. 23 des Gesetzes 4115/2013 sieht vor:

„(1)      Die Mittel des Eoppep sind die, die die gesetzlichen Bestimmungen den nunmehr verschmolzenen Einrichtungen sowie der Einrichtung, in der sie aufgegangen sind, zugewiesen haben; sie können u. a. bestehen aus:

a)      Subventionen aus dem ordentlichen Haushalt des Ministeriums für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport;

b)      Subventionen und Finanzierungen jeglicher Art aus dem öffentlichen Investitionsprogramm, von der Union … von anderen internationalen Organisationen sowie aus kofinanzierten Programmen;

c)      Einkünfte aus der Verwaltung des Vermögens [des Eoppep], Zinsen aus der finanziellen Nutzung seiner Reserven und alle anderen Einkünfte aus der Nutzung seiner Aktiva;

d)      Einnahmen aus der Ausführung von Arbeiten und Dienstleistungen, die dem Eoppep vom Minister für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport übertragen worden sind oder für Dritte, wie insbesondere öffentliche Dienste, nationale und internationale Organisationen, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts und Einzelne, durchgeführt werden, wobei diese Arbeiten aufgrund eines Beschlusses des Verwaltungsrats [des Eoppep] ausgeführt werden;

g)      Einnahmen aus der Zahlung von Gebühren und Überwachungskosten, die gezahlt werden für die Anerkennung von Befähigungsnachweisen, die Anerkennung von Ausbildern für Erwachsene und von Führungskräften, die unterstützende Dienstleistungen begleiten, für die Gleichwertigkeit von Diplomen, für die Zulassung und die Kontrolle der Einrichtungen zur Qualifizierung und Anerkennung von Strukturen, für die Anerkennung und Zulassung von Dienstleistern im Bereich Weiterbildung und für die Anerkennung von privaten Agenturen oder Zentren der Berufsberatung und der Führungskräfte für die Beratung zur beruflichen Orientierung.

…“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

15      Der Eoppep ist eine juristische Person des Privatrechts im öffentlichen Sektor, die durch Verschmelzung und Übernahme anderer Einrichtungen im Jahr 2011 gebildet wurde und zum Ziel hat, insbesondere Aufgaben der beruflichen Orientierung aller Art zugunsten des Ministeriums für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport und des Ministeriums für Arbeit, Soziale Sicherheit und Vorsorge, von Unternehmen sowie Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerorganisationen zu erfüllen.

16      Mit Beschluss des Verwaltungsrats des Eoppep vom 16. Februar 2012 wurde PM zur geschäftsführenden Leiterin der Abteilung Anerkennung von Befähigungsnachweisen dieser Einrichtung ernannt; DM wurde zur geschäftsführenden stellvertretenden Direktorin der Direktion Verwaltung und Finanzen sowie zur geschäftsführenden Leiterin der Abteilung Wirtschaftsdienste dieser Einrichtung ernannt. Mit einem den erstgenannten Beschluss abändernden Beschluss des Verwaltungsrats des Eoppep vom 17. Juni 2013 wurde DM geschäftsführende Direktorin der Direktion Verwaltung und Finanzen dieser Einrichtung.

17      Nach der Veröffentlichung der Geschäftsordnung des Eoppep beschloss dessen Verwaltungsrat am 18. Januar 2018, dass DM ihre Aufgaben als geschäftsführende Direktorin der Direktion Verwaltung und Finanzen des Eoppep bis zur Auswahl und Ernennung eines Direktors für diese Direktion weiterhin ausüben solle. Am 14. Februar 2018 beschloss der Verwaltungsrat, DM von ihrem Posten einer geschäftsführenden Direktorin dieser Direktion mit der Begründung zu entbinden, dass sie diese Aufgabe nicht zufriedenstellend erfüllen könne. DM wurde jedoch weiterhin in der Abteilung Verwaltung verwendet.

18      Mit Beschluss des Verwaltungsrats des Eoppep vom 21. Februar 2018 wurde PM ihres Postens als geschäftsführende Leiterin der Abteilung Anerkennung von Befähigungsnachweisen enthoben, aber weiterhin als Bedienstete in dieser Abteilung verwendet. Dieser Beschluss erging aufgrund der Bedürfnisse des Eoppep, um auf seiner Verfasstheit innewohnende Ziele zu reagieren. Mit diesem Beschluss wurde ein anderer Arbeitnehmer, KG, von seinem Posten als Leiter der Abteilung Erteilung von Lizenzen für Strukturen enthoben, aber weiterhin in der Abteilung Wissensverwaltung und elektronische Steuerung verwendet, während ein weiterer Arbeitnehmer, AA, zum geschäftsführenden Leiter der Abteilung Finanzen des Eoppep ernannt wurde.

19      DM und PM fochten die Beschlüsse des Verwaltungsrats des Eoppep vom 14. Februar 2018 bzw. 21. Februar 2018 bei der Inspektion für Arbeitsverhältnisse an. Diese befand nach einer Untersuchung, dass der Eoppep dadurch gegen das Präsidialdekret verstoßen habe, dass er vor der Abberufung von DM und PM von ihren Funktionen nicht die Arbeitnehmervertreter unterrichtet und angehört habe. Folglich verhängte der griechische Staat gegen den Eoppep eine Geldbuße von 2 250 Euro wegen Verstoßes gegen das Präsidialdekret.

20      Hiergegen erhob der Eoppep Klage vor dem vorlegenden Gericht. Zur Begründung der Klage macht er geltend, dass er kein Unternehmen, das eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe, im Sinne des Präsidialdekrets 240/2006 und der Richtlinie 2002/14 sei und daher nicht in den Anwendungsbereich dieser Regelungen falle, dass DM und PM über den temporären Charakter ihrer jeweiligen Ernennung auf den Posten der Direktorin der Direktion Verwaltung und Finanzen bzw. der Leiterin der Abteilung Anerkennung von Befähigungsnachweisen informiert gewesen seien und dass der geltend gemachte Verstoß zwei Bedienstete betreffe, denen gegenüber das im Präsidialdekret vorgesehene Verfahren der Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmervertreter keine Anwendung finde, weil die diese beiden Bediensteten betreffenden Beschlüsse allein der Weisungsbefugnis des Eoppep unterlägen.

21      Der griechische Staat macht vor dem vorlegenden Gericht geltend, dass die Klage als unbegründet abzuweisen sei.

22      Das vorlegende Gericht weist zum einen darauf hin, dass die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit durch den Eoppep durch die nationalen Rechtsvorschriften, die dessen Zuständigkeiten regelten, offenbar nicht ausgeschlossen sei. Denn es sei möglich, dass für einige seiner Zuständigkeiten, insbesondere die Durchführung von Dienstleistungen der Berufsberatung zugunsten der zuständigen Stellen der Ministerien, der Einrichtungen für berufliche Bildung, der Unternehmen und der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, Märkte vorhanden seien, auf denen mit dem Eoppep konkurrierende Unternehmen ihre Tätigkeit entfalteten. Außerdem umfassten die wirtschaftlichen Mittel des Eoppep auch Einnahmen aus der Ausführung eines Werkes oder von Diensten. Der Gesetzgeber habe also vorgesehen, dass der Eoppep zumindest teilweise als Marktteilnehmer handele.

23      Zum anderen stellt das vorlegende Gericht klar, dass PM von ihren Aufgaben aus Gründen abberufen worden sei, die die ordnungsgemäße Funktionsweise des Dienstes beträfen, der Posten des Abteilungsleiters, den sie innegehabt habe, aber nicht gestrichen worden sei. Das vorlegende Gericht fragt sich daher, ob diese Abberufung einen Sachverhalt darstelle, in dem die Richtlinie 2002/14 und das sie umsetzende Präsidialdekret 240/2006 verlangten, vor dieser Abberufung die Arbeitnehmervertreter zu unterrichten und anzuhören.

24      Unter diesen Umständen hat das Dioikitiko Protodikeio Athinon (Verwaltungsgericht Athen, Griechenland) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      a)      Was ist unter einem Unternehmen, das eine „wirtschaftliche Tätigkeit ausübt“, im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/14 zu verstehen?

b)      Fallen unter diesen Begriff juristische Personen des Privatrechts, wie der Eoppep, die in Wahrnehmung ihrer Zuständigkeit für die Anerkennung von Berufsbildungseinrichtungen als juristische Personen des öffentlichen Rechts in Ausübung hoheitlicher Befugnisse handeln, wenn

i)      sich bei einigen seiner Tätigkeiten, insbesondere der Erbringung verschiedenster Dienstleistungen der Berufsberatung für die zuständigen Stellen der Ministerien, Zentren und Einrichtungen für berufliche Aus- und Weiterbildung, Unternehmen sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen (Art. 14 Abs. 2 Buchst. l des Gesetzes 4115/2013), wie sich aus der Regelung in Art. 14 Abs. 2 Buchst. o des Gesetzes 4115/2013 – einer Bestimmung über die Festlegung der Voraussetzungen für die Erbringung von Dienstleistungen der Berufsberatung durch natürliche und juristische Personen in Griechenland – ergibt, nicht ausschließen lässt, dass es einen Markt gibt, auf dem Handelsunternehmen tätig sind, die mit dem Kläger im Wettbewerb stehen;

ii)      zu den Mitteln des Klägers nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. d dieses Gesetzes die Einnahmen aus der Ausübung von Tätigkeiten und der Erbringung von Dienstleistungen entweder im Auftrag des Ministers für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport oder für Dritte wie insbesondere öffentliche Dienste, nationale und internationale Organisationen, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts und Einzelne zählen, und

iii)      für die sonstigen Dienstleistungen des Klägers nach Art. 20 des Gesetzes 4115/2013 Gebühren zu entrichten sind?

c)      Ist es für die Beantwortung der vorstehenden Frage von Belang, dass von den verschiedenen Tätigkeiten (Art. 14 Abs. 2 des Gesetzes 4115/2013) der juristischen Person des Privatrechts mutmaßlich nur einige in einem Marktumfeld ausgeübt werden, und, wenn ja, reicht es aus, dass der Gesetzgeber beabsichtigt hat (Art. 14 Abs. 2 Buchst. l und Art. 23 Abs. 1 Buchst. d des Gesetzes 4115/2013), dass diese juristische Person zumindest teilweise als Marktteilnehmer agieren soll, oder muss nachgewiesen werden, dass sie in Bezug auf eine bestimmte Tätigkeit tatsächlich in einem Marktumfeld handelt?

2.      a)      Was ist unter „Beschäftigungssituation“, „Beschäftigungsstruktur“ und „wahrscheinlicher Beschäftigungsentwicklung“ im Unternehmen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/14, bezüglich deren eine Pflicht zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer besteht, zu verstehen?

b)      Fällt es unter diese Begriffe, wenn im Anschluss an die Annahme der Geschäftsordnung der juristischen Person, hier des Eoppep, Arbeitnehmer von Führungspositionen, in die sie nach der Verschmelzung der juristischen Personen des Privatrechts EKEPIS und EKEP mit dem Eoppep vorläufig ernannt wurden, entbunden werden, ohne dass diese Posten durch die Geschäftsordnung gestrichen worden wären, mit der Folge, dass die Pflicht zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer vor deren Entbindung von ihren jeweiligen Aufgaben begründet wird?

c)      Ist es für die Beantwortung der vorstehenden Frage von Belang,

i)      ob die Entbindung des Arbeitnehmers von der Führungsposition unter Hinweis darauf erfolgte, dass die ordnungsgemäße Funktionsweise der juristischen Person gewährleistet und deren dienstlichen Belangen Rechnung getragen werden solle, damit sie die mit ihrer Gründung verfolgten Ziele erreichen könne, oder ob sie wegen unzureichender Erfüllung seiner Aufgaben als geschäftsführender Leiter erfolgte,

ii)       dass die von den Führungspositionen entbundenen Arbeitnehmer weiterhin bei der juristischen Person beschäftigt waren, oder

iii)      dass durch denselben Beschluss des zuständigen Organs der juristischen Person über die Entbindung bestimmter Arbeitnehmer von Führungspositionen andere Personen vorläufig auf Führungspositionen ernannt wurden?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

25      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/14 dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung eine juristische Person des Privatrechts erfasst, die wie eine Person des öffentlichen Rechts handelt und unter hoheitliche Befugnisse fallende Tätigkeiten ausübt, im Übrigen aber Dienstleistungen gegen Entgelt erbringt, die mit von Marktteilnehmern erbrachten Dienstleistungen in Wettbewerb stehen.

26      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/14 den Begriff „Unternehmen“ dahin definiert, dass er jedes öffentliche oder private Unternehmen umfasst, das eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, unabhängig davon, ob es einen Erwerbszweck verfolgt oder nicht.

27      Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Kontext des Wettbewerbsrechts den Begriff „Unternehmen“ so definiert hat, dass er jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung umfasst, und zwar unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11 November 2021, Manpower Lit, C‑948/19, EU:C:2021:906, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Zum Begriff „wirtschaftliche Tätigkeit“, der in der Richtlinie 2002/14 nicht definiert wird, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof mehrfach entschieden hat, dass dieser Begriff, der in verschiedenen Richtlinien über Arbeitnehmerrechte enthalten ist, jede Tätigkeit umfasst, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 20. Juli 2017, Piscarreta Ricardo, C‑416/16, EU:C:2017:574, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 11. November 2021, Manpower Lit, C‑948/19, EU:C:2021:906, Rn. 36 und 37 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

29      Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse sind grundsätzlich nicht als wirtschaftliche Tätigkeiten einzustufen. Demgegenüber werden als wirtschaftliche Tätigkeiten Dienstleistungen eingestuft, die, ohne dass es sich um eine Ausübung hoheitlicher Befugnisse handelte, im öffentlichen Interesse und ohne Erwerbszweck erbracht werden und mit Dienstleistungen von Wirtschaftsteilnehmern, die einen Erwerbszweck verfolgen, in Wettbewerb stehen. Der Umstand, dass solche Dienstleistungen gegenüber vergleichbaren Dienstleistungen von Wirtschaftsteilnehmern, die einen Erwerbszeck verfolgen, im Wettbewerb benachteiligt sind, hindert nicht daran, die fraglichen Tätigkeiten als wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen (Urteil vom 11. November 2021, Manpower Lit, C‑948/19, EU:C:2021:906, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Angesichts des Ziels der Richtlinie 2002/14 und des Wortlauts insbesondere ihres Art. 2 Buchst. a ist davon auszugehen, dass die Auslegung des Begriffs „wirtschaftliche Tätigkeit“, die sich aus den Rn. 27 und 29 des vorliegenden Urteils ergibt, auf die Richtlinie 2002/14 übertragbar ist.

31      Damit ist zur Beantwortung der Frage, ob Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/14 eine Einrichtung wie den Eoppep erfasst, allerdings noch zu bestimmen, ob eine Einrichtung wie dieser eine Tätigkeit ausübt, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten.

32      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass nach Art. 14 Abs. 2 des Gesetzes 4115/2013 Ziele des Eoppep nicht nur die Anerkennung von Bildungseinrichtungen oder die Anerkennung der Gleichwertigkeit von Diplomen sind, Tätigkeiten, die nach Ansicht des vorlegenden Gerichts unter die Ausübung einer hoheitlichen Befugnis fallen, sondern auch unter anderem, wie sich dies aus den Buchst. i, j, l und m dieses Absatzes ergibt, die Erbringung einer wissenschaftlichen und technischen Unterstützung für die zuständigen Stellen des Ministeriums für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport und des Ministeriums für Arbeit, Soziale Sicherheit und Vorsorge, im Rahmen der Planung und Durchführung der nationalen Politik über die Beratung zur beruflichen Orientierung, die Entwicklung der Kommunikation und Koordinierung der Tätigkeiten der öffentlichen und privaten Akteure, die Dienstleistungen der „Beratung zur beruflichen Orientierung“ erbringen, um bereits erbrachte Dienstleistungen durch fortgesetzte Information und fortgesetzten Informationsaustausch zu verbessern, die Erbringung von Dienstleistungen der beruflichen Orientierung jeder Art und Form zugunsten der zuständigen Stellen dieser Ministerien, der Zentren und Einrichtungen für berufliche Bildung und Ausbildung, der Unternehmen sowie der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen sowie Bildung, Ausbildung und Weiterbildung der Führungskräfte des Sektors „Beratung zur beruflichen Orientierung“ in Zusammenarbeit mit und/oder in Ergänzung zu den Stellen (Strukturen), die in diesen Ministerien bestehen.

33      Zum einen ist allerdings festzustellen, dass die letztgenannten Tätigkeiten nicht von vornherein unter die Ausübung hoheitlicher Befugnisse fallen. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass es Märkte gibt, auf denen Handelsunternehmen tätig sind, die mit dem Eoppep konkurrieren und einen Erwerbszweck verfolgen, es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts ist, zu überprüfen, ob dies tatsächlich der Fall ist.

34      Zum anderen werden die Tätigkeiten des Eoppep nicht ausschließlich aus den Gebühren und Überwachungskosten nach Art. 20 des Gesetzes 4115/2013 finanziert, sondern auch aus den Einkünften und Einnahmen, die in Art. 23 dieses Gesetzes genannt werden, insbesondere aus Einnahmen aus der Ausführung von Arbeiten und Dienstleistungen, die dieser Einrichtung vom Minister für Erziehung und Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Sport übertragen worden sind oder für Dritte, wie insbesondere öffentliche Dienste, nationale und internationale Organisationen, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts sowie Einzelne, durchgeführt werden, wobei diese Arbeiten aufgrund eines Beschlusses des Verwaltungsrats des Eoppep ausgeführt werden.

35      Nach den der Vorlageentscheidung zu entnehmenden Informationen, deren Überprüfung Sache des vorlegenden Gerichts ist, sind diese Einnahmen insoweit ein Entgelt für die Tätigkeiten des Eoppep, als sie die wirtschaftliche Gegenleistung für die von diesem erbrachte Dienstleistung darstellen, wobei die Gegenleistung in der Regel zwischen dem Erbringer und dem Empfänger vereinbart wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. November 2021, Manpower Lit, C‑948/19, EU:C:2021:906, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      In Anbetracht dieser Gesichtspunkte und vorbehaltlich ihrer Überprüfung durch das vorlegende Gericht ist davon auszugehen, dass der Eoppep teilweise eine Tätigkeit ausübt, die darin besteht, Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten und er daher unter den Begriff „Unternehmen“ im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/14 fällt.

37      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/14 dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung eine juristische Person des Privatrechts erfassen kann, die wie eine Person des öffentlichen Rechts handelt und unter hoheitliche Befugnisse fallende Tätigkeiten ausübt, sofern sie im Übrigen Dienstleistungen gegen Entgelt erbringt, die mit von Marktteilnehmern erbrachten Dienstleistungen in Wettbewerb stehen.

 Zur zweiten Frage

38      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/14 dahin auszulegen ist, dass die dort vorgesehene Pflicht zur Unterrichtung und Anhörung auf den Wechsel der Stelle bei einer kleinen Anzahl von geschäftsführend auf leitende Positionen ernannten Arbeitnehmern Anwendung findet, wenn dieser Wechsel nicht geeignet ist, die Beschäftigungssituation, die Beschäftigungsstruktur und die wahrscheinliche Beschäftigungsentwicklung in dem betreffenden Unternehmen zu beeinträchtigen oder die Beschäftigung allgemein zu bedrohen.

39      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/14 das Recht auf Unterrichtung und Anhörung im Sinne dieser Richtlinie „die Unterrichtung und Anhörung zu Beschäftigungssituation, Beschäftigungsstruktur und wahrscheinlicher Beschäftigungsentwicklung im Unternehmen oder Betrieb sowie zu gegebenenfalls geplanten antizipativen Maßnahmen, insbesondere bei einer Bedrohung für die Beschäftigung“, umfasst.

40      Es ist jedoch festzustellen, dass mit der allgemeinen Bezugnahme auf die „Beschäftigung“ der Wortlaut dieser Bestimmung nicht auf individuelle Arbeitsverhältnisse abstellt, erst recht, wenn es nicht zu einer Streichung von Stellen kommt.

41      Die Auslegung, wonach Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/14 auf die Beschäftigungssituation, die Beschäftigungsstruktur und die Beschäftigungsentwicklung in einem Unternehmen oder Betrieb im Allgemeinen und nicht auf die Situation bestimmter individueller Arbeitsverhältnisse innerhalb eines Unternehmens oder Betriebs abstellt, wird durch den achten Erwägungsgrund dieser Richtlinie bestätigt. Denn nach diesem Erwägungsgrund ist es insbesondere das Ziel des Unionsgesetzgebers, „die Unterrichtung und Anhörung zu Beschäftigungssituation und wahrscheinlicher Beschäftigungsentwicklung im Unternehmen und – für den Fall, dass die vom Arbeitgeber vorgenommene Bewertung auf eine potenzielle Bedrohung der Beschäftigung im Unternehmen schließen lässt – zu etwaigen geplanten antizipativen Maßnahmen, insbesondere in den Bereichen Ausbildung und Qualifizierung der Arbeitnehmer, zu fördern und zu intensivieren, um so mögliche negative Auswirkungen zu vermeiden oder ihre Konsequenzen abzumildern und die Beschäftigungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der möglicherweise betroffenen Arbeitnehmer zu verbessern“.

42      Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist davon auszugehen, dass die Richtlinie 2002/14 eine Unterrichtung und eine Anhörung der Arbeitnehmer einführen soll, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Unternehmens oder Betriebs allgemein bedroht wird, um ungünstige Auswirkungen einer negativen Entwicklung der Beschäftigungssituation in diesem Unternehmen oder Betrieb auf die möglicherweise davon betroffenen Arbeitnehmer zu vermeiden oder abzumildern.

43      Im vorliegenden Fall geht aus der Beschreibung des Sachverhalts im Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass keine Gefahr oder Bedrohung für die Beschäftigung innerhalb des Eoppep bestand und dass nur eine sehr begrenzte Anzahl von Personen, nämlich drei von 80 Angestellten, von den Posten, die sie geschäftsführend innehatten, abberufen wurden. Darüber hinaus verloren diese Personen nicht ihre Beschäftigung und verblieben in derselben Abteilung des Eoppep. Außerdem ist vor dem vorlegenden Gericht offenbar nicht einmal geltend gemacht worden, dass die Abberufung und Ersetzung dieser Personen eine Auswirkung auf die Beschäftigungssituation, die Beschäftigungsstruktur und die wahrscheinliche Beschäftigungsentwicklung als solche innerhalb des Eoppep gehabt habe oder gehabt haben könne oder die Beschäftigung in dieser Einrichtung allgemein bedroht habe.

44      In Ermangelung eines Hinweises im Vorabentscheidungsersuchen darauf, dass die Abberufung und Ersetzung einer kleinen Anzahl von Personen, die geschäftsführend auf leitende Posten ernannt worden waren, vorliegend die Beschäftigungssituation, die Beschäftigungsstruktur und die wahrscheinliche Beschäftigungsentwicklung innerhalb des Eoppep beeinträchtigt hat oder beeinträchtigen könnte oder die Beschäftigung in dieser Einrichtung allgemein bedroht, kann Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/14 auf einen solchen Sachverhalt jedoch keine Anwendung finden.

45      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/14 dahin auszulegen ist, dass die dort vorgesehene Pflicht zur Unterrichtung und Anhörung auf den Wechsel der Stelle bei einer kleinen Anzahl von geschäftsführend auf leitende Positionen ernannten Arbeitnehmern keine Anwendung findet, wenn dieser Wechsel nicht geeignet ist, die Beschäftigungssituation, die Beschäftigungsstruktur und die wahrscheinliche Beschäftigungsentwicklung in dem betreffenden Unternehmen zu beeinträchtigen oder die Beschäftigung allgemein zu bedrohen.

 Kosten

46      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft

ist dahin auszulegen, dass

diese Bestimmung eine juristische Person des Privatrechts erfassen kann, die wie eine Person des öffentlichen Rechts handelt und unter hoheitliche Befugnisse fallende Tätigkeiten ausübt, sofern sie im Übrigen Dienstleistungen gegen Entgelt erbringt, die mit von Marktteilnehmern erbrachten Dienstleistungen in Wettbewerb stehen.

2.      Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/14

ist dahin auszulegen, dass

die dort vorgesehene Pflicht zur Unterrichtung und Anhörung auf den Wechsel der Stelle bei einer kleinen Anzahl von geschäftsführend auf leitende Positionen ernannten Arbeitnehmern keine Anwendung findet, wenn dieser Wechsel nicht geeignet ist, die Beschäftigungssituation, die Beschäftigungsstruktur und die wahrscheinliche Beschäftigungsentwicklung in dem betreffenden Unternehmen zu beeinträchtigen oder die Beschäftigung allgemein zu bedrohen.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Griechisch.