Language of document : ECLI:EU:C:2017:314

Rechtssache C516/15 P

Akzo Nobel NV u. a.

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Kartelle – Europäische Märkte für Zinnstabilisatoren und für ESBO/Ester-Wärmestabilisatoren – Festsetzung von Preisen, Aufteilung der Märkte und Austausch sensibler Geschäftsinformationen – Zurechnung des rechtswidrigen Verhaltens von Tochtergesellschaften an die Muttergesellschaft – Verordnung (EG) Nr. 1/2003 – Art. 25 Abs. 1 – Verfolgungsverjährung gegenüber den Tochtergesellschaften – Auswirkungen auf die rechtliche Situation der Muttergesellschaft“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 27. April 2017

1.        Rechtsmittel – Gründe – Grund, der erstmals im Rahmen eines Rechtsmittels geltend gemacht wird – Unzulässigkeit

(Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV; Satzung des Gerichtshofs, Art. 58 Abs. 1)

2.        Wettbewerb – Regeln der Union – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Unternehmen – Begriff – Wirtschaftliche Einheit – Einrichtung, die aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen besteht – Zurechnung der Zuwiderhandlung an eine derartige wirtschaftliche Einheit – Zulässigkeit – Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit – Fehlen

(Art. 101 AEUV und 102 AEUV)

3.        Wettbewerb – Regeln der Union – Zuwiderhandlungen – Zurechnung – Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften – Wirtschaftliche Einheit – Beurteilungskriterien – Vermutung eines bestimmenden Einflusses der Muttergesellschaft auf ihre Tochtergesellschaften, deren Kapital sie vollständig oder fast vollständig hält – Widerlegbarkeit

(Art. 101 Abs. 1 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 23 Abs. 2 Buchst. a)

4.        Wettbewerb – Regeln der Union – Von einer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung – Zurechnung an die Muttergesellschaft – Gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung der Geldbuße – Umfang

(Art. 101 Abs. 1 AEUV)

5.        Wettbewerb – Geldbußen – Gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung – Umfang – Zurechnung der Zuwiderhandlung der Tochtergesellschaft an deren Muttergesellschaft – Folgen einer Nichtigerklärung oder Abänderung der Kommissionsentscheidung für die Muttergesellschaft

(Art. 101 Abs. 1 AEUV)

6.        Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Verjährung bei Geldbußen – Eintritt der Verjährung gegenüber der Tochtergesellschaft – Keine Auswirkung auf die Haftung der Muttergesellschaft

(Art. 101 Abs. 1 AEUV; Verordnung Nr. 1/2003 des Rates, Art. 25 Abs. 1 Buchst. b)

1.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 38)

2.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 46-49)

3.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 50-55)

4.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 56-58)

5.      Siehe Text der Entscheidung.

(vgl. Rn. 59-62)

6.      Dass die Befugnis der Kommission zur Verhängung von Sanktionen wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens gemäß Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1/2003 verjährt ist, impliziert zwar, dass keine Sanktionen mehr gegen die Gesellschaften verhängt werden können, denen gegenüber die Verjährung eingetreten ist, dies steht jedoch der Verfolgung einer anderen Gesellschaft, die für die betreffenden wettbewerbswidrigen Handlungen als persönlich und zusammen mit diesen Gesellschaften gesamtschuldnerisch verantwortlich angesehen wird und der gegenüber die Verjährung nicht eingetreten ist, nicht entgegen.

Dieses Ergebnis wird durch den Umstand, dass sich die Haftung einer Gesellschaft für einen Zuwiderhandlungszeitraum ausschließlich aus der unmittelbaren Beteiligung ihrer Tochtergesellschaften ergibt, nicht in Frage gestellt.      Zum einen werden nämlich die in diesen Zeitraum fallenden wettbewerbswidrigen Handlungen dennoch als von der Muttergesellschaft selbst begangen angesehen, da diese mit ihren Tochtergesellschaften eine wirtschaftliche Einheit bildet. Zum anderen können Faktoren, die die Muttergesellschaft besonders kennzeichnen, es rechtfertigen, deren Haftung und die Haftung der Tochtergesellschaft unterschiedlich zu bewerten, auch wenn die Haftung der Muttergesellschaft ausschließlich auf dem rechtswidrigen Verhalten der Tochtergesellschaft beruht.

(vgl. Rn. 70-74)