Language of document : ECLI:EU:T:2022:596

URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

5. Oktober 2022(*)

„Unionsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der Unionswortmarke BODY STAR – Ältere Unionswortmarke Bodyguard – Ältere nationale Wortmarke Bodyguard – Relatives Eintragungshindernis – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2017/1001“

In der Rechtssache T‑537/21,

bett1.de GmbH mit Sitz in Berlin (Deutschland), vertreten durch Rechtsanwalt O. Brexl,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch E. Markakis und M. Eberl als Bevollmächtigte,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:

XXXLutz Marken GmbH mit Sitz in Wels (Österreich), vertreten durch Rechtsanwalt H. Pannen,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tomljenović, des Richters F. Schalin (Berichterstatter) und der Richterin P. Škvařilová-Pelzl,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien innerhalb von drei Wochen nach der Bekanntgabe des Abschlusses des schriftlichen Verfahrens die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des darauf gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer auf Art. 263 AEUV gestützten Klage beantragt die Klägerin, die bett1.de GmbH, die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 23. Juni 2021 (verbundene Sachen R 1711/2020‑2 und R 1727/2020‑2) (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) aufzuheben.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

2        Am 15. Februar 2019 meldete die Streithelferin, die XXXLutz Marken GmbH, beim EUIPO das Wortzeichen BODY STAR als Unionsmarke an.

3        Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 10, 20 und 24 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 10: „Antidekubitusmatratzen; Antidekubituskissen; Medizinische Wasserbetten; Luftmatratzen für medizinische Zwecke“;

–        Klasse 20: „Matratzen; Matratzenauflagen; Betten; Bettgestelle; Lattenroste für Betten; Bettzeug (ausgenommen Bettwäsche); Kissen; Kopfkissen; Nackenstützkissen; Wasserbetten, nicht für medizinische Zwecke; Luftmatratzen“;

–        Klasse 24: „Bettdecken; Bettwäsche; Inlett [Matratzentuch]; Matratzenüberzüge; Matratzen- und Kopfkissenbezüge; Schlafsäcke“.

4        Am 26. April 2019 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für alle in Rn. 3 oben genannten Waren ein.

5        Der Widerspruch war auf folgende ältere Marken gestützt:

–        die Unionswortmarke Bodyguard, die am 20. Juli 2015 unter der Nr. 13 879 978 für folgende Waren der Klasse 20 eingetragen worden war: „Matratzen; Matratzenpolster; Matratzenauflagen; Lattenroste für Matratzen; Kissen für Matratzen; Matratzen [ausgenommen Entbindungsmatratzen]“;

–        die deutsche Wortmarke Bodyguard, die am 2. März 2015 unter der Nr. 302 014 068 513 für folgende Waren der Klasse 20 eingetragen worden war: „Matratzen; Matratzen [ausgenommen Entbindungsmatratzen]; Schlafmatten [Matratzen] für Campingzwecke“.

6        Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) geltend gemacht.

7        Am 26. Juni 2020 gab die Widerspruchsabteilung dem Widerspruch teilweise statt und wies die Eintragung der angemeldeten Marke für die Waren der Klassen 20 und 24 zurück.

8        Am 19. und am 20. August 2020 legten die Streithelferin und die Klägerin gemäß den Art. 66 bis 71 der Verordnung 2017/1001 beim EUIPO jeweils Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein (Sachen R 1711/2020‑2 bzw. R 1727/2020‑2).

9        Mit der angefochtenen Entscheidung gab die Beschwerdekammer der Beschwerde der Streithelferin statt und wies jene der Klägerin zurück. Insbesondere prüfte die Beschwerdekammer zunächst das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und der älteren Unionsmarke. Zum Vergleich der Waren vertrat sie die Auffassung, dass der Schlussfolgerung der Widerspruchsabteilung zuzustimmen sei, wonach die von der älteren Marke erfassten Waren den streitigen Waren der Klassen 20 und 24 ähnlich seien, sich aber von den streitigen Waren der Klasse 10 unterschieden. Zum Vergleich der Zeichen stellte die Beschwerdekammer fest, dass in schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht eine durchschnittliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken bestehe. In begrifflicher Hinsicht war sie der Ansicht, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen je nachdem, wie die Verbraucher sie verstünden, unähnlich seien oder nur eine geringfügige Ähnlichkeit aufwiesen.

10      Schließlich stellte die Beschwerdekammer fest, dass eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 10 ausgeschlossen sei, da sie den von den älteren Marken erfassten Waren unähnlich seien. In Bezug auf die Waren der Klassen 20 und 24 war sie im Wesentlichen der Ansicht, dass die Ähnlichkeiten zwischen den einander gegenüberstehenden Marken ebenfalls nicht für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr ausreichten. Diese Schlussfolgerung gelte auch für die ältere deutsche Marke, die mit der älteren Unionsmarke identisch sei und ein eingeschränkteres Warenverzeichnis aufweise. Sie hob daher die Entscheidung der Widerspruchsabteilung teilweise auf, soweit darin die Eintragung der angemeldeten Marke für die Waren der Klassen 20 und 24 verweigert worden war.

 Anträge der Parteien

11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

12      Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

13      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 geltend. Sie wendet sich im Wesentlichen gegen die Beurteilungen der Beschwerdekammer in Bezug auf die maßgeblichen Verkehrskreise, den Vergleich der einander gegenüberstehenden Waren und Zeichen und die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr.

14      Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 ist auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Die Gefahr von Verwechslungen schließt dabei die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Im Übrigen sind ältere Marken nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. i und ii der Verordnung 2017/1001 in einem Mitgliedstaat und in der Europäischen Union eingetragene Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke.

15      Eine Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist umfassend, gemäß der Wahrnehmung der betreffenden Zeichen und der fraglichen Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

16      Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 setzt eine Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken und eine Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009, Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, EU:T:2009:14, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

17      Wie schon die Beschwerdekammer hält es auch das Gericht für angebracht, das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr in Bezug auf die angemeldete Marke zunächst im Hinblick auf die ältere Unionsmarke und anschließend im Hinblick auf die ältere deutsche Marke zu prüfen.

 Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

18      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren abzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

19      Es ist darauf hinzuweisen, dass unter „Durchschnittsverbraucher“ nicht der einzelne Verbraucher zu verstehen ist, der zur „Allgemeinheit“ gehört, sondern der Verbraucher, der zu dem Publikum gehört, das von den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen speziell angesprochen ist. So kann der „Durchschnittsverbraucher“ ein hoch spezialisierter Gewerbetreibender sein, wenn sich die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen gezielt an ein solches Publikum richten, auch wenn nicht ausgeschlossen ist, dass diese Waren und Dienstleistungen gelegentlich auch von Verbrauchern erworben werden, die zur Allgemeinheit gehören und Laien sind (Urteil vom 8. November 2017, Steiniger/EUIPO – ista Deutschland [IST], T‑80/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:784, Rn. 25).

20      Die Beschwerdekammer war der Ansicht, dass das zu berücksichtigende Gebiet das gesamte Gebiet der Europäischen Union sei und dass die Waren der Klassen 20 und 24 an das breite Publikum gerichtet seien, dessen Aufmerksamkeitsgrad je nach Komplexität und Preis der betreffenden Ware von durchschnittlich bis „erhöht“ schwanken könne. In Bezug auf die Waren der Klasse 10 stellte sie fest, dass, soweit diese Waren geeignet seien, die Gesundheit zu verbessern und ohne Hilfe ausgewählt zu werden, spezialisierte Fachkreise, deren Aufmerksamkeit erhöht sei, und auch das breite Publikum, dessen Aufmerksamkeitsgrad ebenfalls „erhöht“ sei, zu berücksichtigen seien.

21      Die Beurteilungen der Beschwerdekammer zur Ermittlung der maßgeblichen Verkehrskreise und ihres Aufmerksamkeitsgrads hinsichtlich der Waren der Klassen 20 und 24 werden von der Klägerin nicht gerügt. Die Klägerin beanstandet jedoch die Definition der maßgeblichen Verkehrskreise durch die Beschwerdekammer sowie deren Feststellungen zum Aufmerksamkeitsgrad dieser Verkehrskreise in Bezug auf die Waren der Klasse 10. Jeder könne die in Rede stehenden Waren erwerben, ohne dass eine Beratung erforderlich sei oder eine Vorerkrankung vorliege. Diese Waren würden im Übrigen nicht ausschließlich in Fachgeschäften verkauft, und es sei möglich, sie zu einem günstigen Preis zu erwerben.

22      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

23      Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdekammer darin beizupflichten, dass es sich beim maßgeblichen Gebiet, das zu berücksichtigen ist, um das Unionsgebiet handelt und dass sich die Waren der Klassen 20 und 24 an das breite Publikum richten, dessen Aufmerksamkeitsgrad je nach betroffener Ware von durchschnittlich bis erhöht reicht. Diese Feststellungen werden im Übrigen von den Parteien nicht bestritten.

24      Zu den Waren der Klasse 10 ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertreten hat, dass sowohl auf die Fachkreise als auch auf das breite Publikum abzustellen sei und dass deren Aufmerksamkeitsgrad in Bezug auf diese Waren erhöht sei.

25      Bei den Waren „Antidekubitusmatratzen; Antidekubituskissen; Medizinische Wasserbetten; Luftmatratzen für medizinische Zwecke“ der Klasse 10 handelt es sich nämlich um Waren für medizinische Zwecke, die sich speziell an Verbraucher mit gesundheitlichen Problemen richten, die mit einer längeren Bettlägerigkeit oder Bewegungsunfähigkeit verbunden sind. Nach der Rechtsprechung legen aber sowohl Fachleute als auch Endverbraucher von Waren und Dienstleistungen, die mit ihrem Gesundheitszustand zusammenhängen, ein hohes Maß an Aufmerksamkeit an den Tag (vgl. Urteil vom 8. Oktober 2014, Laboratoires Polive/HABM – Arbora & Ausonia [dodie], T‑122/13 und T‑123/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:863, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26      Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann der Umstand, dass die Waren der Klasse 10 zu günstigen Preisen und über nicht spezialisierte Vertriebskanäle erworben werden können, diese Feststellung nicht in Frage stellen, da dies nur einige der zu berücksichtigenden Kriterien sind und die Klägerin nicht nachgewiesen hat, in welcher Häufigkeit und in welcher Menge diese Waren gekauft werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Januar 2017, Sun System Kereskedelmi és Szolgáltató/EUIPO – Hollandimpex Kereskedelmi és Szolgáltató [Choco Love], T‑325/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:29, Rn. 34).

 Zum Vergleich der Waren

27      Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen diesen Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. Es können auch andere Faktoren wie beispielsweise die Vertriebswege der betreffenden Waren berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 14. Mai 2013, Sanco/HABM – Marsalman [Darstellung eines Huhns], T‑249/11, EU:T:2013:238, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28      Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Beurteilung der Beschwerdekammer, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 20 und 24 und die von der älteren Unionsmarke erfassten Waren ähnlich oder identisch seien. Dagegen macht sie, was die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 10 betrifft, entgegen den Feststellungen der Beschwerdekammer geltend, dass diese Waren den von der älteren Marke erfassten Waren der Klasse 20 ähnlich seien.

29      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

30      Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer in Rn. 23 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 20 und 24 und die von der älteren Unionsmarke erfassten Waren „Matratzen; Matratzenauflagen; Lattenroste für Matratzen“ der Klasse 20 identisch oder ähnlich seien. Diese – im Übrigen von den Parteien nicht beanstandeten – Schlussfolgerungen sind in Anbetracht des Akteninhalts zu bestätigen.

31      In Bezug auf die Waren „Antidekubitusmatratzen; Antidekubituskissen; Medizinische Wasserbetten; Luftmatratzen für medizinische Zwecke“ der Klasse 10, die von der angemeldeten Marke erfasst sind, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Unrecht angenommen hat, dass sie keine Ähnlichkeit mit den von der älteren Unionsmarke erfassten Waren „Matratzen; Matratzenpolster; Matratzenauflagen; Lattenroste für Matratzen; Kissen für Matratzen; Matratzen [ausgenommen Entbindungsmatratzen]“ der Klasse 20 aufwiesen, obwohl sie im Wesentlichen gleicher Art sind und einander in bestimmten Fällen ergänzen.

32      Gleichwohl ist der Beschwerdekammer darin beizupflichten, dass der Kauf von Waren der Klasse 10 im Gegensatz zum Kauf von Waren der Klasse 20 aus medizinischen Gründen erfolgt, und zwar zur Behandlung und Verhinderung eines Dekubitus, so dass diese Waren meist auf Empfehlung einer fachkundigen Person in Fachgeschäften gekauft werden. Daher kann nur ein geringer Grad an Ähnlichkeit zwischen diesen Waren und den von der älteren Marke erfassten Waren der Klasse 20 festgestellt werden (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil vom 8. Juli 2020, Pablosky/EUIPO – docPrice [mediFLEX easySTEP], T‑21/19, EU:T:2020:310, Rn. 53 bis 57).

 Zum Vergleich der Zeichen

33      Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34      Die Beschwerdekammer stellte fest, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen den Bestandteil „body“ gemeinsam hätten, und kam daher zu dem Ergebnis, dass zwischen ihnen eine durchschnittliche bildliche und klangliche Ähnlichkeit bestehe. Sodann führte sie aus, dass für den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, der die Bedeutung des Begriffs „Bodyguard“ unmittelbar wahrnehme, keine begriffliche Ähnlichkeit bestehe. Für den Teil der Verkehrskreise, der den Sinn dieses Begriffs nicht unmittelbar wahrnehme, sondern nur die Begriffe „body“ und „guard“ oder sogar bloß den Begriff „body“ verstehe, bestehe jedoch eine „sehr geringfügige“ bzw. eine geringfügige begriffliche Ähnlichkeit.

35      Die Beurteilung der Beschwerdekammer, dass die einander gegenüberstehenden Marken bildlich und klanglich ähnlich seien, wird von der Klägerin nicht beanstandet. Sie macht aber geltend, dass von einer hochgradigen Ähnlichkeit auszugehen sei, da der gemeinsame Bestandteil „body“ der kennzeichnungskräftigere Bestandteil der einander gegenüberstehenden Marken sei. Darüber hinaus seien die Marken auch in begrifflicher Hinsicht ähnlich, da der gemeinsame Bestandteil „body“ mit einem zweiten Bestandteil, einer Berufsbezeichnung, kombiniert werde, nämlich dem Star bei der angemeldeten Marke und dem Leibwächter bei den älteren Marken.

36      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

37      Was den Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken in bildlicher und klanglicher Hinsicht betrifft, ist die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer, wonach die einander gegenüberstehenden Marken einen durchschnittlichen Grad an Ähnlichkeit aufweisen, zu bestätigen, da sie nur in dem gemeinsamen Bestandteil „body“ übereinstimmen und sich die jeweiligen Bestandteile „guard“ und „star“ der älteren Marken bzw. der angemeldeten Marke sowohl bildlich als auch klanglich stark unterscheiden.

38      Hierzu ist festzustellen, dass der Bestandteil „body“ entgegen dem Vorbringen der Klägerin in Bezug auf die in Rede stehenden Waren nur eine schwache Kennzeichnungskraft besitzt, da er, wie die Beschwerdekammer zutreffend festgestellt hat, als Hinweis darauf verstanden werden könnte, dass sich die gekennzeichneten Waren dem Körper anpassen und dass beispielsweise Waren wie Matratzen oder Polster ein Formgedächtnis haben. Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was diese Assoziation in Frage stellen könnte.

39      Zum begrifflichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken ist festzustellen, dass es sich bei den Bestandteilen „body“ und „star“ um zum englischen Grundwortschatz gehörende Wörter handelt, die in der gesamten Union üblicherweise im Handel verwendet werden und deren Bedeutungen „Körper“ bzw. „Stern“ oder „Berühmtheit“ von den gesamten maßgeblichen Verkehrskreisen verstanden werden können. Der Bestandteil „guard“, der ebenfalls ein Wort des englischen Grundwortschatzes ist, kann vom Großteil der maßgeblichen Verkehrskreise, der englischsprachig ist oder ein Basisenglisch beherrscht, im Sinne von „Wächter“ verstanden werden.

40      Der aus dem Englischen stammende Begriff „Bodyguard“ ist als solcher in Literatur, Musik, Film und Videospielen in Europa weit verbreitet und hat sogar Eingang in zahlreiche Wörterbücher anderer Sprachen der Union gefunden, u. a. in deutsche Wörterbücher, so dass ein großer Teil der maßgeblichen Verkehrskreise in der Union ihn unmittelbar im Sinne von „Personenschützer“ oder „Leibwächter“ versteht.

41      Entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer besteht in Bezug auf den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, der die Bedeutung des Begriffs „Bodyguard“ unmittelbar versteht, eine begriffliche Ähnlichkeit mit dem angemeldeten Zeichen. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, dass die angemeldete Marke zwar nicht aus einem unmittelbar verständlichen Begriff besteht, sie jedoch dahin verstanden werden kann, dass sie Körper eines Stars oder einer Berühmtheit bedeutet. Die ältere Unionsmarke verweist aber auf den Beruf des Leibwächters, der häufig mit dem Schutz einer Berühmtheit oder eines Stars beauftragt ist und deshalb mit diesem in Verbindung gebracht wird. Zudem haben beide Marken den Bestandteil „body“ gemeinsam, der eine gewisse Aussagekraft besitzt und daher im vorliegenden Fall den begrifflichen Unterschied zwischen den einander gegenüberstehenden Marken beschränkt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. September 2010, Icebreaker/HABM – Gilmar [ICEBREAKER], T‑112/09, nicht veröffentlicht, EU:T:2010:361, Rn. 42). Somit besteht zwischen den einander gegenüberstehenden Marken in begrifflicher Hinsicht ein geringfügiger Grad an Ähnlichkeit für den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, der die Bedeutung des Begriffs „Bodyguard“ versteht.

42      Was den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise betrifft, der den Begriff „Bodyguard“ nicht unmittelbar versteht, hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass aufgrund des gemeinsamen Bestandteils „body“ eine geringfügige begriffliche Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken besteht. Diese Beurteilung wird im Übrigen von den Parteien nicht beanstandet.

 Zur Verwechslungsgefahr

43      Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, EU:C:1998:442, Rn. 17, und vom 14. Dezember 2006, Mast-Jägermeister/HABM – Licorera Zacapaneca [VENADO mit Rahmen u. a.], T‑81/03, T‑82/03 und T‑103/03, EU:T:2006:397, Rn. 74).

44      Wie sich aus dem elften Erwägungsgrund der Verordnung 2017/1001 ergibt, hängt das Vorliegen der Verwechslungsgefahr von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem fraglichen Markt. Da die Verwechslungsgefahr umso größer ist, je stärker sich die Kennzeichnungskraft der Marke darstellt, genießen Marken, die, von Haus aus oder wegen ihrer Bekanntheit beim Publikum, eine hohe Kennzeichnungskraft besitzen, einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (Urteil vom 5. Oktober 2020, Eugène Perma France/EUIPO – SPI Investments Group [NATURANOVE], T‑602/19, nicht veröffentlicht, EU:T:2020:463, Rn. 54).

 Zur Kennzeichnungskraft der älteren Unionsmarke

45      Die Beschwerdekammer hat festgestellt, dass die Kennzeichnungskraft der älteren Unionsmarke Bodyguard „leicht verringert“ sei, da das Konzept von einem „Leibwächter“ in Bezug auf Waren wie „Matratzen“ leicht anspielend sei und in diesem Zusammenhang so verstanden werden könnte, dass die Waren geeignet seien, den liegenden Menschen vor Schmerzen oder Unbequemlichkeit zu schützen. Im Übrigen habe die Klägerin nachgewiesen, dass die ältere Unionsmarke für diese Waren in Deutschland infolge der Benutzung eine „leicht erhöhte“ Kennzeichnungskraft erlangt habe, aber noch nicht eine Bekanntheit.

46      Aufgrund des Akteninhalts sind die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer, die im Übrigen von den Parteien nicht beanstandet werden, zu bestätigen.

 Umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr

47      Die Beschwerdekammer hat festgestellt, dass die von der älteren Unionsmarke erfassten Waren und die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 10 einander nicht ähnlich seien und daher hinsichtlich dieser Waren keine Verwechslungsgefahr bestehe. Im Übrigen bestehe hinsichtlich des Teils der maßgeblichen Verkehrskreise, der den Begriff „Bodyguard“ unmittelbar verstehe, keine Verwechslungsgefahr hinsichtlich identischer oder ähnlicher Waren, da der Begriff einen klaren und bestimmten Inhalt habe, der die bildlichen und klanglichen Ähnlichkeiten zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen neutralisiere. Was schließlich den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise betreffe, der die Bedeutung des Begriffs „Bodyguard“ nicht verstehe, genüge in Anbetracht der klanglich und visuell durchschnittlichen Ähnlichkeit, der begrifflichen Unterschiede und der durchschnittlichen bis „erhöhten“ Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise die Übereinstimmung der einander gegenüberstehenden Marken im Bestandteil „body“, der kennzeichnungsschwach sei, nicht, um in der gesamten Union das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr auch bei identischen Waren festzustellen.

48      Die Klägerin wendet sich im Wesentlichen gegen die von der Beschwerdekammer vorgenommene Analyse im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr und weist darauf hin, dass eine bildliche, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit zwischen den Zeichen bestehe, dass die ältere Unionsmarke über eine „erhöhte“ Kennzeichnungskraft verfüge und dass die in Rede stehenden Waren identisch seien.

49      Das EUIPO und die Streithelferin treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

50      Im vorliegenden Fall ist hinsichtlich der von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 20 und 24 darauf hinzuweisen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise einen durchschnittlichen bis erhöhten Grad an Aufmerksamkeit aufweisen. Angesichts der Tatsache, dass diese Waren und die von der älteren Unionsmarke erfassten Waren der Klasse 20 identisch oder ähnlich sind, dass die Marken in bildlicher und klanglicher Hinsicht zu einem durchschnittlichen Grad und in begrifflicher Hinsicht geringfügig ähnlich sind, ist jedoch festzustellen, dass die Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Marken nicht ausreichen, um jede Verwechslungsgefahr bei den Verbrauchern auszuschließen.

51      Da im Übrigen, wie sich aus den vorstehenden Rn. 39 bis 42 ergibt, zwischen den einander gegenüberstehenden Marken eine geringfügige Ähnlichkeit in begrifflicher Hinsicht festgestellt worden ist, reichen im vorliegenden Fall die begrifflichen Unterschiede entgegen den Feststellungen der Beschwerdekammer nicht aus, um die Ähnlichkeiten in bildlicher und klanglicher Hinsicht zu neutralisieren.

52      Die Beschwerdekammer hat daher mit ihrer Feststellung, dass in Bezug auf die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 20 und 24 für den Verbraucher keine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der betrieblichen Herkunft dieser Waren bestehe, einen Fehler begangen.

53      Was die von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klasse 10 betrifft, ist festzustellen, dass in Anbetracht dessen, dass erstens der Kauf der in Rede stehenden Waren hauptsächlich aus medizinischen Gründen erfolgt, zweitens diese Waren zumeist in Fachgeschäften und nach Beratung durch eine fachkundige Person erworben werden und drittens die Verbraucher beim Kauf dieser Waren einen hohen Grad an Aufmerksamkeit an den Tag legen, die zwischen den einander gegenüberstehenden Marken bestehenden Ähnlichkeiten zum einen und die „leicht erhöhte“ Kennzeichnungskraft der älteren Unionsmarke zum anderen im vorliegenden Fall nicht ausreichen, um beim maßgeblichen Publikum den Eindruck zu erwecken, dass die Waren aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

54      Die vorstehenden Ausführungen und Schlussfolgerungen gelten auch für die maßgeblichen Verkehrskreise in Deutschland in Bezug auf die ältere deutsche Marke, die – bei einem eingeschränkteren Warenverzeichnis – mit der Unionsmarke identisch ist.

55      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen, insbesondere der Rn. 50 bis 52 des vorliegenden Urteils, ist dem einzigen Klagegrund der Klägerin teilweise stattzugeben und die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit darin zu Unrecht festgestellt worden ist, dass hinsichtlich der von der angemeldeten Marke erfassten Waren der Klassen 20 und 24 keine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung 2017/1001 besteht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 Kosten

56      Wenn mehrere Parteien unterliegen, entscheidet das Gericht nach Art. 134 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung über die Verteilung der Kosten. Da im vorliegenden Fall die Klägerin, das EUIPO und die Streithelferin teilweise unterlegen sind, sind ihnen jeweils ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 23. Juni 2021 (verbundene Sachen R 1711/20202 und R 1727/20202) wird aufgehoben, soweit sie „Matratzen; Matratzenauflagen; Betten; Bettgestelle; Lattenroste für Betten; Bettzeug (ausgenommen Bettwäsche); Kissen; Kopfkissen; Nackenstützkissen; Wasserbetten, nicht für medizinische Zwecke; Luftmatratzen“ der Klasse 20 und „Bettdecken; Bettwäsche; Inlett [Matratzentuch]; Matratzenüberzüge; Matratzen- und Kopfkissenbezüge; Schlafsäcke“ der Klasse 24 betrifft.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Tomljenović

Schalin

Škvařilová-Pelzl

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Oktober 2022.

Der Kanzler

 

Der Präsident

E. Coulon

 

M. van der Woude


*      Verfahrenssprache: Deutsch.