Language of document : ECLI:EU:T:2014:131

BESCHLUSS DES GERICHTS (Achte Kammer)

10. März 2014(*)

„Nichtigkeitsklage – Öffentliche Gesundheit – Beschluss, im Rahmen des EU-Pilotprojekts ein Verfahren einzustellen – Einstellung des Beschwerdeverfahrens – Nichteinleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens – Unzulässigkeit“

In der Rechtssache T‑518/12

Darius Nicolai Spirlea, wohnhaft in Cappezzano Piamore (Italien),

Mihaela Spirlea, wohnhaft in Cappezzano Piamore,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte V. Foerster und T. Pahl,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Sipos und G. Wilms als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Spanien, zunächst vertreten durch S. Centeno Huerta, dann durch M. J. García-Valdecasas Dorrego, abogados del Estado,

Streithelfer,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission, das EU-Pilotverfahren 2070/11/SNCO einzustellen, wie er in dem an die Kläger gerichteten Schreiben der Kommission vom 27. September 2012 unter dem Aktenzeichen SANCO/A2/AM/kva (2012) 1245353 wiedergegeben ist,

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias, der Richterin M. Kancheva (Berichterstatterin) und des Richters C. Wetter,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss

 Sachverhalt

1        Die Kläger, Darius Nicolai Spirlea und Mihaela Spirlea, sind die Eltern eines Kindes, dessen Tod im August 2010 durch eine therapeutische Behandlung mit autologen Stammzellen verursacht worden sein soll, die in einer Privatklinik in Düsseldorf (Deutschland) (im Folgenden: Klinik XCell-Center) an ihm durchgeführt worden war. Sie klagten auf nationaler Ebene gegen die deutschen Behörden wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Kontroll- und Aufsichtspflichten im Gesundheitswesen.

2        Am 8. März 2011 legten die Kläger bei der Generaldirektion (GD) Gesundheit der Europäischen Kommission eine Beschwerde ein, in der sie im Wesentlichen geltend machten, die Klinik XCell-Center habe ihren therapeutischen Tätigkeiten nachgehen können, weil die deutschen Behörden untätig geblieben seien. Diese hätten dadurch zum einen gegen die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) und zum anderen gegen die Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83 und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324, S. 121) verstoßen.

3        Im Anschluss an diese Beschwerde eröffnete die Kommission unter dem Aktenzeichen 2070/11/SNCO ein EU-Pilotverfahren und kontaktierte die deutschen Behörden, um zu überprüfen, inwiefern die von den Klägern im Hinblick auf die Praxis der Klinik XCell-Center beschriebenen Ereignisse möglicherweise gegen das Unionsrecht verstießen.

4        Am 10. Mai 2011 und am 10. Oktober 2011 richtete die Kommission zwei Auskunftsersuchen an die Bundesrepublik Deutschland, denen diese am 7. Juli 2011 und am 4. November 2011 nachkam.

5        Am 30. April 2012 teilte die Kommission den Klägern mit, sie könne in Anbetracht der Angaben in der Beschwerde und der im Anschluss an die Auskunftsersuchen der Kommission von den deutschen Behörden übermittelten Stellungnahme keinen Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen Unionsrecht, insbesondere gegen die Richtlinie 2001/83 und die Verordnung Nr. 1304/2007, feststellen. Die Kommission teilte den Klägern ferner mit, dass in Ermangelung zusätzlicher Beweise seitens der Kläger vorgeschlagen werde, die Untersuchung binnen einer Frist von vier Wochen einzustellen.

6        Am 15. Mai 2012 ersuchten die Kläger die Kommission, weitere Ermittlungen im Zusammenhang mit ihrer Beschwerde vorzunehmen und nachzuweisen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen das im vorliegenden Fall anwendbare Unionsrecht verstoßen habe.

7        Mit Schreiben vom 27. September 2012 teilte die Kommission den Klägern ihren Beschluss mit, das EU-Pilotverfahren 2070/11/SNCO endgültig einzustellen (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

8        Am 10. Oktober 2012 ersuchten die Kläger die Kommission erneut, ihren Beschluss, das EU-Pilotverfahren 2070/11/SNCO einzustellen, zu überdenken. Sie ersuchten die Kommission auch darum, ihre Beschwerde im Rahmen des Art. 227 AEUV über das Petitionsrecht der Bürger beim Europäischen Parlament zu behandeln.

9        Am 20. November 2012 teilte die Kommission den Klägern mit, dass das EU-Pilotverfahren 2070/11/SNCO nicht erneut eingeleitet werden könne, da keine neuen Gesichtspunkte vorgebracht worden seien, die die Fortsetzung der Ermittlungen rechtfertigten. Im Übrigen regte die Kommission gegenüber den Klägern an, unmittelbar beim Europäischen Parlament eine Petition nach Art. 227 AEUV einzureichen.

 Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

10      Die Kläger haben mit Klageschrift, die am 27. November 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

11      Mit Schriftsatz, der am 1. März 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Königreich Spanien beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 27. Mai 2013 hat der Präsident der Ersten Kammer des Gerichts diesen Streitbeitritt zugelassen. Das Königreich Spanien hat seinen Streithilfeschriftsatz am 30. Juli 2013 eingereicht.

12      Die Kläger beantragen,

–        die Klage für zulässig zu erklären;

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Spanien, beantragt,

–        die Klage als unzulässig, in jedem Fall aber als unbegründet abzuweisen;

–        den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

14      Mit ihrer Klage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV beantragen die Kläger die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, wie er in dem an sie gerichteten Schreiben der Kommission vom 27. September 2012 unter dem Aktenzeichen SANCO/A2/AM/kva (2012) 1245353 wiedergegeben ist. Im Wesentlichen machen sie drei Klagegründe geltend, mit denen sie das Fehlen einer Rechtsgrundlage für EU-Pilotverfahren, eine Verletzung der Begründungspflicht und einen Verstoß gegen die Mitteilung der Kommission vom 20. März 2002 an das Europäische Parlament und den Europäischen Bürgerbeauftragten über die Beziehungen zum Beschwerdeführer bei Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht (ABl. C 244, S. 5, im Folgenden: Mitteilung vom 20. März 2002) rügen.

15      Nach Art. 113 der Verfahrensordnung kann das Gericht jederzeit von Amts wegen nach Anhörung der Parteien darüber entscheiden, ob unverzichtbare Prozessvoraussetzungen fehlen, zu denen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klage gehören (vgl. Beschluss des Gerichts vom 4. Mai 2012, UPS Europe und United Parcel Service Deutschland/Kommission, T‑344/10, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung). Gemäß Art. 114 § 3 der Verfahrensordnung wird mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt.

16      Im vorliegenden Fall hat die Kommission, ohne gemäß Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung die Einrede der Unzulässigkeit mit besonderem Schriftsatz zu erheben, Argumente in diesem Sinne geltend gemacht, indem sie in ihrer Klagebeantwortung und in ihrer Gegenerwiderung u. a. ausgeführt hat, dass das streitige Schreiben keine anfechtbare Handlung sei; auf diese Argumente sind die Kläger in ihrer Erwiderung eingegangen.

17      Unter diesen Umständen hält sich das Gericht für ausreichend unterrichtet und entscheidet gemäß Art. 114 § 3 der Verfahrensordnung, ohne Eröffnung der mündlichen Verhandlung zu entscheiden.

18      Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Klage, mit der ein Einzelner die Weigerung der Kommission angreift, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten, unzulässig (vgl. Beschluss des Gerichtshofs vom 10. Juli 2007, AEPI/Kommission, C‑461/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung, Beschlüsse des Gerichts vom 5. September 2006, AEPI/Kommission, T‑242/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 27, und vom 16. Oktober 2006, Aisne et Nature/Kommission, T‑173/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 23). Die Weigerung der Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren auf der Grundlage von Art. 258 AEUV gegen einen Mitgliedstaat einzuleiten, stellt nämlich eine unanfechtbare Handlung dar (Beschluss vom 10. Juli 2007, AEPI/Kommission, Rn. 29, und Beschluss des Gerichts vom 7. September 2009, LPN/Kommission, T‑186/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 49).

19      Diese Rechtsprechung ist in der Systematik von Art. 258 AEUV begründet, aus der hervorgeht, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, da sie hinsichtlich der Einleitung dieses Verfahrens über ein Ermessen verfügt. Diese Befugnis schließt das Recht Einzelner, von diesem Organ eine Stellungnahme in einem bestimmten Sinn zu verlangen, und infolgedessen ihr Recht, gegen seine Weigerung, tätig zu werden, eine Nichtigkeitsklage zu erheben, aus (vgl. Beschluss vom 10. Juli 2007, AEPI/Kommission, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung, Beschlüsse des Gerichts vom 14. Januar 2004, Makedoniko Metro und Michaniki/Kommission, T‑202/02, Slg. 2004, II‑181, Rn. 46, und vom 5. September 2006, AEPI/Kommission, Rn. 29).

20      Im Übrigen kann nach der Rechtsprechung eine Entscheidung der Kommission, eine Beschwerde eines Einzelnen nicht weiterzuverfolgen, nur als Ausdruck ihres Willens ausgelegt werden, kein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV gegen den betreffenden Mitgliedstaat einzuleiten, da die Kommission einer solchen Beschwerde nur dadurch stattgeben könnte, dass sie ein Vertragsverletzungsverfahren gegen diesen Mitgliedstaat einleitet (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse des Gerichts Aisne et Nature/Kommission, Rn. 22, und vom 15. Januar 2007, Sellier/Kommission, T‑276/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 9 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Im vorliegenden Fall ist zum einen festzustellen, dass die Kommission im Anschluss an die Beschwerde, die die Kläger am 8. März 2011 bei ihr erhoben hatten, das EU-Pilotverfahren 2070/11/SNCO eröffnete. Im Rahmen dieses Verfahrens kontaktierte sie die deutschen Behörden, um zu überprüfen, inwiefern die von den Klägern im Hinblick auf die Praxis der Klinik XCell-Center beschriebenen Ereignisse möglicherweise gegen die Richtlinie 2001/83 und die Verordnung Nr. 1394/2007 verstießen. Hierzu sandte sie zunächst Auskunftsersuchen an die Bundesrepublik Deutschland. Anschließend wertete die Kommission deren Antworten aus und legte im Bericht vom 30. April 2012 (siehe oben, Rn. 5) ihre vorläufigen Schlussfolgerungen dar. Schließlich beschloss die Kommission, nachdem sie die Kläger aufgefordert hatte, neue Informationen zur Stützung ihrer Beschwerde vorzulegen, ihre Untersuchung einzustellen, wobei sie darauf hinwies, dass sie keinen Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen das Unionsrecht feststellen könne.

22      Zum anderen sind EU-Pilotverfahren, wie aus der Mitteilung der Kommission vom 5. September 2007 „Ein Europa der Ergebnisse – Anwendung des Gemeinschaftsrechts“ (KOM[2007] 502 endgültig) hervorgeht, Untersuchungsverfahren, die dem Beginn der vorprozessualen Phase des Vertragsverletzungsverfahrens im Sinne von Art. 258 AEUV vorausgehen. Zu ihren Zielen gehört insbesondere die Überprüfung der korrekten Anwendung des Unionsrechts und der Vereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften mit den Unionsvorschriften, entweder auf die Beschwerde eines Einzelnen oder auf die eigene Initiative der Kommission hin. Daher kann die Kommission, wenn während eines EU-Pilotverfahrens Indizien aufgezeigt werden, die einen Verstoß gegen das Unionsrecht nahelegen, an den betreffenden Mitgliedstaat Auskunftsersuchen richten und von ihm verlangen, die zur Gewährleistung der Wahrung des Unionsrechts geeigneten Maßnahmen zu erlassen, oder sogar ein Vertragsverletzungsverfahren im Sinne von Art. 258 AEUV einleiten, wenn der Mitgliedstaat die ihm nach dem Vertrag obliegenden Verpflichtungen nicht erfüllt.

23      Es ist jedoch erstens davon auszugehen, dass der angefochtene Beschluss, d. h. die Entscheidung der Kommission, der Beschwerde der Kläger nicht stattzugeben und folglich das EU-Pilotverfahren 2070/11/SNCO einzustellen, nach der oben in Rn. 20 angeführten Rechtsprechung als eine Entscheidung zu verstehen ist, mit der die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens abgelehnt wird. Die Kommission hätte der Beschwerde der Kläger im Rahmen des EU-Pilotverfahrens 2070/11/SNCO nämlich nur dadurch stattgeben können, dass sie gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren im Sinne von Art. 258 AEUV eingeleitet hätte. Eine solche Ablehnung ist jedoch entgegen dem Vorbringen der Kläger eine unanfechtbare Handlung.

24      Zweitens geht aus einer gefestigten Rechtsprechung hervor, dass eine Entscheidung der Kommission, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, ablehnenden Charakter hat, nach der Art des Antrags zu beurteilen ist, der durch sie beschieden wird (vgl. Beschlüsse des Gerichts vom 14. Dezember 2005, Arizona Chemical u. a./Kommission, T‑369/03, Slg. 2005, II‑5839, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung, und LPN/Kommission, Rn. 51).

25      Somit kann eine Weigerung, tätig zu werden, Gegenstand einer Nichtigkeitsklage im Sinne von Art. 263 AEUV sein, wenn die Handlung, die das Organ zu erlassen sich weigert, selbst nach dieser Bestimmung anfechtbar gewesen wäre. In Anbetracht dessen, dass nach Art. 260 AEUV allein der Gerichtshof zu der Feststellung befugt ist, dass ein Mitgliedstaat gegen eine seiner Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen hat, kann der von dem Beschwerdeführer beantragte Akt jedoch nur eine mit Gründen versehene und an diesen Staat gerichtete Stellungnahme der Kommission im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV sein. Da eine solche Stellungnahme nur eine der eventuellen Erhebung einer Vertragsverletzungsklage beim Gerichtshof vorgeschaltete Maßnahme ist, kann sie nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein (vgl. Beschlüsse vom 5. September 2006, AEPI/Kommission, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung, Aisne et Nature/Kommission, Rn. 26, Sellier/Kommission, Rn. 10 und 11, und LPN/Kommission, Rn. 51).

26      In Anbetracht des Vorstehenden ist festzustellen, dass der Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses unzulässig ist.

27      Keines der von den Klägern im Rahmen ihrer Erwiderung vorgetragenen Argumente ist geeignet, diese Schlussfolgerung in Frage zu stellen.

28      Erstens geht die Ansicht fehl, nach der die Kläger auf der Grundlage der Mitteilung vom 20. März 2002 und der von der Kommission gemäß diesen Regeln an die Kläger gerichteten Schreiben eine besondere verfahrensrechtliche Stellung und Verfahrensgarantien beanspruchen könnten, deren Einhaltung einer effektiven Kontrolle durch den Unionsrichter unterliege.

29      Wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, wird durch die Abs. 6 und 7 der Mitteilung vom 20. März 2002 und die Punkte 1 und 14 des Anhangs der Mitteilung nämlich bestätigt, dass die in der Mitteilung aufgestellten Regeln nur interne Verwaltungsmaßnahmen sind, die im Interesse der ordnungsgemäßen administrativen Durchführung der vorprozessualen Phase des Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 Abs. 1 AEUV erlassen wurden. Nach dieser Rechtsprechung ist daher der bloße Umstand, dass sich die Kommission in der Mitteilung verpflichtet hat, sich mit dem Beschwerdeführer in Verbindung zu setzen und ihn schriftlich über den Stand des infolge seiner Beschwerde eingeleiteten Verfahrens zu unterrichten (Punkt 7 des Anhangs der Mitteilung vom 20. März 2002), ihm vorab mitzuteilen, aus welchen Gründen ihre Dienststellen beabsichtigen, die Einstellung seines Beschwerdeverfahrens vorzuschlagen, und ihn zur Mitteilung etwaiger Bemerkungen hierzu aufzufordern (Punkt 10 des Anhangs der Mitteilung vom 20. März 2002), nicht geeignet, das Wesen des Vertragsverletzungsverfahrens oder die rechtliche Tragweite der in seinem Zusammenhang erlassenen Akte wie der mit Gründen versehenen Stellungnahmen und der an die Beschwerdeführer gerichteten Schreiben zu ändern (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Beschluss des Gerichts vom 19. September 2005, Aseprofar und Edifa/Kommission, T‑247/04, Slg. 2005, II‑3449, Rn. 45 bis 48, 55 und 56).

30      Zudem ist die verfahrensrechtliche Stellung der Beteiligten, die bei der Kommission eine Beschwerde eingelegt haben, im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 258 AEUV eine grundsätzlich andere als beispielsweise in einem Verfahren zur Anwendung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft, wie es die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) und die Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 [EG] und 82 [EG] durch die Kommission (ABl. L 123, S. 18) vorsehen, in dessen Verlauf die Beschwerdeführer über spezifische Verfahrensgarantien verfügen, deren Einhaltung einer effektiven gerichtlichen Kontrolle im Rahmen einer Klage gegen eine die Beschwerde zurückweisende Entscheidung unterliegt. Demgegenüber haben die Beschwerdeführer im Sinne der Mitteilung vom 20. März 2002 nicht die Möglichkeit, die Unionsgerichte mit einer Klage gegen eine etwaige Einstellung des Verfahrens über ihre Beschwerde zu befassen, und verfügen über keine verfahrensmäßigen Rechte, die denjenigen vergleichbar wären, über die sie in einem Verfahren nach den genannten Verordnungen verfügen und die es ihnen erlauben, von der Kommission zu verlangen, informiert und angehört zu werden (vgl. in diesem Sinne Beschlüsse Makedoniko Metro und Michaniki/Kommission, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung, Aseprofar und Edifa/Kommission, Rn. 52 bis 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, und LPN/Kommission, Rn. 56).

31      Zweitens machen die Kläger geltend, das EU-Pilotverfahren könne aufgrund seines informellen und inoffiziellen Charakters und seiner fehlenden Rechtsgrundlage in den Verträgen nicht mit dem in Art. 258 AEUV vorgesehenen Vertragsverletzungsverfahren gleichgesetzt werden.

32      Insoweit ist zu berücksichtigen, dass, auch wenn das EU-Pilotverfahren nicht ausdrücklich im Vertrag vorgesehen ist, dies nicht bedeuten kann, dass ihm die Rechtsgrundlage fehlt. Denn erstens ist das EU-Pilotverfahren als Folge der Befugnisse zu verstehen, die mit der Pflicht der Kommission zur Kontrolle der Einhaltung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten verbunden sind. Folglich ist ein Mechanismus oder ein Verfahren zum Austausch von Informationen vor der Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens für die Prüfung des Sachverhalts und für die Ermittlung der ersten Indizien eines etwaigen Verstoßes gegen das Unionsrecht unumgänglich. Sodann wird mit dem EU-Pilotverfahren gerade das Ziel verfolgt, den ersten Informationsaustausch zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten über mögliche Verstöße gegen das Unionsrecht zu formalisieren. Daher wird mit dem EU-Pilotverfahren, auch wenn es nicht auf Art. 258 AEUV gestützt ist, den Schritten eine Struktur gegeben, die die Kommission seit jeher unternommen hat, wenn sie eine Beschwerde erhalten hat oder aus eigener Initiative tätig geworden ist. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie oben aus Rn. 23 hervorgeht, der Beschwerde der Kläger nur dadurch hätte stattgeben können, dass sie gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren im Sinne von Art. 258 AEUV eingeleitet hätte, so dass der Beschluss, mit dem die Kommission entschieden hat, das EU-Pilotverfahren einzustellen, entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht anfechtbar ist. Der Beschluss, kein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, ist nach ständiger Rechtsprechung nämlich nicht anfechtbar.

33      Folglich ist der Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass es einer Entscheidung über die Begründetheit der Klage bedürfte.

 Kosten

34      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger unterlegen sind, sind ihnen gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

35      Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Das Königreich Spanien trägt somit seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

beschlossen:

1.      Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2.      Darius Nicolai Spirlea und Mihaela Spirlea tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Das Königreich Spanien trägt seine eigenen Kosten.

Luxemburg, den 10. März 2014

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      D. Gratsias


* Verfahrenssprache: Deutsch.