Language of document : ECLI:EU:T:2021:284

URTEIL DES GERICHTS

19. Mai 2021(*)

„Staatliche Beihilfen – Portugiesischer Luftverkehrsmarkt – Beihilfe, die TAP von Portugal aufgrund der COVID‑19-Pandemie gewährt wurde – Staatliches Darlehen – Beschluss, keine Einwände zu erheben – Rn. 22 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten – Unternehmen, das einer Unternehmensgruppe angehört – Schwierigkeiten des Unternehmens selbst, die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen sind – Schwierigkeiten, die so gravierend sind, dass sie von der Gruppe selbst nicht bewältigt werden können – Begründungspflicht – Aufrechterhaltung der Wirkungen des Beschlusses“

In der Rechtssache T‑465/20,

Ryanair DAC mit Sitz in Swords (Irland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte E. Vahida, F.‑C. Laprévote, S. Rating, I.‑G. Metaxas‑Maranghidis und V. Blanc,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn, V. Bottka und S. Noë als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Französische Republik, vertreten durch P. Dodeller und E. de Moustier als Bevollmächtigte,

durch

Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

und durch

Portugiesische Republik, vertreten durch L. Inez Fernandes, P. Barros da Costa und S. Jaulino als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt N. Mimoso Ruiz,

Streithelferinnen,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2020) 3989 final der Kommission vom 10. Juni 2020 über die staatliche Beihilfe SA.57369 (2020/N) – COVID‑19 – Portugal – Beihilfe für TAP,

erlässt

DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. van der Woude, der Richter A. Kornezov und E. Buttigieg, der Richterin K. Kowalik‑Bańczyk und des Richters G. Hesse (Berichterstatter),

Kanzler: P. Cullen, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2020

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 9. Juni 2020 meldete die Portugiesische Republik bei der Europäischen Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV eine Beihilfemaßnahme in Form entweder eines staatlichen Darlehens oder einer Kombination eines solchen Darlehens und einer staatlichen Garantie in Höhe von maximal 1,2 Mrd. Euro (im Folgenden: in Rede stehende Maßnahme) an, die für die Transportes Aéreos Portugueses SGPS SA (im Folgenden: Begünstigte) bestimmt war.

2        Die in Rede stehende Maßnahme soll den Betrieb der Begünstigten, der Muttergesellschaft und alleinigen Anteilseignerin der Transportes Aéreos Portugueses SA (im Folgenden: TAP Air Portugal), für sechs Monate, nämlich von Juli 2020 bis Dezember 2020, aufrechterhalten. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses wurde die Hälfte der Anteile an der Begünstigten von der Participações Públicas SGPS SA (im Folgenden: Parpública), die die Beteiligungen des portugiesischen Staates verwaltete, gehalten. Die Atlantic Gateway SGPS Lda (im Folgenden: AGW) hielt 45 % der Anteile an der Begünstigten und 5 % der Anteile wurden von anderen Aktionären gehalten. Die in Rede stehende Maßnahme betrifft einen Darlehensvertrag, der u. a. zwischen der Portugiesischen Republik als Darlehensgeberin, TAP Air Portugal als Darlehensnehmerin und der Begünstigten als Bürgin geschlossen wurde. AGW und Parpública können sich in ihrer Eigenschaft als Aktionäre der Begünstigten ebenfalls am Darlehensvertrag beteiligen.

3        Am 10. Juni 2020 erließ die Kommission den Beschluss C(2020) 3989 final über die staatliche Beihilfe SA.57369 (2020/N) – COVID‑19 – Portugal – Beihilfe für TAP (im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem sie, nachdem sie zu dem Schluss gekommen war, dass die in Rede stehende Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle, deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt insbesondere im Licht von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV und der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. 2014, C 249, S. 1, im Folgenden: Leitlinien) prüfte. Die Kommission erklärte die in Rede stehende Maßnahme für mit dem Binnenmarkt vereinbar.

 Verfahren und Anträge der Parteien

4        Mit Schriftsatz, der am 22. Juli 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin, die Ryanair DAC, die vorliegende Klage erhoben.

5        Mit Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin gemäß den Art. 151 und 152 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt, über die vorliegende Klage im beschleunigten Verfahren zu entscheiden. Mit Beschluss vom 11. August 2020 hat das Gericht (Zehnte Kammer) diesem Antrag stattgegeben.

6        Die Kommission hat ihre Klagebeantwortung am 26. August 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

7        Gemäß Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung hat die Klägerin am 31. August 2020 einen mit Gründen versehenen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

8        Auf Vorschlag der Zehnten Kammer hat das Gericht gemäß Art. 28 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an einen erweiterten Spruchkörper zu verweisen.

9        Mit Schriftsätzen, die am 17. September 2020, 21. Oktober 2020 und 22. Oktober 2020 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Portugiesische Republik, die Französische Republik und die Republik Polen beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschlüssen vom 1. Oktober 2020 und vom 3. November 2020 hat der Präsident der Zehnten Kammer des Gerichts diese Streitbeitritte zugelassen.

10      Mit prozessleitenden Maßnahmen vom 13. Oktober 2020 und vom 4. November 2020 ist der Portugiesischen Republik, der Französischen Republik und der Republik Polen gemäß Art. 154 Abs. 3 der Verfahrensordnung die Einreichung eines Streithilfeschriftsatzes gestattet worden.

11      Am 28. Oktober 2020 bzw. am 19. November 2020 haben die Portugiesische Republik bzw. die Französische Republik und die Republik Polen ihre Streithilfeschriftsätze bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.

12      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

14      Die Französische Republik hält die Klage für unzulässig, soweit mit ihr die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses in Zweifel gezogen wird, und beantragt im Übrigen Klageabweisung. Hilfsweise beantragt sie, die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen.

15      Die Republik Polen und die Portugiesische Republik beantragen ebenso wie die Kommission, die Klage als unbegründet abzuweisen.

 Rechtliche Würdigung

 Zulässigkeit

16      Die Klägerin macht in den Rn. 33 und 34 der gekürzten Klageschrift geltend, dass sie als „Beteiligte“ klagebefugt sei und ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse habe, das sich aus dem Schutz der Verfahrensrechte ergebe, über die sie in dieser Eigenschaft gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV verfüge.

17      Die Klägerin sei nämlich „Beteiligte“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV und „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9), da ihre Interessen als Wettbewerberin von TAP Air Portugal aufgrund der Gewährung eines staatlichen Darlehens an die Muttergesellschaft von TAP Air Portugal beeinträchtigt würden. Die der Begünstigten gewährte Beihilfe ermögliche es TAP Air Portugal, als subventionierte Wettbewerberin der Klägerin auf dem Markt zu verbleiben. Im Gegensatz zu TAP Air Portugal erhalte die Klägerin, ihre bedeutendste Wettbewerberin in Portugal, kein staatliches Darlehen. Sie werde daher im Hinblick auf die Gewährung von Darlehen und die Darlehenskonditionen, insbesondere bezüglich des Zinssatzes, benachteiligt.

18      Daher sei sie nach Art. 263 Abs. 4 AEUV berechtigt, eine Nichtigkeitsklage gegen einen Beschluss wie den angefochtenen zu erheben, mit dem die betreffende Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werde und der ohne die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens erlassen worden sei.

19      Die Kommission bestreitet die Zulässigkeit der Klage nicht.

20      Es ist festzustellen, dass an der Zulässigkeit der vorliegenden Klage kein Zweifel besteht, soweit die Klägerin damit aufzeigen möchte, dass die Kommission ein förmliches Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV hätte einleiten müssen.

21      Im Rahmen des Prüfverfahrens nach Art. 108 AEUV sind nämlich zwei Phasen zu unterscheiden: zum einen die Vorprüfungsphase nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, die es der Kommission ermöglicht, sich eine erste Meinung über die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe zu bilden und zum anderen das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV, das es der Kommission ermöglicht, sich ein vollständiges Bild von den Gegebenheiten des Falles zu verschaffen. Nur im Rahmen dieses Verfahrens sieht der AEU‑Vertrag die Verpflichtung der Kommission vor, den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben (Urteile vom 19. Mai 1993, Cook/Kommission, C‑198/91, EU:C:1993:197, Rn. 22, vom 15. Juni 1993, Matra/Kommission, C‑225/91, EU:C:1993:239, Rn. 16, und vom 15. Oktober 2018, Vereniging Gelijkberechtiging Grondbezitters u. a./Kommission, T‑79/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2018:680, Rn. 46).

22      Wird das förmliche Prüfverfahren nicht eingeleitet, wird den Beteiligten, die während dieser zweiten Phase hätten Stellung nehmen können, diese Möglichkeit genommen. Um dem abzuhelfen, wird ihnen das Recht zuerkannt, vor dem Unionsrichter die Entscheidung der Kommission anzufechten, kein förmliches Prüfverfahren einzuleiten. Daher ist eine Klage auf Nichtigerklärung einer Entscheidung nach Art. 108 Abs. 3 AEUV, die von einem Beteiligten im Sinne des Art. 108 Abs. 2 AEUV erhoben wird, zulässig, wenn der Kläger die Verfahrensrechte wahren möchte, die ihm nach dieser Bestimmung zustehen (vgl. Urteil vom 18. November 2010, NDSHT/Kommission, C‑322/09 P, EU:C:2010:701, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      Im vorliegenden Fall wurde von der Kommission kein förmliches Prüfverfahren eingeleitet und die Klägerin macht im Rahmen des vierten Klagegrundes eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte geltend. In Anbetracht von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 gehört ein Unternehmen, das mit dem durch eine Beihilfemaßnahme Begünstigten in Wettbewerb steht, unstreitig zu den „Beteiligten“ im Sinne von Art. 108 Abs. 2 AEUV (Urteile vom 18. November 2010, NDSHT/Kommission, C‑322/09 P, EU:C:2010:701, Rn. 59, und vom 3. September 2020, Vereniging tot Behoud van Natuurmonumenten in Nederland u. a./Kommission, C‑817/18 P, EU:C:2020:637, Rn. 50).

24      Im vorliegenden Fall besteht unstreitig ein Wettbewerbsverhältnis zwischen der Klägerin und TAP Air Portugal. So hat die Klägerin unwidersprochen geltend gemacht, dass sie seit 2003 zur Luftverkehrsanbindung von Portugal beitrage und im Jahr 2019 10,9 Mio. Fluggäste auf portugiesischen Strecken befördert habe. Zwischen den Parteien ist ebenfalls unstreitig, dass die Klägerin die bedeutendste Wettbewerberin von TAP Air Portugal ist und dass die beiden Unternehmen im Jahr 2019 auf 32 Strecken in unmittelbarem Wettbewerb standen. Die Klägerin hat ferner darauf hingewiesen, dass ihr Flugplan für Sommer 2020, der vor der Gesundheitskrise erstellt worden sei, 126 Strecken mit Abflug von 5 portugiesischen Flughäfen umfasst habe. Die Klägerin ist somit eine Beteiligte, die ein Interesse daran hat, die Wahrung ihrer Verfahrensrechte aus Art. 108 Abs. 2 AEUV sicherzustellen.

25      Die Klage ist daher zulässig, soweit die Klägerin eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte geltend macht.

26      Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe, mit denen sie erstens eine fehlerhafte Anwendung der Rn. 8 und 22 der Leitlinien, zweitens einen Verstoß gegen Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV, drittens einen Verstoß gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit, viertens eine fehlerhafte Anwendung von Art. 108 Abs. 2 AEUV und fünftens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht im Sinne von Art. 296 AEUV rügt.

27      In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der vierte Klagegrund, der ausdrücklich auf die Wahrung der Verfahrensrechte der Klägerin gerichtet ist, aufgrund ihrer Eigenschaft als Beteiligte zulässig ist. Die Klägerin kann nämlich zur Wahrung der ihr im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens zustehenden Verfahrensrechte Klagegründe anführen, die geeignet sind, zu zeigen, dass die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügte oder hätte verfügen können, Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte geben müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 81, vom 9. Juli 2009, 3F/Kommission, C‑319/07 P, EU:C:2009:435, Rn. 35, und vom 6. Mai 2019, Scor/Kommission, T‑135/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:287, Rn. 73).

28      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, um die Verletzung ihrer Verfahrensrechte aufgrund der Bedenken nachzuweisen, die die in Rede stehende Maßnahme hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt hätte hervorrufen müssen, Argumente vorbringen kann, mit denen dargetan werden soll, dass die Feststellung der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt, zu der die Kommission gelangt sei, falsch gewesen sei, wodurch erst recht belegt werden könne, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit dem Binnenmarkt Bedenken hätte haben müssen. Folglich kann das Gericht die Sachargumente der Klägerin prüfen, um festzustellen, ob diese geeignet sind, den von der Klägerin ausdrücklich vorgebrachten Klagegrund bezüglich des Bestehens von Bedenken, die die Einleitung des Verfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV gerechtfertigt hätten, zu untermauern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juni 2013, Ryanair/Kommission, C‑287/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:395, Rn. 57 bis 60, und vom 6. Mai 2019, Scor/Kommission, T‑135/17, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:287, Rn. 77).

29      Zum fünften Klagegrund, mit dem die Begründung des angefochtenen Beschlusses als mangelhaft gerügt wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Verletzung der Begründungspflicht den Vorwurf einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften enthält und einen Gesichtspunkt darstellt, den der Unionsrichter von Amts wegen prüfen muss und der sich nicht auf die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses bezieht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 67 bis 72).

 Begründetheit

30      Zunächst ist der fünfte Klagegrund zu prüfen.

 Zum fünften Klagegrund: Begründungsmangel des angefochtenen Beschlusses

31      Mit ihrem fünften Klagegrund macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass der angefochtene Beschluss mit mehreren Begründungsmängeln behaftet sei.

32      Mit dem ersten Teil des fünften Klagegrundes rügt die Klägerin, die Kommission habe nicht geprüft, ob die Schwierigkeiten der Begünstigten im Sinne von Rn. 22 der Leitlinien so gravierend seien, dass sie von der Gruppe selbst nicht bewältigt werden könnten. Außerdem habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass es sich im Sinne dieser Bestimmung um Schwierigkeiten der Begünstigten selbst handele, die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen seien. Im angefochtenen Beschluss werde lediglich darauf verwiesen, dass zum einen die Begünstigte negatives Eigenkapital aufgewiesen habe und zum anderen die Bonitätsbewertung von TAP Air Portugal aufgrund der Gesundheitskrise erheblich gesunken sei. Im angefochtenen Beschluss werde jedoch nicht angegeben, ob eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zu diesem Ergebnis beigetragen habe. Die Klägerin weist hierzu darauf hin, dass die beiden Aktionäre des AGW‑Konsortiums mit ihren eigenen Unternehmen ebenfalls im Bereich des Luftverkehrs tätig seien und daher nicht ausgeschlossen werden könne, dass diese zulasten der finanziellen Lage von TAP Air Portugal begünstigt worden seien.

33      Zum 43. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses macht die Klägerin geltend, die Kommission habe sich in Bezug auf die Beihilfefähigkeit der durch eine Rettungsbeihilfe Begünstigten ohne Nachweis auf die Behauptung beschränkt, dass „die Begünstigte zwar durch andere Aktionäre kontrolliert [wird] [dritter Erwägungsgrund], es … sich aber bei den Schwierigkeiten, denen sie ausgesetzt ist, um Schwierigkeiten der Begünstigten selbst [handelt], die so gravierend sind, dass sie von ihren Mehrheitsaktionären oder anderen Aktionären nicht bewältigt werden können, und die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung zugunsten ihrer Aktionäre oder anderer Tochtergesellschaften zurückzuführen sind, wie in den Erwägungsgründen 7 bis 9 dargestellt“.

34      Die Kommission habe es gänzlich unterlassen, wenn auch nur in gedrängter Form zu begründen, warum die Aktionäre vermeintlich nicht in der Lage seien, die Schwierigkeiten der Begünstigten zu bewältigen. Außerdem habe die Kommission weder die Kostenverteilung innerhalb der Gruppe noch die Frage beurteilt, ob es sich um Schwierigkeiten der Begünstigten selbst handele.

35      Die Kommission, unterstützt von der Französischen Republik, der Republik Polen und der Portugiesischen Republik, tritt diesem Vorbringen entgegen.

36      Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Unionsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil vom 8. September 2011, Kommission/Niederlande, C‑279/08 P, EU:C:2011:551, Rn. 125 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37      Vor diesem Hintergrund muss der Beschluss, kein förmliches Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV einzuleiten, lediglich die Gründe enthalten, aus denen die Kommission keine ernsten Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt sieht, und selbst eine kurze Begründung dieser Entscheidung ist im Hinblick auf das Begründungserfordernis des Art. 296 AEUV als ausreichend anzusehen, wenn sie klar und eindeutig die Gründe zum Ausdruck bringt, aus denen die Kommission zu der Auffassung gelangt ist, dass keine derartigen Schwierigkeiten vorlägen, da die Frage der Stichhaltigkeit dieser Begründung mit diesem Erfordernis nichts zu tun hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 65, 70 und 71, vom 27. Oktober 2011, Österreich/Scheucher‑Fleisch u. a., C‑47/10 P, EU:C:2011:698, Rn. 111, sowie vom 12. Mai 2016, Hamr – Sport/Kommission, T‑693/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:292, Rn. 54).

38      Zur Rüge der Klägerin, dass die Kommission nicht dargelegt habe, aus welchen Gründen es sich im Sinne von Rn. 22 der Leitlinien zum einen um Schwierigkeiten der Begünstigten selbst handele, die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen seien, und zum anderen die Schwierigkeiten der Begünstigten so gravierend seien, dass sie von der Gruppe, der sie angehört, nicht bewältigt werden könnten, ist darauf hinzuweisen, dass gemäß dem Wortlaut dieser Randnummer „[e]in Unternehmen, das einer größeren Unternehmensgruppe angehört oder im Begriff ist, von einer größeren Unternehmensgruppe übernommen zu werden, … für Beihilfen auf der Grundlage dieser Leitlinien grundsätzlich nur dann in Frage [kommt], wenn es sich bei den Schwierigkeiten des betreffenden Unternehmens nachweislich um Schwierigkeiten des Unternehmens selbst handelt, die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen sind und die so gravierend sind, dass sie von der Gruppe selbst nicht bewältigt werden können“.

39      Das Ziel dieses Verbots besteht also darin, zu verhindern, dass eine Unternehmensgruppe den Staat die Kosten für eine Rettungsmaßnahme eines der zu ihr gehörenden Unternehmen tragen lässt, wenn sich dieses Unternehmen in Schwierigkeiten befindet und der Ursprung dieser Schwierigkeiten bei der Gruppe selbst liegt oder die Gruppe diese Schwierigkeiten mit eigenen Mitteln bewältigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Mai 2015, Niki Luftfahrt/Kommission, T‑511/09, EU:T:2015:284, Rn. 159).

40      Daraus folgt, dass nach Rn. 22 der Leitlinien drei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit festgestellt werden kann, dass eine Beihilfe zugunsten eines Unternehmens, das einer Unternehmensgruppe angehört, mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Die Kommission muss somit prüfen, ob erstens der Beihilfeempfänger einer Gruppe angehört und gegebenenfalls, wie diese zusammengesetzt ist, ob es sich zweitens bei den Schwierigkeiten, denen er ausgesetzt ist, um Schwierigkeiten des Begünstigten selbst handelt, die nicht auf eine willkürliche Kostenaufteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen sind, und ob drittens diese Schwierigkeiten so gravierend sind, dass sie von dieser Gruppe selbst nicht bewältigt werden können.

41      Im 43. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses weist die Kommission auf Folgendes hin:

„Die Begünstigte wird zwar durch andere Aktionäre kontrolliert [dritter Erwägungsgrund], es handelt sich aber bei den Schwierigkeiten, denen sie ausgesetzt ist, um Schwierigkeiten der Begünstigten selbst, die so gravierend sind, dass sie von ihren Mehrheitsaktionären oder anderen Aktionären nicht bewältigt werden können, und die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung zugunsten ihrer Aktionäre oder anderer Tochtergesellschaften zurückzuführen sind, wie in den Erwägungsgründen 7 bis 9 dargestellt. Was [die Begünstigte] betrifft, wurden die betreffenden Schwierigkeiten offenbar durch die beispiellosen öffentlichen Maßnahmen, die Portugal und andere Länder hinsichtlich des Luftverkehrs ergriffen haben, verstärkt.“

42      Was erstens die Frage betrifft, ob die Begünstigte einer Unternehmensgruppe angehört, ist festzustellen, dass die Kommission vorab weder ermittelt noch angegeben hat, ob die Begünstigte einer solchen Gruppe angehörte. Im angefochtenen Beschluss findet sich nämlich keine Erwägung, aus der hervorginge, dass die Kommission eine solche Prüfung vorgenommen hat. Der 43. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses kann somit dahin ausgelegt werden, dass er entweder keinen Standpunkt der Kommission zu dieser Frage enthält oder darauf hindeutet, dass die Kommission wahrscheinlich von der Annahme ausging, dass die Begünstigte einer Gruppe im Sinne von Rn. 22 der Leitlinien angehöre, ohne dies jedoch zu erläutern. Wäre dies nämlich nicht der Fall gewesen, hätte die Kommission nicht auf die beiden anderen in Rn. 22 der Leitlinien vorgesehenen Voraussetzungen eingehen müssen. Außerdem hat die Kommission im Rahmen ihrer Prüfung dieser vorgesehenen Voraussetzungen festgestellt, dass die Begünstigte „von anderen Aktionären kontrolliert“ werde, und hat insoweit auf den dritten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses verwiesen, in dem die an der Begünstigten als Aktionäre beteiligten Unternehmen, darunter AGW, aufgeführt sind.

43      Im Übrigen hat die Kommission zwar zur Beschreibung der beiden Ausnahmen von dem Verbot, einem Unternehmen, das einer Unternehmensgruppe angehört, gemäß den Leitlinien eine Beihilfemaßnahme zu gewähren, denselben Wortlaut wie den von Rn. 22 der Leitlinien verwendet, doch kann die bloße Übernahme des Wortlauts dieser Rn. 22 die Prüfung des Bestehens einer Unternehmensgruppe nicht ersetzen.

44      Insoweit geht aus den Schriftsätzen der Hauptparteien und den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung hervor, dass zwischen ihnen streitig ist, ob die Begünstigte und ihre Aktionäre, insbesondere das AGW-Konsortium, einer Unternehmensgruppe im Sinne von Rn. 22 der Leitlinien angehörten. Hierzu ist festzustellen, dass Parpública zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses 50 % der Anteile an der Begünstigten hielt, AGW 45 % und die übrigen 5 % der Anteile von Dritten gehalten wurden.

45      Die Klägerin hat in der Klageschrift und in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass die Begünstigte zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses eine Unternehmensgruppe mit dem AGW‑Konsortium einschließlich der beiden Aktionäre des Letzteren, nämlich den Gesellschaften HPGB SGPS SA und DGN Corporation, gebildet habe. Es sei erwiesen, dass AGW und die beiden genannten Gesellschaften die Begünstigte gemeinsam wirksam kontrolliert hätten.

46      Die Kommission hat in der Klagebeantwortung und in der mündlichen Verhandlung bestritten, dass eine Unternehmensgruppe im Sinne von Rn. 22 der Leitlinien bestehe, der AGW und die Begünstigte angehörten. Aus dem angefochtenen Beschluss geht nach Ansicht der Kommission nicht hervor, dass es sich um eine Gruppe handele, der die Begünstigte und AGW angehörten. AGW sei ein Konsortium, das in Wirklichkeit Anteile an zwei natürlichen Personen halte und selbst kein Unternehmen sei.

47      Eine solche Feststellung ergibt sich jedoch nicht aus dem angefochtenen Beschluss. Wie oben in Rn. 42 festgestellt, wird weder im 43. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses noch an einer anderen Stelle dieses Beschlusses festgestellt oder geprüft, ob eine Unternehmensgruppe im Sinne von Rn. 22 der Leitlinien besteht oder nicht, und erst recht nicht, wie eine solche Unternehmensgruppe zusammengesetzt ist. Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission im vierten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lediglich Angaben zu den von der Begünstigten kontrollierten Gesellschaften gemacht hat. Der angefochtene Beschluss enthält jedoch keine Angaben zum Verhältnis zwischen dieser Begünstigten und den in Rn. 3 des angefochtenen Beschlusses genannten als Aktionäre beteiligten Gesellschaften, insbesondere AGW.

48      Hierzu ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass Rn. 21 Buchst. b der Leitlinien hinsichtlich des Begriffs „Unternehmensgruppe“ auf den Anhang der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. 2003, L 124, S. 36) Bezug nimmt. Gemäß Fn. 28 der Leitlinien werden nämlich „[z]ur Klärung der Frage, ob ein Unternehmen unabhängig ist oder einer bestimmten Gruppe angehört, … die Kriterien von Anhang I der Empfehlung 2003/361… herangezogen“.

49      Wie aber oben in Rn. 47 festgestellt worden ist, geht aus dem angefochtenen Beschluss nicht hervor, ob die Kommission unter Berücksichtigung u. a. der in diesem Anhang festgelegten Kriterien geprüft hat, ob die Begünstigte und die Unternehmen, die Anteile an dieser halten, als Unternehmensgruppe im Sinne von Rn. 22 der Leitlinien eingestuft werden konnten. Das Gericht kann daher nicht prüfen, ob dies der Fall ist.

50      Nach ständiger Rechtsprechung kann die Begründung nicht zum ersten Mal und nachträglich vor dem Unionsrichter erfolgen, sofern nicht außergewöhnliche Umstände gegeben sind (vgl. Urteil vom 20. September 2011, Evropaïki Dynamiki/EIB, T‑461/08, EU:T:2011:494, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher können die Ausführungen der Kommission in der Klagebeantwortung und in der mündlichen Verhandlung, wonach die Begünstigte keiner Unternehmensgruppe angehört habe, nicht im Lauf des Verfahrens die Begründung des angefochtenen Beschlusses ergänzen.

51      Zweitens ist unter der Annahme, dass der 43. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses so zu verstehen ist, dass implizit davon ausgegangen wird, dass die Begünstigte und ihre Aktionäre derselben Unternehmensgruppe angehörten (siehe oben, Rn. 42) – was folglich den Ausführungen der Kommission in der Klagebeantwortung und in der mündlichen Verhandlung widerspräche –, festzustellen, dass die Kommission nicht hinreichend erläutert hat, warum sie zu dem Schluss gekommen ist, dass die zweite und die dritte der in Rn. 22 der Leitlinien vorgesehenen und oben in Rn. 38 genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Die Kommission hat sich insoweit im 43. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nämlich auf die Behauptung beschränkt, dass es sich um die Schwierigkeiten der Begünstigten selbst handele, „die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung zugunsten ihrer Aktionäre oder anderer Tochtergesellschaften zurückzuführen sind“, und dass diese Schwierigkeiten „so gravierend sind, dass sie von ihren Aktionären, die sie kontrollieren, oder von anderen Aktionären nicht bewältigt werden können“, ohne diese Behauptungen jedoch in irgendeiner Weise zu belegen.

52      Zwar hat die Kommission im 43. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf dessen Erwägungsgründe 7 bis 9 sowie 11 bis 13 verwiesen, es ist aber festzustellen, dass sie in den Erwägungsgründen 7 bis 9 des angefochtenen Beschlusses lediglich Angaben zur finanziellen Lage der Begünstigten und den durch die COVID‑19-Pandemie verursachten Schwierigkeiten gemacht hat. Außerdem wird in den Erwägungsgründen 11 bis 13 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, wie sich die durch diese Pandemie verursachten Störungen auf die Betriebsergebnisse von TAP Air Portugal sowie deren Liquiditätslage ausgewirkt haben. In diesen Erwägungsgründen wird somit in keiner Weise dargelegt, ob es sich um die Schwierigkeiten der Begünstigten selbst handelte, die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der angeblich aus dieser Begünstigten und ihren Aktionären bestehenden Gruppe zurückzuführen waren. Im Übrigen werden weder die finanzielle Lage der als Aktionäre an der Begünstigten beteiligten Unternehmen noch deren etwaige Fähigkeit erläutert, deren Schwierigkeiten – und sei es auch nur teilweise – zu bewältigen. Das Gericht kann daher die Richtigkeit dieser Behauptungen nicht überprüfen.

53      Folglich kann das Gericht nicht überprüfen, ob die in Rn. 22 der Leitlinien festgelegten Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind und ob sie der Beihilfefähigkeit der durch die Gewährung einer Rettungsbeihilfe Begünstigten entgegenstehen. Somit enthält der angefochtene Beschluss nicht die Gründe, aus denen die Kommission keine ernsten Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt im Sinne der oben in Rn. 37 angeführten Rechtsprechung gesehen hat.

54      Folglich ist der fünfte Klagegrund begründet, ohne dass die übrigen Teile dieses Klagegrundes geprüft zu werden brauchen.

55      Die unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses führt zu dessen Nichtigerklärung. Rn. 22 der Leitlinien sieht nämlich die Voraussetzungen vor, unter denen eine Rettungsbeihilfe, die einem Unternehmen gewährt wird, das einer Unternehmensgruppe angehört, als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden kann. Da der angefochtene Beschluss aber hierzu keine hinreichende Begründung enthält, kann das Gericht nicht prüfen, ob die Kommission zu Recht keine ernsten Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Binnenmarkt gesehen hat. Daher ist der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, ohne dass die anderen von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe geprüft zu werden brauchen.

 Zur Aufrechterhaltung der Wirkungen des angefochtenen Beschlusses

56      Es ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter nach ständiger Rechtsprechung, wenn zwingende Erwägungen der Rechtssicherheit es rechtfertigen, gemäß Art. 264 Abs. 2 AEUV die Befugnis hat, in jedem einzelnen Fall anzugeben, welche Wirkungen der betreffenden Handlung Bestand haben (vgl. entsprechend Urteil vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 121 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Aus dieser Bestimmung geht hervor, dass der Unionsrichter, wenn er es für erforderlich hält, selbst von Amts wegen die Annullierungswirkung seines Urteils begrenzen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. April 2008, Parlament und Dänemark/Kommission, C‑14/06 und C‑295/06, EU:C:2008:176, Rn. 85).

58      Gemäß dieser Rechtsprechung hat der Gerichtshof von der Möglichkeit, die zeitlichen Wirkungen der Feststellung der Nichtigkeit einer Unionsregelung zeitlich zu beschränken, dann Gebrauch gemacht, wenn zwingende Erwägungen der Rechtssicherheit, die mit allen betroffenen öffentlichen wie privaten Interessen zusammenhingen, es geraten erscheinen ließen, die Erhebung oder Zahlung von Geldbeträgen, die auf der Grundlage dieser Regelung erfolgt waren, für den Zeitraum vor Verkündung des Urteils nicht in Frage zu stellen (Urteil vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 122).

59      Im vorliegenden Fall liegen zwingende Erwägungen der Rechtssicherheit vor, die eine zeitliche Beschränkung der Wirkungen der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses rechtfertigen. Es ist nämlich festzustellen, dass die in Rede stehende Maßnahme zunächst für einen bereits vergangenen Zeitraum von sechs Monaten gewährt worden war, nach dem die Portugiesische Republik der Kommission gemäß Rn. 55 Buchst. d der Leitlinien entweder den Nachweis darüber, dass das Darlehen vollständig zurückgezahlt wurde, oder einen Umstrukturierungsplan oder einen Abwicklungsplan zu übermitteln hatte. Im Übrigen verlängert sich die Genehmigung der Rettungsbeihilfe nach dieser Bestimmung im Fall der Vorlage eines Umstrukturierungsplans automatisch bis zum endgültigen Beschluss der Kommission über den Plan, es sei denn, die Kommission stellt fest, dass eine solche Verlängerung nicht gerechtfertigt ist oder im Hinblick auf Zeit oder Anwendungsbereich begrenzt werden sollte.

60      Vor dem Hintergrund, dass die Anwendung der in Rede stehenden Beihilfemaßnahme Teil eines noch andauernden Vorgangs ist, der aus unterschiedlichen aufeinanderfolgenden Phasen besteht, hätte die Infragestellung der Vereinnahmung der durch diese Beihilfemaßnahme vorgesehenen Geldbeträge zum gegenwärtigen Zeitpunkt besonders nachteilige Auswirkungen auf eine Reihe von Belangen, sowohl öffentlicher als auch privater Art. Insbesondere sind die nachteiligen Auswirkungen der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Störungen auf die Luftverkehrsanbindung und das Wirtschaftsleben Portugals sowie die Bedeutung von TAP Air Portugal für diese Anbindung und das Wirtschaftsleben dieses Mitgliedstaats zu berücksichtigen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die festgestellte Rechtswidrigkeit einen Begründungsmangel und keinen sachlichen Fehler darstellt. Diese Umstände sind geeignet, die zeitliche Beschränkung der Wirkungen der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu rechtfertigen.

61      Nach Art. 266 AEUV hat die Kommission, der das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus dem vorliegenden Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen.

62      Daher sind die Wirkungen der Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses bis zum Erlass eines neuen Beschlusses durch die Kommission auszusetzen. Angesichts der Schnelligkeit, mit der die Kommission nach der Voranmeldung sowie der Anmeldung der in Rede stehenden Maßnahme gehandelt hat, werden diese Wirkungen – für den Fall, dass die Kommission beschließen sollte, diesen neuen Beschluss im Rahmen von Art. 108 Abs. 3 AEUV zu erlassen – für einen Zeitraum von nicht mehr als zwei Monaten ab Verkündung des vorliegenden Urteils und – wenn die Kommission beschließen sollte, das Verfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen – für einen angemessenen zusätzlichen Zeitraum ausgesetzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, EU:C:2008:764, Rn. 126).

 Kosten

63      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Klägerin ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

64      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Französische Republik, die Republik Polen und die Portugiesische Republik tragen daher ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zehnte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss C(2020) 3989 final der Kommission vom 10. Juni 2020 über die staatliche Beihilfe SA.57369 (2020/N) – COVID-19 – Portugal – Beihilfe für TAP wird für nichtig erklärt.

2.      Die Wirkungen der Nichtigerklärung dieses Beschlusses sind bis zum Erlass eines neuen Beschlusses durch die Europäische Kommission gemäß Art. 108 AEUV auszusetzen. Die Wirkungen werden – für den Fall, dass die Kommission beschließen sollte, diesen neuen Beschluss im Rahmen von Art. 108 Abs. 3 AEUV zu erlassen – für einen Zeitraum von nicht mehr als zwei Monaten ab Verkündung des vorliegenden Urteils und – wenn die Kommission beschließen sollte, das Verfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen – für einen angemessenen zusätzlichen Zeitraum ausgesetzt.

3.      Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Ryanair DAC.

4.      Die Französische Republik, die Republik Polen und die Portugiesische Republik tragen ihre eigenen Kosten.

Van der Woude

Kornezov

Buttigieg

Kowalik‑Bańczyk

 

      Hesse

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. Mai 2021.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.