Language of document : ECLI:EU:T:2014:920

BESCHLUSS DES GERICHTS (Erste Kammer)

21. Oktober 2014(*)

„Streithilfe – Berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits – Repräsentative Vereinigung, die die Verteidigung der Interessen ihrer Mitglieder bezweckt – Vertraulichkeit“

In der Rechtssache T‑429/13

Bayer CropScience AG mit Sitz in Monheim am Rhein (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin K. Nordlander und P. Harrison, Solicitor,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch P. Ondrůšek und G. von Rintelen als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 der Kommission vom 24. Mai 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung der Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid sowie des Verbots der Anwendung und des Verkaufs von Saatgut, das mit diese Wirkstoffe enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde (ABl. L 139, S. 12)

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen sowie der Richterin I. Pelikánová (Berichterstatterin) und des Richters E. Buttigieg,

Kanzler: E. Coulon,

folgenden

Beschluss(1)

 Sachverhalt und Verfahren

1        Am 19. August 2013 hat die Klägerin, die Bayer CropScience AG, gemäß Art. 263 AEUV eine Klage auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 der Kommission vom 24. Mai 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung der Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid sowie des Verbots der Anwendung und des Verkaufs von Saatgut, das mit diese Wirkstoffe enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde (ABl. L 139, S. 12), erhoben.

[Nicht wiedergegeben]

 Rechtliche Würdigung

[Nicht wiedergegeben]

 Zu den Streithilfeanträgen der UNAF, der AGPM, der NFU, des DBEB, von Mellifera, des ÖEB, der ESA und der AIC

22     Nach ständiger Rechtsprechung werden Vereinigungen als Streithelfer zugelassen, deren Ziel der Schutz ihrer Mitglieder in Rechtssachen ist, die Grundsatzfragen aufwerfen, die sich auf diese Mitglieder auswirken können (Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 17. Juni 1997, National Power und PowerGen, C‑151/97 P[I] und C‑157/97 P[I], Slg. 1997, I‑3491, Rn. 66, und vom 28. September 1998, Pharos/Kommission, C‑151/98 P, Slg. 1998, I‑5441, Rn. 6; Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 26. Juli 2004, Microsoft/Kommission, T‑201/04 R, Slg. 2004, II‑2977, Rn. 37). Insbesondere kann eine Vereinigung als Streithelfer in einer Rechtssache zugelassen werden, wenn sie eine beträchtliche Anzahl von Wirtschaftsunternehmen des betreffenden Sektors vertritt, ihr Ziel den Schutz der Interessen ihrer Mitglieder einschließt, die Rechtssache Grundsatzfragen aufwerfen kann, die das Funktionieren des betreffenden Sektors berühren, und damit die Interessen ihrer Mitglieder in erheblichem Maß durch das zu erlassende Urteil beeinträchtigt werden können (Beschlüsse des Gerichts vom 8. Dezember 1993, Kruidvat/Kommission, T‑87/92, Slg. 1993, II‑1375, Rn. 14, vom 28. Mai 2004, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, T‑253/03, Slg. 2004, II‑1603, Rn. 21, und vom 18. Oktober 2012, ClientEarth und International Chemical Secretariat/ECHA, T‑245/11, Rn. 12).

23     Der Gerichtshof hat klargestellt, dass eine weite Auslegung des Beitrittsrechts von Vereinigungen es ermöglichen soll, den Rahmen der Rechtssachen besser zu beurteilen und zugleich eine Vielzahl individueller Beitritte, die die Wirksamkeit und den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens beeinträchtigen könnten, zu vermeiden (Beschlüsse National Power und PowerGen, Rn. 66, und ClientEarth und International Chemical Secretariat/ECHA, Rn. 13).

[Nicht wiedergegeben]

55     Nach alledem wird den Anträgen der AGPM, der NFU, der ESA und der AIC auf Zulassung als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Klägerin sowie dem Antrag der UNAF und dem gemeinsamen Antrag des DBEB und des ÖEB auf Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission stattgegeben. Der Streithilfeantrag von Mellifera wird zurückgewiesen.

[Nicht wiedergegeben]

 Zu den Streithilfeanträgen von Makhteshim-Agan Italia und von KWS Saat

65     Aus den Verfahrensakten geht hervor, dass die Gesellschaft Makhteshim-Agan Italia ein Mitglied der European Crop Protection Association (ECPA) und die Gesellschaft KWS Saat ein Mitglied der ESA ist.

66     Im vorliegenden Fall wird die ESA in ihrer Eigenschaft als Vereinigung, die die Interessen ihrer Mitglieder vertritt, als Streithelferin zugelassen (siehe oben, Rn. 55). Ebenso wird die ECPA mit Beschluss des Gerichts vom heutigen Tag als Streithelferin zugelassen. In einem solchen Fall setzt die Zulassung entsprechender zusätzlicher Streithilfeanträge ihrer Mitglieder voraus, dass Letztere ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits dartun, das sich von demjenigen der Vereinigungen unterscheidet, die als Streithelfer zugelassen wurden und deren Mitglieder sie sind (vgl. entsprechend Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 5. Februar 2009, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, C‑550/07 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 12 bis 14).

67     In ihrer Stellungnahme vom 21. August 2014 hat Makhteshim-Agan Italia in Antwort auf die schriftliche Frage des Gerichts im Wesentlichen geltend gemacht, dass sich ihr Interesse an einer Streithilfe aus ihrer besonderen Situation ergebe. Sie sei nämlich Inhaberin einer Zulassung für ein Flüssigerzeugnis auf Basis eines der von der angefochtenen Verordnung erfassten Wirkstoffe gewesen, die von den italienischen Behörden erteilt und im Anschluss an den Erlass der genannten Verordnung wieder entzogen worden sei. Dies sei nicht bei allen Mitgliedern der ECPA der Fall gewesen, insbesondere nicht in Bezug auf das Erzeugnis in flüssiger und nicht in fester Form. Daher könnten ihre Interessen im Rahmen der Streithilfe der ECPA nicht angemessen berücksichtigt werden.

68     In ihrer Stellungnahme vom 21. August 2014 hat KWS Saat in Antwort auf die schriftliche Frage des Gerichts im Wesentlichen geltend gemacht, dass sich ihr Interesse an einer Streithilfe aus ihrer besonderen Situation ergebe. Sie verwende nämlich die von der angefochtenen Verordnung erfassten spezifischen Wirkstoffe, die sie bei der Klägerin einkaufe. Solange die angefochtene Verordnung in Kraft sei, könne sie ihre Saatgutvorräte, die bereits mit den angeführten Wirkstoffen behandelt worden seien, nicht verkaufen und ihren Liefervertrag mit der Klägerin nicht aufrechterhalten, werde sie Verluste bei der Produktion von Saatgut erleiden und würden ihre Investitionen in die Produktion von mit den erfassten Wirkstoffen behandeltem Saatgut in ihrem Wert gemindert. Diese Umstände unterschieden ihre Situation von derjenigen anderer Mitglieder der ESA. Daher könnten ihre Interessen im Rahmen der Streithilfe der ESA nicht angemessen berücksichtigt werden.

69     In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der oben in Rn. 23 angeführten Rechtsprechung der mit der weiten Auslegung des Beitrittsrechts von Vereinigungen verfolgte Zweck darin besteht, eine Vielzahl individueller Beitritte, die die Wirksamkeit und den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens beeinträchtigen könnten, zu vermeiden.

70     Auch wenn die von Makhteshim-Agan Italia und von KWS Saat angeführten besonderen Situationen nicht bei allen Mitgliedern der ECPA bzw. der ESA vorliegen sollten, gehen die von ihnen geltend gemachten Interessen jedoch nicht über die Interessen hinaus, für die sich die ECPA und die ESA als Vereinigungen, die die Interessen der Hersteller von Pflanzenschutzmitteln und von Saatgut vertreten, generell einsetzen.

71     Daher werden die Interessen von Makhteshim-Agan Italia und von KWS Saat am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bereits von den als Streithelferinnen zugelassenen Vereinigungen, deren Mitglieder sie sind, vertreten.

72     Aufgrund der obigen Ausführungen und angesichts des Ziels, das mit der oben in Rn. 23 angeführten Rechtsprechung verfolgt wird, sind die Streithilfeanträge von Makhteshim-Agan Italia und von KWS Saat daher zurückzuweisen.

[Nicht wiedergegeben]

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

beschlossen:

1.      Die Association générale des producteurs de maïs et autres céréales cultivées de la sous-famille des panicoïdées (AGPM), die National Farmers’ Union (NFU), die Rapool-Ring GmbH, die European Seed Association (ESA) und die Agricultural Industries Confederation (AIC) werden als Streithelfer in der Rechtssache T‑429/13 zur Unterstützung der Anträge der Bayer CropScience AG zugelassen.

2.      Die Union nationale de l’apiculture française (UNAF), der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund e. V. (DBEB), der Österreichische Erwerbsimkerbund (ÖEB), der Stichting Greenpeace Council, die Pesticide Action Network Europe (PAN Europe), die BeeLife European Beekeeping Coordination (BeeLife) und der Buglife – The Invertebrate Conservation Trust (Buglife) werden als Streithelfer in der Rechtssache T‑429/13 zur Unterstützung der Anträge der Europäischen Kommission zugelassen.

3.      Die Streithilfeanträge der Makhteshim-Agan Italia Srl, der KWS Saat AG, des Mellifera e. V. – Vereinigung für wesensgerechte Bienenhaltung, die ClientEarth, die SumOfUs, der OÖ Landesverband für Bienenzucht (OÖL) und der Österreichische Imkerbund (ÖIB) werden zurückgewiesen.

4.      Der Kanzler hat den beigetretenen Streithelfern eine nicht vertrauliche Fassung aller den Parteien zugestellten Verfahrensschriftstücke zu übermitteln.

5.      Den Streithelfern wird eine Frist gesetzt, innerhalb deren sie sich zum Antrag auf vertrauliche Behandlung äußern können. Die Entscheidung über die Begründetheit dieses Antrags bleibt vorbehalten.

6.      Den Streithelfern wird eine Frist zur Einreichung eines Streithilfeschriftsatzes gesetzt, unbeschadet der Möglichkeit, diesen später, nach einer Entscheidung über die Begründetheit des Antrags auf vertrauliche Behandlung, gegebenenfalls zu ergänzen.

7.      Die Makhteshim-Agan Italia, die KWS Saat, der Mellifera e. V., die ClientEarth, die SumOfUs, der OÖL, der ÖIB, die Bayer CropScience und die Kommission tragen jeweils ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Streithilfeanträgen.

8.      Die durch die Zulassung der Streithelfer entstandenen Kosten bleiben vorbehalten.

Luxemburg, den 21. Oktober 2014

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       H. Kanninen


* Verfahrenssprache: Englisch.


1 – Es werden nur die Randnummern des Beschlusses wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.