Language of document : ECLI:EU:T:2013:475

URTEIL DES GERICHTS (Vierte Kammer)

16. September 2013(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer und österreichischer Markt für Badezimmerausstattungen – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen festgestellt wird – Koordinierung von Preiserhöhungen und Austausch sensibler Geschäftsinformationen – Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren – Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 – Herabsetzung des Betrags der Geldbuße – Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen – Rückwirkungsverbot“

In der Rechtssache T‑375/10

Hansa Metallwerke AG mit Sitz in Stuttgart (Deutschland),

Hansa Nederland BV mit Sitz in Nijkerk (Niederlande),

Hansa Italiana Srl mit Sitz in Castelnuovo del Garda (Italien),

Hansa Belgium mit Sitz in Asse (Belgien),

Hansa Austria GmbH mit Sitz in Salzburg (Österreich),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt H.‑J. Hellmann und Rechtsanwältin C. Malz,

Klägerinnen,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch A. Antoniadis und R. Sauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Simm und F. Florindo Gijón als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

wegen teilweiser Nichtigerklärung des Beschlusses K(2010) 4185 endg. der Kommission vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39092 – Badezimmerausstattungen) und, hilfsweise, Herabsetzung der mit diesem Beschluss gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters M. van der Woude,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2013

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Mit dem Beschluss K(2010) 4185 endg. vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39092 – Badezimmerausstattungen) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) stellte die Europäische Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im Sektor Badezimmerausstattungen fest. Diese Zuwiderhandlung, an der 17 Unternehmen beteiligt gewesen seien, habe in verschiedenen Zeiträumen zwischen dem 16. Oktober 1992 und dem 9. November 2004 in Form eines Bündels wettbewerbswidriger Vereinbarungen oder abgestimmter Verhaltensweisen in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich stattgefunden (Randnrn. 2 und 3 sowie Art. 1 des angefochtenen Beschlusses).

2        Genauer führte die Kommission in dem angefochtenen Beschluss aus, die festgestellte Zuwiderhandlung habe erstens und in erster Linie die Koordinierung jährlicher Preiserhöhungen und weiterer Preisgestaltungselemente durch die betreffenden Hersteller von Badezimmerausstattungen im Rahmen regelmäßiger Treffen nationaler Verbände, zweitens die Festsetzung oder Koordinierung der Preise bei besonderen Anlässen wie dem Anstieg der Rohstoffkosten, der Einführung des Euro oder der Einführung einer Straßenmaut sowie drittens die Offenlegung und den Austausch sensibler Geschäftsinformationen umfasst. Außerdem stellte sie fest, dass die Preise im Sektor Badezimmerausstattungen in jährlichen Runden festgesetzt worden seien. In diesem Rahmen hätten die Hersteller ihre Preislisten beschlossen, die üblicherweise ein Jahr lang gegolten hätten und bei Verkäufen an Großhändler zugrunde gelegt worden seien (Randnrn. 152 bis 163 des angefochtenen Beschlusses).

3        Die von dem Kartell betroffenen Produkte sind Badezimmerausstattungen, die zu einer der drei folgenden Produktuntergruppen gehören: Armaturen, Duschabtrennungen und ‑zubehör sowie Sanitärkeramik (im Folgenden: die drei Produktuntergruppen) (Randnrn. 5 und 6 des angefochtenen Beschlusses).

4        Die Klägerinnen, d. h. die Hansa Metallwerke AG (im Folgenden: Hansa), die Hansa Nederland BV, die Hansa Italiana Srl, die Hansa Belgium und die Hansa Austria GmbH, stellen von den Produkten der betroffenen Untergruppen des Badezimmerausstattungssektors Armaturen her und gehören zu den Adressaten des angefochtenen Beschlusses. Sie waren während der gesamten Dauer ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung Mitglieder der folgenden nationalen Verbände von Herstellern von Badezimmerausstattungen: IndustrieForum Sanitär (im Folgenden: IFS) und Arbeitsgemeinschaft Sanitärindustrie (im Folgenden: AGSI) in Deutschland, Arbeitskreis Sanitär Industrie (im Folgenden: ASI) in Österreich, Home Comfort Team (im Folgenden: HCT) in Belgien, Association française des pompes et de la robinetterie (im Folgenden: AFPR) in Frankreich, Euroitalia und Michelangelo in Italien sowie Sanitair Fabrikanten Platform (im Folgenden: SFP), bei der die Mitgliedschaft eine Mitgliedschaft in der Stichting Verwarming en Sanitair (SVS) voraussetzte, in den Niederlanden (Randnrn. 32, 33 und 113 des angefochtenen Beschlusses).

5        Am 15. Juli 2004 informierten die Masco Corp. und ihre Tochtergesellschaften, zu denen die Hansgrohe AG, die Armaturen herstellt, und die Hüppe GmbH, die Duschabtrennungen herstellt, gehören, die Kommission über das Bestehen eines Kartells im Sektor Badezimmerausstattungen und beantragten einen Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002) bzw. eine Ermäßigung der Geldbußen. Am 2. März 2005 beschloss die Kommission einen bedingten Geldbußenerlass zugunsten von Masco nach Randnr. 8 Buchst. a und Randnr. 15 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 (Randnrn. 126 bis 128 des angefochtenen Beschlusses).

6        Am 9. und 10. November 2004 führte die Kommission gemäß Art. 20 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) unangekündigte Nachprüfungen in den Räumlichkeiten verschiedener Unternehmen und nationaler Verbände des Badezimmerausstattungssektors durch (Randnr. 129 des angefochtenen Beschlusses).

7        Am 15. und am 19. November 2004 beantragten die Grohe Beteiligungs GmbH und ihre Tochtergesellschaften sowie die American Standard Inc. (im Folgenden: Ideal Standard) und ihre Tochtergesellschaften jeweils einen Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 bzw. eine Geldbußenermäßigung (Randnrn. 131 und 132 des angefochtenen Beschlusses).

8        Zwischen dem 15. November 2005 und dem 16. Mai 2006 richtete die Kommission an verschiedene Unternehmen und Verbände des Badezimmerausstattungssektors, darunter auch die Klägerinnen, Auskunftsverlangen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 (Randnr. 133 des angefochtenen Beschlusses).

9        Am 17., am 19. und am 20. Januar 2006 beantragten die Roca SARL (im Folgenden: Roca), Hansa und ihre Tochtergesellschaften sowie die Aloys F. Dornbracht GmbH & Co. KG Armaturenfabrik jeweils einen Geldbußenerlass gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 bzw. eine Geldbußenermäßigung (Randnrn. 135 bis 138 des angefochtenen Beschlusses).

10      Mit Schreiben vom 4. August 2006 übersandten die Klägerinnen der Kommission weitere Unterlagen zu ihrem Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002.

11      Am 26. März 2007 erließ die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die den Klägerinnen zugestellt wurde (Randnr. 139 des angefochtenen Beschlusses).

12      Am 1. August 2007 übermittelten die Klägerinnen der Kommission ihre Stellungnahme zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte.

13      Vom 12. bis 14. November 2007 fand eine Anhörung statt, an der die Klägerinnen teilnahmen (Randnr. 143 des angefochtenen Beschlusses).

14      Zwischen dem 19. Juni 2009 und dem 8. März 2010 richtete die Kommission nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 weitere Auskunftsverlangen an verschiedene Unternehmen, darunter auch die Klägerinnen (Randnrn. 149 bis 151 des angefochtenen Beschlusses).

15      Am 9. Juli 2009 sandte die Kommission an manche Unternehmen, zu denen auch die Klägerinnen gehörten, ein Sachverhaltsschreiben und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Beweise, auf die sie sich im Rahmen des Erlasses einer endgültigen Entscheidung gegebenenfalls stützen könnte (Randnrn. 147 und 148 des angefochtenen Beschlusses).

16      Mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 richtete die Kommission ein Auskunftsverlangen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 an die Klägerinnen, das den weltweiten Umsatz des Hansa-Konzerns betraf. In diesem Schreiben hieß es auch: „Falls Ihre Umsatzdaten vorläufige Daten sind oder auf Ihren besten Schätzungen beruhen, so aktualisieren Sie bitte diese Umsatzdaten nach dem 15. [Januar] 2010[,] sobald geprüfte oder zuverlässigere Daten (wie etwa bestätigte Daten) verfügbar sind …“

17      Mit Schreiben vom 15. Januar 2010 teilten die Klägerinnen der Kommission in Beantwortung des Schreibens vom 21. Dezember 2009 einen weltweiten Umsatz von 196 776 259 Euro für das Jahr 2009 mit.

18      Mit E-Mail vom 7. Mai 2010 richtete die Kommission drei Fragen an die Klägerinnen, mit denen sie Unterlagen zu den Kreditfazilitäten anforderte, über die sie bei ihren Bankinstituten verfügten.

19      Mit E-Mail vom 10. Mai 2010 beantworteten die Klägerinnen in erster Linie die ersten beiden in der E-Mail vom 7. Mai 2010 gestellten Fragen. Dazu teilten sie der Kommission in dieser E-Mail einleitend mit, dass sich der Gesamtumsatz des Konzerns nach dem Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2009 auf 193 886 175,98 Euro belaufen habe.

20      Am 23. Juni 2010 erließ die Kommission den angefochtenen Beschluss.

21      Darin ging sie erstens davon aus, die oben in Randnr. 2 beschriebenen Verhaltensweisen seien Teil eines gemeinsamen Planes zur Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Adressaten dieses Beschlusses und wiesen die Merkmale einer einzigen und fortdauernden Zuwiderhandlung auf, deren Wirkungsbereich die drei oben in Randnr. 3 genannten Produktuntergruppen betroffen und sich auf Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande und Österreich erstreckt habe (im Folgenden: festgestellte Zuwiderhandlung) (Randnrn. 778 und 793 des angefochtenen Beschlusses). Sie betonte insoweit vor allem, dass die besagten Verhaltensweisen nach einem wiederkehrenden Muster stattgefunden hätten, das in den sechs von der Untersuchung der Kommission betroffenen Mitgliedstaaten übereingestimmt habe (Randnrn. 778 und 793 des angefochtenen Beschlusses). Sie verwies auch auf das Bestehen von nationalen Verbänden, die alle drei oben in Randnr. 3 genannten Produktuntergruppen beträfen und von ihr als „Dachverbände“ bezeichnet wurden, von nationalen Verbänden mit in mindestens zwei dieser drei Produktuntergruppen tätigen Mitgliedern, die sie als „produktübergreifende Verbände“ bezeichnete, und von produktspezifischen Verbänden mit Mitgliedern, die in einer dieser drei Produktuntergruppen tätig seien (Randnrn. 796 und 798 des angefochtenen Beschlusses). Schließlich stellte sie das Bestehen einer zentralen Gruppe von Unternehmen fest, die in verschiedenen Mitgliedstaaten und im Rahmen von Dach- und produktübergreifenden Verbänden an dem Kartell beteiligt gewesen seien (Randnrn. 796 und 797 des angefochtenen Beschlusses).

22      Zu der Beteiligung der Klägerinnen an der festgestellten Zuwiderhandlung wies die Kommission erstens darauf hin, dass sie, auch wenn sie während der Dauer der Zuwiderhandlung in erster Linie Armaturenhersteller gewesen seien, dennoch aufgrund ihrer Teilnahme an den Kartelltreffen der Dachverbände ASI in Österreich, IFS in Deutschland und SFP in den Niederlanden sowie des produktübergreifenden Verbands HCT in Belgien über die verschiedenen von der Zuwiderhandlung betroffenen Produktbereiche Bescheid gewusst hätten (Randnr. 857 des angefochtenen Beschlusses). Was zweitens den räumlichen Umfang des Kartells betreffe, hätten die Klägerinnen, da sie an den Kartelltreffen von IFS, AGSI, ASI, Euroitalia, Michelangelo, SFP, SVS und HCT teilgenommen hätten, an Treffen in fünf der sechs Mitgliedstaaten teilgenommen, in denen eine Zuwiderhandlung bis 2002 festgestellt worden sei, nämlich in Deutschland, in Österreich, in Belgien, in Italien und in den Niederlanden (Randnr. 858 des angefochtenen Beschlusses). In Bezug auf Frankreich erkannte die Kommission an, dass die Klägerinnen, obgleich ab 2002 eine Zuwiderhandlung vorgelegen habe, ihre Mitwirkung in der AFPR im Jahr 2002 eingestellt hätten. Aufgrund verschiedener Informationen und Beweise war sie jedoch der Ansicht, dass die Klägerinnen hätten wissen können, dass sich die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die für die festgestellte Zuwiderhandlung kennzeichnend gewesen seien, in Frankreich ausgewirkt hätten (Randnrn. 858 und 859 des angefochtenen Beschlusses). Sie gelangte daher zu dem Ergebnis, dass den Klägerinnen die allgemeine Reichweite und die Hauptmerkmale der in Rede stehenden Zuwiderhandlung nicht hätten unbekannt sein können (Randnr. 860 des angefochtenen Beschlusses).

23      Zweitens stützte sich die Kommission für die Bemessung der gegen die einzelnen Unternehmen verhängten Geldbußen auf die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) (Randnr. 1184 des angefochtenen Beschlusses).

24      Als Erstes ermittelte sie den Grundbetrag der Geldbuße. Hierzu führte sie in dem angefochtenen Beschluss aus, die Berechnungsgrundlage sei für jedes Unternehmen sein Umsatz pro Mitgliedstaat, multipliziert mit der Anzahl der Jahre seiner Beteiligung an der festgestellten Zuwiderhandlung in dem jeweiligen Mitgliedstaat und für die betreffende Produktuntergruppe, so dass der Tatsache Rechnung getragen werde, dass bestimmte Unternehmen nur in manchen Mitgliedstaaten oder in einer der drei oben in Randnr. 3 genannten Produktuntergruppen tätig seien (Randnr. 1197 des angefochtenen Beschlusses).

25      Nach dieser Klarstellung setzte die Kommission den Koeffizienten für die Schwere der festgestellten Zuwiderhandlung im Sinne der Nrn. 20 bis 23 der Leitlinien von 2006 auf 15 % fest. Dabei berücksichtigte sie vier Kriterien zur Beurteilung dieser Zuwiderhandlung, nämlich die Art, die kumulierten Marktanteile, die räumliche Ausdehnung und die Umsetzung (Randnrn. 1210 bis 1220 des angefochtenen Beschlusses).

26      Ferner setzte sie den für die Dauer der Zuwiderhandlung auf den für die Klägerinnen ermittelten Grundbetrag anzuwendenden Multiplikator auf der Grundlage von Nr. 24 der Leitlinien von 2006 auf 6,66 für Deutschland, 10,25 für Österreich, 12 für Italien und 1,58 für Belgien fest (Randnr. 1223 des angefochtenen Beschlusses).

27      Schließlich beschloss die Kommission gemäß Nr. 25 der Leitlinien von 2006 zur Abschreckung der betroffenen Unternehmen von der Beteiligung an ähnlichen wie den mit dem angefochtenen Beschluss geahndeten horizontalen Preisfestsetzungsvereinbarungen und in Ansehung der vier oben in Randnr. 25 genannten Beurteilungskriterien eine Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße um 15 % (Randnrn. 1224 und 1225 des angefochtenen Beschlusses).

28      Daraus ergab sich für die Klägerinnen ein Grundbetrag von 107 120 000 Euro, von denen 75 000 000 Euro auf Deutschland, 16 300 000 Euro auf Österreich, 15 000 000 Euro auf Italien und 820 000 Euro auf Belgien entfielen (Randnr. 1226 des angefochtenen Beschlusses).

29      Als Zweites prüfte die Kommission das Vorliegen erschwerender oder mildernder Umstände, die eine Anpassung des Grundbetrags rechtfertigen könnten. In Bezug auf die Klägerinnen stellte sie keine solchen Umstände fest (Randnrn. 1228 bis 1257 des angefochtenen Beschlusses).

30      Als Drittes wandte die Kommission die Grenze von 10 % des Umsatzes (im Folgenden: 10%-Grenze) gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 an. Der Gesamtbetrag der Geldbuße für die Klägerinnen nach Anwendung dieser Grenze belief sich auf 19 677 626 Euro (Randnrn. 1261 und 1264 des angefochtenen Beschlusses).

31      Als Viertes führte die Kommission aus, die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf eine Geldbußenermäßigung nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, da die von ihnen vorgelegten Beweise keinen bedeutenden Mehrwert im Sinne von Randnr. 21 dieser Mitteilung darstellten (Randnr. 1302 des angefochtenen Beschlusses).

32      Als Fünftes setzte die Kommission in Anwendung von Nr. 35 der Leitlinien von 2006 betreffend die Leistungsfähigkeit der mit einer Sanktion belegten Unternehmen den Gesamtbetrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße von 19 677 626 Euro (Randnr. 1319 des angefochtenen Beschlusses) auf 14 758 219 Euro herab (Randnrn. 1337 bis 1346 des angefochtenen Beschlusses).

33      In Anbetracht all dessen heißt es im verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses:

Artikel 1

(1)      Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und – ab 1. Januar 1994 – gegen Artikel 53 EWR-Abkommen verstoßen, indem sie sich in den angegebenen Zeiträumen an einer fortdauernden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise im Badezimmerausstattungsektor in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich beteiligt haben:

5. Hansa Metallwerke AG vom 16. Oktober 1992 bis zum 9. November 2004; Hansa Nederland B.V. vom 26. November 1996 bis zum 31. Dezember 1999; Hansa Italiana s.r.l. vom 16. Oktober 1992 bis zum 9. November 2004; [Hansa Belgium] vom 10. März 2003 bis zum 9. November 2004; Hansa Austria GmbH vom 21. Juli 1994 bis zum 9. November 2004.

Artikel 2

Für die in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlungen werden folgende Geldbußen verhängt:

5.

(a)

EUR 10 332 958

Hansa Metallwerke AG

 

(b)

EUR 2 245 696

Gesamtschuldnerisch gegen Hansa Austria GmbH und Hansa Metallwerke AG

 

(c)

EUR 2 066 592

Gesamtschuldnerisch gegen Hansa Italiana s.r.l. und Hansa Metallwerke AG

 

(d)

EUR 112 974

Gesamtschuldnerisch gegen [Hansa Belgium] und Hansa Metallwerke AG

 

(e)

EUR 0

Gesamtschuldnerisch gegen Hansa Nederland B.V. und Hansa Metallwerke AG

Artikel 3

Die in Artikel 1 aufgeführten Unternehmen stellen die … dort genannten Zuwiderhandlungen unverzüglich ein, sofern dies noch nicht geschehen ist.

Sie unterlassen die Wiederholung der in Artikel 1 genannten Handlungen und Verhaltensweisen sowie alle Handlungen und Verhaltensweisen, die denselben oder einen ähnlichen Zweck beziehungsweise dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben.

…“

34      In Art. 4 des angefochtenen Beschlusses werden dessen Adressaten aufgezählt, zu denen die Klägerinnen gehören.

 Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

35      Mit Klageschrift, die am 8. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

36      Mit Schriftsatz, der am 5. November 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Rat der Europäischen Union beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 17. Februar 2011 hat die Präsidentin der Vierten Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben.

37      Das Gericht (Vierte Kammer) hat auf Bericht der Berichterstatterin beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts den Klägerinnen aufgegeben, das Schreiben vom 15. Januar 2010 vorzulegen. Die Klägerinnen sind dem mit Schreiben vom 31. Januar 2013 fristgerecht nachgekommen. Mit Schreiben vom 25. Februar 2013, das auf Beschluss des Gerichts zu den Akten der Rechtssache genommen worden ist, hat die Kommission zu dem Schreiben vom 31. Januar 2013 Stellung genommen.

38      Die Parteien haben in der Sitzung vom 27. Februar 2013 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

39      Die Klägerinnen beantragen,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er sie betrifft;

–        hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

40      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

41      Der Rat beantragt,

–        die Einrede der Rechtswidrigkeit des Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 zurückzuweisen;

–        eine angemessene Kostenentscheidung zu treffen.

 Rechtliche Würdigung

42      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die gerichtliche Überprüfung von zur Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht erlassenen Sanktionsbeschlüssen der Kommission durch den Richter der Europäischen Union auf der in Art. 263 AEUV vorgesehenen Rechtmäßigkeitskontrolle fußt, die, wenn der Unionsrichter mit einem entsprechenden Antrag befasst wird, durch eine ihm durch Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 261 AEUV zuerkannte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ergänzt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 53, 63 und 64). Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sanktion hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld gegebenenfalls aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Dezember 2011, KME u. a./Kommission, C‑272/09 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 5. Oktober 2011, Romana Tabacchi/Kommission, T‑11/06, Slg. 2011, II‑6681, Randnr. 265).

43      Hier steht zunächst fest, dass die Klägerinnen das Gericht im Rahmen der vorliegenden Klage mit zwei Hauptanträgen befasst haben, mit denen die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, soweit er sie betrifft, sowie, hilfsweise, eine Herabsetzung der ihnen auferlegten Geldbuße begehrt wird.

44      Außerdem stützen die Klägerinnen ihre Klage auf sechs Gründe, die zur Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, soweit er sie betrifft, oder in Ermangelung dessen zur Herabsetzung des Betrags der gegen sie verhängten Geldbuße führen sollen. Mit diesen Klagegründen wird Folgendes geltend gemacht: erstens ein Rechts- und Beurteilungsfehler betreffend den Höchstbetrag der verhängten Geldbuße nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, zweitens eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes, drittens ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 wegen fehlerhafter Geldbußenbemessung im Hinblick auf die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, viertens ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot, fünftens ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen, der in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 begründet liege, und sechstens ein Verstoß gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Rechtssicherheit. Dieser sechste Klagegrund gliedert sich in zwei Teile, mit denen erstens die Rechtswidrigkeit der Verwaltungspraxis in Bezug auf die Berechnung der Höhe der Geldbußen, wie sie sich aus der Anwendung der Leitlinien von 2006 ergebe, in Ansehung von Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 und zweitens mehrere Rechts- und Beurteilungsfehler sowie ein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht werden.

45      Mit dem fünften Klagegrund und dem ersten Teil des sechsten Klagegrundes werden im Wesentlichen die Rechtswidrigkeit von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und die Rechtswidrigkeit der Leitlinien von 2006 in Ansehung von Art. 23 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung geltend gemacht. Der fünfte Klagegrund und der erste Teil des sechsten Klagegrundes sind daher als Rechtswidrigkeitseinreden zu verstehen und als solche zu prüfen.

46      Nach alledem werden in einem ersten Schritt die beiden vorstehend in Randnr. 45 genannten Rechtswidrigkeitseinreden geprüft. In einem zweiten Schritt wird im Rahmen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses im Hinblick auf zum einen den ersten, den zweiten, den dritten und den vierten Klagegrund und zum anderen den zweiten Teil des sechsten Klagegrundes, der für die Zwecke des vorliegenden Urteils zum fünften Klagegrund umnummeriert wird, der Antrag der Klägerinnen auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, soweit er sie betrifft, geprüft. Der dritte Schritt gilt der Prüfung des hilfsweise gestellten Antrags, der im Wesentlichen darauf gerichtet ist, dass das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Betrag der von der Kommission gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße im Wege der Herabsetzung ändert.

 Zu den Rechtswidrigkeitseinreden

 Zur Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

47      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Ermächtigungsgrundlage in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoße im Hinblick auf die darin für die Bemessung der Geldbußen aufgestellten Kriterien gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen (im Folgenden: erste Einrede).

48      Die Kommission tritt den von den Klägerinnen für die erste Einrede vorgebrachten Argumenten entgegen und wird darin durch den Rat unterstützt.

49      Dazu ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen, wie er in Art. 49 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2010, C 83, S. 389) niedergelegt und insbesondere in Art. 7 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) verankert ist, Ausfluss des Grundsatzes der Rechtssicherheit ist, der verlangt, dass eine Regelung der Union die Zuwiderhandlungen und die Sanktionen klar definiert (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 29. März 2011, ThyssenKrupp Nirosta/Kommission, C‑352/09 P, Slg. 2011, I‑2359, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 5. April 2006, Degussa/Kommission, T‑279/02, Slg. 2006, II‑897, Randnr. 66, bestätigt durch Urteil des Gerichtshofs vom 22. Mai 2008, Evonik Degussa/Kommission, C‑266/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht; Urteil des Gerichts vom 19. Mai 2010, Wieland-Werke u. a./Kommission, T‑11/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 58).

50      Zudem verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass eine solche Regelung den Betroffenen ermöglicht, den Umfang der ihnen damit auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen, und dass sie ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und sich darauf einstellen können (vgl. Urteil ThyssenKrupp Nirosta/Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Zur Erfüllung der sich aus den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit von Strafen und der Rechtssicherheit ergebenden Anforderungen ist es nicht erforderlich, dass die Bestimmungen, aufgrund deren die Sanktionen verhängt werden, so genau formuliert sind, dass die möglichen Folgen eines Verstoßes gegen sie mit absoluter Gewissheit vorhersehbar sind. Die Existenz vager Begriffe in einer Bestimmung führt nämlich nicht zwangsläufig zu einem Verstoß gegen die beiden genannten Grundsätze, und die Tatsache, dass ein Gesetz ein Ermessen verleiht, verletzt als solche nicht das Erfordernis der Vorhersehbarkeit, sofern der Umfang und die Modalitäten der Ausübung eines solchen Ermessens hinreichend deutlich festgelegt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile Degussa/Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 71, und Wieland-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnrn. 62 und 63).

52      Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass sich die Klarheit des Gesetzes nicht nur nach dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmung bemisst, sondern auch nach den Präzisierungen durch eine ständige, veröffentlichte Rechtsprechung (Urteil Evonik Degussa/Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 40). Er hat auch betont, dass die in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien in Bezug auf die Methode für die Berechnung der Geldbußen im Wettbewerbsrecht der Union insbesondere von der Kommission bei der Erstellung der Leitlinien herangezogen wurden und es ihr ermöglicht haben, eine bekannte und zugängliche Entscheidungspraxis zu entwickeln (vgl. in diesem Sinne Urteil Evonik Degussa/Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 61).

53      Was die Gültigkeit von Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 im Hinblick auf die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit von Strafen und der Rechtssicherheit betrifft, ist daran zu erinnern, dass das Gericht auf Argumente, die im Wesentlichen denen entsprachen, die von den Klägerinnen für die erste Einrede vorgebracht worden sind, bereits entschieden hat, dass die Abs. 2 und 3 dieses Artikels, in Verbindung miteinander das Ermessen der Kommission begrenzen und daher den Anforderungen der genannten Grundsätze genügen (Urteil Wieland-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnrn. 63 bis 72).

54      Demnach genügt Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 den Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen ergeben.

55      Daran kann auch das Vorbringen der Klägerinnen nichts ändern, wonach sich der Gerichtshof im Urteil Evonik Degussa/Kommission (oben in Randnr. 49 angeführt) nur zur Rechtmäßigkeit von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), und nicht zur Rechtmäßigkeit von Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 geäußert habe.

56      Insoweit ist klarzustellen, dass der Gerichtshof im Urteil Evonik Degussa/Kommission (oben in Randnr. 49 angeführt) das Rechtsmittel gegen das Urteil Degussa/Kommission (oben in Randnr. 49 angeführt) zurückwies und insbesondere die Gültigkeit der oben in den Randnrn. 49 bis 54 dargelegten Argumentation bestätigte, die auf eine Einrede der Rechtswidrigkeit des Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 hin entwickelt worden war. Außerdem hat das Gericht, wie aus seiner Rechtsprechung, namentlich den Randnrn. 58 bis 73 des Urteils Wieland-Werke u. a./Kommission (oben in Randnr. 49 angeführt), hervorgeht, entsprechend dem Urteil Degussa/Kommission (oben in Randnr. 49 angeführt) für Recht erkannt, dass Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 nicht gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen verstößt. Die Klägerinnen tragen hier aber kein Argument vor, das geeignet wäre, Gründe darzutun, aus denen von dieser Rechtsprechung abgerückt werden sollte.

57      Nach alledem ist die erste Einrede als unbegründet zurückzuweisen.

 Zur Einrede der Rechtswidrigkeit der Leitlinien von 2006 in Ansehung von Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003

58      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Höhe der verhängten Geldbuße sei, indem ihr die Leitlinien von 2006 zugrunde lägen, von der Kommission nicht im Einklang mit Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 festgesetzt worden, da die Kommission ihr Ermessen hinsichtlich der verschiedenen Berechnungsparameter nicht unter Berücksichtigung der Fallumstände ausgeübt habe. Die aus den Leitlinien von 2006 resultierende Verwaltungspraxis bezüglich der Bemessung der Geldbußen führe dazu, dass die Grenze von 10 % des Gesamtumsatzes regelmäßig überschritten werde, und zwar wie im vorliegenden Fall häufig schon auf der Stufe der Berechnung des Grundbetrags, so dass die nach Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und der Rechtsprechung anwendbaren Berechnungsparameter, nämlich sowohl die Schwere als auch die Dauer der Zuwiderhandlung sowie die individuellen Umstände, nur theoretisch in die Berechnungsmethode einflössen und sich im Endbetrag der Geldbuße nicht niederschlügen. Darin liege ein Verstoß gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit von Strafen, der Rechtssicherheit, der Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und des Rechts auf einen gerichtlichen Rechtsbehelf (im Folgenden: zweite Einrede).

59      Die Kommission tritt den von den Klägerinnen für die zweite Einrede vorgebrachten Argumenten entgegen.

60      Als Erstes ist zu dem behaupteten Verstoß gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit von Strafen und der Rechtssicherheit erstens darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der Erlass von Leitlinien durch die Kommission seinem Wesen nach dazu beiträgt, die Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit von Strafen sicherzustellen. Die Leitlinien enthalten insoweit eine allgemeine und abstrakte Regelung des Vorgehens, das sich die Kommission für die Zwecke der Festsetzung der Geldbußen auferlegt hat, und gewährleisten damit Rechtssicherheit für die Unternehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnrn. 211 und 213).

61      Zweitens ist Nr. 2 der Leitlinien von 2006 zu entnehmen, dass sich diese in den durch Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgegebenen gesetzlichen Rahmen einfügen. In den vorstehenden Randnrn. 49 bis 57 ist aber festgestellt worden, dass dieser Artikel den Anforderungen genügt, die sich aus den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit von Strafen und der Rechtssicherheit ergeben.

62      Drittens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission mit dem Erlass der Leitlinien von 2006 nicht den Ermessensspielraum überschritten hat, der ihr nach Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 zusteht (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 250).

63      Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 sieht nämlich vor, dass die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der Geldbußen die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigt. Nach Nr. 19 der Leitlinien von 2006 wird zur Bestimmung des Grundbetrags der Geldbuße ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert.

64      Dabei wird nach den Nrn. 21 bis 23 der Leitlinien von 2006 zur Berücksichtigung der Schwere der Zuwiderhandlung ein Betrag von bis zu 30 % des Umsatzes (im Folgenden: Koeffizient für die Schwere der Zuwiderhandlung) festgesetzt, und zwar unter Berücksichtigung mehrerer Umstände wie Art der Zuwiderhandlung, kumulierter Marktanteil sämtlicher beteiligter Unternehmen, Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis, wobei Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung der Märkte oder Einschränkung der Erzeugung ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen gehören. Nach Nr. 25 der Leitlinien von 2006 setzt die Kommission zur Abschreckung zusätzlich unter Berücksichtigung der genannten Umstände einen Wert zwischen 15 % und 25 % des Umsatzes zur Berechnung eines Zusatzbetrags fest (im Folgenden: Koeffizient für den Zusatzbetrag).

65      Um der Dauer der Zuwiderhandlung Rechnung zu tragen, wird nach Nr. 24 der Leitlinien von 2006 zum einen der nach dem Umsatz ermittelte Wert mit der Anzahl der Jahre multipliziert, die das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war, und zum anderen werden Zeiträume von bis zu sechs Monaten mit einem halben Jahr und Zeiträume von mehr als sechs Monaten bis zu einem Jahr mit einem ganzen Jahr angerechnet.

66      Nach den Nrn. 27 bis 31 der Leitlinien von 2006 kann dieser Grundbetrag sodann angepasst werden, um erschwerende und mildernde Umstände zu berücksichtigen und um eine ausreichend abschreckende Wirkung der Höhe der Geldbuße zu gewährleisten. Gemäß Nr. 34 dieser Leitlinien kann die Geldbuße auch ermäßigt werden, um der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 Rechnung zu tragen.

67      In Nr. 32 der Leitlinien von 2006 wird außerdem klargestellt, dass gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede daran beteiligte Unternehmensvereinigung 10 % des jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen darf.

68      Schließlich sieht die Kommission zum einen in Nr. 35 der Leitlinien von 2006 als Ausnahme vor, dass sie bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens berücksichtigen kann. Diese Bestimmung lässt der Kommission keinen unbegrenzten Ermessensspielraum, da die Bedingungen für die Gewährung einer Ermäßigung der Geldbuße wegen mangelnder Leistungsfähigkeit darin ganz genau beschrieben sind. So wird dort klargestellt, dass keine Ermäßigung der Geldbuße wegen der bloßen Tatsache einer nachteiligen oder defizitären Finanzlage gewährt wird und dass eine Ermäßigung nur möglich ist, wenn eindeutig nachgewiesen wird, dass die Verhängung einer Geldbuße die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Unternehmens unwiderruflich gefährden und seine Aktiva jeglichen Wertes berauben würde.

69      Zum anderen weist die Kommission in Nr. 37 der Leitlinien von 2006 darauf hin, dass die besonderen Umstände eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung in einem bestimmten Fall ein Abweichen von der in diesen Leitlinien beschriebenen Methode rechtfertigen können. Da Nr. 37 der Leitlinien von 2006 die Kommission nicht ermächtigt, von den in Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 aufgestellten Grundsätzen abzuweichen, verleiht sie dieser entgegen der Ansicht der Klägerinnen kein nahezu unbegrenztes Ermessen und weicht somit nicht vom Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen ab.

70      Der Erlass der Leitlinien von 2006 durch die Kommission hat folglich, da er sich in den durch Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgegebenen rechtlichen Rahmen einfügte, dazu beigetragen, die Grenzen für die Ausübung des der Kommission durch diese Bestimmungen eingeräumten Ermessens klarzustellen (Urteil Degussa/Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 82), und er hat auch nicht gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafen verstoßen, sondern zu dessen Beachtung beigetragen.

71      Die Klägerinnen berufen sich daher mit der zweiten Einrede zu Unrecht auf einen Verstoß gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit von Strafen und der Rechtssicherheit.

72      Als Zweites ist hinsichtlich des behaupteten Verstoßes gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung erstens auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach die in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 genannte Höchstgrenze von 10 % des Umsatzes nur für den Endbetrag der verhängten Geldbuße gilt und diese Bestimmung der Kommission nicht verbietet, bei den verschiedenen Schritten der Berechnung der Geldbußenhöhe zu einem Zwischenbetrag zu gelangen, der über der genannten Grenze liegt, sofern der Endbetrag der Geldbuße diese Grenze nicht überschreitet (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juli 2012, Cetarsa/Kommission, C‑181/11 P, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Somit ist, wenn sich herausstellt, dass am Ende der Berechnung der Endbetrag der Geldbuße in dem Umfang zu senken ist, in dem er die Obergrenze übersteigt, die Tatsache, dass sich einige Faktoren wie die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung nicht effektiv auf den Betrag der verhängten Geldbuße auswirken, eine bloße Folge der Anwendung dieser Obergrenze auf den Endbetrag (vgl. Urteil Cetarsa/Kommission, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

74      Durch die Obergrenze soll nämlich die Verhängung von Geldbußen verhindert werden, die die Unternehmen aufgrund ihrer Größe, wie sie, wenn auch nur annähernd und unvollständig, anhand ihres Gesamtumsatzes ermittelt wird, voraussichtlich nicht werden zahlen können (vgl. Urteil Cetarsa/Kommission, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75      Es handelt sich somit um eine Grenze, die einheitlich für alle Unternehmen gilt, von deren jeweiliger Größe abhängt und überhöhte und unverhältnismäßige Geldbußen verhindern soll. Diese Obergrenze dient folglich einem gegenüber dem Zweck der Kriterien der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung gesonderten und eigenständigen Zweck (vgl. Urteil Cetarsa/Kommission, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).

76      Ihre einzig mögliche Folge ist, dass die anhand dieser Kriterien berechnete Geldbuße auf den zulässigen Höchstbetrag gesenkt wird. Ihre Anwendung führt dazu, dass das betreffende Unternehmen nicht die Geldbuße zahlt, die an sich bei einer auf diese Kriterien gestützten Beurteilung verhängt werden müsste (vgl. Urteil Cetarsa/Kommission, oben in Randnr. 72 angeführt, Randnr. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Zweitens ist, auch wenn der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses nicht ausdrücklich angibt, in welcher Weise die Dauer und die Schwere der Zuwiderhandlung in die Berechnung der Höhe der den Klägerinnen auferlegten Geldbuße eingeflossen sind, darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung der verfügende Teil eines Beschlusses im Licht der ihn tragenden Gründe auszulegen ist (Urteil des Gerichts vom 22. März 2011, Altstoff Recycling Austria/Kommission, T‑419/03, Slg. 2011, II‑975, Randnr. 152). Im vorliegenden Fall trug aber die Kommission, was die Klägerinnen betrifft, der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung in den Randnrn. 1210 bis 1220 und 1221 bis 1223 des angefochtenen Beschlusses Rechnung. Das Vorbringen der Klägerinnen, dass bei der Anwendung der Leitlinien von 2006 die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung, wie es in dem angefochtenen Beschluss der Fall sei, keine tatsächliche Berücksichtigung fänden, ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

78      Was drittens den behaupteten Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz angeht, der darin liege, dass in Anbetracht der Wichtigkeit der Prüfung der relativen Verhältnismäßigkeit weder der Grundbetrag noch der Endbetrag der den Klägerinnen auferlegten Geldbuße den jeweils entsprechenden Betrag hätten überschreiten dürfen, der hinsichtlich der anderen Adressaten des angefochtenen Beschlusses zugrunde gelegt worden sei, so erweist sich dieses Vorbringen als offenkundig falsch, da es eine offensichtliche Unkenntnis der Regeln erkennen lässt, nach denen sich die Voraussetzungen für die Festsetzung des Betrags einer Geldbuße im Wettbewerbsrecht der Union richten.

79      Was den Grundbetrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße anbelangt, ist nämlich nach der Rechtsprechung bei Begehung einer Zuwiderhandlung durch mehrere Unternehmen die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen von ihnen zu prüfen (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Slg. 1975, 1663, Randnr. 623, und vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 150).

80      Diese Verpflichtung, an die die Kommission gebunden ist, ist die logische Folge des Grundsatzes der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen, der besagt, dass ein Unternehmen nur für die Handlungen bestraft werden darf, die ihm individuell zur Last gelegt werden, und der in allen Verwaltungsverfahren gilt, die zu Sanktionen nach den Wettbewerbsregeln der Union führen können (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission, T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473, Randnr. 185; vgl. zur Verhängung einer Geldbuße Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, T‑45/98 und T‑47/98, Slg. 2001, II‑3757, Randnr. 63).

81      Unter diesem Aspekt erlauben es die beiden Kriterien des Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 der Kommission, Sanktionen unter Berücksichtigung des Grades der Rechtswidrigkeit des fraglichen Verhaltens zu verhängen (Urteil Wieland-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnr. 66).

82      Im Übrigen erlauben es die Leitlinien von 2006 der Kommission, diesem sich aus dem Grundsatz der individuellen Zumessung von Strafen und Sanktionen ergebenden Erfordernis der Berücksichtigung der relativen Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen beteiligten Unternehmens auf jeder der beiden in diesen Leitlinien vorgesehenen Stufen der Methode für die Festsetzung der Geldbußen nachzukommen.

83      Nach den Leitlinien von 2006 setzt die Kommission nämlich in einem ersten Schritt für jedes einzelne Unternehmen und jede einzelne Unternehmensvereinigung einen Grundbetrag fest und kann diesen in einem zweiten Schritt mit Blick auf erschwerende oder mildernde Umstände, die für die Mitwirkung jedes einzelnen der betroffenen Unternehmen kennzeichnend sind, nach oben oder nach unten anpassen.

84      Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerinnen, um das es hier geht, ist zwar festzustellen, dass, wie sich aus den Nrn. 13 bis 25 der Leitlinien von 2006 ergibt, jeder der beiden Multiplikatoren, die auf der Stufe der Ermittlung des Grundbetrags zur Anwendung kommen, also zum einen der Koeffizient für die Schwere der Zuwiderhandlung und zum anderen der Koeffizient für den Zusatzbetrag, anhand von Umständen bestimmt wird, die die Merkmale der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit betrachtet, d. h. sämtliche wettbewerbswidrige Verhaltensweisen aller an ihr Beteiligten zusammen genommen, widerspiegeln (Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2011, Aragonesas Industrias y Energía/Kommission, T‑348/08, Slg. 2011, II-7583, Randnr. 265).

85      Aus der Rechtsprechung ergibt sich jedoch, dass bestimmte Parameter für die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße, die bereits auf der ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbußen herangezogen werden, die spezifische und individuelle Situation jedes einzelnen der betroffenen Unternehmen berücksichtigen. Es handelt sich um die beiden objektiven Parameter zum einen des Umsatzes, den das einzelne Unternehmen mit den betreffenden Waren oder Dienstleistungen in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung auf dem relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR erzielt hat, und zum anderen der Dauer der Beteiligung jedes einzelnen Unternehmens an der fraglichen Zuwiderhandlung insgesamt. Somit ermöglicht es, wie aus Nr. 6 der Leitlinien von 2006 hervorgeht, die Verbindung des von den einzelnen Unternehmen im Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung erzielten Umsatzes mit der Dauer ihrer jeweiligen Mitwirkung, dass bereits auf der ersten Stufe der Methode für die Festsetzung der Geldbußen sowohl die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit als auch das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens wiedergegeben werden (Urteil Aragonesas Industrias y Energía/Kommission, oben in Randnr. 84 angeführt, Randnr. 269).

86      Da feststeht, dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss zwecks der Ermittlung des Grundbetrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße die beiden objektiven Parameter zum einen des Umsatzes, den die Klägerinnen mit den betreffenden Waren in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung auf dem relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR erzielt hatten, und zum anderen der Dauer ihrer Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung insgesamt anwandte, ist daher das Vorbringen, dass der Grundbetrag der den Klägerinnen auferlegten Geldbuße den hinsichtlich der anderen Adressaten des angefochtenen Beschlusses zugrunde gelegten Grundbetrag nicht habe überschreiten dürfen, als unbegründet zurückzuweisen.

87      Nicht anders kann es sich in Bezug auf den Endbetrag der den Klägerinnen auferlegten Geldbuße verhalten. Zum einen ist nämlich, wie sich insbesondere aus der oben in Randnr. 73 angeführten Rechtsprechung ergibt, der Umstand, dass sich aufgrund der Anwendung der 10%-Grenze des Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmte Faktoren wie die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung auf den Betrag der gegen den an einer Zuwiderhandlung Beteiligten verhängten Geldbuße anders als bei anderen Teilnehmern, denen die Herabsetzung im Zusammenhang mit der besagten Grenze nicht zugutegekommen ist, nicht wirksam niederschlagen, nur die schlichte Folge der Anwendung dieser Obergrenze auf den Endbetrag der verhängten Geldbuße. Zum anderen ist vom Gericht bereits entschieden worden, dass allein darin, dass sich der Betrag der letztlich verhängten Geldbuße auf 10 % der Umsätze eines Klägers beläuft, während dieser Prozentsatz für andere Kartellteilnehmer niedriger ausfällt, kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung liegen kann. Diese Folge ist nämlich der Auslegung der 10%-Grenze als schlichte Begrenzung immanent, die nach einer etwaigen Ermäßigung der Geldbuße wegen mildernder Umstände oder aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zur Anwendung kommt (Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission, T‑211/08, Slg. 2011, II‑3729, Randnr. 74). Das oben in Randnr. 78 geschilderte Vorbringen ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

88      Somit berufen sich die Klägerinnen mit der zweiten Einrede zu Unrecht auf einen Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung.

89      Als Drittes ist das Vorbringen zurückzuweisen, mit dem eine Verletzung des Rechts auf einen gerichtlichen Rechtsbehelf geltend gemacht wird, die darin liege, dass die aus der Anwendung der Leitlinien von 2006 resultierende Praxis, indem sie der Kommission gestatte, den Betrag der letztlich verhängten Geldbuße allein im Hinblick auf die Grenze von 10 % des Gesamtumsatzes festzusetzen, es nutzlos mache, dieses Recht auszuüben, um die Rechtswidrigkeit feststellen zu lassen, mit der die vorangegangenen Stufen der Berechnung des Bußgeldbetrags behaftet seien.

90      Wie sich nämlich aus den Ausführungen oben in den Randnrn. 72 bis 86 ergibt, ist die Behauptung der Klägerinnen, die Kommission habe den Betrag der letztlich verhängten Geldbuße allein im Hinblick auf die Grenze von 10 % des Gesamtumsatzes festgesetzt, offensichtlich falsch. Bei der Anwendung dieser Grenze wurde nur die Methode der Leitlinien von 2006 für die Festsetzung der Geldbußen befolgt, die zweistufig ausgestaltet ist, damit gerade die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der verhängten Geldbußen gewährleistet ist. Außerdem verletzt die Anwendung dieser Grenze keinesfalls das Recht, eine Nichtigkeitsklage gegen den angefochtenen Beschluss zu erheben, um eine Rechtswidrigkeit bei der Ermittlung des Grundbetrags der Geldbuße feststellen zu lassen. Mit einem solchen Klagerecht kann beispielsweise insbesondere erreicht werden, dass das Gericht eine Rechtswidrigkeit betreffend die Dauer der Beteiligung eines Unternehmens an einer Zuwiderhandlung feststellt.

91      Die Klägerinnen berufen sich deshalb mit der zweiten Einrede zu Unrecht auf eine Verletzung des Rechts auf einen gerichtlichen Rechtsbehelf.

92      Nach alledem ist die zweite Einrede als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass über den Antrag der Klägerinnen entschieden zu werden braucht, die Kommission zur Offenlegung der Umsatzerlöse und aller bei der Bemessung der Geldbußen für die übrigen Adressaten des angefochtenen Beschlusses herangezogener Daten aufzufordern.

93      Daran kann auch das Vorbringen der Klägerinnen nichts ändern, das auf einem Vergleich des ihnen auferlegten Geldbußenbetrags mit demjenigen beruht, der mit der Entscheidung der Kommission vom 12. November 2008 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/39125 – Automobilglas) gegen das Unternehmen Saint-Gobain verhängt wurde.

94      Nach ständiger Rechtsprechung dient nämlich die Entscheidungspraxis der Kommission nicht als rechtlicher Rahmen für Geldbußen im Wettbewerbsrecht, da dieser durch Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 in seiner Ergänzung durch die Leitlinien festgelegt wird (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Archer Daniels Midland/Kommission, T‑329/01, Slg. 2006, II‑3255, Randnr. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem bedeutet in Anbetracht des weiten Ermessens, über das die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen verfügt, allein die Tatsache, dass sie in ihrer früheren Entscheidungspraxis für ein Verhalten eine Geldbuße in einer bestimmten Höhe für gerechtfertigt gehalten hat, keineswegs, dass sie verpflichtet wäre, in einer späteren Entscheidung in gleicher Weise zu verfahren (vgl. in diesem Sinne Urteil Archer Daniels Midland, Randnrn. 109 und 110 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Die bloße Berufung der Klägerinnen auf die oben in Randnr. 93 genannte Entscheidung geht hier somit als solche ins Leere, da die Kommission nicht verpflichtet war, die vorliegende Sache ebenso zu beurteilen.

95      Nach alledem sind die beiden Rechtswidrigkeitseinreden in vollem Umfang als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum Antrag auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses

 Zum ersten Klagegrund: Rechts- und Beurteilungsfehler betreffend den Höchstbetrag der verhängten Geldbuße nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

96      Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, die Kommission habe bei der Festsetzung des Betrags der ihnen auferlegten Geldbuße nicht ihren richtigen konsolidierten Konzerngesamtumsatz in Höhe von 193 886 175 Euro berücksichtigt. In der Erwiderung weisen sie außerdem darauf hin, dass die Kommission infolge des Erlasses eines ihnen zugestellten und der Erwiderung beigefügten Beschlusses am 1. März 2011 den Gesamtbetrag der ursprünglich in Art. 2 Nr. 5 des angefochtenen Beschlusses gegen sie verhängten Geldbuße im Hinblick auf den vorstehend genannten konsolidierten Gesamtumsatz geändert und auf nunmehr 14 541 462 Euro festgesetzt habe. Ihrer Ansicht nach sind der Kommission, da sie die Begründetheit des ersten Klagegrundes anerkannt habe, insoweit die Kosten aufzuerlegen.

97      Die Kommission bestreitet nicht, dass ihr bei der Berechnung des Betrags der Geldbuße, die den Klägerinnen in dem angefochtenen Beschluss ursprünglich auferlegt wurde, ein Fehler unterlaufen ist. Sie ist jedoch der Ansicht, dass in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles die Klägerinnen die Kosten im Zusammenhang mit dem ersten Klagegrund tragen müssten.

98      Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission mit dem Beschluss vom 1. März 2011 den Gesamtbetrag der ursprünglich in Art. 2 Nr. 5 des angefochtenen Beschlusses gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße geändert hat, indem sie ihn durch einen neuen Geldbußengesamtbetrag in Höhe von 14 541 462 Euro ersetzt hat.

99      Weiter ist festzustellen, dass die Parteien darin übereinstimmen, dass die Kommission infolge des Erlasses ihres Beschlusses vom 1. März 2011 den in dem angefochtenen Beschluss ursprünglich festgesetzten Endbetrag der den Klägerinnen auferlegten Geldbuße korrekt berichtigt hat, indem sie den von ihnen tatsächlich erzielten konsolidierten Konzerngesamtumsatz, nämlich 193 886 175 Euro, berücksichtigt hat.

100    Schließlich haben die Klägerinnen auf eine in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage des Gerichts zum einen anerkannt, dass sich der erste Klagegrund infolge des Erlasses des Beschlusses vom 1. März 2011 erledigt habe, und zum anderen erklärt, dass der Kommission die ihnen im Zusammenhang mit diesem Klagegrund entstandenen Kosten aufzuerlegen seien.

101    In Anbetracht dieser Feststellungen ist unbeschadet der vom Gericht im Rahmen der Entscheidung über die Kosten vorzunehmenden Beurteilung des Fehlers, den die Kommission bei der ursprünglichen Berechnung des Endbetrags der den Klägerinnen auferlegten Geldbuße begangen hat, nicht mehr über den ersten Klagegrund zu entscheiden.

 Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

102    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, sie hätten im Rahmen ihrer Kooperation in Bezug auf die von der Kommission begangenen und eingeräumten Verfahrensfehler zum einen auf den Rückruf der rechtswidrig verbreiteten und Geschäftsgeheimnisse darstellenden Daten und zum anderen auf einen Antrag auf Ersatz ihres durch die Verbreitung erlittenen Schadens verzichtet. Außerdem hätten die Dienststellen und bestimmte Mitarbeiter der Kommission zugesagt, diesem Verhalten Rechnung zu tragen und insoweit eine Ermäßigung der im Raum stehenden Geldbuße zu gewähren. Sie hätten damit bei den Klägerinnen ein berechtigtes Vertrauen auf die Gewährung einer solchen Ermäßigung gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 hervorgerufen. Zur Untermauerung dieses Vorbringens beantragen die Klägerinnen die Vernehmung von vier Zeugen durch das Gericht.

103    Die Kommission tritt den von den Klägerinnen für den zweiten Klagegrund vorgebrachten Argumenten im Wesentlichen entgegen.

104    Der zweite Klagegrund der Klägerinnen wird auf Verfahrensfehler gestützt, die im Verwaltungsverfahren begangen wurden und von der Kommission nicht bestritten werden. Diese Fehler liegen darin, dass die Kommission im Verwaltungsverfahren Geschäftsgeheimnisse der Klägerinnen an andere Unternehmen verbreitete.

105    Als Erstes ist festzustellen, dass sich aus den Argumenten, die die Klägerinnen für den zweiten Klagegrund vorbringen, ergibt, dass ihrer Ansicht nach Randnr. 23 Buchst. b dritter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 die Rechtsgrundlage bildet, aufgrund deren die Kommission ihnen in Anbetracht ihres Verhaltens auf die von der Kommission begangenen Verfahrensfehler hin eine Ermäßigung der Geldbuße hätte gewähren müssen.

106    Nach Randnr. 23 Buchst. b dritter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 müssen die betroffenen Unternehmen für die mögliche Ermäßigung von bis zu 20 % die Voraussetzung gemäß Randnr. 21 dieser Mitteilung erfüllen.

107    Diese Voraussetzung lautet: „Um für eine Ermäßigung der Geldbuße in Betracht zu kommen, muss das Unternehmen der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen, und seine Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage einstellen.“

108    Aus den vorstehend in den Randnrn. 106 und 107 genannten Bestimmungen ergibt sich, dass die Ermäßigung, die einem Unternehmen gewährt werden kann, ausschließlich auf dem Inhalt der von ihm vorgelegten Beweismittel und der Einstellung seiner Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage fußt.

109    Somit kann auf der Grundlage von Randnr. 23 Buchst. b dritter Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 eine Ermäßigung der Geldbuße im Hinblick auf die Kooperation eines Unternehmens nach von der Kommission im Verwaltungsverfahren begangenen und von ihr eingeräumten Verfahrensfehlern nicht gewährt werden.

110    Als Zweites ist zu prüfen, ob die Kommission, wie von den Klägerinnen geltend gemacht, den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt hat, indem sie ihnen entgegen den von den Kommissionsdienststellen und ‑mitarbeitern im Verwaltungsverfahren gegebenen Zusagen für ihre Kooperation nach den von der Kommission im Verwaltungsverfahren begangenen Verfahrensfehlern keine Ermäßigung der ihnen auferlegten Geldbuße gewährte.

111    Nach der Rechtsprechung gehört der Grundsatz des Vertrauensschutzes zu den Grundprinzipien der Union (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 1981, Dürbeck, 112/80, Slg. 1981, 1095, Randnr. 48). Das Recht, sich auf den Vertrauensschutz zu berufen, ist an drei Voraussetzungen gebunden. Erstens muss die Unionsverwaltung dem Betroffenen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen von zuständiger und zuverlässiger Seite gegeben haben (Urteil des Gerichts vom 21. Juli 1998, Mellett/Gerichtshof, T‑66/96 und T‑221/97, Slg. ÖD 1998, I‑A‑449 und II‑1305, Randnrn. 106 und 107). Zweitens müssen diese Zusicherungen geeignet sein, bei dem Adressaten begründete Erwartungen zu wecken (Urteile des Gerichts vom 9. Februar 1994, Latham/Kommission, T‑3/92, Slg. ÖD 1994, I‑A‑23 und II‑83, Randnr. 58, vom 27. Februar 1996, Galtieri/Parlament, T‑235/94, Slg. ÖD 1996, I‑A‑43 und II‑129, Randnrn. 63 und 64, und vom 17. Februar 1998, Maccaferri/Kommission, T‑56/96, Slg. ÖD 1998, I‑A‑57 und II‑133, Randnr. 54). Drittens müssen die gegebenen Zusicherungen den geltenden Vorschriften entsprechen (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Februar 1986, Vlachou/Rechnungshof, 162/84, Slg. 1986, 481, Randnr. 6).

112    Im vorliegenden Fall stützen sich die Klägerinnen entweder auf Aktennotizen, die ihr Bevollmächtigter im Verwaltungsverfahren über seine Kommunikation mit den Kommissionsdienststellen und ‑mitarbeitern fertigte, oder auf an sie gerichtete Mitteilungen Letzterer, deren Inhalt geeignet gewesen sei, bei ihnen ein berechtigtes Vertrauen auf eine Ermäßigung ihrer Geldbuße zu wecken.

113    Unabhängig davon, worauf sich die Klägerinnen stützen, um die Begründetheit des vorliegenden Klagegrundes dartun zu wollen, sind die drei kumulativen Voraussetzungen nicht erfüllt, die vorliegen müssen, damit eine Berufung auf den Vertrauensschutz Erfolg haben kann.

114    Zunächst geht nämlich aus den Akten des Gerichts nicht hervor, dass die Kommissionsdienststellen oder ‑mitarbeiter mit ihren schriftlichen oder mündlichen Stellungnahmen präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Zusicherungen gegeben hätten, die geeignet gewesen wären, bei den Klägerinnen irgendeine Sicherheit in Bezug darauf hervorzurufen, dass ihnen für ihr kooperatives Verhalten nach den von der Kommission begangenen Verfahrensfehlern eine Ermäßigung ihrer Geldbuße gewährt würde.

115    Sodann war jedenfalls keiner derjenigen – Mitarbeiter oder Dienststellen der Kommission –, die von den Klägerinnen als Urheber dieser Zusicherungen angeführt werden, für deren Abgabe zuständig (Urteile des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 153, und vom 12. September 2007, Prym und Prym Consumer/Kommission, T‑30/05, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 67).

116    Schließlich kann der von den Klägerinnen angeblich zugesagte Verzicht darauf, eine etwaige Schadensersatzklage im Sinne der Art. 268 AEUV und 340 Abs. 2 und 3 AEUV gegen die Kommission einzureichen, um den Schaden, der ihnen entstanden sein soll, ersetzt zu bekommen, sie nicht daran hindern, diesen Rechtsweg, wenn sie sich letztlich für ihn entscheiden sollten, unter Wahrung der sich aus Art. 46 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergebenden Frist zu beschreiten.

117    Als Drittes ist zu dem Antrag der Klägerinnen, der im Wesentlichen auf Durchführung mehrerer Beweisaufnahmen zum Zweck der Vernehmung von vier Zeugen gerichtet ist, darauf hinzuweisen, dass es allein Sache des Gerichts ist, zu entscheiden, ob das ihm in einer Rechtssache vorliegende Beweismaterial der Ergänzung durch Anordnung von Beweiserhebungen nach Art. 68 seiner Verfahrensordnung bedarf (vgl. in diesem Sinne Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

118    Wie der Gerichtshof in einer das Wettbewerbsrecht betreffenden Rechtssache entschieden hat, ist es ferner selbst dann, wenn ein in der Klageschrift enthaltener Antrag auf Vernehmung von Zeugen die Tatsachen bezeichnet, über die die Vernehmung des oder der Zeugen stattfinden soll, und die Gründe angibt, die ihre Vernehmung rechtfertigen, Sache des Gerichts, die Sachdienlichkeit des Antrags im Hinblick auf den Streitgegenstand und die Erforderlichkeit einer Vernehmung der genannten Zeugen zu beurteilen (vgl. Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

119    Im vorliegenden Fall hält es das Gericht in Anbetracht des Klagegegenstands, der Gerichtsakten und der Ausführungen, mit denen vorstehend auf das Vorbringen der Klägerinnen im Rahmen des zweiten Klagegrundes eingegangen worden ist, weder für erforderlich noch für angebracht, dem oben in Randnr. 102 genannten Antrag auf Vernehmung von vier Zeugen stattzugeben.

120    Nach alledem ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 wegen fehlerhafter Geldbußenbemessung im Hinblick auf die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002

121    Die Klägerinnen machen erstens im Wesentlichen geltend, sie hätten dazu beigetragen, die Arbeit der Kommission im Verwaltungsverfahren erheblich zu erleichtern, was diese in dem angefochtenen Beschluss auch anerkannt habe, und zwar in Anbetracht zuallererst der Beweise, die sie der Kommission im Rahmen ihres Antrags auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 übermittelt hätten, sodann ihres Verhaltens im Anschluss an die mehrfachen Verfahrensfehler der Kommission sowie schließlich in Anbetracht der Tatsache, dass sie die von der Kommission in Bezug auf sie festgestellten Sachverhalte nicht bestritten und die rechtliche Würdigung der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte herangezogenen Beweismittel durch die Kommission nicht in Zweifel gezogen hätten. Zweitens habe die Kommission ihre Entscheidung, ihnen eine Geldbußenermäßigung zu verweigern, nicht im Einklang mit Art. 269 AEUV begründet. Drittens müsse ihr Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, der andere Produktmärkte und geografische Märkte als der Kronzeugenantrag von Roca betreffe, in der Reihenfolge der von der Kommission empfangenen Kronzeugenanträge an vierter Stelle geführt werden.

122    Die Kommission tritt den von den Klägerinnen für den dritten Klagegrund vorgebrachten Argumenten entgegen.

123    Als Erstes ist in Anbetracht der Ausführungen oben, in den Randnrn. 105 bis 109, das Vorbringen, dass die Kommission den Klägerinnen unter Berücksichtigung deren Verhaltens auf ihre mehrfachen Verfahrensfehler hin eine Ermäßigung der Geldbuße auf der Grundlage der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 hätte gewähren müssen, als unbegründet zurückzuweisen.

124    Als Zweites ist zu der behaupteten Verletzung der Begründungspflicht festzustellen, dass die Kommission in Randnr. 1302 des angefochtenen Beschlusses darauf hinwies, dass ihr zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags der Klägerinnen auf Kronzeugenbehandlung am 19. Januar 2006 „bereits sichere Beweise für die Zuwiderhandlung vorlagen (aus den Nachprüfungsunterlagen [und] den Kronzeugenerklärungen von Masco[,] … [der] Grohe [Beteiligungs GmbH] und [von] Ideal Standard)“ und dass „[d]ie meisten das Unternehmen selbst belastenden Dokumente … bereits während der Nachprüfung in den Räumlichkeiten von Hansa kopiert worden [waren]“. Weiter führte die Kommission aus, dass sie „[d]aher … der Auffassung [war], dass Hansa nicht ausreichenden Mehrwert geliefert hat und keine Geldbußenermäßigung erhalten sollte“.

125    Die Begründung in Randnr. 1302 des angefochtenen Beschlusses bringt erstens die Überlegungen der Kommission, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck, dass im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung zur Begründungspflicht im Sinne des Art. 269 AEUV zum einen die Klägerinnen die Gründe für die erlassene Maßnahme für die Zwecke der Verteidigung ihrer Rechte erkennen konnten und zum anderen der Unionsrichter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C‑156/98, Slg. 2000, I‑6857, Randnr. 96, und Urteil des Gerichts vom 21. März 2002, Joynson/Kommission, T‑231/99, Slg. 2002, II‑2085, Randnr. 164).

126    Zweitens konnten sich die Klägerinnen, wie im Rahmen der Prüfung des zweiten Klagegrundes ausgeführt, nicht im Hinblick auf ihr Verhalten nach den von der Kommission begangenen und eingeräumten mehrfachen Verfahrensfehlern auf die Bestimmungen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 und auch nicht auf irgendein berechtigtes Vertrauen berufen, das die Kommission bei ihnen in Bezug auf eine Ermäßigung des Gesamtbetrags der ihnen auferlegten Geldbuße hervorgerufen hätte. Die Kommission musste deshalb den angefochtenen Beschluss in dieser Hinsicht nicht begründen, und das Vorbringen, dass die Pflicht zur Begründung der Weigerung der Kommission, ihnen im Hinblick auf das genannte Verhalten eine solche Ermäßigung zu gewähren, verletzt worden sei, ist zu verwerfen.

127    Als Drittes ist zu dem Vorbringen im Zusammenhang mit der Reihenfolge des Eingangs der Anträge auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 bei der Kommission darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Randnr. 23 Buchst. b Abs. 2 dieser Mitteilung, um den Umfang der einem Unternehmen möglicherweise zu gewährenden Ermäßigung der Geldbuße zu bestimmen, den Zeitpunkt, zu dem das Beweismittel, das die Voraussetzungen von Randnr. 21 der Mitteilung erfüllt, vorgelegt wurde, sowie den Umfang des mit dem Beweismittel verbundenen Mehrwerts berücksichtigt.

128    Somit ergibt sich aus der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, dass die Wirkung erzeugt werden soll, innerhalb der Kartelle ein Klima der Unsicherheit zu schaffen, indem zu ihrer Anzeige bei der Kommission ermutigt wird. Diese Unsicherheit ergibt sich dabei gerade aus der Tatsache, dass die Kartellteilnehmer wissen, dass nur einer von ihnen einen Geldbußenerlass erhalten kann, indem er die anderen Teilnehmer an der Zuwiderhandlung anzeigt und sie somit der Gefahr der Verhängung von Geldbußen aussetzt. Im Rahmen dieses Systems und derselben Logik folgend sollen die Unternehmen, die ihre Mitarbeit am schnellsten anbieten, von Ermäßigungen der sonst gegen sie verhängten Geldbußen profitieren, die deutlicher ausfallen als die Ermäßigungen, die den weniger schnell kooperierenden Unternehmen gewährt werden (Urteil des Gerichts vom 5. Oktober 2011, Transcatab/Kommission, T‑39/06, Slg. 2011, II‑6831, Randnr. 379).

129    Die zeitliche Reihenfolge und die Schnelligkeit, mit der die Kartellteilnehmer ihre Zusammenarbeit anbieten, stellen somit Grundelemente des Systems dar, das durch die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 eingeführt worden ist (Urteil Transcatab/Kommission, oben in Randnr. 128 angeführt, Randnr. 380).

130    Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass der Antrag der Klägerinnen mit Schreiben vom 19. Januar 2006 gestellt und mit Schreiben vom 4. August 2006 ergänzt wurde. Roca stellte ihren Antrag am 17. Januar 2006. Folglich wurde der Antrag der Klägerinnen später gestellt als der Antrag von Roca. Daran kann sich auch im Hinblick auf die Ankündigung der Klägerinnen gegenüber der Kommission am 16. Januar 2006, einen Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 stellen zu wollen, nichts ändern. Aus der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ergibt sich nämlich, dass allein die Einreichung und nicht die Ankündigung eines Unternehmens gegenüber der Kommission, einen Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 stellen zu wollen, zugrunde zu legen ist, wenn es darum geht, die Reihenfolge des Eingangs der Anträge bei der Kommission zu bestimmen.

131    Zweitens kann das Vorbringen keinen Erfolg haben, wonach die der Kommission von den Klägerinnen für ihren Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 übermittelten Informationen nicht dieselben geografischen Märkte und Produktmärkte wie die von Roca übermittelten Informationen betroffen hätten, weshalb dieser Antrag an vierter Stelle einzureihen sei.

132    Zunächst nämlich wurde die Zuwiderhandlung, an der die Klägerinnen beteiligt waren, von der Kommission als eine einheitliche, fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft. Wie aber unten, in Randnr. 168, zu sehen sein wird, unterlief der Kommission mit dieser Einstufung als eine einheitliche, fortgesetzte Zuwiderhandlung kein Fehler.

133    Sodann ist vor diesem Hintergrund darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 die Voraussetzungen festgelegt hat, unter denen Unternehmen, die während der Untersuchung eines Kartellfalls mit ihr zusammenarbeiten, die Geldbuße erlassen oder eine Ermäßigung der von ihnen sonst zu entrichtenden Geldbuße gewährt werden kann (Urteil des Gerichts vom 17. Mai 2011, Arkema France/Kommission, T‑343/08, Slg. 2011, II‑2287, Randnr. 129).

134    Deshalb kann im Fall einer einheitlichen, fortgesetzten Zuwiderhandlung die zeitliche Reihenfolge des Eingangs der Anträge auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, die Beweismittel von erheblichem Mehrwert enthalten, nicht unter Berücksichtigung der verschiedenen geografischen Märkte und Produktmärkte, die von der Zuwiderhandlung erfasst werden und auf die sich die bei der Kommission in Bezug auf diese Zuwiderhandlung eingegangenen Anträge auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 jeweils beziehen, abweichend bestimmt werden.

135    Daher ist im vorliegenden Fall, ohne dass darauf eingegangen werden müsste, ob die von Roca in ihrem Antrag auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 mitgeteilten Informationen einen erheblichen Mehrwert darstellen, vor allem zu prüfen, ob die von den Klägerinnen mitgeteilten Informationen selbst einen solchen Mehrwert aufweisen.

136    Drittens ist, was den Wert der Informationen angeht, die die Klägerinnen der Kommission für die Zwecke ihres Antrags auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 übermittelten, auf Randnr. 21 dieser Mitteilung hinzuweisen, worin Folgendes klargestellt wird: „Um für eine Ermäßigung der Geldbuße [gemäß Randnr. 20 der Mitteilung] in Betracht zu kommen, muss das Unternehmen der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen, die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen, und seine Beteiligung an der mutmaßlich rechtswidrigen Handlung spätestens zum Zeitpunkt der Beweisvorlage einstellen.“

137    Der Kommission steht hinsichtlich der Methode für die Berechnung von Geldbußen ein weites Ermessen zu, und sie kann insoweit eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen, zu denen auch die Kooperationsbeiträge der betroffenen Unternehmen während der von den Kommissionsdienststellen durchgeführten Untersuchungen gehören. In diesem Rahmen muss die Kommission komplexe Tatsachenwürdigungen wie die Würdigung der jeweiligen Kooperationsbeiträge dieser Unternehmen vornehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2007, SGL Carbon/Kommission, C‑328/05 P, Slg. 2007, I‑3921, Randnr. 81, und Urteil des Gerichts vom 28. April 2010, Gütermann und Zwicky/Kommission, T‑456/05 und T‑457/05, Slg. 2010, II‑1443, Randnr. 219).

138    Überdies kann im Rahmen der Beurteilung der Kooperation der an einem Kartell Beteiligten nur ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission beanstandet werden, da diese bei der Beurteilung der Qualität und der Nützlichkeit des Kooperationsbeitrags eines Unternehmens, insbesondere im Vergleich zu den Beiträgen anderer Unternehmen, über ein weites Ermessen verfügt (Urteil SGL Carbon/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnr. 88). Ferner ist die Kommission zwar verpflichtet, anzugeben, aus welchen Gründen ihrer Ansicht nach die Angaben der Unternehmen im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 einen Beitrag darstellen, der eine Ermäßigung der zu verhängenden Geldbuße rechtfertigt oder auch nicht. Die Unternehmen, die die entsprechende Entscheidung der Kommission anfechten wollen, haben demgegenüber jedoch nachzuweisen, dass die Kommission ohne solche freiwilligen Angaben dieser Unternehmen nicht in der Lage gewesen wäre, die wesentlichen Elemente der Zuwiderhandlung zu beweisen und somit eine Entscheidung über die Verhängung von Geldbußen zu erlassen (Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Randnr. 297).

139    Schließlich verleiht die Mitwirkung eines Unternehmens an der Untersuchung kein Recht auf eine Ermäßigung der Geldbuße, wenn diese Mitwirkung nicht über das hinausgegangen ist, wozu das Unternehmen nach Art. 18 der Verordnung Nr. 1/2003 verpflichtet war (Urteile des Gerichts vom 10. März 1992, Solvay/Kommission, T‑12/89, Slg. 1992, II‑907, Randnrn. 341 und 342, und vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II‑4407, Randnr. 451).

140    Die vorstehenden Ausführungen (Randnrn. 136 bis 139) sind der Maßstab für die Prüfung der Argumentation der Klägerinnen mit dem Wert der Informationen, die sie der Kommission für die Zwecke ihres Antrags auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 übermittelten.

141    Als Erstes ist zu diesen Informationen festzustellen, dass die Kommission in Bezug auf die fünf von der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung betroffenen geografischen Märkte, nämlich Deutschland, Österreich, Italien, Belgien (Randnrn. 165 bis 552 des angefochtenen Beschlusses) und die Niederlande (Randnrn. 592 bis 630 des angefochtenen Beschlusses), jeweils in einem ersten, in zwei Abschnitte gegliederten Teil zum einen die Chronologie und das Muster der Treffen im Rahmen der nationalen Branchenverbände sowie die von ihr festgestellten Sachverhalte und zum anderen ihre ersten Schlussfolgerungen in Bezug auf das Vorliegen einer Zuwiderhandlung darlegte. In einem zweiten Teil fasste sie jeweils die Argumente zusammen, die die Adressaten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die Sachverhaltsschreiben und die genannten ersten Schlussfolgerungen hin vorgebracht hatten.

142    Was die fünf ersten Teile über die Chronologie und das Muster der Treffen im Rahmen der nationalen Branchenverbände hinsichtlich aller fünf relevanten geografischen Märkte betrifft, stellen die Klägerinnen nicht in Abrede, dass darin von keinem Beweis die Rede ist, den sie der Kommission für die Zwecke ihres Antrags auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 oder in ihren Antworten auf die im Verwaltungsverfahren an sie gerichteten Auskunftsverlangen der Kommission übermittelt hätten.

143    Was die fünf zweiten Teile über die von den Adressaten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die Sachverhaltsschreiben und die ersten Schlussfolgerungen der Kommission hin vorgebrachten Argumente hinsichtlich aller fünf relevanten geografischen Märkte angeht, ist zunächst allgemein festzustellen, dass darin alle Argumente sämtlicher betroffener Unternehmen sowie, wenn damit die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen und der Schlussfolgerungen der Kommission in Abrede gestellt werden soll, die Stellungnahme der Kommission dazu wiedergegeben werden.

144    Was sodann genauer die Klägerinnen anbelangt, bestreiten sie in Bezug auf den deutschen (Randnr. 244 des angefochtenen Beschlusses), den österreichischen (Randnr. 347 des angefochtenen Beschlusses) und den italienischen Markt (Randnr. 468 des angefochtenen Beschlusses) nicht, dass keines ihrer Argumente darauf abzielte, die tatsächlichen Feststellungen oder Schlussfolgerungen der Kommission hinsichtlich ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung in Frage zu stellen. Daher kann der Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie nach der Lektüre dieser Argumente nicht förmlich dazu Stellung nahm. Ein solcher Formalismus würde nämlich nur bedeuten, dass die Kommission bei Nichtbestreiten seitens der Klägerinnen ihre Feststellungen und Schlussfolgerungen wiederholen würde, die schon im ersten Teil zu finden sind.

145    Was dagegen den belgischen (Randnr. 551 des angefochtenen Beschlusses) und den niederländischen (Randnr. 629 des angefochtenen Beschlusses) Markt betrifft, wies die Kommission darauf hin, dass die Klägerinnen insoweit entweder Bemerkungen formuliert (belgischer Markt) oder bestimmte Punkte bestritten (niederländischer Markt) hätten. Sie trug aber dafür Sorge, auf diese Bemerkungen einzugehen oder die Gründe darzulegen, aus denen sie das Bestreiten für unbegründet hielt.

146    In Anbetracht der Feststellungen in den vorstehenden Randnrn. 142 bis 145 äußern die Klägerinnen somit zu Unrecht die Meinung, dass ihre in der Stellungnahme zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte in Bezug auf die betroffenen geografischen Märkte vorgebrachten Argumente von der Kommission nicht geprüft worden seien.

147    Als Zweites ist hinsichtlich des Mehrwerts der Beweismittel, die die Klägerinnen für die Zwecke ihres Antrags auf Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 und im Rahmen ihrer Antworten auf die Auskunftsverlangen der Kommission oder ihrer Stellungnahme zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelten, festzustellen, dass sich die Klägerinnen, wie aus den zweiten Teilen über die von den Adressaten auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte, die Sachverhaltsschreiben und die ersten Schlussfolgerungen der Kommission hin vorgebrachten Argumente in Bezug auf den deutschen, den österreichischen, den italienischen und den belgischen Markt hervorgeht, darauf beschränkten, geltend zu machen, sie hätten die tatsächlichen Feststellungen und Schlussfolgerungen der Kommission nicht bestritten oder sie hätten sich im Verwaltungsverfahren stets prompt kooperativ gezeigt.

148    Erstens reicht aber, wie die Klägerinnen selbst einräumen, das Nichtbestreiten des Sachverhalts für sich allein für eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 nicht aus. Genau das Gleiche gilt für den Umstand, dass die rechtliche Würdigung der Kommission nicht in Zweifel gezogen wird.

149    Zweitens haben die Klägerinnen in ihren Schriftsätzen nicht einmal versucht, darzutun, inwieweit die Beweise, die sie der Kommission übermittelt hatten, gegenüber den ihr zum Zeitpunkt dieser Übermittlung vorliegenden Beweisen einen erheblichen Mehrwert aufwiesen. Dennoch hat die Kommission dafür Sorge getragen, in der Klagebeantwortung die Beweise, über die sie zum damaligen Zeitpunkt hinsichtlich sämtlicher Aspekte der Zuwiderhandlung verfügte, substantiiert und ausführlich anzugeben. Unter diesen Umständen oblag es den Klägerinnen, in der Erwiderung ihre Argumentation darzulegen, um den Beweis zu erbringen, dass, wie sie behaupten, den von ihnen der Kommission übermittelten Beweisen ein erheblicher Mehrwert zukam.

150    Daher ist davon auszugehen, dass, wie die Kommission in Randnr. 1302 des angefochtenen Beschlusses befunden hat, die Beweise, die die Klägerinnen ihr im Verwaltungsverfahren übermittelt hatten, keinen erheblichen Mehrwert im Sinne der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 darstellten.

151    Nach alledem ist der dritte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot durch die Anwendung der Leitlinien von 2006

152    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, dass die festgestellte Zuwiderhandlung beendet und das Ermittlungsverfahren abgeschlossen gewesen sei, bevor die Leitlinien von 2006 erlassen worden seien. Ihrer Ansicht nach konnte die Kommission ihnen deshalb eine Geldbuße auf der Grundlage der Leitlinien von 2006 nicht auferlegen, ohne gegen das im Unionsrecht anerkannte Verbot der Rückwirkung von Strafvorschriften zu verstoßen.

153    Die Kommission tritt den von den Klägerinnen für den vierten Klagegrund vorgebrachten Argumenten entgegen.

154    Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das in Art. 49 der Charta der Grundrechte niedergelegte und insbesondere in Art. 7 EMRK verankerte Verbot der Rückwirkung von Strafvorschriften, dessen Beachtung der Unionsrichter sicherzustellen hat, eine Handhabe gegen die rückwirkende Anwendung einer neuen Auslegung einer Norm, die einen Zuwiderhandlungstatbestand aufstellt, gibt, wenn das Ergebnis dieser Auslegung zum Zeitpunkt der Begehung der Zuwiderhandlung nicht hinreichend vorhersehbar war (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Randnrn. 87 bis 89 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Urteil des Gerichts vom 2. Februar 2012, Denki Kagaku Kogyo und Denka Chemicals/Kommission, T‑83/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 120).

155    Zweitens ist nach gleichermaßen ständiger Rechtsprechung die Kommission ungeachtet des Art. 23 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1/2003, wonach die Entscheidungen, mit denen Geldbußen wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht verhängt werden, keinen strafrechtlichen Charakter haben, verpflichtet, das Rückwirkungsverbot in allen Verwaltungsverfahren zu beachten, die in Anwendung der Wettbewerbsregeln des Vertrags zu Sanktionen führen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 202; vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 2006, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, C‑397/03 P, Slg. 2006, I‑4429, Randnrn. 40 und 41 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil Denki Kagaku Kogyo und Denka Chemicals/Kommission, oben in Randnr. 154 angeführt, Randnr. 122). Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Kommission die Änderung einer repressiven Politik, im konkreten Fall ihrer allgemeinen Wettbewerbspolitik im Bereich von Geldbußen, beschließt. Eine solche Änderung kann nämlich, vor allem, wenn sie durch den Erlass von Verhaltensnormen wie den Leitlinien erfolgt, Auswirkungen im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot haben (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 222).

156    Drittens ist nach der Rechtsprechung im Rahmen der Kontrolle der Beachtung des Rückwirkungsverbots zu prüfen, ob die betreffende Änderung zur Zeit der Begehung der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen hinreichend vorhersehbar war (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 224). Die Bedeutung des Begriffs der Vorhersehbarkeit hängt in hohem Maß vom Inhalt der jeweiligen Vorschriften, von dem durch sie geregelten Bereich sowie von der Zahl und der Eigenschaft ihrer Adressaten ab. Der Vorhersehbarkeit des Gesetzes steht nicht entgegen, dass der Betroffene gezwungen ist, fachkundigen Rat einzuholen, um unter den Umständen des konkreten Falles angemessen zu beurteilen, welche Folgen sich aus einer bestimmten Handlung ergeben können. Das gilt insbesondere für berufsmäßig tätige Personen, die gewohnt sind, sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sehr umsichtig verhalten zu müssen. Von ihnen kann daher erwartet werden, dass sie die Risiken ihrer Tätigkeit besonders sorgfältig beurteilen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 219).

157    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die wirksame Anwendung der Wettbewerbsregeln, wie sie sich aus der Verordnung Nr. 1/2003 ergeben, erfordert, dass die Kommission innerhalb der durch Art. 23 Abs. 2 dieser Verordnung festgelegten Grenze jederzeit das Niveau der Geldbußen anheben kann, wenn dies erforderlich ist, um die Durchführung der Wettbewerbspolitik zu sichern. Dementsprechend können Unternehmen, die von einem Verwaltungsverfahren betroffen sind, das zu einer Geldbuße führen kann, ein berechtigtes Vertrauen weder darin, dass die Kommission das zuvor praktizierte Geldbußenniveau nicht überschreiten wird, noch in eine bestimmte Methode für die Berechnung der Geldbußen setzen, sondern sie müssen im Gegenteil mit der Möglichkeit rechnen, dass die Kommission zu einem beliebigen Moment beschließt, das Niveau der Geldbußen gegenüber dem in der Vergangenheit praktizierten Niveau anzuheben, indem sie entweder das Geldbußenniveau durch die Verhängung von Geldbußen in Einzelentscheidungen erhöht oder Verhaltensnormen mit allgemeiner Geltung wie die Leitlinien auf konkrete Fälle anwendet (Urteil vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 154 angeführt, Randnrn. 90 und 91, und Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnrn. 227 bis 230).

158    Viertens ist bereits oben in den Randnrn. 61 und 70 festgestellt worden, dass sich die Leitlinien von 2006 in den durch Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgegebenen rechtlichen Rahmen einfügten und dazu beigetragen haben, die Grenzen für die Ausübung des der Kommission durch diese Bestimmungen eingeräumten Ermessens klarzustellen.

159    Nach alledem waren daher die Leitlinien von 2006 und insbesondere die darin enthaltene neue Methode für die Berechnung der Höhe der Geldbußen, sollte sie sich tatsächlich verschärfend auf das Niveau der verhängten Geldbußen ausgewirkt haben, für Unternehmen wie die Klägerinnen zur Zeit der Begehung der festgestellten Zuwiderhandlung hinreichend vorhersehbar. Die Kommission verstieß deshalb mit der Anwendung der Leitlinien von 2006 in dem angefochtenen Beschluss auf eine vor dem Erlass dieser Leitlinien begangene Zuwiderhandlung nicht gegen das Rückwirkungsverbot (vgl. in diesem Sinne Urteile Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnrn. 231 und 232, sowie Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 155 angeführt, Randnr. 25).

160    Daher ist der vierte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass ermittelt zu werden braucht, ob die Anwendung der Leitlinien von 1998, wie von den Klägerinnen behauptet, zu einer niedrigeren als der tatsächlich gegen sie verhängten Geldbuße geführt hätte.

 Zum fünften Klagegrund: mehrere Rechts- und Beurteilungsfehler sowie Verstoß gegen die Begründungspflicht

161    Die Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, erstens habe die Kommission durch die Ansetzung eines einheitlichen Koeffizienten von 15 % für die Schwere der Zuwiderhandlung bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße für alle Beteiligten nicht die Umstände berücksichtigt, die kennzeichnend für ihre Beteiligung an der fraglichen Zuwiderhandlung seien, und damit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, zweitens habe die Kommission Rechtsfehler bei der Beurteilung des Ausmaßes der Zuwiderhandlung im Hinblick auf deren Schwere und Dauer begangen, drittens habe die Kommission einen Rechts- und Beurteilungsfehler begangen, indem sie zu dem Ergebnis gelangt sei, dass sie an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien, und viertens habe die Kommission Beurteilungsfehler begangen, indem sie mildernde Umstände außer Acht gelassen habe.

162    Die Kommission tritt den von den Klägerinnen für den fünften Klagegrund vorgebrachten Argumenten entgegen.

163    Als Erstes ist sogleich das dritte Argument zu prüfen, wonach die Kommission einen Fehler begangen haben soll, indem sie befand, dass die Klägerinnen an der festgestellten Zuwiderhandlung, d. h. einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, beteiligt gewesen seien.

164    Vorab ist festzustellen, dass entgegen der Formulierung der Überschrift dieses dritten Arguments der Klägerinnen in der Klageschrift aus der daran anschließenden Darlegung hervorgeht, dass die Klägerinnen sich nicht gegen die Einstufung der festgestellten Zuwiderhandlung als eine einheitliche, fortgesetzte Zuwiderhandlung wenden, sondern gegen die Schlussfolgerung der Kommission in Bezug auf ihre Beteiligung an dieser Zuwiderhandlung. Hinzu kommt, dass die Klägerinnen auf eine in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage des Gerichts ausdrücklich erklärt haben, dass sie die Einstufung der in Rede stehenden Zuwiderhandlung als eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung nicht bestritten, soweit diese richtig sei. Folglich bestreiten die Klägerinnen diese Einstufung nur für den Fall, dass sie unrichtig sein sollte. Insoweit ist auch festzustellen, dass die Klägerinnen nichts dafür vorgetragen haben, dass diese Einstufung falsch wäre. Nach der Rechtsprechung muss aber ein Kläger in der Klageschrift die genauen Rügen angeben, über die das Gericht entscheiden soll, und zumindest in gedrängter Form die rechtlichen und tatsächlichen Umstände darlegen, auf denen diese Rügen beruhen (Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1992, Kommission/Dänemark, C‑52/90, Slg. 1992, I‑2187, Randnr. 17, und Urteil des Gerichts vom 30. Januar 2007, France Télécom/Kommission, T‑340/03, Slg. 2007, II‑107, Randnr. 167). Daher ist insofern, als die Klägerinnen die Einstufung der in Rede stehenden Zuwiderhandlung als eine einheitliche, fortgesetzte Zuwiderhandlung für den Fall bestreiten, dass diese Einstufung unrichtig sein sollte, die betreffende Rüge als unzulässig zurückzuweisen.

165    Was die Schlussfolgerung der Kommission in Bezug auf die Beteiligung der Klägerinnen an der festgestellten Zuwiderhandlung betrifft, ist auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, nach der sich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder darüber hinaus aus einem fortgesetzten Verhalten ergeben kann, selbst wenn ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Bestimmung darstellen könnten. Somit ist, wenn sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes in einen „Gesamtplan“ einfügen, die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (Urteile des Gerichtshofs Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnr. 81, und vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 258).

166    Ein Unternehmen, das sich an einer solchen einheitlichen, fortgesetzten Zuwiderhandlung durch eigene Handlungen beteiligt hat, die den Begriff von auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichteten Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllten und zur Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit beitragen sollten, kann somit für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich sein, das andere Unternehmen im Rahmen derselben Zuwiderhandlung an den Tag legten. Dies ist dann der Fall, wenn das Unternehmen nachweislich durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (Urteile Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 79 angeführt, Randnrn. 87 und 203, sowie Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 165 angeführt, Randnr. 83).

167    Ein Unternehmen kann sich folglich an dem gesamten wettbewerbswidrigen Verhalten, das die einheitliche, fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt haben, in welchem Fall die Kommission es für dieses gesamte Verhalten und damit für die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung ziehen kann. Es ist auch möglich, dass sich ein Unternehmen nur an einem Teil des wettbewerbswidrigen Verhaltens, das die einheitliche, fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat, aber von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In einem solchen Fall kann die Kommission dieses Unternehmen ebenfalls für das gesamte wettbewerbswidrige Verhalten, das eine solche Zuwiderhandlung bildet, und damit für diese Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung ziehen.

168    Im vorliegenden Fall ergibt sich erstens aus dem angefochtenen Beschluss, dass die Kommission die fragliche Zuwiderhandlung aufgrund von zehn Umständen, die in Randnr. 796 des angefochtenen Beschlusses genannt und anschließend in den Randnrn. 797 bis 849 dieses Beschlusses im Einzelnen angesprochen werden, als eine einzige und fortdauernde Zuwiderhandlung einstufte. Die Klägerinnen haben gegen diese Einstufung keine Beanstandungen erhoben, und das Gericht stellt fest, dass diese zehn Umstände enge Synergien zwischen den in den sechs betroffenen Mitgliedstaaten in Bezug auf die drei Produktuntergruppen an den Tag gelegten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen erkennen lassen. Diese Synergien sind so geartet, dass sie es erlauben, eine Komplementärverbindung zwischen diesen Verhaltensweisen festzustellen, die durch diese Interaktion zum Eintritt aller wettbewerbswidrigen Wirkungen beitragen, die die Hersteller von Badezimmerausstattungen herbeiführen wollten. Diese von den genannten Herstellern gewollten wettbewerbswidrigen Wirkungen stellen zusammen den Gesamtplan dar, auf den die oben in Randnr. 165 angeführte Rechtsprechung abstellt, auch wenn dieser Plan nicht im Voraus von einer allgemeinen Koordinierungsstelle förmlich erarbeitet wurde. Aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses ergibt sich somit, dass die Kommission die in Rede stehende Zuwiderhandlung zu Recht als eine einzige und fortdauernde Zuwiderhandlung einstufen konnte.

169    Was zweitens das Vorbringen der Klägerinnen betrifft, mit dem diese die ihnen zur Last gelegte Beteiligung an sich in einen Gesamtplan einfügenden Verhaltensweisen bestreiten, werden folgende vier Rügen geltend gemacht. Zunächst führen die Klägerinnen an, sie hätten, da sie nur Armaturen herstellten, kein Interesse daran gehabt, sich an Absprachen über alle drei Produktuntergruppen zu beteiligen. Sodann hätten sie nur in acht der 13 von der Kommission in dem angefochtenen Beschluss identifizierten nationalen Branchenverbände mitgewirkt und nur an zwei Treffen des Dachverbands IFS in Deutschland teilgenommen. Außerdem hätten sie in Bezug auf andere Produkte als Sanitärarmaturen nicht zu der zentralen Gruppe von Unternehmen gehören können, da sie nicht in der Lage gewesen seien, gegenüber Wettbewerbern mit weit mehr Marktmacht Einfluss auszuüben. Schließlich bestätige der von der Kommission festgestellte Umstand, wonach die Armaturenhersteller bisweilen Informationen über die beiden übrigen Produktuntergruppen ausgetauscht hätten, weder das Bestehen einer Verbindung zwischen den drei Produktuntergruppen noch ihre Beteiligung an Absprachen über die genannten Untergruppen.

170    Insoweit ist zur ersten Rüge, mit der geltend gemacht wird, die Klägerinnen hätten kein Interesse daran gehabt, sich an Absprachen über alle drei Produktuntergruppen zu beteiligen, zum einen festzustellen, dass diese Rüge, soweit sie im Wesentlichen darauf gestützt wird, dass die Klägerinnen nur Armaturen hergestellt hätten, nicht das dritte Argument tragen kann, wonach die Kommission einen Fehler begangen haben soll, indem sie befand, dass die Klägerinnen an der festgestellten Zuwiderhandlung, d. h. einer einzigen und fortdauernden Zuwiderhandlung, beteiligt gewesen seien. Aus der vorstehend in Randnr. 167 angeführten Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass es möglich ist, dass sich ein Unternehmen nur an einem Teil des wettbewerbswidrigen Verhaltens, das die einheitliche, fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat, ihm aber unter bestimmten Voraussetzungen eine Beteiligung an dieser Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Last gelegt werden kann.

171    Zum anderen ist festzustellen, dass sich die Klägerinnen offenkundig widersprechen, wenn sie einerseits mit der ersten Rüge ihr Interesse an der Beteiligung an Absprachen über alle drei Produktuntergruppen abstreiten, andererseits aber, um darzutun, dass die Zuwiderhandlungen, an denen sie beteiligt waren, weniger schwer als die der anderen Teilnehmer an der festgestellten Zuwiderhandlung gewesen seien, in der Klageschrift behaupten, dass sich die Armaturenhersteller, wie aus Randnr. 211 des angefochtenen Beschlusses hervorgehe, an der dem Marktdruck unterliegenden Preisentwicklung bei Duschabtrennungen und Sanitärkeramik orientiert hätten. Letztere Behauptung steht nicht nur im Widerspruch zu dem Vorbringen, auf dem die erste Rüge beruht, sondern bekräftigt vor allem die von der Kommission in dem angefochtenen Beschluss getroffene und vorstehend in Randnr. 168 bestätigte Feststellung, dass es enge Synergien zwischen den beanstandeten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen gab und infolgedessen eine einzige und fortdauernde Zuwiderhandlung vorlag. Die erste Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

172    Zur zweiten Rüge, mit der geltend gemacht wird, dass die Beteiligung der Klägerinnen an den Treffen nationaler Branchenverbände begrenzt gewesen sei, ist darauf hinzuweisen, dass, wie oben in Randnr. 141 ausgeführt, aus dem angefochtenen Beschluss hervorgeht, dass die Kommission dargetan hat, dass die Klägerinnen in verschiedenen Mitgliedstaaten an mehreren Treffen von in allen oder manchen der drei Produktuntergruppen tätigen Herstellern teilgenommen hatten, bei denen sich die Teilnehmer u. a. über die Koordinierung von Preiserhöhungen in den betroffenen Produktuntergruppen verständigten. Außerdem ist insbesondere in Bezug auf den deutschen Markt entgegen den Behauptungen der Klägerinnen festzustellen, dass sie nicht nur an zwei Treffen des Dachverbands IFS, in dem sie Mitglieder waren, teilnahmen. In dem angefochtenen Beschluss führte die Kommission nämlich, um die Beteiligung der Klägerinnen an dem die festgestellte Zuwiderhandlung kennzeichnenden Gesamtplan nachzuweisen, in Bezug auf den genannten geografischen Markt aus, dass die Klägerinnen nicht nur an regelmäßigen Treffen der AGSI – in der sie Mitglieder gewesen seien – zur Koordinierung der Erhöhungen der Preise für die von dem Kartell erfassten Produkte teilgenommen hätten, sondern auch an den Treffen des ABD und des FSKI, zweier Verbände von Herstellern von Duschabtrennungen bzw. Sanitärkeramik, in denen sie jedoch keine Mitglieder gewesen seien. In solchen Teilnahmen findet die Feststellung der Kommission Bestätigung, wonach den Klägerinnen das Ausmaß der festgestellten Zuwiderhandlung nicht verborgen geblieben sein könne. Die zweite Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

173    Die dritte Rüge, mit der geltend gemacht wird, dass die Klägerinnen in Bezug auf andere Produkte als Sanitärarmaturen nicht in der Lage gewesen seien, gegenüber Wettbewerbern mit angeblich mehr Marktmacht Einfluss auszuüben, und deshalb nicht zu der zentralen Gruppe von Unternehmen hätten gehören können, ist dahin zu verstehen, dass sich die Klägerinnen im Wesentlichen darauf berufen, dass ihre wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen angesichts des Drucks, den ihre auf dem fraglichen Markt mächtigeren Konkurrenten ausgeübt hätten, durch Passivität und reines Mitläufertum geprägt gewesen seien.

174    Zunächst aber ändert nach der Rechtsprechung die Ausübung eines solchen Drucks nichts an der Tatsache und der Schwere der begangenen Zuwiderhandlung (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 370). Im Übrigen hätten die Klägerinnen, statt sich am Kartell zu beteiligen, den auf sie ausgeübten Druck bei den zuständigen Behörden zur Anzeige bringen und bei der Kommission eine Beschwerde einreichen können (vgl. in diesem Sinne Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 370, und Urteil des Gerichts vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission, T‑23/99, Slg. 2002, II‑1705, Randnr. 339).

175    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass zwar die ausschließlich passive Mitwirkung oder reines Mitläufertum eines Unternehmens gemäß Nr. 3 erster Gedankenstrich der Leitlinien von 1998 einen mildernden Umstand darstellte, dies aber nach den Leitlinien von 2006 nicht mehr der Fall ist. Nr. 29 dritter Gedankenstrich der Leitlinien von 2006 sieht vor, dass von der Kommission ein mildernder Umstand festgestellt werden kann, wenn das betroffene Unternehmen Beweise beibringt, dass seine Beteiligung an der festgestellten Zuwiderhandlung sehr geringfügig war und es sich der Durchführung der gegen die Wettbewerbsregeln verstoßenden Vereinbarungen in Wirklichkeit durch eigenes Wettbewerbsverhalten auf dem Markt entzogen hat. Dabei wird klargestellt, dass der bloße Umstand einer kürzeren Beteiligung an der Zuwiderhandlung im Vergleich zu den übrigen Unternehmen nicht als mildernder Umstand anerkannt wird, da er bereits im Grundbetrag der Geldbuße zum Ausdruck kommt.

176    Im vorliegenden Fall geht zum einen aus Abschnitt 5.2.3.2 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass die Kommission ihre Feststellung, wonach es eine zentrale Gruppe von Unternehmen gegeben habe, mit zur Führung des Beweises heranzog, dass es sich um eine einzige und fortdauernde Zuwiderhandlung handelte, und nicht zur Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung, an der die Mitglieder dieser Gruppe, zu denen die Klägerinnen gehörten, beteiligt waren. Wie die Kommission in Randnr. 797 dieses Beschlusses ausgeführt hat, setzte die Zugehörigkeit eines Unternehmens zu dieser Gruppe voraus, dass es in sämtlichen oder einigen der Mitgliedstaaten, hinsichtlich deren die Kommission eine Untersuchung geführt hatte, an dem Kartell beteiligt war und dass es in mindestens einem Dachverband vertreten war. Diese Zugehörigkeit bemaß sich also nicht danach, welche Macht das Unternehmen auf dem relevanten Markt im Verhältnis zu den anderen Unternehmen besaß, die an dem in Rede stehenden Kartell mitgewirkt hatten. Die Klägerinnen bestreiten aber nicht, dass sie die beiden genannten Voraussetzungen erfüllten, die die Feststellung zuließen, dass sie zu der zentralen Gruppe von Unternehmen gehörten.

177    Zum anderen hätten die Klägerinnen gemäß Nr. 29 dritter Gedankenstrich der Leitlinien von 2006 beweisen müssen, dass sie sich der Durchführung der gegen die Wettbewerbsregeln verstoßenden fraglichen Vereinbarungen im Sinne dieser Bestimmung entzogen hatten, was sie weder geltend machen noch darzutun versuchen. Im Übrigen bestreiten die Klägerinnen, wie vorstehend in Randnr. 171 festgestellt, nicht, dass sie sich bei der Festsetzung ihrer Preise auf dem Armaturenmarkt an der Preisentwicklung bei Duschabtrennungen und Sanitärkeramik orientierten. Ein solches Verhalten zeigt, dass sie keineswegs die Absicht hatten, sich der Durchführung der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die von der Kommission zu Recht als eine einzige und fortdauernde Zuwiderhandlung eingestuft wurden, zu entziehen. Die dritte Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

178    Was die vierte Rüge betrifft, mit der geltend gemacht wird, der gelegentliche Informationsaustausch der Armaturenhersteller über die beiden übrigen Produktuntergruppen bestätige nicht das Bestehen einer Verbindung zwischen den drei Produktuntergruppen, so lässt jedenfalls dieser von den Klägerinnen nicht bestrittene Austausch die Feststellung zu, dass sie von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten wussten, das die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten. Die Kommission war deshalb gemäß den oben in Randnr. 167 gemachten Ausführungen berechtigt, diesen Umstand heranzuziehen, um auf eine Beteiligung der Klägerinnen an der festgestellten Zuwiderhandlung zu schließen. Die vierte Rüge geht deshalb ins Leere und ist zurückzuweisen.

179    Nach alledem gelangte die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Klägerinnen an der festgestellten Zuwiderhandlung beteiligt waren. Das oben in Randnr. 163 angesprochene dritte Argument ist daher als teils unbegründet und teils ins Leere gehend zurückzuweisen.

180    Als Zweites ist in Bezug auf das erste Argument, das sich darauf bezieht, dass die Kommission durch die Ansetzung eines einheitlichen Koeffizienten von 15 % für die Schwere der Zuwiderhandlung bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße für alle Beteiligten nicht die verschiedenen Umstände berücksichtigt habe, die kennzeichnend für die Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung seien, und damit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen habe, zunächst festzustellen, dass die Kommission, wie vorstehend in Randnr. 179 festgestellt, in dem angefochtenen Beschluss zu Recht zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerinnen an der festgestellten Zuwiderhandlung beteiligt waren.

181    Sodann ergibt sich aus den Akten des Gerichts in keiner Weise, dass die kollusiven Absprachen betreffend die Armaturen von geringerer Intensität gewesen wären als es bei den Duschabtrennungen der Fall war. So verfügte die Kommission hinsichtlich beider Produktuntergruppen über rechtlich hinreichende Beweise dafür, dass die Hersteller von Badezimmerausstattungen auf beiden Produktmärkten an Wettbewerbsbeschränkungen mitgewirkt hatten, die zu den schwerwiegendsten Verstößen gehören, nämlich der Koordinierung der jährlichen Preiserhöhungen und der Koordinierung der Preiserhöhungen anlässlich besonderer Ereignisse.

182    Schließlich wird jedenfalls nach den Nrn. 21 bis 23 der Leitlinien von 2006 zur Berücksichtigung der Schwere der Zuwiderhandlung ein Betrag von bis zu 30 % des Umsatzes festgesetzt, und zwar unter Berücksichtigung mehrerer Umstände wie Art der Zuwiderhandlung, kumulierter Marktanteil sämtlicher beteiligter Unternehmen, Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis, wobei Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung der Märkte oder Einschränkung der Erzeugung ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen gehören.

183    Im vorliegenden Fall ergibt sich zum einen aus dem angefochtenen Beschluss, dass die Klägerinnen an wettbewerbswidrigen Absprachen beteiligt waren, die sowohl die Koordinierung der Preiserhöhungen auf fünf Unionsmärkten betreffend die Armaturen als auch den Austausch sensibler Geschäftsinformationen umfassten, und die Klägerinnen haben zum anderen ihre Beteiligung an diesen Absprachen auch nicht bestritten. Wie jedoch oben in Randnr. 182 festgestellt, gehört diese Zuwiderhandlung zu den schwerwiegendsten Verstößen.

184    In Anbetracht dessen, dass nach Nr. 23 der Leitlinien von 2006 diese letztgenannten Verstöße aber rechtfertigen, dass ein Umsatzanteil am oberen Ende der Bandbreite von 0 bis 30 % angesetzt wird, entspricht nach Ansicht des Gerichts der im vorliegenden Fall angesetzte Anteil von 15 % in Anbetracht der Art der in Rede stehenden Zuwiderhandlung dem Mindestmaß (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, Team Relocations/Kommission, T‑204/08 und T‑212/08, Slg. 2011, II‑3569, Randnrn. 94, 100 und 118).

185    Die Kommission wandte also mit Blick auf die Merkmale der Zuwiderhandlung, an der die Klägerinnen beteiligt waren, zu Recht im Rahmen des Koeffizienten für die Schwere der Zuwiderhandlung einen Satz von 15 % an, um den Grundbetrag der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße zu berechnen. Diese können sich daher nicht darauf berufen, dass die Kommission den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt habe, weil sie denselben Prozentsatz für die Schwere der festgestellten Zuwiderhandlung bei der Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße für alle Teilnehmer an dem in Rede stehenden Kartell angewandt habe. Das oben in Randnr. 180 angesprochene erste Argument ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

186    Als Drittes kann das zweite Argument keinen Erfolg haben, mit dem beanstandet wird, die Kommission habe Rechtsfehler bei der Beurteilung des Ausmaßes der Zuwiderhandlung im Hinblick auf deren Schwere und Dauer begangen.

187    Erstens ist nämlich zur Schwere der Zuwiderhandlung, an der die Klägerinnen beteiligt waren, zunächst festzustellen, dass die Kommission, wie bereits oben in Randnr. 168 ausgeführt, zum einen in den Randnrn. 793 bis 849 des angefochtenen Beschlusses dartat, dass die kollusiven Absprachen, die die Hersteller von Badezimmerausstattungen in sechs Mitgliedstaaten trafen und die sich auf drei Produktuntergruppen erstreckten, die Merkmale einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung aufwiesen, und zum anderen in den Randnrn. 872 und 873 dieses Beschlusses zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerinnen an dieser Zuwiderhandlung beteiligt waren. Wie sich aus obiger Randnr. 179 ergibt, ist dieses Ergebnis rechtsfehlerfrei.

188    Sodann wurde die begrenzte Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung, d. h. in nur einer der drei Produktuntergruppen, von der Kommission bei der Festsetzung des Grundbetrags berücksichtigt. Wie nämlich oben in Randnr. 24 ausgeführt worden und Randnr. 1197 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, baut dieser Grundbetrag für jedes Unternehmen auf dem Umsatz pro Mitgliedstaat und auf der betroffenen Produktuntergruppe auf.

189    Außerdem gehört die Zuwiderhandlung, an der sich die Klägerinnen beteiligten, wie aus den vorstehenden Randnrn. 182 bis 185 hervorgeht, zu den schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen.

190    Zweitens ist zu der Dauer der Beteiligung der Klägerinnen an der Zuwiderhandlung festzustellen, dass sie von der Kommission bei der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße berücksichtigt wurde. Wie nämlich oben in Randnr. 26 ausgeführt worden und Randnr. 1223 des angefochtenen Beschlusses zu entnehmen ist, beruht der Koeffizient, der zur Ermittlung des Grundbetrags für die Dauer der von den Klägerinnen begangenen Zuwiderhandlung angewandt wurde, gemäß Nr. 24 der Leitlinien von 2006 auf dem Zeitraum, in dem die einzelnen Klägerinnen jeweils auf jedem nationalen Markt, auf dem sie im Rahmen ihres Geschäftsbereichs Armaturen tätig waren, an der Zuwiderhandlung mitwirkten.

191    Das oben in Randnr. 186 angesprochene zweite Argument ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

192    Was als Viertes das vierte Argument betrifft, mit dem geltend gemacht wird, die Kommission habe Beurteilungsfehler begangen, indem sie mildernde Umstände außer Acht gelassen habe, bringen die Klägerinnen vor, erstens hätten sie ihre Beteiligung an der festgestellten Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission beendet, zweitens hätten sie nach diesem Eingreifen unverzüglich ein Compliance-Programm hinsichtlich ihrer Marktpraktiken eingeleitet und drittens seien sie Druck seitens ihrer Kunden ausgesetzt gewesen und hätten lediglich die wettbewerbswidrigen Absprachen dritter Unternehmen nachvollzogen.

193    Zur ersten Rüge, mit der geltend gemacht wird, dass die Klägerinnen ihre Beteiligung an der festgestellten Zuwiderhandlung nach dem ersten Eingreifen der Kommission beendet hätten, ist zunächst festzustellen, dass die Leitlinien von 2006 keinen mildernden Umstand solcher Art vorsehen. Sodann könnte nach ständiger Rechtsprechung die Zubilligung eines mildernden Umstands in Situationen, in denen ein Unternehmen Partei einer offensichtlich rechtswidrigen Vereinbarung ist, von der es weiß oder wissen muss, dass sie den Tatbestand einer Zuwiderhandlung verwirklicht, einen Anreiz für Unternehmen bieten, eine geheime Vereinbarung so lange wie möglich fortzusetzen in der Hoffnung, dass ihr Verhalten nie aufgedeckt wird, aber in dem Bewusstsein, dass, sollte es doch aufgedeckt werden, die Geldbuße gegen sie bei anschließendem Abbruch der Zuwiderhandlung herabgesetzt werden könnte. Eine solche Zubilligung würde der verhängten Geldbuße jede Abschreckungswirkung nehmen und die praktische Wirksamkeit von Art. 81 Abs. 1 EG beeinträchtigen (Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 2009, Archer Daniels Midland/Kommission, C‑510/06 P, Slg. 2009, I‑1843, Randnr. 149; Urteile des Gerichts vom 28. April 2010, Amann & Söhne und Cousin Filterie/Kommission, T‑446/05, Slg. 2010, II‑1255, Randnr. 259, und Wieland-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 49 angeführt, Randnrn. 62, 63 und 229).

194    Unter diesen Umständen können sich die Klägerinnen, die, was sie nicht bestreiten, an einer geheimen Absprache beteiligt waren, nicht mit der Begründung, dass sie ihre Beteiligung an der festgestellten Zuwiderhandlung mit dem ersten Eingreifen der Kommission im Rahmen der in Rede stehenden Zuwiderhandlung beendet hätten, auf einen mildernden Umstand berufen, der eine Herabsetzung des Betrags ihrer Geldbuße rechtfertigen könnte.

195    Somit ist die oben in Randnr. 193 angesprochene erste Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

196    Ebenso wenig kann die zweite Rüge Erfolg haben, die darauf gestützt wird, dass die Klägerinnen nach dem ersten Eingreifen der Kommission unverzüglich ein Compliance-Programm eingeleitet hätten. Nach ständiger Rechtsprechung ist es zwar nämlich wichtig, dass die Klägerinnen Maßnahmen ergriffen haben, um neuerliche Zuwiderhandlungen ihrer Mitarbeiter gegen das Wettbewerbsrecht in der Zukunft zu verhindern, doch ändert dies nichts daran, dass die im vorliegenden Fall festgestellte Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde. Dieser Umstand verpflichtete die Kommission daher nicht, die Geldbuße der Klägerinnen wegen eines mildernden Umstands herabzusetzen (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 60 angeführt, Randnr. 373; vgl. Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, Randnr. 266 und die dort angeführte Rechtsprechung).

197    Die vorstehend in Randnr. 196 angesprochene zweite Rüge der Klägerin ist mithin als unbegründet zurückzuweisen.

198    Was die dritte Rüge betrifft, mit der vorgebracht wird, die Klägerinnen seien Druck seitens der Kunden ausgesetzt gewesen und hätten lediglich die wettbewerbswidrigen Absprachen dritter Unternehmen nachvollzogen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen nicht bestreiten, dass sie an wettbewerbswidrigen Absprachen mitgewirkt haben.

199    Was sodann den Druck der Kunden auf die Klägerinnen angeht, kann entgegen deren Vorbringen, wie von der Kommission in Randnr. 657 des angefochtenen Beschlusses zutreffend ausgeführt, der Umstand, dass die Großhändler von den Herstellern etwa ein bestimmtes Verhalten verlangten, diese nicht ihrer Verantwortung für ihre Beteiligung an wettbewerbswidrigen Praktiken entheben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, Caffaro/Kommission, T‑192/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 41 und 52).

200    Im Übrigen können zwar, wie von der Kommission in Randnr. 934 des angefochtenen Beschlusses zu Recht betont, die Bedingungen auf den Märkten, die dem von der Absprache betroffenen Markt vor- oder nachgelagert sind, das Verhalten der Marktteilnehmer auf dem letztgenannten Markt beeinflussen, doch rechtfertigt dies keineswegs, dass diese Marktteilnehmer, statt unabhängig voneinander auf die Marktbedingungen zu reagieren, mit ihren Konkurrenten zusammenarbeiten (vgl. in diesem Sinne Urteil Caffaro/Kommission, oben in Randnr. 199 angeführt, Randnr. 52). Die angebliche Nachfragemacht der Großhändler kann daher, wenn man sie einmal unterstellt, auf keinen Fall die kollusiven Absprachen der Hersteller von Badezimmerausstattungen rechtfertigen.

201    Was schließlich das angebliche Mitläufertum der Klägerinnen gegenüber den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen dritter Unternehmen betrifft, so begnügen sich die Klägerinnen für den Nachweis, dass ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung sehr geringfügig gewesen sein soll, mit der neuerlichen Behauptung, sie hätten keinen so großen Einfluss wie die Konkurrenten mit deutlich mehr Marktmacht ausüben können, so dass sie nicht zu der zentralen Gruppe von Unternehmen hätten gehören können.

202    Wie aber aus den Ausführungen oben, in den Randnrn. 174 bis 176, hervorgeht, kann in einem solchen Verhalten kein mildernder Umstand liegen, der geeignet wäre, eine Herabsetzung des Betrags der Geldbuße zu rechtfertigen.

203    Daher sind die oben in Randnr. 198 angesprochene dritte Rüge und infolgedessen aus den gleichen Gründen auch das oben in Randnr. 192 angesprochene vierte Argument als unbegründet zurückzuweisen.

204    In Anbetracht der oben in den Randnrn. 179, 185, 191 und 203 getroffenen Schlussfolgerungen ist der fünfte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

205    Aus allen Ausführungen zu dem Antrag auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Klägerinnen betrifft, ergibt sich, dass, da über den ersten Klagegrund nicht zu entscheiden ist und die Klagegründe zwei bis fünf als unbegründet zurückzuweisen sind, der Antrag auf Nichtigerklärung als unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum hilfsweise gestellten Antrag auf Herabsetzung des Betrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

206    Im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hat das Gericht zum einen nach der Rechtsprechung seine eigene Beurteilung unter Berücksichtigung aller Fallumstände und unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts wie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. in diesem Sinne Urteil Romana Tabacchi/Kommission, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 280) oder des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Randnr. 138 angeführt, Randnr. 187) vorzunehmen.

207    Zum anderen kommt die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen gleich. Daher ist es, abgesehen von den Gründen zwingenden Rechts, die der Unionsrichter – wie etwa das Fehlen oder die Unzulänglichkeit einer Begründung der angefochtenen Entscheidung – von Amts wegen zu berücksichtigen hat, Sache des Klägers, gegen die Entscheidung Klagegründe vorzutragen und für diese Beweise beizubringen (vgl. in diesem Sinne Urteil Chalkor/Kommission, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 64).

208    Die Klägerinnen haben zwar für eine Herabsetzung des Betrags der gegen sie verhängten Geldbuße keinen von den Klagegründen für ihren Nichtigkeitsantrag gesonderten Klagegrund geltend gemacht. Da jedoch die sechs Klagegründe, die sie für die vorliegende Klage geltend machen, wie oben in Randnr. 44 festgestellt, zugleich auf die Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses, soweit er sie betrifft, und auf die Herabsetzung des Betrags der ihnen auferlegten Geldbuße abzielen, obliegt es dem Gericht ungeachtet der vorstehend in Randnr. 205 gezogenen Schlussfolgerungen, diese Klagegründe im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu prüfen.

209    Das Gericht hält es insoweit, obwohl die Leitlinien von 2006 der Beurteilung der Geldbuße durch den Unionsrichter nicht vorgreifen, wenn er kraft seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entscheidet (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnr. 169), im vorliegenden Fall für angebracht, bei der Neuberechnung der Geldbuße von diesen Leitlinien auszugehen, und zwar insbesondere, weil sie es ermöglichen, alle maßgeblichen Gesichtspunkte des Falles zu berücksichtigen und verhältnismäßige Geldbußen gegen alle an der festgestellten Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen zu verhängen.

210    Im vorliegenden Fall vermag keines der Argumente, die die Klägerinnen für ihre sechs Klagegründe (siehe oben, Randnr. 44) vorgebracht haben, es rechtfertigen, dass das Gericht im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Gesamtbetrag der Geldbuße herabsetzt, die den Klägerinnen infolge des Erlasses des Beschlusses vom 1. März 2011 (siehe oben, Randnr. 98) auferlegt wurde. Zunächst nämlich hat das Gericht den angefochtenen Beschluss bereits im Hinblick auf sämtliche Argumente, die die Klägerinnen für ihre sechs Klagegründe gegen diesen Beschluss vorgebracht haben, sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht überprüft. Keine der Feststellungen des Gerichts und keine der am Ende dieser Überprüfung gezogenen Schlussfolgerungen rechtfertigt eine Herabsetzung des Betrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße. Sodann ist im vorliegenden Fall zur Berechnung des Endbetrags dieser Geldbuße die 10%‑Grenze gemäß Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 anzuwenden, die, wie oben in Randnr. 75 ausgeführt, überhöhte und unverhältnismäßige Geldbußen verhindern soll. Schließlich ist hier aus den Gründen, wie sie oben in Randnr. 32 genannt worden sind, zur Berechnung des Endbetrags der Geldbuße deren Gesamtbetrag herabzusetzen, um der Leistungsfähigkeit der Klägerinnen Rechnung zu tragen.

211    In Anbetracht aller Fallumstände sowie insbesondere der vorstehenden Erwägungen und der Schwere der Zuwiderhandlung, an der die Klägerinnen beteiligt waren, ist das Gericht daher der Ansicht, dass zum einen der Gesamtbetrag der gegen die Klägerinnen infolge des Erlasses des Beschlusses vom 1. März 2011 (siehe oben, Randnr. 98) verhängten Geldbuße, nämlich 14 541 462 Euro, einen Betrag darstellt, der angemessen ist, um die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens zu ahnden und sie künftig von der Beteiligung an ähnlichen Zuwiderhandlungen abzuschrecken, und dass zum anderen kein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts es rechtfertigt, auf eine Herabsetzung des Betrags der den Klägerinnen von der Kommission auferlegten Geldbuße zu erkennen.

212    Nach alledem ist der Antrag auf Herabsetzung des Gesamtbetrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße zurückzuweisen.

 Kosten

213    Was als Erstes die Kosten der Klägerinnen und der Kommission anbelangt, kann das Gericht nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

214    Im vorliegenden Fall stellt der Erlass des Beschlusses vom 1. März 2011, mit dem die Kommission ihren von den Klägerinnen mit dem ersten Klagegrund geltend gemachten Fehler bei der Berechnung des Gesamtbetrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße berichtigte, einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung dar. Durch diese verspätete Berichtigung des angefochtenen Beschlusses wurde nämlich der erste Klagegrund gegenstandslos, ohne dass dadurch aber der Gegenstand der vorliegenden Klage berührt wurde, so dass über diesen Klagegrund nicht mehr zu entscheiden ist. Über die Verteilung der Kosten zwischen den Klägerinnen und der Kommission ist daher nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung zu entscheiden.

215    Insoweit ist für die Entscheidung über die Verteilung der Kosten der Parteien zwischen den Kosten zu unterscheiden, die ihnen in Bezug auf den ersten Klagegrund entstanden sind, und denjenigen, die im Rahmen der beiden Rechtswidrigkeitseinreden und der übrigen Klagegründe angefallen sind.

216    Was erstens die Kosten im Rahmen des ersten Klagegrundes angeht, über den infolge des Erlasses des Beschlusses vom 1. März 2011 nicht mehr zu entscheiden ist, streiten die Parteien darüber, ob der Fehler der Kommission bei der Berechnung des Gesamtbetrags der ursprünglich in dem angefochtenen Beschluss gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße Letzteren oder der Kommission zuzurechnen ist.

217    Dabei besteht zunächst Einigkeit darin, dass die Kommission die Klägerinnen mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 aufforderte, ihr ihren Gesamtumsatz mitzuteilen.

218    Sodann steht fest, dass die Klägerinnen in einem ersten Schritt mit Schreiben vom 15. Januar 2010 den Betrag des konsolidierten Konzerngesamtumsatzes mitteilten, der in dem angefochtenen Beschluss ursprünglich zugrunde gelegt wurde. In einem zweiten Schritt unterrichteten sie die Kommission mit E-Mail vom 10. Mai 2010 darüber, dass sich dieser Betrag nach der Abschlussprüfung des genannten Umsatzes am Ende des Geschäftsjahrs 2009 letztlich auf 193 886 175 Euro belaufen habe.

219    Dem ausdrücklichen Wortlaut des Schreibens vom 21. Dezember 2009 ist zu entnehmen, dass die Antwort der Klägerinnen auf das in diesem Schreiben enthaltene Auskunftsverlangen genaue Bezugnahmen auf die betroffene Sache enthalten sowie an eine bestimmte E-Mail-Adresse oder Postanschrift geschickt werden musste und dass ein klarer Bezug zu diesem Auskunftsverlangen herzustellen war.

220    Wie die Kommission geltend macht, entsprachen die Klägerinnen diesen Anforderungen zwar mit ihrer Antwort vom 15. Januar 2010, nicht aber mit der E‑Mail vom 10. Mai 2010, in der sie in einer Vorbemerkung den vom Konzern in dem fraglichen Geschäftsjahr tatsächlich erzielten Gesamtumsatz angaben. Insbesondere musste nach den Formvorgaben des Schreibens vom 21. Dezember 2009 eine Beantwortung des Auskunftsverlangens auf elektronischem Wege per E-Mail an folgende Adresse erfolgen: COMP-GREFFE-ANTITRUST@ec.europa.eu. Aus den Akten des Gerichts ergibt sich aber, dass die E-Mail vom 10. Mai 2010 nicht an diese Adresse gesandt wurde.

221    Im Übrigen diente diese E-Mail ihrem Wortlaut nach der Beantwortung eines neuen Auskunftsverlangens der Kommission, das per E-Mail vom 7. Mai 2010 ergangen war und in keinem Zusammenhang mit dem besagten Konzernumsatz stand.

222    Schließlich wurde in Anhang I Nr. 7 des Schreibens vom 21. Dezember 2009 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Klägerinnen im Fall einer Aktualisierung nach Umsatzprüfung zusammen mit der Unterrichtung der Kommissionsdienststellen über diese Aktualisierung eine Kopie des geprüften konsolidierten Abschlusses einzureichen hatten. Wie die Klägerinnen aber auf eine in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage des Gerichts bestätigt haben, richteten sie keine solche Kopie an die Kommission, auch nicht anlässlich der E‑Mail vom 10. Mai 2010.

223    Nach alledem kann der Fehler, den die Kommissionsdienststellen bei der in dem angefochtenen Beschluss ursprünglich zugrunde gelegten Berechnung des Endbetrags der den Klägerinnen auferlegten Geldbuße begingen, nicht der Kommission zugerechnet werden, sondern ist dadurch entstanden, dass sich die Klägerinnen bei der Beantwortung des Schreibens vom 21. Dezember 2009 nicht an die Modalitäten für die Übermittlung an die Kommission hielten, die in diesem Schreiben klar angegeben waren, und zwar insbesondere für den Fall einer späteren Aktualisierung des konsolidierten Konzerngesamtumsatzes.

224    Was die Kosten der Klägerinnen und der Kommission im Rahmen des ersten Klagegrundes betrifft, haben folglich die Klägerinnen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission zu tragen.

225    Zweitens sind, was die Kosten der Parteien im Rahmen der beiden Rechtswidrigkeitseinreden und der übrigen Klagegründe angeht, den Klägerinnen, da sie unterlegen sind, ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

226    Was als Zweites die Kosten des Rates anbelangt, so tragen nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Somit trägt der Rat als Streithelfer seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Hansa Metallwerke AG, die Hansa Nederland BV, die Hansa Italiana Srl, die Hansa Belgium und die Hansa Austria GmbH tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten.

Pelikánová

Jürimäe

van der Woude

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. September 2013.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten

Rechtliche Würdigung

Zu den Rechtswidrigkeitseinreden

Zur Einrede der Rechtswidrigkeit von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

Zur Einrede der Rechtswidrigkeit der Leitlinien von 2006 in Ansehung von Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003

Zum Antrag auf teilweise Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses

Zum ersten Klagegrund: Rechts- und Beurteilungsfehler betreffend den Höchstbetrag der verhängten Geldbuße nach Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 wegen fehlerhafter Geldbußenbemessung im Hinblick auf die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002

Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot durch die Anwendung der Leitlinien von 2006

Zum fünften Klagegrund: mehrere Rechts- und Beurteilungsfehler sowie Verstoß gegen die Begründungspflicht

Zum hilfsweise gestellten Antrag auf Herabsetzung des Betrags der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbuße

Kosten


* Verfahrenssprache: Deutsch.